Verfahrensinformation
Der von der Bundesnetzagentur mit Entscheidung vom 14. Februar 2020 festgelegte Trassenkorridor für den Abschnitt D (vom Raum Schwandorf bis zum Netzverknüpfungspunkt Isar) der als Erdkabel auszuführenden Höchstspannungsgleichstromleitung Wolmirstedt-Isar (sog. SuedOstLink) führt u.a. über das Gebiet der beiden klagenden Gemeinden. Eine dieser Gemeinden und der dritte Kläger, ein Landwirt in einem anderen Ort, sind Eigentümer von im Trassenkorridor gelegenen Grundstücken. Zur Sicherung der nun anstehenden Planfeststellung hat die Bundesnetzagentur mehrere Veränderungssperren erlassen. Von drei dieser Veränderungssperren werden Teile der Gemeindegebiete der klagenden Gemeinden sowie Grundstücke der Kläger erfasst. Die betreffenden Grundstücke werden jeweils von möglichen Trassenvarianten in Anspruch genommen und sollen deswegen einstweilen von einer Bebauung oder sonstigen Veränderung freigehalten werden. Die Kläger machen mit ihren Klagen, für die das Bundesverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig ist, geltend, dass ihre Interessen nicht zutreffend gewürdigt worden und die Veränderungssperren folglich ihnen gegenüber unverhältnismäßig seien. Eine Gemeinde will die von der Veränderungssperre erfassten Grundstücke für eine Trinkwassergewinnungsanlage nebst Wasserschutzgebiet, die andere will ihr Grundstück für ökologische Ausgleichsmaßnahmen für ein geplantes Bauvorhaben nutzen. Der Landwirt will auf einem seiner Grundstücke eine Hähnchenmastanlage errichten. Alle drei Kläger haben während des Klageverfahrens bei der Bundesnetzagentur erfolglos die Aufhebung der Veränderungssperren beantragt. Gegen die ablehnenden Bescheide haben sie ebenfalls Klage erhoben.
Beschluss vom 29.07.2021 -
BVerwG 4 VR 8.20ECLI:DE:BVerwG:2021:290721B4VR8.20.0
Leitsatz:
Ob überwiegende Belange der Betroffenen der Veränderungssperre nach § 16 Abs. 1 Satz 1 NABEG entgegenstehen, ist bereits bei deren Erlass zu prüfen.
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Rechtsquellen
NABEG § 16 BBPlG § 1 Abs. 1, § 6 Satz 2 GG Art. 28 Abs. 2 Satz 1 WHG § 50 Abs. 1, § 51 Abs. 1, § 52 Abs. 1 BayGO Art. 57 Abs. 2 -
Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 29.07.2021 - 4 VR 8.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:290721B4VR8.20.0]
Beschluss
BVerwG 4 VR 8.20
In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Juli 2021
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt und Dr. Hammer
beschlossen:
- Der Antrag wird abgelehnt.
- Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15 000 € festgesetzt.
Gründe
I
1 Die Antragstellerin, eine Gemeinde, begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine zur Sicherung der Planfeststellung einer Höchstspannungsleitung erlassene Veränderungssperre.
2 Die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur) hat mit der Entscheidung zur Bundesfachplanung (§ 12 Abs. 2 NABEG) vom 14. Februar 2020 für den Abschnitt D (Raum Schwandorf bis Netzverknüpfungspunkt Isar) des Vorhabens Nr. 5 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BBPlG (Wolmirstedt-Isar; sog. SuedOstLink) einen raumverträglichen Trassenkorridor für die spätere Planfeststellung der als Erdkabel zu errichtenden Leitungen zur Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung festgelegt. Vorhabenträgerin für diesen Bereich ist die Beigeladene zu 1. Der Trassenkorridor quert das Gemeindegebiet der Antragstellerin unter anderem im Bereich der Gemarkung B. Dort plant die Antragstellerin im Interesse ihrer Trinkwasserversorgung in der Nähe einer bereits bestehenden Wassergewinnungsanlage (Bereich L.) die Errichtung zweier weiterer Brunnenanlagen (H. III und IV) zur Förderung von Grundwasser; zum Schutz des Einzugsbereichs dieser Brunnen, die im Anschluss an Versuchsbohrungen bereits im Jahr 2019 abgeteuft worden sind, soll ein neues Wasserschutzgebiet (Bereich H./He.) ausgewiesen werden, das mit seiner Schutzzone II teilweise in den Trassenkorridor hineinragt. Die Anträge auf Erteilung der erforderlichen wasserrechtlichen Gestattungen und auf Festsetzung des Wasserschutzgebiets hat die Antragstellerin erst nach der öffentlichen Auslegung der Unterlagen im Verfahren der Bundesfachplanung bei der unteren Wasserbehörde gestellt.
3 Unter dem 30. April 2020 hat die Bundesnetzagentur zur Sicherung der Bundesfachplanungsentscheidung eine Veränderungssperre nach § 16 Abs. 1 NABEG für die von den Planungsabsichten der Antragstellerin betroffenen Flurstücke Nr. ... und ... der Gemarkung B. erlassen, soweit diese im Trassenkorridor liegen, und zur Begründung u.a. ausgeführt: Durch die beabsichtigte Errichtung der Brunnen sowie die Überplanung des bisher zur Verfügung stehenden Passageraums und die drohenden wasserrechtlichen Restriktionen könne eine Trassierung im betreffenden Bereich wesentlich erschwert oder gar unmöglich werden. Die zur Sicherung des ausgewiesenen Trassenkorridors notwendige Veränderungssperre sei verhältnismäßig. Sie sei insbesondere auch angemessen. Die Trinkwasserversorgung der Antragstellerin als ein herausragender Belang sei sichergestellt. Die Gewinnungsanlagen seien weder aktuell noch unmittelbar absehbar zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit erforderlich. Eine Eigenversorgung der Antragstellerin sei nicht zwingend.
4 Am 28. Mai 2020 hat die Antragstellerin Klage erhoben (4 A 6.20 ) und am 23. Oktober 2020 vorläufigen Rechtsschutz beantragt. Gleichzeitig mit der Einreichung der Klagebegründung hat die Antragstellerin am 6. August 2020 bei der Bundesnetzagentur die Aufhebung der Veränderungssperre nach § 16 Abs. 2 Satz 2 NABEG beantragt, was die Bundesnetzagentur mit Bescheid vom 8. Februar 2021 abgelehnt hat. Auch hiergegen hat die Antragstellerin Klage erhoben (4 A 2.21 ).
II
5 1. Der Antrag ist zulässig.
6 a) Das Bundesverwaltungsgericht ist als Gericht der Hauptsache gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i.V.m. Nr. 5 der Anlage zu § 1 Abs. 1 Bundesbedarfsplanungsgesetz (BBPlG), § 6 Satz 2 BBPlG i.d.F. von Art. 3 Nr. 5 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 2019 (BGBl. I S. 706, 722), nunmehr § 6 Satz 2 Nr. 1 BBPlG i.d.F. von Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften vom 25. Februar 2021 (BGBl. I S. 298), § 80 Abs. 5 VwGO zur Entscheidung berufen. Die ausdrückliche Erweiterung der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zielt auf die Einbeziehung von Veränderungssperren im Vorfeld der Planfeststellung (BT-Drs. 19/9027 S. 20, BT-Drs. 19/7375 S. 77; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 9. Mai 2019 - 4 VR 1.19 - Buchholz 310 § 44a VwGO Nr. 17 Rn. 13).
7 b) Das Rechtsschutzbegehren ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1, Abs. 2 Nr. 3 VwGO als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage statthaft. Die Klage gegen die Veränderungssperre hat nach § 16 Abs. 5 Satz 2 Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG) i.d.F. von Art. 2 Nr. 17 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 2019 (BGBl. I S. 706, 718) keine aufschiebende Wirkung.
8 c) Die Antragstellerin ist antragsbefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO in entsprechender Anwendung. Eine Verletzung von Rechten der Antragstellerin kann nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen werden. Sie kann vielmehr geltend machen, durch die in § 16 Abs. 1 Satz 2 NABEG geregelten beschränkenden Wirkungen der Veränderungssperre in ihrem Recht auf kommunale Selbstverwaltung verletzt zu sein, das verfassungsrechtlich verbürgt und präzisierend einfachgesetzlich normiert ist.
9 Nach der einschlägigen landesrechtlichen Regelung des Art. 57 Abs. 2 Satz 1 Bayerische Gemeindeordnung (BayGO) gehört die örtliche Trinkwasserversorgung - in allen ihren Stufen von der Wassergewinnung über die Aufbereitung und Heranleitung des Wassers bis zu seiner Verteilung an die Endverbraucher - als Aufgabe der Daseinsvorsorge, § 50 Abs. 1 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinden; diese Aufgabe steht unter dem Schutz der auf die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft bezogenen kommunalen Selbstverwaltungsgarantie nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 83 Abs. 1 Bayerische Verfassung - BayVerf - (siehe auch BVerwG, Urteil vom 20. Januar 2005 - 3 C 31.03 - BVerwGE 122, 350 <354 f.>, unter Bezugnahme insbes. auf BVerfG, Beschlüsse vom 7. Juni 1977 - 1 BvR 108/73 u.a. - BVerfGE 45, 63 <78> und vom 23. Juni 1981 - 2 BvL 14/79 - BVerfGE 58, 45 <62 f.>; Schink, in: Schink/Fellenberg, GK-WHG, 2021, § 50 Rn. 23 ff.).
