Verfahrensinformation

Mehrere Privatpersonen, ein Unternehmen, zwei Gemeinden und zwei anerkannte Naturschutzvereine (BUND und NABU) wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für einen Teilabschnitt der A 20 (Nord-West-Umfahrung Hamburg, Teilstrecke B 206 westlich Wittenborn bis B 206 westlich Weede auf dem Gebiet der Stadt Bad Segeberg und der Hansestadt Lübeck). Der Abschnitt schließt an einen bereits unter Verkehr stehenden Abschnitt an. Die privaten Kläger sowie das Unternehmen - ein großes Möbelhaus - rügen eine unzureichende Berücksichtigung ihrer jeweils geltend gemachten Belange. Eine der beiden Gemeinden rügt eine Beeinträchtigung ihrer gemeindlichen Planungshoheit, die andere Gemeinde beklagt Beschränkungen für ihre Gemeindefeuerwehr. Die Naturschutzverbände rügen die Abschnittbildung und die Planrechtfertigung sowie Verstöße gegen nationales und europäisches Naturschutz- sowie Artenschutzrecht; das Vorhaben beeinträchtige zwei ausgewiesene Fauna-Flora-Habitat-Gebiete. Auch sei gegen das Gebot gerechter Abwägung verstoßen worden.



Pressemitteilung Nr. 77/2013 vom 06.11.2013

A 20 bei Bad Segeberg darf bis auf Weiteres nicht weitergebaut werden

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute den Planfeststellungsbeschluss des Landesbetriebes Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein für den Neubau der Bundesautobahn A 20 im Abschnitt von Weede bis Wittenborn für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt.


Die A 20 verbindet als Ostseeautobahn das Autobahnkreuz Uckermark nahe der deutsch-polnischen Grenze bei Stettin mit Lübeck. In Schleswig-Holstein setzt sie sich als „Nord-West-Umfahrung Hamburg“ fort und soll später - mit einer Elbe-Querung bei Glückstadt - nach Niedersachsen verlängert werden. Von Lübeck kommend ist die Autobahn gegenwärtig bis Weede fertiggestellt und für den Verkehr freigegeben. Der streitgegenständliche Abschnitt schließt daran westlich an. Er umgeht Bad Segeberg ortsnah, kreuzt die A 21 (Hamburg-Kiel) und endet westlich von Wittenborn an der bestehenden B 206.


Das Bundesverwaltungsgericht hatte über die Klagen zweier Naturschutzverbände (BUND und NABU), zweier Gemeinden (Klein Gladebrügge und Wittenborn) sowie von Privatklägern zu entscheiden. Es hat den Klagen der Naturschutzverbände sowie der Klage der Gemeinde Klein Gladebrügge stattgegeben, die übrigen Klagen jedoch abgewiesen.


Erfolgreich waren zum einen die Angriffe der klagenden Naturschutzverbände gegen die Methode der Bestandserfassung der im Vorhabenbereich vorkommenden Fledermäuse. Die Autobahn führt im Abstand von nur ca. 1,5 km an dem FFH-Gebiet „Segeberger Kalkberghöhle" vorbei. Dabei handelt es sich um das größte bekannte Fledermausquartier Deutschlands mit mehr als 20 000 überwinternden Tieren. In den einschlägigen Arbeitshilfen und Leitfäden wird als Standardmethode zur Bestandserfassung von Fledermäusen eine Mischung aus Habitatanalyse und konkreten Geländeuntersuchungen mittels Detektoren, Horchboxen, Netzfängen etc. vorgesehen. Hiervon ist der Gutachter des Vorhabenträgers mit der von ihm gewählten Methode (sog. faunistische Potentialanalyse ohne nähere Vorort-Untersuchungen, kombiniert mit einem „Worst-case-Ansatz“) abgewichen. Das Gericht vermochte sich auch und gerade wegen der besonderen Bedeutung des betroffenen Fledermaushabitats nicht davon zu überzeugen, dass diese Methode den besten wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht. Denn die in der Landschaft vorgefundenen Strukturen können in ihrer Bedeutung für die Fledermäuse über- wie auch unterschätzt werden, wie sich hier am Beispiel einer zunächst übersehenen Flugroute auch tatsächlich bestätigt hat. Daher konnte das Gericht nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass das Vorhaben mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets „Segeberger Kalkberghöhle" verträglich ist.


Zum anderen haben sich die klagenden Naturschutzverbände mit Erfolg auf einen Fehler berufen, der der Planfeststellungsbehörde bei der Auswahl der Plantrasse gegenüber möglichen Alternativtrassen unterlaufen ist. Da der Planfeststellungsbeschluss hinsichtlich eines weiteren FFH-Gebietes („Travetal“) selbst von einer erheblichen Beeinträchtigung prioritärer Lebensraumtypen ausgeht, hatte die Behörde zu überprüfen, ob sich das Planungsziel an einem günstigeren Standort bzw. mit geringerer Eingriffsintensität verwirklichen lässt. Dies ist hier nicht in ausreichendem Maße geschehen. Zwar durfte sich die Behörde aus von ihr näher dargelegten - insbesondere städtebaulichen - Gründen gegen die Variante einer Stadtautobahn durch Bad Segeberg entscheiden. Dagegen durften Trassenvarianten südlich der Plantrasse nicht ohne Weiteres ausgeschieden werden. Ob und inwieweit ökologische oder verkehrstechnische Gründe solche Trassenführungen ausschließen, hätte einer genaueren Untersuchung bedurft.


Die festgestellten Defizite bei der Alternativenprüfung verhalfen im Ergebnis auch der Klage der Gemeinde Klein Gladebrügge zum Erfolg. Die Klagen der Gemeinde Wittenborn und der privaten Kläger, die jeweils eigenständige begrenzte Ziele verfolgten (Befahrbarkeit eines dafür nicht vorgesehenen Durchlasses mit Feuerwehrfahrzeugen; Aufhebung einer Ausgleichsmaßnahme) waren dagegen unbegründet.


BVerwG 9 A 9.12 - Urteil vom 06. November 2013

BVerwG 9 A 11.12 - Urteil vom 06. November 2013

BVerwG 9 A 13.12 - Urteil vom 06. November 2013

BVerwG 9 A 14.12 - Urteil vom 06. November 2013


Urteil vom 06.11.2013 -
BVerwG 9 A 11.12ECLI:DE:BVerwG:2013:061113U9A11.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 06.11.2013 - 9 A 11.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2013:061113U9A11.12.0]

Urteil

BVerwG 9 A 11.12

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 22. Oktober 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ und Prof. Dr. Korbmacher
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bick
am 6. November 2013 für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I

1 Die Klägerin wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. April 2012 für den Neubau der Bundesautobahn A 20, Nord-West-Umfahrung Hamburg, Teilstrecke B 206 westlich Wittenborn bis B 206 westlich Weede, soweit dieser - neben einer Vielzahl anderer Regelungen - zwei Kohärenzsicherungsmaßnahmen zum Ausgleich von erheblichen Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Travetal“ festsetzt. Die Klägerin ist Eigentümerin verschiedener Flurstücke in Flur ... der Gemarkung L., die für eine der beiden Maßnahmen („Kohärenzsicherungsmaßnahme an der Süderbeste“) in Anspruch genommen werden sollen; die betroffenen Flächen der Klägerin haben eine Größe von 1,2241 ha.

2 Der planfestgestellte Abschnitt weist eine Gesamtlänge von ca. 10 km auf. Die Trasse verläuft von Bad Segeberg/Weede (B 206) in westlicher Richtung als ortsnahe Südumfahrung von Bad Segeberg. Südwestlich von Bad Segeberg ist ein Brückenbauwerk von 250 m Länge, 55 m Breite und 19 m Höhe geplant (BW 5.08), durch das das FFH-Gebiet DE 2127-391 „Travetal“ gequert wird.

3 Die Vorhabenträgerin beantragte im September 2006 die Durchführung des Anhörungsverfahrens für eine im Wesentlichen der Linienbestimmung entsprechende Trassenführung; das Anhörungsverfahren wurde durchgeführt. Nachdem sich herausgestellt hatte, dass die Querung des FFH-Gebiets „Travetal“ zu einer erheblichen Beeinträchtigung prioritärer Vorkommen führen werde, beantragte die Vorhabenträgerin im August 2009 die Durchführung eines Planänderungsverfahrens. Die geänderten Unterlagen, die u.a. die die Klägerin betreffende Kohärenzsicherungsmaßnahme enthielten, lagen in der Zeit vom 19. Oktober bis 19. November 2009 bzw. vom 9. November bis 9. Dezember 2009 öffentlich aus. Die Frist zur Abgabe einer Stellungnahme endete am 17. Dezember 2009 bzw. am 6. Januar 2010.

4 Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nahm für die namentlich bezeichneten drei Gesellschafter der Klägerin „als Eigentümer der in der Gemarkung L., Flur ... als Ausgleichsflächen vorgesehenen Flächen“ zu der Planung in einer am 18. Dezember 2009 eingegangenen Einwendung Stellung; ein Hinweis auf die Gesellschaft erfolgte nicht. Er machte im Wesentlichen geltend, die Flächen seien nicht zur Kohärenzsicherung geeignet. Es seien keine Aufwertungsmaßnahmen erkennbar, auch lägen die Flächen 30 km oder mehr von der Eingriffsfläche entfernt. Zudem gebe es diverse besser geeignete Flächen im Umfeld, die zum Teil sogar im Eigentum der öffentlichen Hand stünden. Im Übrigen würden die betroffenen Flächen im Zusammenhang mit den angrenzenden Gebieten zur Eigenjagd genutzt. Schließlich benötigten die Kläger die Flächen, wenn und soweit sie tatsächlich als geeignete Ausgleichsflächen angesehen werden könnten, selbst für etwaige Ausgleichsmaßnahmen.

5 Die Einwendung wurde am 15. Juni 2010 erörtert. Dabei erläuterte der Vorhabenträger, dass in Abstimmung mit den Naturschutzbehörden in ganz Schleswig-Holstein eine Standortsuche betrieben worden sei, um den beeinträchtigten Lebensraumtyp des Travetals zu finden. Im Ergebnis sei der Bereich Süderbeste als der geeignetste Komplex bewertet worden, da dort ein Bestand vorhanden sei, wie er auch am Eingriffsort vorkomme, und zwar in einem ausgereiften Zustand, der keiner weiteren Maßnahmen bedürfe. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin wies in dem Erörterungstermin darauf hin, dass einer Abgabe der Flächen im Tausch gegen das Flurstück ..., Flur ..., Gemarkung T. (H.) zugestimmt werden könne.

6 Mit Beschluss vom 30. April 2012 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau der A 20, Teilstrecke B 206 westlich Wittenborn bis B 206 westlich Weede fest. Der Planfeststellungsbeschluss nimmt hinsichtlich des FFH-Gebiets „DE 2127-391 Travetal“ eine erhebliche Beeinträchtigung des Waldgürtels am Osthang der Trave (Lebensraumtypen <LRT> 9130, 9160, *9180, *7220 und *91E0) durch verschiedene Wirkfaktoren (Flächenverlust, Zerschneidung, Störungen und Stickstoffbelastungen) an, lässt das Vorhaben aber nach § 34 Abs. 3 BNatSchG unter Hinweis auf verkehrliche Belange zu. Zum Ausgleich sind zwei Kohärenzsicherungsmaßnahmen - die die Klägerin betreffende Kohärenzsicherungsmaßnahme an der Süderbeste sowie eine weitere Maßnahme in einem Traveseitental - festgelegt. Die Kohärenzsicherungsmaßnahmen sind nach Nebenbestimmung 2.3.8 Nr. 9 des Planfeststellungsbeschlusses entsprechend der Beschreibung in den Unterlagen, die die deutschen Behörden der Europäischen Kommission übermittelt haben, durchzuführen und zu überwachen. Der Kommission ist zudem ein ausführlicher Bericht vorzulegen.

7 Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat am 31. Mai 2012, erneut ohne auf die Gesellschaft hinzuweisen, namens und in Vollmacht der drei im Rubrum genannten Gesellschafter Klage erhoben.

8 Zur Begründung wiederholt er das Vorbringen aus der Einwendung. Ergänzend weist er darauf hin, dass die Kläger auf den beiderseits angrenzenden Flächen ein Gestüt betreiben. Die streitbetroffenen Flächen seien für die bessere Nutzung der bereits vorhandenen Infrastruktur (Reiten, Jagd) und wegen der Werterhöhung der größeren Fläche von hoher Bedeutung. Das in der Einwendung bezeichnete Flurstück ..., Flur ..., Gemarkung T. (Waldfläche, H.) sei etwa gleich groß und wenigstens ebenso zum Ausgleich geeignet wie die klägerischen Flurstücke.

9 Die Klägerin beantragt,
festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau der Bundesautobahn A 20, Nord-West-Umfahrung Hamburg, Teilstrecke B 206 westlich Wittenborn bis B 206 westlich Weede vom 30. April 2012 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 16. Oktober 2013 und der in der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2013 erklärten Ergänzungen rechtswidrig und nicht vollziehbar ist, bis die Mängel durch ein ergänzendes Verfahren behoben sind.

10 Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

11 Er hält den Planfeststellungsbeschluss einschließlich der darin festgesetzten Kohärenzsicherungsmaßnahmen für rechtmäßig. Die Behauptung, es gebe besser geeignete Flächen, bleibe zu unbestimmt; das einzig konkret genannte Flurstück ... der Flur ..., Gemarkung T. sei ungeeignet. Ob - wie befürchtet - die Jagd beeinträchtigt werde, stehe bisher nicht fest, da ein Managementplan noch erstellt werden müsse. Hinsichtlich der eingewendeten Wertminderung verweist der Beklagte auf das entschädigungsrechtliche Verfahren.

12 Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung verschiedene die Kohärenzsicherungsmaßnahmen betreffende Erklärungen zu Protokoll gegeben; insbesondere hat er in Änderung des Grunderwerbsverzeichnisses Seite 162 erklärt, dass die dort genannten Grundstücke der Klägerin nicht mehr vollumfänglich erworben werden, sondern lediglich mit einer Dienstbarkeit zur Umsetzung der Kohärenzsicherungsmaßnahme „Süderbeste“ belastet werden sollen, d.h. nicht mehr zu den „zu erwerbenden Flächen“, sondern zu den „dauernd zu beschränkenden Flächen“ zählen (vgl. Anlage 4 zum Protokoll).

II

13 1. Der Senat hat das Aktivrubrum von Amts wegen geändert, nachdem sich inzwischen herausgestellt hat, dass Eigentümer der Flurstücke nicht die in der Einwendung und in der Klageschrift namentlich genannten drei Personen sind; vielmehr ist Eigentümerin die aus diesen drei Personen bestehende GbR L., Hamburg. Die Grundbuchumschreibung fand bereits im Juni 2004 - ohne Eigentumswechsel - statt. Auch eine Parteibezeichnung in einer Klageschrift ist grundsätzlich auslegungsfähig. Dabei ist auf das Verständnis aus der Sicht der Empfänger, also des Gerichts und des Beklagten, abzustellen (Beschluss vom 22. März 2001 - BVerwG 8 B 262.00 - Buchholz 310 § 82 VwGO Nr. 20 m.w.N.). Danach war hier eine Rubrumsänderung geboten, da die Klage - ebenso wie schon die vorangegangene Einwendung - erkennbar von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als der „wahren“ Grundstückseigentümerin erhoben werden sollte. Hiervon ist auch der Beklagte ausgegangen, denn er hat die Einwendung nicht zurückgewiesen, sondern diese mit dem Prozessbevollmächtigten der Einwender erörtert, obwohl ihm aufgrund der Entschlüsselungsliste bekannt war, dass Eigentümerin der Flurstücke die Gesellschaft war.

14 2. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

15 Die von der Klägerin gegen den Planfeststellungsbeschluss mit Einwendung (§ 17a Nr. 7 Satz 1 FStrG) und Klage geltend gemachten Fehler liegen sämtlich nicht vor.

16 a) Die Klägerin macht zu Unrecht geltend, dass die festgesetzte Kohärenzsicherungsmaßnahme an der Süderbeste wegen der räumlichen Entfernung zum Eingriffsort und wegen fehlender Aufwertungsmaßnahmen ungeeignet ist. Das Vorbringen der Klägerin deckt sich insoweit mit dem Vorbringen der Kläger im Parallelverfahren BVerwG 9 A 14.12 . Der Senat nimmt zur Begründung auf die nachfolgenden Ausführungen aus dem Urteil zum genannten Verfahren vom heutigen Tage Bezug:
4. Die nach § 34 Abs. 5 BNatSchG festgesetzten Maßnahmen sichern die Kohärenz des FFH-Gebietsnetzes.
Wird ein Projekt nach § 34 Abs. 3 und 4 BNatSchG zugelassen, sind nach § 34 Abs. 5 BNatSchG die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die durch die Beeinträchtigung entstehende Funktionseinbuße im FFH-Gebiet ist durch Maßnahmen, die zu dem Projekt hinzutreten, zu kompensieren. Die Ausgestaltung der Kohärenzsicherungsmaßnahmen hat sich funktionsbezogen an der jeweiligen Beeinträchtigung auszurichten, derentwegen sie ergriffen wird. Sie muss die beeinträchtigten Lebensräume und Arten in vergleichbaren Dimensionen erfassen, sich auf die gleiche biogeographische Region im gleichen Mitgliedstaat beziehen und Funktionen vorsehen, die mit den Funktionen, aufgrund deren die Auswahl des ursprünglichen Gebiets begründet war, vergleichbar sind (EU-Kommission, Natura 2000 - Gebietsmanagement - Die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG, 2000, S. 49 ff.). Zu den Maßnahmen gehören die Wiederherstellung oder die Verbesserung des verbleibenden Lebensraums oder die Neuanlage eines Lebensraums, der in das Netz „Natura 2000“ einzugliedern ist (EU-Kommission, Auslegungsleitfaden zu Artikel 6 Absatz 4 der „Habitat-Richtlinie“ 92/43/EWG, Januar 2007, S. 11, 16 und 21, künftig: EU-Auslegungsleitfaden; vgl. auch Urteile vom 6. November 2012 - BVerwG 9 A 17.11 - BVerwGE 145, 40 Rn. 82 f. und vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 Rn. 199 = Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 30). Der Ausgleich zur Kohärenzsicherung muss nicht notwendig unmittelbar am Ort der Beeinträchtigung erfolgen; es reicht vielmehr aus, dass die Einbuße ersetzt wird, die das Gebiet hinsichtlich seiner Funktion für die biogeographische Verteilung der beeinträchtigten Lebensräume und Arten erleidet (EU-Auslegungsleitfaden S. 20 f.). In zeitlicher Hinsicht muss zumindest sichergestellt sein, dass das Gebiet unter dem Aspekt des beeinträchtigten Erhaltungsziels nicht irreversibel geschädigt wird (Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 Rn. 148 = Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 26). Ist das gewährleistet, lässt sich die Beeinträchtigung aber - wie im Regelfall - nicht zeitnah ausgleichen, so ist es hinnehmbar, wenn die Kohärenzsicherungsmaßnahmen rechtzeitig bis zur Vollendung des Vorhabens ergriffen, die Funktionseinbußen hingegen erst auf längere Sicht wettgemacht werden (Urteile vom 6. November 2012 a.a.O. Rn. 82 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 200).
Die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme ist ausschließlich nach naturschutzfachlichen Maßstäben zu beurteilen. An die Beurteilung sind weniger strenge Anforderungen zu stellen als an diejenigen der Eignung von Schadensvermeidungs- und Minderungsmaßnahmen. Während für letztere der volle Nachweis ihrer Wirksamkeit zu fordern ist, weil sich nur so die notwendige Gewissheit über die Verträglichkeit eines Plans oder Projekts gewinnen lässt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 54 ff.), genügt es für die Eignung einer Kohärenzsicherungsmaßnahme, dass nach aktuellem wissenschaftlichen Erkenntnisstand eine hohe Wahrscheinlichkeit ihrer Wirksamkeit besteht. Anders als bei der Schadensvermeidung und -minderung geht es bei der Kohärenzsicherung typischerweise darum, Lebensräume oder Habitate wiederherzustellen oder neu zu entwickeln. Dieser Prozess ist in aller Regel mit Unwägbarkeiten verbunden. Deshalb lässt sich der Erfolg der Maßnahme nicht von vornherein sicher feststellen, sondern nur prognostisch abschätzen. Würde man gleichwohl die Gewissheit des Erfolgseintritts fordern, müsste eine positive Abwägungsentscheidung regelmäßig am Kohärenzerfordernis scheitern. Das widerspräche dem Regelungszweck des Art. 6 Abs. 4 Unterabs. 1 FFH-RL. Schon mit Rücksicht auf den prognostischen Charakter der Eignungsbeurteilung verfügt die Planfeststellungsbehörde bei der Entscheidung über Kohärenzsicherungsmaßnahmen über eine naturschutzfachliche Einschätzungsprärogative. Das Gericht hat seine Prüfung insoweit auf eine Vertretbarkeitskontrolle zu beschränken. Um sie vornehmen zu können, muss die Eingriffs- und Kompensationsbilanz im Planfeststellungsbeschluss nachvollziehbar offengelegt werden. Dafür genügt eine verbal-argumentative Darstellung, sofern sie rational nachvollziehbar ist und erkennen lässt, ob der Bilanzierung naturschutzfachlich begründbare Erwägungen zugrunde liegen (Urteil vom 6. November 2012 a.a.O. Rn. 83 m.w.N.).
Diesen Grundsätzen genügen die planfestgestellten Kohärenzsicherungsmaßnahmen, mit denen der erhebliche Eingriff in das FFH-Gebiet „Travetal“ ausgeglichen werden soll. Die Kritik der Kläger greift weder hinsichtlich der Kohärenzsicherungsmaßnahme „Seitental der Trave“ (a), noch bezüglich der Kohärenzsicherungsmaßnahme „Süderbeste“ (b) durch. Die naturschutzfachliche Einschätzung der Planfeststellungsbehörde, dass durch beide Maßnahmen gemeinsam der Zusammenhang des Netzes „Natura 2000“ gesichert wird, ist vertretbar (c).
a) Die Kohärenzsicherungsmaßnahme „Seitental der Trave“ ist am Höftgraben in einer Entfernung von ca. 1,5 km Luftlinie vom Eingriffsort geplant. Die derzeit am Maßnahmeort vorhandenen LRT *91E0 (Ausprägung als Quellwald), *9180 sowie LRT 9130 und 9160 sind hinsichtlich Alter und Entwicklungsstadien mit denen des Eingriffsgebiets vergleichbar. Durch ihre Lage im Biotopverbund der Trave haben sie sehr gute standörtliche Voraussetzungen, damit hier ein Lebensraumkomplex, bestehend aus LRT 9130, 9160 und *9180 durch Waldumbau und Waldentwicklungsmaßnahmen entstehen kann; der bereits vorhandene LRT *91E0 soll durch Umwandlung einer artenarmen Feuchtgrünlandfläche mit Flutrasenvegetation in einen Quell- und Auenwald entwickelt werden. Nach Durchführung der erforderlichen Entwicklungsmaßnahmen sollen die Wald-Lebensraumtypen sämtlich aus der forstwirtschaftlichen Nutzung genommen werden. Da die für die Kohärenzsicherung vorgesehene Fläche zugleich im Beeinträchtigungsband der A 20 liegen wird - der überwiegende Teil des Maßnahmegebiets befindet sich in einem Abstand von weniger als 100 m zur geplanten Trasse -, sieht die Planung verschiedene Maßnahmen vor, um der Stickstoffbelastung durch die Autobahn entgegenzuwirken. So ist nach Norden, also zur Trasse hin, die Anlage eines Immissionsschutzwalls sowie einer Immissionsschutzpflanzung vorgesehen. Zur südlich angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Offenlandschaft hin ist die Entwicklung einer Pufferzone (Anlage eines Knicks und eines Unterhaltungswegs) geplant, um stoffliche Einträge durch Einschwemmung und Einwehung von Ackerboden sowie Dünge- und Pflanzenschutzmitteln zu senken. Zur Sicherstellung des Erfolgs der Kohärenzsicherungsmaßnahme ist ein umfangreiches Monitoring vorgesehen, bei dem u.a. die Entwicklung und Funktionsfähigkeit der Immissionsschutzpflanzungen überprüft wird (vgl. zum Vorstehenden Planfeststellungsbeschluss S. 236 f. sowie Nebenbestimmungen 2.3.8 Nr. 11 und 12, Maßnahmenblätter A 9.2, 9.4, 9.5, 10.3 und 10.4 sowie Anhang IV zur FFH-Ausnahmeprüfung „Maßnahmen zur Kohärenzsicherung“ Mai 2009, künftig: Unterlage Kohärenzsicherung).
Der Senat weist zur Klarstellung darauf hin, dass die vorgesehenen Maßnahmen zur Stickstoffreduzierung nicht als Schadensvermeidungsmaßnahmen für die Beeinträchtigung des FFH-Gebiets „Travetal“ geplant sind. Als solche Schadensvermeidungsmaßnahme wurde allerdings - neben einer Einhausung - eine vergleichbare Maßnahme, nämlich eine beidseitige Verwallung mit einer Höhe von 10 m über Gradiente entlang der geplanten Trasse östlich der Travequerung näher untersucht. Letzteres wurde verworfen, weil deutliche Reduzierungen nur im absoluten Trassennahbereich erzielt werden könnten und derartige Anlagen zudem aus landschaftsplanerischen und Kostengründen kaum vertretbar seien (vgl. Erläuterungsbericht zur FFH-Ausnahmeprüfung S. 37 f.). Die hier in Rede stehenden Maßnahmen im Traveseitental (Immissionsschutzwall sowie Immissionsschutzpflanzung) können und sollen indes keinen unmittelbaren Ausgleich für im FFH-Gebiet „Travetal“ entstehende vorhabenbedingte Stickstoffbelastungen bewirken; schon wegen ihrer Entfernung zum Eingriffsort scheiden sie als Schadensvermeidungsmaßnahme aus. Sie sind vielmehr Bestandteil der Kohärenzsicherungsmaßnahme „Traveseitental“, die zum Ziel hat, den Habitatverbund des betroffenen Traveabschnitts durch die Integration des Seitentals der Trave in das Netz „Natura 2000“ zu erweitern. Dabei sollen Wall und Pflanzungen - sozusagen als Schadensvermeidungsmaßnahmen im Rahmen einer Kohärenzsicherungsmaßnahme - langfristig dafür sorgen, dass die Stickstoffeinträge zu keiner erheblichen Beeinträchtigung des neu zu meldenden FFH-Gebiets führen.
Die pauschale Kritik der Kläger, die vorgesehenen Schutzstreifen seien zu schmal, kann nicht überzeugen. Abgesehen davon, dass die in den Maßnahmenblättern A 9.4 und A 10.3 festgesetzten Schutzstreifen teilweise bis zu 20 m breit sind, wird in den Planungsunterlagen nachvollziehbar dargelegt, dass gerade in den ersten 50 bis 100 m vom Trassenbereich, d.h. unmittelbar hinter dem Gestaltungswall, die höchste Abschirmungswirkung gegeben ist. Da das Tal sehr schmal ist (50 bis 100 m) und weitgehend trassenparallel verläuft, wird der überwiegende Teil des Kohärenzgebiets in dem Bereich dieser größten Abschirmungswirkung liegen (Unterlage Kohärenzsicherung S. 10, 13). Zwar wurde die Stickstoffbelastung bzw. die aufgrund von Immissionsschutzwall und -pflanzungen zu erreichende Reduzierung nicht im Einzelnen untersucht; es lassen sich aber hinreichend aussagekräftige Rückschlüsse aus der bereits erwähnten Untersuchung zur Einhausung bzw. Verwallung ziehen.
b) Die Kohärenzsicherungsmaßnahme „Süderbeste“ ist ca. 30 km vom Eingriffsort entfernt im Tal der Süderbeste, einem Zufluss der Trave, in Lasbek im Kreis Stormarn geplant. Die große Entfernung hängt damit zusammen, dass die im Travetal beeinträchtigten Lebensraumtypen zum Teil sehr selten und in der Kombination der LRT 3260, *7220, 9130, *9180 und *91E0 in Schleswig-Holstein bisher nur im Travetal vertreten sind. Daher wurde für die Kohärenzsicherung eine landesweite Standortsuche durchgeführt. Die Maßnahmefläche ist insgesamt 19,2 ha groß, davon entfallen 17 ha auf alte Waldstandorte. Das Maßnahmegebiet umfasst eine in einen größeren Wald eingebettete Bachschlucht der Süderbeste; hier sind auf einer Fläche von 0,21 ha gut ausgebildete Kalktuffquellen des prioritären LRT *7220, sowie darüber hinaus der LRT 9130, grundwassergeprägte Eichen-Hainbuchenwälder des LRT 9160 sowie prioritäre Auenwälder des Typs *91E0 (Auenwälder mit Alnus glutinosa <Schwarzerle> und Fraxus excelsior <Gemeine Esche>) in quelliger und bachbegleitender Ausprägung vorhanden. Sämtliche Lebensraumtypen sind in ausgereiftem Zustand vorhanden. Auf dem nicht bewaldeten Teil des Flurstücks 10/2 ist zudem ein unter Biotopschutz stehender Binsen- und Simsenried auf einer Nasswiese ausgebildet sowie an den Grenzen zur landwirtschaftlichen Nutzung eine Feldhecke bzw. ein Knick mit waldmantelähnlichem Bestand, ebenfalls ein gesetzlich geschütztes Biotop. Herausragendes Merkmal des gesamten Maßnahmegebiets ist die Störungsarmut. Der vom Vorhaben ebenfalls beeinträchtigte LRT *9180 Schlucht- und Hangmischwälder ist an der Süderbeste zurzeit nicht ausgeprägt, aber standörtlich möglich. Die Bodenverhältnisse und die Krautschicht zeigen nach Einschätzung der Gutachter an, dass die typkennzeichnende Linde dort vorkommen könnte; die aktuelle Dominanz der Buche sei das Ergebnis der selektiven Buchenförderung durch Forstwirtschaft. Die Planung geht davon aus, dass sich die gewünschte Verbesserung des Erhaltungszustands im Umfeld der Kalktuffquellen durch den natürlichen Abgang der dort noch vorhandenen Fichten von selbst einstellen wird; die forstwirtschaftliche Nutzung sowie die Gewässerunterhaltung soll vollständig eingestellt werden (vgl. zum Vorstehenden Planfeststellungsbeschluss S. 237 f. und S. 852 sowie Nebenbestimmung 2.3.8 Nr. 13, Maßnahmenblatt A 32.1; sowie Unterlage Kohärenzsicherung S. 6 f. und S. 15 ff.).
Auch in Bezug auf diese Maßnahme greift die Kritik der Kläger nicht durch. Dass die Flächen bereits jetzt unter gesetzlichem Biotopschutz nach § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 BNatSchG bzw. § 21 Abs. 1 Nr. 5 LNatSchG SH stehen, betrifft zum einen nur einen Teil der Maßnahmefläche; im Übrigen haben die Vertreter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung zu Recht darauf hingewiesen, dass der FFH-Gebietsschutz über den Biotopschutz hinausgehen kann (vgl. § 30 Abs. 8 BNatSchG). Im Hinblick auf die vollständige Einstellung der forstwirtschaftlichen Nutzung ist das hier auch tatsächlich der Fall.
Soweit die Kläger beanstanden, dass Aufwertungsmaßnahmen fehlen, kann der Senat offenlassen, ob solche Maßnahmen für eine Kohärenzsicherungsmaßnahme unabdingbar sind. Dafür spricht der ausdrückliche Hinweis im EU-Auslegungsleitfaden (S. 15 Mitte), wonach die Ausweisung neuer Natura 2000-Gebiete zwar Teil eines Ausgleichspakets sein könne, allerdings reiche „eine Ausweisung allein, ohne entsprechende Begleitmaßnahmen, nicht aus“. Dagegen spricht der auf derselben Seite enthaltene Hinweis, der Ausgleich könne in der Eingliederung eines neuen Gebiets in das Netz „Natura 2000“ bestehen, das ähnliche Eigenschaften wie das ursprüngliche Gebiet aufweise; denn das Projekt würde zwar zu einem Verlust bei diesem Lebensraumtyp auf der Ebene des Mitgliedstaates führen, auf der Ebene der Gemeinschaft komme aber ein neues Gebiet in den Genuss des in Art. 6 FFH-RL vorgesehenen Schutzes. Der zuletzt beschriebene Fall liegt hier aus Sicht des Senats vor. Die Frage des Erfordernisses von Aufwertungsmaßnahmen kann aber dahinstehen, da die geplante Herausnahme aus der forstlichen Nutzung, die den Zweck verfolgt, die aktuelle Dominanz der Buche zurückzudrängen, in Verbindung mit der Absicht, die Lebensraumflächen der natürlichen Sukzession zu überlassen, damit sich die bereits im Unterwuchs vorhandenen standortgerechten Laubhölzer entwickeln können, als eine solche Aufwertungsmaßnahme angesehen werden kann.
c) Die naturschutzfachliche Einschätzung der Planfeststellungsbehörde, dass durch beide Maßnahmen gemeinsam der Zusammenhang des Netzes „Natura 2000“ gesichert wird, ist vertretbar.
Der Eingriff besteht hier in einer erheblichen Beeinträchtigung des Waldgürtels am Osthang der Trave (LRT 9130, 9160, *9180, *7220 und *91E0) durch verschiedene Wirkfaktoren (Flächenverlust, Zerschneidung, Störung von charakteristischen Vogelarten und Stickstoffbelastung); der Eingriffsumfang wird in den verschiedenen Planungsunterlagen näher beschrieben und soweit möglich, d.h. in Bezug auf die Stickstoffbelastung (5,55 ha) sowie in Bezug auf den Flächenverlust durch Überbauung (1 027 m² durch das Brückenwiderlager) quantifiziert (vgl. Fachgutachten zur FFH-Verträglichkeitsprüfung „Travetal“, aktualisiert 2011, S. 141 ff. und S. 153; Anhang V zur FFH-Ausnahmeprüfung S. 5 ff.). Diesem Eingriff stehen insgesamt ausreichend Kompensationsmaßnahmen gegenüber. Für den überbauten Eichen-Hainbuchenwald (LRT 9160) steht ein Kohärenzausgleich im Verhältnis von 1:12, für den nicht überbauten Komplex der Quell- und Auenwälder (LRT *7220 und *91E0) im Umfang von 1:2,5 und für den nicht überbauten Komplex der Laubwälder (LRT 9130, 9160 und *9180) im Umfang von 1:8 zur Verfügung. Dieses Verhältnis erscheint ausreichend, um den im Bereich der zu entwickelnden Lebensraumtypen im Seitental der Trave entstehenden Zeitversatz und die Problematik der Bewältigung der bereits bestehenden hohen Hintergrundbelastung durch Stickstoff, die in Schleswig-Holstein mehrfach die Critical Loads für naturnahe Laubwälder überschreitet, aufzufangen (vgl. genauer Planfeststellungsbeschluss S. 238, Erläuterungsbericht zur FFH-Ausnahmeprüfung S. 39).
Beide außerhalb des bisherigen FFH-Gebiets „Travetal“ neu entwickelten Flächen werden entsprechend den oben beschriebenen Anforderungen in das FFH-Gebiet einbezogen und die Änderung der Grenzziehung an die EU-Kommission bekannt gegeben. Soweit die Kläger Bedenken hinsichtlich der fehlenden Kompetenz des Beklagten zur Meldung sowie hinsichtlich des Meldezeitpunkts geäußert haben, sind diese inzwischen ausgeräumt. Hinsichtlich des Meldezeitpunkts hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung durch Protokollerklärung die Nebenbestimmung 2.3.8 Nr. 10 dahin geändert, dass die Gebiete nunmehr „sogleich nach Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses“ (statt „in einem angemessenen zeitlichen Zusammenhang mit der Projektumsetzung und der Durchführung der Kohärenzsicherungsmaßnahmen“) zu melden sind. Zudem haben die Vertreter des Beklagten erläutert, dass es im Zusammenhang mit der Ausnahmeprüfung bereits Absprachen mit dem zuständigen Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gegeben habe. Danach steht hinreichend sicher fest, dass eine Meldung rechtzeitig erfolgen wird.
Für die Übergangszeit ist die erforderliche rechtliche Sicherung der Maßnahme gegenüber der Flächeneigentümerin durch den Eintrag einer Grunddienstbarkeit gewährleistet (vgl. Planfeststellungsbeschluss S. 238, 572). Ein Monitoring wurde festgelegt (siehe Nebenbestimmungen 2.3.8 = Planfeststellungsbeschluss S. 25 ff.).

17 b) Auch die sonstigen von der Klägerin in ihrer Klage sowie in der vorangegangenen Einwendung vorgebrachten Kritikpunkte greifen nicht durch.

18 Der Beklagte hat ausführlich und nachvollziehbar ausgeführt, dass das einzige von der Klägerin konkret benannte Flurstück ... der Flur ..., Gemarkung T. (H.) aufgrund des Nichtvorkommens von an Steilhänge gebundenen Kalktuffquellen für den bezweckten Kohärenzausgleich ungeeignet ist. Die Süderbeste ist dort zu Teichen aufgestaut. Ein direkter Verbund mit den übrigen Flächen der Kohärenzsicherungsmaßnahme ist nicht gegeben.

19 Auch die Abwägung der Belange der Klägerin ist nicht zu beanstanden. Der Beklagte hat die verschiedenen von der Klägerin vorgebrachten Gesichtspunkte (Einschränkung des Reit- und Jagdrechts, hohe Bedeutung der Flächen für den arrondierten Betrieb der Klägerin sowie Eigenbedarf für etwaige Ausgleichsflächen) erkannt und mit dem ihnen zustehenden Gewicht berücksichtigt. Hinsichtlich der geltend gemachten Einschränkung des Reit- und Jagdrechts ist schon kein erheblicher Eingriff feststellbar. Bei den im Eigentum der Klägerin stehenden Maßnahmeflächen handelt es sich um quellige bewachsene Hänge und eine binsen- und seggenreiche Nasswiese. Schon aufgrund dieser topographischen Gegebenheiten, aber auch im Verhältnis zu der insgesamt für die genannten Tätigkeiten zur Verfügung stehenden Fläche (ca. 80 ha Grundeigentum) kommt dem Gebiet keine besonders hohe Bedeutung für die gewünschte Nutzung zu. Im Übrigen steht nach Aussage des Beklagten noch nicht einmal fest, ob und inwieweit überhaupt über den bereits heute bestehenden gesetzlichen Biotopschutz hinaus das Reiten und die Jagd eingeschränkt werden müssen. Vielmehr bleibt dies der weiteren Festlegung im Managementplan vorbehalten. Hinsichtlich der eingewandten Wertminderung hat der Beklagte die Klägerin zu Recht auf das entschädigungsrechtliche Verfahren verwiesen. Der Beklagte ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass es schon deshalb fernliegend ist, dass die Klägerin ihre Flurstücke selbst als Flächen für Ausgleichsmaßnahmen benötigt, weil es keine generelle Eignung von Flächen für Ausgleichsmaßnahmen gibt. Aus ihrer Einstufung als geeignet für die hier in Rede stehende Kohärenzsicherungsmaßnahme folgt nicht, dass die Flächen auch als Ausgleich für andere Eingriffe dienen könnten.

20 Der von der Klägerin vorgeschlagene Flächentausch scheitert schließlich an dem fehlenden Einverständnis des Eigentümers des Flurstücks ... der Gemarkung T. (H.).

21 c) Die Inanspruchnahme des Eigentums der Klägerin ist auch nicht unverhältnismäßig, weil ihr Eigentum an den Grundstücken erhalten bleibt und nur die Nutzung mit einer Dienstbarkeit eingeschränkt wird (vgl. Urteile vom 28. Februar 1996 - BVerwG 4 A 28.95 - Buchholz 407.4 § 19 FStrG Nr. 7 und vom 18. Dezember 1996 - BVerwG 11 A 4.96 - juris).

22 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.