Verfahrensinformation



Die Kläger wollen die Wiederaufnahmeaufnahme ihres Klageverfahrens BVerwG 9 A 8.19 erreichen. Streitgegenstand dieses Verfahrens war der Planfeststellungsbeschluss des Landes Hessen für den Neubau der Bundesautobahn A 49 zwischen Stadtallendorf und Gemünden/Felda (VKE 40) vom 30. Mai 2012 mit späteren geringfügigen Änderungen.


Die Kläger sind Eigentümer von Grundstücken, die zwar nicht durch Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses in Anspruch genommen werden sollen, aber im Gebiet der 2017 angeordneten Flurbereinigung liegen. Wegen des drohenden Landabzugs hatten die Kläger im April 2019 gegen den Planfeststellungsbeschluss geklagt. Diese Klage hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 2. Juli 2020 mit der Begründung abgewiesen, dass sich die Kläger jedenfalls so lange Zeit nach dem Flurbereinigungsbeschluss nicht mehr zulässigerweise gegen den Planfeststellungsbeschluss wehren konnten (~l~%3Clink+beschreibung%3D%22Pressemitteilung+40%2F2020%22+url%3D%22https%3A%2F%2Fwww.BVerwG.de%2Fpresse%2Fpressemitteilungen%2Fpressemitteilung.php%3Fjahr%3D2020%26amp%3Bnr%3D40%22%3E~l~Pressemitteilung 40/2020~l~%3C%2Flink%3E~l~).


Die Kläger machen geltend, dieses Urteil sei nichtig, weil das Gericht damals nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen sei, weshalb das Verfahren nach §§ 578, 579 Abs. 1Nr. 1 ZPO wiederaufzunehmen sei.


Beschluss vom 25.10.2024 -
BVerwG 9 A 18.24ECLI:DE:BVerwG:2024:251024B9A18.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 25.10.2024 - 9 A 18.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:251024B9A18.24.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 18.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 25. Oktober 2024
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Martini sowie
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Sieveking und
Prof. Dr. Schübel-Pfister
beschlossen:

  1. Das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 2. November 2023 gegen die Richter am Bundesverwaltungsgericht B und C sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht D wird verworfen.
  2. Die Anhörungsrüge der Kläger vom 2. November 2023 gegen den Beschluss des Senats vom 5. Januar 2023 - BVerwG 9 A 12.21 , 9 A 6.22 - wird zurückgewiesen.
  3. Die Kläger tragen die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens zu je 1/3.

Gründe

I

1 Mit Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 8.19 - wies der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts die Klage der Kläger gegen einen straßenrechtlichen Planfeststellungsbeschluss als unzulässig ab; eine nachfolgende Anhörungsrüge (9 A 7.20 ) blieb ohne Erfolg. Am 2. Juli 2021 erhoben die Kläger Nichtigkeitsklage nach § 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (9 A 12.21 , nunmehr 9 A 16.24 ) mit dem Ziel, eine Wiederaufnahme des Klageverfahrens 9 A 8.19 wegen vorschriftswidriger Besetzung des Gerichts zu erreichen. Zugleich lehnten sie die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht A sowie die Richter und Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht B, C, D und E und damit alle (damaligen) Mitglieder des 9. Senats, die an den vorausgegangenen Entscheidungen im Klage- und/oder Anhörungsrügeverfahren mitgewirkt hatten, wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Schriftsatz vom 7. September 2021 lehnten sie zudem den Richter am Bundesverwaltungsgericht F als weiteres Mitglied des 9. Senats wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Beschluss vom 28. Februar 2022, der unter Mitwirkung des Richters am Bundesverwaltungsgericht F sowie des Richters am Bundesverwaltungsgericht G und der Richterin am Bundesverwaltungsgericht H erging, wurden das Ablehnungsgesuch gegen den Richter F verworfen und das Ablehnungsgesuch gegen die weiteren Senatsmitglieder zurückgewiesen.

2 Gegen diesen Beschluss erhoben die Kläger mit Schriftsatz vom 11. April 2022 Anhörungsrüge (9 A 3.22 ) und lehnten den Richter am Bundesverwaltungsgericht F (erneut) wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Unter Mitwirkung des abgelehnten Richters sowie des Richters am Bundesverwaltungsgericht G und der Richterin am Bundesverwaltungsgericht H wurden mit Beschluss vom 11. Oktober 2022 das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht F verworfen und die Anhörungsrüge zurückgewiesen.

3 Mit Schriftsätzen vom 7. Juni, 7. September und 22. November 2022 lehnten die Kläger im Klageverfahren 9 A 12.21 die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht A (erneut) aus verschiedenen Gründen wegen der Besorgnis der Befangenheit ab. Unter dem 19. Oktober 2022 erhoben sie zudem eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 11. Oktober 2022, soweit darin das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht F verworfen worden war, und lehnten diesen Richter wiederum wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Mit Schriftsatz vom 28. Dezember 2022 brachten die Kläger in diesem Anhörungsrügeverfahren (9 A 6.22 , nunmehr 9 A 17.24 ) sowie im Klageverfahren 9 A 12.21 ein weiteres Ablehnungsgesuch gegen die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht A, die Richter am Bundesverwaltungsgericht F, B und C sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht D und E an. Dieses Ablehnungsgesuch wurde vom Senat mit Beschluss vom 5. Januar 2023 unter Mitwirkung der Richter B und C sowie der Richterin D verworfen.

4 Mit Beschluss vom 6. Januar 2023 wurden das Klageverfahren 9 A 12.21 und das Anhörungsrügeverfahren 9 A 6.22 auf Antrag der Kläger bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über eine von ihnen gegen die Senatsbeschlüsse vom 28. Februar 2022 und 11. Oktober 2022 erhobene Verfassungsbeschwerde entsprechend § 94 VwGO ausgesetzt. Noch vor Zustellung der Beschlüsse vom 5. und 6. Januar 2023 lehnten die Kläger mit Schriftsatz vom 11. Januar 2023 unter Hinweis auf die neue Jahresgeschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts die Richterin am Bundesverwaltungsgericht H und den Richter am Bundesverwaltungsgericht G wegen der Besorgnis der Befangenheit ab.

5 Mit Schriftsatz vom 2. November 2023 haben die Kläger gegen den Beschluss vom 5. Januar 2023 Anhörungsrüge erhoben und die Richter am Bundesverwaltungsgericht B und C sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht D (erneut) wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

6 Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde gegen die Senatsbeschlüsse vom 28. Februar 2022 und 11. Oktober 2022 mit Beschluss vom 25. Juli 2024 - 1 BvR 287/23 - nicht zur Entscheidung angenommen hat, sind das Klage- und das Anhörungsrügeverfahren unter den Aktenzeichen 9 A 16.24 bzw. 9 A 17.24 wiederaufgenommen worden, so dass zunächst über die Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 5. Januar 2023 - 9 A 18.24 - sowie über das auf dieses Rügeverfahren sowie die beiden wiederaufgenommenen Verfahren bezogene Ablehnungsgesuch vom 2. November 2023 zu entscheiden ist.

II

7 1. Das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 2. November 2023 gegen die Richter am Bundesverwaltungsgericht B und C sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht D ist offensichtlich missbräuchlich und damit unzulässig, weshalb es auch einer Mitwirkung der abgelehnten Richter an der Entscheidung nicht entgegensteht.

8 Ein Ablehnungsgesuch, das lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist unzulässig; der abgelehnte Richter ist von der Entscheidung darüber nicht ausgeschlossen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Mai 2006 - 1 BvR 698/06 - BVerfGK 8, 59; Beschlüsse vom 1. März 2016 - 2 BvB 1/13 - BVerfGE 142, 1 Rn. 12 und vom 20. Juli 2021 - 2 BvE 4/20 u. a. - BVerfGE 159, 26 Rn. 13 m. w. N. sowie zuletzt Kammerbeschluss vom 2. August 2024 - 2 BvR 965/24 - juris). Indizien für einen Missbrauch des Ablehnungsrechts können darin liegen, dass die Begründung des Gesuchs nicht hinreichend konkret auf den bzw. die abgelehnten Richter bezogen ist, dass der Inhalt der Begründung von vornherein ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen, oder dass verfahrensfremde Zwecke wie etwa das Ziel, den Prozess zu verschleppen, verfolgt werden (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 29. November 2017 - 10 B 5.17 -‌ juris Rn. 1 und vom 24. Juni 2019 - 6 AV 10.19 - juris Rn. 3, jeweils m. w. N.). Ein solcher Fall liegt hier vor. Denn die Kläger verfolgen mit ihrem Ablehnungsgesuch vom 2. November 2023 verfahrensfremde Zwecke.