10 Die Selbstverwaltungsgarantie vermittelt der Gemeinde nicht nur ein Abwehrrecht gegenüber erheblichen Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit der gemeindlichen Einrichtungen (vgl. BVerwG, Urteile vom 12. August 1999 - 4 C 3.98 - Buchholz 316 § 75 VwVfG Nr. 18 S. 3 f. und vom 9. November 2017 - 3 A 2.15 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 79 Rn. 28 ff.; Beschluss vom 31. Juli 2020 - 7 B 2.20 - NVwZ 2020, 1604 Rn. 8 ff.), was hier vom allgemeinen Schutz des Wasserhaushalts zu unterscheiden ist (siehe auch BVerwG, Urteil vom 30. November 2020 - 9 A 5.20 - NVwZ 2021, 487 Rn. 44 f.). Das Selbstverwaltungsrecht entfaltet Schutzwirkungen auch dann, wenn es um die Schaffung der Voraussetzungen für eine sachangemessene Aufgabenerfüllung geht (vgl. Art. 57 Abs. 2 Satz 1 BayGO). Dabei ist es entgegen der Auffassung der Beigeladenen zu 1 insbesondere unbeachtlich, dass die Antragstellerin bei der Umsetzung entsprechender Planungen nach Maßgabe der wasserrechtlichen Bestimmungen (§§ 8 ff., 51 Abs. 1 WHG) auf die Mitwirkung der insoweit zuständigen Kreisverwaltungsbehörde, Art. 63 Abs. 1 Bayerisches Wassergesetz (BayWG) angewiesen ist. Denn in Gestalt der Veränderungssperre soll das rechtliche Hindernis beseitigt werden, das derzeit der Erteilung der erforderlichen Gestattungen und der Festsetzung des Wasserschutzgebiets entgegensteht.
11 d) Zu Unrecht zieht die Beigeladene zu 1 schließlich das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag mit dem Argument in Zweifel, dass die Antragstellerin sich in erster Linie auf entgegenstehende Belange nach § 16 Abs. 2 Satz 2 NABEG berufe. Denn zum einen macht die Antragstellerin auch geltend, dass es am Sicherungsbedürfnis für die Veränderungssperre im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 1 NABEG fehle. Zum anderen ist die Auffassung verfehlt, der Vortrag zu entgegenstehenden Belangen sei in einem anderen Verfahren - dem Verpflichtungsbegehren bei Ablehnung des Aufhebungsantrags und ggf. dem darauf bezogenen vorläufigen Rechtsschutz nach § 123 VwGO - zu prüfen (siehe unten II 2. b) aa)).
12 2. Der Antrag ist nicht begründet.
13 Die Interessen der Antragstellerin an der Beibehaltung des bisherigen Zustands und der Unbeachtlichkeit der Wirkungen der Veränderungssperre bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache überwiegen nicht das öffentliche Interesse an der gesetzlich vorgesehenen sofortigen Vollziehbarkeit der Veränderungssperre. Denn nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage gegen die Veränderungssperre voraussichtlich keinen Erfolg haben.
14 a) Die in § 16 Abs. 1 Satz 1 NABEG geregelten tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der Veränderungssperre liegen vor. Danach kann die Bundesnetzagentur mit dem Abschluss der Bundesfachplanung oder nachträglich für einzelne Abschnitte der Trassenkorridore Veränderungssperren erlassen, soweit für diese Leitungen ein vordringlicher Bedarf im Sinne des Bundesbedarfs festgestellt wird und anderenfalls die Möglichkeit besteht, dass die Trassierung der darin zu verwirklichenden Leitungen erheblich erschwert wird.
15 aa) Die Bundesnetzagentur hat - wie gesetzlich vorgesehen - nach Erlass der Bundesfachplanungsentscheidung für einige wenige Abschnitte des Trassenkorridors, darunter den hier streitigen, eine Veränderungssperre erlassen. Eine gesonderte Feststellung eines vordringlichen Bedarfs ist entbehrlich. Dieses Tatbestandsmerkmal hat eine bloß klarstellende Funktion (vgl. etwa Appel, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, Bd. 1 Halbbd. 2, 4. Aufl. 2019, § 16 NABEG Rn. 12). Denn der Anwendungsbereich des NABEG ist gemäß § 2 Abs. 1 NABEG auf im Bundesbedarfsplangesetz aufgeführte länderübergreifende oder grenzüberschreitende Höchstspannungsleitungen beschränkt. Nach § 1 Abs. 1 BBPlG werden für die in der Anlage zum Gesetz aufgeführten Vorhaben, die unter anderem dem Ausbau der Übertragungsnetze zur Einbindung von Elektrizität aus erneuerbaren Energiequellen und zur Vermeidung struktureller Engpässe in Übertragungsnetzen dienen, die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und der vordringliche Bedarf zur Gewährleistung eines sicheren und zuverlässigen Netzbetriebs als Bundesbedarfsplan gemäß § 12e Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) festgestellt.
16 Die Verbindlichkeit dieser gesetzlichen Bedarfsfeststellung wird durch das Vorbringen der Antragstellerin nicht in Zweifel gezogen. Es ist nichts dafür dargetan, dass der Gesetzgeber die Grenzen seines weiten Gestaltungs- und Prognosespielraums überschritten hätte. Die von der Antragstellerin in Bezug genommenen Äußerungen und Berichte beziehen sich auf die Entwicklungsperspektiven der Wasserstoffwirtschaft. So wird in dem zitierten Zeitungskommentar auf die Notwendigkeit neuer Stromübertragungskapazitäten im Falle einer verbraucherfernen Installation von Elektrolyseuren zur Herstellung von Wasserstoff und als Alternative auf die Möglichkeit des Transports von Wasserstoff als Energiespeicher in einem neuen Wasserstoffnetz verwiesen. Dies ist vor dem Hintergrund der nationalen Wasserstoffstrategie mittlerweile Regelungsgegenstand des Gesetzes zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben und zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht vom 16. Juli 2021 (BGBl. I S. 3026; siehe Gesetzesentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 19/27453). Die Antragstellerin zeigt aber nicht auf, dass sich die gesetzgeberischen Einschätzungen zur Erforderlichkeit des Netzausbaus zur Übertragung des im Norden und Osten produzierten Stroms insbesondere aus Offshore- und landseitigen Windenergieanlagen in die verbrauchsstarken und von Energiedefiziten geprägten Gebiete im Süden (siehe dazu die Ausführungen zur Planrechtfertigung in der Bundesfachplanungsentscheidung vom 14. Februar 2020, S. 23 ff.) als unvertretbar erwiesen. Diese Bewertung ist im Übrigen insbesondere durch die Ergänzung des Vorhabens Nr. 5 um das Vorhaben Nr. 5a in der Anlage zu § 1 Abs. 1 BBPlG durch Art. 1 Nr. 5 Buchst. a des Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften vom 25. Februar 2021 (BGBl. I S. 298) bestätigt worden.
17 bb) Bei Umsetzung der Planungen der Antragstellerin durch Errichtung der Trinkwassergewinnungsanlage samt Ausweisung eines Wasserschutzgebiets besteht die Möglichkeit, dass die Trassierung des SuedOstLink im festgelegten Trassenkorridor erheblich erschwert wird.
18 (1) Zu den Erschwernissen, die durch die Sperr- bzw. Verbotswirkung einer Veränderungssperre abgewehrt werden sollen, gehören zum einen tatsächliche Hindernisse in Gestalt von baulichen Anlagen und sonstigen Vorhaben, für die nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NABEG ein Bauverbot gilt. Zum anderen dürfen gemäß § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 NABEG unter anderem keine sonstigen erheblichen Veränderungen am Grundstück durchgeführt werden. Dieses Veränderungsverbot bildet einen Auffangtatbestand, der mit Blick auf den Schutzzweck einer Veränderungssperre auszulegen ist. Das Verbot beschränkt sich demnach - anders als das Verbot in § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NABEG - nicht auf tatsächliche Veränderungen (siehe BT-Drs. 17/6073 S. 27), sondern erfasst auch rechtliche Änderungen jedenfalls insoweit, als sie - wie hier die Ausweisung eines Wasserschutzgebiets - die Nutzbarkeit des Grundstücks mit nachteiligen Folgen für das geplante Vorhaben einschränken (vgl. Appel, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, Bd. 1 Halbbd. 2, 4. Aufl. 2019, § 16 NABEG Rn. 20; siehe auch Friesecke/Heinz, in: Friesecke, WaStrG, 7. Aufl. 2020, § 15 Rn. 3 zu Schutzgebieten nach §§ 22 ff. BNatSchG). Ob sonstige rechtliche Änderungen, die lediglich die Zuordnung des Grundstücks zu einem Rechtssubjekt betreffen, wie die Begründung dinglicher Rechte und die Einräumung schuldrechtlicher Nutzungsansprüche durch Veräußerung, Verpachtung und Vermietung sowie Belastung des Grundstücks, ebenfalls darunter fallen, bedarf keiner Entscheidung.
19 Auch wenn man das Veränderungsverbot des § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 NABEG nicht unmittelbar auf die Rechtsverordnung beziehen wollte, mit der das Wasserschutzgebiet erlassen wird, hätte diese hier jedenfalls deswegen keinen Bestand, weil die Brunnenanlage - über die bereits erstellten Brunnenschächte hinaus - wegen des Bauverbots nicht errichtet werden könnte, das auf § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WHG gestützte Wasserschutzgebiet folglich seinen Zweck verfehlte und für das Wohl der Allgemeinheit nicht erforderlich wäre (vgl. auch zur Rechtswidrigkeit eines Bebauungsplans, der wegen einer Veränderungssperre nicht verwirklicht werden kann, mangels Erforderlichkeit i.S.v. § 1 Abs. 3 Satz 1 Baugesetz <BauGB>, Appel a.a.O. Rn. 24; Willbrand, in: Posser/Faßbender, Praxishandbuch Netzplanung und Netzausbau, 2013, Kap. 4 Rn. 124; Missling, in: Theobald/Kühling, Energierecht, Stand Januar 2021, § 44a EnWG Rn. 22; Kümper, in: Schink/Fellenberg, GK-WHG, 1. Aufl. 2021, § 86 Rn. 44).
