Verfahrensinformation



Die Kläger, ein Fährbetrieb (BVerwG 9 A 2.23) sowie zwei anerkannte Umweltvereinigungen (BVerwG 9 A 3.23), wenden sich gegen den Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss des Beklagten zu dem Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2014 für den Neubau der Bundesautobahn A 20 – Nord-West-Umfahrung Hamburg; Teilstrecke von der Landesgrenze Schleswig-Holstein/Niedersachsen (Mitte Elbstrom) bis zur Bundesstraße 431 – vom 9. Januar 2023. Auf die Klagen dreier Umweltverbände – darunter die Kläger des Verfahrens BVerwG 9 A 3.23 – stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 28. April 2016 – BVerwG 9 A 9.15 und 9 A 10.15 – fest, dass der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss wegen einer fehlenden Öffentlichkeitsbeteiligung bzgl. des Wasserrechtlichen Fachbeitrags, der erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens erstellt worden war, rechtswidrig und nicht vollziehbar war. Weitere Klagen, darunter diejenige der Rechtsvorgängerin des Fährbetriebs, wies das Gericht mit Urteilen vom selben Tag ab. Der angefochtene Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss ändert auf der Grundlage eines neuen Wasserrechtlichen Fachbeitrags die Vorkehrungen zur Reinigung des Straßenoberflächenabwassers sowie die zunächst festgesetzten Einleitungsstellen und legt fest, dass das Prozesswasser für einzeln benannte Parameter bei der Wiedereinleitung in die Elbe deren Vorbelastungswerte nicht übersteigen darf.


Beschluss vom 09.06.2023 -
BVerwG 9 VR 1.23ECLI:DE:BVerwG:2023:090623B9VR1.23.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 09.06.2023 - 9 VR 1.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:090623B9VR1.23.0]

Beschluss

BVerwG 9 VR 1.23

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. Juni 2023
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler
als Berichterstatter gemäß § 87a Abs. 1 und 3 VwGO
beschlossen:

  1. Das Verfahren über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird eingestellt.
  2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 15 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, nachdem die Beteiligten es mit Schriftsätzen vom 28. April 2023 und 10. Mai 2023 in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

2 Über die Kosten des Verfahrens entscheidet das Gericht gemäß § 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO nach billigem Ermessen, wobei der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen ist. Danach sind die Kosten des Verfahrens vorliegend dem Antragsgegner aufzuerlegen. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen:

3 Die Antragstellerin wendet sich gegen den Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss des Antragsgegners zum Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2014 für den Neubau der Bundesautobahn A 20 - Nord-West-Umfahrung Hamburg, Teilstrecke von der Landesgrenze Schleswig-Holstein/Niedersachsen (Mitte Elbstrom) bis zur Bundesstraße 431. Das Bundesverwaltungsgericht hat den vorgenannten Planfeststellungsbeschluss mit Urteilen vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 (BVerwGE 155, 91) und 9 A 10.15 (juris) - auf die Klagen dreier Naturschutzvereine hin wegen eines gewässerschutzrechtlichen Fehlers für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt; die Klage der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin hat das Gericht hingegen abgewiesen (BVerwG, Urteil vom 28. April 2019 - 9 A 7.15 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 240). Der streitgegenständliche Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss dient der Heilung des vom Gericht festgestellten Fehlers.

4 Die Nebenbestimmung zu 1 Ziffer 1 des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Dezember 2014 in der in der mündlichen Verhandlung vom 13. April 2016 zu Protokoll erklärten Fassung bestimmt, dass der vorliegend inmitten stehende Abschnitt erst realisiert werden darf, wenn für den südwestlichen anschließenden Abschnitt auf niedersächsischem Gebiet (Elbquerung Niedersachsen) und einen sich daran anschließenden Abschnitt, der die Anbindung an das Straßennetz sicherstellt (Neubau des AK Kehdingen mit Anschluss an die L 111 und die K 27), sowie den in nordöstlicher Richtung anschließenden Planungsabschnitt 7 (A 20 - Abschnitt B 431 bis A 23) jeweils ein vollziehbarer Planfeststellungsbeschluss vorliegt, gegen dessen Vollziehbarkeit innerhalb der gesetzlichen Frist kein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer ggf. erhobenen Anfechtungsklage gestellt oder ein entsprechender Antrag im gerichtlichen Verfahren zurückgewiesen wurde. Bislang existiert ein - bestandskräftiger - Planfeststellungsbeschluss lediglich für die niedersächsische Hälfte der Elbquerung. Für die beiden anderen genannten Abschnitte rechnet der Antragsgegner jeweils frühestens im Frühjahr 2024 mit dem Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses.

5 Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt es an einem das Suspensivinteresse überwiegenden Vollzugsinteresse, wenn der Vorhabenträger während eines längeren Zeitraums keine baulichen Vollzugsmaßnahmen beabsichtigt. In einem solchen Fall liegt es nahe, die kraft Gesetzes (§ 17e Abs. 2 Satz 1 FStrG) bestehende sofortige Vollziehung bereits seitens der Planfeststellungsbehörde von Amts wegen gemäß § 80 Abs. 4 Satz 1 VwGO auszusetzen oder auf etwaige Vorabmaßnahmen zu begrenzen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. September 2001 - 4 VR 19.01 - NVwZ-RR 2002, 153 <153 f.>, vom 31. März 2011 - 9 VR 2.11 - NVwZ 2011, 820 Rn. 2, vom 1. März 2012 - 9 VR 7.11 - NVwZ 2012, 571 Rn. 6, vom 15. Mai 2012 - 9 VR 3.12 - juris Rn. 2 und vom 15. April 2013 - 9 VR 1.13 - juris Rn. 2). Der Behörde bleibt es hierdurch unbenommen, auf eine Änderung der Sachlage hin ihre Aussetzungsentscheidung aufzuheben mit der Folge, dass die gesetzliche Anordnung der sofortigen Vollziehung wiederauflebt und der Lauf der Antragsfrist nach § 17e Abs. 4 FStrG in Gang gesetzt wird (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 23. Juni 2009 - 9 VR 1.09 - NVwZ-RR 2009, 753 Rn. 2 und vom 1. März 2012 - 9 VR 7.11 - NVwZ 2012, 571 Rn. 8); an verwaltungsinternen Maßnahmen zur Vorbereitung des Planvollzugs ist sie in der Zwischenzeit nicht gehindert (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. März 2011 - 9 VR 2.11 - NVwZ 2011, 820 <821>). Belässt es die Planfeststellungsbehörde gleichwohl bei dem gesetzlichen Sofortvollzug, führt dies ungeachtet der Erfolgsaussichten in der Hauptsache zur Begründetheit eines Antrags auf die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes und entspricht es der Billigkeit i. S. d. § 161 Abs. 2 VwGO, ihr die bei einer Aussetzung der sofortigen Vollziehung vermeidbaren Kosten eines Eilverfahrens aufzuerlegen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. September 2001 - 4 VR 19.01 - NVwZ-RR 2002, 153 <154>).

