Urteil vom 04.03.2009 -
BVerwG 2 WD 10.08ECLI:DE:BVerwG:2009:040309U2WD10.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 04.03.2009 - 2 WD 10.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:040309U2WD10.08.0]

Urteil

BVerwG 2 WD 10.08

  • Truppendienstgericht Nord 1. Kammer - 09.01.2008 - AZ: TDG N 1 VL 2/06

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 4. März 2009, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth,
ehrenamtlicher Richter Oberstleutnant Göpel und
ehrenamtlicher Richter Stabsfeldwebel Müller,
Leitender Regierungsdirektor Sandbaumhüter
als Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts,
Rechtsanwalt Dr. Abdallah als Verteidiger,
Geschäftsstellenverwalterin Weikinnis
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

  1. Die Berufung des früheren Soldaten gegen das Urteil der 1. Kammer des Truppendienstgerichts Nord vom 9. Januar 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Gewährung des Unterhaltsbeitrages auf einen Zeitraum von zwölf Monaten verlängert wird.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem früheren Soldaten auferlegt.

Gründe

I

1 Der 55 Jahre alte frühere Soldat wurde am 31. Oktober 1973 zunächst in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen und am 18. März 1980 in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten übernommen. Seine Dienstzeit endete durch Versetzung in den Ruhestand wegen Erreichens der besonderen Altersgrenze seines Dienstgrades mit Ablauf des 31. Juli 2006.

2 Der frühere Soldat war während seiner Dienstzeit mehrfach befördert worden, zuletzt am 16. Juli 1986 zum Hauptfeldwebel. Wegen eines Dienstvergehens setzte ihn das Truppendienstgericht Nord durch Urteil vom 21. Januar 2004 - Az.: ... - in den Dienstgrad eines Oberfeldwebels herab. Durch weiteres Urteil des Truppendienstgerichts Nord vom 10. August 2004 - Az.: ...-, wurde er in den Dienstgrad eines Feldwebels herabgesetzt; die dagegen auf die Maßnahmebemessung beschränkte Berufung der Wehrdisziplinaranwaltschaft und die (volle) Berufung des (damals noch der Bundeswehr angehörenden) Soldaten wurden vom Senat mit Urteil vom 13. Juni 2006 (Az.: BVerwG 2 WD 1.06 ) zurückgewiesen.

3 Während seiner knapp 33-jährigen Dienstzeit war der Soldat seit dem 1. November 1989 im Amt für Militärisches Geowesen als Programmierfeldwebel verwendet worden. Zum 1. November 1995 erfolgte seine Versetzung zum ...zentrum des Heeres und nach Auflösung dieser Dienststelle mit Wirkung vom 1. November 2002 zum Zentrum für Informations... in E., wo er als Systemverwalter eingesetzt wurde. Mit Wirkung vom 1. April 2004 wurde er im Hinblick auf die Vorfälle, die Gegenstand des gerichtlichen Disziplinarverfahrens BVerwG 2 WD 1.06 waren, nach § 126 WDO bis zum Ablauf seiner Dienstzeit (31. Juli 2006) vorläufig des Dienstes enthoben.

4 Seit seiner Berufung in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten wurde er wiederholt planmäßig beurteilt, zuletzt am 18. August 2000 und am 17. Juli 2002. Eine Sonderbeurteilung erfolgte am 21. Januar 2005. Auf den Inhalt dieser Beurteilungen wird Bezug genommen.

5 Dem früheren Soldaten wurde am 25. Oktober 1974 und am 14. März 1990 jeweils eine förmliche Anerkennung wegen vorbildlicher Pflichterfüllung ausgesprochen. Er ist berechtigt, seit dem 23. Juni 1978 das Abzeichen für Leistungen im Truppendienst in Bronze, seit dem 8. Dezember 1982 das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Bronze und seit dem 2. Januar 1990 das Tätigkeitsabzeichen in Gold zu tragen.

6 Ausweislich des Auszugs aus dem Zentralregister vom 7. März 2008 ist der frühere Soldat strafrechtlich bisher wie folgt in Erscheinung getreten:

7 (1) Urteil des Amtsgerichts E. - ... - vom 16. Juni 2005, rechtskräftig seit dem 23. November 2005, wegen Urkundenfälschung (Fälschung eines Krankenmeldescheines am 4. März 2004) sowie wegen Betruges in 13 Fällen (Verkäufe über die Internetplattform Ebay): Verurteilung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 40 €.

8 (2) Urteil des Amtsgerichts E. - ... - vom 24. August 2006; rechtskräftig seit dem 2. März 2007, wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in zwei Fällen: Verurteilung zu einer Geldstrafe von 105 Tagessätzen zu je 30 €.

9 (3) Strafbefehl des Amtsgerichts B. - ... - vom 10. Mai 2007, rechtskräftig seit dem 30. Juni 2007, wegen falscher uneidlicher Aussage in zwei Fällen: Verurteilung zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 20 €.

10 (4) Beschluss des Amtsgerichts B. - ... - vom 10. Oktober 2007, rechtskräftig seit dem 24. Oktober 2007: unter Einbeziehung der Entscheidungen des Amtsgerichts E. vom 24. August 2006 und des Amtsgerichts B. vom 10. Mai 2007 nachträglich gebildete Gesamtstrafe von 230 Tagessätzen zu je 25 € Geldstrafe.

11 Der frühere Soldat ist seit Dezember 1987 verheiratet und hat vier Kinder im Alter von 19, 16, 10 und 7 Jahren. Im Oktober/November 2008 hat er sich von seiner Ehefrau getrennt und in Bad M. ein Wohnappartement angemietet, für das er 280 € monatliche Miete zuzüglich Nebenkosten zu zahlen hat. An seine Ehefrau und seine vier Kinder, die weiterhin bei seiner Ehefrau wohnen, erbringt er nach seinen Angaben monatliche Unterhaltsleistungen von 1660 € (inklusive Kindergeldanteile). Ausweislich der Mitteilung der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 12. März 2008 beträgt sein aus der 10. Dienstaltersstufe der Besoldungsgruppe A 7 berechnetes Ruhegehalt monatlich brutto 2 331,50 € und einschließlich des Kindergeldes von 641 € insgesamt 2 876,25 € netto. Der auf ca. 7 280 € berechnete Ausgleich nach § 38 SVG ist noch nicht ausgezahlt worden. Im August 2008 wurde nach seinen Angaben bei ihm durch die zuständige Behörde wegen einer körperlichen Behinderung ein Behinderungsgrad von 30 vom Hundert festgestellt. Aus einer im November 2008 aufgenommenen Teilzeitbeschäftigung erzielt er nach seinen Angaben zusätzliche monatliche Einkünfte von 100 bis 150 €. Seine wirtschaftlichen Verhältnisse sind äußerst angespannt. Er hat aus einer fehlgeschlagenen Hausbau-Finanzierung Verbindlichkeiten von ca. 300 000 € zu erfüllen. Nach seinen Angaben wird das von ihm mit Unterstützung der Schuldnerberatungsstelle der Caritas im Jahre 2003 eingeleitete Privatinsolvenzverfahren vor dem Amtsgericht B. voraussichtlich im Dezember 2010 mit einem Restschulderlass beendet werden. Gegenwärtig zahlt der frühere Soldat monatlich 18 € an den Insolvenzverwalter. Außerdem leistet er Teilzahlungen zur Begleichung der ihm durch die strafgerichtlichen Verurteilungen auferlegten Geldstrafen. Auf einen Privatkredit für einen im Jahre 2008 getätigten Kauf eines Pkws (Marke Peugeot 807), der von seiner Ehefrau genutzt wird, zahlt er nach seinen Angaben monatlich jeweils 300 € an den Gläubiger zurück.

II

12 1. In dem mit Verfügung des Amtschefs des ...amtes vom 4. Februar 2005 ordnungsgemäß eingeleiteten gerichtlichen Disziplinarverfahren hat das Truppendienstgericht auf der Grundlage der Anschuldigungsschrift vom 21. Februar 2006 (= Anschuldigungspunkte 1 bis 4) und der Nachtragsanschuldigungsschrift vom 13. September 2007 (= Anschuldigungspunkte 5 und 6) mit dem im vorliegenden Verfahren angefochtenen Urteil vom 9. Januar 2008 dem früheren Soldaten wegen eines Dienstvergehens das Ruhegehalt aberkannt.