20 Für den Erlass einer Veränderungssperre genügt bereits die Möglichkeit, dass die an den festgelegten Trassenkorridor gebundene Trassierung (§§ 4, 15 Abs. 1 Satz 1 NABEG) durch neue tatsächliche oder rechtliche Hindernisse erheblich erschwert wird. Mit diesem weiten Maßstab soll im Interesse der zügigen Verwirklichung des energiewirtschaftlich vordringlichen Vorhabens das an die Bundesfachplanung anschließende Planfeststellungsverfahren nach §§ 18 ff. NABEG gesichert und so verhindert werden, dass der für die Planung zur Verfügung stehende Raum durch die Vorhabenrealisierung beeinträchtigende Maßnahmen verengt wird. Es reicht dabei, wenn solche Maßnahmen nicht völlig ausgeschlossen bzw. fernliegend sind. Der weite Sicherungszweck lässt es auch nicht zu, bereits bei der Bewertung der Veränderungssperre mögliche Varianten im Wege einer "Vorprüfung" für vorzugswürdig und andere, die auf Hindernisse treffen können, für letztlich entbehrlich einzustufen. Vielmehr soll mit der Veränderungssperre eine ordnungsgemäße Prüfung aller in Betracht kommender Trassenvarianten ermöglicht werden.
21 (2) Hiernach ist die Bundesnetzagentur zu Recht von der Möglichkeit einer erheblichen Erschwernis der Trassierung ausgegangen.
22 Eine die anschließende Planfeststellung erschwerende relevante Verengung des für die Trassierung zur Verfügung stehenden Raums kann entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht mit dem Hinweis darauf verneint werden, dass das geplante Wasserschutzgebiet bei dem Weiler H. weniger als die Hälfte der Breite des Trassenkorridors in Anspruch nehme und der gesamte westliche Teil von den Planungen der Antragstellerin unberührt bleibe. Die Antragstellerin nimmt dabei nicht zur Kenntnis, dass im bewaldeten Bereich im Westen des Trassenkorridors, einem Teil des F. Forsts, nach den Ergebnissen der Bundesfachplanung erhebliche Umweltauswirkungen durch das Vorhaben zu besorgen sind und hier darüber hinaus das zum Schutz der bestehenden Trinkwasserbrunnen H. I und II ausgewiesene Wasserschutzgebiet zu queren ist. Im Talgrund bilden insbesondere Siedlungsflächen Hindernisse für die Trassierung.
23 Vor diesem Hintergrund haben sich die Planungen der Beigeladenen zu 1 ausweislich des unter dem 17. Februar 2020 eingereichten Antrags nach § 19 NABEG auf zwei Trassenvarianten konkretisiert. Die Vorschlagstrasse quert das geplante Wasserschutzgebiet und rückt an die Brunnenstandorte heran, während eine Alternativtrasse den Weiler H. südlich umgeht und so das geplante Wasserschutzgebiet nicht berührt. Die Trassierung auf der Vorschlagstrasse wird bei Realisierung der Planungen der Antragstellerin erheblich erschwert. Ob sich das schon aus der derzeit vorgesehenen Lage der Brunnen ergibt, oder ob sie einen hinreichenden Abstand zu dem bei der Verlegung der Leitung erforderlichen Arbeitsstreifen wahren, kann dahinstehen. Denn zum einen wird mit den Plänen zur Vorschlagstrasse die Führung der Leitung noch nicht endgültig festgelegt, sodass nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Brunnen bei gebotenen Verschiebungen der Leitung mit dieser Trasse in Konflikt geraten. Zum anderen wird jedenfalls das geplante Wasserschutzgebiet in der Schutzzone II gequert. Nach dem Entwurf der Schutzgebietsverordnung - VOE - ist die Verlegung von Leitungen in der engeren Schutzzone aber verboten (§ 3 Abs. 1 Nr. 1.3), wobei allerdings im überwiegenden Interesse des Wohls der Allgemeinheit eine Befreiung von diesem Verbot erteilt werden kann (§ 4 Abs. 1 VOE; § 52 Abs. 1 Satz 2 und 3 WHG). Beim derzeitigen Stand des Verfahrens fehlt es indessen an verlässlichen Anhaltspunkten dafür, dass eine solche Befreiung ohne weiteres erteilt würde, die jedenfalls in der Bauphase der Leitung erforderlich ist, aber auch für die Betriebsphase nicht von vornherein als entbehrlich anzusehen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Januar 2021 - 4 A 4.19 - UPR 2021, 269 Rn. 40). Von einem letztlich unbeachtlichen Hindernis kann folglich nicht ausgegangen werden. Schließlich fehlt es an einer erheblichen Erschwernis durch die Planungen der Antragstellerin nicht deswegen, weil die von der Beigeladenen zu 1 ausgewiesene Alternativtrasse das geplante Wasserschutzgebiet nicht berührt. Denn die Veränderungssperre soll gerade verhindern, dass Planungsalternativen vor einer detaillierten Prüfung und Bewertung im Planfeststellungsverfahren "verbaut" werden.
24 cc) Ob und gegebenenfalls nach welchem rechtlichen Maßstab im Rahmen der Anfechtung der Veränderungssperre auch die Rechtmäßigkeit der Bundesfachplanungsentscheidung ungeachtet des in § 15 Abs. 3 Satz 2 NABEG geregelten und von Rechts wegen unbedenklichen Ausschlusses von direktem Rechtsschutz gegen die Entscheidung inzident überprüft werden kann (siehe BVerwG, Beschluss vom 24. März 2021 - 4 VR 2.20 - ZNER 2021, 272 Rn. 58; Appel, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, Bd. 1 Halbbd. 2, 4. Aufl. 2019, § 16 NABEG Rn. 43; Posser/Schulze, in: Posser/Faßbender, Praxishandbuch Netzplanung und Netzausbau, 2013, Kap. 13 Rn. 124 ff.), bedarf keiner Entscheidung. Denn selbst die Antragstellerin behauptet nicht, dass die Entscheidung nach § 12 Abs. 2 NABEG an Rechtsfehlern leidet, und sie trägt folglich substantiiert hierzu nichts vor.
25 b) Die Bundesnetzagentur hat das ihr eröffnete Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Sie hat die Verhältnismäßigkeit des Erlasses der Veränderungssperre zu Recht bejaht und dabei insbesondere überwiegende Belange der von der Veränderungssperre Betroffenen zutreffend als zwingende und voller gerichtlicher Kontrolle unterliegende Ermessensgrenze geprüft und solche Belange ohne Rechtsverstoß verneint.
26 aa) Entgegen der Ansicht der Beigeladenen zu 1 folgt aus der erstmaligen Erwähnung der Belange der Betroffenen in § 16 Abs. 2 Satz 2 NABEG nicht, dass diese beim Erlass der Veränderungssperre auf der Grundlage des § 16 Abs. 1 Satz 1 NABEG unbeachtlich und nur im Rahmen eines Aufhebungsbegehrens nach § 16 Abs. 2 Satz 2 NABEG - sowie im Rahmen darauf bezogener Gerichtsverfahren - zu berücksichtigen seien (vgl. dazu Appel, in: Säcker, Berliner Kommentar zum Energierecht, Bd. 1 Halbbd. 2, 4. Aufl. 2019, § 16 NABEG Rn. 42 f.). Solchen Belangen ist vielmehr schon bei der Entscheidung über den Erlass einer Veränderungssperre Rechnung zu tragen. Das folgt aus dem Gebot effektiven Rechtsschutzes gegenüber unverhältnismäßigen Eingriffen in geschützte Rechtspositionen. Die Ergänzung des § 16 NABEG um eine Entschädigungsregelung nach dem Vorbild des § 44a Abs. 2 EnWG durch § 16 Abs. 6 NABEG i.d.F. von Art. 2 Nr. 17 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 2019 (BGBl. I S. 706, 718) ändert daran nichts (zur alten Rechtslage Posser/Schulze, in: Posser/Faßbender, Praxishandbuch Netzplanung und Netzausbau, 2013, Kap. 13 Rn. 122 f.).
27 Zur Begründung einer strikten Trennung des Prüfprogramms in § 16 Abs. 1 und 2 NABEG kann nicht auf ein vermeintlich hierauf übertragbares Regelungsmodell in anderen fachgesetzlichen Veränderungssperren verwiesen werden. Ergeht die selbstständige Veränderungssperre als Rechtsnorm und damit als abstrakt-generelle Regelung wie etwa nach § 86 Abs. 1 Satz 1 WHG als Rechtsverordnung oder nach § 14 Abs. 1, § 16 Abs. 1 BauGB als Satzung, ist sie allein durch das generelle Sicherungsbedürfnis gerechtfertigt. Sondersituationen wird durch die Gewährung einer Ausnahme im Wege einer konkret-individuellen Regelung Rechnung getragen (§ 86 Abs. 4 WHG, § 14 Abs. 2 BauGB), die die Veränderungssperre als solche unberührt lässt. Die Rechtslage stellt sich aber anders dar, wenn die Veränderungssperre wie hier gemäß § 16 Abs. 3 NABEG als sachbezogene Allgemeinverfügung (§ 35 Satz 2 Alt. 2 VwVfG) ergeht. Sie ist damit normativ als Sonderform des Verwaltungsakts (§ 35 Satz 1 VwVfG) qualifiziert und dient der Regelung eines konkreten Sachverhalts (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2009 - 6 C 21.08 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 98 Rn. 17). Versteht sie sich insoweit als abschließend, muss sie (grund-)rechtlich gebotenen Freistellungen Rechnung tragen.