6 Diese Grundsätze gelten auch dann, wenn ein Planfeststellungsbeschluss mit der aufschiebenden Bedingung versehen ist, dass die darin vorgesehenen Maßnahmen erst nach der Unanfechtbarkeit eines Planfeststellungsbeschlusses zu einem anderen Abschnitt des Gesamtvorhabens realisiert werden dürfen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Juni 2013 - 9 VR 3.13 - NVwZ 2013, 1019 Rn. 3). Dass der streitgegenständliche Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss ausführlich zu dem Verhältnis des Sofortvollzugs zu der Verklammerung mit den noch in der Planung befindlichen Folgeabschnitten Stellung nimmt und ausdrücklich feststellt, dass der streitgegenständliche Beschluss nicht vollziehbar ist, rechtfertigt daher keine abweichende Bewertung. Angesichts der Ausschlussfrist des § 17e Abs. 4 FStrG wäre der Antragsgegner vielmehr gehalten gewesen, durch die auch förmliche Aussetzung oder Einschränkung der Vollziehung Rechtsklarheit zu schaffen. Andernfalls müsste die Antragstellerin zur Bestimmung des Fristbeginns nach § 17e Abs. 4 FStrG den Planungsstand von drei weiteren Planungsabschnitten einschließlich sich dort ggf. anschließender gerichtlicher Eilverfahren beobachten.

7 Der Beigeladenen waren gem. § 154 Abs. 3 VwGO keine Kosten aufzuerlegen, da sie sich zwar den Ausführungen des Antragsgegners angeschlossen, jedoch keinen Antrag gestellt hat. Zugleich entspricht es damit nicht gem. § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, dem Antragsgegner die Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten aufzuerlegen.

8 Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG.

Gerichtsbescheid vom 07.12.2023 -
BVerwG 9 A 2.23ECLI:DE:BVerwG:2023:071223G9A2.23.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Gerichtsbescheid vom 07.12.2023 - 9 A 2.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:071223G9A2.23.0]

Gerichtsbescheid

BVerwG 9 A 2.23

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. Dezember 2023
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler und Dr. Martini
sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Sieveking und Prof. Dr. Schübel-Pfister
entschieden:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe

I

1 Die Klägerin wendet sich gegen den Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss des Beklagten zum Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2014 für den Neubau der Bundesautobahn A 20 - Nord-West-Umfahrung Hamburg; Teilstrecke von der Landesgrenze Schleswig-Holstein/Niedersachsen (Mitte Elbstrom) bis zur Bundesstraße 431 - vom 9. Januar 2023.

2 1. Auf die Klagen dreier Umweltverbände stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 (BVerwGE 155, 91) und 9 A 10.15 (juris) - fest, dass der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss wegen einer fehlenden Öffentlichkeitsbeteiligung bezüglich des Wasserrechtlichen Fachbeitrags rechtswidrig und nicht vollziehbar war. Weitere Klagen, darunter diejenige der Rechtsvorgängerin der Klägerin (BVerwG 9 A 7.15 ), wies das Gericht mit Urteilen vom selben Tag ab. Im Zuge des nachfolgend von dem Beklagten eingeleiteten ergänzenden Verfahrens erfolgte nach einer Öffentlichkeitsbeteiligung eine grundlegende Überarbeitung des Wasserrechtlichen Fachbeitrags. Auf dessen Grundlage erging der vorliegend angefochtene Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss. Dieser regelt u. a. den Austausch des ursprünglich geplanten Regenrückhaltebeckens gegen ein Retentionsbodenfilterbecken mit Rückhaltebereich und ersetzt die zunächst festgesetzten Einleitungsstellen. Darüber hinaus legt er fest, dass das Prozesswasser bei der Wiedereinleitung in die Elbe hinsichtlich einzeln benannter Parameter deren Vorbelastungswerte nicht übersteigen darf; bezüglich Quecksilber stellt der Beschluss (S. 59) fest, dass dieses durch die Baumaßnahmen nicht freigesetzt wird.

3 2. Die Klägerin betreibt rund 7 km nördlich des planfestgestellten Vorhabens einen Fährbetrieb über die Elbe zwischen Glückstadt und Wischhafen. Im Zuge des gerichtlichen Verfahrens ihrer Rechtsvorgängerin, in welchem diese insbesondere eine drohende Existenzvernichtung geltend machte, ergänzte der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss um eine Verpflichtung des Vorhabenträgers, ein Existenzgefährdungsgutachten zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Vorhabens auf den Fährbetrieb beizubringen, sowie - soweit sich daraus eine Existenzgefährdung ergeben sollte - um eine Auflage zu dessen Entschädigung dem Grunde nach.

