Verfahrensinformation



Der von der Bundesnetzagentur mit Entscheidung vom 14. Februar 2020 festgelegte Trassenkorridor für den Abschnitt D (vom Raum Schwandorf bis zum Netzverknüpfungspunkt Isar) der als Erdkabel auszuführenden Höchstspannungsgleichstromleitung Wolmirstedt-Isar (sog. SuedOstLink) führt u.a. über das Gebiet der beiden klagenden Gemeinden. Eine dieser Gemeinden und der dritte Kläger, ein Landwirt in einem anderen Ort, sind Eigentümer von im Trassenkorridor gelegenen Grundstücken. Zur Sicherung der nun anstehenden Planfeststellung hat die Bundesnetzagentur mehrere Veränderungssperren erlassen. Von drei dieser Veränderungssperren werden Teile der Gemeindegebiete der klagenden Gemeinden sowie Grundstücke der Kläger erfasst. Die betreffenden Grundstücke werden jeweils von möglichen Trassenvarianten in Anspruch genommen und sollen deswegen einstweilen von einer Bebauung oder sonstigen Veränderung freigehalten werden. Die Kläger machen mit ihren Klagen, für die das Bundesverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig ist, geltend, dass ihre Interessen nicht zutreffend gewürdigt worden und die Veränderungssperren folglich ihnen gegenüber unverhältnismäßig seien. Eine Gemeinde will die von der Veränderungssperre erfassten Grundstücke für eine Trinkwassergewinnungsanlage nebst Wasserschutzgebiet, die andere will ihr Grundstück für ökologische Ausgleichsmaßnahmen für ein geplantes Bauvorhaben nutzen. Der Landwirt will auf einem seiner Grundstücke eine Hähnchenmastanlage errichten. Alle drei Kläger haben während des Klageverfahrens bei der Bundesnetzagentur erfolglos die Aufhebung der Veränderungssperren beantragt. Gegen die ablehnenden Bescheide haben sie ebenfalls Klage erhoben.


Beschluss vom 08.11.2021 -
BVerwG 4 A 2.21ECLI:DE:BVerwG:2021:081121B4A2.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 08.11.2021 - 4 A 2.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:081121B4A2.21.0]

Beschluss

BVerwG 4 A 2.21

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 8. November 2021
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt
als Berichterstatter nach § 87a Abs. 1 und 3 VwGO
beschlossen:

Die Beiladung der ... GmbH (Beigeladene zu 1) wird aufgehoben.

Gründe

1 Die durch Beschluss vom 24. Juni 2021 erfolgte Beiladung ist weder notwendig (§ 65 Abs. 2 VwGO) noch erweist sie sich gemäß § 65 Abs. 1 VwGO als zweckmäßig.

2 Nach § 65 Abs. 2 VwGO sind Dritte notwendig beizuladen, wenn sie an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das ist dann der Fall, wenn die begehrte Sachentscheidung des Gerichts nicht getroffen werden kann, ohne dass dadurch gleichzeitig und unmittelbar in Rechte der Dritten eingegriffen wird, d.h. ihre Rechte gestaltet, bestätigt oder festgestellt, verändert oder aufgehoben werden (vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 21. Juni 2021 - 9 A 13.20 - NVwZ 2021, 1312 m.w.N.). Das kann die (ehemalige) Beigeladene zu 1 bei einem Streit um die Aufhebung einer Veränderungssperre nach § 16 NABEG in einem Abschnitt des Gesamtvorhabens nach Nr. 5 der Anlage zu § 1 Abs. 1 BBPlG, in dem diese nicht Vorhabenträgerin gemäß § 3 Nr. 9 NABEG ist, nicht geltend machen. Auf die Beiladung in den Verfahren, in denen die Aufhebung der Bundesfachplanungsentscheidung gemäß § 12 NABEG für zwei Abschnitte des sog. SuedOstLink bzw. hierauf bezogener vorläufiger Rechtsschutz begehrt worden ist, kann sich die (ehemalige) Beigeladene zu 1 nicht berufen. Denn ungeachtet einer Abschnittsbildung gemäß § 5 Abs. 8 NABEG, die sich bei der örtlichen Festlegung von Koppelpunkten nicht zuletzt auch an den Regelzonen der beteiligten Übertragungsnetzbetreiber orientiert (siehe etwa Abschnitt C), sind für den SuedOstLink in all seinen Abschnitten immer die beiden für den nördlichen Teil einerseits bzw. den südlichen Teil andererseits zuständigen Übertragungsnetzbetreiber gemeinsam als Vorhabenträger aufgetreten.

3 Im Gegensatz zur übergreifenden, das Gesamtvorhaben umfassenden Bundesfachplanungsentscheidung ist die Veränderungssperre nach § 16 NABEG besonders eng auf die anschließende Planfeststellung (§§ 18 ff. NABEG) bezogen. Hier tritt jeweils nur der örtlich zuständige Übertragungsnetzbetreiber als Vorhabenträger auf. Der andere Übertragungsnetzbetreiber - hier die (ehemalige) Beigeladene zu 1 - hat zwar ein auch rechtliches Interesse an der erfolgreichen Realisierung des Gesamtvorhabens. Das kann - im Gegensatz zu dem auch von der Beklagten angeführten Interesse eines jeden Übertragungsnetzbetreibers an einer Klärung der rechtlichen Maßstäbe des § 16 NABEG - eine Beiladung nach § 65 Abs. 1 VwGO dem Grunde nach rechtfertigen. Die einfache Beiladung ist hier aber nicht geboten. Dabei sind im Rahmen dieser Entscheidung im wesentlichen Gesichtspunkte der Prozessökonomie ermessensleitend. Es ist indessen nicht ersichtlich, inwieweit die fehlende Erstreckung der Rechtskraft einer Entscheidung (§ 121 Nr. 1 VwGO) auf die (ehemalige) Beigeladene zu 1 zu Erschwernissen und Unzuträglichkeiten in späteren Rechtsstreitigkeiten führen könnte. Des Weiteren erscheint die Beiladung auch nicht etwa erforderlich, um den Streitstoff umfassend zu klären. Denn mit den für die anstehende Planfeststellung maßgeblichen Tatsachenfragen ist allein die Beigeladene zu 2 vertraut. Anderes behauptet auch die (ehemalige) Beigeladene zu 1 nicht, wenn sie - in Übereinstimmung mit ihrem prozessualen Vorgehen im Verfahren 4 VR 8.20 - betont, dass zu örtlich begrenzten Konflikten derjenige Vorhabenträger Stellung nimmt, auf dessen Regelzone sich der jeweilige Konflikt bezieht. Schließlich hindert die bereits aufgrund des Beiladungsbeschlusses erfolgte Bestellung eines Prozessbevollmächtigten die Aufhebung der Beiladung nicht; ein beachtlicher Vertrauenstatbestand erwächst daraus nicht.