13 a) Die Truppendienstkammer hat dabei die folgenden tatsächlichen Feststellungen getroffen:
Zu den Anschuldigungspunkten 1 - 4:
„Durch Urteil des Amtsgerichts E. vom 16. Juni 2005 - ... - wurde der frühere Soldat wegen Betruges in dreizehn Fällen, wobei es sich in zehn Fällen um geringwertige Sachen handelte, und wegen Urkundenfälschung zu einer Gesamtgeldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 40 Euro verurteilt. Vier der dieser Verurteilung zugrunde liegenden Betrugsfälle, wobei es sich bei drei Fällen um geringwertige Sachen handelte, sind Gegenstand der vorliegenden Anschuldigung. Das seit 23. November 2005 rechtskräftige Strafurteil beruht insoweit auf folgenden tatsächlichen Feststellungen:
‚Neben dieser Urkundenfälschung beging der Angeklagte im Zeitraum zwischen dem 23.10.2003 und dem 20.02.2005 folgende Betrugstaten:
Er bot über die Internetplattform eBay in 13 Fällen Waren an, die er entweder gar nicht besaß oder die er seinem vorher gefasstem Entschluss den Käufern nach Bezahlung nicht zukommen lassen wollte. Zur besseren Tarnung benutzte er mindestens 8 eBay-Namen, nämlich ‚snoopy 2..., johnny-ex..., louisa-m..., whitestar 2..., poohba..., esprit..., nicht... und schließlich 123-du bist...’. Allein für den Namen ‚esprit...’ gab er seine richtigen Personalien an, für die anderen eBay Identitäten benutzte er die Personalien seiner minderjährigen Kinder J. und L. Sch., ferner benutzte er den verfälschten Vornamen H. und die Identität einer Verwandten namens ... F. aus ... P. Um seine Spuren besser zu verwischen, eröffnete der Angeklagte insgesamt 4 Konten bei der Kreissparkasse E., der Commerzbank E., der Sparkasse B. und schließlich der Dresdner Bank. Auf den drei erstgenannten Konten gingen im Zeitraum zwischen dem 08.09.2003 und dem 15.09.2004 insgesamt 218 Einzahlungen von eBay Käufern mit einem Gesamtvolumen von rund 10 276,00 Euro ein.
Die in betrügerischer Absicht vorgenommenen Versteigerungen machten demnach nur einen Bruchteil der gesamten eBay-Aktivitäten des Angeklagten aus, sodass ein gewerbsmäßiges Handeln zu verneinen war. Im Einzelnen handelte es sich bei den betrügerischen Versteigerungen um die folgenden:
...
10) Am 12.07.2004 versteigerte der Angeklagte eine Sweatjacke für 20,50 Euro ohne Versandkosten an die Zeugin ... B. (= Anschuldigungspunkt 1)
11) Am selben Tag versteigerte er eine Jacke für 15,50 Euro ohne Versandkosten an die Zeugin ... B. (= Anschuldigungspunkt 2)
12) Am 17.07.2004 versteigerte er eine Jeanshose für 20,50 Euro ohne Versandkosten an die Zeugin ... M. (= Anschuldigungspunkt 3)
13) Schließlich versteigerte er am 20.02.2005 einen Zusatzsitz für einen Pkw Renault Espace für 234,01 Euro an den Zeugen ... N. (= Anschuldigungspunkt 4).
In allen Fällen zahlten die Geschädigten den fälligen Kaufpreis auf die verschiedenen Konten des Angeklagten; seiner vorher gefassten Absicht folgend unterließ es der Angeklagte jedoch, die bezahlten Waren auch zur Auslieferung zu bringen. ...’
Das Truppendienstgericht ist gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO an die tatsächlichen Feststellungen aus diesem Strafurteil gebunden. Zu einem Lösungsbeschluss gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 WDO besteht keine Veranlassung, weil erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen nicht bestehen. Im Übrigen hat der frühere Soldat, der die Betrügereien über die eBay-Plattform im Strafverfahren eingeräumt hatte, die dort getroffenen Feststellungen nicht in Abrede gestellt. Die durch die Betrugsfälle Geschädigten seien nicht entschädigt worden. Die durch das Strafgericht verhängte Strafe zahle er in monatlichen Raten von 5,00 Euro ab.“
Zu Anschuldigungspunkt 5:
„Gegen die Ehefrau des früheren Soldaten, ... Sch., wurden durch die Staatsanwaltschaft B. strafrechtliche Ermittlungen geführt, weil sie am 27. Januar 2004 gegen 11.50 Uhr auf der Polizeiwache in E. eine Strafanzeige gegen unbekannt wegen des Diebstahls der amtlichen Kennzeichen des auf sie zugelassenen PKW Ford Galaxy erstattet hatte, obwohl ihr bekannt war, dass das Fahrzeug kurz zuvor von der Stadt E. gepfändet, Pfandsiegel an diesem angebracht und die Kennzeichen sichergestellt worden waren. Aufgrund des von ihr gegen einen wegen Vortäuschens einer Straftat ergangenen Strafbefehl eingelegten Einspruchs und aufgrund ihrer Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil fanden am 10. November 2005 die Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht E. und am 1. Februar 2006 die Berufungshauptverhandlung vor dem Landgericht B. statt. In beiden Hauptverhandlungen gab der frühere Soldat wahrheitswidrig an, dass seine Ehefrau von der postalischen Vollstreckungsandrohung der Stadt E. keine Kenntnis gehabt habe, weil er die Vollstreckungsandrohung unabhängig von der Adressierung an seine Ehefrau für sich behalten habe. Tatsächlich gab es jeweils eine an den früheren Soldaten und an die Ehefrau adressierte Vollstreckungsandrohung, die entsprechend der geübten Praxis der Eheleute auch von dem jeweiligen Adressaten persönlich geöffnet und zur Kenntnis genommen wurde.
Das seit 1. Februar 2006 rechtskräftige erstinstanzliche Urteil des Amtsgerichts E. vom 10. November 2005 - ... -, durch welches ... Sch. wegen Vortäuschens einer Straftat zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 10,00 Euro verurteilt worden war, enthält im Rahmen seiner Beweiswürdigung zur Zeugenaussage des früheren Soldaten folgende Ausführungen:
‚... Die dahingehende Aussage ihres Ehemanns ist schlicht und ergreifend falsch. Er wollte das Gericht zwar Glauben machen, er habe nicht nur die Vollstreckungsankündigung, sondern auch den vorhergehenden Schriftverkehr seiner Frau gegenüber geheim gehalten. Wie er das getan haben will, vermochte er jedoch nicht nachvollziehbar zu erklären. Immerhin verlässt er üblicherweise gegen 07:00 Uhr das Haus. Dienstzeitende ist frühestens gegen 15:30 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt ist die Post bereits ausgetragen. Da der Zeuge bestätigt hat, dass jeder der Eheleute seine eigene Post zur Kenntnis nehme, muss die Angeklagte den sie betreffenden Schriftwechsel schon vor seiner Rückkehr nach Hause zur Kenntnis genommen haben.'
Wegen des beschriebenen Verhaltens wurde der Soldat mit Strafbefehl des Amtsgerichts B. vom 10. Mai 2005 - ... - wegen uneidlicher Falschaussage vor Gericht in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 20,00 Euro verurteilt. Den gegen diese Entscheidung gerichteten Einspruch vom 18. Mai 2007 nahm der frühere Soldat mit Schreiben vom 25. Juni 2007 zurück. Der Strafbefehl ist seit 30. Juni 2007 rechtskräftig.
Der frühere Soldat hat nach wie vor bestritten, in den beiden Hauptverhandlungen vor dem Amts- und Landgericht falsch ausgesagt zu haben. Er ist jedoch durch die glaubhaften und nachvollziehbaren Aussagen der nachfolgend aufgeführten Zeugen widerlegt worden. ...“
Zu Anschuldigungspunkt 6:
„Durch Urteil des Amtsgerichts E. vom 24. August 2006 - ... - wurde der frühere Soldat wegen Betruges in Tateinheit mit Urkundenfälschung in zwei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 105 Tagessätzen zu je 30,00 Euro verurteilt. Die gegen dieses Urteil gerichtete vollumfängliche Berufung des früheren Soldaten wurde durch seit 2. März 2007 rechtskräftiges Urteil des Landgerichts B. vom 23. Oktober 2006 - ... - nach Durchführung einer erneuten Beweisaufnahme verworfen. Diese Verurteilung zu der genannten Gesamtgeldstrafe und die sachgleich zu Anschuldigungspunkt 5 erfolgte Verurteilung zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 20,00 Euro wurde durch Gesamtstrafenbeschluss des Amtsgerichts B. vom 10. Oktober 2007 - ... - unter Auflösung der bereits gebildeten Gesamtstrafen auf eine neue Gesamtgeldstrafe von 230 Tagessätzen zu je 25,00 Euro zurückgeführt.
Das rechtskräftige Urteil des Landgerichts B. beruht auf folgenden tatsächlichen Feststellungen:
‚Im November 2005 schloss der Angeklagte mit dem Zeugen W. einen Mietvertrag über das Einfamilienhaus ...straße ... in E. Zu welchem Zeitpunkt der Einzug erfolgen sollte, ließ sich nicht klären. Der Angeklagte verfügte jedenfalls bereits über einen Hausschlüssel und führte Arbeiten im Haus durch. Da im Haus Elektroarbeiten durchzuführen waren, setzte er sich fernmündlich mit der Firma Elektrotechnik F. GmbH & Co. KG in Verbindung. In einem Telefonat mit dem dort tätigen Zeugen P. gab er seinen Namen wahrheitswidrig mit ‚W.’ an.
In der Folgezeit suchte ihn am 09.12.2005 der Zeuge T. auf und führte in dem Haus Montagearbeiten durch. Gegenüber dem Zeugen T. gab der Angeklagte an, Vormieter hätten Schäden an der Elektrik hinterlassen und er nutze das Haus nunmehr selbst.
Der Montagebericht vom 09.12.2005 weist im Kopf unter der Rubrik ‚Auftraggeber’ die Eintragung ‚W., ...straße ..., ... E.’ auf. Diesen Bericht unterzeichnete der Angeklagte mit einem Namenszug, der mit einem ‚W’ beginnt und im Übrigen Ähnlichkeit mit dem Namen ‚W.’ aufweist.
Zu keinem Zeitpunkt wies er den Zeugen T. darauf hin, dass er nicht Eigentümer des Hauses bzw. die Person ‚W.’ sei.
Die an ‚Herrn W., ...straße ..., ... E.’ gerichtete Rechnung vom 13.12.2005 über 494,62 € erhielt der Angeklagte, er beglich sie jedoch nicht und leitete sie auch nicht an den Zeugen W. weiter.
Weitere Arbeiten gab der Angeklagte am 22.12.2005 in Auftrag. Nach Beendigung der Arbeiten unterzeichnete er auch diesen auf den Namen ‚W., ...straße ..., ... E.’ lautenden Montagebericht mit einem dem Namen Wolf ähnlichen Schriftzug.
Auch diese Rechnung über 30,97 € wurde an die Anschrift ‚Herrn W., ...straße ..., ... E.’ gerichtet. Eine Zahlung erfolgte ebenfalls nicht.'
Das Truppendienstgericht ist auch an diese tatsächlichen Feststellungen gemäß § 84 Abs. 1 Satz 1 WDO gebunden. Zu einem Lösungsbeschluss gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 WDO besteht keine Veranlassung, weil erhebliche Zweifel an der Richtigkeit auch dieser strafgerichtlichen Feststellungen nicht bestehen. Im Übrigen hat der frühere Soldat diese nicht in Abrede gestellt.“

14 b) Das zu den Anschuldigungspunkten 1 bis 6 festgestellte - vor seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr erfolgte außerdienstliche - Verhalten des früheren Soldaten hat die Truppendienstkammer jeweils als Verletzung der Pflicht gewertet, sich außer Dienst, außerhalb der dienstlichen Unterkunft und Anlagen so zu verhalten, dass er die Achtung und das Vertrauen, das seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG), wobei er als Vorgesetzter in Haltung und Pflichterfüllung ein schlechtes Beispiel gegeben habe (§ 10 Abs. 1 SG). Der frühere Soldat habe damit vorsätzlich ein Dienstvergehen im Sinne des § 23 Abs. 1 SG begangen, das angesichts des Gewichts der Pflichtverletzungen unter Berücksichtigung seiner Gesamtpersönlichkeit und seiner disziplinaren Vorbelastungen die Verhängung der Höchstmaßnahme in Gestalt der Aberkennung des Ruhegehalts erfordere.

15 Gegen das ihm am 23. Januar 2008 zugestellte Urteil hat der frühere Soldat am 21. Februar 2008 Berufung eingelegt und diese ausdrücklich auf die Maßnahmebemessung beschränkt. Er beantragt,
das angefochtene Urteil im Ausspruch über die Disziplinarmaßnahme zu ändern und ihn zu einer milderen Maßnahme zu verurteilen.

16 Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Entgegen der Auffassung der Truppendienstkammer handele es sich bei dem zu sanktionierenden, einheitlichen Dienstvergehen im Sinne des § 23 Abs. 1 SG nicht um einen derart erheblichen Rechtsverstoß, der die Höchstmaßnahme in Form der Aberkennung des Ruhegehalts rechtfertige. Die Truppendienstkammer habe die maßgeblichen Kriterien, die bei der Festlegung von Art und Höhe einer Disziplinarmaßnahme zu berücksichtigen seien, verkannt.

17 Die Kammer habe bereits die Bedeutung der zur Last gelegten Vermögensdelikte unzutreffend eingeordnet. Keines dieser Delikte habe einen dienstlichen Bezug aufgewiesen; sie beträfen ihn allein in seiner Eigenschaft als Privatmann. Das Schadensvolumen der von den Anschuldigungspunkten 1 bis 4 erfassten Versteigerungen auf der Internet-Plattform eBay und die nicht beglichene Rechnung für Handwerkerarbeiten (Anschuldigungspunkt 6) betrage lediglich einige Hundert Euro. Die Kammer habe nicht begründet, dass diese Verfehlungen erhebliches Gewicht hätten, zumal sie im Rahmen ihrer Feststellungen davon ausgegangen sei, dass die von den Anschuldigungspunkten 1 bis 3 erfassten Vorgänge sich lediglich auf geringwertige Sachen bezögen. Eine ernsthafte Beeinträchtigung der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit des früheren Soldaten sei hiermit nicht verbunden.

18 Hinsichtlich der von Anschuldigungspunkt 5 erfassten beiden uneidlichen gerichtlichen Falschaussagen habe die Truppendienstkammer die Beweggründe des früheren Soldaten unzutreffend gewertet. Diese Falschaussagen seien letztlich in demselben Strafverfahren erfolgt. Es sei dem früheren Soldaten darum gegangen, seine angeklagte Ehefrau zu schützen. Er habe sich damit in einer besonderen Zwangslage bei Erfüllung seiner Zeugenpflicht befunden. Diese Zwangslage hätte für ihn entgegen der Auffassung der Truppendienstkammer nicht durch die Inanspruchnahme des strafprozessualen Zeugenverweigerungsrechts vollständig beseitigt werden können. Dem trage auch die Regelung des § 157 StGB Rechnung, der für diese besondere Zwangslage - trotz prozessualer Zeugen- und Aussageverweigerungsrechte - eine Sanktionsmilderung vorsehe. Anlass zur Berücksichtigung dieser Regelung habe nicht zuletzt auch deshalb bestanden, weil der Truppendienstkammer spätestens aufgrund der Aussage des Leumundszeugen Oberst i.G. Po. in der Hauptverhandlung habe bekannt sein müssen, dass sich die familiären bzw. ehelichen Verhältnisse des früheren Soldaten als ausgesprochen schwierig darstellten. So habe der Leumundszeuge bei seiner Befragung bestätigt, dass die Ehefrau einen starken Einfluss auf ihren Ehemann habe. Aufgrund der besonderen Zwangslage, induziert durch die familiären Verhältnisse, ließen sich aus den beiden uneidlichen Falschaussagen keinerlei Rückschlüsse auf das dienstliche Verhalten ziehen, was aber die Truppendienstkammer angenommen habe.

