Beschluss vom 27.08.2024 -
BVerwG 1 WB 40.23ECLI:DE:BVerwG:2024:270824B1WB40.23.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 27.08.2024 - 1 WB 40.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:270824B1WB40.23.0]
Beschluss
BVerwG 1 WB 40.23
In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Burmeister,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Henke
am 27. August 2024 beschlossen:
Das gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht ... gerichtete Ablehnungsgesuch wird zurückgewiesen.
Gründe
I
1 1. Mit dem unter dem 9. August 2024 gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht ... gerichteten Ablehnungsgesuch wendet sich der Soldat gegen dessen Mitwirkung an der Entscheidung über Ablehnungsgesuche, welche er im Wehrbeschwerdeverfahren BVerwG 1 WB 40.23 gegen die dort zuständigen Richter - Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht ..., Richterin am Bundesverwaltungsgericht ... und Richter am Bundesverwaltungsgericht ... – gestellt hat. Gegenstand des Wehrbeschwerdeverfahrens bildet die Frage, ob die Aufnahme der Impfung gegen den Covid-19-Erreger in die Liste der Basisimpfungen in Nr. 2001 der Allgemeinen Regelung (AR) A1-840/8-4000 (Basisimpfschema) rechtmäßig war.
2 2. Der Soldat verweist zur Begründung seines gegen den Richter ... gerichteten Ablehnungsgesuchs im Wesentlichen auf sein gegen die zuständigen Richter gestelltes Ablehnungsgesuch und auf deren Verhalten in dem nicht vom Soldaten betriebenen Wehrbeschwerdeverfahren BVerwG 1 WB 50.22 , welches am 29. Mai 2024 von denselben Richtern verhandelt wurde und noch nicht entschieden ist. Zudem leitet er die Besorgnis der Befangenheit von Richter ... vor allem aus zwei Entscheidungen des 1. Wehrdienstsenats vom 7. Juli 2022 - BVerwG 1 WB 2.22 sowie BVerwG 1 WB 5.22 - (vgl. BVerwGE 176, 138) ab, an denen dieser mitgewirkt hat und in denen die Aufnahme der Impfung gegen den Covid-19-Erreger in das Basisimpfschema für rechtmäßig befunden worden ist. Sowohl die entschiedenen Fälle als auch die mündliche Verhandlung im Verfahren BVerwG 1 WB 50.22 belegten, dass den Fragen, wer wann über die Änderung des Basisimpfschemas entschieden habe, rechtswidrig nicht nachgegangen worden sei und dass die zuständigen Richter diesen Fragen auch nicht mehr nachgehen wollten. Letzteres folge auch daraus, dass im Verfahren BVerwG 1 WB 50.22 gesetzeswidrig ein Feststellungsinteresse verlangt werde. Auch dies verdeutliche, dass der Klärung der materiell-rechtlichen Fragen - insbesondere der ungeklärten Zuständigkeitsproblematik - ausgewichen werden solle. Es stehe zu befürchten, dass Richter ... beeinflusst durch die Art und Weise seiner Mitwirkung in den Verfahren BVerwG 1 WB 2.22 sowie BVerwG 1 WB 5.22 nicht unvoreingenommen über das Ablehnungsgesuch gegen die zuständigen Richter entscheiden werde.
3 3. Den Verfahrensbeteiligten ist die dienstliche Äußerung des Richters ... vom 14. August 2024 zur Kenntnis gebracht worden.
II
4 1. Der 1. Wehrdienstsenat entscheidet über das Ablehnungsgesuch gegen den Richter am Bundesverwaltungsgericht ... ohne dessen Mitwirkung und ohne Mitwirkung der sonstigen Richter des 1. Wehrdienstsenats – ..., ... und ... –, denn der Soldat hat gegen sie ebenfalls Befangenheitsanträge gestellt (§ 23a Abs. 1 WBO i. V. m. § 54 Abs. 1 VwGO, § 45 Abs. 1 ZPO).
5 2. Da der 1. Wehrdienstsenat durch seine regulären Mitglieder nicht mehr beschlussfähig ist, haben über das Ablehnungsgesuch gemäß C. III. 1. Satz 2 des Geschäftsverteilungsplanes des Bundesverwaltungsgerichts für das Geschäftsjahr 2024 (Geschäftsverteilungsplan) anstelle der Berufsrichter des 1. Wehrdienstsenats in Vertretung jene des 2. Wehrdienstsenats - Prof. Dr. Burmeister und Dr. Henke - zu befinden, wobei ... als Vorsitzender auch des 2. Wehrdienstsenats wegen des gegen ihn gerichteten Ablehnungsgesuchs von der Mitwirkung (erneut) ausgeschlossen ist. An seine Stelle tritt gemäß C. III. 4. des Geschäftsverteilungsplans Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden. Der Mitwirkung ehrenamtlicher Richter bedarf es nicht, weil im Ablehnungsverfahren keine abschließende Entscheidung zur Sache getroffen wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Oktober 2022 - 1 WB 48.22 - NVwZ 2023, 173 Rn. 26 m. w. N.).
