Pressemitteilung Nr. 39/2019 vom 16.05.2019
Thüringen scheitert mit Eilantrag gegen SuedLink
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat auf den Antrag des Landes Thüringen auf vorläufigen Rechtsschutz entschieden, dass die Bundesnetzagentur das Bundesfachplanungsverfahren für den sogenannten SuedLink fortsetzen kann, ohne den Alternativtrassenvorschlag des Landes Thüringen derzeit weiter berücksichtigen zu müssen.
Die TransnetBW GmbH und die TenneT TSO GmbH beantragten im März 2017 als Vorhabenträger die Bundesfachplanung für die Gleichstrom-Erdkabelprojekte Nr. 3 und 4 des Bundesbedarfsplangesetzes in den Abschnitten C (Bad Gandersheim - Gerstungen und Seesen - Gerstungen) und D (Gerstungen - Arnstein und Gerstungen - Grafenrheinfeld). In der von der Bundesnetzagentur durchgeführten Antragskonferenz brachte das Land Thüringen einen eigenen Trassenkorridorvorschlag förmlich in das Verfahren ein, den die Bundesnetzagentur einer Überprüfung unter Beteiligung der Vorhabenträger unterzog. Auf der Grundlage der daraufhin erfolgten Stellungnahmen kam die Bundesnetzagentur zu dem Ergebnis, dass dieser Vorschlag keine ernsthaft in Betracht kommende Alternative darstelle und daher für das weitere Verfahren der Bundesfachplanung abgeschichtet werden könne. Das Land Thüringen wurde hiervon in Kenntnis gesetzt und das Bundesfachplanungsverfahren fortgesetzt.
Den daraufhin vom Land Thüringen gestellten Antrag, im Wege der einstweiligen Anordnung die Bundesnetzagentur zu verpflichten, den vom Land eingebrachten Alternativtrassenvorschlag im Bundesfachplanungsverfahren sofort weiterzuverfolgen, hat das für das Verfahren erst- und letztinstanzlich zuständige Bundesverwaltungsgericht abgelehnt. Der Antrag ist bereits unzulässig, weil er auf die Vornahme einer behördlichen Verfahrenshandlung gerichtet ist. Gegen solche Handlungen können Rechtsbehelfe nur gleichzeitig mit der Sachentscheidung, die noch nicht vorliegt, ergriffen werden (§ 44a VwGO). Der Antrag konnte auch in der Sache keinen Erfolg haben. Aus dem Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG) ergibt sich kein Anspruch darauf, dass ein von einem Land eingebrachter Alternativtrassenvorschlag von der Bundesnetzagentur bis zur Bundesfachplanungsentscheidung geprüft werden muss. Auch ist die Sache nicht eilbedürftig, weil nach dem Vortrag der Bundesnetzagentur derzeit nicht ausgeschlossen werden kann, dass der Vorschlag Thüringens im Bundesfachplanungsverfahren, das voraussichtlich nicht vor Ende 2019 abgeschlossen sein wird, wieder aufgegriffen wird.
Über die Hauptsacheklage wird das Bundesverwaltungsgericht voraussichtlich im 2. Halbjahr 2019 entscheiden.
BVerwG 4 VR 1.19 - Beschluss vom 09. Mai 2019
Beschluss vom 09.05.2019 -
BVerwG 4 VR 1.19ECLI:DE:BVerwG:2019:090519B4VR1.19.0
Eilantrag auf weitere Berücksichtigung eines abgeschichteten Alternativtrassenvorschlags im Verfahren der Bundesfachplanung
Leitsätze:
1. Ein Bund-Länder-Streit gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor, wenn ein Bundesland sich dagegen wendet, dass ein von ihm in das Verfahren der Bundesfachplanung eingebrachter Alternativtrassenvorschlag von der Bundesnetzagentur abgeschichtet wurde, und erreichen möchte, dass dieser Vorschlag bis zur abschließenden Entscheidung nach § 12 NABEG im Verfahren verbleibt und dort wie die Trassenvorschläge der Vorhabenträger geprüft wird.
2. Die Entscheidung der Bundesnetzagentur, einen von einem Bundesland in das Verfahren der Bundesfachplanung eingebrachten Alternativtrassenvorschlag abzuschichten, kann als Verfahrenshandlung gemäß § 44a VwGO nur zusammen mit der Sachentscheidung angegriffen werden.