28 Die Prüfung überwiegender entgegenstehender Belange schon beim Erlass der Veränderungssperre steht auch nicht in grundsätzlichem Widerspruch zu dem vom Gesetzgeber verfolgten Sicherungs- und Beschleunigungszweck. Die Veränderungssperre kann gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 NABEG nur für bestimmte Abschnitte des durch die Bundesfachplanungsentscheidung festgelegten Trassenkorridors erlassen werden. Für diese Bereiche muss ein Sicherungsbedürfnis die Sperrwirkung der Veränderungssperre rechtfertigen, weil dort eine Änderung abzusehen ist, die die Möglichkeit einer Erschwerung der Trassierung nach sich zieht. Bereits im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre sind folglich gegenläufige Absichten und Planungen und die dadurch berührten Belange jedenfalls dem Grunde nach bekannt. Diese Belange sind dann im Rahmen des Ermessens zu bewerten. Die Verschiebung dieser Prüfung in den Aufhebungsantrag nach § 16 Abs. 2 Satz 2 NABEG und gegebenenfalls in ein nachfolgendes zusätzliches gerichtliches Verfahren wird dem Gebot effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht. Der Antrag auf Aufhebung der Veränderungssperre hat demnach seinen Ort nach Eintritt der Bestandskraft der Veränderungssperre (Posser/Schulze a.a.O. Rn. 117). Damit soll - wie auch durch die Regelung des § 16 Abs. 2 Satz 1 NABEG über die Aufhebung von Amts wegen bei Funktionslosigkeit - die Veränderungssperre nach ihrem Erlass unter Kontrolle gehalten werden.
29 bb) Das Interesse der Antragstellerin an einer gesicherten ausreichenden Trinkwasserversorgung in ihrem Gemeindegebiet ist zwar, wie oben ausgeführt, ein beachtlicher öffentlicher Belang (Art. 57 Abs. 2 Satz 1 BayGO, § 50 Abs. 1 WHG). Es ist jedoch nicht dargetan, dass dieser Belang das zeitlich befristete Interesse an der Sicherung der Planfeststellung für ein Vorhaben von herausragender Bedeutung für die überregionale Stromversorgung und das Gelingen der Energiewende überwiegt.
30 (1) Die Antragstellerin hat im Verfahren der Bundesfachplanung ausdrücklich darauf verwiesen, dass die geplante Brunnenanlage der Schaffung einer Versorgungsreserve diene und die Trinkwasserversorgung mittel- und langfristig sicherstellen solle; im gerichtlichen Verfahren hat sie diese Einschätzung ebenfalls wiederholt. Bei diesem zeitlichen Horizont ist angesichts des Umstands, dass eine Brunnenanlage kurzfristig realisiert werden kann, eine gewichtige Beeinträchtigung der Belange der Antragstellerin schon wegen der Befristung der Veränderungssperre nach § 16 Abs. 1 Satz 3 NABEG nicht feststellbar.
31 Für die nunmehr auch behauptete "siedlungsbedingte, fast krisenhafte Zuspitzung", die "kurzfristig eine Erweiterung der Trinkwasseranlage" erforderlich mache, ist substantiiert nichts dargetan.
32 Nach der von der Antragstellerin vorgelegten Mengenübersicht ihrer gemeindlichen Wasserversorgung reicht die Gesamtmenge der Trinkwasserförderung aus ihren eigenen Brunnen und Quellen nicht an die nach den zugrundeliegenden wasserrechtlichen Bewilligungen zulässige Gesamtentnahme von insgesamt 85 000 m³/a (Brunnen: 28 000 m³/a; Quellen: 70 000 m³/a) heran, sondern bewegt sich zwischen 54 000 m³/a und 64 000 m³/a. Auch zusammen mit der vertraglich garantierten Liefermenge der Kreiswerke C. - Wasserversorgung - (18 250 m³/a gemäß § 4 Satz 1 des Wasserlieferungsvertrags vom 25. Oktober 2013 - WV -), die die Antragstellerin - mit Ausnahme der zum eigenen Versorgungsgebiet des Lieferers zählenden Randbereichen des Gemeindegebiets (vgl. § 1 Abs. 2 Buchst. a der Wasserabgabesatzung - WAS - des Landkreises C.) – als sogenannten Wassergast mit Wasser versorgen, wird der Wasserbedarf nicht gedeckt. Von einer Versorgungslücke, die dringlich zu schließen ist, kann gleichwohl nicht ausgegangen werden.
33 Ungeachtet der vertraglichen Regelung haben die Kreiswerke von Anfang an über die Garantiemenge hinaus geliefert. Diese Praxis findet im Vertrag ihre Grundlage in der Bemühensklausel in § 4 Satz 3 WV und wird in § 13 Abs. 3 WV vorausgesetzt, der eine ausdrückliche Regelung für die Preisgestaltung bei Überschreitung der Höchstmenge trifft. Die regelmäßigen Mehrlieferungen haben aus der Sicht der Vertragsparteien keinen weiteren Regelungsbedarf nach sich gezogen; von der in § 4 Satz 2 WV vorgesehenen Anpassungsklausel haben sie nicht Gebrauch gemacht. Es ist auch nicht dargetan, dass diese überobligatorischen Lieferungen in absehbarer Zeit gefährdet sind. Aus der Ablehnung des Ansinnens der Antragstellerin, die Garantiemenge um 20 000 m³/a auf 38 250 m³/a zu erhöhen und somit mehr als zu verdoppeln, kann angesichts einer durchschnittlichen Mehrlieferung in den Jahren 2015 bis 2019, die sich selbst bei Berücksichtigung des Ausnahmejahres 2018 auf deutlich unter 10 000 m³/a beläuft, nichts Gegenteiliges geschlossen werden. Es gibt des Weiteren auch keine belastbaren Anhaltspunkte dafür, dass die Fördermengen der Kreiswerke im Rahmen des anstehenden Verfahrens auf Neuerteilung der erforderlichen wasserrechtlichen Bewilligungen verringert werden. Von einem sprunghaften Anstieg des zu erwartenden Wasserverbrauchs, der die Liefermöglichkeiten der Kreiswerke übersteigen könnte, kann in den hier relevanten kommenden Jahren nicht ausgegangen werden. Vielmehr legt der Wasserbedarfsnachweis, der dem Antrag der Antragstellerin vom 17. Dezember 2019 auf eine wasserrechtliche Bewilligung zur Entnahme und Zutageförderung von Grundwasser und auf Festsetzung eines Trinkwasserschutzgebietes als Anlage 7 beigefügt war und auf den die "Geohydrologische Beurteilung des Gewinnungsgebiets H. der Gemeinde B." vom Dezember 2019 (Anl. 8, S. 18) verweist, einen künftigen Jahresbedarf (bis ins Jahr 2039) von 89 000 m³/a zugrunde, wobei eine durch den Bevölkerungszuwachs bedingte Steigerung von 3 % bereits berücksichtigt ist. Es spricht demnach alles dafür, dass die neu ausgewiesenen Baugebiete, zu deren Umfang und zeitlicher Realisierung von der Antragstellerin nicht eindeutig vorgetragen wird, hiervon ebenfalls umfasst sind.
34 (2) Fehlt es bereits aus vorstehenden Erwägungen an überwiegenden Belangen, die die Antragstellerin der Veränderungssperre entgegenhalten kann, bedarf es keiner Entscheidung, ob sich die Planung der Antragstellerin wegen eines Verstoßes gegen den Prioritätsgrundsatz nicht gegen das Leitungsvorhaben durchsetzen kann. Die Antragstellerin hat ihre Planungen erst nach der Konkretisierung des Trassenkorridors vorangetrieben und dabei insbesondere Überlegungen zur Trinkwassergewinnung im Bereich G. nicht weiterverfolgt, die mit den zur Prüfung gestellten Leitungstrassen nicht in Konflikt geraten.
35 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.
Beschluss vom 08.11.2021 -
BVerwG 4 A 6.20ECLI:DE:BVerwG:2021:081121B4A6.20.0
-
Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 08.11.2021 - 4 A 6.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:081121B4A6.20.0]
Beschluss
BVerwG 4 A 6.20
In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. November 2021
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt
als Berichterstatter nach § 87a Abs. 1 und 3 VwGO
beschlossen:
Die Beiladung der ... GmbH (Beigeladene zu 2) wird aufgehoben.
Gründe
1 Die durch Beschluss vom 3. November 2020 erfolgte Beiladung ist weder notwendig (§ 65 Abs. 2 VwGO) noch erweist sie sich gemäß § 65 Abs. 1 VwGO als zweckmäßig.