9 Das prozessuale Verhalten der Kläger, die mit dem Ausgang ihres Klageverfahrens 9 A 8.19 unzufrieden sind und die damalige Entscheidung des Senats für willkürlich halten, ist darauf gerichtet, die Wiederaufnahme dieses Verfahrens und eine erneute Entscheidung darüber nunmehr durch andere Richter zu erreichen. Die gewünschte Veränderung der Richterbank ist dabei ein wesentlicher Kern ihres Anliegens. Dass sie dies im Rahmen der erhobenen Nichtigkeitsklage, bei der eine Entscheidung durch denselben Spruchkörper gerade nicht gesetzlich ausgeschlossen, sondern als Regelfall vorgesehen ist, nicht erreichen können, hat der Senat mit Beschluss vom 28. Februar 2022 den Klägern gegenüber rechtskräftig entschieden und im Einzelnen begründet (BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - NVwZ 2022, 884 Rn. 22 ff.). Mit den nachfolgenden Anhörungsrügen und (wiederholten) Ablehnungsgesuchen, die sich inzwischen auf alle Richter erstrecken, die bisher in ihrem Verfahren tätig geworden sind und in denen sie die Rügen der willkürlichen Entscheidung im Verfahren 9 A 8.19 , der Vorfestlegung bezüglich der Auslegung der senatsinternen Geschäftsverteilung für das Jahr 2020 sowie diverser Unstimmigkeiten und Fehler in den Geschäftsverteilungsplänen des Senats in wechselnden Varianten wiederholen, versuchen sie, dieses Ziel gleichwohl zu erreichen. Damit missbrauchen sie das Ablehnungsrecht zur Erreichung eines im Rahmen der erhobenen Wiederaufnahmeklage gesetzlich nicht vorgesehenen Ergebnisses, weshalb sich das erneute Ablehnungsgesuch vom 2. November 2023 als unzulässig erweist.

10 2. Die Anhörungsrüge vom 2. November 2023 hat keinen Erfolg, so dass das Verfahren über das Ablehnungsgesuch vom 28. Dezember 2022 nicht fortzuführen ist.

11 a) Der Zulässigkeit der Anhörungsrüge steht allerdings nicht entgegen, dass die Kläger sie erst mit Schriftsatz vom 2. November 2023 und damit mehr als zwei Wochen nach Kenntnis des gerügten Beschlusses vom 5. Januar 2023 erhoben haben. Denn mit der Aussetzung der Verfahren durch Beschluss vom 6. Januar 2023 sind diese Verfahren zum Stillstand gekommen, und der Lauf der für die Erhebung der Anhörungsrüge nach § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO geltenden Frist hat gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 249 Abs. 1 ZPO aufgehört.

12 b) Die Anhörungsrüge ist jedoch unbegründet. Aus dem Rügevorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise im Sinne von § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO verletzt hat.

13 Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidungsfindung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist aber weder gehalten, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen, noch muss es sich in den Entscheidungsgründen mit jedem Vorbringen ausdrücklich befassen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 20. April 2023 - 9 B 10.23 -‌ juris Rn. 2 m. w. N.).

14 aa) Worin die "Überraschungsentscheidung" durch die Ausführungen des Senats zum "Hintergrund" seiner Geschäftsverteilung für das Geschäftsjahr 2020 liegen soll, ist nicht ersichtlich. Der in diesem Zusammenhang erhobene Vorwurf der Verletzung des Beratungsgeheimnisses oder von Dienstgeheimnissen nach § 43 DRiG und § 353b StGB ist nicht ansatzweise nachvollziehbar. Auf welche der Geheimhaltung unterliegenden Umstände, geschweige denn Beratungsgeheimnisse i. S. d. § 43 DRiG, sich die Kläger beziehen, erschließt sich nicht. Die von ihnen insoweit wohl in Bezug genommenen Erläuterungen zum "Hintergrund" der Jahresgeschäftsverteilung 2020 betreffen ausnahmslos Umstände, die in der Öffentlichkeit ohne Weiteres bekannt waren oder hätten bekannt sein können, und basieren entgegen der Auffassung der Kläger offensichtlich nicht auf einem "rein senatsinternen Wissen". Die entsprechenden Informationen ergaben sich ohne Weiteres aus den Geschäftsverteilungsplänen des Bundesverwaltungsgerichts und des 9. Senats sowie der Berichterstattung in Presse und Internet über das Vorhaben der Festen Fehmarnbeltquerung, dem dazu ergangenen über 1 000 Seiten langen Planfeststellungsbeschluss und den dagegen im Frühjahr 2019 erhobenen Klagen. Dass sich die Bearbeitung dieser Verfahren angesichts der Komplexität und Einmaligkeit des Vorhabens und der - von den damaligen Klägern in diesen Verfahren selbst öffentlich gemachten - umfangreichen Rügen zeitlich und inhaltlich aufwändig gestalten würde, stellt ebenso wenig einen Gegenstand der Geheimhaltung dar wie der Umstand, dass diese 2019 eingegangenen Klagen im Jahr 2020 zur Entscheidung anstanden. Dass die Kläger von diesen Umständen persönlich keine Kenntnis genommen haben mögen, ist insoweit unbeachtlich. Im Übrigen hat der Senat diese Umstände lediglich als Hintergrundinformationen zur Erläuterung des objektiven Aussagegehalts seines Beschlusses zur Geschäftsverteilung 2020 angeführt, ohne dass ihnen insoweit eine eigenständige entscheidungstragende Bedeutung zukäme.

15 Soweit die Kläger nähere Ausführungen zu diesem "Hintergrund" und eine weitere Begründung des senatsinternen Geschäftsverteilungsplans vermissen, beziehen sie sich auf das Dokumentations- und Begründungserfordernis für unterjährige nachträgliche Änderungen der Geschäftsverteilung nach § 21g Abs. 2 Halbs. 2 bzw. § 21e Abs. 3 GVG und die dazu ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 16. Februar 2005 - 2 BvR 581/03 - juris Rn. 19 und vom 18. März 2009 - 2 BvR 229/09 -‌ juris Rn. 26), die für den vorliegenden Fall der vorab beschlossenen Jahresgeschäftsverteilung nach § 21g Abs. 2 Halbs. 1 GVG offensichtlich nicht einschlägig ist.

16 bb) Mit ihrem weiteren Rügevorbringen machen die Kläger der Sache nach im Wesentlichen geltend, der Senat habe zu Unrecht eine einzelfallbezogene Richterbestimmung verneint, und setzen den Erläuterungen des Senats zum Regelungsinhalt des Geschäftsverteilungsplans 2020 ihr abweichendes Verständnis davon entgegen. Ein Gehörsverstoß lässt sich damit nicht begründen.

17 Soweit die Kläger meinen, für die Beurteilung, ob der Zuständigkeit für ihr damaliges Verfahren eine einzelfallbezogene Auswahl zugrunde gelegen habe, dürfe nur die für die Zuteilung dieses Verfahrens letztlich maßgebliche Regelung in Ziff. II.1. Abs. 1 Buchst. b GVPl. 2020 betrachtet werden unter Ausblendung aller sonstigen Festlegungen des Geschäftsverteilungsplans, ist dies offensichtlich unzutreffend, da sich der objektive Aussagegehalt der Geschäftsverteilung aus der Gesamtschau aller Regelungen ergibt. Im Übrigen hat der Senat die Ausführungen der Kläger zu den Gründen, aus denen sie von einer einzelfallbezogenen Regelung ausgehen, nicht übergangen, sondern hält sie für nicht stichhaltig. Darin liegt keine Missachtung des rechtlichen Gehörs.