6 3. Das Ablehnungsgesuch hat keinen Erfolg.
7 a) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob das Ablehnungsgesuch bereits unzulässig ist, weil der Kläger, abgesehen von der Mitwirkung des Richters ..., an den Beschlüssen in den Verfahren BVerwG 1 WB 2.22 und BVerwG 1 WB 5.22 entgegen § 23a Abs. 1 WBO i. V. m.§ 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 44 Abs. 2 Halbs. 1 ZPO keinen Ablehnungsgrund individuell bezogen auf den an der zu treffenden Entscheidung beteiligten Richter glaubhaft dargelegt hat (BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2022 - 9 A 12.21 - NVwZ 2022, 884 Rn. 20). Glaubhaft zu machen sind nach § 294 ZPO dabei tatsächliche Angaben, aus denen sich mit überwiegender Wahrscheinlichkeit die Besorgnis der Befangenheit ableitet (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - IX ZB 60/06 <KG> - NJW-RR 2007, 776 <777>; Münchener Kommentar zur ZPO, 6. Aufl. 2020, ZPO § 44 Rn. 8 f.).
8 Das Ablehnungsgesuch erschöpft sich in der Mutmaßung, der Richter ... werde die Besorgnis der Befangenheit bei den sonstigen Richtern des 1. Wehrdienstsenats deshalb nicht bejahen, weil er selbst an den - vermeintlich - fehlerhaften Entscheidungen des 1. Wehrdienstsenats vom 7. Juli 2022 mitgewirkt habe, in denen unter Verstoß gegen den Untersuchungsgrundsatz namentlich nicht der Frage nachgegangen worden sei, ob tatsächlich exklusiv die seinerzeitige Bundesministerin der Verteidigung die Änderung des Basisimpfschemas verfügt habe. Angesichts des richterlichen Beratungsgeheimnisses kann der Soldat des Weiteren nur mutmaßen, Richter ... habe den Rechtsstandpunkt des Senats geteilt und die Anforderung eines Dokuments, das über die Entscheidung der Bundesministerin der Verteidigung Aufschluss gibt, ebenfalls nicht für erforderlich erachtet. Tatsächliche Anhaltspunkte, die seinen Mutmaßungen Substanz verleihen und die Vermutung richterlicher Unparteilichkeit widerlegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Oktober 2022 - 1 WB 48.22 - NVwZ 2023, 173 Rn. 32, EGMR, Urteil vom 16. Februar 2021 - 1128/17 - NJW 2021, 2947 Rn. 45), werden nicht vorgetragen.
9 b) Das Ablehnungsgesuch ist jedenfalls unbegründet.
10 Bei dem Richter liegen weder gesetzliche Ausschließungsgründe nach § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 41 ZPO, § 54 Abs. 2 VwGO, (BVerwG, Beschlüsse vom 30. Januar 2018 - 1 WB 12.17 - juris Rn. 5 und vom 11. März 2021 - 1 WB 27.20 - juris Rn. 5) vor noch ist seine Ablehnung wegen der Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt. Einen Ausschluss aus sonstigen Gründen verbietet der Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG; BVerwG, Beschlüsse vom 18. August 2022 - 1 WB 46.22 , 1 W-VR 15.22 - juris Rn. 8 und vom 5. Oktober 2022 - 1 WB 48.22 - NVwZ 2023, 173 Rn. 43 m. w. N.).
11 aa) Nach § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO setzt die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit einen Grund voraus, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen, nicht hingegen, dass dieser tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Es genügt zwar, wenn vom Standpunkt eines Beteiligten aus hinreichend objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unparteilichkeit eines Richters zu zweifeln, mithin bereits der "böse Schein" besteht. Die ausschließlich subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht indes nicht aus (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. August 2022 - 1 WB 46.22 , 1 W-VR 15.22 - juris Rn. 9 m. w. N.). Der Standpunkt dessen, der die Parteilichkeit geltend macht, ist nicht ausschlaggebend; entscheidend ist vielmehr, ob seine Befürchtung auch objektiv berechtigt ist (EGMR, Urteil vom 16. Februar 2021 - 1128/17 - NJW 2021, 2947 Rn. 46). Hiernach ist eine Besorgnis der Befangenheit zu verneinen.
12 bb) Das Ablehnungsverfahren dient nicht dazu, richterliche Entscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen oder einem Verfahrensbeteiligten eine Handhabe zu geben, in dem von ihm betriebenen Verfahren einen seinem Anliegen gewogenen Richter auszuwählen. Es soll Verfahrensbeteiligte ausschließlich vor einer persönlichen Voreingenommenheit des Richters, nicht aber vor der Rechtsanwendung des Richters schützen. Deshalb kann allein aus der richterlichen Vorbefassung mit einer auch im anhängigen Verfahren entscheidungserheblichen Rechtsfrage grundsätzlich keine Besorgnis der Befangenheit abgeleitet werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. August 2022 - 1 WB 46.22 , 1 W-VR 15.22 - juris Rn. 10 m. w. N.). Dies gilt auch angesichts der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Urteil vom 16. Februar 2021 - 1128/17 - NJW 2021, 2947 Rn. 48; betreffend die Vorbefassung eines Strafrichters, OLG Oldenburg, Beschluss vom 10. Juni 2022 - 1 Ws 203/22, 1 Ws 204/22 - NJW 2022, 2631 Rn. 10), da Richter ... nicht am bereits verhandelten Verfahren BVerwG 1 WB 50.22 mitgewirkt hat.