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Rechtsquellen
VwGO § 44a, § 50 Abs. 1 Nr. 1 und 6, § 123 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 NABEG § 4, § 5 Abs. 1 Satz 4, § 6 Satz 6 Nr. 1, § 7 Abs. 3 Satz 1 und 2, § 8, § 12 Abs. 2, § 15 Abs. 3 Satz 1 und 2, §§ 18 ff. -
Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 09.05.2019 - 4 VR 1.19 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:090519B4VR1.19.0]
Beschluss
BVerwG 4 VR 1.19
In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. Mai 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Dr. Decker
beschlossen:
- Der Antrag wird abgelehnt.
- Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Antragsteller.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 60 000 € festgesetzt.
Gründe
I
1 Der Antragsteller, der Freistaat Thüringen, begehrt Eilrechtsschutz im Rahmen des Verfahrens der Bundesfachplanung der Gleichstrom-Erdkabelprojekte Nr. 3 und 4 des Bundesbedarfsplangesetzes (sogenannter SuedLink) in den Abschnitten C (Bad Gandersheim - Gerstungen und Seesen - Gerstungen) und D (Gerstungen - Arnstein und Gerstungen - Grafenrheinfeld).
2 Die beigeladenen Vorhabenträger beantragten am 17. und am 24. März 2017 die Bundesfachplanung für die Abschnitte C und D des SuedLinks. In der von der Bundesnetzagentur durchgeführten Antragskonferenz brachte der Antragsteller einen eigenen Trassenkorridorvorschlag förmlich in das Verfahren ein. Die Bundesnetzagentur führte daraufhin eine erste Evidenzkontrolle dieses Vorschlags durch, forderte die Vorhabenträger auf, die Alternativtrassenvarianten einer Grobprüfung zu unterziehen und holte ein externes Gutachten der Bietergemeinschaft NABEG zur technischen Machbarkeit des Vorschlags ein. Auf der Grundlage der daraufhin erstatteten Gutachten und abgegebenen Stellungnahmen kam die Bundesnetzagentur in ihrem Prüfvermerk vom 18. Januar 2018 zu dem Ergebnis, dass der Vorschlag des Antragstellers keine ernsthaft in Betracht kommende Alternative darstelle und daher für das weitere Verfahren der Bundesfachplanung abzuschichten sei. Mit Schreiben vom 26. Januar 2018 setzte sie den Antragsteller hiervon in Kenntnis und führte das Bundesfachplanungsverfahren fort. Danach haben die Beigeladenen die Unterlagen nach § 8 NABEG vorgelegt und hat die Bundesnetzagentur deren Vollständigkeit festgestellt. Mit dem Abschluss des Verfahrens der Bundesfachplanung für die Abschnitte C und D des SuedLinks wird frühestens für Ende 2019 gerechnet.
3 Mit dem am 15. Januar 2019 beim Bundesverwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag hat der Antragsteller Klage mit dem Ziel erhoben, den von ihm im Rahmen seines Beteiligungsrechts in das Verfahren der Bundesfachplanung eingebrachten Alternativtrassenvorschlag, der von der Bundesnetzagentur aus dem Verfahren ausgeschieden worden sei, in das Verfahren zurückzuführen. Gleichzeitig hat er den Erlass einer auf dieses Ziel gerichteten einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO beantragt. Für den Eilantrag sei das Bundesverwaltungsgericht zuständig, denn es handle sich um einen Bund-Länder-Streit nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO. Der Antragsteller setze sich zur Wehr gegen einen Eingriff in seine landesplanerische Gestaltungskompetenz, der darin liege, dass die Bundesnetzagentur ihre Kompetenzen durch die unzulässige Abschichtungsentscheidung überschritten habe. Hilfsweise sei das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO zuständig. Da es sich um einen Bund-Länder-Streit handle, läge auch die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Antragsbefugnis vor. § 44a VwGO stehe dem Eilantrag nicht entgegen, denn die Norm sei im Bund-Länder-Streit nicht anwendbar. Der Eilantrag sei auch begründet. Die von der Bundesnetzagentur getroffene Abschichtungsentscheidung genüge den zwingenden verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht. Sie sei sowohl formell als auch materiell-rechtlich zu beanstanden und verletzte in rechtswidriger Weise die Kompetenzen des Antragstellers.