18 Die Ausführungen im gerügten Beschluss zu den "von den Klägern aufgezeigten Formulierungsalternativen" sind nicht entscheidungserheblich, so dass es auf den Vortrag der Kläger dazu nicht ankommt.

19 Die von den Klägern vermisste Auseinandersetzung mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Mai 2009 - II ZR 259/07 - war entbehrlich, weil dieses Urteil den Fall einer einzelfallbezogenen Zuteilung, bei der die in der Geschäftsverteilung aufgeführten Aktenzeichen nicht nur rein deklaratorischen Charakter hatten, betraf und vorliegend nicht einschlägig ist.

20 cc) Soweit die Kläger schließlich einen Gehörsverstoß aus der Befangenheit der mitwirkenden Richter ableiten und auf ihren Ablehnungsantrag verweisen, hat dieser aus den oben ausgeführten Gründen keinen Erfolg.

21 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 ZPO. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht notwendig, weil sich die Gerichtsgebühr aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ergibt.

Beschluss vom 19.11.2024 -
BVerwG 9 A 23.24ECLI:DE:BVerwG:2024:191124B9A23.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 19.11.2024 - 9 A 23.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:191124B9A23.24.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 23.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 19. November 2024
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Martini sowie
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Sieveking und
Prof. Dr. Schübel-Pfister
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Kläger vom 13. November 2024 gegen den Beschluss des Senats vom 25. Oktober 2024 - 9 A 18.24 , 9 A 17.24 , 9 A 16.24 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens zu je 1/3.

Gründe

1 Mit Beschluss vom 25. Oktober 2024 - 9 A 18.24 , 9 A 17.24 , 9 A 16.24 - hat der Senat das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 2. November 2023 gegen die Richter am Bundesverwaltungsgericht A. und B. sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht C. als offensichtlich missbräuchlich verworfen (vgl. zu dieser Möglichkeit BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Juni 2015 - 1 BvR 1288/14 - juris Rn. 17). Die dagegen gerichtete Anhörungsrüge der Kläger vom 13. November 2024 hat keinen Erfolg. Aus dem Rügevorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise im Sinne von § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO verletzt hat.

2 Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidungsfindung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist aber weder gehalten, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen, noch muss es sich in den Entscheidungsgründen mit jedem Vorbringen ausdrücklich befassen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 20. April 2023 - 9 B 10.23 -‌ juris Rn. 2 m. w. N.). Dies zugrunde gelegt, liegt ein Gehörsverstoß nicht vor.

3 Mit dem gerügten Beschluss hat der Senat das gegen zwei Senatsmitglieder und ein früheres Senatsmitglied gerichtete Ablehnungsgesuch der Kläger vom 2. November 2023 mit der Begründung verworfen, es sei offensichtlich rechtsmissbräuchlich, weil die Kläger damit verfahrensfremde Zwecke verfolgten. Ihr prozessuales Verhalten sei darauf gerichtet, in der von ihnen erhobenen Nichtigkeitsklage nach § 153 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 579 Abs. 1 Nr. 1 ZPO (9 A 12.21 , nunmehr 9 A 16.24 ) eine Wiederaufnahme ihres straßenrechtlichen Klageverfahrens und eine erneute Entscheidung darüber durch andere Richter zu erreichen. Nachdem die gegen alle (damaligen) Mitglieder des Senats gerichteten Ablehnungsgesuche rechtskräftig durch Beschluss vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - verworfen bzw. als unbegründet zurückgewiesen worden seien, hätten die Kläger mit den nachfolgenden Anhörungsrügen und (wiederholten) Ablehnungsgesuchen versucht, die gewünschte Veränderung der Richterbank gleichwohl zu erreichen. Damit missbrauchten sie das Ablehnungsrecht zur Erreichung eines im Rahmen der erhobenen Wiederaufnahmeklage gesetzlich nicht vorgesehenen Ergebnisses, weshalb sich auch das erneute Ablehnungsgesuch vom 2. November 2023 als unzulässig erweise.

4 Die Kläger rügen, diese Entscheidung beruhe auf einer unvollständigen Auseinandersetzung mit den geltend gemachten Ablehnungsgründen. Denn diese zielten nicht nur auf den Ausschluss der abgelehnten Richter im Wiederaufnahmeverfahren, sondern auch für sämtliche vor- und nachgängigen Verfahrens- und Sachfragen, bei denen richterliche Entscheidungen in den vom Ablehnungsgesuch betroffenen Verfahren 9 A 16.24 , 9 A 17.24 und 9 A 18.24 inmitten stünden; zudem seien die Richter gerade wegen ihres Verhaltens in den Verfahren 9 A 16.24 und 9 A 17.24 abgelehnt worden. Das konkret gerügte richterliche Verhalten in dem Senatsbeschluss vom 5. Januar 2023 sei nicht berücksichtigt worden. Mit diesem Vorbringen ist eine Gehörsverletzung nicht dargetan.

5 Bei den von den Klägern genannten Verfahren handelt es sich um die Wiederaufnahmeklage (9 A 16.24 , vormals 9 A 12.21 ) sowie zwei Anhörungsrügeverfahren (9 A 17.24 , vormals 9 A 6.22 , sowie 9 A 18.24 ), die sich jeweils auf Beschlüsse beziehen, mit denen Ablehnungsgesuche gegen Mitglieder des Senats verworfen worden sind. Dass der Senat die Einbeziehung dieser Verfahren in das Ablehnungsgesuch vom 2. November 2023 berücksichtigt und diese Verfahren vor Augen gehabt hat, ergibt sich schon daraus, dass sich der gerügte Beschluss ausdrücklich auf alle drei Verfahren bezieht und diese auch in der in den Beschlussgründen ausgeführten Prozessgeschichte näher dargestellt werden. Bei den Anhörungsrügeverfahren handelt es sich auch nicht um Verfahren, die losgelöst von der Nichtigkeitsklage zu betrachten wären und keinen Bezug zu der Frage der dortigen Besetzung der Richterbank aufwiesen. Die Entscheidungen über die verschiedenen Ablehnungsgesuche und die darauf bezogenen Anhörungsrügen betreffen Zwischenverfahren, die Teil des Nichtigkeitsklageverfahrens sind und die, wenn das klägerische Begehren jeweils Erfolg hätte, Einfluss auf die Bestimmung des gesetzlichen Richters in diesem Klageverfahren hätten.

6 Der gerügte Beschluss vom 25. Oktober 2024 beruht auf einer Würdigung des bisherigen prozessualen Verhaltens der Kläger und der von ihnen angebrachten verfahrensrechtlichen Anträge und Rügen. Nach der Überzeugung des Senats ging es den Klägern (auch) in ihrem Ablehnungsgesuch vom 2. November 2023 nur darum, die Mitglieder des Senats dauerhaft aus Entscheidungen über den Verfahrenskomplex der Nichtigkeitsklage auszuschließen und damit die rechtskräftige Entscheidung vom 28. Februar 2022 zu unterlaufen. Den Rügen zu einzelnen konkreten Verhaltensweisen der Richter kommt dabei für das Ablehnungsbegehren keine eigenständige entscheidungserhebliche Bedeutung zu (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Juni 2015 - 1 BvR 1288/14 - juris Rn. 20).

7 Dass der Senat die Ausführungen der Kläger aus dem Schriftsatz vom 2. November 2023 und die geltend gemachten Ablehnungsgründe insgesamt zur Kenntnis genommen hat, zeigt sich im Übrigen auch daran, dass er Aspekte wie den gerügten Verstoß gegen § 43 DRiG bzw. § 353b StGB oder seine Ausführungen in dem Beschluss vom 5. Januar 2023 zu "Formulierungen" des Klägers jedenfalls insoweit aufgegriffen hat, als sie für die Entscheidung über die Anhörungsrüge von Relevanz sein konnten.

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 ZPO. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht notwendig, weil sich die Gerichtsgebühr aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ergibt.