13 cc) Auch der Umstand, dass der 1. Wehrdienstsenat in den Verfahren BVerwG 1 WB 2.22 sowie BVerwG 1 WB 5.22 das Originaldokument über die originäre Entscheidung der Bundesministerin der Verteidigung nicht angefordert hat, begründet nicht die Besorgnis der Befangenheit. Denn es liegt schon kein Verstoß gegen § 18 Abs. 2 Satz 1 WBO vor, der allenfalls bei willkürlicher Handhabung eine solche Besorgnis indizieren könnte. Die Aufklärungspflicht besteht in dem Umfang, wie er zur Aufklärung eines Sachverhalts erforderlich ist (Dau/Scheuren, WBO, 8. Aufl., § 18 Rn. 19). Die Aufklärung eines bis dato unstreitigen Umstandes drängte sich seinerzeit mangels Anhaltspunkten für die Anordnung durch eine dritte Person nicht auf (BVerwG, Beschluss vom 28. Mai 2013 - 7 B 46.12 - juris Rn. 4), so dass es sich innerhalb pflichtgemäßen Ermessens (BVerwG, Beschluss vom 30. Juni 2014 - 4 B 51.13 - juris Rn. 4 m. w. N.) bewegte, in den Verfahren BVerwG 1 WB 2.22 und BVerwG 1 WB 5.22 eine Aufklärung insoweit nicht für erforderlich zu erachten. Nachdem im noch anhängigen Verfahren BVerwG 1 WB 50.22 diesbezügliche Zweifel geäußert worden sind, hat der 1. Wehrdienstsenat - ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 29. Mai 2024 - dem durch eine Anforderung der Anordnung der Ministerin vom 24. November 2021 Rechnung getragen, was zusätzlich die Annahme des Soldaten widerlegt, das Gericht verschließe sich entscheidungserheblichen Tatumständen.
14 dd) Umstände, die dafür streiten könnten, dass der dem Richter ... unterstellte Verstoß gegen den Untersuchungsgrundsatz jenseits der bereits erörterten Umstände auf persönlicher Voreingenommenheit dem Soldaten gegenüber beruht, sind ebenfalls nicht ersichtlich.
Beschluss vom 28.08.2024 -
BVerwG 1 WB 40.23ECLI:DE:BVerwG:2024:280824B1WB40.23.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 28.08.2024 - 1 WB 40.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:280824B1WB40.23.0]
Beschluss
BVerwG 1 WB 40.23
In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Burmeister und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Henke
am 28. August 2024 beschlossen:
Das gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht ..., die Richterin am Bundesverwaltungsgericht ... und den Richter am Bundesverwaltungsgericht ... gerichtete Ablehnungsgesuch wird zurückgewiesen.
Gründe
I
1 1. Mit dem unter dem 20. Juni 2024 gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht ..., die Richterin am Bundesverwaltungsgericht ... und den Richter am Bundesverwaltungsgericht ... gerichteten Ablehnungsgesuch wendet sich der Antragsteller gegen deren Mitwirkung in dem von ihm betriebenen Wehrbeschwerdeverfahren BVerwG 1 WB 40.23 . Gegenstand dieses Wehrbeschwerdeverfahrens bildet die Frage, ob die Aufnahme der Impfung gegen den Covid-19-Erreger in die Liste der Basisimpfungen in Nr. 2001 der Allgemeinen Regelungen (AR) A1-840/8-4000 (Basisimpfschema) rechtmäßig ist.