4 Der Antragsgegner und die Beigeladenen halten den Antrag für unzulässig und treten ihm auch in der Sache entgegen. Sie verteidigen die Abschichtung des Alternativtrassenvorschlags des Antragstellers als rechtmäßig.
II
5 Der Antrag hat keinen Erfolg.
6 A. Das Bundesverwaltungsgericht ist als Gericht der Hauptsache (§ 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO) zuständig. Das folgt zwar nicht aus § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO (dazu unter 1.), jedoch aus § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO (dazu unter 2.).
7 1. Es liegt kein Bund-Länder-Streit nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO vor.
8 Gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO entscheidet das Bundesverwaltungsgericht in erster und letzter Instanz über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den Ländern und zwischen verschiedenen Ländern. Eine solche Streitigkeit ist nicht schon dann anzunehmen, wenn sich der Bund und ein Land als Beteiligte gegenüberstehen. Die Sonderregelung des § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ist eng auszulegen und schließt von den sonst geltenden Zuständigkeitsbestimmungen nur diejenigen Verfahren aus, deren Gegenstände durch die Eigenart der Bund-Länder-Beziehung geprägt sind (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1980 - 7 A 2.79 - BVerwGE 60, 162 <173 f.>; Beschlüsse vom 12. Dezember 2002 - 3 A 1.02 - BVerwGE 117, 244 f. und vom 10. August 2011 - 6 A 1.11 - Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 305 Rn. 12). Die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ist demgemäß nur bei Streitigkeiten begründet, die sich in ihrem Gegenstand einem Vergleich mit den landläufigen Verwaltungsstreitigkeiten entziehen (BVerwG, Urteile vom 30. Juli 1976 - 4 A 1.75 - Buchholz 310 § 50 VwGO Nr. 6, vom 27. März 1980 - 4 A 1.77 - Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 4 = juris Rn. 9, vom 24. Januar 2007 - 3 A 2.05 - BVerwGE 128, 99 Rn. 18 und vom 25. August 2011 - 3 A 2.10 - Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 25 Rn. 16; Beschluss vom 13. August 1999 - 2 VR 1.99 - BVerwGE 109, 258 <260 f.>), weil es nur dann gerechtfertigt ist, sie einem Sonderrecht zu unterwerfen (BVerwG, Beschluss vom 12. Dezember 2002 - 3 A 1.02 - BVerwGE 117, 244 = juris Rn. 2). Um Fälle dieser Art handelt es sich namentlich dann, wenn die Abgrenzung von Hoheitsbefugnissen oder die vertragliche Rechtsstellung von Bund und Land im Streit steht (BVerwG, Beschlüsse vom 1. Juli 2004 - 7 VR 1.04 - NVwZ 2004, 1124 = juris Rn. 5 und vom 10. August 2011 - 6 A 1.11 - Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 305 Rn. 12). Demgemäß hat das Bundesverwaltungsgericht seine sachliche Zuständigkeit nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 VwGO für eine Streitigkeit angenommen, die das Verhältnis zwischen der Ordnungshoheit des Landes und der Verteidigungshoheit des Bundes betraf, nämlich die Frage, ob ein Land bei einer der Verteidigungshoheit zugeordneten baulichen Anlage aus Gründen der öffentlichen Ordnung nach der Landesbauordnung Änderungen verlangen kann (BVerwG, Urteil vom 30. Juli 1976 - 4 A 1.75 - Buchholz 310 § 50 VwGO Nr. 6). Ebenso hat es seine Zuständigkeit für eine Streitigkeit über die Frage angenommen, ob ein Planfeststellungsbeschluss der Bundeswasserstraßenverwaltung gemäß § 14 Abs. 3 WaStrG des Einvernehmens der zuständigen Landesbehörde bedurfte, weil das Vorhaben Belange der Landeskultur berührte (BVerwG, Urteil vom 17. April 2002 - 9 A 24.01 - NVwZ 2002, 1239 <1240>), und für den Fall der Auslegung von Normen, die - wie § 7 Abs. 4 und § 48 WaStrG - Hoheitsbefugnisse des Bundes gegenüber Vollzugsbehörden der Länder abgrenzen (BVerwG, Beschluss vom 19. März 2008 - 7 A 4.07 - NVwZ 2008, 696).