Beschluss vom 02.12.2024 -
BVerwG 9 A 17.24ECLI:DE:BVerwG:2024:021224B9A17.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 02.12.2024 - 9 A 17.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:021224B9A17.24.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 17.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Dezember 2024
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler sowie
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Sieveking und
Prof. Dr. Schübel-Pfister
beschlossen:

  1. Die Ablehnungsgesuche der Kläger vom 19. Oktober 2022 gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. sowie vom 11. Januar 2023 gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht B. und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht C. werden verworfen.
  2. Die Anhörungsrüge der Kläger vom 19. Oktober 2022 gegen den Beschluss des Senats vom 11. Oktober 2022 - 9 A 3.22 (9 A 12.21 ) - wird zurückgewiesen.
  3. Die Kläger tragen die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens zu je 1/3.

Gründe

I

1 Die Kläger lehnten mit Schriftsatz vom 7. September 2021 in ihrem Klageverfahren 9 A 12.21 (nunmehr 9 A 16.24 ) den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. wegen Besorgnis der Befangenheit ab, nachdem sie bereits zuvor ein Ablehnungsgesuch gegen die weiteren (damaligen) Mitglieder des Senats angebracht hatten. Mit Beschluss vom 28. Februar 2022, der unter Mitwirkung des Richters am Bundesverwaltungsgericht A., des Richters am Bundesverwaltungsgericht B. und der Richterin am Bundesverwaltungsgericht C. erging, wurden das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. verworfen und das Ablehnungsgesuch gegen die weiteren Senatsmitglieder zurückgewiesen (BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - NVwZ 2022, 884). Gegen den Beschluss vom 28. Februar 2022 erhoben die Kläger mit Schriftsatz vom 11. April 2022 Anhörungsrüge (9 A 3.22 ) und lehnten den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. (erneut) wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Unter Mitwirkung des abgelehnten Richters sowie des Richters am Bundesverwaltungsgericht B. und der Richterin am Bundesverwaltungsgericht C. wurden mit Beschluss vom 11. Oktober 2022 das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. verworfen und die Anhörungsrüge zurückgewiesen.

2 Mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2022 haben die Kläger gegen den Beschluss vom 11. Oktober 2022 Anhörungsrüge erhoben, soweit darin das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. verworfen worden ist, und diesen Richter wiederum wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Dieses vormals unter dem Aktenzeichen 9 A 6.22 geführte Anhörungsrügeverfahren hat der Senat zusammen mit dem Klageverfahren 9 A 12.21 mit Beschluss vom 6. Januar 2023 ausgesetzt bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die von den Klägern gegen die Senatsbeschlüsse vom 28. Februar 2022 und 11. Oktober 2022 eingelegte Verfassungsbeschwerde. Mit Schriftsatz vom 11. Januar 2023 haben die Kläger unter Hinweis auf die neue Jahresgeschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichts die Richterin am Bundesverwaltungsgericht C. und den Richter am Bundesverwaltungsgericht B. wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

3 Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde der Kläger mit Beschluss vom 25. Juli 2024 - 1 BvR 287/23 - nicht zur Entscheidung angenommen hat, sind das Klage- und das Anhörungsrügeverfahren unter den Aktenzeichen 9 A 16.24 bzw. 9 A 17.24 wiederaufgenommen worden, sodass nunmehr über die Anhörungsrüge gegen den Beschluss vom 11. Oktober 2022 sowie über die auf dieses Rügeverfahren und das wiederaufgenommene Klageverfahren bezogenen Ablehnungsgesuche vom 19. Oktober 2022 und 11. Januar 2023 zu entscheiden ist.

II

4 1. a) Das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 19. Oktober 2022 gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. ist ungeachtet dessen, ob eine Richterablehnung im Rahmen einer Anhörungsrüge von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. zum Streitstand BVerwG, Beschluss vom 29. November 2018 - 9 B 26.18 - juris Rn. 3 ff.; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 54 Rn. 22 f.), offensichtlich unzulässig, sodass darüber unter dessen Mitwirkung entschieden werden kann. Der Sache nach erneuern die Kläger den bereits zuvor gegen den abgelehnten Richter erhobenen Vorwurf einer unzulässigen Selbstentscheidung und wiederholen die gegen ihn geltend gemachten Ablehnungsgründe, die bereits rechtskräftig mit Beschlüssen des Senats vom 28. Februar 2022 und 11. Oktober 2022 zurückgewiesen wurden, da sie offensichtlich völlig ungeeignet sind, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen. Die Unanfechtbarkeit dieser Beschlüsse kann nicht dadurch umgangen werden, dass deren Inhalt zum Gegenstand eines weiteren Ablehnungsgesuchs gemacht wird (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Oktober 2022 - 9 A 3.22 - juris Rn. 5). Dass die unter Mitwirkung des abgelehnten Richters ergangenen Beschlüsse vom 28. Februar 2022 und 11. Oktober 2022 keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen, wird im Übrigen durch den Nichtannahmebeschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. Juli 2024 bestätigt. Bei Gesamtwürdigung des prozessualen Vorgehens der Kläger stellt sich darüber hinaus die Geltendmachung eines Ablehnungsrechts hier als missbräuchlich dar (vgl. auch Beschluss des Senats vom 25. Oktober 2024 - 9 A 16.24 , 9 A 17.24 und 9 A 18.24 - Rn. 9).

5 b) Aus denselben Gründen ist auch das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 11. Januar 2023 gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht B. und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht C., das auf deren Mitwirkung an den Beschlüssen vom 28. Februar 2022 und 11. Oktober 2022 und die damit zum Ausdruck gebrachte Zustimmung zu der "Selbstentscheidung" des Richters am Bundesverwaltungsgericht A. gestützt wird, offensichtlich unzulässig.

6 2. Die (zulässige) Anhörungsrüge vom 19. Oktober 2022 hat keinen Erfolg, sodass das Verfahren über das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. vom 11. April 2022 nicht fortzuführen ist. Aus dem Rügevorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise im Sinne von § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO verletzt hat.

7 Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidungsfindung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist aber weder gehalten, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen, noch muss es sich in den Entscheidungsgründen mit jedem Vorbringen ausdrücklich befassen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 20. April 2023 - 9 B 10.23 - juris Rn. 2 m. w. N.). Danach ist ein Gehörsverstoß hier nicht ersichtlich.

8 Die Kläger rügen zu Unrecht, dass die von ihnen geltend gemachten Ablehnungsgründe der objektiven Willkür infolge der Bestätigung der nach Auffassung der Kläger objektiv willkürlichen Begründung des Senatsurteils vom 2. Juli 2020 - 9 A 8.19 -, der erkennbar gewordenen Vorfestlegung und der nicht erfolgten Auskunftserteilung übergangen worden seien. Mit diesen Gesichtspunkten hat sich der Senat in den Beschlüssen vom 28. Februar 2022 und 11. Oktober 2022 auseinandergesetzt.

9 Soweit die Kläger geltend machen, der Beschluss vom 11. Oktober 2022 übergehe den Einwand, die Bestätigung des nach Ansicht der Kläger willkürlichen Urteils vom 2. Juli 2020 durch den Beschluss vom 28. Februar 2022 rechtfertige die Ablehnung des Richters am Bundesverwaltungsgericht A., führt bereits der letztgenannte Beschluss (Rn. 34 ff.) aus, warum die Kritik der Kläger an dem Urteil vom 2. Juli 2020 keine Besorgnis der Befangenheit begründen kann. Dass dies auch bezüglich einer von den Beteiligten abweichenden Rechtsauffassung des Gerichts der Fall ist, entspricht ständiger Rechtsprechung. Eines erneuten Eingehens hierauf bedurfte es daher nicht.