2 Nach § 65 Abs. 2 VwGO sind Dritte notwendig beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das ist dann der Fall, wenn die begehrte Sachentscheidung des Gerichts nicht getroffen werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig und unmittelbar in Rechte der Dritten eingegriffen wird, d.h. ihre Rechte gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden (vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 2021 - 9 A 13.20 - NVwZ 2021, 1312 m.w.N.). Das kann die (ehemalige) Beigeladene zu 2 bei einem Streit um die Aufhebung einer Veränderungssperre nach § 16 NABEG in einem Abschnitt des Gesamtvorhabens nach Nr. 5 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BBPlG, in dem diese nicht Vorhabenträgerin gemäß § 3 Nr. 9 NABEG ist, nicht geltend machen. Auf die Beiladung in den Verfahren, in denen die Aufhebung der Bundesfachplanungsentscheidung gemäß § 12 NABEG für zwei Abschnitte des sog. SuedOstLink bzw. hierauf bezogener vorläufiger Rechtsschutz begehrt worden ist, kann sich die (ehemalige) Beigeladene zu 2 nicht berufen. Denn ungeachtet einer Abschnittsbildung gemäß § 5 Abs. 8 NABEG, die sich bei der örtlichen Festlegung von Koppelpunkten nicht zuletzt auch an den Regelzonen der beteiligten Übertragungsnetzbetreiber orientiert (siehe etwa Abschnitt C), sind für den SuedOstLink in all seinen Abschnitten immer die beiden für den nördlichen Teil einerseits bzw. den südlichen Teil andererseits zuständigen Übertragungsnetzbetreiber gemeinsam als Vorhabenträger aufgetreten.
3 Im Gegensatz zur übergreifenden, das Gesamtvorhaben umfassenden Bundesfachplanungsentscheidung ist die Veränderungssperre nach § 16 NABEG besonders eng auf die anschließende Planfeststellung (§§ 18 ff. NABEG) bezogen. Hier tritt jeweils nur der örtlich zuständige Übertragungsnetzbetreiber als Vorhabenträger auf. Der andere Übertragungsnetzbetreiber - hier die (ehemalige) Beigeladene zu 2 - hat zwar ein auch rechtliches Interesse an der erfolgreichen Realisierung des Gesamtvorhabens. Das kann - im Gegensatz zu dem auch von der Beklagten angeführten Interesse eines jeden Übertragungsnetzbetreibers an einer Klärung der rechtlichen Maßstäbe des § 16 NABEG - eine Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO dem Grunde nach rechtfertigen. Die einfache Beiladung ist hier aber nicht geboten. Dabei sind im Rahmen dieser Entscheidung im wesentlichen Gesichtspunkte der Prozessökonomie ermessensleitend. Es ist indessen nicht ersichtlich, inwieweit die fehlende Erstreckung der Rechtskraft einer Entscheidung (§ 121 Nr. 1 VwGO) auf die (ehemalige) Beigeladene zu 2 zu Erschwernissen und Unzuträglichkeiten in späteren Rechtsstreitigkeiten führen könnte. Des Weiteren erscheint die Beiladung auch nicht etwa erforderlich, um den Streitstoff umfassend zu klären. Denn mit den für die anstehende Planfeststellung maßgeblichen Tatsachenfragen ist allein die Beigeladene zu 1 vertraut. Anderes behauptet auch die (ehemalige) Beigeladene zu 2 nicht, wenn sie - in Übereinstimmung mit ihrem prozessualen Vorgehen im Verfahren 4 VR 8.20 - betont, dass zu örtlich begrenzten Konflikten derjenige Vorhabenträger Stellung nimmt, auf dessen Regelzone sich der jeweilige Konflikt bezieht. Schließlich hindert die bereits aufgrund des Beiladungsbeschlusses erfolgte Bestellung eines Prozessbevollmächtigten die Aufhebung der Beiladung nicht; ein beachtlicher Vertrauenstatbestand erwächst daraus nicht.
Urteil vom 22.02.2022 -
BVerwG 4 A 6.20ECLI:DE:BVerwG:2022:220222U4A6.20.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 22.02.2022 - 4 A 6.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:220222U4A6.20.0]
Urteil
BVerwG 4 A 6.20
In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2022
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Schipper,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt, Dr. Decker, Dr. Hammer und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Emmenegger
für Recht erkannt:
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Gründe
I
1 Die klagende Gemeinde wendet sich gegen eine zur Sicherung der Planfeststellung einer Höchstspannungsleitung erlassene Veränderungssperre.
2 Die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur) hat mit der Entscheidung zur Bundesfachplanung (§ 12 Abs. 2 NABEG) vom 14. Februar 2020 für den Abschnitt D (Raum Schwandorf bis Netzverknüpfungspunkt Isar) des Vorhabens Nr. 5 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BBPlG (Wolmirstedt-Isar; sog. SuedOstLink) einen raumverträglichen Trassenkorridor für die spätere Planfeststellung der als Erdkabel zu errichtenden Leitungen zur Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung festgelegt. Vorhabenträgerin für diesen Bereich ist die Beigeladene. Der Trassenkorridor quert das Gemeindegebiet der Klägerin unter anderem im Bereich der Gemarkung A. Dort plant die Klägerin im Interesse ihrer Trinkwasserversorgung in der Nähe einer bereits bestehenden Wassergewinnungsanlage (Bereich B.) die Errichtung zweier weiterer Brunnenanlagen (C. III und IV) zur Förderung von Grundwasser. Zum Schutz des Einzugsbereichs dieser Brunnen, die im Anschluss an Versuchsbohrungen bereits im Jahr 2019 abgeteuft worden sind, soll ein neues Wasserschutzgebiet (Bereich C./D.) ausgewiesen werden, das sich mit seiner Schutzzone II teilweise auf den Trassenkorridor erstreckt.
3 Unter dem 30. April 2020 hat die Bundesnetzagentur zur Sicherung der Bundesfachplanungsentscheidung eine Veränderungssperre nach § 16 Abs. 1 NABEG für die von den Planungen der Klägerin betroffenen, in kirchlichem Eigentum stehenden Flurstücke Nr. a und b der Gemarkung A. erlassen, soweit diese im Trassenkorridor liegen, und zur Begründung u.a. ausgeführt: Von einer Anhörung der Betroffenen vor Erlass der Veränderungssperre habe nach den Umständen des Einzelfalles abgesehen werden können. Die maßgeblichen Belange der Klägerin und die eine Veränderungssperre tragenden Tatsachen seien bereits Gegenstand des Anhörungsverfahrens nach § 9 Abs. 2 NABEG sowie des Erörterungstermins nach § 10 Abs. 1 NABEG gewesen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der Veränderungssperre lägen vor. Für das geplante Ausbauvorhaben sei ein vordringlicher Bedarf gegeben. Dieser werde gemäß § 12e Abs. 4 Satz 1 EnWG mit Erlass des Bundesbedarfsplans festgestellt. Durch die beabsichtigte Errichtung der Brunnen sowie die Überplanung des bisher zur Verfügung stehenden Passageraums und die drohenden wasserrechtlichen Restriktionen könne eine Trassierung im betreffenden Bereich wesentlich erschwert oder gar unmöglich werden. Die demnach zur Sicherung des ausgewiesenen Trassenkorridors notwendige Veränderungssperre sei verhältnismäßig. Sie sei insbesondere angemessen. Die Trinkwasserversorgung der Klägerin als ein herausragender Belang sei sichergestellt. Die neuen Gewinnungsanlagen seien weder aktuell noch unmittelbar absehbar zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit erforderlich. Eine Eigenversorgung der Klägerin sei nicht zwingend.
4 Zur Begründung ihrer hiergegen erhobenen Klage trägt die Klägerin vor: Dem Erlass der Veränderungssperre stehe schon entgegen, dass ein vordringlicher Bedarf für den SuedOstLink bei sinnvoller Nutzung der Wasserstofftechnologie nicht bejaht werden könne. Darüber hinaus verstoße das Vorhaben auch gegen Unionsrecht. Eine erhebliche Erschwernis für die Trassierung des Erdkabels sei ungeachtet des geplanten Wasserschutzgebiets nicht gegeben, denn die Hälfte des Trassenkorridors sei hiervon nicht betroffen. Die von der Beigeladenen nach Maßgabe der Bundesfachplanungsentscheidung zu prüfende Alternativtrasse berühre das Wasserschutzgebiet nicht. Des Weiteren sei nach dem nunmehr von der Beigeladenen vorgelegten korrigierten Kartenmaterial, in dem die Grenzen des beantragten Wasserschutzgebietes zutreffend eingezeichnet seien, nicht mehr davon auszugehen, dass die Vorschlagstrasse mit dem Kabelgraben die Schutzzone II des geplanten Wasserschutzgebiets auf dem Flurstück Nr. c quere. Der Arbeitsstreifen könne in diesem Bereich so schmal ausgeführt werden, dass auch dieser das Wasserschutzgebiet nicht berühre. Im Übrigen könne von in der Wasserschutzgebiets-Verordnung vorgesehenen Verboten eine Befreiung aus überwiegenden Gründen des Wohls der Allgemeinheit erteilt werden; die Fachbehörde habe sich zustimmend geäußert. Die Veränderungssperre sei ermessensfehlerhaft erlassen worden; ihr stünden überwiegende Belange der Klägerin entgegen. Die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung sei ohne die neuen Brunnen in den kommenden Jahren wegen des aufgrund der Ausweisung neuer Baugebiete steigenden Wasserbedarfs und wegen des durch den Klimawandel bedingten Rückgangs der Quellschüttung nicht mehr gewährleistet. Ein erhöhter Bezug von Fremdwasser sei nicht möglich.
5 Gleichzeitig mit der Einreichung der Klagebegründung und unter Verweis darauf hat die Klägerin bei der Bundesnetzagentur die Aufhebung der Veränderungssperre nach § 16 Abs. 2 Satz 2 NABEG beantragt. Dies hat die Bundesnetzagentur mit Bescheid vom 8. Februar 2021 abgelehnt; in den Gründen hat sie sich ausführlich mit dem Vorbringen der Klägerin auseinandergesetzt. Auch gegen diesen Bescheid hat die Klägerin Klage erhoben (- BVerwG 4 A 2.21 -) und, da es sich in der Sache um weitgehend identische Streitgegenstände handele, auf die Ausführungen im bereits anhängigen Verfahren verwiesen.