9 Ein damit vergleichbarer Fall ist hier nicht gegeben. Der Antragsteller wendet sich gegen die ihm mit Schreiben des Präsidenten der Bundesnetzagentur vom 26. Januar 2018 mitgeteilte Absicht der Behörde, den von ihm eingebrachten Alternativtrassenkorridor im Verfahren der Bundesfachplanung (derzeit) nicht weiter zu berücksichtigen und zu prüfen. Er sieht in dieser Entscheidung einen Eingriff in seine landesplanerische Gestaltungskompetenz, wirft der Bundesnetzagentur vor, hierdurch ihre Kompetenzen überschritten zu haben, und möchte erreichen, dass sein Vorschlag weiter im Verfahren geprüft wird. Streitgegenständlich ist damit, ob der Antragsteller einen Anspruch darauf hat, dass sein in das Verfahren der Bundesfachplanung eingebrachter Alternativtrassenvorschlag bis zur abschließenden Entscheidung nach § 12 NABEG im Verfahren verbleiben und dort wie die Trassenvorschläge der Vorhabenträger geprüft werden muss. Ein auf ein solches Ziel gerichtetes Verfahren ist nicht durch die Eigenart der Bund-Länder-Beziehung geprägt. Vielmehr wird der Antragsteller nur in seiner Stellung als Beteiligter des Bundesfachplanungsverfahrens betroffen. Der von ihm geltend gemachte Anspruch unterscheidet sich nicht von einem Anspruch, den beispielsweise eine Gemeinde unter Berufung auf ihr Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) oder ein privater Grundstückseigentümer auf sein Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) typischerweise gegen die Trassenführung einer Höchstspannungsleitung ins Feld führt, um zu erreichen, dass das Gemeindegebiet oder das Privatgrundstück nicht von der Leitung in Anspruch genommen wird. Die Frage, ob die Bundesnetzagentur nach den §§ 4 ff. NABEG berechtigt ist, eine Abschichtungsentscheidung zu treffen, und - sollte dies nicht der Fall sein - welche Auswirkungen dies auf die Weiterführung des Verfahrens bzw. die nachfolgende Entscheidung über die Bundesfachplanung hat, hat im Übrigen nichts mit einer Streitigkeit über die Abgrenzung von Hoheitsbefugnissen des Bundes einerseits und des Landes andererseits zu tun.
10 Zu Unrecht hält der Antragsteller die Streitigkeit mit dem Argument für einen Bund-Länder-Streit, dass die Bundesnetzagentur auf Landesgebiet zugreife und ihn dazu zwinge, seine gesamte Landesplanung an dem Vorhaben auszurichten. Die Regelung des § 15 Abs. 1 Satz 2 NABEG, nach der Bundesfachplanungen grundsätzlich Vorrang vor Landesplanungen haben, wirft nicht die Frage auf, welche Kompetenzen Bund und Ländern im Rahmen der Planung und Realisierung von Höchstspannungsleitungen zustehen, aus welchen Kompetenztiteln sich diese ableiten lassen und wie sie voneinander abzugrenzen sind.
11 2. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aber aus § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO.
12 Gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für Vorhaben betreffen, die in dem Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG) bezeichnet sind. Die Höchstspannungsleitungen Brunsbüttel - Großgartach und Wilster - Grafenrheinfeld sind in § 1 Abs. 1 BBPlG vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 2543), zuletzt geändert durch Art. 12 des Gesetzes vom 26. Juli 2016 (BGBl. I S. 1786), i.V.m. der Anlage zu § 1 Abs. 1 des Bundesbedarfsplans unter Nr. 3 und 4 genannt. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts erstreckt sich auch auf Abschnitte dieser Vorhaben (vgl. BVerwG, Urteile vom 14. Juni 2017 - 4 A 11.16 u.a. - BVerwGE 159, 121 Rn. 10 und vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 - NVwZ 2018, 1322 Rn. 12 <zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen>; Beschlüsse vom 26. September 2013 - 4 VR 1.13 - NuR 2013, 800 Rn. 9 und vom 12. September 2018 - 4 A 13.17 - UPR 2019, 154 Rn. 3).