19 Weiterhin habe die Truppendienstkammer in ihrem Urteil auch unterschätzt, dass die wirtschaftliche Zwangslage des früheren Soldaten für sein Verhalten mitbestimmend gewesen sei. Der frühere Soldat durchlaufe ein Privatinsolvenzverfahren, welches maßgeblich daraus resultiere, dass er ca. 300 000 € aus einer fehlgeschlagenen Hausfinanzierung zu zahlen habe. Die finanzielle Situation der Familie sei seit Jahren angespannt, wobei insbesondere anzumerken sei, dass gegenwärtig keines der Familienmitglieder krankenversichert sei. Ärztliche Behandlungen seien somit vom früheren Soldaten als Alleinverdiener zu finanzieren, was gerade im Hinblick auf die Epilepsieerkrankung seines Sohnes die finanzielle Drucksituation noch erhöhe. Die wirtschaftliche Zwangslage zusammen mit der Zunahme familiärer Spannungen habe dazu geführt, dass der frühere Soldat in den letzten Jahren seiner Dienstzeit unter erheblichem psychischen Druck gestanden habe, der sich zwangsläufig auch auf die Erfüllung der dienstlichen Verpflichtungen habe auswirken müssen. Die ersten disziplinaren Auffälligkeiten hätten sich, wie der Leumundszeuge Oberst i.G. Po. bekundet habe, erst Anfang der 90er Jahre gezeigt. Bis dahin sei er, der frühere Soldat, nach Einschätzung seiner Vorgesetzten ein guter Soldat gewesen. Während seiner rund 33-jährigen Dienstzeit habe er seinen dienstlichen Verpflichtungen in erheblichem Umfang beanstandungslos entsprochen. Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass sich die abgeurteilten Vorfälle auf einen Zeitraum beschränkten, der mittlerweile mehrere Jahre zurückliege. Insoweit hätten sowohl die strafrechtlichen Verurteilungen als auch die disziplinarrechtlichen Maßnahmen Wirkung gezeigt. Auch dies habe die Kammer bei der Prüfung einer milderen Disziplinarmaßnahme berücksichtigen müssen, was jedoch nicht geschehen sei.

20 Die Verhängung der Höchstmaßnahme in Gestalt der Aberkennung des Ruhegehalts stelle sich insgesamt als unverhältnismäßige disziplinarrechtliche Reaktion dar und sei daher zugunsten einer milderen Maßnahme aufzuheben.

III

21 Die Berufung hat keinen Erfolg.

22 1. Die zulässige Berufung des früheren Soldaten ist ausdrücklich auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme beschränkt. Der Senat hat daher die Tat- und Schuldfeststellungen sowie deren rechtliche Würdigung durch die Truppendienstkammer seiner Entscheidung zugrunde zu legen und auf dieser Grundlage über die zu verhängende Disziplinarmaßnahme zu befinden.

23 a) Anhaltspunkte dafür, dass in dem angefochtenen Urteil der Truppendienstkammer keine hinreichenden und widerspruchsfreien tatsächlichen Feststellungen getroffen worden sind, was dazu führen würde, dass das Verfahren an einem schweren Mangel im Sinne des § 120 Abs. 1 Nr. 2 WDO bzw. § 121 Abs. 2 WDO leiden würde, der nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zur Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung führen kann (vgl. u.a. Urteil vom 1. Juli 2003 - BVerwG 2 WD 34.02 - BVerwGE 118, 262 <269> = Buchholz 235.01 § 108 WDO 2002 Nr. 2 jeweils m.w.N.; Beschlüsse vom 24. Februar 1966 - BDH 3 D 53/65 - BDHE 7, 37, vom 11. Mai 1978 - BVerwG 2 WD 36.78 - BVerwGE 63, 72 <74> = NZWehrr 1979, 32, vom 7. November 2007 - BVerwG 2 WD 1.07 - BVerwGE 130, 12 <19> = Buchholz 450.2 § 120 WDO 2002 Nr. 2 und vom 13. Januar 2009 - BVerwG 2 WD 5.08 -; Dau, WDO, 5. Aufl. 2009, § 120 Rn. 7), sind nicht ersichtlich.

24 b) Auch die Schuldfeststellungen und die rechtliche Würdigung des Fehlverhaltens durch die Truppendienstkammer sind hinreichend eindeutig und nicht widersprüchlich (vgl. dazu u.a. Urteile vom 1. Juli 2003 a.a.O. <268> m.w.N. und vom 10. Dezember 2008 - BVerwG 2 WD 8.08 - Rn. 11 f. m.w.N.; Dau, a.a.O., § 120 Rn. 7 m.w.N.). Sie lassen klar erkennen, dass der frühere Soldat mit seinem von der Truppendienstkammer festgestellten außerdienstlichen Fehlverhalten vorsätzlich die Dienstpflichten nach § 17 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 SG verletzte.

25 2. Die Berufung ist nicht begründet. Das Truppendienstgericht hat dem früheren Soldaten zu Recht das Ruhegehalt aberkannt. Allerdings war es nach den vom Senat zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des früheren Soldaten getroffenen Feststellungen zur Vermeidung einer unbilligen Härte geboten, den Zeitraum für die Gewährung eines Unterhaltsbeitrages über die im Gesetz vorgesehene Regeldauer von sechs Monaten hinaus auf insgesamt zwölf Monate zu verlängern.

26 Bei der konkreten Maßnahmebemessung ist von der von Verfassungs wegen (Art. 20 Abs. 1, Art. 103 Abs. 3 GG) allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen oder aufrechtzuerhalten („Wiederherstellung und Sicherung der Integrität, des Ansehens und der Disziplin in der Bundeswehr“, vgl. dazu u.a. BVerfG, Beschlüsse vom 2. Mai 1967 - 2 BvL 1/66 - BVerfGE 21, 391 <406> = NJW 1967, 1654 und vom 26. Mai 1970 - 1 BvR 668/68, 1 BvR 710/68, 1 BvR 337/69 - BVerfGE 28, 264 = NJW 1970, 1731; BVerwG, Urteile vom 5. August 2008 - BVerwG 2 WD 14.07 - und vom 11. Juni 2008 - BVerwG 2 WD 11.07 - DVBl 2008, 1521 (LS) = DokBer 2009, 15, jeweils m.w.N.). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des früheren Soldaten zu berücksichtigen.

27 Danach ist die von der Truppendienstkammer nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 WDO verhängte Disziplinarmaßnahme einer Aberkennung des Ruhegehalts geboten.

28 a) Nach seiner „Eigenart und Schwere“ hat das Dienstvergehen des früheren Soldaten erhebliches Gewicht.

29 Die Schwere des Dienstvergehens bestimmt sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlung(en), mithin also nach der Bedeutung der verletzten Dienstpflicht(en). Ein Verstoß gegen die in § 17 Abs. 2 Satz 2 SG normierte Pflicht eines jeden Soldaten, sich außer Dienst außerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen so zu verhalten, dass er die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt, wiegt nicht leicht. Bereits ein einmaliger während eines Wehrdienstverhältnisses erfolgter schuldhafter Verstoß gegen § 17 Abs. 2 Satz 2 SG hat nach der Rechtsprechung des Senats Gewicht (stRspr, vgl. u.a. Urteile vom 18. September 2003 - BVerwG 2 WD 3.03 - <insoweit jeweils nicht veröffentlicht in BVerwGE 119, 76, Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 11 und NZWehrr 2005, 122>, vom 1. März 2007 - BVerwG 2 WD 4.06 - Buchholz 449 § 10 SG Nr. 56 = NZWehrr 2007, 214 und vom 22. Mai 2007 - BVerwG 2 WD 13.06 - jeweils m.w.N.). Es geht dabei nicht um eine bloße Nebenpflicht. Denn die Pflicht jedes Soldaten zur Achtungs- und Vertrauenswahrung auch im außerdienstlichen Bereich hat wegen ihres funktionellen Bezugs zur Erfüllung der grundgesetzmäßigen Aufgaben der Streitkräfte und zur Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebs erhebliche Bedeutung. Ein Soldat, insbesondere ein Vorgesetzter, bedarf der Achtung und des Vertrauens seiner Kameraden, insbesondere seiner Untergebenen sowie seiner militärischen Vorgesetzten, um seine Aufgabe so zu erfüllen, dass der ordnungsgemäße Ablauf des militärischen Dienstes gewährleistet ist. Das in ihn gesetzte und erforderliche Vertrauen in seine persönliche Integrität wird in erheblichem Maße erschüttert, wenn ein Soldat im außerdienstlichen Bereich Straftaten begeht. Denn er offenbart damit, dass er auch vor der Begehung kriminellen Unrechts nicht zurückschreckt.

30 Im vorliegenden Falle sind die schuldhaften Pflichtverletzungen des früheren Soldaten, die sich zwar durchweg außerdienstlich, jedoch (von Juli 2004 bis Dezember 2005) noch während seiner - erst mit Ablauf des 31. Juli 2006 beendeten - Bundeswehrdienstzeit ereigneten, in ihrem Unrechtsgehalt vor allem dadurch gekennzeichnet, dass es sich in allen Fällen um strafbares Verhalten handelte, das auch zu entsprechenden Verurteilungen durch die Strafgerichte führte. Erschwerend wirkt sich aus, dass der frühere Soldat nicht nur einmal, sondern mehrfach straffällig wurde.

31 Der Schwerpunkt seines Fehlverhaltens lag dabei in seinen zwei falschen uneidlichen Aussagen vor dem Amtsgericht E. und vor dem Landgericht B. (Anschuldigungspunkt 5). Zu den Grundpflichten jedes Zeugen - zumal eines Soldaten - gehört, die staatlichen Gerichte bei der Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben zu unterstützen. Wer vor Gericht falsch aussagt, erschwert die Wahrheitsfindung durch das Gericht oder macht sie gar unmöglich. Er nimmt in Kauf, dass damit eine gerichtliche Fehlentscheidung herbeigeführt werden kann, die geeignet ist, das Vertrauen in die staatliche Rechtspflege zumindest bei den Betroffenen zu erschüttern. Das offenbart einen erheblichen Charaktermangel. Hinzu kommt, dass ein Soldat mit einer Falschaussage vor Gericht zeigt, dass man sich auf seine Glaubwürdigkeit nicht verlassen kann. Dies ist für sein Dienstverhältnis von erheblicher Bedeutung, was nicht zuletzt die Bestimmung des § 13 Abs. 1 SG belegt. Sie macht deutlich, welche Bedeutung der Gesetzgeber der Pflicht jedes Soldaten zu wahrheitsgemäßen Angaben und Bekundungen beimisst (Urteile vom 13. Dezember 1972 - BVerwG 2 WD 30.72 - BVerwGE 46, 41 m.w.N. und vom 25. September 1987 - BVerwG 2 WD 24.87 -).

32 Aber auch die von den Anschuldigungspunkten 1 bis 4 erfassten Betrugshandlungen bei Versteigerungen von Gegenständen über die Internetplattform Ebay sowie die beiden Betrugshandlungen zu Lasten der Fa. F. am 9. und 22. Dezember 2005 (Anschuldigungspunkt 6) sind schon aufgrund ihres kriminellen Unrechtsgehalts schwerwiegend.

33 Bei der Bewertung der Eigenart und Schwere des Dienstvergehens ist ferner zu berücksichtigen, dass es sich bei dem früheren Soldaten zum Zeitpunkt der Dienstpflichtverletzung um einen Portepeeunteroffizier handelte. Seine Stellung erforderte es, dass er als Soldat mit einem Vorgesetztendienstgrad - auch wenn er aufgrund anderer Verfehlungen bereits seit dem 1. April 2004 gemäß § 126 WDO vorläufig des Dienstes enthoben war - in Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel zu geben hatte (§ 10 Abs. 1 SG). Je höher ein Soldat in den Dienstgradgruppen steigt, umso größer sind dann auch die Anforderungen, die an seine Zuverlässigkeit, sein Pflichtgefühl und sein Verantwortungsbewusstsein gestellt werden müssen, und umso schwerer wiegt eine Pflichtverletzung, die er sich zuschulden kommt lässt (vgl. Urteile vom 9. Juli 1991 - BVerwG 2 WD 41.90 - BVerwGE 93, 126 <132> = NZWehrr 1994, 254 und vom 24. Juni 1992 - BVerwG 2 WD 62.91 - BVerwGE 93, 265 = NZWehrr 1993, 76). Durch sein Fehlverhalten, das geeignet war, zur erheblichen Minderung seiner Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit sowohl bei Kameraden, insbesondere bei Untergebenen und Vorgesetzten beizutragen, hat der frühere Soldat ein sehr schlechtes Beispiel gegeben.