2 2. Der Antragsteller begründet die Besorgnis der Befangenheit mit dem Verhalten der drei Richter in dem von einem Dritten betriebenen Wehrbeschwerdeverfahren BVerwG 1 WB 50.22 , das am 29. Mai 2024 von denselben Richtern mündlich verhandelt wurde. Zudem leitet er sie aus Beschlüssen des 1. Wehrdienstsenats vom 7. Juli 2022 in den Verfahren BVerwG 1 WB 2.22 und BVerwG 1 WB 5.22 ab, in denen der Vorsitzende Richter ... und die Richterin ... mitgewirkt haben und in denen die Aufnahme der Impfung gegen den Covid-19-Erreger in das Basisimpfschema für rechtmäßig befunden wurde (vgl. BVerwGE 176, 138 ff.). Im Einzelnen:
3 In der mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2024 zu dem dieselbe Rechtsfrage betreffenden Verfahren BVerwG 1 WB 50.22 seien - ebenso wie in den Verfahren BVerwG 1 WB 2.22 und BVerwG 1 WB 5.22 - wesentliche Teile der Rechtmäßigkeitsprüfung unterlassen worden. Dies begründe die Besorgnis der Befangenheit der Richter auch im vorliegenden Verfahren. Ausweislich der dienstlichen Stellungnahmen des Vorsitzenden Richters ... und der Richterin ... seien in den Verfahren BVerwG 1 WB 2.22 , BVerwG 1 WB 5.22 und BVerwG 1 WB 50.22 keine Feststellungen zu der Frage getroffen worden, ob ein Dritter - und nicht die damalige Bundesministerin der Verteidigung - die Anordnung getroffen habe, die Covid-19-Impfung in das Basisimpfschema aufzunehmen, obgleich ein Zuständigkeitsmangel zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führe. Vielmehr hätten sowohl der Vorsitzende Richter ... als auch die Richterin ... in der mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2024 (BVerwG 1 WB 50.22 ) erklärt, ihnen habe die Anordnung der damaligen Bundesministerin für Verteidigung vom 24. November 2021 nicht vorgelegen. Darüber hinaus folge die Besorgnis der Befangenheit daraus, dass der Senat nicht geprüft habe, warum das Basisimpfschema bereits am 23. November 2021 geändert, die Anordnung der Verteidigungsministerin jedoch erst am 24. November 2021 getroffen worden sein solle. Da die Richter es versäumt hätten, diese Fragen zu klären, stehe zu befürchten, dass sie deren Klärung auswichen, indem sie bereits auf der prozessualen Ebene ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse verneinten. Dafür spreche zudem, dass sie in der mündlichen Verhandlung geäußert hätten, ein etwaiges Feststellungsinteresse könne überhaupt nur in Form eines Rehabilitationsinteresses bestehen, obwohl § 19 Abs. 1 Satz 2 WBO bei Dienstvorschriften mit Befehlscharakter gerade kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse verlange.
4 3. Zu den dienstlichen Äußerungen des Vorsitzenden Richters ... (vom 11. Juli 2024), der Richterin ... (vom 3. Juli 2024) und des Richters ... (vom 2. Juli 2024) hat der Antragsteller unter dem 9. August 2024 ergänzend vorgetragen, aus ihnen ergebe sich erneut eine defizitäre Prüfung.
5 Soweit der Richter ... ausführe, er habe sich über die aufgeworfenen Fragen des Antragstellers noch keine abschließende Meinung gebildet, suggeriere dies zwar, dass die Zuständigkeits- und Ermessensprüfung noch erfolgen solle oder erfolgt wäre; dies sei jedoch unglaubhaft, weil eine Zulässigkeitsprüfung stets vor der Prüfung der Begründetheit zu erfolgen habe. Könnten formelle Verfahrensfehler zu einer stattgebenden Entscheidung führen, seien die diesbezüglichen Tatsachen vorab von Amts wegen aufzuklären und die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zu fällen. Es sei mithin davon auszugehen, dass eine weitere Prüfung der entscheidungserheblichen Tatsachen unterbleibe.
6 Die Richterin ... und der Richter ... hätten in der mündlichen Verhandlung am 29. Mai 2024 auch zu verstehen gegeben, dass sie für die Feststellung der Rechtswidrigkeit der verfahrensgegenständlichen Duldungspflicht ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse für erforderlich hielten. Diese Frage sei jedoch - ausweislich des Schreibens des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 28. Juni 2024 im Verfahren BVerwG 1 WB 50.22 - umstritten, worauf unbefangene Richter hingewiesen hätten. Stattdessen würden die Richter dies contra legem fordern. Dass im Verfahren BVerwG 1 WB 50.22 nach Eingang der Stellungnahmen der Parteien nun über die fraglichen Rechtsfragen entschieden werden solle, ändere daran nichts.
7 Der dienstlichen Äußerung des Vorsitzenden Richters ... möge man zwar entnehmen, dass kein Vorsatz bestanden habe, bestimmte Fragen in den bisherigen Covid-19-Verfahren nicht zu prüfen; dies ändere jedoch nichts an der zumindest in den Verfahren BVerwG 1 WB 2.22 und BVerwG 1 WB 5.22 unterlassenen Zuständigkeits- und damit Rechtmäßigkeitsprüfung, womit eine vorsätzliche Verletzung der Amtsermittlungspflicht vorliege. Könnten formelle Verfahrensfehler zu einer stattgebenden Entscheidung veranlassen, seien - wie erwähnt - die diesbezüglichen Tatsachen vorab von Amts wegen aufzuklären. Die erkennbar hohe Wahrscheinlichkeit, dass auch in dem von ihm betriebenen Verfahren eine Rechtmäßigkeitsprüfung (teilweise) unterlassen werde, rechtfertige somit auch bei diesem Richter die Besorgnis der Befangenheit. Dies gelte umso mehr, als er in der mündlichen Verhandlung geäußert habe, es sei ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse erforderlich.