4 Mit ihrer Klage rügt die Klägerin die fehlende Planfeststellung der Bauausführung sowie schädigende Auswirkungen auf ihren Fährbetrieb und erhebt weitere verfahrens- und umweltrechtliche Einwände. Sie beantragt schriftsätzlich,
1. den Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss des Beklagten vom 9. Januar 2023 zum Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2014 für den Neubau der Bundesautobahn A 20 - Nord-West-Umfahrung Hamburg; Teilstrecke von der Landesgrenze Schleswig-Holstein/Niedersachsen (Mitte Elbstrom) bis zur Bundesstraße 431 (Bau-km 10+0449,335 bis Bau-km 14+440,408), aufzuheben,
2. hilfsweise, diesen für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,
3. weiter hilfsweise, den Planänderungsbeschluss um die Nebenbestimmung zu ergänzen, dass das sogenannte "Sandspülverfahren", wie im Planfeststellungsverfahren zum Abschnitt B431-A23 (TS 7, A20 KM, Marschenabschnitt) eingebracht, nicht für Zwecke des hiesigen Planfeststellungsabschnitts TS 8 eingesetzt werden darf.

5 Der Beklagte erachtet die Klage als unzulässig und beantragt,
die Klage abzuweisen.

II

6 1. Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die vorliegende erstinstanzliche Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden vorher gehört (§ 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Die Voraussetzungen für den Erlass eines Gerichtsbescheids liegen danach vor. Auf vermeintliche Schwierigkeiten einer Begründetheitsprüfung kommt es insoweit nicht an. Denn die Klage ist mangels Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) unzulässig. Die Klägerin kann sich nicht auf eigene Rechte berufen, deren Verletzung zumindest möglich erscheint.

7 Die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen eine erneute planfeststellungsrechtliche Entscheidung in einem ergänzenden Verfahren sind eingeschränkt. Ein Planänderungs- und/oder -ergänzungsbeschluss kann grundsätzlich nur angefochten werden, soweit er gegenüber dem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss eigene Regelungen enthält. Die Klagebefugnis setzt danach die substantiierte Geltendmachung einer erst hierdurch ausgelösten erstmaligen oder weitergehenden Betroffenheit voraus, und zwar - soweit der Kläger, wie vorliegend, nicht enteignungsbetroffen ist - in gerade ihn schützenden Normen des materiellen oder des Verfahrensrechts oder in der Abwägung seiner geschützten Belange. Darüber hinaus kann (nur) ein im Ausgangsverfahren obsiegender Kläger gegen die Entscheidung im ergänzenden Verfahren geltend machen, die vom Gericht festgestellten Mängel seien weiterhin nicht behoben (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2022 - 9 A 17.21 - DVBl 2023, 1222 Rn. 17). Da es sich vorliegend - anders, als die Klägerin möglicherweise meint - um eine Fortsetzung des ursprünglichen Planfeststellungsverfahrens zur Fehlerheilung und nicht um ein selbstständiges, einen anderen Streitgegenstand betreffendes Planänderungsverfahren handelt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2022 - 9 A 18.21 - UPR 2023, 377 Rn. 15), finden diese Grundsätze hier uneingeschränkt Anwendung.

8 Danach ist die Klägerin nicht klagebefugt. Sie legt innerhalb der Klagebegründungsfrist (vgl. § 17e Abs. 5 FStrG) nicht dar, inwiefern sie der angefochtene Beschluss erstmalig oder weitergehend betrifft. Dieser ersetzt das zunächst planfestgestellte Regenrückhalte- durch ein Retentionsbodenfilterbecken, ändert die Einleitungsstellen und begrenzt die Einleitparameter des Prozesswassers auf die Vorbelastungswerte der Elbe. Belange der Klägerin werden hierdurch offenkundig nicht berührt.

9 a) Soweit sie geltend macht, sie werde durch das Vorhaben in ihrer Existenz gefährdet, und die fehlende Planfeststellung der Bauausführungsplanung rügt, richten sich diese Einwände in der Sache nicht gegen den hier angefochtenen Beschluss, der hierzu keine über die ursprüngliche Planfeststellung hinausgehenden oder hiervon abweichenden Regelungen enthält, sondern gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2014, der einschließlich seiner im damaligen Gerichtsverfahren vorgenommenen Änderungen gegenüber der Klägerin bestandskräftig ist. Ihre diesbezüglichen Einwände wurden zudem mit Senatsurteil vom 28. April 2016 - 9 A 7.15 - (NVwZ 2016, 1735 Rn. 16 f., 19; s. a. Klagebegründung vom 7. März 2015, S. 16, 103 ff.), dessen Rechtskraft sich gemäß § 121 Nr. 1 VwGO auf die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der damaligen Klägerin erstreckt, als unbegründet zurückgewiesen. Auch hinsichtlich der Planungssicherheit für eine mögliche Elektrifizierung der Fähren ergeben sich aus dem angefochtenen Beschluss keine über die ursprüngliche Planfeststellung hinausgehenden Folgen.

10 Unbeachtlich ist, dass der Senat den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2014 in zwei Parallelverfahren (BVerwG 9 A 9.15 und 9 A 10.15 ) mit Urteilen vom 28. April 2016 für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt hat. Dieser Ausspruch lässt die gegenüber anderen Betroffenen eingetretene Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses unberührt (BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 39; Beschluss vom 31. Januar 2019 - 4 B 9.17 - juris Rn. 17).