10 Mit der Rüge, die Begründung in Rn. 9 des Beschlusses vom 11. Oktober 2022, welcher eine bereits im Beschluss vom 28. Februar 2022 erkennbare Festlegung bestätige, belege eine Vorfestlegung des Richters am Bundesverwaltungsgericht A., verkennen die Kläger den Inhalt beider Entscheidungen. Die Ausführungen im Beschluss vom 11. Oktober 2022 bezogen sich auf den Einwand der Kläger, aus dem Schreiben der Vorsitzenden Richterin D. vom 21. Juni 2021 folge deren Vorfestlegung bezüglich der anhängigen Nichtigkeitsklage. Diesen hat der Senat im Beschluss vom 28. Februar 2022 (Rn. 29 ff.) mit der Begründung als unbegründet zurückgewiesen, im Zeitpunkt der Abfassung des Schreibens habe der Richterin die von den Klägern später geltend gemachte abweichende Auslegung des Geschäftsverteilungsplans nicht vor Augen stehen müssen; die Annahme, letzterer beschränke die Mitwirkung des Richters am Bundesverwaltungsgericht A. auf die Verfahren zur Festen Fehmarnbeltquerung, weshalb die klägerische Frage nach dessen Verhinderung nicht verständlich sei, spiegele daher das damalige Verständnis, aber keine Festlegung bezüglich erst später geltend gemachter Bedenken wider. Mit Beschluss vom 11. Oktober 2022 hat der Senat sodann auf die Anhörungsrüge der Kläger lediglich festgestellt, dass diese bezüglich des Verständnisses des Schreibens der Vorsitzenden Richterin verkennen, dass, wenn ein Richter - wovon die Vorsitzende ersichtlich ausging - schon nach dem Geschäftsverteilungsplan nicht mitwirkt, er von vornherein nicht an einer Mitwirkung gehindert sein kann. Eine Vorfestlegung bezüglich der Frage, wie der Geschäftsverteilungsplan unter Berücksichtigung der später erhobenen Einwände auszulegen ist, enthält der Beschluss vom 28. Februar 2022 nicht, sondern schließt ein anderes als das dem Schreiben der Vorsitzenden zugrundeliegende Verständnis ausdrücklich nicht aus (Rn. 31). Zu dieser Frage verhält sich der Beschluss vom 11. Oktober 2022 überhaupt nicht und kann sich daher auch nicht dahingehend festlegen.

11 Zu dem Vorbringen der Kläger in ihrem Ablehnungsgesuch vom 7. September 2021 (S. 53), Richter am Bundesverwaltungsgericht A. habe ihr Auskunftsbegehren aus ihrem Schriftsatz vom 16. Juni 2021 nicht beantwortet, hat bereits der Beschluss vom 28. Februar 2022 (Rn. 12) ausgeführt, dass es durch die Senatsvorsitzende am 21. Juni 2021 beantwortet wurde. Ebenso wie dieses verkennt auch das weitere Auskunftsersuchen vom 2. Juli 2021 bezüglich einer Verhinderung der Richter am Bundesverwaltungsgericht A., E. und F., dass sich - wie vorstehend bereits ausgeführt - die Frage einer Verhinderung erst stellt, wenn ein Richter nach der Geschäftsverteilung zur Mitwirkung berufen ist. Es kann dahingestellt bleiben, ob die fehlende Reaktion auf die Anfrage vom 2. Juli 2021 in hinreichend verständlicher Weise zum Gegenstand des Ablehnungsgesuchs gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. vom 7. September 2021 gemacht wurde. Letzteres verweist lediglich auf eine Einlassung des Generalbundesanwalts in einem von den Klägern gegen das Bundesverwaltungsgericht vor dem Verwaltungsgericht Leipzig geführten Prozess und behauptet, ausweislich dessen sei es dem Richter objektiv möglich gewesen, eine entsprechende Negativauskunft zu erteilen; ein Bezug zu einem konkreten Begehren wird nicht hergestellt. Jedenfalls erfolgte das Auskunftsersuchen im Schriftsatz vom 2. Juli 2021 ausdrücklich nur vorsorglich für den Fall, dass sich die der Begründung des Nichtigkeitsantrags zugrunde gelegte Annahme der Kläger, eine Verhinderung habe nicht bestanden, als unzutreffend erweist. Eine Auskunftserteilung wäre Richter am Bundesverwaltungsgericht A. zudem nicht möglich gewesen, weil ihn die Kläger bereits am 7. September 2021 wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und diesen Antrag nach Übersendung des das Ablehnungsgesuch verwerfenden Beschlusses vom 28. Februar 2022 mit Schreiben vom 24. März 2022 bereits am 11. April 2022 wiederholt haben. Angesichts des umfangreichen Vorbringens der Kläger sowie des Umstands, dass diese die übrigen und mit dem Gegenstand des Verfahrens vertrauten Mitglieder des 9. Senats in diesem Zeitpunkt bereits als befangen abgelehnt hatten, war innerhalb dieser kurzen Zeitspannen keine vertretungsweise vollständige Durcharbeitung der Schriftsätze, sondern - ebenso wie bei der nachfolgenden vertretungsweisen Bearbeitung durch Mitglieder des 4. Senats - zunächst nur deren Zustellung an die Gegenseite möglich.

12 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 ZPO. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht notwendig, weil sich die Gerichtsgebühr aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ergibt.

Beschluss vom 20.01.2025 -
BVerwG 9 A 24.24ECLI:DE:BVerwG:2025:200125B9A24.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 20.01.2025 - 9 A 24.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:200125B9A24.24.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 24.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Januar 2025
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler und Dr. Martini sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Sieveking
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Kläger vom 5. Dezember 2024 gegen den Beschluss des Senats vom 2. Dezember 2024 - 9 A 17.24 , 9 A 16.24 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens zu je 1/3.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge der Kläger gegen den Beschluss des Senats vom 2. Dezember 2024 - 9 A 17.24 , 9 A 16.24 -, mit dem die Ablehnungsgesuche der Kläger vom 19. Oktober 2022 gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. sowie vom 11. Januar 2023 gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht B. und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht C. verworfen worden sind, hat keinen Erfolg. Aus dem Rügevorbringen lässt sich nicht entnehmen, dass der Senat den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise im Sinne von § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO verletzt hat.

2 Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidungsfindung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist aber weder gehalten, der Rechtsansicht eines Beteiligten zu folgen, noch muss es sich in den Entscheidungsgründen mit jedem Vorbringen ausdrücklich befassen (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 20. April 2023 - 9 B 10.23 - juris Rn. 2 m. w. N.). Danach ist ein Gehörsverstoß hier nicht ersichtlich.

3 Der Senat hat in dem gerügten Beschluss vom 2. Dezember 2024 unter anderem entscheidungstragend darauf abgestellt, dass sich bei Gesamtwürdigung des prozessualen Vorgehens der Kläger die Geltendmachung eines Ablehnungsrechts hier als missbräuchlich darstellt, und auf seinen Beschluss vom 25. Oktober 2024 - 9 A 18.24 , 9 A 17.24 , 9 A 16.24 - verwiesen, mit dem ein Ablehnungsgesuch der Kläger gegen zwei weitere Senatsmitglieder und ein früheres Senatsmitglied verworfen worden ist. In diesem Beschluss hatte der Senat festgestellt und näher ausgeführt, dass die Kläger mit dem dortigen Ablehnungsgesuch verfahrensfremde Zwecke verfolgten und ihr Ablehnungsrecht zur Erreichung eines im Rahmen der erhobenen Wiederaufnahmeklage gesetzlich nicht vorgesehenen Ergebnisses, nämlich der Veränderung der Richterbank, missbrauchten.

4 Ohne Erfolg machen die Kläger hierzu geltend, die in Bezug genommenen Ausführungen aus dem Beschluss vom 25. Oktober 2024 - 9 A 18.24 , 9 A 17.24 , 9 A 16.24 - seien ihrerseits gehörsverletzend gewesen, zudem würden damit die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Ablehnungsgründe nicht vollständig ausgeschöpft. Denn sie hätten den Richter am Bundesverwaltungsgericht A. gerade (auch) wegen seines Verhaltens in den Verfahren 9 A 12.21 und 9 A 3.22 abgelehnt; zudem gehe es ihnen nicht nur um den Ausschluss des abgelehnten Richters für die Entscheidungen zur Wiederaufnahme des Verfahrens 9 A 8.19 , sondern für sämtliche vor- und nachgängigen Verfahrens- und Sachfragen, bei denen richterliche Entscheidungen im Rahmen der Verfahren 9 A 17.24 , 9 A 16.24 und 9 A 3.22 inmitten stünden. Mit diesem Vortrag ist eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht dargetan.