13 Der vorliegende Rechtsstreit betrifft auch im Sinne des § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO das Planfeststellungsverfahren für diese Vorhaben. Im Hinblick auf den Zweck der Zuständigkeitsregelung in § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO, die Verwirklichung von Infrastrukturvorhaben zu beschleunigen und divergierende Entscheidungen zu vermeiden, werden von dieser Vorschrift alle Verfahren erfasst, die einen unmittelbaren Bezug zu konkreten Planfeststellungsverfahren oder Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO haben (BVerwG, Beschluss vom 9. Oktober 2012 - 7 VR 10.12 - NVwZ 2013, 78 = juris Rn. 5 m.w.N.). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts betrifft eine Streitigkeit das Planfeststellungsverfahren, wenn sie Teil der genehmigungsrechtlichen Bewältigung des Vorhabens ist. Das ist etwa dann der Fall, wenn um Maßnahmen gestritten wird, die zeitlich und sachlich der späteren Planfeststellung oder Plangenehmigung vorausgehen, indem sie der Vorbereitung eines solchen Verfahrens dienen oder einen Ausschnitt der Probleme darstellen, die in einem laufenden Planfeststellungsverfahren zu lösen sind (BVerwG, Beschlüsse vom 12. Juni 2007 - 7 VR 1.07 - Buchholz 310 § 50 VwGO Nr. 25 Rn. 8, vom 15. Juni 2011 - 7 VR 8.11 - Buchholz 407.3 § 5 VerkplanbeschlG Nr. 20 Rn. 5 und vom 9. Oktober 2012 - 7 VR 10.12 - NVwZ 2013, 78 = juris Rn. 5 m.w.N.). Das ist hier der Fall. Der Gesetzgeber sieht für die unter das Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz fallenden Höchstspannungsleitungen ein zweistufiges Verfahren vor. Auf der ersten Stufe erfolgt die sogenannte Bundesfachplanung (§§ 4 ff. NABEG). Sie bezweckt die Bestimmung der Trassenkorridore (§ 4 Satz 1 NABEG) und endet mit einer Entscheidung der Bundesnetzagentur (§ 12 NABEG), die auf der zweiten Stufe für das nachfolgende Planfeststellungsverfahren nach §§ 18 ff. NABEG verbindlich ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 NABEG). Gemäß § 15 Abs. 3 Satz 1 NABEG hat sie keine unmittelbare Außenwirkung und kann nur im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen die Zulassungsentscheidung für die jeweilige Ausbaumaßnahme überprüft werden (§ 15 Abs. 3 Satz 2 NABEG). Die Bundesfachplanung geht somit der Planfeststellung voraus und nimmt einen Teil des Planfeststellungsverfahrens vorweg (vgl. § 12 Abs. 2 NABEG). Damit ist es gerechtfertigt, nicht nur Verfahren, die sich - gegebenenfalls in unzulässiger Weise - gegen die Bundesfachplanungsentscheidung wenden, sondern auch Verfahren, die sich - wie hier - gegen Maßnahmen im Rahmen der Vorbereitung der Bundesfachplanungsentscheidung richten, der Zuständigkeitsregelung des § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO zu unterstellen.
14 B. Der Antrag ist unzulässig, weil er eine nicht selbstständig anfechtbare Verfahrenshandlung (§ 44a VwGO) betrifft.
15 Der Antrag ist in der Form der Regelungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zwar statthaft, da in der Hauptsache eine allgemeine Leistungsklage die einschlägige Klageart ist. Ihm steht aber § 44a VwGO entgegen.
16 Nach § 44a VwGO können Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden (Satz 1), es sei denn die behördlichen Verfahrenshandlungen können vollstreckt werden oder ergehen gegen einen Nichtbeteiligten (Satz 2); die Regelung gilt auch für Anträge nach § 123 VwGO (BVerwG, Beschluss vom 6. April 2006 - 2 VR 2.05 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 33 Rn. 10).