11 Eine Einschränkung der Bestands- und Rechtskraftwirkung ist auch nicht deshalb geboten, weil das Urteil des Senats vom 28. April 2016 - 9 A 7.15 -, demzufolge sich der festgestellte Verfahrensverstoß der ursprünglichen Planfeststellung nicht zum Nachteil der damaligen Klägerin ausgewirkt hat, in Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gestanden hätte. Danach stellt es eine unzulässige Einschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten nach Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 26 S. 1) - UVP-RL - dar, wenn einem Kläger der Nachweis der Kausalität eines Verfahrensfehlers für das Abwägungsergebnis aufgebürdet wird (EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 - [ECLI:​EU:​C:​2015:​683], Kommission/Deutschland - Rn. 54 ff.). Keinen unionsrechtlichen Bedenken begegnet es hingegen, wenn das Gericht - wie der Senat im vorgenannten Urteil vom 28. April 2016 - ohne Aufbürdung einer Beweislast für den Kausalzusammenhang anhand vorliegender Akten und Stellungnahmen feststellen kann, dass die angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre (EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 - Rn. 60). Ungeachtet dessen, dass dies mit dem Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 7.15 - rechtskräftig festgestellt ist, ergab sich aus dem gesamten damaligen Vorbringen des Beklagten, dass an der Realisierung des Projekts festgehalten wird, und waren weder der festgestellte Verfahrensfehler noch die damit verbundene wasserrechtliche Problematik derart gravierend, dass hierdurch die Realisierbarkeit des Vorhabens in Zweifel gezogen wurde. Anhaltspunkte hierfür benennt im Übrigen die Klägerin auch jetzt nicht. Ihr Vorbringen beschränkt sich auf eine Umdeutung des Senatsurteils vom 28. April 2016 - 9 A 7.15 -, die in offenem Widerspruch zu dessen Inhalt steht. Denn das Gericht hat nicht nur auf den bekundeten Willen der Planfeststellungsbehörde, sondern maßgeblich darauf abgestellt, dass der Fehler die Grundkonzeption der Planung unberührt lässt und auszuschließen ist, dass das Vorhaben gar nicht oder nicht an der vorgesehenen Stelle verwirklicht werden könnte (BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 7.15 - NVwZ 2016, 1735 Rn. 20). Hierin liegt offenkundig eine positive Feststellung und keine Beweislastentscheidung. Mögliche Auswirkungen des Fehlers auf die Planung hat das Gericht auf die Behandlung wasserrechtlicher Belange beschränkt.

12 b) Die Klägerin ist nicht als Teil der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne des Art. 11 Abs. 1 Buchst. b UVP-RL berechtigt, ungeachtet der vorstehenden Erwägungen wasserrechtliche Einwendungen gegen den Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss zu erheben.

13 Danach müssen Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die eine Rechtsverletzung geltend machen, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor Gericht haben, um die materiell- und die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen anzufechten, für die eine Öffentlichkeitsbeteiligung nach der UVP-Richtlinie vorgesehen ist. Die Klagebefugnis setzt hinsichtlich der Geltendmachung eines Verstoßes gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot bzw. Verbesserungsgebot voraus, dass der Kläger - gemessen an der Zielsetzung sowie den einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 327 S. 1 - Wasserrahmenrichtlinie) – unmittelbar von einer Verletzung der Verpflichtungen aus der Richtlinie betroffen ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die gerügte Verletzung die rechtmäßige Nutzung des Gewässers beeinträchtigen kann (vgl. EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2019 - C-197/18 - [ECLI:​EU:​C:​2019:​824] - Rn. 30 ff. und vom 28. Mai 2020 - C-535/18 - [ECLI:​EU:​C:​2020:​391] - Rn. 120 ff.; BVerwG, Urteil vom 30. November 2020 - 9 A 5.20 - BVerwGE 170, 378 Rn. 43 ff.; Durner, W+B 2020, 99 <102>). Die Klägerin nutzt die Elbe indes nicht dergestalt, dass sich deren Zustand hierauf auswirkt (vgl. zur fehlenden Gewässernutzung von Fährbetrieben im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung BVerwG, Urteil vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 97 Rn. 831). Soweit sie geltend macht, aufgrund eventueller Quecksilberablagerungen an ihren Anlegestellen möglicherweise zu einer Sanierung verpflichtet werden zu können, ist dieses Vorbringen sowohl hinsichtlich etwaiger Ablagerungen als auch bezüglich einer Sanierungspflicht spekulativ. Eine unmittelbare Betroffenheit der Klägerin durch Auswirkungen des Vorhabens auf das Grundwasser scheidet gleichfalls offensichtlich aus.

14 c) Eine Klagebefugnis folgt weiterhin nicht aus dem Einwand, die für den Bodenmassentransport eingesetzten Fahrzeuge würden eventuell Fähren der Klägerin nutzen. Abgesehen davon, dass der Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss keine dahingehenden Regelungen enthält, bleibt dieser Vortrag ebenfalls spekulativ. Eine etwaige Nutzung erfolgte darüber hinaus im Rahmen der allgemeinen fährrechtlichen Beförderungspflicht (s. a. § 11 der Verordnung über den Betrieb der Fähren auf Bundeswasserstraßen vom 24. Mai 1995 <BGBl. I S. 752>, zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. September 2018 <BGBl. I S. 1398> - Fährenbetriebsverordnung) sowie der Beförderungskapazitäten der Klägerin, die damit allenfalls eine höhere Auslastung und größere Umsätze zu gewärtigen hätte.

15 d) Der Klägerin steht eine Klagebefugnis auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensrechten zu. Diese können eine Klagebefugnis grundsätzlich nur dann selbstständig begründen, wenn sich der behauptete Verstoß auf eine materiell-rechtliche Position der Klägerin ausgewirkt haben kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 - Buchholz 451.91 Europ. UmwR Nr. 55 Rn. 16). Dies macht die Klägerin selbst nicht geltend. Im Übrigen bestehen, wie vorstehend dargelegt, keine Anhaltspunkte für eine derartige Beeinträchtigung.

16 e) Auch für den hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag fehlt es an der erforderlichen Klagebefugnis. Der Einsatz eines Sandspülverfahrens wirkte sich in keiner Weise auf die Klägerin aus. Es ist im Übrigen nur eine der möglichen Optionen für das Bodenmassenmanagement, das durch die Bestimmungen des (der Klägerin gegenüber) bestandskräftigen Ausgangsbeschlusses der Ausführungsplanung überlassen bleibt und nicht Gegenstand der hier streitgegenständlichen Entscheidung ist.

17 2. Kann die Klägerin danach durch den angefochtenen Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise in ihren subjektiven Rechten verletzt sein, so ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Klägerin die Erstattung auch der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese keinen Antrag gestellt, sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt und sich darüber hinaus auch in der Sache nicht am Verfahren beteiligt hat (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).
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Die Beteiligten können innerhalb eines Monats nach Zustellung des Gerichtsbescheides mündliche Verhandlung beantragen. Der Antrag ist beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einzureichen.
Die Beteiligten müssen sich durch Bevollmächtigte im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwGO, § 5 Nr. 6 Alt. 2 RDGEG vertreten lassen.