II
8 1. Der 1. Wehrdienstsenat entscheidet über das Ablehnungsgesuch ohne Mitwirkung der ihm angehörenden Richter ..., ... und ..., da gegen sie die Besorgnis der Befangenheit geltend gemacht wird (§ 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 54 Abs. 1 VwGO, § 45 Abs. 1 ZPO).
9 2. Da damit dem 1. Wehrdienstsenat lediglich noch der - ausweislich des Beschlusses des 1. Wehrdienstsenats vom 27. August 2024 - BVerwG 1 WB 40.23 - nicht wegen Besorgnis der Befangenheit ausgeschlossene - Richter ... angehört, haben über das Ablehnungsgesuch gemäß C. III. 1. Satz 2 des Geschäftsverteilungsplans des Bundesverwaltungsgerichts für das Geschäftsjahr 2024 ergänzend vertretungsweise die Berufsrichter des 2. Wehrdienstsenats - Prof. Dr. Burmeister und Dr. Henke - zu befinden. Der Mitwirkung ehrenamtlicher Richter bedarf es nicht, weil im Ablehnungsverfahren keine abschließende Entscheidung zur Sache getroffen wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. Oktober 2022 - 1 WB 48.22 - NVwZ 2023, 173 Rn. 26 m. w. N.).
10 3. Das Ablehnungsgesuch hat keinen Erfolg.
11 a) Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die für befangen erachteten Richter berechtigt gewesen wären, gleichwohl in der Sache zu entscheiden. Denn das sich gegen den ganzen Spruchkörper richtende Ablehnungsgesuch wird im Wesentlichen damit begründet, dass die Richter eine Vorentscheidung getroffen oder Handlungen vorgenommen haben, die nach der Prozessordnung vorgeschrieben sind oder sich aus der Stellung des Richters ergeben (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 20. April 2018 - L 12 AS 235/17 - juris Rn. 28; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 5. Oktober 2022 - 1 WB 48.22 - NVwZ 2023, 173 Rn. 29 ff.).
12 b) Jedenfalls ist es unbegründet.
13 Bei den Richtern liegen weder gesetzliche Ausschließungsgründe nach § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO i. V. m. § 54 Abs. 1 VwGO, § 41 ZPO und § 54 Abs. 2 VwGO (BVerwG, Beschlüsse vom 30. Januar 2018 - 1 WB 12.17 - juris Rn. 5 und vom 11. März 2021 - 1 WB 27. 20 - juris Rn. 5) vor, noch ist deren Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit gerechtfertigt. Einen Ausschluss aus sonstigen Gründen verbietet der Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG; BVerwG, Beschlüsse vom 18. August 2022 - 1 WB 46.22 , 1 W-VR 15.22 - juris Rn. 8 und vom 5. Oktober 2022 - 1 WB 48.22 - NVwZ 2023, 173 Rn. 43 m. w. N.).
14 aa) Nach dem gemäß § 23a Abs. 2 Satz 1 WBO entsprechend anwendbaren § 54 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 42 Abs. 2 ZPO setzt die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit einen Grund voraus, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen, nicht hingegen, dass dieser tatsächlich befangen, voreingenommen oder parteiisch ist. Es genügt zwar, wenn vom Standpunkt eines Beteiligten aus gesehen hinreichend objektive Gründe vorliegen, die bei vernünftiger Würdigung aller Umstände Anlass geben, an der Unparteilichkeit eines Richters zu zweifeln, mithin bereits der "böse Schein" besteht. Die ausschließlich subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht indes nicht aus (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. August 2022 - 1 WB 46.22 , 1 W-VR 15.22 - Rn. 9 m. w. N.). Der Standpunkt dessen, der die Parteilichkeit geltend macht, ist nicht ausschlaggebend; entscheidend ist vielmehr, ob seine Befürchtung auch objektiv berechtigt ist (EGMR, Urteil vom 16. Februar 2021 - 1128/17 - NJW 2021, 2947 Rn. 46). Hiernach ist eine Besorgnis der Befangenheit zu verneinen.
15 bb) Das Ablehnungsverfahren dient nicht dazu, richterliche Entscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen oder einem Verfahrensbeteiligten eine Handhabe zu geben, in dem von ihm betriebenen Verfahren einen seinem Anliegen gewogenen Richter auszuwählen, der seine Rechtsauffassung teilt. Es soll Verfahrensbeteiligte ausschließlich vor einer persönlichen Voreingenommenheit des Richters, nicht aber vor der Rechtsanwendung durch den Richter schützen. Deshalb kann allein aus der richterlichen Vorbefassung mit einer auch im anhängigen Verfahren entscheidungserheblichen Rechtsfrage grundsätzlich keine Besorgnis der Befangenheit abgeleitet werden (BVerwG, Beschluss vom 18. August 2022 - 1 WB 46.22 , 1 W-VR 15.22 - juris Rn. 10 m. w. N.). Dies gilt auch angesichts der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (Urteil vom 16. Februar 2021 - 1128/17 - NJW 2021, 2947 Rn. 48; betreffend die Vorbefassung eines Strafrichters OLG Oldenburg, Beschluss vom 10. Juni 2022 - 1 Ws 203/22, 1 Ws 204/22 - NJW 2022, 2631 Rn. 10).