34 b) Die Auswirkungen des Dienstvergehens betrafen hinsichtlich der Betrugshandlungen zahlreiche Personen. Diese wurden durch die Handlungen des früheren Soldaten geschädigt. Bei isolierter Betrachtung wurden zwar teilweise (Anschuldigungspunkte 1 bis 3 jeweils ca. 15 bis 20 €; Anschuldigungspunkt 4: ca. 234 €; Anschuldigungspunkt 6: insgesamt ca. 525 €) Vermögensschäden in relativ geringer Höhe verursacht. Dies vermag den früheren Soldaten jedoch nicht zu entlasten. Bei den über die Internetplattform eBay begangenen Betrugshandlungen handelte es sich um keine Einzelfälle. Der frühere Soldat handelte gleichsam als „Serientäter“. Wie sich aus dem rechtskräftigen Urteil des Amtsgericht E. vom 16. Juni 2005 ergibt, waren die vier von den Anschuldigungspunkten 1 bis 4 erfassten Straftaten nur die „Spitze eines Eisbergs“. Denn der frühere Soldat wurde in mindestens weiteren neun Fällen wegen ähnlicher über die Internetplattform eBay begangener Betrugshandlungen rechtskräftig verurteilt. Auch wenn jene weiteren neun Fälle von der Wehrdisziplinaranwaltschaft im vorliegenden Verfahren nicht angeschuldigt worden sind, ergibt sich aus ihnen jedoch, dass das von den Anschuldigungspunkten 1 bis 4 erfasste Verhalten des früheren Soldaten nicht isoliert betrachtet werden kann. Es steht in einem kriminellen Gesamtzusammenhang, bei dem es dem früheren Soldaten ersichtlich darauf ankam, das Vermögen anderer zu schädigen, um sich in rechtswidriger Weise zu bereichern. Die Tatumstände und die Vielzahl der getätigten Geschäfte legen sogar den Schluss nahe, dass der frühere Soldat bewusst zumeist Waren, die er dann aber nicht auslieferte, zu einem relativ geringen Verkaufspreis über die Internetplattform eBay anbot, um das Risiko zu mindern, dass Geschädigte die Sache nicht auf sich beruhen ließen, sondern Strafanzeige erstatteten. Das bedarf hier jedoch keiner näheren Feststellungen.

35 Hinsichtlich der Auswirkungen seines Dienstvergehens ist ferner zu berücksichtigen, dass zu den vorgenannten sechs Betrugsstraftaten noch weitere Straftaten hinzukommen, insbesondere die von Anschuldigungspunkt 5 erfassten beiden uneidlichen Falschaussagen in dem gegen seine Ehefrau geführten Strafverfahren vor dem Amtsgericht E. und im Berufungsverfahren vor dem Landgericht B.. Zwar hatten diese vorsätzlichen Falschaussagen des - damals noch in einem aktiven Wehrdienstverhältnis stehenden - früheren Soldaten keinen unmittelbaren Einfluss auf den Ausgang jener Strafverfahren, da die Strafgerichte die Aussagen als offensichtlich falsch werteten und ihnen nicht folgten. Dies kann den früheren Soldaten aber nicht entlasten, denn es war nicht sein Verdienst, dass die gerichtliche Beweiswürdigung aufgrund anderer zur Verfügung stehender Beweismittel ein Fehlurteil verhinderte (vgl. dazu Urteile vom 13. Dezember 1972 a.a.O. <45> und vom 8. Mai 2003 - BVerwG 2 WD 45.02 - Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 5).

36 Negative Auswirkungen des Dienstvergehens des früheren Soldaten ergaben sich ferner aus den strafgerichtlichen Verfahren. Das dabei erfolgende Bekanntwerden der kriminellen Verfehlungen - nicht nur bei der Polizei und den mit der Strafverfolgung und Durchführung des Strafverfahrens befassten Organen, sondern auch in der Öffentlichkeit aufgrund der in öffentlicher Verhandlung verhandelnden Strafgerichte - war geeignet, in diesem Kontext den guten Ruf der Bundeswehr und ihrer Angehörigen zu belasten. Denn es wurde damit dem Eindruck Vorschub geleistet, dass sich in den Reihen der Bundeswehr Soldaten befinden, die nicht davor zurückschrecken, in krimineller Weise Betrugshandlungen unter anderem über die Internetplattform eBay zu begehen sowie zur Verdeckung von Straftaten vor Gericht falsch auszusagen. Diesen von ihm veranlassten negativen Eindruck muss sich der frühere Soldat nach der ständigen Rechtsprechung des Senats zurechnen lassen (vgl. u.a. Urteile vom 13. März 2003 - BVerwG 1 WD 2.03 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 235.01 § 84 WDO 2002 Nr. 2>, vom 6. Mai 2003 - BVerwG 2 WD 29.02 - <insoweit jeweils nicht veröffentlich in BVerwGE 118, 161 und Buchholz 235.01 § 107 WDO 2002 Nr. 1>, vom 26. November 2003 - BVerwG 2 WD 7.03 - Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 14 und vom 13. Juni 2006 - BVerwG 2 WD 1.06 -).

37 Nach den vom Senat getroffenen Feststellungen wurde das Dienstvergehen des früheren Soldaten auch in der Bundeswehr bekannt und beeinträchtigte sein Ansehen und damit seine dienstliche Verwendungsfähigkeit. Dies hat der als Leumundszeuge vernommene frühere Disziplinarvorgesetzte Oberst i.G. Po. in der Berufungshauptverhandlung ausdrücklich und glaubhaft bestätigt. Die im vorangegangenen gerichtlichen Disziplinarverfahren mit Wirkung vom 1. April 2004 im Hinblick auf die Vorfälle vom 1., 2., 4. und 5. März 2004, die Gegenstand des gerichtlichen Disziplinarverfahrens BVerwG 2 WD 1.06 waren, bereits angeordnete vorläufige Dienstenthebung des früheren Soldaten blieb angesichts dessen bis zum Ablauf der Dienstzeit am 31. Juli 2006 aufrechterhalten. Die dadurch verursachten personalwirtschaftlichen Folgen für die Bundeswehr und den Dienstherrn fallen zulasten des früheren Soldaten erheblich ins Gewicht. Denn er konnte aufgrund dieser notwendig gewordenen und letztlich von ihm verursachten vorläufigen Dienstenthebung über einen mehrjährigen Zeitraum dienstlich nicht mehr eingesetzt werden, obwohl der Dienstherr weiterhin Dienstbezüge an ihn leistete. Die aufgrund der vorläufigen Dienstenthebung in der Dienststelle entstandene personelle Lücke musste der Dienstherr durch Nachbesetzung anderweitig und damit durch einen zusätzlichen Aufwand schließen.

38 c) Für das Maß der Schuld des früheren Soldaten fällt die von der Truppendienstkammer - für den Senat bindend - festgestellte vorsätzliche Begehensweise entscheidend ins Gewicht.

39 Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass der frühere Soldat im Sinne des § 21 StGB (analog) bei Tatbegehung nur vermindert schuldfähig war, liegen nicht vor. Gegenteiliges hat auch der - anwaltlich vertretene - frühere Soldat nicht geltend gemacht.

40 Milderungsgründe in den Umständen der Tat, die die Schuld des früheren Soldaten mindern würden, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Sie wären nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. u.a. Urteile vom 18. Juni 1996 - BVerwG 2 WD 10.96 - BVerwGE 103, 343 <347> = Buchholz 235.0 § 34 WDO Nr. 15, vom 1. Juli 2003 - BVerwG 2 WD 51.02 - und vom 13. Juni 2006 - BVerwG 2 WD 1.06 -) nur dann gegeben, wenn die Situation, in der der betreffende Soldat versagt hat, von so außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet war, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden konnte.

41 Die in der Rechtsprechung des Senats anerkannten Milderungsgründe eines Handelns unter schockartig ausgelöstem psychischen Zwang oder eines Handelns in einer ausweglos erscheinenden unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage, die auf andere Weise nicht zu beheben war, sind nicht erkennbar. Auch wenn davon auszugehen ist, dass sich der frühere Soldat im Tatzeitraum aufgrund seiner Verschuldung in einer schweren wirtschaftlichen Notlage befand, ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass diese unverschuldet und zudem auf andere Weise als durch die Begehung von Straftaten oder Dienstpflichtverletzungen nicht zu beheben war.

42 Ebenso wenig ist erkennbar, dass das Fehlverhalten des früheren Soldaten unter Umständen erfolgte, die es als unbedachte, im Grunde persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten erscheinen lassen. Dagegen spricht schon die Dauer des Fehlverhaltens, die dem früheren Soldaten hinreichende Gelegenheit bot, sich über sein jeweiliges weiteres Vorgehen klar zu werden und zu einem rechtmäßigen Verhalten zurückzukehren. Zudem war der frühere Soldat aufgrund seiner disziplinaren Vorbelastung ohnehin nicht tadelfrei im Sinne dieser Rechtsprechung des Senats.

43 Dass das Fehlverhalten des früheren Soldaten aus einer außergewöhnlichen situationsgebundenen Erschwernis bei der Erfüllung eines dienstlichen Auftrages resultierte (vgl. dazu u.a. Urteil vom 6. Mai 2003 - BVerwG 2 WD 29.02 - <insoweit jeweils nicht veröffentlicht in BVerwGE 118, 161, Buchholz 235.01 § 107 WDO 2002 Nr. 1 und NZWehrr 2004, 31>), ist ebenfalls nicht ersichtlich.