Urteil vom 23.04.2024 -
BVerwG 9 A 2.23ECLI:DE:BVerwG:2024:230424U9A2.23.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 23.04.2024 - 9 A 2.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:230424U9A2.23.0]

Urteil

BVerwG 9 A 2.23

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 23. April 2024
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler und Dr. Martini sowie
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Sieveking und Prof. Dr. Schübel-Pfister
für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe

I

1 Die Klägerin wendet sich gegen den Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss des Beklagten zum Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2014 für den Neubau der Bundesautobahn A 20 - Nord-West-Umfahrung Hamburg; Teilstrecke von der Landesgrenze Schleswig-Holstein/​Niedersachsen (Mitte Elbstrom) bis zur Bundesstraße 431 - vom 9. Januar 2023.

2 1. Auf die Klagen dreier Umweltverbände stellte das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 (BVerwGE 155, 91) und 9 A 10.15 (juris) - fest, dass der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss wegen einer fehlenden Öffentlichkeitsbeteiligung bezüglich des Wasserrechtlichen Fachbeitrags rechtswidrig und nicht vollziehbar war. Weitere Klagen, darunter diejenige der Rechtsvorgängerin der Klägerin (BVerwG 9 A 7.15 ), wies das Gericht mit Urteilen vom selben Tag ab. Im Zuge des nachfolgend von dem Beklagten eingeleiteten ergänzenden Verfahrens erfolgte nach einer Öffentlichkeitsbeteiligung eine grundlegende Überarbeitung des Wasserrechtlichen Fachbeitrags. Auf dessen Grundlage erging der vorliegend angefochtene Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss. Dieser regelt u. a. den Austausch des ursprünglich geplanten Regenrückhaltebeckens gegen ein Retentionsbodenfilterbecken mit Rückhaltebereich und ersetzt die zunächst festgesetzten Einleitungsstellen. Darüber hinaus legt er fest, dass das Prozesswasser bei der Wiedereinleitung in die Elbe hinsichtlich einzeln benannter Parameter deren Vorbelastungswerte nicht übersteigen darf; bezüglich Quecksilber stellt der Beschluss (S. 59) fest, dass dieses durch die Baumaßnahmen nicht freigesetzt wird.

3 2. Die Klägerin betreibt rund 7 km nördlich des planfestgestellten Vorhabens einen Fährbetrieb über die Elbe zwischen Glückstadt und Wischhafen. Im Zuge des gerichtlichen Verfahrens ihrer Rechtsvorgängerin, in welchem diese insbesondere eine drohende Existenzvernichtung geltend machte, ergänzte der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss um eine Verpflichtung des Vorhabenträgers, ein Existenzgefährdungsgutachten zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Vorhabens auf den Fährbetrieb beizubringen, sowie - soweit sich daraus eine Existenzgefährdung ergeben sollte - um eine Auflage zu dessen Entschädigung dem Grunde nach.

4 Mit ihrer Klage rügt die Klägerin die fehlende Planfeststellung der Bauausführung sowie schädigende Auswirkungen auf ihren Fährbetrieb und erhebt weitere verfahrens- und umweltrechtliche Einwände. Der Senat hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 7. Dezember 2023 abgewiesen. Hiergegen hat die Klägerin fristgerecht einen Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt. Sie beantragt,
1. den Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss des Beklagten vom 9. Januar 2023 zum Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2014 für den Neubau der Bundesautobahn A 20 - Nord-West-Umfahrung Hamburg; Teilstrecke von der Landesgrenze Schleswig-Holstein/​Niedersachsen (Mitte Elbstrom) bis zur Bundesstraße 431 (Bau-km 10+0449,335 bis Bau-km 14+440,408), aufzuheben,
2. hilfsweise, diesen für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären,
3. weiter hilfsweise, den Planänderungsbeschluss um die Nebenbestimmung zu ergänzen, dass das sogenannte "Sandspülverfahren", wie im Planfeststellungsverfahren zum Abschnitt B431-A23 (TS 7, A20 KM, Marschenabschnitt) eingebracht, nicht für Zwecke des hiesigen Planfeststellungsabschnitts TS 8 eingesetzt werden darf.

5 Der Beklagte erachtet die Klage als unzulässig und beantragt,
die Klage abzuweisen.

6 Die Beigeladene schließt sich dem Vorbringen des Beklagten an.

II

7 Die Klage ist mangels Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) unzulässig. Die Klägerin kann sich nicht auf eigene Rechte berufen, deren Verletzung zumindest möglich erscheint.

8 1. Die Rechtsschutzmöglichkeiten gegen eine erneute planfeststellungsrechtliche Entscheidung in einem ergänzenden Verfahren sind eingeschränkt. Ein Planänderungs- und/​oder -ergänzungsbeschluss kann grundsätzlich nur angefochten werden, soweit er gegenüber dem bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss eigene Regelungen enthält. Die Klagebefugnis setzt danach die substantiierte Geltendmachung einer erst hierdurch ausgelösten erstmaligen oder weitergehenden Betroffenheit voraus, und zwar - soweit der Kläger, wie vorliegend, nicht enteignungsbetroffen ist - in gerade ihn schützenden Normen des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts oder in der Abwägung seiner geschützten Belange. Darüber hinaus kann (nur) ein im Ausgangsverfahren obsiegender Kläger gegen die Entscheidung im ergänzenden Verfahren geltend machen, die vom Gericht festgestellten Mängel seien weiterhin nicht behoben (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2022 - 9 A 17.21 - DVBl 2023, 1222 Rn. 17). Da es sich vorliegend - anders, als die Klägerin möglicherweise meint - um eine Fortsetzung des ursprünglichen Planfeststellungsverfahrens zur Fehlerheilung und nicht um ein selbstständiges, einen anderen Streitgegenstand betreffendes Planänderungsverfahren handelt (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2022 - 9 A 18.21 - UPR 2023, 377 Rn. 15), finden diese Grundsätze hier uneingeschränkt Anwendung.