16 (1) Folglich begründet keine Besorgnis der Befangenheit, dass die für befangen erachteten hauptamtlichen Richter bei früheren Beschlüssen über die Aufnahme der Covid-19-Impfung in das Basisimpfschema nicht das entsprechende Originaldokument der Bundesministerin für Verteidigung angefordert haben und nicht der Frage einer zeitlich stimmigen Umsetzung dieser Anordnung nachgegangen sind. Denn es liegt schon kein Verstoß gegen § 18 Abs. 2 Satz 1 WBO vor, der allenfalls bei willkürlicher Handhabung eine solche Besorgnis indizieren könnte. Die Aufklärungspflicht besteht in dem Umfang, wie er zur Entscheidung erforderlich ist (Dau/Scheuren, WBO, 8. Aufl. 2024, § 18 Rn. 19). Die Aufklärung bis dato unstreitiger Umstände drängte sich seinerzeit mangels Anhaltspunkten für die Anordnung durch eine dritte Person nicht auf (BVerwG, Beschluss vom 28. Mai 2013 - 7 B 46.12 - juris Rn. 4), so dass es sich innerhalb pflichtgemäßen Ermessens (BVerwG, Beschluss vom 30. Juni 2014 - 4 B 51.13 - juris Rn. 4 m. w. N.) bewegte, in den Verfahren BVerwG 1 WB 2.22 und BVerwG 1 WB 5.22 eine Aufklärung insoweit nicht für erforderlich zu erachten. Nachdem im noch anhängigen Verfahren BVerwG 1 WB 50.22 diesbezügliche Zweifel geäußert worden sind, hat der 1. Wehrdienstsenat ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 29. Mai 2024 dem durch die Anforderung der Anordnung der Ministerin vom 24. November 2021 Rechnung getragen, was zusätzlich die Annahme des Soldaten widerlegt, die Richter verschlössen sich bewusst Umständen, denen ein Verfahrensbeteiligter Bedeutung beimisst.
17 (2) Dasselbe gilt für die Rüge, die Richter wollten der Klärung der Zuständigkeitsfrage gezielt dadurch ausweichen, dass sie ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse forderten. Ungeachtet dessen, dass auch hier lediglich eine fehlerhafte Rechtsanwendung gerügt wird, beruht die Rüge auf einem unzutreffenden Rechtsverständnis des Antragstellers. Denn die Zulässigkeitsprüfung, zu der bei einem Fortsetzungsfeststellungsbegehren grundsätzlich auch das Fortsetzungsfeststellungsinteresse zählen kann, ist vorgreiflich der Begründetheitsprüfung, innerhalb derer erst dann der Frage nachzugehen ist, ob eine Maßnahme von der zuständigen Stelle angeordnet wurde.
18 (3) Entsprechendes gilt für die Rüge, zu Unrecht werde ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse verlangt. Die wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnten Richter haben insoweit in der mündlichen Verhandlung zum Verfahren BVerwG 1 WB 50.22 als ihre vorläufige Rechtsauffassung zum Ausdruck gebracht, dass es sich bei der Änderung des Basisimpfschemas nicht um einen Befehl, bei dem nach § 19 Abs. 1 Satz 2 WBO kein Fortsetzungsfeststellungsinteresse erforderlich ist, sondern um eine andere Maßnahme handele, bei der gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO ein berechtigtes Interesse an der Feststellung Voraussetzung ist. Rechtsstaatliche Erfordernisse und namentlich der Anspruch auf rechtliches Gehör gebieten es insoweit geradezu, die Verfahrensbeteiligten auf diese gerichtliche Einschätzung hinzuweisen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 27. September 2018 - 1 BvR 426/13 - juris Rn. 2; siehe auch § 265 Abs. 2 Nr. 3 StPO).
19 (4) Konkrete Umstände, die dafür streiten könnten, dass die Rechtsauffassung der Richter auf einer persönlichen Voreingenommenheit dem Soldaten gegenüber beruht, sind ebenfalls nicht ersichtlich.