44 Konkrete Anhaltspunkte für ein Handeln in einer körperlichen oder seelischen Ausnahmesituation, die grundsätzlich einen Schuldmilderungsgrund aufgrund der Umstände der Tat begründen kann, hat der Senat für den gesamten vorliegend maßgeblichen Tatzeitraum (12. und 17. Juli 2004 <Anschuldigungspunkte 1 bis 3>, 20. Februar 2005 <Anschuldigungspunkt 4>, 10. November 2005 <Anschuldigungspunkt 5> und 9./22. Dezember 2005 <Anschuldigungspunkt 6> nicht festzustellen vermocht. In dem seinerzeit ebenfalls den früheren Soldaten betreffenden Berufungsverfahren BVerwG 2 WD 1.06 hatte der Senat im Urteil vom 13. Juni 2006 zu dem damals gegen ihn erhobenen Schuldvorwurf, der sich auf den Tatzeitraum vom 1. bis 5. März 2004 bezog, zwar ausgeführt:
„Bei der Gewichtung des gegen den Soldaten zu erhebenden Schuldvorwurfs ist seine damalige persönliche Situation zu berücksichtigen. Seine familiäre Situation war durch die Epilepsie-Erkrankung seines Sohnes seit Jahren belastet und angespannt. Der Sohn bedurfte besonderer Fürsorge und Betreuung, an der auch der Soldat nach seiner unwiderlegten Einlassung maßgeblich beteiligt war. Besonders belastend empfand der Soldat nach seinen glaubhaften Aussagen in der Berufungshauptverhandlung vor allem auch die empfundene Stigmatisierung seines Sohnes durch andere sowie die dem zugrunde liegenden negativen Voreinstellungen und Vorurteile des familiären Umfeldes. Hinzu kamen die besonderen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die aus den gravierenden Problemen des Soldaten mit einem Bauträger im Zusammenhang mit dem Erwerb des Eigenheimes resultierten. Der Soldat hat diese nachvollziehbar und glaubhaft in der Berufungshauptverhandlung dargelegt. Zweifel an der tatsächlichen Richtigkeit seiner diesbezüglichen Einlassungen sind nicht ersichtlich geworden. Diese besonderen Belastungen des Soldaten ergaben sich nicht nur aus den Streitigkeiten mit dem Bauträger, sondern auch aus den langjährigen aufwändigen Gerichtsverfahren, die der Kläger und seine Ehefrau zur Durchsetzung ihrer Ansprüche einleiteten und führten. Hieraus ergaben sich, nachdem sich die Zahlungsunfähigkeit des Bauträgers herausgestellt hatte, große finanzielle Belastungen, die sich noch heute in einem Schuldenstand von ca. 300 000 € niederschlagen. Auch die eigenen gesundheitlichen Belastungen des Soldaten im Zusammenhang mit seinem behandlungsbedürftigen Bluthochdruck wirkten sich nach einem im Februar 2004 erfolgten Medikamentenwechsel nachteilig auf die körperliche und seelische Belastbarkeit des Soldaten aus. Der als Zeuge in der Berufungshauptverhandlung vernommene Stationsarzt Ma. hat dies der Sache nach bestätigt, auch wenn er sich - verständlicherweise - an genaue Einzelheiten nicht mehr hat erinnern können. ‚All dies zusammen’ führte nach den glaubhaften Bekundungen des Soldaten dazu, dass er im Februar/März 2004 offenkundig nicht mehr in der Lage war, planvoll zu agieren. Er hatte, wie er in der Berufungshauptverhandlung glaubhaft dargelegt hat, damals ‚den tiefsten Punkt erreicht, den man erreichen kann’; über ihm sei ‚alles zusammengebrochen’; er habe einen ‚absoluten Durchhänger’ gehabt. Dazu trug nach den Feststellungen des Senats nicht unwesentlich bei, dass er im Kameradenkreis weithin isoliert war, zumal er sich - wie es in der Sonderbeurteilung vom 21. Januar 2005 heißt - anderen gegenüber im dienstlichen Umfeld ‚nur wenig öffnete’ und bei seinen Vorgesetzten und Kameraden als ‚unzuverlässig - mit wiederkehrenden nachteiligen Folgen für andere - empfunden’ wurde. Nach dem Eindruck seiner Vorgesetzten hatte der Soldat ‚in Bezug auf die Bundeswehr eine ‚innere Aufgabe’, vollzogen. Er vermittelte den Eindruck einer ‚wirklichkeitsfremden Wahrnehmung’. Für ihn schienen alle angesprochenen Probleme fremdverschuldet und damit die Situation aus seiner Sicht durch ihn nicht verbesserungsfähig zu sein. Eine nachhaltige fachtherapeutische Behandlung wurde ihm ungeachtet dessen im dienstlichen Bereich nicht zuteil. Die im außerdienstlichen Umfeld liegenden Ursachen für seine gravierenden Schwierigkeiten im dienstlichen Bereich konnten so nicht hinreichend identifiziert werden, sodass der Soldat mit seinen gesundheitlichen und persönlichen Problemen auf sich allein gestellt blieb. Damit war er letztlich überfordert. Die Situation, in der der Soldat versagt hat, war mithin von außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet.“

45 Allerdings hat der Senat bereits in jener Entscheidung vom 13. Juni 2006 nicht feststellen können,
„dass die schwierige wirtschaftliche, familiäre und gesundheitliche Situation von solchem Gewicht war, dass vom Soldaten ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden konnte (vgl. zu diesem in der ständigen Rechtsprechung des Senats anerkannten ‚Tatmilderungsgrund’ u.a. Urteile vom 1. September 1997 - BVerwG 2 WD 13.97 - BVerwGE 113, 128 <129 f.> = Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 16 = NZWehrr 1998, 83 <insoweit nicht veröffentlicht>, vom 1. Juli 2003 - BVerwG 2 WD 51.02 - m.w.N. und vom 26. Januar 2006 - BVerwG 2 WD 2.05 -). Denn der Soldat hat jedenfalls nicht alle ihm zu Gebote stehenden Schritte unternommen, um Hilfe und Unterstützung von anderen zu erhalten. Wie sich aus der Sonderbeurteilung durch seinen Disziplinarvorgesetzten und aus der Aussage des Zeugen Oberst i.G. Po. ergibt, war es für seine Vorgesetzten in seinem dienstlichen Umfeld schwierig, in näheren Kontakt mit ihm zu treten und herauszufinden, was ihn belastete und bedrückte. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Soldat mit dem gebotenen Nachdruck bei dem Truppenarzt und seinen Vorgesetzten auf eine intensive fachärztliche Abklärung seiner psychischen Probleme gedrängt hat. Dass er selbst seine Hilfebedürftigkeit erkannte, ergibt sich nicht zuletzt aus seinem - außerdienstlichen - Bemühen um eine psychotherapeutische Behandlung. Ungeachtet seiner von ihm wahrgenommenen gravierenden Schwierigkeiten im dienstlichen Umfeld ließ er aber ‚die Dinge treiben’ und ‚steckte den Kopf in den Sand’. Das muss sich der Soldat letztlich zurechnen lassen.“

46 Soweit der Senat in jener Entscheidung vom 13. Juni 2006 für den damals relevanten Tatzeitraum vom 1. bis 5. März 2004 festgestellt hatte, dass das
„Maß der Schuld des Soldaten ... im Hinblick auf die Umstände seines Dienstvergehens auch dadurch gemindert (wird), dass sowohl im Tatzeitraum als auch bereits in der davor liegenden Zeit nicht unerhebliche Defizite bei der Wahrnehmung der Dienstaufsicht durch seine Vorgesetzten ihm gegenüber bestanden (vgl. zu diesem Tatmilderungsgrund u.a. Urteile vom 19. September 2001 - BVerwG 2 WD 9.01 - Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 48 = NVwZ-RR 2002, 514 <insoweit nicht veröffentlicht>, vom 17. Oktober 2002 - BVerwG 2 WD 14.02 - Buchholz 236.1 § 12 SG Nr. 19 = NZWehrr 2003, 127 = NVwZ-RR 2003, 366, vom 27. November 2003 - BVerwG 2 WD 6.03 -, vom 27. Januar 2004 - BVerwG 2 WD 2.04 - Buchholz 236.1 § 10 SG Nr. 52 = NZWehrr 2005, 79 = ZBR 2005, 257 und vom 26. Januar 2006 - BVerwG 2 WD 2.05 - Buchholz 449 § 7 SG Nr. 50)“,
gilt dies für den im vorliegenden Verfahren relevanten Tatzeitraum vom 12. Juli 2004 bis zum 22. Dezember 2005 nicht (mehr). Nachdem der frühere Soldat durch Urteil des Truppendienstgerichts Nord vom 21. Januar 2004 - Az: ... - wegen eines Dienstvergehens aus seinem ursprünglichen Dienstgrad eines Hauptfeldwebels in den Dienstgrad eines Oberfeldwebels herabgesetzt worden war, wurde er im Hinblick auf die von diesem Urteil erfassten schuldhaften Dienstpflichtverletzungen mit Wirkung vom 1. April 2004 vorläufig des Dienstes enthoben. Ferner wurde er durch das weitere Urteil des Truppendienstgerichts Nord vom 10. August 2004 - Az: ... - wegen weiterer schuldhafter Dienstpflichtverletzungen in den Dienstgrad eines Feldwebels herabgesetzt. Ungeachtet dessen beging der (damals bereits seit mehreren Monaten vorläufig des Dienstes enthobene) frühere Soldat am 12. und 17. Juli 2004 sowie am 20. Februar, 10. November, 9. und 22. Dezember 2005 außerdienstlich die weiteren schuldhaften Dienstpflichtverletzungen, die Gegenstand des vorliegenden Verfahrens sind. Es ist nicht ersichtlich, in welcher Weise seine Vorgesetzten durch Maßnahmen der Dienstaufsicht diese außerdienstlich begangenen Straftaten hätten verhindern können. Für sein Fehlverhalten war der vorsätzlich handelnde frühere Soldat selbst verantwortlich. Anhaltspunkte dafür, dass er aufgrund gesundheitlicher Beeinträchtigungen nicht mehr eigenverantwortlich handeln konnte, sind nicht erkennbar. Der von ihm in den früheren Verfahren angeführte Wechsel eines Medikamentes gegen Bluthochdruck und die damit verbundenen gesundheitlichen Umstellungsprobleme lagen Monate zurück. Gegenteiliges hat der frühere Soldat zudem nicht geltend gemacht.

47 Soweit er im Berufungsverfahren vorgebracht hat, er habe bis zu seiner im Oktober/November 2008 erfolgten Trennung von seiner Ehefrau unter deren „Pantoffeln“ gestanden und sei gleichsam der „Familiensklave“ gewesen, vermag auch dies seine Verantwortlichkeit für sein Fehlverhalten nicht zu beseitigen. Denn ihm war jedenfalls durch das Urteil des Truppendienstgerichts vom 21. Januar 2004 und durch die mit Wirkung vom 1. April 2004 erfolgte vorläufige Dienstenthebung bereits unmissverständlich vor Augen geführt worden, welch gravierende Folgen schuldhafte Dienstpflichtverletzungen nach sich ziehen können. Ungeachtet dessen beging er bereits im Juli 2004 die hier in Rede stehenden neuen Dienstpflichtverletzungen. Selbst wenn man unterstellt, der frühere Soldat habe sein Verhältnis zu seiner Ehefrau zutreffend gekennzeichnet und habe sich ihrer Einflussnahme kaum erwehren können, folgt daraus keine Situation, die von so außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet war, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes, seine Dienstpflichten und die Strafgesetze beachtendes Verhalten des früheren Soldaten nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden konnte. Sein Verschulden bestand dann jedenfalls darin, es unterlassen zu haben, diese Situation, die ohnehin keinesfalls die Begehung von Straftaten hätte rechtfertigen oder entschuldigen können, zu ändern. Der frühere Soldat hat jedoch - wie er selbst eingeräumt hat - keinerlei Schritte unternommen, um aus der von ihm geschilderten Lage herauszukommen. Er hat nach seinen eigenen Angaben nicht einmal versucht, zusammen mit seiner Ehefrau oder gegebenenfalls auch allein eine ärztliche oder anderweitige professionelle Beratung und Hilfe zu erhalten. Seine offenkundigen finanziellen Schwierigkeiten standen dem schon deshalb nicht entgegen, weil er als Soldat der Bundeswehr Anspruch auf Heilfürsorge hatte. Abgesehen davon musste ihm als erfahrenen Soldaten mit einer über dreißigjährigen Dienstzeit - auch ohne ärztliche oder therapeutische Hilfe - klar sein, dass er zur (scheinbaren) Milderung der finanziellen Schwierigkeiten seiner Familie keinesfalls Straftaten begehen durfte, selbst wenn - wie er in der Berufungsverhandlung vorgebracht hat - seine Ehefrau solches von ihm erwartet haben sollte. Dies wusste er auch. Soweit er geltend macht, er sei ungeachtet dessen „mit Scheuklappen durch die Welt gelaufen“, vermag ihn dies nicht zu entlasten.

48 Auch sonstige Schuldmilderungsgründe sind nicht ersichtlich.

49 d) Die Beweggründe für das Dienstvergehen des früheren Soldaten waren erkennbar eigennützig. Er wollte, wie er in der Berufungshauptverhandlung offen eingeräumt hat, mit den Betrugshandlungen seine finanziellen Probleme mildern. Ob die von ihm über die Internetplattform eBay angebotenen Waren, für die er jeweils den Kaufpreis kassierte, tatsächlich an die Käufer auch abgeschickt wurden, interessierte ihn nicht weiter. Dass er - wie er sich eingelassen hat - angeblich bei den eBay-Geschäften „einfach den Überblick verloren“ habe, hat ihn nicht davon abgehalten, mit seinem strafbaren Verhalten fortzufahren.

50 Um die Erreichung wirtschaftlicher Vorteile ging es ihm erkennbar auch bei den beiden Betrugshandlungen zulasten der Fa. Elektrotechnik F. GmbH & Co KG am 9./22. Dezember 2005, wobei er sich zu Täuschungszwecken wahrheitswidrig als Eigentümer des Hausgrundstücks ausgab, um - so seine Absicht - für die von ihm erteilten Handwerksaufträge finanziell nicht aufkommen zu müssen. Mit seinen uneidlichen Falschaussagen vor Gericht wollte er seine Ehefrau vor einer strafgerichtlichen Verurteilung schützen, um ihr Fehlverhalten zu decken und ihren diesbezüglichen Erwartungen an ihn Rechnung zu tragen. Dies war letztlich ebenfalls eigennützig und vermag den früheren Soldaten nicht zu entlasten. Sein Verhalten belegt, dass er bereit war, zur Erreichung privater Zwecke notfalls auch Straftaten zu begehen.