9 Soweit die Klägerin hierin mit der Begründung einen Widerspruch sieht, durch das Urteil des Senats vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - (BVerwGE 155, 91 Rn. 34) sei der Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2014 "in seiner Gesamtheit geöffnet" worden, trifft dies nicht zu, weil dieses Urteil nicht auf ihre, sondern auf die Klage einer Umweltvereinigung erging. Insoweit stellt das Urteil ausdrücklich klar, dass nur diese gegen eine spätere Entscheidung im ergänzenden Verfahren eine unzureichende Fehlerheilung geltend machen kann, wohingegen hiervon die gegenüber anderen Betroffenen eingetretene Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses unberührt bleibt. Dies gilt auch für die Klägerin. Die wasserrechtlichen Einwände ihrer Rechtsvorgängerin wurden mit Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 7.15 - (NVwZ 2016, 1735 Rn. 20) mit Rechtskraftwirkung auch gegenüber der Klägerin (§ 121 Nr. 1 VwGO) als unbegründet zurückgewiesen. Darüber hinaus bezieht sich die Formulierung in dem Senatsurteil vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 -, die Feststellung eines fehlenden wasserrechtlichen Verstoßes gelte für das Vorhaben "in seiner Gesamtheit", lediglich darauf, dass Voraussetzung der Pflicht zu einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung u. a. ist, dass die inmitten stehende Prüfung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Vorhabens insgesamt erforderlich ist.

10 2. Danach ist die Klägerin nicht klagebefugt. Sie legt innerhalb der Klagebegründungsfrist (vgl. § 17e Abs. 5 FStrG a. F.) nicht dar, inwiefern sie der angefochtene Beschluss erstmalig oder weitergehend betrifft. Dieser ersetzt das zunächst planfestgestellte Regenrückhalte- durch ein Retentionsbodenfilterbecken, ändert die Einleitungsstellen und begrenzt die Einleitparameter des Prozesswassers auf die Vorbelastungswerte der Elbe. Belange der Klägerin werden hierdurch offenkundig nicht berührt.

11 a) Soweit sie geltend macht, sie werde durch das Vorhaben in ihrer Existenz gefährdet, und die fehlende Planfeststellung der Bauausführungsplanung rügt, richten sich diese Einwände in der Sache nicht gegen den hier angefochtenen Beschluss, der hierzu keine über die ursprüngliche Planfeststellung hinausgehenden oder hiervon abweichenden Regelungen enthält, sondern gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2014, der einschließlich seiner im damaligen Gerichtsverfahren vorgenommenen Änderungen gegenüber der Klägerin bestandskräftig ist. Ihre diesbezüglichen Einwände wurden zudem mit Senatsurteil vom 28. April 2016 - 9 A 7.15 - (NVwZ 2016, 1735 Rn. 16 f., 19; s. a. Klagebegründung vom 7. März 2015, S. 16, 103 ff.), dessen Rechtskraft sich auf die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der damaligen Klägerin erstreckt, als unbegründet zurückgewiesen. Der erstmals mit Schriftsatz vom 31. Januar 2024, d. h. nach Ablauf der Klagebegründungsfrist und damit verspätet erhobene Einwand, die Bauphase habe Gegenstand einer Umweltverträglichkeitsprüfung sein müssen, betrifft ebenfalls den Ausgangsplanfeststellungsbeschluss und kann im vorliegenden Verfahren - ungeachtet der Verfristung - nicht mehr geltend gemacht werden. Auch hinsichtlich der Planungssicherheit für eine mögliche Elektrifizierung der Fähren ergeben sich aus dem angefochtenen Beschluss keine über die ursprüngliche Planfeststellung hinausgehenden Folgen. Der Anregung der Klägerin, dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorzulegen, ob Art. 3 i. V. m. Anhang IV der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (ABl. L 26 S. 1) - UVP-RL - dahingehend auszulegen ist, dass bei der Umweltverträglichkeitsprüfung für ein UVP-pflichtiges Vorhaben auch die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der erheblichen Auswirkungen der Bauphase in die Umweltverträglichkeitsprüfung bzw. den Umweltbericht einbezogen werden, war daher mangels Entscheidungserheblichkeit nicht zu folgen.

12 Unbeachtlich ist, dass der Senat den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2014 in zwei Parallelverfahren (BVerwG 9 A 9.15 und 9 A 10.15 ) mit Urteilen vom 28. April 2016 für rechtswidrig und nicht vollziehbar erklärt hat. Dieser Ausspruch lässt die gegenüber anderen Betroffenen eingetretene Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses unberührt (BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 - BVerwGE 155, 91 Rn. 39; Beschluss vom 31. Januar 2019 - 4 B 9.17 - juris Rn. 17).