17 Unter den Begriff der Verfahrenshandlung im Sinne von § 44a Satz 1 VwGO fallen behördliche Handlungen, die im Zusammenhang mit einem schon begonnenen und noch nicht abgeschlossenen Verwaltungsverfahren (vgl. § 9 VwVfG) stehen und der Vorbereitung einer regelnden Sachentscheidung dienen (BVerwG, Urteile vom 1. September 2009 - 6 C 4.09 - BVerwGE 134, 368 Rn. 21, vom 22. September 2016 - 2 C 16.15 - NVwZ 2017, 489 Rn. 19 m.w.N. und vom 20. Oktober 2016 - 2 A 2.14 - BVerwGE 156, 193 Rn. 14; Beschluss vom 14. Juli 2004 - 6 B 30.04 - juris Rn. 7; Stelkens/Schenk, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand September 2018, § 44a Rn. 8; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 44a Rn. 40; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 44a Rn. 6; Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 44a Rn. 3, 5 f.). Aus dem Gegensatz des Begriffs der Verfahrenshandlung zu dem in § 44a Satz 1 VwGO gleichfalls verwendeten Begriff der Sachentscheidung folgt, dass sich der Ausschluss selbstständiger Rechtsbehelfe grundsätzlich auf solche behördlichen Maßnahmen beschränkt, die Teil eines konkreten Verwaltungsverfahrens sind, ohne selbst Sachentscheidung zu sein, ohne also ihrerseits in materielle Rechtspositionen einzugreifen (BVerwG, Urteil vom 1. September 2009 - 6 C 4.09 - BVerwGE 134, 368 Rn. 21). Unerheblich für die Einordnung als Verfahrenshandlung ist dabei, welche Rechtsform der vorbereitende Akt hat. Neben Realakten können auch Verwaltungsakte Verfahrenshandlungen im Sinne des § 44a Satz 1 VwGO sein (BVerwG, Urteil vom 22. September 2016 - 2 C 16.15 - NVwZ 2017, 489 Rn. 19; Hoppe, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 44a Rn. 6 f.). Ebenso ist davon auszugehen, dass eine Verfahrenshandlung nicht nur eine anfechtbare Handlung ist, die in Rechte des Beteiligten eingreift, sondern auch sogenannte Negativakte, also die behördliche Verweigerung der erstrebten Verfahrenshandlung, von der Norm erfasst werden (BVerwG, Urteile vom 30. Januar 2002 - 9 A 20.01 - BVerwGE 115, 373 <377> und vom 22. September 2016 - 2 C 16.15 - NVwZ 2017, 489 Rn. 19; Beschluss vom 6. April 2006 - 2 VR 2.05 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 33 Rn. 10).
18 Der Antragsteller will vorliegend erreichen, dass die Bundesnetzagentur verpflichtet wird, den von ihm eingebrachten Alternativtrassenvorschlag im Bundesfachplanungsverfahren sofort weiterzuverfolgen, d.h. diesen - entgegen der Mitteilung vom 26. Januar 2018 - sofort weiter zu berücksichtigen und sachlich zu prüfen. Sein Begehren ist auf die Vornahme einer Verfahrenshandlung im Rahmen des derzeit laufenden Bundesfachplanungsverfahrens gerichtet und unterfällt damit § 44a Satz 1 VwGO (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. September 2005 - 9 VR 21.05 - juris für eine Verfahrenshandlung im Rahmen eines Planfeststellungsverfahrens). Die Voraussetzungen für die gesetzlichen Ausnahmetatbestände in § 44a Satz 2 VwGO sind nicht erfüllt. Weder handelt es sich bei der Entscheidung, den Alternativtrassenvorschlag des Antragstellers (derzeit) nicht weiter zu prüfen, um eine vollstreckbare Entscheidung, noch ist der Antragsteller Nichtbeteiligter im Sinne dieser Norm.
19 Steht aber bereits § 44a VwGO der Zulässigkeit des Antrages entgegen, kann offen bleiben, ob dasselbe Ergebnis auch aus einem Erst-recht-Schluss zu § 15 Abs. 3 Satz 2 NABEG folgt und ob diese Norm den vom Antragsteller angeführten unions- oder verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet.
20 C. Der Antrag ist zudem unbegründet, weil dem Antragsteller weder ein Anordnungsgrund noch ein Anordnungsanspruch zur Seite steht.
21 1. Zur Abwendung wesentlicher Nachteile ist es nicht nötig, der Antragsgegnerin aufzugeben, den abgeschichteten Alternativvorschlag des Antragstellers im Bundesfachplanungsverfahren sofort weiterzuverfolgen.