6 Mit Beschluss vom 22. Februar 2022 hat der Senat die beiden Verfahren zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
7
Die Klägerin beantragt,
- die Veränderungssperre der Bundesnetzagentur vom 30. April 2020 aufzuheben.
- Die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 8. Februar 2021
- zu verpflichten, die Veränderungssperre aufzuheben,
- hilfsweise, den Antrag auf Aufhebung der Veränderungssperre neu zu bescheiden;
höchst hilfsweise: den Bescheid der Beklagten vom 8. Februar 2021 aufzuheben.
8
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
die Klage abzuweisen.
9 Sie verteidigen die Rechtmäßigkeit der Veränderungssperre.
10 Den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat der Senat mit Beschluss vom 29. Juli 2021 - 4 VR 8.20 - (NVwZ 2021, 1536) mangels Erfolgsaussicht der Klage abgelehnt.
II
11 Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i.V.m. Nr. 5 der Anlage zu § 1 Abs. 1, § 6 Satz 2 Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) i.d.F. von Art. 3 Nr. 5 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 2019 (BGBl. I S. 706 <722>), nunmehr § 6 Satz 2 Nr. 1 BBPlG i.d.F. von Art. 1 Nr. 4 des Gesetzes zur Änderung des Bundesbedarfsplangesetzes und anderer Vorschriften vom 25. Februar 2021 (BGBl. I S. 298). Die ausdrückliche Erweiterung der erstinstanzlichen Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts zielt auf die Einbeziehung von Veränderungssperren im Vorfeld der Planfeststellung (BT-Drs. 19/9027 S. 20; BT-Drs. 19/7375 S. 77).
12 Die Klage ist mit dem Anfechtungsantrag, der sich sowohl auf die Veränderungssperre als auch auf den Ablehnungsbescheid vom 8. Februar 2021 bezieht, zulässig, aber nicht begründet.
13 1. Das von der Klägerin verfolgte Rechtsschutzziel, die geplante Trinkwassergewinnungsanlage ungeachtet der Planungen zum SuedOstLink ohne rechtliche Hindernisse kurzfristig realisieren zu können, kann sie in sachdienlicher Weise durch einen Aufhebungsantrag erreichen (§ 88 VwGO). Eine solche Antragstellung hat der Senat der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Hintergrund seiner Ausführungen im Beschluss des vorläufigen Rechtsschutzes nahegelegt (§ 86 Abs. 3 VwGO). Danach sind entgegenstehende Belange der Betroffenen bereits beim Erlass der Veränderungssperre und nicht erstmals im Verfahren nach § 16 Abs. 2 Satz 2 NABEG zu würdigen (BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2021 - 4 VR 8.20 - NVwZ 2021, 1536 Rn. 26 ff.). Denn die Ermessensentscheidung, die sich an dem von der Veränderungssperre verfolgten Sicherungszweck messen lassen muss, kann ohne Berücksichtigung der im Einzelfall gegebenen gegenläufigen Nutzungsinteressen der Betroffenen nicht sinnvoll getroffen werden (vgl. auch Seidel, UPR 2021, 284 <286 f., 289>). Inwieweit das gerichtliche Prüfprogramm wegen der Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage beim Anfechtungsbegehren eine Einschränkung erfährt und dies folglich zur Sachdienlichkeit eines Verpflichtungsbegehrens führt, kann hier dahinstehen. Denn die Sachlage hat sich durch die Darlegungen der Beigeladenen in deren letzten Schriftsatz nicht geändert; lediglich die Darstellung der örtlichen Verhältnisse ist verdeutlicht worden. Das Verfahren nach § 16 Abs. 2 Satz 2 NABEG und der darauf bezogene Rechtsstreit gehen hier folglich ins Leere. Mit der Klage gegen die Veränderungssperre hat es demnach sein Bewenden. Klarstellend ist die Aufhebung des Ablehnungsbescheids zu beantragen.
14 2. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die Klägerin klagebefugt nach § 42 Abs. 2 VwGO. Sie kann geltend machen, an der sachgerechten Erfüllung der ihr als Teil des kommunalen Selbstverwaltungsrechts obliegenden Aufgabe der örtlichen Trinkwasserversorgung gehindert zu werden (siehe BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2021 - 4 VR 8.20 - NVwZ 2021, 1536 Rn. 8 ff.).
15 3. Die Klage ist nicht begründet. Die Veränderungssperre ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Deswegen ist es auch nicht geboten, den Ablehnungsbescheid zur Klarstellung aufzuheben. Der Senat hält an der rechtlichen Bewertung der Veränderungssperre im Beschluss vom 29. Juli 2021 - 4 VR 8.20 - (NVwZ 2021, 1536) fest. Auch der neue Vortrag der Klägerin gibt keinen Anlass für eine abweichende Entscheidung.
16 a) Die Veränderungssperre ist formell rechtmäßig erlassen worden.
17 Die Bundesnetzagentur hat die Klägerin vor Erlass der Veränderungssperre in dem darauf bezogenen Verwaltungsverfahren zwar nicht ausdrücklich angehört. Die Funktion der Anhörung - die Gewährung rechtlichen Gehörs im Verwaltungsverfahren und die Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts - ist jedoch bereits durch die Beteiligung der Klägerin am Verfahren der Bundesfachplanung erfüllt worden. Eine Wiederholung dieses Verfahrensschritts war dann entbehrlich (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 22. Februar 2022 - 4 A 7.20 - Rn. 22). Darauf hat die Bundesnetzagentur in der Veränderungssperre zutreffend hingewiesen. Auch die Klägerin sieht sich in ihren Beteiligungsrechten nicht verletzt.
18 b) Die Veränderungssperre ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden.
19 aa) Die in § 16 Abs. 1 Satz 1 NABEG geregelten tatbestandlichen Voraussetzungen für den Erlass der Veränderungssperre liegen vor.
20 (1) Ein vordringlicher Bedarf für die geplante Leitung ist gemäß § 2 Abs. 1 NABEG i.V.m. Nr. 5 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BBPlG und § 12e Abs. 4 Satz 1 EnWG bereits von Gesetzes wegen festgestellt. Die Verbindlichkeit dieser gesetzlichen Bedarfsfeststellung wird durch das Vorbringen der Klägerin, die sich auch auf den Vortrag in den Parallelverfahren bezieht, nicht in Zweifel gezogen.
21 (1.1) Die Klägerin zeigt nicht auf, dass der Gesetzgeber mit der Aufnahme des SuedOstLink in die Anlage zum Bundesbedarfsplangesetz die Grenzen seines weiten Gestaltungs- und Prognosespielraums überschritten haben könnte. Zwar ist der Gesetzgeber bei der Feststellung des Bedarfs für ein Vorhaben nicht völlig frei. Würden in den Bedarfsplan Vorhaben aufgenommen, denen im Hinblick auf einen künftigen Bedarf jegliche Notwendigkeit fehlte, wäre dies vom gesetzgeberischen Spielraum nicht mehr gedeckt. Insoweit ist die fachgerichtliche Prüfung des gesetzlich festgelegten Bedarfs für ein Vorhaben aber auf eine Evidenzkontrolle beschränkt (stRspr, BVerwG, Urteile vom 18. Juli 2013 - 7 A 4.12 - BVerwGE 147, 184 Rn. 36 und vom 22. Juni 2017 - 4 A 18.16 - Buchholz 451.17 § 43 EnWG Nr. 7 Rn. 16). Ein anderer Maßstab folgt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus der Aufzählung der gesetzlichen Zwecke in § 1 Abs. 1 EnWG. Denn mit der Aufnahme in den Bundesbedarfsplan wird nach § 12e Abs. 4 Satz 1 EnWG neben dem vordringlichen Bedarf auch die energiewirtschaftliche Notwendigkeit des betreffenden Vorhabens und folglich dessen Übereinstimmung mit den gesetzlichen Zielsetzungen festgestellt. Ungeachtet der unterschiedlichen gesetzlichen Formulierungen gilt insoweit nichts anderes als für die ausdrückliche Regelung in § 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 des Energieleitungsausbaugesetzes - EnLAG - (siehe dazu etwa BVerwG, Urteile vom 26. Juni 2019 - 4 A 5.18 - Buchholz 451.17 § 43 EnWG Nr. 10 Rn. 34 und vom 27. Juli 2021 - 4 A 14.19 - NuR 2022, 115 Rn. 28 f.).
22 Soweit sich die Klägerin energiepolitische Vorstellungen und Einschätzungen eines Sachverständigen zu eigen macht, fehlt es an jeglichem Anhaltspunkt, dass die hiervon abweichende gesetzgeberische Entscheidung evident unsachlich sein könnte. Nichts anderes gilt, soweit sich die Klägerin auf Entwicklungsperspektiven der Wasserstoffwirtschaft bezieht (BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2021 - 4 VR 8.20 - NVwZ 2021, 1536 Rn. 16).
23 (1.2) Der nicht weiter erläuterte Verweis der Klägerin in der mündlichen Verhandlung auf verschiedene Vorschriften des Unionsrechts führt nicht auf die behauptete Unionsrechtswidrigkeit des vom nationalen Gesetzgeber angenommenen vordringlichen Bedarfs für das in Rede stehende Vorhaben.