13 Eine Einschränkung der Bestands- und Rechtskraftwirkung ist auch nicht deshalb geboten, weil das Urteil des Senats vom 28. April 2016 - 9 A 7.15 -, demzufolge sich der festgestellte Verfahrensverstoß der ursprünglichen Planfeststellung nicht zum Nachteil der damaligen Klägerin ausgewirkt hat, in Widerspruch zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gestanden hätte. Danach stellt es eine unzulässige Einschränkung der Rechtsschutzmöglichkeiten nach Art. 11 UVP-RL dar, wenn einem Kläger der Nachweis der Kausalität eines Verfahrensfehlers für das Abwägungsergebnis aufgebürdet wird (EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 - [ECLI:​​EU:​​C:​​2015:​​683], Kommission/​Deutschland - Rn. 54 ff.). Keinen unionsrechtlichen Bedenken begegnet es hingegen, wenn das Gericht - wie der Senat im vorgenannten Urteil vom 28. April 2016 - ohne Aufbürdung einer Beweislast für den Kausalzusammenhang anhand vorliegender Akten und Stellungnahmen feststellen kann, dass die angegriffene Entscheidung ohne den Verfahrensfehler nicht anders ausgefallen wäre (EuGH, Urteil vom 15. Oktober 2015 - C-137/14 - Rn. 60). Ungeachtet dessen, dass dies mit dem Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 7.15 - rechtskräftig festgestellt ist, ergab sich aus dem gesamten damaligen Vorbringen des Beklagten, dass an der Realisierung des Projekts festgehalten wird, und waren weder der festgestellte Verfahrensfehler noch die damit verbundene wasserrechtliche Problematik derart gravierend, dass hierdurch die Realisierbarkeit des Vorhabens in Zweifel gezogen wurde. Anhaltspunkte hierfür benennt im Übrigen die Klägerin auch jetzt nicht. Ihr Vorbringen beschränkt sich auf eine Umdeutung des Senatsurteils vom 28. April 2016 - 9 A 7.15 -, die in offenem Widerspruch zu dessen Inhalt steht. Denn das Gericht hat nicht nur auf den bekundeten Willen der Planfeststellungsbehörde, sondern maßgeblich darauf abgestellt, dass der Fehler die Grundkonzeption der Planung unberührt lässt und auszuschließen ist, dass das Vorhaben gar nicht oder nicht an der vorgesehenen Stelle verwirklicht werden könnte (BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 7.15 - NVwZ 2016, 1735 Rn. 20). Hierin liegt offenkundig eine positive Feststellung und keine Beweislastentscheidung. Mögliche Auswirkungen des Fehlers auf die Planung hat das Gericht auf die Behandlung wasserrechtlicher Belange beschränkt.

14 b) Die Klägerin ist nicht als Teil der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne des Art. 11 Abs. 1 Buchst. b UVP-RL berechtigt, ungeachtet der vorstehenden Erwägungen wasserrechtliche Einwendungen gegen den Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss zu erheben.

15 Danach müssen Mitglieder der betroffenen Öffentlichkeit, die eine Rechtsverletzung geltend machen, Zugang zu einem Überprüfungsverfahren vor Gericht haben, um die materiell- und die verfahrensrechtliche Rechtmäßigkeit von Entscheidungen anzufechten, für die eine Öffentlichkeitsbeteiligung nach der UVP-Richtlinie vorgesehen ist. Die Klagebefugnis setzt hinsichtlich der Geltendmachung eines Verstoßes gegen das wasserrechtliche Verschlechterungsverbot bzw. Verbesserungsgebot voraus, dass der Kläger - gemessen an der Zielsetzung sowie den einschlägigen Bestimmungen der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (ABl. L 327 S. 1 - Wasserrahmenrichtlinie) – unmittelbar von einer Verletzung der Verpflichtungen aus der Richtlinie betroffen ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die gerügte Verletzung die rechtmäßige Nutzung des Gewässers beeinträchtigen kann (vgl. EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2019 - C-197/18 [ECLI:​​EU:​​C:​​2019:​​824] - Rn. 30 ff. und vom 28. Mai 2020 - C-535/18 [ECLI:​​EU:​​C:​​2020:​​391] - Rn. 120 ff.; BVerwG, Urteil vom 30. November 2020 - 9 A 5.20 - BVerwGE 170, 378 Rn. 43 ff.; Durner, W+B 2020, 99 <102>).

16 Die Klägerin nutzt die Elbe indes nicht dergestalt, dass sich deren Zustand hierauf auswirkt (vgl. zur fehlenden Gewässernutzung von Fährbetrieben im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung BVerwG, Urteil vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 97 Rn. 831). Dem Antrag der Klägerin, "Beweis zu erheben durch eine aussagefähige Analyse von Straßenabwässern in vergleichbaren Situationen wie für die A 20 Elbquerung, zu der Frage, wieweit diese Abwässer, ggfs. nach Durchlaufen einer Retentionsfilteranlage, Quecksilber enthalten", war daher mangels Entscheidungserheblichkeit nicht nachzukommen. Soweit sie geltend macht, aufgrund eventueller Quecksilberablagerungen an ihren Anlegestellen möglicherweise zu einer Sanierung verpflichtet werden zu können, ist dieses Vorbringen sowohl hinsichtlich etwaiger Ablagerungen als auch bezüglich einer Sanierungspflicht spekulativ. Der diesbezügliche Antrag, "Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu der Frage, ob der Boden im Bereich der geplanten Tunnelbohrung Quecksilberanteil enthält und, wenn ja, in welchem Umfang", war daher als Ausforschungsantrag "ins Blaue hinein" abzulehnen. Eine unmittelbare Betroffenheit der Klägerin durch Auswirkungen des Vorhabens auf das Grundwasser scheidet gleichfalls offensichtlich aus.

17 Der Anregung der Klägerin, dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorzulegen, ob Art. 11 i. V. m. Art. 5 Abs. 1 und Anhang IV UVP-RL i. V. m. Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/60/EG dahingehend auszulegen ist, dass sich ein Fährbetrieb als Nutzer eines Oberflächengewässers auf diese Vorschriften in einer Klage gegen einen Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss zu einem Tunnelaushub berufen kann, wenn der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss ihm gegenüber bestandskräftig geworden ist, im Planänderungs- und ‌-ergänzungsverfahren jedoch neue Tatsachen zu Tage treten, die eine Betroffenheit des Fährbetriebs durch Massentransporte an Bodenmaterial des Tunnelaushubs aufzeigen, war danach ebenfalls nicht zu folgen, da die Klägerin bereits unter Zugrundelegung der bestehenden Rechtsprechung des Gerichtshofs wasserrechtlich nicht unmittelbar betroffen und daher nicht rügebefugt ist.

18 c) Eine Klagebefugnis folgt weiterhin nicht aus dem Einwand, die für den Bodenmassentransport eingesetzten Fahrzeuge würden eventuell Fähren der Klägerin nutzen. Abgesehen davon, dass der Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss keine dahingehenden Regelungen enthält, bleibt dieser Vortrag ebenfalls spekulativ. Eine etwaige Nutzung erfolgte darüber hinaus im Rahmen der Beförderungskapazitäten der Klägerin, die damit allenfalls eine höhere Auslastung und größere Umsätze zu gewärtigen hätte. Hierin liegt weder ein Eingriff noch begründet der Umfang einer eventuellen Nutzung der Fähren der Klägerin sonst eine rechtlich relevante Betroffenheit.