5 Dass die Ausführungen im Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2024 - 9 A 18.24 , 9 A 17.24 , 9 A 16.24 - nicht auf einem Gehörsverstoß beruhen, hat der Senat bereits in seinem Beschluss vom 19. November 2024 - 9 A 23.24 - entschieden, mit dem er die gegen diesen Beschluss erhobene Anhörungsrüge der Kläger zurückgewiesen hat. Im Übrigen blendet der Hinweis der Kläger auf verschiedene Verfahren mit unterschiedlichen Aktenzeichen aus, dass alle Aktenzeichen dem einheitlichen Verfahrenskomplex der Wiederaufnahme des ursprünglich unter dem Aktenzeichen 9 A 8.19 anhängigen Klageverfahrens zuzuordnen sind. Die Wiederaufnahmeklage selbst wurde zunächst unter dem Aktenzeichen 9 A 12.21 geführt und trägt nunmehr - nach Beendigung einer zwischenzeitlichen Aussetzung - das Aktenzeichen 9 A 16.24 . Bei den weiteren von den Klägern genannten Verfahren 9 A 3.22 und 9 A 17.24 handelt es sich um zwei Anhörungsrügeverfahren, die sich jeweils auf Beschlüsse beziehen, mit denen Ablehnungsgesuche zurückgewiesen oder verworfen wurden, die unmittelbar im Verfahren 9 A 12.21 bzw. im Zusammenhang mit einer nachfolgenden Anhörungsrüge angebracht worden waren. Dabei handelt es sich nicht um Verfahren, die losgelöst von der Nichtigkeitsklage zu betrachten wären und keinen Bezug zu der Frage der dortigen Besetzung der Richterbank aufwiesen. Die Entscheidungen über die verschiedenen Ablehnungsgesuche und die darauf bezogenen Anhörungsrügen betreffen Zwischenverfahren, die Teil des Nichtigkeitsklageverfahrens sind und die, wenn das klägerische Begehren jeweils Erfolg hätte, Einfluss auf die Bestimmung des gesetzlichen Richters in diesem Klageverfahren hätten (vgl. schon BVerwG, Beschluss des Senats vom 19. November 2024 - 9 A 23.24 - juris Rn. 5). Dass der Senat die Einbeziehung dieser Verfahren in die Ablehnungsgesuche der Kläger vom 19. Oktober 2022 und 11. Januar 2023 berücksichtigt und diese Verfahren vor Augen gehabt hat, ergibt sich schon daraus, dass der gerügte Beschluss in den Gründen alle genannten Verfahren erwähnt hat.

6 Ebenso wie der Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2024 - 9 A 18.24 , 9 A 17.24 , 9 A 16.24 - beruht auch der gerügte Beschluss vom 2. Dezember 2024 - 9 A 17.24 , 9 A 16.24 - auf der Würdigung des bisherigen prozessualen Verhaltens der Kläger und der von ihnen angebrachten verfahrensrechtlichen Anträge und Rügen im Rahmen einer Gesamtschau. Nach der Überzeugung des Senats ging es den Klägern auch in ihren Ablehnungsgesuchen vom 19. Oktober 2022 und 11. Januar 2023 nur darum, die Mitglieder des Senats und ihre Vertreter dauerhaft aus Entscheidungen über den Verfahrenskomplex der Nichtigkeitsklage auszuschließen und damit die rechtskräftige Entscheidung vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - zu unterlaufen. Den Rügen zu einzelnen konkreten Verhaltensweisen der Richter kommt dabei für das Ablehnungsbegehren keine eigenständige entscheidungserhebliche Bedeutung zu (vgl. BVerwG, Beschluss des Senats vom 19. November 2024 - 9 A 23.24 - juris Rn. 6 sowie vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Juni 2015 - 1 BvR 1288/14 - juris Rn. 20).

7 Da bereits diese Überlegungen die Verwerfung der streitgegenständlichen Ablehnungsgesuche als missbräuchlich rechtfertigen, kommt es auf die Rügen der Kläger bezüglich der weiteren im Beschluss vom 2. Dezember 2024 - 9 A 17.24 , 9 A 16.24 - angeführten Gründe nicht entscheidungserheblich an.

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 ZPO. Eine Streitwertfestsetzung ist nicht notwendig, weil sich die Gerichtsgebühr aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ergibt.

Beschluss vom 21.02.2025 -
BVerwG 9 A 16.24ECLI:DE:BVerwG:2025:210225B9A16.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.02.2025 - 9 A 16.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:210225B9A16.24.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 16.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Februar 2025
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler und Dr. Martini und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Sieveking
beschlossen:

Das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 7. Juni 2022 gegen die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht A. wird zurückgewiesen.

Gründe

1 Das Ablehnungsgesuch der Kläger vom 7. Juni 2022, ergänzend begründet mit Schriftsätzen vom 7. September, 22. November und 28. Dezember 2022, über das der Senat gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 45 Abs. 1 ZPO ohne Mitwirkung der abgelehnten Richterin entscheidet, hat keinen Erfolg.

2 1. Es kann dahinstehen, ob das Ablehnungsgesuch bereits wegen offensichtlicher Missbräuchlichkeit unzulässig ist. Der Senat hat mittlerweile bei einer Gesamtwürdigung des prozessualen Verhaltens der Kläger die Überzeugung gewonnen, dass es den Klägern bei ihren zahlreichen Befangenheitsanträgen und darauf bezogenen Anhörungsrügen nur darum geht, die Mitglieder des Senats und ihre Vertreter dauerhaft aus Entscheidungen über den Verfahrenskomplex der im Jahr 2021 erhobenen Nichtigkeitsklage auszuschließen, um die Wiederaufnahme des Verfahrens 9 A 8.19 und die erneute Entscheidung in der Sache durch eine andere Richterbank zu erreichen (vgl. Beschlüsse des Senats vom 25. Oktober 2024 - 9 A 18.24 u. a. - Rn. 9, vom 19. November 2024 - 9 A 23.24 - Rn. 6, vom 2. Dezember 2024 - 9 A 17.24 u. a. - Rn. 4 und vom 20. Januar 2025 - 9 A 24.24 - Rn. 6). In dieses Bild könnten sich rückblickend auch die vorliegend geltend gemachten Ablehnungsgründe gegen die Senatsvorsitzende einfügen.

3 2. Das Ablehnungsgesuch ist jedenfalls unbegründet. Gemäß § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Tatsächliche Befangenheit oder Voreingenommenheit ist nicht erforderlich. Maßgeblich ist, ob aus der Sicht einer verständigen Prozesspartei bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass gegeben ist, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht dagegen zur Ablehnung nicht aus (stRspr, vgl. nur BVerfG, Beschlüsse vom 2. Dezember 1992 - 2 BvF 2/90 u. a. - BVerfGE 88, 17 <22 f.> und vom 26. Februar 2014 - 1 BvR 471/10 u. a. - BVerfGE 135, 248 Rn. 24; BVerwG, Urteil vom 5. Dezember 1975 - 6 C 129.74 - BVerwGE 50, 36 <38 f.>; Beschluss vom 17. Juni 2024 - 9 C 3.23 - juris Rn. 5 m. w. N.). Bei Anwendung dieser Maßstäbe sind die von den Klägern geltend gemachten Gründe, zu denen sich die abgelehnte Richterin unter dem 13. Dezember 2022 geäußert hat, nicht geeignet, die Besorgnis der Befangenheit zu begründen.

4 a) Ohne Erfolg machen die Kläger als Ablehnungsgrund einen Verstoß gegen die Wartepflicht nach § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 47 Abs. 1 ZPO geltend, weil die abgelehnte Richterin mit Verfügung vom 20. April 2022 den übrigen Beteiligten den Anhörungsrügeschriftsatz vom 11. April 2022 sowie den weiteren Klägerschriftsatz vom 20. April 2022 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats hat übersenden lassen und unter dem 24. Mai 2022 dem Beklagten die erbetene Fristverlängerung zur Stellungnahme zu der Anhörungsrüge gewährt hat.