51 e) Zum Nachteil des früheren Soldaten wirkt sich im Hinblick auf die Zumessungskriterien „Persönlichkeit“ und „bisherige Führung“ vor allem aus, dass er seine Pflichtverletzungen am 12. Juli 2004 (Anschuldigungspunkte 1 und 2), am 17. Juli 2004 (Anschuldigungspunkt 3), am 20. Februar 2005 (Anschuldigungspunkt 4), am 10. November 2005 (Anschuldigungspunkt 5) sowie am 9. und 22. Dezember 2005 (Anschuldigungspunkt 6) beging, obwohl er bereits kurz zuvor mit dem seit dem 15. März 2005 rechtskräftigen Urteil des Truppendienstgerichts Nord (Az.: ...) vom 21. Januar 2004 wegen wiederholter Verstöße gegen die Dienstleistungs- und Gehorsamspflicht in den Dienstgrad eines Oberfeldwebels herabgesetzt worden war. Selbst nachdem er durch das Urteil des Truppendienstgerichts Nord vom 10. August 2004 zum Feldwebel degradiert worden war, beging er die von den Anschuldigungspunkten 4, 5 und 6 erfassten erneuten Pflichtverletzungen. Dies offenbart jedenfalls im Tatzeitraum ein äußerst geringes Maß an Einsichtsfähigkeit und an Bereitschaft, sich mit seinem gezeigten Fehlverhalten auseinanderzusetzen und zu einem von Straftaten und Dienstpflichtverletzungen freien Verhalten zurückzufinden.

52 Zugunsten des früheren Soldaten ist dagegen zu berücksichtigen, dass er mehr als 30 Jahre seinen Dienst - bis zu den festgestellten Dienstvergehen - ordnungsgemäß versah, dass er am 25. Oktober 1974 und am 14. März 1990 sogar jeweils eine förmliche Anerkennung wegen vorbildlicher Pflichterfüllung erhalten hatte und dass er außerdem seit Jahren berechtigt ist, das Abzeichen für Leistungen im Truppendienst und das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Bronze zu tragen. Allerdings liegen diese Auszeichnungen schon viele Jahre zurück. Zugunsten des früheren Soldaten spricht auch, dass er ausweislich der vorliegenden dienstlichen Beurteilungen über Jahre hinweg ansprechende dienstliche Leistungen erbrachte. Noch in den beiden letzten vor dem Dienstvergehen ergangenen planmäßigen Beurteilungen vom 18. August 2000 und vom 17. Juli 2002 wurden ihm im Wesentlichen ansprechende dienstliche Leistungen bescheinigt. In der Beurteilung vom 17. Juli 2002 wurden seine dienstlichen Leistungen zweimal mit der Wertung „6“ („Leistungen übertreffen sehr deutlich die Anforderungen“) und sechsmal mit „5“ („Leistungen übertreffen erheblich die Anforderungen“) bewertet. Allerdings ist festzustellen, dass die „Belastbarkeit“ und die „Einsatzbereitschaft“ des früheren Soldaten gegenüber früheren Beurteilungen bereits damals weniger positiv bewertet wurden. Anschließend fielen seine dienstlichen Leistungen deutlich ab. Die dem Senat vorliegenden Beurteilungen lassen erkennen, dass der frühere Soldat seitdem dienstlich kaum noch eingesetzt werden konnte.

53 In der Sonderbeurteilung vom 21. Januar 2005 wurden die dienstlichen Leistungen vom damaligen Fachgruppenleiter Oberst K. dreimal („Einsatzbereitschaft“, „Belastbarkeit“ und „Zusammenarbeit“) mit der Stufe „1“ („Leistungen entsprechen nicht den Anforderungen“), siebenmal mit „2“, einmal („Auffassungsgabe“) mit „3“ und einmal („Ausdruck“) mit „5“ („Leistungen übertreffen erheblich die Anforderungen“) bewertet. Die „Eignung und Befähigung“ des Soldaten wurden in dieser Sonderbeurteilung dreimal („Verantwortungsbewusstsein“, „Eignung zu Menschenführung/Teambefähigung“ sowie „Befähigung zur Einsatz- und Betriebsführung“) jeweils nur mit „A“ („Eignung und Befähigung sind mit Einschränkungen vorhanden“) sowie einmal („geistige Befähigung“) mit „B“ („Eignung und Befähigung sind vorhanden“) beurteilt. Hinsichtlich des „Verantwortungsbewusstseins“ wird ausgeführt, der Soldat habe im Beurteilungszeitraum weder die Fähigkeit noch den Willen gezeigt, „Verantwortung zu übernehmen“. Er habe auch weder versucht, „seine mangelnde Befähigung für die übertragene Aufgabe erkennbar zu verbessern noch die für die Fachaufgabe nachteilige Situation durch andere Maßnahmen zu verändern“.

54 Auch unter „Herausragende charakterliche Merkmale, Kameradschaft, berufliches Selbstverständnis, Bewährung im Einsatz und ergänzende Aussagen“ kommt dieses sehr schwache Leistungs- und Eignungsbild zum Ausdruck, wo es heißt:
„Hauptfeldwebel Sch. hat offensichtlich erhebliche Schwierigkeiten, sich in den ihm zugewiesenen Tätigkeitsbereich einzuarbeiten und in das Projektteam einzubringen. Nach Einweisung und klarer Auftragsdefinition ist er in der Lage, Aufgaben abzuarbeiten, sofern dies kontrolliert wird ...
Wiederholte Versuche u.a. des Dezernatsleiters und des Fachgruppenleiters, Hauptfeldwebel Sch. direkt im Gespräch oder unter Einschaltung über Dritte (Sozialhelfer, Pfarrer) Unterstützung bzw. Hilfestellung zukommen zu lassen, um gegebenenfalls im außerdienstlichen Umfeld liegende Ursachen der dienstlichen Situation zu identifizieren und eventuell beseitigen helfen zu können, müssen als gescheitert angesehen werden. Im Gespräch ergab sich der Eindruck einer ‚wirklichkeitsfremden Wahrnehmung’ des Hauptfeldwebels Sch.; für ihn schienen alle angesprochenen Probleme - sogar eigenes Fehlverhalten - fremdverschuldet und damit die Situation aus seiner Sicht durch ihn nicht verbesserungsfähig zu sein.
Hauptfeldwebel Sch. hat nach Eindruck seiner Vorgesetzten in Bezug auf die Bundeswehr eine ‚innere Aufgabe’ vollzogen, ein positives berufliches Selbstverständnis ist nicht mehr zu erkennen. Von Kameraden aller Dienstgradgruppen wird er gemieden.“

55 In den Verwendungshinweisen wird ihm in dieser Sonderbeurteilung dementsprechend hinsichtlich aller Verwendungsmöglichkeiten attestiert, seine Eignung sei „nicht erkennbar“. Der nächsthöhere Vorgesetzte, der Leiter des ...-Zentrums Oberst i.G. Po., stimmte dieser Sonderbeurteilung des Fachgruppenleiters „in jeder Hinsicht“ zu. Ergänzend führte er aus:
„Aus einer ganzen Reihe von Begegnungen mit Hauptfeldwebel Sch. habe ich den Eindruck eines eloquenten und durchaus intelligenten Soldaten, der jedoch keine Anstrengungen unternimmt, dies in dienstliche Leistungen umzusetzen. In der Durchführung seiner Aufgaben bedarf er strenger Dienstaufsicht. Im Falle stärkerer dienstlicher Belastungen, insbesondere wenn sie ihn außerhalb der täglichen Regeldienstzeit oder außerhalb des Standortes E. fordern, konnte man 2003/2004 fast davon ausgehen, dass er kurzfristig erkrankungsbedingt nicht verfügbar sein würde; insofern konnte man sich kaum auf ihn verlassen. Im Kameradenkreis ist Hauptfeldwebel Sch. isoliert, da er sich nur wenig öffnet und als unzuverlässig - mit wiederkehrend nachteiligen Folgen für andere - empfunden wird.“

56 Hinsichtlich der Verwendungshinweise brachte der Beurteilende dementsprechend zum Ausdruck:
„Ich sehe mich nicht in der Lage, Verwendungsvorschläge für Hauptfeldwebel Sch. zu machen, die seiner Dienstgradebene und der damit verbundenen Verantwortung entsprechen. In meiner mehr als 34-jährigen Dienstzeit habe ich bisher keinen Berufsunteroffizier kennen gelernt, bei dem ich in derart geringem Maße auf den Willen zur dienstlichen Anstrengung und Kooperationsbereitschaft gestoßen bin wie bei Hauptfeldwebel Sch.. Eine Förderung kommt nach meiner Auffassung angesichts des Beurteilungsbildes, in Verbindung mit der kurzen Restdienstzeit, nicht in Betracht (insofern Verzicht auf eine Einstufung der Förderungswürdigkeit).“

57 Als Leumundszeuge hat der in der Hauptverhandlung vor der Truppendienstkammer im vorliegenden Verfahren vernommene Oberst i.G. Po., dem der frühere Soldat von Mai 2003 bis April 2004 unterstellt war, ergänzend ausgeführt und bekräftigt, es habe hinsichtlich der Verfügbarkeit, der Zuverlässigkeit, der Dienstauffassung und des Gehorsams fortlaufend erhebliche Probleme mit dem früheren Soldaten gegeben. Sein Verhalten sei von allen Mitarbeitern des ...-Amtes kritisch betrachtet worden. Dadurch, dass er bestimmte Dienste nicht angetreten habe, seien andere Mitarbeiter belastet worden. Er habe mit dem früheren Soldaten häufig Gespräche geführt. Schließlich habe dieser im ...-Zentrum nicht mehr eingesetzt werden können, insbesondere weil die Ehefrau die Mitarbeit bei der Sicherheitsüberprüfung verweigert und es keine Tätigkeit mehr gegeben habe, die nicht sicherheitsrelevant sei. Die disziplinaren Schwierigkeiten des früheren Soldaten hätten Anfang der 90er Jahre begonnen, zuvor sei er ein guter Soldat gewesen. Nach den Eindrücken seines Umfeldes übe seine Ehefrau starken Einfluss auf ihn aus. Eine nicht unerhebliche Rolle spiele auch die Anzahl der Kinder und die Erkrankung eines dieser Kinder. Der frühere Soldat habe sich im Mitarbeiterkreis völlig isoliert. Er habe keinen an sich herangelassen. Im Übrigen habe sich nicht verhindern lassen, dass die disziplinarrelevanten Vorfälle in der Vergangenheit im dienstlichen Bereich bekannt geworden seien. Diese in sich stimmige und nachvollziehbare Einschätzung hat Oberst i.G. Po. als Leumundszeuge in der Berufungshauptverhandlung in vollem Umfang glaubhaft bestätigt. Dabei hat er hervorgehoben, der frühere Soldat sei für Vorgesetzte und Kameraden „unzugänglich“ gewesen. Der dienstliche und persönliche Umgang mit ihm habe sich als „sehr schwierig bis fast unmöglich“ dargestellt. Er sei in einem hohen Maße unzuverlässig und ein „sehr schwer zu führender Mitarbeiter“ gewesen, der eine „sehr enge Dienstaufsicht“ erforderlich gemacht habe. Bei Vorgesetzten und im Kameradenkreise habe es geheißen: „Herr Sch. geht zum Dienst, wenn seine Frau ihm dies erlaubt.“ Der frühere Soldat habe auch wenig Bereitschaft zur Weiterbildung gezeigt, sodass er in dem IT-Bereich aus fachlichen Gründen kaum mehr habe eingesetzt werden können. Stattdessen sei er deshalb mit „organisatorischen Aufgaben“ betraut worden. Der frühere Soldat sei in seinen letzten Dienstjahren für sein dienstliches Umfeld im Grunde genommen eine „ständige Belastung“ gewesen. Die Verantwortlichkeit für Schwierigkeiten im dienstlichen Bereich habe er immer nur anderen zugeschoben. Er habe sich fast stets als „Opfer seiner Umgebung“ gesehen und ausgegeben. Alle Versuche, ihm angesichts der finanziellen und persönlichen Schwierigkeiten Hilfestellung(en) zu geben, etwa über den Sozialdienst der Bundeswehr, seien „im Sande verlaufen“, da sich der frühere Soldat letztlich nicht habe helfen lassen wollen. Er, der Zeuge, habe als Disziplinarvorgesetzter etwa im Jahre 2003 beantragt, die Dienstfähigkeit des früheren Soldaten untersuchen zu lassen. Die ärztlichen Untersuchungen unter Einschaltung eines Truppenpsychologen hätten jedoch klar ergeben, dass der frühere Soldat für „voll dienstfähig“ erklärt worden sei. Eine konkrete Behandlungsbedürftigkeit sei nicht festgestellt worden. Der Senat hat keine Veranlassung, diese Bekundungen des Zeugen in Zweifel zu ziehen, zumal ihnen der - anwaltlich vertretene - frühere Soldat in der Berufungshauptverhandlung nicht entgegengetreten ist.