19 d) Der Klägerin steht eine Klagebefugnis auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensrechten zu. Diese können eine Klagebefugnis grundsätzlich nur dann selbstständig begründen, wenn sich der behauptete Verstoß auf eine materiellrechtliche Position der Klägerin ausgewirkt haben kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 - Buchholz 451.91 Europ. UmwR Nr. 55 Rn. 16). Dies macht die Klägerin selbst nicht geltend. Im Übrigen bestehen, wie vorstehend dargelegt, keine Anhaltspunkte für eine derartige Beeinträchtigung.

20 e) Auch für den hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag fehlt es an der erforderlichen Klagebefugnis. Der Einsatz eines Sandspülverfahrens wirkte sich in keiner Weise auf die Klägerin aus. Es ist im Übrigen nur eine der möglichen Optionen für das Bodenmassenmanagement, das durch die Bestimmungen des (der Klägerin gegenüber) bestandskräftigen Ausgangsbeschlusses der Ausführungsplanung überlassen bleibt und nicht Gegenstand der hier streitgegenständlichen Entscheidung ist.

21 f) Auf die Frage, ob eine Beschränkung des gerichtlichen Ausspruchs auf die Erklärung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit anstelle einer Aufhebung eines Planfeststellungsbeschlusses mit Unionsrecht vereinbar ist, kommt es danach nicht an. Weder ist der Planänderungs- und -ergänzungsbeschluss für rechtswidrig zu erklären, noch ist eine solche Erklärung in dem die Rechtsvorgängerin der Klägerin betreffenden - ohnehin rechtskräftigen - Urteil des Senats vom 28. April 2016 - 9 A 7.15 - bzgl. des Ausgangsplanfeststellungsbeschlusses erfolgt. Die Frage war daher nicht dem Gerichtshof der Europäischen Union vorzulegen.

22 3. Kann die Klägerin danach durch den angefochtenen Planänderungs- und‌ -ergänzungsbeschluss offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise in ihren subjektiven Rechten verletzt sein, so ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Es entspricht nicht der Billigkeit, der Klägerin die Erstattung auch der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, da diese keinen Antrag gestellt, sich somit keinem Kostenrisiko ausgesetzt und sich darüber hinaus auch in der Sache nicht inhaltlich eigenständig am Verfahren beteiligt hat (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).

Beschluss vom 12.12.2024 -
BVerwG 9 A 14.24ECLI:DE:BVerwG:2024:121224B9A14.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.12.2024 - 9 A 14.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:121224B9A14.24.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 14.24

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Dezember 2024
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Steinkühler und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Sieveking
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Klägerin gegen das Urteil des Senats vom 23. April 2024 wird verworfen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rügeverfahrens.

Gründe

1 Die am 19. Juli 2024 erhobene Anhörungsrüge ist unzulässig. Sie legt entgegen § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO nicht ansatzweise dar, dass das Gericht den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat, und ist daher gemäß § 152a Abs. 4 Satz 1 VwGO zu verwerfen.

2 Die Anhörungsrüge stützt sich im Wesentlichen darauf, der Senat habe den Einwand der Klägerin, die Bauphase des planfestgestellten Vorhabens habe einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterzogen werden müssen, zu Unrecht als nach § 17e Abs. 5 Satz 2 FStrG in der bis zum 28. Dezember 2023 geltenden Fassung verspätet zurückgewiesen. Aus der als Begründung hierfür zitierten und von der Klägerin selbst durch Fettdruck hervorgehobenen Passage des Senatsurteils vom 23. April 2024 (- 9 A 2.23 - juris Rn. 11)
"Soweit sie [die Klägerin] geltend macht, sie werde durch das Vorhaben in ihrer Existenz gefährdet, und die fehlende Planfeststellung der Bauausführungsplanung rügt, richten sich diese Einwände in der Sache nicht gegen den hier angefochtenen Beschluss, der hierzu keine über die ursprüngliche Planfeststellung hinausgehenden oder hiervon abweichenden Regelungen enthält, sondern gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Dezember 2014, der einschließlich seiner im damaligen Gerichtsverfahren vorgenommenen Änderungen gegenüber der Klägerin bestandskräftig ist. [...]"
geht jedoch bereits eindeutig ("ungeachtet der Verfristung") hervor, dass der Senat das Vorbringen nicht als präkludiert zurückgewiesen, sondern darüber in der Sache - wenngleich in einem anderen Sinne, als von der Klägerin erhofft - dergestalt entschieden hat, dass das Vorbringen nicht den Regelungsgehalt des angefochtenen Planänderungs- und -ergänzungsbeschlusses vom 9. Januar 2023, sondern des bestandskräftigen ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses vom 30. Dezember 2014 betrifft. Damit folgt schon aus dem Vortrag der Klägerin selbst, dass der geltend gemachte Gehörsverstoß nicht vorliegt. Ihre gegenteilige Behauptung allein genügt nicht den Anforderungen gemäß § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO.

3 Im Übrigen beschränkt sich das inhaltlich schwer verständliche Vorbringen der Klägerin zur Differenzierung in "relative und absolute Verfahrensfehler" (S. 8 ff.) und zur "Öffnung des (Ausgangs-)Planfeststellungsbeschlusses in seiner Gesamtheit" (S. 13 f.) auf eine inhaltliche Kritik des vorgenannten Senatsurteils und legt auch damit keine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung dar. Die Anhörungsrüge dient nicht der Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Vielmehr handelt es sich um einen formellen Rechtsbehelf, der dann greift, wenn das Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen der Beteiligten nicht in ausreichendem Maße zur Kenntnis genommen und sich nicht mit ihm in der gebotenen Weise auseinandergesetzt hat. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht jedoch nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten inhaltlich zu folgen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. März 2016 - 9 A 7.16 - juris Rn. 4, insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 310 § 152a VwGO Nr. 15).

4 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.