Beschluss vom 26.09.2024 -
BVerwG 1 WB 40.23ECLI:DE:BVerwG:2024:260924B1WB40.23.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 26.09.2024 - 1 WB 40.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:260924B1WB40.23.0]
Beschluss
BVerwG 1 WB 40.23
In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Koch,
den ehrenamtlichen Richter Oberst i.G. Dr. Weber
den ehrenamtlichen Richter Stabsunteroffizier Marx
am 26. September 2024 beschlossen:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe
I
1 Das Verfahren betrifft die Verpflichtung zur Duldung einer COVID-19-Impfung.
2 Der 19... geborene Antragsteller trat 2016 in die Bundeswehr ein und ist seit 2017 Soldat auf Zeit. Er wurde zuletzt im Jahre 2021 zum Unteroffizier befördert. Mit Verfügung des Kommandeurs ... vom 1. Februar 2023 wurde gegen den Antragsteller ein gerichtliches Disziplinarverfahren eingeleitet, weil er im zweiten Quartal des Jahres 2022 zweimal einen Befehl verweigert habe, nach einem Aufklärungsgespräch durch den zuständigen Truppenarzt die COVID-19-Impfung zu dulden. Ein am 19. Juli 2023 gegen den Soldaten ausgesprochenes Verbot der Dienstausübung wurde am 6. Dezember 2023 aufgehoben. Die Dienstzeit des Antragstellers wird voraussichtlich am 31. Juli 20... enden.
3 Mit Wirkung vom 24. November 2021 trat im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung nach Beteiligung des Gesamtvertrauenspersonenausschusses, des Hauptpersonalrates und der Hauptschwerbehindertenvertretung eine Änderung der Allgemeinen Regelung (AR) A1-840/8-4000 "Impf- und ausgewählte Prophylaxemaßnahmen - Fachlicher Teil" in Kraft. Dadurch wurde die Impfung gegen den COVID-19-Erreger in die Liste der Basisimpfungen in Nr. 2001 AR A1-840/8-4000 aufgenommen. Nach Nr. 1080 AR A1-840/8-4000 erfordern die COVID-19-Impfstoffe eine oder zwei Teilimpfungen sowie Auffrischimpfungen gemäß den aktuellen nationalen Empfehlungen. Nach Nr. 2023 und 2024 AR A1-840/8-4000 ist für alle Kräfte (Einheiten und Einzelpersonen), die für Hilfs- und Unterstützungsleistungen im Inland eingesetzt werden - die sogenannten "Hilfs- und Katastrophenkräfte Inland" – die Basisimmunisierung erforderlich. Nr. 210 der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) A-840/8 "Impf- und weitere ausgewählte Prophylaxemaßnahmen" sieht vor, dass alle Soldaten die angewiesenen Impf- und Prophylaxemaßnahmen und Impfungen der "Hilfs- und Katastrophenkräfte Inland" zu dulden haben. Nach Nr. 406 ZDv A-840/8 sind damit alle aktiven Soldaten duldungspflichtig zu impfen, sofern in der Person des Soldaten keine individuelle medizinische Kontraindikation vorliegt.
4 Gegen die Änderungen der AR A1-840/8-4000 hat der Antragsteller am 4. Mai 2023 beim Bundesministerium der Verteidigung einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag am 29. September 2023 dem Senat mit einer Stellungnahme vorgelegt.
5 Mit Schreiben vom 4. Juni 2024 teilte das Bundesministerium der Verteidigung mit, dass der Wehrmedizinische Beirat unter dem 22. Mai 2024 für eine Herabstufung der bisherigen Duldungspflicht für alle Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr hin zu einer bloßen Empfehlung einer Impfung gegen COVID-19 votiert habe. Daraufhin habe das Kommando des Sanitätsdienstes der Bundeswehr eine Neubewertung vorgenommen und im Anschluss an das Votum des Wehrmedizinischen Beirats vorgeschlagen, die AR A1-840/8-4000 entsprechend zu ändern. Diesem Vorschlag ist der Bundesminister der Verteidigung am 28. Mai 2024 gefolgt und habe dessen Umsetzung eingeleitet. Vor diesem Hintergrund hat das Bundesministerium der Verteidigung dem Antragsteller zugesichert, ihn bis zu der beabsichtigten Änderung der AR A1-840/8-4000 nicht mehr durch Befehl einer Duldung der Impfung gegen COVID-19 auszusetzen, um eine Basisimmunisierung herzustellen.
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Der Antragsteller beantragt,
festzustellen, dass die Anordnung der Bundesverteidigungsministerin vom 24. November 2021, die COVID-19-Schutzimpfung in das Basisimpfschema der Bundeswehr "Allgemeine Regelung (AR) Impf- und ausgewählte Prophylaxemaßnahmen - Fachlicher Teil - A1-840/8-4000" aufzunehmen, rechtswidrig war.
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Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
8 Das Bundesministerium der Verteidigung tritt dem Antrag entgegen.
9 Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
10 Der Antrag hat keinen Erfolg; er ist bereits unzulässig.
11 1. Der ausdrücklich gegen die Anordnung der Bundesministerin der Verteidigung vom 24. November 2021 gerichtete Feststellungsantrag ist bereits deshalb unzulässig, weil es sich bei der ministeriellen Anordnung nicht um eine dienstliche Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO handelt.
12 a) Gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO (hier i. V. m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) kann mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nur geltend gemacht werden, dass eine dienstliche Maßnahme oder deren Unterlassung rechtswidrig sei.