58 f) Die gebotene Gesamtwürdigung des schuldhaften Fehlverhaltens des früheren Soldaten und die dafür erforderliche Abwägung aller be- und entlastenden Umstände hat ergeben, dass nach der Überzeugung des Senats die von der Truppendienstkammer verhängte Disziplinarmaßnahme einer Aberkennung des Ruhegehalts unabweisbar notwendig ist.

59 Die Verhängung der Höchstmaßnahme in Gestalt der Aberkennung des Ruhegehalts setzt bei einem Soldaten im Ruhestand nach § 58 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. § 65 Abs. 1 Satz 2 WDO voraus, dass die Entfernung aus dem Dienstverhältnis gerechtfertigt wäre, falls sich der Soldat im Ruhestand noch im Dienst befände. Dies wäre dann der Fall, wenn der betreffende Soldat durch sein Dienstvergehen bei der gebotenen objektiven Betrachtung das Vertrauen des Dienstherrn in seine persönliche Integrität und Zuverlässigkeit und damit eine zentrale Grundlage des Dienstverhältnisses in besonders grobem Maße erschüttert und letztlich zerstört hätte (vgl. u.a. Urteile vom 19. Juli 1995 - BVerwG 2 WD 9.95 - BVerwGE 103, 265 = Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 4 = NZWehrr 1996, 164, vom 6. Mai 2003 - BVerwG 2 WD 29.02 - BVerwGE 118, 161 = Buchholz 235.01 § 107 WDO 2002 Nr. 1 = NZWehrr 2004, 31 und vom 27. November 2003 - BVerwG 2 WD 6.03 -). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung dieser Frage ist dabei der Zeitpunkt, zu dem das Wehrdienstgericht nach Maßgabe des § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO über die Verhängung der gebotenen gerichtlichen Disziplinarmaßnahme zu entscheiden hat.

60 Nach diesem Maßstab wäre der frühere Soldat nach Auffassung des Senats - bei fiktiver Betrachtung - als Berufssoldat und auch als Soldat auf Zeit für den Dienstherrn untragbar, sodass seine Entfernung aus dem Dienstverhältnis geboten wäre. Es liegt bei objektiver Betrachtung zum hier maßgeblichen Zeitpunkt nicht nur eine grobe Erschütterung, sondern eine vollständige Zerstörung des Vertrauens des Dienstherrn in die persönliche Integrität und Zuverlässigkeit des früheren Soldaten vor, die, falls er sich noch im Dienst befände, sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen die Verhängung der Höchstmaßnahme erforderlich machen würde.

61 Aussagedelikte von Soldaten vor Gericht werden in ständiger Rechtsprechung des Senats stets als so schwerwiegend eingestuft, dass eine nach außen sichtbare Maßnahme erforderlich ist, und zwar bei vorsätzlichem Meineid grundsätzlich die Entfernung aus dem Dienstverhältnis (Urteile vom 13. Dezember 1972 - BVerwG 2 WD 30.72 - BVerwGE 117, 117 = Buchholz 236.1 § 13 SG Nr. 9 und vom 16. Oktober 2002 - BVerwG 2 WD 23.01 und 32.02 - NVwZ-RR 2003, 364 m.w.N.), bei uneidlicher Falschaussage die Herabsetzung in einen Mannschaftsdienstgrad (vgl. u.a. Urteile vom 7. Februar 1980 - BVerwG 2 WD 67.79 - BVerwGE 63, 331 = NZWehrr 1980, 190 = RiA 1980, 190 und vom 24. Oktober 1991 - BVerwG 2 WD 9.91 - BVerwGE 93, 171 = NZWehrr 1993, 78 = NVwZ-RR 1992, 643) und bei fahrlässiger Abgabe einer falschen Versicherung an Eides statt vor Gericht eine Dienstgradherabsetzung oder - in besonderen Fällen - eine laufbahnhemmende Pflichtenmahnung (Urteil vom 25. September 1987 - BVerwG 2 WD 24.87 -). Hieran hält der Senat zur Wahrung der im Interesse der Rechtssicherheit gebotenen Kontinuität der Rechtsprechung und im Hinblick auf das Gebot der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) sowie aus generalpräventiven Gründen fest. Die Dienstgradherabsetzung in einen Mannschaftsdienstgrad bildet deshalb bei einer vorsätzlichen uneidlichen Falschaussage für den Senat den Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen (vgl. auch Urteil vom 8. Mai 2003 - BVerwG 2 WD 45.02 - Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 5).

62 Da der frühere Soldat aufgrund der bereits zuvor erfolgten beiden Degradierungen den für einen früheren Berufssoldaten der Dienstgradgruppe der Unteroffiziere mit Portepee untersten Dienstgrad eines Feldwebels führt, scheidet im vorliegenden Fall gemäß § 62 Abs. 1 Satz 3 WDO eine weitergehende Degradierung in einen Mannschaftsdienstgrad jedoch aus. Damit kommen nach § 58 Abs. 2 Satz 1 WDO lediglich eine Kürzung des Ruhegehalts (Nr. 1), eine Herabsetzung in der Besoldungsgruppe (Nr. 2) oder die Höchstmaßnahme (Nr. 4) WDO in Betracht. Auf die Höchstmaßnahme darf dabei nicht allein deshalb zurückgegriffen werden, weil eine weitere Herabsetzung des Dienstgrades nicht mehr zulässig ist. Vielmehr muss dann, wenn eine an sich gebotene Dienstgradherabsetzung aufgrund der Sperr-Regelung des § 62 Abs. 1 Satz 3 WDO ausscheidet, - entgegen der früheren Rechtsprechung des Senats - in der Regel auf die nächst niedrigere gerichtliche Disziplinarmaßnahme zurückgegriffen werden, weil diese in einem solchen Falle zulässigerweise allein zur Verfügung steht, sofern die Voraussetzungen für die Verhängung der Höchstmaßnahme nicht erfüllt sind. Das folgt nicht nur aus dem Vorbehalt des Gesetzes, sondern auch aus dem verfassungsrechtlich gewährleisteten Gebot der Verhältnismäßigkeit, das es verbietet, anstelle der an sich gebotenen Disziplinarmaßnahme nur deshalb auf eine schwerere Maßnahme zurückzugreifen, weil es für die an sich gebotene gerichtliche Disziplinarmaßnahme aufgrund einer gesetzlichen Sperr-Regelung an einer gesetzlichen Grundlage fehlt. Im vorliegenden Fall kann jedoch ohnehin aus anderen Gründen von der Verhängung der Höchstmaßnahme nicht abgesehen werden. Dafür sind mehrere Umstände maßgebend.

63 Der frühere Soldat hat sich nach den getroffenen Feststellungen nämlich nicht nur einer, sondern zweier vorsätzlicher uneidlicher Falschaussagen schuldig gemacht. Daran ändert auch nichts, dass er einmal in erster Instanz und im gleichen Verfahren anschließend nochmals im Berufungsverfahren falsch aussagte. Von einer einmaligen Verfehlung kann insoweit keine Rede sein. Der frühere Soldat ist vom jeweiligen Vorsitzenden des Gerichts zuvor jedes Mal über seine Pflicht zur wahrheitsgemäßen Aussage eingehend belehrt und auf die strafrechtlichen Folgen einer eidlichen oder auch uneidlichen Falschaussage hingewiesen worden. Das ergibt sich aus dem jeweiligen Verhandlungsprotokoll und ist auch vom früheren Soldaten nicht bestritten worden. Ungeachtet dessen hat er sich jeweils dazu entschlossen, als Zeuge vorsätzlich die Unwahrheit zu sagen. Dieses zweifache kriminelle Fehlverhalten wiegt sehr schwer.

64 Weiterhin ist in die Abwägung einzustellen, dass der frühere Soldat nach den den Senat bindenden Feststellungen der Truppendienstkammer in weiteren sechs Fällen außerdienstliche Betrugshandlungen (§ 263 StGB) begangen hat. Bei einem außerdienstlich von einem Offizier begangenen Betrug nimmt der Senat in der Regel ebenfalls eine Dienstgradherabsetzung zum Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen (vgl. dazu u.a. Urteile vom 10. Juni 1987 - BVerwG 2 WD 12.87 - BVerwGE 83, 298 = NZWehrr 1988, 164, vom 21. Januar 1997 - BVerwG 2 WD 38.96 - BVerwGE 113, 45 = Buchholz 235.0 § 34 WDO Nr. 24 = NZWehrr 1997, 167, vom 25. Juli 1990 - BVerwG 2 WD 16.89 - BVerwGE 86, 309 = NZWehrr 1991, 116 und vom 28. November 2007 - BVerwG 2 WD 28.06 - BVerwGE 130, 65 = Buchholz 450.2 § 124 WDO 2002 Nr. 1 = DokBer 2008, 113). Bei einem Berufssoldaten, der im Tatzeitraum den Dienstgrad eines Hauptfeldwebels (bzw. seit der seit dem 15. März 2005 rechtskräftigen Verurteilung durch das Truppendienstgericht Nord den eines Oberfeldwebels) innehatte, ist jedenfalls bei sechs außerdienstlichen Betrugshandlungen ebenfalls von einer Dienstgradherabsetzung als Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen auszugehen. Bei einer solchen gerichtlichen Disziplinarmaßnahme kann es jedoch nur dann bleiben, wenn keine anderen schweren Pflichtverletzungen hinzutreten, was hier jedoch im Hinblick auf die beiden zuvor erörterten uneidlichen Falschaussagen der Fall ist, die jede für sich bereits die Herabsetzung in einen Mannschaftsdienstgrad erfordern.

65 Entscheidend zum Nachteil des früheren Soldaten fallen aber bei der Maßnahmebemessung neben der Vielzahl der schuldhaften - vorsätzlichen - Dienstpflichtverletzungen und dem kriminellen Unrechtsgehalt seines Fehlverhaltens seine erhebliche disziplinare Vorbelastung, seine in den letzten Jahren bis zu seinem Ausscheiden aus dem Dienst sehr unzureichenden dienstlichen Leistungen sowie seine in der Berufungshauptverhandlung sehr deutlich gewordene - langjährige - mangelnde Bereitschaft ins Gewicht, sich mit den Ursachen seines Fehlverhaltens in hinreichendem Maße auseinanderzusetzen und hieraus die notwendigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Dies zusammen genommen macht die Verhängung der Höchstmaßnahme in Gestalt einer Aberkennung des Ruhegehalts unausweichlich.