24 Ein Verstoß gegen die Bestimmungen der Delegierten Verordnung (EU) 2020/389 der Kommission vom 31. Oktober 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 347/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2013 in Bezug auf die Unionsliste der Vorhaben von gemeinsamem Interesse (ABl. L 74 S. 1) ist nicht ersichtlich. Vielmehr ist in Anhang VII, Abschnitt B. (Unionsliste der Vorhaben von gemeinsamem Interesse) der SuedOstLink weiterhin sowohl unter (3) – Vorrangiger Korridor "Nord-Süd-Stromverbindungsleitungen in Mittelosteuropa und Südeuropa" (NSI East Electricity) – als auch unter (11) – Vorrangiges thematisches Gebiet "Stromautobahnen" – jeweils unter der Gliederungsnummer 3.12 verzeichnet. Die Kommission hat keinen Anlass gesehen, dieses Vorhaben gemäß Art. 5 Abs. 8 der Verordnung Nr. 347/2013 wegen fehlenden Einklangs mit Unionsrecht aus der Unionsliste zu streichen (Erwägungsgrund 10 Satz 2); dieser Entscheidung ist auch eine Kosten-Nutzen-Analyse seitens der Entscheidungsgremien der regionalen Gruppen vorausgegangen (siehe Erwägungsgrund 5 Satz 2; Anhang V der VO (EU) Nr. 347/2013).
25 Für einen Verstoß gegen die Verordnung (EU) 2018/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über das Governance-System für die Energieunion und für den Klimaschutz (ABl. L 328 S. 1) ist ebenfalls nichts dargetan. Die Verwirklichung der in Art. 4 der Verordnung genannten fünf Dimensionen der Energieunion, nämlich Sicherheit der Energieversorgung, Energiebinnenmarkt, Energieeffizienz, Dekarbonisierung sowie Forschung, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit, erfordern nach Erwägungsgrund 38 auch den Ausbau der Stromverbindungen; dies soll jedoch insbesondere nach Maßgabe der Verordnung Nr. 347/2013 geschehen. Schließlich gibt es auch keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass das Vorhaben mit der Verordnung (EU) 2019/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juni 2019 über den Elektrizitätsbinnenmarkt (ABl. L 158 S. 54) nicht vereinbar sein könnte. Nach Erwägungsgrund 60 sollen auch Investitionen in Großinfrastrukturen wie Gleichstromverbindungsleitungen stark gefördert werden, wobei es das ordnungsgemäße Funktionieren des Elektrizitätsbinnenmarkts sicherzustellen gilt. Auch diese Zielrichtung knüpft an den nach Maßgabe anderer Vorschriften festzulegenden Ausbau der Netzverbindungen an.
26 (2) Ein Sicherungsbedürfnis in Hinblick auf das eingeleitete Planfeststellungsverfahren (§§ 18 ff. NABEG) als Voraussetzung für die Veränderungssperre ist ebenfalls gegeben. Bei Umsetzung der Planungen der Klägerin durch Errichtung der Trinkwassergewinnungsanlage samt Ausweisung eines Wasserschutzgebiets besteht die Möglichkeit, dass die Trassierung des SuedOstLink im bindend festgelegten Trassenkorridor (§§ 4, 15 Abs. 1 Satz 1 NABEG) erheblich erschwert wird.
27 (2.1) Eine erhebliche Erschwernis der Trassierung durch beabsichtigte bauliche oder sonstige erhebliche Veränderungen auf und an Grundstücken im Bereich der Vorschlagstrasse, denen durch die Rechtswirkungen der Veränderungssperre nach § 16 Abs. 1 Satz 2 NABEG begegnet werden soll, entfällt nicht deswegen, weil innerhalb des Trassenkorridors zumindest ernsthaft in Erwägung zu ziehende Trassenalternativen zur Verfügung stehen und folglich eine Realisierung des Leitungsvorhabens als solches nicht ausgeschlossen ist. Der Sicherungszweck der Veränderungssperre soll eine ordnungsgemäße Prüfung aller in Betracht kommenden Trassenvarianten und eine umfassende Abwägungsentscheidung ermöglichen. Dies schließt es aus, bereits im Rahmen der rechtlichen Bewertung der Veränderungssperre bestimmte Trassenalternativen im Wege einer nur überschlägigen und mangels ausreichender Untersuchungen letztlich unzureichenden Vorprüfung für vorzugswürdig und andere, denen Hindernisse entgegenstehen können, als entbehrlich einzustufen und für das weitere Verfahren auszuscheiden.
28 (2.2) Die erhebliche Erschwernis ist auch nicht wegen der Bewertung des geplanten Wasserschutzgebiets und darauf bezogener Festlegungen in der Bundesfachplanungsentscheidung vom 14. Februar 2020 zu verneinen. Der Erlass der Veränderungssperre ist nicht etwa angesichts einer auf der Verfahrensstufe der Bundesfachplanung bereits vorgenommenen konkretisierenden Vorfestlegung auf einen bestimmten Trassenverlauf entbehrlich geworden. Das Vorgehen der Bundesnetzagentur ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht in sich widersprüchlich.
29 Die Bundesnetzagentur hat Belange der Wasserwirtschaft nicht nur als Ziele der Raumordnung mit Bindungswirkung nach § 5 Abs. 2 Satz 2 NABEG (Bundesfachplanungsentscheidung S. 43) oder unter den nicht bindenden und der Abwägung zugänglichen sonstigen Erfordernissen der Raumordnung (Bundesfachplanungsentscheidung S. 135, 162) in die Bundesfachplanungsentscheidung eingestellt. Sie hat daneben Wasserschutzgebiete sowie deren Einzugsgebiete bei der Feststellung von Raumwiderständen als der Abwägung entzogene öffentliche Belange gewertet, wobei geplante Wasserschutzgebiete den bereits festgesetzten gleichgestellt worden sind (Bundesfachplanungsentscheidung S. 108 ff.).
30 In der Bundesfachplanungsentscheidung wird festgehalten, dass Belange des zwingenden Wasserrechts in Bezug auf diese Wasserschutzgebiete dem festgelegten Trassenkorridor nicht entgegenstehen. Diese Feststellung nimmt die vorliegende Planungsebene in den Blick und berücksichtigt gegebenenfalls eine prognostische Prüfung von Befreiungsvoraussetzungen nach § 52 Abs. 1 Satz 2 WHG (Bundesfachplanungsentscheidung S. 108). In der dieser Bewertung zugrundeliegenden Vorabschätzung hat die Bundesnetzagentur im Prüfschritt 1 ausgehend von der potentiellen Trassenalternative, die im Wesentlichen der Vorschlagstrasse entspricht, festgestellt, dass auch das von der Klägerin geplante Wasserschutzgebiet durch die Leitung in der Planfeststellung voraussichtlich gequert werden muss und in diesem Sinne im Trassenkorridor nicht umgangen werden kann (Bundesfachplanungsentscheidung S. 112 f., Tab. 13 Nr. 37).
31 Im Prüfschritt 2 hat die Bundesnetzagentur ausgeführt, dass im Trassenkorridor auch eine andere Trassenachse ohne Querung des geplanten Schutzgebiets, nämlich südwestlich des Weilers C. in der Talsohle, möglich und unter Berücksichtigung der anderen Belange realisierbar sei. Eine Schutzzweckgefährdung durch Realisierung des Vorhabens im festgelegten Trassenkorridor sei zumindest unwahrscheinlich (Bundesfachplanungsentscheidung S. 116 f., S. 126). Damit ist aber - bezogen auf die Planungsstufe ebenengerecht - lediglich die Durchgängigkeit des Trassenkorridors positiv prognostiziert, aber noch keine Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Trasse getroffen worden. Denn auf dieser Planungsstufe wird noch nicht untersucht, ob das geplante Wasserschutzgebiet für das Vorhaben ohne Schutzzweckgefährdung durch Erteilung einer Befreiung in Anspruch genommen werden kann (Bundesfachplanungsentscheidung S. 109).
32 Aus der Bundesfachplanungsentscheidung folgt demnach lediglich die Zielvorgabe für die nachfolgende Planfeststellung, dass das von der Klägerin geplante Wasserschutzgebiet in seiner Funktion durch das Vorhaben grundsätzlich nicht infrage gestellt werden darf. Auch diese Festlegung lässt das Sicherungsbedürfnis nicht entfallen.
33 Dies gilt zunächst für das Bauverbot nach § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 NABEG. Denn die bereits gebohrten Brunnen auf den von der Veränderungssperre erfassten Flurstücken Nr. a und b müssen an das im Talgrund in Richtung der bestehenden Brunnenanlage gelegene Pumpenhaus angeschlossen werden. Bei Verlegung der Verbindungsleitung auf dem Flurstück Nr. b käme es aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem Konflikt mit der Vorschlagstrasse, insbesondere der dort gegebenenfalls auszuhebenden Baugrube für den Beginn der geschlossenen Querung der Kreisstraße R 24.
34 Das Bedürfnis einer Sicherung der Planfeststellung rechtfertigt des Weiteren die aus § 16 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 NABEG hinsichtlich sonstiger erheblicher Veränderungen am Grundstück folgende Sperrwirkung für die weitere Umsetzung des geplanten Wasserschutzgebiets, insbesondere für den Erlass der entsprechenden Rechtsverordnung (BVerwG, Beschluss vom 29. Juli 2021 - 4 VR 8.20 - NVwZ 2021, 1536 Rn. 18). Die Vorgabe aus der Bundesfachplanungsentscheidung bezieht sich auf ein geplantes Wasserschutzgebiet, dessen Grenzen noch nicht abschließend festgelegt sind. Zumindest Randkorrekturen sind - nicht zuletzt bei der wechselseitig gebotenen Rücksichtnahme auf andere Planungen - bei der Bemessung der Schutzzone II insbesondere im hier allein betroffenen abstromigen Bereich nicht ausgeschlossen. Vor diesem Hintergrund ist es geboten, die Planfeststellung von einer strikten Bindung an das Wasserschutzgebiet in seiner derzeit angedachten Ausdehnung und den dort vorgesehenen Regelungen freizustellen. Unbeachtlich ist insoweit, dass das Flurstück Nr. c, auf dem die Vorschlagstrasse das Wasserschutzgebiet ausweislich der vorliegenden Lagepläne in erster Linie tangieren kann, von der Veränderungssperre nicht erfasst ist. Denn ohne die Flurstücke Nr. a und b - dort befinden sich zum einen die Brunnen, und zum anderen ist das Flurstück Nr. a aufgrund seiner Größe für das Wasserschutzgebiet von maßgeblicher Bedeutung - bliebe vom geplanten Wasserschutzgebiet nur ein für dessen Zwecke untauglicher und folglich für die rechtliche Bewertung unbeachtlicher Restbestand.