22 Die Antragsgegnerin hat - insofern vom Antragsteller unwidersprochen - vorgetragen, dass sich die Bundesnetzagentur in der Entscheidung nach § 12 Abs. 2 Satz 1 NABEG auch mit dem Alternativvorschlag des Antragstellers auseinandersetzen werde. Sie hat darauf hingewiesen, dass es sich bei der unter dem 26. Januar 2018 mitgeteilten Entscheidung allenfalls um eine (vorläufige) Abschichtungsentscheidung handle. Die Antragsgegnerin sei nach sorgfältiger Prüfung (lediglich) zu dem Ergebnis gekommen, dass der alternative Vorschlag des Antragstellers derzeit nicht als ernsthaft in Betracht kommende Alternative zu qualifizieren sei und somit im Verfahren zunächst nicht weiter berücksichtigt werden müsse. Das führe dazu, dass keine vertieften Unterlagen nach § 8 NABEG für den Vorschlag erstellt werden müssten. Gleichwohl sei es nicht ausgeschlossen, dass die abgeschichtete Alternative wieder als ernsthaft in Betracht kommende Alternative auflebe. So sei es vorstellbar, dass neue Umstände bekannt würden, die dazu führten, die Alternative wieder in das Verfahren einzubeziehen. Hierüber werde jedoch erst im Rahmen der Bundesfachplanungsentscheidung verbindlich entschieden (vgl. Klage- und Antragserwiderung der Antragsgegnerin vom 11. März 2019, S. 38). Da die von den Ländern und den Vorhabenträgern gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 NABEG eingebrachten Trassenvorschläge für die Bundesnetzagentur nicht bindend seien (§ 7 Abs. 3 Satz 2 NABEG), könnten bis zur Entscheidung nach § 12 NABEG Vorschläge und Anträge wieder aufgegriffen oder zurückgestellt werden (a.a.O. S. 46). Mit der Entscheidung vom 26. Januar 2018 würden keine vollendeten Tatsachen geschaffen (a.a.O. S. 70). Durch die Abschichtung seines Alternativvorschlags drohen dem Antragsteller somit keine Nachteile, denen durch den Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung vorgebeugt werden müsste.
23 2. Der Antragsteller hat keinen Anspruch darauf, dass der von ihm in das Verfahren eingebrachte Alternativvorschlag sofort, d.h. in gleicher Weise und mit gleicher Intensität geprüft wird wie die von den Beigeladenen als Vorhabenträgern eingebrachten Trassen.
24 Entgegen der Ansicht des Antragstellers ergibt sich ein solcher Anspruch nicht aus § 7 Abs. 3 Satz 1 NABEG. Danach können Länder, auf deren Gebiet ein Trassenkorridor voraussichtlich verlaufen wird, Vorschläge zu einem alternativen Trassenverlauf im Sinne von § 6 Satz 6 Nr. 1 NABEG machen. Die Bundesnetzagentur ist zudem verpflichtet, etwaige ernsthaft in Betracht kommende Alternativen von Trassenkorridoren zu prüfen (§ 5 Abs. 1 Satz 4 NABEG), ist dabei aber weder an den Antrag des Vorhabenträgers noch an die Vorschläge der Länder gebunden (§ 7 Abs. 3 Satz 2 NABEG). Hieraus folgt, dass sich die Bundesnetzagentur mit einem von einem Land oder einem Vorhabenträger in das Verfahren der Bundesfachplanung eingebrachten Alternativvorschlag inhaltlich auseinanderzusetzen hat, sie aber einen solchen Vorschlag keiner vertieften Prüfung unterziehen muss, wenn sie im Rahmen einer Vorprüfung zu dem Ergebnis kommt, dass es sich um keine ernsthaft in Betracht kommende Alternative handelt. Aus der Konzeption des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes Übertragungsnetz, wie sie insbesondere in § 7 Abs. 3 Satz 2 und § 5 Abs. 1 Satz 4 NABEG zum Ausdruck kommt, ergibt sich nicht, dass die Bundesnetzagentur jeden von einem Land oder einem Vorhabenträger in das Verfahren eingebrachten Trassenvorschlag mit gleicher Intensität bis zur Bundesfachplanungsentscheidung prüfen müsste.
25 Soweit sich der Antragsteller zur Stützung seiner Auffassung (auch) auf das Raumordnungsgesetz und die Landesgesetzgebung beruft, sind seine Ausführungen unsubstantiiert. Es ist insbesondere nicht dargelegt, inwiefern sich aus den - zudem nicht näher bezeichneten - Regelungen ein gerichtlich durchsetzbarer Anspruch auf Berücksichtigung und Prüfung eines von dem Antragsteller eingebrachten Alternativtrassenvorschlags bis zum Ergehen der Bundesfachplanungsentscheidung ergeben soll.
26 D. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.