Rechtshistorische Bestände
Die Bibliothek des Bundesverwaltungsgerichts umfasst neben dem Neubestand umfangreiche Teile der Bibliotheken des Reichsgerichts, des Preußischen Oberverwaltungsgerichts, des Obersten Gerichts der DDR sowie der Volkskammer der DDR. Sie besitzt unter den juristischen Fachbibliotheken einen der bedeutendsten historischen Bestände: Ältestes Buch ist eine Ausgabe des Decretum Gratiani aus dem 12. Jahrhundert, älteste Handschrift das Fragment eines Bibelkommentars aus karolingischer Zeit (9. Jahrhundert).
Bibliothek des Reichsgerichts
Die Bibliothek des Reichsgerichts - seinerzeit die größte juristische Bibliothek Deutschlands - war in der DDR-Zeit Teil der Bibliothek des Obersten Gerichts der DDR. Nach der Wiedervereinigung wurde die Bibliothek zwischen dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe und dem Bundesverwaltungsgericht aufgeteilt. Das Bundesverwaltungsgericht besitzt rund 74.500 Bände der ehemaligen Reichsgerichtsbibliothek. Den Schwerpunkt bilden Werke zum Verfassungs-, Staats-, Verwaltungs- sowie zum Kirchenrecht aus dem 12. bis 19. Jahrhundert.
Bibliothek des Preußischen Oberverwaltungsgerichts
Dem 1875 geschaffenen Preußischen Oberverwaltungsgericht stand bereits bei seiner Eröffnung eine Bibliothek zur Verfügung. Mit der Einweihung des neuen Gerichtsgebäudes in der Berliner Hardenbergstraße im Jahr 1907 erhielt die Bibliothek für ihren damaligen Buchbestand von ca. 25.000 Bänden erstmals ein modernes, viergeschossiges Büchermagazin mit zwei Lesezimmern. Zwischen 1933 und 1941 wuchs die Bibliothek durch überlassene Büchersammlungen aus Behördenauflösungen und -zusammenlegungen. Am 1. Mai 1941 ging das Preußische Oberverwaltungsgericht im neu geschaffenen Reichsverwaltungsgericht auf. Bei Kriegsende umfasste die ehemalige Bibliothek des Oberverwaltungsgerichts ca. 52.000, überwiegend nur leicht beschädigte Bände.
Der Bibliotheksbestand des Preußischen Oberverwaltungsgerichts diente als Grundstock für die Bibliothek des Bundesverwaltungsgerichts. Inzwischen umfasst der Bestand nur noch ca. 36.000 Bände, da ihr nichtjuristischer Teil sowie mehrfach vorhandene Exemplare im Laufe der Zeit abgegeben wurden. Der verbliebene Bibliotheksbestand reicht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Darunter befinden sich bedeutende Werke aus dem 17. und 18. Jahrhundert (beispielsweise Corpus iuris canonici 1670; Acta pacis Westphalicae publica 1734-1743; Corpus iuris Fridericianum 1749). Ebenfalls von besonderem Interesse sind die umfangreiche Sammlung der Amtsdruckschriften der ehemaligen preußischen Provinzen sowie die Materialien der Parlamente, wie etwa des Reichstages, des Reichstages des Norddeutschen Bundes und der Deutschen Bundesversammlung (ab 1817).
Bibliothek des Obersten Gerichts der DDR
Die Bibliothek des Obersten Gerichts der DDR widmete sich der Sammlung zeitgenössischer Werke. Es handelte sich vorrangig um in der DDR und der Bundesrepublik erschienene Publikationen, darüber hinaus auch um Werke aus osteuropäischen Ländern. Ein Sammelschwerpunkt waren die in der DDR verfassten juristischen Dissertationen. Im Laufe der Zeit sank die Bedeutung der Bibliothek des Obersten Gerichts. Der jährliche Erwerbungsetat betrug am Ende nur noch 77.000 Mark. Nach der Wiedervereinigung wurde die Bibliothek zwischen dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe und dem Bundesverwaltungsgericht aufgeteilt. Leipzig erhielt unter anderem die Bände der Sachgruppen St (Staatswissenschaften DDR) und Diss (Dissertationen DDR).
Bibliothek der Volkskammer der DDR
Die Bibliothek der Volkskammer der DDR wurde 1950 gegründet und dem Sekretariat der Volkskammer zugeordnet. Nachdem sie bis 1976 auf einen Bestand von 86.000 Bänden angewachsen war, musste ein Großteil mit dem Umzug in den neu erbauten Palast der Republik aus Platzgründen abgegeben werden. Die westliche Literatur war „sekretiert“ und durfte nur mit besonderer Genehmigung eingesehen werden. Nach der Wiedervereinigung ging der Bestand von ca. 9.000 Bänden zunächst in das Eigentum des Deutschen Bundestages über, bevor er im Jahr 2002 der Bibliothek des Bundesverwaltungsgerichts überlassen wurde. Heute umfasst er ein breites Spektrum an überwiegend nicht-juristischer Literatur mit den Schwerpunkten Parlaments-, Staats- und Rechtswesen sowie Geschichte, Politik und Wirtschaft. Er enthält beispielsweise den Verfassungsentwurf vom 4. April 1990, den die Arbeitsgruppe „Neue Verfassung für die DDR“ des Zentralen Runden Tisches der DDR entwickelt hat.