35 An dieser Einschätzung eines Sicherungsbedürfnisses hat sich durch die von der Beigeladenen nunmehr vorgelegten Karten, auf denen die Grenze des Wasserschutzgebiets insbesondere im Bereich des Flurstücks Nr. c nach Norden verschoben ist, nichts geändert. Zwischen dem bebauten Flurstück Nr. d und dem auf dem benachbarten Grundstück vorgesehenen Wasserschutzgebiet besteht hiernach eine Lücke, in der der Kabelgraben nach dem bisherigen Planungsstand Platz findet. Allerdings greift der Arbeitsstreifen in seiner Regelbreite auf die Schutzzone II über. Dies kann im jetzigen Verfahrensstadium nicht unter Verweis darauf ausgeblendet werden, dass ein eingeengter Arbeitsstreifen - neben einer Reihe anderer Maßnahmen - zur Vermeidung von Beeinträchtigungen wasserwirtschaftlicher Belange angezeigt sein kann (siehe auch Bundesfachplanungsentscheidung S. 43, 164). Denn die Pläne geben lediglich den jetzigen und damit notwendigerweise einen vorläufigen Planungsstand wieder, der sich durch den Fortgang der für die konkrete Planung anstehenden Untersuchungen und Erkundungen ändern kann. Die Beigeladene macht insbesondere geltend, dass sich im Bereich der Querung der Kreisstraße R 24 Änderungen ergeben können, die zugleich Auswirkungen auf die anschließende Streckenführung haben. Der Beweisantrag der Klägerin war demnach wegen Unerheblichkeit des Beweisthemas abzulehnen.
36 Dieser Bezug auf den jeweiligen Planungsstand ist notwendige Folge des Zwecks der Veränderungssperre, die diese fortschreitenden planerischen Erwägungen gerade ermöglichen soll. Entgegen der Ansicht der Klägerin werden die Betroffenen damit nicht der Willkür des Vorhabenträgers ausgeliefert. Allerdings ist die Bundesnetzagentur im Rahmen ihrer Verpflichtung, die Veränderungssperre unter Kontrolle zu halten (siehe auch § 16 Abs. 2 Satz 1 NABEG), gehalten, auf planerische Fortschritte und Konkretisierungen zu reagieren, und die Veränderungssperre, soweit diese der Absicherung von nunmehr endgültig aus dem Planungsprozess ausgesonderte Trassenalternativen dienen sollte, wegen Wegfalls des Sicherungsbedürfnisses aufzuheben.
37 Ohne Erfolg wendet die Klägerin schließlich ein, dass das Wasserschutzgebiet jedenfalls deswegen ohne Schutzzweckgefährdung von der Vorschlagstrasse in Anspruch genommen werden könne, weil die Voraussetzungen einer Befreiung von den Verbotstatbeständen der Wasserschutzgebiets-Verordnung vorlägen und folglich kein Sicherungsbedürfnis anzunehmen sei. Aus den von der Klägerin wiedergegebenen pauschalen Stellungnahmen von Vertretern der Fachbehörden folgt keine verbindliche und verlässliche wasserrechtliche Einschätzung, die von der Bundesnetzagentur als der aufgrund der Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses (§ 24 Abs. 1, § 18 Abs. 5 NABEG i.V.m. § 43c Halbs. 1 EnWG, § 75 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwVfG) dann auch hierfür zuständigen Behörde zugrunde zu legen wäre und die im Übrigen eine genaue Kenntnis der jeweils betroffenen örtlichen geologischen und hydrologischen Verhältnisse voraussetzen dürfte. Des Weiteren ist, wie auch die Prüfreihenfolge in der Bundesfachplanungsentscheidung belegt, die Erteilung einer Befreiung nachrangig zur Möglichkeit einer Umgehung des geplanten Wasserschutzgebiets, die hier noch nicht abschließend geklärt ist.
38 bb) Die Bundesnetzagentur hat das ihr eröffnete Ermessen fehlerfrei ausgeübt. Sie hat die Verhältnismäßigkeit der Veränderungssperre zu Recht bejaht und dabei insbesondere überwiegende Belange der von der Veränderungssperre betroffenen Klägerin zutreffend als zwingende, der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegende Ermessensgrenze geprüft und solche Belange ohne Rechtsverstoß verneint. Unbeachtlich ist dabei, ob alle von der Bundesnetzagentur vorgebrachten Argumente tragfähig sind. Zweifel sind insoweit angesichts der Bundesfachplanungsentscheidung bei den Erwägungen zum Prioritätsprinzip angezeigt, wie sie sich insbesondere ausführlich im Bescheid vom 8. Februar 2021 finden.
39 Das Interesse der Klägerin an einer gesicherten ausreichenden Trinkwasserversorgung in ihrem Gemeindegebiet ist zwar ein beachtlicher öffentlicher Belang (Art. 57 Abs. 2 Satz 1 BayGO; § 50 Abs. 1 WHG); dabei ist auch dem Bedürfnis nach einer Eigenversorgung Rechnung zu tragen. Wie der Senat bereits im Beschluss vom 29. Juli 2021 - 4 VR 8.20 - (NVwZ 2021, 1536 Rn. 32 ff.) festgestellt hat, überwiegt dieser Belang jedoch nicht das zeitlich befristete Interesse an der Sicherung der Planfeststellung für ein Vorhaben von herausragender Bedeutung für die überregionale Stromversorgung und das Gelingen der Energiewende. Daran hält der Senat fest. Es ist weiterhin nicht dargetan, dass die Gefahr einer Mangelsituation sich krisenhaft zuspitze, was kurzfristig eine Erweiterung der Trinkwassergewinnung erfordere.
40 Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin mit der Einlassung, ihre Planungen dienten der "langfristigen" Sicherung der Trinkwasserversorgung, nur die Ernsthaftigkeit einer auf Dauer angelegten Planung habe zum Ausdruck bringen wollen, ohne damit die Dringlichkeit des Anliegens in Frage zu stellen. Die Klägerin zeigt nämlich nicht auf, dass sie in absehbarer Zeit nicht mehr in der Lage sein könnte, über die gemeindliche Wasserversorgung den Trinkwasserbedarf in der Gemeinde zu decken. Eine "aktuelle Versorgungslücke", die es nach dem Vorbringen der Klägerin baldmöglichst zu schließen gilt, ist nur dann zu verzeichnen, wenn allein auf die eigene Wasserförderung der Klägerin und die durch den Wasserlieferungsvertrag mit den Kreiswerken E. garantierte (Zusatz-)Versorgung abgestellt wird. Auf diesen vertraglich gesicherten Status kommt es für die Dringlichkeit des geltend gemachten Belangs aber nicht an. Ungeachtet der mengenmäßig schwankenden und als solcher unzureichenden Eigenversorgung, die auf ergänzende (Fremd-)Lieferungen angewiesen ist, war die Trinkwasserversorgung der Klägerin in den vergangenen Jahren immer durch Lieferungen ihres Vertragspartners über die Garantiemengen hinaus faktisch gesichert. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sich dies in einem überschaubaren Zeitraum ändern sollte. Allein die Ablehnung des Vorschlags der Klägerin, die Garantiemengen mehr als zu verdoppeln, lässt einen solchen Rückschluss nicht zu. Die ablehnende Haltung der Kreiswerke mag sich nicht zuletzt daraus erklären, dass diese für solche Lieferungen nach § 13 Abs. 3 des Wasserlieferungsvertrags einen deutlich höheren Preis verlangen können. Soweit die Klägerin auf einen erhöhten Trinkwasserbedarf insbesondere durch die Bevölkerungsentwicklung verweist, übersteigt der angeführte Prognosezeitraum 2040 den hier maßgeblichen zeitlichen Horizont. Es ist folglich unbeachtlich, dass der Senat im Beschluss des vorläufigen Rechtsschutzes eine Prognose für das Jahr 2039 mit einem Eigenbedarf von 89 000 m³/a zugrunde legt, während die Klägerin nunmehr für das Jahr 2040 einen Bedarf von 97 500 m³/a ansetzt.
41 Schließlich bezieht sich der Hinweis des Senats auf eine gegebenenfalls kurzfristige Realisierung einer Brunnenanlage (Beschluss vom 29. Juli 2021 - 4 VR 8.20 - NVwZ 2021, 1536 Rn. 30) insbesondere auf die geplante und schon tatsächlich (Abteufen der Brunnen) und rechtlich (Antrag auf Ausweisung eines Wasserschutzgebiets) vorbereitete Anlage. Aber auch wenn der von der Klägerin nicht weiterverfolgten Alternative F. nähergetreten werden müsste, ist nicht ersichtlich, dass ein unterstellt besonders dringliches Vorhaben nicht auch zügig vorangetrieben werden könnte.
42 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO.