Verfahrensinformation

Mehrere Privatpersonen, ein Unternehmen, zwei Gemeinden und zwei anerkannte Naturschutzvereine (BUND und NABU) wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss für einen Teilabschnitt der A 20 (Nord-West-Umfahrung Hamburg, Teilstrecke B 206 westlich Wittenborn bis B 206 westlich Weede auf dem Gebiet der Stadt Bad Segeberg und der Hansestadt Lübeck). Der Abschnitt schließt an einen bereits unter Verkehr stehenden Abschnitt an. Die privaten Kläger sowie das Unternehmen - ein großes Möbelhaus - rügen eine unzureichende Berücksichtigung ihrer jeweils geltend gemachten Belange. Eine der beiden Gemeinden rügt eine Beeinträchtigung ihrer gemeindlichen Planungshoheit, die andere Gemeinde beklagt Beschränkungen für ihre Gemeindefeuerwehr. Die Naturschutzverbände rügen die Abschnittbildung und die Planrechtfertigung sowie Verstöße gegen nationales und europäisches Naturschutz- sowie Artenschutzrecht; das Vorhaben beeinträchtige zwei ausgewiesene Fauna-Flora-Habitat-Gebiete. Auch sei gegen das Gebot gerechter Abwägung verstoßen worden.



Pressemitteilung Nr. 77/2013 vom 06.11.2013

A 20 bei Bad Segeberg darf bis auf Weiteres nicht weitergebaut werden

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute den Planfeststellungsbeschluss des Landesbetriebes Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein für den Neubau der Bundesautobahn A 20 im Abschnitt von Weede bis Wittenborn für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt.


Die A 20 verbindet als Ostseeautobahn das Autobahnkreuz Uckermark nahe der deutsch-polnischen Grenze bei Stettin mit Lübeck. In Schleswig-Holstein setzt sie sich als „Nord-West-Umfahrung Hamburg“ fort und soll später - mit einer Elbe-Querung bei Glückstadt - nach Niedersachsen verlängert werden. Von Lübeck kommend ist die Autobahn gegenwärtig bis Weede fertiggestellt und für den Verkehr freigegeben. Der streitgegenständliche Abschnitt schließt daran westlich an. Er umgeht Bad Segeberg ortsnah, kreuzt die A 21 (Hamburg-Kiel) und endet westlich von Wittenborn an der bestehenden B 206.


Das Bundesverwaltungsgericht hatte über die Klagen zweier Naturschutzverbände (BUND und NABU), zweier Gemeinden (Klein Gladebrügge und Wittenborn) sowie von Privatklägern zu entscheiden. Es hat den Klagen der Naturschutzverbände sowie der Klage der Gemeinde Klein Gladebrügge stattgegeben, die übrigen Klagen jedoch abgewiesen.


Erfolgreich waren zum einen die Angriffe der klagenden Naturschutzverbände gegen die Methode der Bestandserfassung der im Vorhabenbereich vorkommenden Fledermäuse. Die Autobahn führt im Abstand von nur ca. 1,5 km an dem FFH-Gebiet „Segeberger Kalkberghöhle" vorbei. Dabei handelt es sich um das größte bekannte Fledermausquartier Deutschlands mit mehr als 20 000 überwinternden Tieren. In den einschlägigen Arbeitshilfen und Leitfäden wird als Standardmethode zur Bestandserfassung von Fledermäusen eine Mischung aus Habitatanalyse und konkreten Geländeuntersuchungen mittels Detektoren, Horchboxen, Netzfängen etc. vorgesehen. Hiervon ist der Gutachter des Vorhabenträgers mit der von ihm gewählten Methode (sog. faunistische Potentialanalyse ohne nähere Vorort-Untersuchungen, kombiniert mit einem „Worst-case-Ansatz“) abgewichen. Das Gericht vermochte sich auch und gerade wegen der besonderen Bedeutung des betroffenen Fledermaushabitats nicht davon zu überzeugen, dass diese Methode den besten wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht. Denn die in der Landschaft vorgefundenen Strukturen können in ihrer Bedeutung für die Fledermäuse über- wie auch unterschätzt werden, wie sich hier am Beispiel einer zunächst übersehenen Flugroute auch tatsächlich bestätigt hat. Daher konnte das Gericht nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass das Vorhaben mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets „Segeberger Kalkberghöhle" verträglich ist.


Zum anderen haben sich die klagenden Naturschutzverbände mit Erfolg auf einen Fehler berufen, der der Planfeststellungsbehörde bei der Auswahl der Plantrasse gegenüber möglichen Alternativtrassen unterlaufen ist. Da der Planfeststellungsbeschluss hinsichtlich eines weiteren FFH-Gebietes („Travetal“) selbst von einer erheblichen Beeinträchtigung prioritärer Lebensraumtypen ausgeht, hatte die Behörde zu überprüfen, ob sich das Planungsziel an einem günstigeren Standort bzw. mit geringerer Eingriffsintensität verwirklichen lässt. Dies ist hier nicht in ausreichendem Maße geschehen. Zwar durfte sich die Behörde aus von ihr näher dargelegten - insbesondere städtebaulichen - Gründen gegen die Variante einer Stadtautobahn durch Bad Segeberg entscheiden. Dagegen durften Trassenvarianten südlich der Plantrasse nicht ohne Weiteres ausgeschieden werden. Ob und inwieweit ökologische oder verkehrstechnische Gründe solche Trassenführungen ausschließen, hätte einer genaueren Untersuchung bedurft.


Die festgestellten Defizite bei der Alternativenprüfung verhalfen im Ergebnis auch der Klage der Gemeinde Klein Gladebrügge zum Erfolg. Die Klagen der Gemeinde Wittenborn und der privaten Kläger, die jeweils eigenständige begrenzte Ziele verfolgten (Befahrbarkeit eines dafür nicht vorgesehenen Durchlasses mit Feuerwehrfahrzeugen; Aufhebung einer Ausgleichsmaßnahme) waren dagegen unbegründet.


BVerwG 9 A 9.12 - Urteil vom 06. November 2013

BVerwG 9 A 11.12 - Urteil vom 06. November 2013

BVerwG 9 A 13.12 - Urteil vom 06. November 2013

BVerwG 9 A 14.12 - Urteil vom 06. November 2013


Urteil vom 06.11.2013 -
BVerwG 9 A 13.12ECLI:DE:BVerwG:2013:061113U9A13.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 06.11.2013 - 9 A 13.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2013:061113U9A13.12.0]

Urteil

BVerwG 9 A 13.12

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 22. Oktober 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ und Prof. Dr. Korbmacher
und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bick
am 6. November 2013 für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I

1 Die Klägerin ist eine Gemeinde mit ca. 840 Einwohnern im Südwesten von Bad Segeberg. Sie wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 30. April 2012 für den Neubau der Bundesautobahn A 20, Nord-West-Umfahrung Hamburg, Teilstrecke B 206 westlich Wittenborn bis B 206 westlich Weede. Sie macht unzumutbare Umwege für ihre Gemeindefeuerwehr geltend.

2 Bislang nutzt die Freiwillige Feuerwehr der Klägerin einen unbefestigten Wirtschaftsweg („Waldweg“), um in den Segeberger Forst zu gelangen. Diese Zuwegung soll durch die planfestgestellte A 20 entfallen. Da etwa an dieser Stelle das Bauwerk 5.01 (ein Fledermaustunnel) errichtet werden soll, hat die Klägerin schon im Planfeststellungsverfahren (vgl. ihre Einwendungen vom 8. und 11. Januar 2007) begehrt, dass dieser Tunnel bei notwendigen Einsätzen durch Rettungs- und Löschfahrzeuge mitgenutzt werden kann. Andernfalls sei es bei einem größeren Schadenfeuer nicht möglich, eine Brandbekämpfung von zwei Seiten aus durchzuführen. Die Einwendung blieb ohne Erfolg. Der Planfeststellungsbeschluss vom 30. April 2012 sieht das umstrittene Bauwerk 5.01 („Fledermausquerung“) bei Bau-km 2+060 als Schadensvermeidungsmaßnahme vor, wobei der Tunnel laut Bauwerksverzeichnis als Röhre mit den Abmessungen „Länge = 46,00 m L.W.: = 4,80 m L.H.: ≥ 4,22 m“ auszugestalten ist. Aus dem Maßnahmenblatt M 2.3 ergibt sich, dass der Tunnel ausschließlich der Querung durch Fledermäuse dienen soll. Die Einflugöffnungen sollen zum Schutz vor Störungen durch die Erholungs- und Freizeitnutzung mit innen liegenden Stabgittern - Zaunhöhe 2 m - abgesperrt werden, so dass weder Fußgänger noch Wild die Unterführung nutzen können. Es ist unstreitig, dass die Konstruktion der Unterführung nach derzeitiger Planung kein Befahren mit Feuerwehrfahrzeugen ermöglicht.

3 Die Klägerin hat am 1. Juni 2012 - fristgerecht - Klage erhoben.

4 Sie trägt zur Begründung vor: Der Planfeststellungsbeschluss verletze sie in ihrem Selbstverwaltungsrecht (Art. 28 Abs. 2 GG). Nach § 2 des schleswig-holsteinischen Brandschutzgesetzes - BrSchG SH - obliege ihr der Brandschutz im Gemeindegebiet, also auch im Segeberger Forst, als Selbstverwaltungsaufgabe. Außerdem sei sie aufgrund öffentlich-rechtlichen Vertrags aus dem Jahre 2006 im gemeindefreien Forstgutsbezirk Buchholz, d.h. für den überwiegenden (übrigen) Teil des Segeberger Forstes, für den Brandschutz zuständig. Des Weiteren beruft sich die Klägerin auf ihren Grundbesitz. Teilflächen der Gemeinde nördlich der Autobahn würden von ihren bisherigen kurzen Verbindungen abgeschnitten.

5 Zwar habe es in den letzten fünf Jahren keine Brandeinsätze seitens der Freiwilligen Feuerwehr Wittenborn im Segeberger Forst gegeben, das Waldgebiet sei aber die größte brandgefährdete Fläche im Kreis. Brände müssten möglichst schnell und von zwei Seiten aus bekämpft werden können, um verschiedenen Windrichtungen und evtl. blockierten Zufahrtswegen Rechnung tragen zu können. Ohne die Tunneldurchfahrt würden die Einsätze um bis zu zehn Minuten verzögert; statt 1,4 km bei Nutzung des Tunnels würde je nach Wahl der Ausweichstrecke ein Fahrweg von 3 km, 3,2 km oder 4,4 km anfallen, um den Bereich hinter dem Tunnel zu erreichen. Die Maße des BW 5.01 seien für die Durchfahrt eines Staffellöschfahrzeuges ausreichend; für den Bodenaufbau in der Röhre bedürfe es lediglich eines tragfähigen Ausbaus mit einer ca. 25 cm starken Schotterschicht. Betonplatten seien nicht erforderlich. Die vom Beklagten geltend gemachten Umbaukosten in Höhe von ca. 65 000 € seien „maßlos überzogen“. Da die Feuerwehr gewohnt sei, auch in anderen Fällen verschlossene Schranken und Tore schnell zu öffnen, werde sich hierdurch auch nicht die behauptete Verzögerung einstellen.

6 Die Klägerin beantragt,
den Beklagten zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss für den Neubau der Bundesautobahn A 20, Nord-West-Umfahrung Hamburg, Teilstrecke B 206 westlich Wittenborn bis B 206 westlich Weede vom 30. April 2012 in der Fassung des Planänderungsbescheides vom 16. Oktober 2013 dahin zu ändern, dass das Bauwerk 5.01 bei notwendigen Rettungseinsätzen und zur Brandbekämpfung im Segeberger Forst mit Rettungs- und Löschfahrzeugen durchquert werden kann.

7 Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

8 Er hält die Klage zum Teil wegen fehlender Klagebefugnis für unzulässig. Die Klägerin könne sich nur auf eine Aufgabenzuständigkeit in ihrem Gemeindegebiet berufen. Im Forstgutsbezirk Buchholz obliege die Aufgabe des abwehrenden Brandschutzes dem Forstgutsbezirk und nicht ihr.

9 Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Die Klägerin müsse ihren kommunalen Brandschutz gemäß § 2 BrSchG SH an den örtlichen Verhältnissen ausrichten. Die entstehenden Umwege seien zumutbar. Die Entfernung für die östlich verlaufende Strecke betrage 2,65 km und sei in 4 Minuten Fahrzeit zu bewältigen, die westliche Strecke betrage 4 km und erfordere eine Fahrzeit von 6 Minuten. Demgegenüber sei die Strecke bei Mitbenutzung des Tunnels - BW 5.01 - 1,66 km lang und benötige eine Fahrzeit von 2 Minuten 30 Sekunden; 1 - 2 Minuten Zeit zum Öffnen und Schließen der zum Fledermausschutz angebrachten Tore seien hinzuzurechnen. Die Tunneldurchfahrt durch die Röhre könne nur langsam erfolgen, da das Fahrzeug mittig fahren müsse, um Schäden am Bauwerk oder am Fahrzeug auszuschließen.

10 Schließlich betreffe die Zerschneidung des Segeberger Forstes durch die Trasse nur einen kleinen Teil; der überwiegende Teil des Forstes bleibe weiterhin wie bisher erreichbar.

11 Die Kosten für einen Umbau zur Mitnutzung durch die Feuerwehr veranschlagt der Beklagte auf ca. 65 000 € bis 70 000 €; die Kosten für die Schaffung einer separaten Querungsmöglichkeit für die Feuerwehr (neues Überführungsbauwerk über die A 20) werden auf ca. 500 000 € geschätzt.

II

12 Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 30. April 2012 dahingehend, dass das BW 5.01 bei notwendigen Rettungseinsätzen und zur Brandbekämpfung im Segeberger Forst mit Rettungs- und Löschfahrzeugen durchquert werden kann.

13 1. Die Klage ist zulässig.

14 Die Klägerin leitet ihre Klagebefugnis aus § 2 des schleswig-holsteinischen Gesetzes über den Brandschutz und die Hilfeleistungen der Feuerwehren (Brandschutzgesetz - BrSchG SH -) vom 10. Februar 1996 her. Nach dieser Vorschrift haben die Gemeinden als Selbstverwaltungsaufgabe zur Sicherstellung des abwehrenden Brandschutzes und der Technischen Hilfe den örtlichen Verhältnissen angemessene leistungsfähige öffentliche Feuerwehren zu unterhalten, Fernmelde- und Alarmierungseinrichtungen einzurichten sowie für eine ausreichende Löschwasserversorgung zu sorgen. Dieser Aufgabe kommt die Klägerin durch ihre Freiwillige Feuerwehr - eine gemeindliche Einrichtung ohne eigene Rechtspersönlichkeit (vgl. § 5 Abs. 1 und 2 BrSchG SH) - mit ihrem Feuerwehrhaus und Fahrzeugstand am Dorfkamp südlich der geplanten A 20 nach. Zweifelhaft ist, ob in das Selbstverwaltungsrecht dadurch eingegriffen wird, dass die bislang bestehende Zufahrtsmöglichkeit zu einem - potentiell - brandgefährdeten Waldgebiet, dem Segeberger Forst, vorhabenbedingt entfällt. Denn die eigentliche Aufgabe der Gefahrenabwehr, die die Feuerwehren bei Bränden, Not- und Unglücksfällen zu bewältigen haben, ist den Gemeinden nicht im Rahmen der Selbstverwaltung, sondern zur Erfüllung nach Weisung übertragen (§ 6 Abs. 1 BrSchG SH i.V.m. § 162 Abs. 3 LVwG SH; s. auch Beschluss vom 4. August 2008 - BVerwG 9 VR 12.08 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 67 Rn. 4 und Urteil vom 10. Dezember 2008 - BVerwG 9 A 19.08 - juris Rn. 29). Die Klägerin hat nicht substantiiert geltend gemacht, dass ihr die Erfüllung ihrer Selbstverwaltungsaufgabe, eine leistungsfähige Feuerwehr zu unterhalten und die Löschwasserversorgung sicherzustellen, durch den Wegfall der Zufahrt wesentlich erschwert oder gar unmöglich gemacht würde.

15 Unbeschadet dessen folgt die Klagebefugnis der Klägerin aber jedenfalls aus ihrer Stellung als Eigentümerin von Grundstücken im Segeberger Forst. Zwar kann sich die Gemeinde insoweit nicht auf Art. 14 Abs. 1 GG berufen. Ihr einfach-rechtliches Eigentum an planbetroffenen Grundstücken vermittelt ihr aber eine abwägungserhebliche Position, mit der sie geltend machen kann, die Inanspruchnahme ihrer Grundstücke verletze das Gebot gerechter Abwägung (Beschluss vom 13. März 1995 - BVerwG 11 VR 2.95 - Buchholz 445.5 § 14 WaStrG Nr. 3 S. 4 f.). Nichts anderes gilt, wenn die gemeindeeigenen Grundstücke - wie hier - zwar nicht vorhabenbedingt vollständig oder teilweise in Anspruch genommen werden, sie jedoch zu einem brandgefährdeten Waldgebiet gehören und sich ihre Erreichbarkeit vorhabenbedingt verschlechtert. Dies ist jedenfalls nicht von vornherein auszuschließen.

16 Demgegenüber kann die Klägerin sich unter keinem Gesichtspunkt auf die Übernahme des Brandschutzes für den gemeindefreien Forstgutsbezirk Buchholz berufen. Denn insoweit handelt es sich einerseits nicht um die Ausübung eines Selbstverwaltungsrechts, sondern um eine bloße Wahrnehmungszuständigkeit; andererseits befinden sich dort auch keine gemeindeeigenen Grundstücke. Hiervon abgesehen liegen diese Flächen auch nicht in der Nähe des fraglichen Fledermaustunnels, so dass sie ohnehin ebenso schnell über die Alternativwege erreichbar wären.

17 2. Die Klage ist unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss leidet an keinem materiell-rechtlichen Fehler, der zum Erfolg der Klage führen könnte.

18 Zwar ist die Annahme des Planfeststellungsbeschlusses, eine Mitbenutzung des Fledermaustunnels durch die Feuerwehr scheide von vornherein aus artenschutzrechtlichen Gründen aus, aufgrund der im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Stellungnahme des Gutachters des Vorhabenträgers Dr. M. nicht mehr haltbar. Denn der Gutachter hat darin ausgeführt, dass „nichts gegen eine sporadische Nutzung des Durchlasses als Durchfahrt für die Feuerwehr im Brandfalle“ spreche. Dieser Abwägungsmangel führt gleichwohl nicht zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder zur Feststellung von dessen Rechtwidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit, weil er auf das Abwägungsergebnis nicht von Einfluss gewesen ist (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG; vgl. hierzu Urteil vom 24. November 2011 - BVerwG 9 A 23.10 - BVerwGE 141, 171 = Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 219 Rn. 68). Bei realistischer Beurteilung der maßgeblichen Erwägungen der Planfeststellungsbehörde ist auszuschließen, dass bei zutreffender Einschätzung der sporadischen Nutzungsmöglichkeit des Tunnels die Abwägungsentscheidung zugunsten eines für die Feuerwehr befahrbaren Tunnels ausgefallen wäre. Für die Grundstücke im Eigentum der Klägerin folgt dies daraus, dass sie aufgrund ihrer Lage ohnehin nicht auf die umstrittene Zufahrt angewiesen sind, sondern ohne zeitlichen Nachteil über die Kreisstraße 73 erreicht werden können.

19 Abgesehen davon könnte der Tunnel auch nicht ohne zeitliche Verzögerung von der Feuerwehr genutzt werden. Denn wie der Gutachter Dr. M. herausgestellt hat, müsste der Tunnel, der ein zentrales Element des Schutz- und Leitsystems für strukturgebunden fliegende Fledermausarten im Segeberger Forst darstellt, aus Vorsorgegründen durch ein Gitter gesichert sein, das ausschließlich im Bedarfsfall und ausschließlich durch die Feuerwehr geöffnet werden dürfte. Damit ist aber in jedem Fall von einer gewissen Zeitverzögerung für das Auf- und Abschließen des zugunsten der Fledermäuse angebrachten Absperrgitters auszugehen. Hinzu kommt, dass die Durchfahrt mit Löschfahrzeugen selbst dann, wenn der Tunnel mit einem befahrbaren Schotteruntergrund versehen würde, angesichts des Tunnelquerschnitts nur vorsichtig und im Schritttempo erfolgen könnte, um Schäden am Tunnel und den Fahrzeugen zu vermeiden.

20 Jedenfalls unter Berücksichtigung dieser Umstände des Einzelfalls sind die für die Gemeindefeuerwehr entstehenden Umwege zur Erreichbarkeit der hinter dem Tunnel liegenden Flächen im Segeberger Forst noch zumutbar. Denn angesichts der bei einer Tunneldurchfahrt unvermeidbaren Verzögerungen würde der mit ihr zu erzielende Zeitvorteil weitgehend entfallen. Zudem geht es der Klägerin darum, Vorsorge für einen sehr unwahrscheinlichen Fall zu treffen, nämlich einen Brand genau in Höhe des Nordendes des Bauwerks 5.01. Denn nur bei einem Brand an genau dieser Stelle käme es überhaupt zu einer nennenswerten Verzögerung. Bei jedem anderen Brand weiter westlich, östlich oder nördlich wären die alternativen Zufahrtsmöglichkeiten gleich schnell oder sogar schneller.

21 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.