13 Merkmal einer Maßnahme in diesem Sinne ist (u. a.), dass sie unmittelbar gegen den Soldaten gerichtet ist oder - obwohl an andere Soldaten gerichtet - in Form einer Rechtsverletzung oder eines Pflichtenverstoßes in seine Rechtssphäre hineinwirkt. Überlegungen, Bewertungen, Stellungnahmen oder Zwischenentscheidungen, die lediglich der Vorbereitung von truppendienstlichen Maßnahmen oder Personalmaßnahmen dienen, sind hingegen als Elemente innerdienstlicher Willens- und Meinungsbildung noch keine die Rechte eines Soldaten unmittelbar berührenden Maßnahmen; sie sind infolgedessen einer selbstständigen gerichtlichen Nachprüfung nicht zugänglich (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. Oktober 2012 - 1 WB 59.11 - juris Rn. 26 ff. und vom 21. März 2019 - 1 WB 38.18 - juris Rn. 12). Etwas anderes gilt nur für solche, eine andere Entscheidung vorbereitenden Maßnahmen, die diese wesentlich prägen (BVerwG, Beschluss vom 28. Februar 2019 - 1 WB 7.18 - juris Rn. 10).
14 b) Ausgehend von diesen Grundsätzen handelt es sich bei der Anordnung der Bundesministerin der Verteidigung vom 24. November 2021 lediglich um einen letzten Verfahrensschritt auf dem Weg zur Aufnahme der COVID-19-Impfung in die Liste der grundsätzlich verpflichtenden Basisimpfungen. Die Bundesministerin ersucht in dieser Anordnung lediglich intern ihren nachgeordneten Bereich um die erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen für die Aufnahme der SARS-CoV-2-Impfung in das duldungspflichtige Basisimpfschema. Erst mit der Einarbeitung dieser internen Willensentscheidung in das Regelwerk der Allgemeinen Regelung (AR) A1-840/8-4000 und mit der Zeichnung und Veröffentlichung der ausformulierten Änderungen ist eine extern wirkende dienstliche Maßnahme entstanden. Die interne Anweisung zu dieser Ausarbeitung und Veröffentlichung ist ebenso wenig wie die vorangegangene Beteiligung des Gesamtvertrauenspersonenausschusses gemäß § 38 Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 25 Abs. 3 Satz 1 Nr. 10 SBG oder die Anrufung des Schlichtungsausschusses nach § 38 Abs. 4 Satz 1 SBG eine nach außen wirkende dienstliche Maßnahme. Erst wenn das Bundesministerium der Verteidigung auf der Grundlage der Empfehlung des Schlichtungsausschusses nach § 38 Abs. 4 Satz 4 SBG endgültig entscheidet und eine neue Grundsatzregelung veröffentlicht, liegt eine nach außen wirksame, dienstliche Maßnahme vor.
15 2. Soweit sich der Antragsteller mit seinem Feststellungsantrag der Sache nach auch gegen die Aufnahme der COVID-19-Impfung in die Liste der grundsätzlich verpflichtenden Basisimpfungen wendet, erweist sich sein Begehren ebenfalls als unzulässig.
16 Hat sich eine truppendienstliche Maßnahme, die keinen Befehl im Sinne von § 2 Nr. 2 WStG darstellt, vor der gerichtlichen Entscheidung erledigt, so entscheidet das Wehrdienstgericht gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO, ob die Maßnahme rechtswidrig gewesen ist, wenn der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat. Diese Bestimmung verlangt zwar von dem jeweiligen Antragsteller nicht mehr die förmliche Stellung eines Feststellungsantrages. Dieser muss aber das Feststellungsinteresse substantiiert geltend machen (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 25. März 2010 - 1 WB 42.09 - NZWehrr 2010, 161 <161 f.> m. w. N.). Daran fehlt es hier.
17 Der Senat hat dem anwaltlich vertretenen Antragsteller mit Schreiben vom 5. Juni 2024 Gelegenheit gegeben, zu der Frage Stellung zu nehmen, ob er mit Blick auf die vom Bundesministerium der Verteidigung gegebene Zusicherung eine verfahrensbeendende Erklärung abgeben wolle. Der Antragsteller hat hierauf zwar mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 21. Juni 2024 einen Fortsetzungsfeststellungsantrag stellen lassen. In diesem Schreiben werden jedoch keine Umstände dargelegt, aus denen sich ein Feststellungsinteresse im Sinne des § 19 Abs. 1 Satz 3 WBO ergeben könnte. Ein derartiges Interesse ist auch sonst nicht ersichtlich. Eine Aufklärungspflicht hinsichtlich eines möglichen Feststellungsinteresses obliegt dem Senat nicht (s. dazu BVerwG, Beschluss vom 25. März 2010 - 1 WB 42.09 - NZWehrr 2010, 161 <162> m. w. N.). Ein Feststellungsinteresse ist auch nicht nach § 19 Abs. 1 Satz 2 WBO entbehrlich, weil die Aufnahme der COVID-19-Impfung in die Liste der Basisimpfungen keinen an den Antragsteller gerichteten Befehl enthält.