66 Der frühere Soldat hat durch sein hier in Rede stehendes, von den Anschuldigungspunkten 1 bis 6 erfasstes vielfaches kriminelles Fehlverhalten gezeigt, dass er aus den bereits zuvor gegen ihn verhängten gerichtlichen Disziplinarmaßnahmen nicht die gebotenen Konsequenzen für die Erfüllung seiner Dienstpflichten gezogen hat und offenkundig auch nicht dazu bereit war. Auch nachdem er durch Urteil des Truppendienstgerichts Nord vom 21. Januar 2004 wegen seiner damals festgestellten Dienstpflichtverletzungen in den Dienstgrad eines Oberfeldwebels herabgesetzt worden war und im Gefolge dessen mit Wirkung vom 1. April 2004 nach § 126 WDO vorläufig des Dienstes enthoben worden war, sah er sich nicht gehindert, bereits am 12. und 17. Juli 2004 (Anschuldigungspunkte 1 bis 3) erneut strafrechtlich und damit auch disziplinarrechtlich negativ in Erscheinung zu treten. Selbst der Umstand, dass er kurz darauf durch Urteil des Truppendienstgerichts Nord vom 10. August 2004 wegen weiterer schuldhafter Dienstpflichtverletzungen in den Dienstgrad eines Feldwebels herabgesetzt wurde, konnte ihn nicht dazu veranlassen, sich künftig in Übereinstimmung mit den Strafgesetzen zu verhalten und seine Dienstpflichten im außerdienstlichen Bereich ordnungsgemäß zu erfüllen. Die festgestellten Straftaten vom 20. Februar 2005 (Anschuldigungspunkt 4), 10. November 2005 und 1. Februar 2006 (Anschuldigungspunkt 5) sowie vom 9. und 22. Dezember 2005 (Anschuldigungspunkt 6) belegen dies unmissverständlich. Ersichtlich war es dem früheren Soldaten vollständig gleichgültig, was er mit seinem Fehlverhalten anrichtete und welche Konsequenzen für sich und andere damit verbunden waren. Dieses Verhalten offenbart ein Maß an Unbelehrbarkeit und Uneinsichtigkeit, das nicht nur bei einem im Wehrdienstverhältnis stehenden Soldaten, sondern auch bei einem Soldaten im Ruhestand das Vertrauensverhältnis zum Dienstherrn zerstört.

67 Dieses unabdingbare Vertrauensverhältnis ist auch in der Folgezeit nicht wieder hergestellt worden. Zwar sind zwischenzeitlich nach den dem Senat zur Verfügung stehenden Informationen keine weiteren Straftaten bekannt geworden. In der Berufungshauptverhandlung ist jedoch deutlich geworden, dass sich der frühere Soldat mit seinem festgestellten Fehlverhalten bisher nur relativ oberflächlich auseinandergesetzt hat. Obwohl in der Berufungshauptverhandlung am 13. Juni 2006 im Verfahren BVerwG 2 WD 1.06 ausgiebig mit ihm und dem als sachverständigen Zeugen vom Senat vernommenen Stationsarzt Ma. die möglichen psychischen und sozialen Hintergründe der Dienstpflichtverletzungen sowie die Notwendigkeit der Inanspruchnahme professioneller Hilfe erörtert worden war, hat es der frühere Soldat anschließend bis heute an den notwendigen Konsequenzen fehlen lassen. Er hat auf Befragen in der Berufungshauptverhandlung dem Senat lediglich davon berichten können, dass er sich in den letzten Wochen einige Male um einen „Termin“ in einer „psychologischen Praxis“ bemüht habe. Damit habe er aber noch keinen Erfolg gehabt. Eine nachvollziehbare Erklärung dafür, warum er sich mehr als zwei Jahre nach der vorerwähnten Berufungshauptverhandlung nicht um psychologische oder psychotherapeutische oder anderweitige professionelle Hilfe bemüht hat, hat er nicht zu geben vermocht. Zwar hat er angegeben, er und seine Kinder seien seit längerer Zeit nicht mehr krankenversichert, weil er glaube, die dafür erforderlichen Krankenkassenbeiträge nicht aufbringen zu können. Das damit verbundene erhebliche Risiko, die gesundheitliche Versorgung für sich und seine Familie zu gefährden, sei er mangels realistischer Alternativen eingegangen, auch wenn z.B. für seinen an Epilepsie leidenden Sohn jeden Monat erhebliche Kosten für Medikamente anfielen, die nicht in vollem Maße von der Beihilfe des Dienstherrn gedeckt werden. Die nach Abzug der Beihilfeleistungen verbleibenden Kosten in Höhe von ca. 120 bis 150 € monatlich bestreite er aus seinen Einkünften. Dies vermag jedoch sein Verhalten nicht zu rechtfertigen oder zu entschuldigen. Vielmehr offenbart auch dieses ein erhebliches Maß an Uneinsichtigkeit, Unbelehrbarkeit und an Bereitschaft, unübersehbare Risiken einzugehen, ohne die Folgen hinreichend zu bedenken. Trotz der von ihm geschilderten schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse sah sich der frühere Soldat freilich nicht gehindert, - nach seinen Angaben erfolgte dies im vergangenen Jahr - einen Pkw der Marke Peugeot 807 zu erwerben, durch dessen Haltung und Betrieb fortlaufend erhebliche Kosten entstehen. Diese muss der frühere Soldat neben den monatlichen Raten von 300 € für Zinsen und Tilgung des für den Pkw-Kauf aufgenommenen Kredits begleichen. Ein solches Verhalten, einerseits aus finanziellen Gründen vom Abschluss einer Krankenversicherung für sich und die Angehörigen seiner Familie Abstand zu nehmen, andererseits jedoch hohe monatliche Verpflichtungen für den Kauf, die Haltung und den Betrieb eines großen Pkws einzugehen, grenzt an Verantwortungslosigkeit.

68 In dieses Bild passt auch, dass sich der frühere Soldat trotz seiner für ihn und seine Familie sehr schwierigen wirtschaftlichen Situation nach seinen Angaben seit der mit Wirkung vom 1. April 2004 erfolgten vorläufigen Dienstenthebung und auch nach seinem mit Ablauf des 31. Juli 2006 erfolgten Eintritt in den Ruhestand nicht ernsthaft um eine Nebenbeschäftigung bemüht hat. Er hat weder bei den zuständigen Stellen um eine Nebentätigkeitsgenehmigung nachgesucht noch sich etwa bei der Bundesagentur für Arbeit nach Stellenangeboten erkundigt. Dies hat er in der Berufungshauptverhandlung auf Befragen ausdrücklich eingeräumt. Erst nach seiner im Oktober/November 2008 erfolgten Trennung von seiner Ehefrau und seiner Familie hat er eine Nebentätigkeit aufgenommen, aus der er bisher relativ geringe Einkünfte von ca. 100 bis 150 € monatlich erzielt. Einen nachvollziehbaren Grund dafür, dass er sich nicht schon früher um anderweitige Verdienstmöglichkeiten bemüht hat, hat er in der Berufungshauptverhandlung nicht anzugeben vermocht.

69 Mit der nach den Angaben des früheren Soldaten „dominanten“ und „diktatorischen“ Rolle seiner Ehefrau in allen die Familie betreffenden Fragen lässt sich sein Verhalten nicht erklären und entschuldigen. Auch insoweit war der frühere Soldat - wie ihm schon früher mehrfach durch seine Vorgesetzten und auch durch den in der Berufungshauptverhandlung als Leumundszeugen vernommenen früheren Disziplinarvorgesetzten bescheinigt worden ist - nicht bereit, eigene Verantwortlichkeiten in den Blick zu nehmen. Stattdessen sucht er - offenkundig bis heute - die Schuld und die Verantwortlichkeit für aufgetretene und auftretende Probleme in erster Linie bei anderen.

70 Er hat zwar sein im vorliegenden Verfahren in Rede stehendes eigenes Fehlverhalten eingeräumt. Die von ihm dabei gewählten und mehrfach wiederholten Formulierungen („habe Fehler gemacht, die mir heute auch leid tun“; „will nichts beschönigen“; „mir tut die ganze Sache leid“; „hätte ich etwas früher die Konsequenzen gezogen, wäre ich wohl besser gefahren“) machen jedoch deutlich, dass er sich mit den eigenen Versäumnissen und Fehlentscheidungen bisher nur sehr oberflächlich befasst hat. Bezeichnend dafür ist, dass er nicht auf konkretes eigenes Fehlverhalten und die dafür jeweils konkreten Ursachen eingegangen ist, sondern sich teilweise floskelhaft in stereotype Redewendungen flüchtete, die im Unverbindlichen verbleiben. Auch um eine Wiedergutmachung des von ihm durch seine Straftaten angerichteten Schadens war er ersichtlich erst bemüht, nachdem ihn im Dezember 2008 eine entsprechende gerichtliche Anfrage erreicht hat.

71 Dieses Gesamtverhalten reicht nicht aus, um die durch sein festgestelltes langjähriges gravierendes Fehlverhalten bewirkte Zerstörung des Vertrauens des Dienstherrn in seine persönliche Integrität und Zuverlässigkeit auszugleichen oder auch nur wesentlich zu mindern.

72 Zudem ist in generalpräventiver Hinsicht zu berücksichtigen, dass angesichts der Vielzahl der kriminellen Verfehlungen des früheren Soldaten, ihres erheblichen Gewichts sowie seiner gezeigten Unbelehrbarkeit jeder Eindruck einer Bagatellisierung der schuldhaften Dienstpflichtverletzungen vermieden werden muss, die nach den glaubhaften Bekundungen des Zeugen Po. im dienstlichen Umfeld des früheren Soldaten bekannt geworden sind. Der Umstand, dass der frühere Soldat seit dem 1. April 2004 vorläufig des Dienstes enthoben war und mit Ablauf des 31. Juli 2006 in den Ruhestand getreten ist, gibt zu einer anderen Beurteilung keine Veranlassung. Aus generalpräventiven Gründen erscheint es dem Senat notwendig, unmissverständlich deutlich zu machen, dass ein gravierendes, über Jahre hinweg erfolgendes wiederholtes kriminelles und disziplinares Fehlverhalten eines Soldaten nicht ohne schwerwiegende disziplinarrechtliche Konsequenzen bleibt, und zwar auch dann, wenn der betreffende Soldat relativ kurze Zeit danach in den Ruhestand tritt und aus der Bundeswehr ausscheidet.

73 Damit ist die Verhängung der Höchstmaßnahme in Gestalt der Aberkennung des Ruhegehalts unabweislich.

74 3. Im Hinblick auf die objektiv sehr schwierige finanzielle Situation des früheren Soldaten und seiner Familienangehörigen hat der Senat jedoch das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 65 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 WDO bejaht und den Zeitraum für den Bezug des Unterhaltsbeitrages über die im Gesetz als Regelfall vorgesehene Dauer von sechs Monaten hinaus auf insgesamt zwölf Monate verlängert. Zur Vermeidung einer unbilligen Härte ist dies notwendig, weil der 55jährige frühere Soldat mit der durch dieses Urteil erfolgenden Aberkennung des Ruhegehalts nach § 65 Abs. 1 WDO die Rechte als Soldat im Ruhestand, insbesondere den Anspruch auf Ruhegehalt und den Anspruch auf den noch nicht ausgezahlten Ausgleich nach § 38 SVG verliert. Er wird zwar bei der gesetzlichen Rentenversicherung nachversichert. Eine Rente wird er jedoch erst bei Eintritt des Renteneintrittsalters erhalten. Zudem wird es schon aufgrund seines Alters und seiner Behinderung für ihn in der gegenwärtigen Wirtschaftslage nicht leicht werden, bald eine neue Beschäftigung zu finden, aus der er seinen Lebensunterhalt und den seiner Familie bestreiten kann. Zwar hat es, wie oben in anderem Zusammenhang dargelegt, bisher seit Jahren an entsprechenden Bemühungen des früheren Soldaten gefehlt, eine geeignete Verdienstmöglichkeit zu finden. Dies ändert jedoch nichts an der nunmehr außergewöhnlich schwierigen wirtschaftlichen Situation, auf die er sich einzustellen hat, zumal er erhebliche Unterhaltsleistungen an seine Ehefrau und seine Kinder zu erbringen hat. Angesichts der vom Senat festgestellten konkreten Umstände bedarf es insoweit keiner weiteren Glaubhaftmachung der tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen einer unbilligen Härte im Sinne von § 63 Abs. 3 Satz 2 WDO. Eine ausdrückliche Antragstellung sieht das Gesetz nicht vor.

75 4. Da die Berufung des früheren Soldaten keinen Erfolg hat, hat er gemäß § 139 Abs. 2 WDO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen ganz oder teilweise dem Bund aufzuerlegen, ist gemäß § 140 Abs. 5 Satz 2 WDO unzulässig.