5 Die Kläger gehen allerdings zutreffend davon aus, dass die Richterin zum damaligen Zeitpunkt der gemäß § 54 Abs. 1 VwGO auch im Verwaltungsprozess geltenden Verpflichtung aus § 47 Abs. 1 ZPO unterlag, wonach ein abgelehnter Richter vor Erledigung des Ablehnungsgesuchs nur solche Handlungen vorzunehmen hat, die keinen Aufschub dulden. Das gegen die Richterin und weitere Senatsmitglieder gerichtete Ablehnungsgesuch der Kläger vom 2. Juli 2021 war zwar mit Beschluss vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - zurückgewiesen worden, gegen diesen Beschluss hatten die Kläger jedoch am 11. April 2022 eine Anhörungsrüge erhoben mit der Folge, dass das Ende der Wartepflicht des § 47 Abs. 1 ZPO bis zu deren Erledigung hinausgeschoben worden war (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Dezember 2016 - 10 B 4.16 - juris Rn. 35; BGH, Beschluss vom 15. Juni 2010 - XI ZB 33/09 - juris Rn. 17). Da über die Anhörungsrüge erst mit Beschluss vom 11. Oktober 2022 - 9 A 3.22 - entschieden wurde, bestand am 20. April 2022 und 24. Mai 2022 eine Wartepflicht, wovon auch die abgelehnte Richterin ausweislich ihres Vermerks vom 24. Mai 2022 im Ergebnis ausgegangen ist.

6 Dass die Richterin gleichwohl an diesen Tagen in der Sache Verfügungen getroffen hat, ist entgegen der Ansicht der Kläger nicht geeignet, Zweifel an ihrer Unvoreingenommenheit zu rechtfertigen. Das Handlungsverbot bewirkt, dass dem Richter eine weitere aktive Mitwirkung am Verfahren untersagt ist (Gerken, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Aufl. 2020, § 47 Rn. 6). Eine reine Aktenverwaltung wie beispielsweise die Weiterleitung von Schriftsätzen unterfällt daher nicht der Sperrwirkung des § 47 Abs. 1 ZPO (vgl. Stackmann, in: Münchener Kommentar ZPO, 7. Aufl. 2025, § 47 Rn. 5). Damit fällt die von der Richterin verfügte Weiterleitung der Klägerschriftsätze an die übrigen Beteiligten einschließlich der zur Gewährung rechtlichen Gehörs eingeräumten Gelegenheit zur Stellungnahme schon nicht unter die Wartepflicht. Dass mit der Verfügung zugleich die routinemäßige Abfrage nach der Beteiligung des Beteiligten erfolgte, verändert den Charakter der Verfügung nicht. Zudem geht es - wie die Kläger hinsichtlich der Anhörungsrüge selbst einräumen - um unaufschiebbare Verfahrenshandlungen, weil die Gegenseite andernfalls längere Zeit über den Fortgang des Verfahrens im Ungewissen bliebe und über das neue Anhörungsrügeverfahren in Kenntnis gesetzt werden musste. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Fristverlängerung für den Beklagten durch Verfügung vom 24. Mai 2022, da die Stellungnahmefrist bereits am 23. Mai 2022 abgelaufen war und es darum ging, dem Beklagten möglichst zeitnah die Verlängerung zu signalisieren.

7 Im Übrigen würde selbst ein Verstoß gegen die Wartepflicht für sich genommen noch keine Besorgnis der Befangenheit begründen. Eine solche ist vielmehr regelmäßig erst dann anzunehmen, wenn schwerwiegende oder wiederholte Verstöße vorliegen (vgl. BGH, Urteil vom 15. September 2016 - III ZR 461/15 - juris Rn. 19 und Beschluss vom 14. Juli 2016 - III ZR 323/13 - juris Rn. 8; BFH, Beschluss vom 28. Februar 2023 - VII R 29/18 - juris Rn. 137; Wysk, VwGO, 4. Aufl. 2025, § 54 Rn. 21; G. Vollkommer, in: Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 42 Rn. 24) und der abgelehnte Richter den Eindruck hat entstehen lassen, dass ihm das laufende Ablehnungsverfahren gleichgültig sei und er das laufende Ablehnungsverfahren nicht zu berücksichtigen brauche (vgl. etwa OLG Celle, Beschluss vom 13. Juli 2006 - 9 W 63/06 - juris Rn. 7 m. w. N.). Ein solcher Fall liegt hier, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, offensichtlich nicht vor. Dass dem Verhalten der abgelehnten Richterin keine vorsätzliche Missachtung ihrer Wartepflicht zugrunde lag und kein entsprechender Eindruck bei den Klägern entstehen konnte, belegt im Übrigen auch ihr Vermerk vom 24. Mai 2022, in dem sie das Ergebnis ihrer rechtlichen Prüfung zur Bedeutung der Anhörungsrüge für den gesetzlichen Richter niedergelegt hat. Aus diesem Vermerk, der den Klägern zur Kenntnisnahme übersandt worden ist, geht hervor, dass sich die Richterin der durch die Anhörungsrüge erneut ausgelösten Wartepflicht, die nicht nur sie selbst, sondern auch weitere Mitglieder des Senats betraf, bewusst war und sich auf unaufschiebbare Handlungen wie die Fristverlängerung für den Beklagten beschränkte.

8 Soweit die Kläger die dem Beklagten gewährte Verlängerung der Stellungnahmefrist um einen Monat als "Ungleichbehandlung und Verletzung der Waffengleichheit" bewerten, beziehen sich ihre Ausführungen insbesondere darauf, dass ihnen in dem vorausgegangenen Klageverfahren 9 A 8.19 am Ende der mündlichen Verhandlung vom 23. Juni 2020 durch den Senat in seiner damaligen Besetzung eine Schriftsatzfrist von lediglich drei Tagen zu einer in der mündlichen Verhandlung erstmals thematisierten rechtlichen Überlegung gewährt worden ist. Für die damalige Fristbemessung, die in einem anderen Klageverfahren, in einer anderen Prozesssituation und zu einem anderen Äußerungsgegenstand durch den damals zuständigen Spruchkörper ausgesprochen worden ist, und die hier problematisierte Fristverlängerung waren jedoch jeweils ganz verschiedene Erwägungen anzustellen. Eine Besorgnis der Befangenheit lässt sich deshalb aus der unterschiedlichen Fristlänge nicht ableiten.

9 Auch der Vortrag der Kläger zu einem dem Beklagten prozessleitend gewährten "Vorteil", der diesem die Möglichkeit gegeben habe, den Prozessstoff in dem gerade die abgelehnte Richterin betreffenden Ablehnungsverfahren in einer für diese vorteilhaften Weise "anzureichern", und der Vergleich mit der gesetzlich bestimmten Frist zur Erhebung der Anhörungsrüge von zwei Wochen können eine Besorgnis der Befangenheit nicht begründen. Denn diesen Überlegungen liegt ein unzutreffendes Verständnis von den rechtlichen und tatsächlichen Auswirkungen der beanstandeten Fristverlängerung und der Bedeutung des Beteiligtenvorbringens im Verwaltungsprozess zugrunde.

10 Anders als etwa im Zivilprozess erforscht das Gericht im verwaltungsgerichtlichen Verfahren den Sachverhalt von Amts wegen ohne Bindung an und Beschränkung auf das Vorbringen der Beteiligten (§ 86 Abs. 1 VwGO). Diese sind aber nicht gehindert, auch ohne ausdrückliche Aufforderung und außerhalb oder nach Ablauf gerichtlich gesetzter Fristen vorzutragen, sofern nicht ausnahmsweise gesetzlich etwas anderes bestimmt ist wie etwa in der Präklusionsregelung des § 87b VwGO. Die Bestimmung von Äußerungsfristen trägt im Rahmen der zeitlichen Strukturierung und angestrebten Beschleunigung des Verfahrens dem Anspruch der Beteiligten auf rechtliches Gehör Rechnung und signalisiert diesen, bis zu welchem Zeitpunkt sie jedenfalls vortragen können und nicht mit einer vorherigen Entscheidung des Gerichts rechnen müssen. Auf diese Bedeutung beschränkte sich auch die von den Klägern beanstandete Äußerungsfristverlängerung im Anhörungsrügeverfahren.

11 Der von den Klägern thematisierte Zeitablauf zwischen dem Eingang der Anhörungsrüge und der endgültigen Anforderung von Vertretern aus dem Vertretungssenat war der erforderlichen Prüfung der Zuständigkeiten geschuldet, die wegen besonders zeit- und vorbereitungsintensiver anderweitiger dienstlicher Verpflichtungen der abgelehnten Richterin damals längere Zeit in Anspruch nahm; dies hat die Richterin in ihrer dienstlichen Äußerung nachvollziehbar im Einzelnen erläutert.

12 In dem gerügten Verhalten der abgelehnten Richterin kommt danach weder eine vorsätzliche Missachtung ihrer Wartepflicht und des durch die Anhörungsrüge jedenfalls eingeschränkt erneut zur Entscheidung gestellten Ablehnungsgesuchs zum Ausdruck, noch wurde dem Beklagten damit ein für das Anhörungsrügeverfahren relevanter Vorteil verschafft.

13 b) Die Annahme einer von der Vorsitzenden verletzten "geschäftsjahresbezogenen Obliegenheit" zur Anforderung der Benennung der Vertreter geht an den rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen einer Vertreterbestellung vorbei. Die senatsübergreifende Anforderung eines richterlichen Vertreters für einen konkreten Vertretungsfall erfolgt nicht geschäftsjahr-, sondern einzelfallbezogen, wenn der Vertretungsfall eingetreten ist. Grundlage dafür sind die abstrakten Vertretungsregelungen für das Geschäftsjahr, deren Festlegung gemäß § 21e Abs. 1 Satz 1 GVG Aufgabe des Präsidiums ist und keine Mitwirkungshandlungen der oder des einzelnen Senatsvorsitzenden erfordert. Nichts anderes ergibt sich aus der von den Klägern zitierten Regelung unter C.III. 6 des Geschäftsverteilungsplans des Bundesverwaltungsgerichts für das Geschäftsjahr 2022, die die Modalitäten der Vertreteranforderung regelt, wenn eine Vertretung unter den Senaten "erforderlich" ist, was den Eintritt eines konkreten Vertretungsfalls voraussetzt.

14 c) Die Umstände der Rücksendung von Akten des Beklagten aufgrund einer Verfügung der abgelehnten Richterin vom 8. Dezember 2021 sind ebenfalls nicht geeignet, Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Richterin zu begründen.

15 Mit Schriftsätzen vom 22. November und 28. Dezember 2022 beanstanden die Kläger als weiteren Ablehnungsgrund, dass die abgelehnte Richterin in dem vom Kläger zu 2. geführten Klageverfahren 9 A 11.21 , das denselben Planfeststellungsbeschluss wie das hiesige Verfahren zum Gegenstand hatte, die dort vom Beklagten mit Schreiben vom 6. Dezember 2021 übersandten Vorgänge von der Geschäftsstelle mit Verfügung vom 8. Dezember 2021 hat zurücksenden lassen mit der Bitte, diese Vorgänge "im Hinblick auf das vollständige Akteneinsichtsrecht des Klägers zu anonymisieren und sodann erneut vorzulegen". Sie monieren, dass die Verwaltungsvorgänge, die gleichermaßen für beide Verfahren angefordert worden seien, aufgrund dieses Verhaltens auch im hiesigen Verfahren nunmehr nur in unvollständiger Form vorlägen, weshalb ein Gehörsverstoß sowie ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens und des effektiven Rechtsschutzes gegeben seien, die die abgelehnte Richterin zu verantworten habe. Diese sei zudem gemeinsam mit dem Beklagten einseitige "Kenntnisträgerin" der vollen, ungeschwärzten Verwaltungsvorgänge, während sie den Klägern diese Aktenkenntnis vorenthalten habe.

16 Dieser Vorwurf ist unbegründet. Wie die abgelehnte Richterin in ihrer dienstlichen Äußerung vom 13. Dezember 2022 klargestellt hat, trifft die Annahme der Kläger nicht zu, dass die Richterin die zurückgesandten Verwaltungsvorgänge inhaltlich zur Kenntnis genommen habe. Ihre Verfügung vom 8. Dezember 2021 erging vielmehr allein auf der Grundlage des Übersendungsschreibens des Beklagten vom 6. Dezember 2021. Die damit veranlasste sofortige Rücksendung der eingereichten Akten ist nicht zu beanstanden, sondern war vielmehr prozessual geboten. Denn bei den mit Schreiben vom 6. Dezember 2021 übersandten Vorgängen des Beklagten handelte es sich nicht um dem Gericht nach § 99 VwGO vorgelegte - und ihm sodann vorliegende - Verwaltungsvorgänge, die der Akteneinsicht nach § 100 VwGO unterliegen würden (vgl. hierzu schon Urteil des Senats vom 21. November 2023 - 9 A 11.21 - NVwZ 2024, 589 Rn. 62). Die damalige Übersendung war von dem Beklagten mit der Bitte verbunden worden, dass das Gericht bei Gewährung von Akteneinsicht die datenschutzrechtlichen Belange von Dritten berücksichtigen solle. Die dem Senat damit überantwortete Vorprüfung der Verwaltungsvorgänge ist allerdings nicht zulässig, weshalb die mit einer solchen Einschränkung verbundene Aktenvorlage nicht den Vorgaben des § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprach. Aus diesem Grund wurden die Vorgänge unbesehen zurückgesandt, verbunden mit der Aufforderung, sie - soweit erforderlich – (selbst) zu anonymisieren und sodann erneut vorzulegen. Die in der Folgezeit vom Beklagten vorgelegten Unterlagen, die vereinzelte Schwärzungen und Fehlblätter enthalten und nach Erledigung des Verfahrens 9 A 11.21 nunmehr zum hiesigen Verfahren geführt werden, entsprechen der vom Gericht angeforderten Aktenvorlage.

17 Soweit die Kläger geltend machen, die vorliegenden Akten stünden im Widerspruch zu der Eingangsverfügung des Senats vom 17. Juni 2021, in der gebeten worden sei, die vollständigen und mit Seitenzahlen versehenen Verwaltungsvorgänge "im Original" zu übersenden, ist die damals routinemäßig erfolgte Aktenanforderung inzwischen überholt. Denn die Berichterstatterin hatte bereits im September 2021 im Verfahren 9 A 11.21 die zum damaligen Zeitpunkt bereits vorliegenden Unterlagen ausdrücklich für zunächst ausreichend erachtet; durch die beanstandete Verfügung der Senatsvorsitzenden vom 8. Dezember 2021 wurde die Aktenanforderung sodann ausdrücklich auf die Vorlage anonymisierter Vorgänge beschränkt (vgl. näher Urteil des Senats vom 21. November 2023 - 9 A 11.21 - NVwZ 2024, 589 Rn. 63). Dieser maßgeblichen letzten Aktenanforderung des Senats entsprechen die nunmehr vorliegenden Akten. Da den Klägern alle vom Beklagten und von der Beigeladenen elektronisch und/oder in Papier vorgelegten Vorgänge im Wege der Akteneinsicht zugänglich gemacht worden sind, ist ihrem darauf bezogenen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs und Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes in vollem Umfang Rechnung getragen worden.

18 d) Soweit die Kläger erneut die "Auskunftsverweigerung" durch die abgelehnte Richterin bzw. das Unterlassen einer "Negativauskunft" rügen, hat der Senat bereits mit Beschluss vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - entschieden, dass sich daraus der Vorwurf einer Befangenheit nicht ableiten lässt.

19 e) Da die von den Klägern erhobenen Rügen nicht geeignet sind, eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen, ergibt sich auch bei deren Gesamtbetrachtung kein vernünftiger Grund, an der Unvoreingenommenheit der abgelehnten Richterin zu zweifeln.