Verfahrensinformation

Die Kläger beider Verfahren sind als Eigentümer von Grundstücken betroffen durch den bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss aus dem Jahr 2013 für den Neubau der Autobahn A 44 Kassel – Herleshausen im Teilabschnitt Tunnel Alberberg bis zum Autobahndreieck Wommen. Der Kläger des Verfahrens 9 A 10.20 hatte gegen den Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben, diese jedoch wieder zurückgenommen.


Nunmehr wenden sich die Kläger jeweils gegen Planänderungsbescheide. Diese sehen Umplanungen im Bereich des Autobahndreiecks Wommen und eine Verlängerung der Tunnelröhren Alberberg vor, weil der Vorhabenträger im Rahmen der Ausführungsplanung zu der Erkenntnis gelangt war, dass die ursprüngliche Variante aus technischen Gründen nicht realisierbar sei. Bei der Umplanung soll ausdrücklich eine erneute Betroffenheit der Kläger vermieden werden. Die Kläger sind demgegenüber der Auffassung, die Umplanung verletze sie unter verschiedenen Aspekten in ihren Rechten.


In einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren zu dem Verfahren 9 A 12.20 (Az. 9 VR 1.21) hat der Senat das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit als überwiegend gegenüber dem Aufschubinteresse des Klägers angesehen, weil der Kläger voraussichtlich nicht klagebefugt sei. Es sei nicht erkennbar, dass er durch den Änderungsbescheid in seinen Rechten verletzt sein könnte.


Urteil vom 28.09.2021 -
BVerwG 9 A 12.20ECLI:DE:BVerwG:2021:280921U9A12.20.0

Unzulässige Klage gegen Planänderungsbescheid.

Leitsatz:

Eine Lärmerhöhung unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle von 1 dB(A) berührt grundsätzlich keine Belange im Sinne des § 76 Abs. 2 VwVfG.

  • Rechtsquellen
    GG Art. 14 Abs. 1
    VwGO § 42 Abs. 2
    VwVfG § 76 Abs. 2

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 28.09.2021 - 9 A 12.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2021:280921U9A12.20.0]

Urteil

BVerwG 9 A 12.20

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 28. September 2021
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Martini und Dr. Dieterich sowie die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Sieveking und
Prof. Dr. Schübel-Pfister
für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens zu gleichen Teilen.

Gründe

I

1 Die Kläger wenden sich gegen die Bescheide des Beklagten vom 10. und 25. September 2020 zur Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 27. Februar 2013 für den Neubau der A 44 Kassel - Herleshausen im Teilabschnitt vom Tunnel Alberberg bis zum Autobahndreieck Wommen (5. und 6. Planänderung). Sie sind durch den Planfeststellungsbeschluss vom 27. Februar 2013 mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung als Miteigentümer mehrerer Waldgrundstücke und durch die Lärmbelastung für zwei Wohnhäuser betroffen. Eine Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss haben sie seinerzeit nicht erhoben.

2 Unter dem 20. Juni 2018 bzw. dem 17. Mai 2019 beantragte die D. beim Beklagten die Zulassung der 5. und 6. Planänderung. Erstere betrifft Umplanungen des Autobahndreiecks Wommen, letztere eine Umplanung des Tunnels Alberberg mit Verlängerung der Tunnelröhren und Verlängerung einer Stützwand; dabei wird die jetzige Bundesstraße 400 (künftig Kreisstraße 9) über den nach Westen verlängerten Autobahntunnel geführt. Hierdurch verbreitert sich die natürliche Wildtierpassage über die Autobahn. Bei beiden Planänderungen sollen jeweils die Entwässerungseinrichtungen für die planfestgestellten Straßenabschnitte angepasst werden. Die Feststellung, dass für beide Planänderungen eine UVP-Pflicht nicht bestehe, wurde im Staatsanzeiger für das Land Hessen veröffentlicht.

3 Mit Bescheiden vom 10. September 2020 (5. Planänderung) bzw. 25. September 2020 (6. Planänderung) stellte der Beklagte fest, dass für beide Planänderungen die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens nicht erforderlich sei, und ersetzte planfestgestellte Unterlagen durch die entsprechenden Änderungsunterlagen. Das Grunderwerbsverzeichnis enthält keine neue Inanspruchnahme der Kläger durch die Planänderungen. Die Bescheide sind den Klägern nicht förmlich zugestellt und auch nicht öffentlich bekanntgemacht worden.

4 Am 30. November 2020 haben die Kläger Klage erhoben. Sie halten sich für klagebefugt. Der unter ihren Flächen verlaufende Alberbergtunnel beeinträchtige die Nutzung ihres Grundeigentums. Die 6. Planänderung führe zu einer Erschwerung von Zufahrten aus ihren Waldgrundstücken auf die B 400. Ferner sei zwar nur eine geringfügige änderungsbedingte Erhöhung des Lärms und des Stickstoffausstoßes an ihren Wohnhäusern ermittelt worden; die Berechnung sei aber fehlerhaft.

5 Die Kläger beantragen,
1. die Änderungsbescheide des Beklagten vom 10. September 2020 (5. Planänderung) und vom 25. September 2020 (6. Planänderung) zum Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 27. Februar 2013 für den Neubau der BAB A 44 Kassel - Herleshausen, Teilabschnitt von Tunnel Alberberg bis Autobahndreieck Wommen (VKE 60) aufzuheben,
2. hilfsweise, die angefochtenen Bescheide für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären.

6 Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

7 Er hält die Klage für unzulässig.

8 Die Beigeladene hat sich nicht geäußert.

II

9 1. Das Bundesverwaltungsgericht ist nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 11 des Gesetzes zur Beschleunigung der Planungen für Verkehrswege in den neuen Ländern sowie im Land Berlin vom 16. Dezember 1991 (BGBl. I S. 2174), zuletzt geändert durch Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) i.V.m. § 2 Nr. 22 der Fernverkehrswegebestimmungsverordnung vom 3. Juni 1992 (BGBl. I S. 1014) in der Fassung der Verordnung vom 14. April 2003 (BGBl. I S. 529) für den Rechtsstreit erstinstanzlich zuständig. Eine Klage gegen einen Planänderungsbescheid betrifft das Planfeststellungsverfahren, wenn - wie hier - darüber gestritten wird, ob die Planänderung nach § 17d Satz 1 FStrG i.V.m. § 76 Abs. 2 VwVfG ohne erneutes Planfeststellungsverfahren zugelassen werden durfte (vgl. BVerwG, Urteile vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 - Buchholz 451.91 Europ. UmwR Nr. 55 Rn. 6 und vom 16. Mai 2018 - 9 A 4.17 - BVerwGE 162, 102 Rn. 14).

10 2. Die Klage ist mangels Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) unzulässig. Die Kläger können sich nicht auf eigene Rechte berufen, deren Verletzung zumindest möglich erscheint.

11 a) Der Planfeststellungsbeschluss vom 27. Februar 2013, der den Zugriff auf das Grundeigentum der Kläger eröffnet, ist ihnen gegenüber bestandskräftig. Die Kläger können daher Änderungen oder Ergänzungen dieser Planung, auch wenn sie mit dem ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss zu einem einzigen Plan verschmelzen (BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 - BVerwGE 150, 92 Rn. 14 m.w.N.), grundsätzlich nur in dem Umfang angreifen, in dem die Änderungen eine eigene Regelung enthalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 8.19 - BVerwGE 169, 78 Rn. 16 m.w.N.) und sie hierdurch erstmals oder weitergehend als bisher betroffen werden (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteile vom 2. Oktober 2013 - 9 A 23.12 - Buchholz 451.91 Europ. UmwR Nr. 55 Rn. 9 und vom 16. Mai 2018 - 9 A 4.17 - BVerwGE 162, 102 Rn. 16). Das ist bei Planänderungen nach § 17d Satz 1 FStrG i.V.m. § 76 Abs. 2 VwVfG nur dann der Fall, wenn die Kläger geltend machen können, dass gerade durch die Änderungen ihre Belange berührt werden.

12 b) Hiernach sind die Kläger nicht klagebefugt. Sie können nicht geltend machen (§ 42 Abs. 2 VwGO), dass ihre Belange durch die angegriffenen Änderungsbescheide berührt werden (§ 76 Abs. 2 VwVfG).

13 aa) Eine Klagebefugnis ergibt sich nicht aus Art. 14 Abs. 1 GG. Weder durch die Verlängerung der Tunnelröhren noch durch die Verlängerung der Stützwand ist Grundeigentum der Kläger erstmals oder weitergehend betroffen. Bei dem Schutzzaun V3 handelt es sich nach der Erläuterung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung um einen nur temporär zu errichtenden Bauzaun, der nicht auf dem klägerischen Grundstück Flurstück ... errichtet wird; auf der zeichnerischen Darstellung ist das wegen des kleinen Maßstabs nicht eindeutig zu erkennen. Auch für die Straßenmulden an der B 400 findet kein zusätzlicher Eingriff in das klägerische Eigentum statt, die Lage der Straße wird nur in der Höhe geändert. Die durch die Verlängerung der Tunnelröhren entstandene Verbreiterung der natürlichen Wildtierpassage über die Autobahn führt zu keiner Beeinträchtigung der Eigenjagd der Kläger.

14 Der durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Anliegergebrauch wird hinsichtlich der Zufahrt von den klägerischen Flächen auf die Bundesstraße (künftig Kreisstraße) durch die Planänderung nicht eingeschränkt. Durch die geänderte Höhenlage der Bundesstraße (Kreisstraße) ergibt sich - noch auf dem Straßengrundstück - eine Steigung von 3,7 %. Auch im Zusammenwirken mit dem gegenläufigen Gefälle von 5 % zur Straße hin auf dem klägerischen Flurstück ... bleibt die Zufahrt für forstwirtschaftliche Fahrzeuge der Kläger ohne Weiteres nutzbar (vgl. hierzu das Bauwerkeverzeichnis der 6. Planänderung, Unterlage 15.2 A, S. 6); dort wird unter 1.III.3 festgelegt, dass der Wirtschaftsweg an die geänderte Höhenlage angepasst wird. Es ist selbstverständlich, dass diese Anpassung so erfolgen muss, dass der Wirtschaftsweg mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen befahren werden kann. Darüber hinaus hat der Beklagte schriftsätzlich erklärt, der Neigungsübergang solle mit einem sogenannten Halbmesser ausgerundet werden, dies ermögliche ein leichteres Ein- und Ausfahren von und zu dem Grundstück auch durch größere Lkw.

15 Das Eigentum an Grundstücken, unter denen die Autobahn im Tunnel durchgeführt werden soll, vermittelt den Klägern kein Abwehrrecht gegen eine befürchtete Beeinträchtigung der Grundwasserverhältnisse. Das Grundeigentum umfasst nicht das den Erdkörper unterhalb einer Grundstücksfläche durchströmende Grundwasser (BVerfG, Beschluss vom 15. Juli 1981 - 1 BvL 77/78 - BVerfGE 58, 300 <332 ff.>; BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 - 9 A 30.10 - Buchholz 310 § 42 Abs. 2 VwGO Nr. 33 Rn. 14). Im Übrigen ist die geltend gemachte Beeinträchtigung der Waldnutzung aufgrund der lediglich 10 m dicken Mächtigkeitsschicht über dem Alberbergtunnel bereits nicht der Planänderung, sondern der ursprünglichen Planung zuzuordnen, weil der Verlauf des Tunnels unter den Flächen der Kläger unverändert bleibt.

16 Schließlich berührt auch die für die Planänderung vorgenommene Aktualisierung der Luftschadstoffuntersuchung keine Eigentumsbelange der Kläger. Weder der verfassungsrechtliche Schutz des Eigentums noch das Unionsrecht gebieten es, die allein im öffentlichen Interesse erlassenen Schutzvorschriften für Natura 2000-Gebiete zugunsten des Eigentümers unter Schutz gestellter Grundstücke als individualschützend auszulegen und diesem ein auf §§ 32 ff. BNatSchG gestütztes Klagerecht einzuräumen (BVerwG, Urteil vom 17. Februar 2021 - 7 C 3.20 - NVwZ 2021, 984 Rn. 10).

17 bb) Die Kläger sind nicht im Hinblick auf ihre Lärm- und Luftreinhaltebelange klagebefugt.

18 aaa) Durch die Lärmerhöhung an einzelnen Fassaden ihrer Wohngebäude um maximal 0,4 dB(A) werden ihre Belange im Sinne des § 76 Abs. 2 VwVfG nicht berührt; die Einwände gegen die Lärmberechnung greifen nicht durch.

19 (1) Die Rechtsprechung legt einhellig zugrunde, dass eine Lärmerhöhung von bis zu 1 dB(A) nicht wahrnehmbar ist (BVerwG, Urteil vom 2. Juli 2020 - 9 A 19.19 - BVerwGE 169, 94 Rn. 101; VGH Mannheim, Urteil vom 25. April 2012 - 5 S 927/10 - juris Rn. 49, 61; BayVGH, Urteil vom 29. Juli 2014 - 2 N 14.780 - juris Rn. 28; OVG Münster, Urteil vom 26. November 2018 - 10 D 35/16.NE - juris Rn. 131). Der in der mündlichen Verhandlung anwesende sachkundige Vertreter der D. hat diese Annahme mit überzeugender Erläuterung bestätigt.

20 Nach der lärmtechnischen Unterlage 11.1.2 Tabelle 2 zur 6. Planänderung beträgt die änderungsbedingte Lärmerhöhung an den Fassaden der beiden klägerischen Wohnhäuser zwischen 0,0 und 0,4 dB(A). An zwei Fassaden verringert sich der Lärm um 0,1 bzw. 0,2 dB(A), eine Erhöhung um den Maximalwert von 0,4 dB(A) ergibt sich an drei Fassaden (Wohnhaus B., Erdgeschoss sowie 1. und 2. OG Nordwest), im Übrigen beträgt die Erhöhung zwischen 0,0 und 0,3 dB(A). Nach der Erläuterung des Vertreters der D. in der mündlichen Verhandlung sind die geringfügigen Veränderungen durch die 6. Planänderung im Wesentlichen auf Reflexionen durch die Verlängerung der Stützwand C24/07.1STW am östlichen Tunnelende zwischen der Richtungsfahrbahn Kassel und der Trasse der B 400 zurückzuführen.

21 (2) Eine Lärmerhöhung unterhalb der Wahrnehmbarkeitsschwelle von 1 dB(A) berührt grundsätzlich keine Belange im Sinne des § 76 Abs. 2 VwVfG.

22 Anders mag es bei einer bereits bestandskräftigen starken Lärmbelastung liegen, wenn aufgrund der Planänderung durch die gemäß Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV (vor Diagramm I) vorzunehmenden Aufrundung der Pegel der gesetzliche Lärmgrenzwert aus § 2 der 16. BImSchV oder sogar die Gesundheitsgefährdungsschwelle erreicht werden kann (vgl. VGH Mannheim, Urteil vom 25. April 2012 - 5 S 927/10 - juris Rn. 49). Von einer derartigen Lärmbelastung sind die Wohnanwesen der Kläger aber weit entfernt. Durch die 6. Planänderung werden nunmehr maximal 49 dB(A) im Tages- bzw. 44 dB(A) im Nachtzeitraum erreicht. Das unterschreitet sogar die besonders strengen Immissionsgrenzwerte für Krankenhäuser, Schulen, Kurheime und Altenheime nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 der 16. BImSchV und liegt weiterhin deutlich unterhalb der nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 3 der 16. BImSchV maßgeblichen Grenzwerte von 64 bzw. 54 dB(A). Die im Außenbereich gelegenen Anwesen sind nach ihrer Schutzbedürftigkeit einem Dorfgebiet entsprechend einzustufen.

23 (3) Die Einwände der Kläger gegen die Lärmberechnung können die zugrunde gelegten Werte nicht in Zweifel ziehen. Die Lärmermittlung hat sich an die Regelungen der 16. BImSchV und die Vorgaben (siehe Anlage 1 zu § 3 der 16. BImSchV) zur Berücksichtigung von topografischen Gegebenheiten, baulichen Maßnahmen und Reflexionen aus den RLS-90 gehalten (siehe Erläuterungsbericht zur Lärmtechnischen Berechnung für die 6. Planänderung, dort insbes. S. 6 bis 9); die schalltechnischen Berechnungen sind unter Verwendung des Programms Soundplan Version 7.4 durchgeführt worden. Damit wird die Lärmberechnung hinreichend nachvollziehbar dargestellt. Wegen der geringen absoluten Lärmbelastung und der Geringfügigkeit der Lärmerhöhung durch die Planänderung konnte auf eine Erfassung von Außenwohnbereichen zu den beiden Häusern der Kläger verzichtet werden.

24 Die Behauptungen der Kläger, relevante Faktoren seien nicht berücksichtigt und die im Erläuterungsbericht mitgeteilten Berechnungsfaktoren nicht korrekt in das Programm Soundplan eingegeben worden, wurden unsubstantiiert ins Blaue hinein erhoben. Auch wenn die genauen Eingabedaten nicht mitgeteilt worden sind, hätten die Kläger zumindest Anhaltspunkte für die angebliche Nichtberücksichtigung der topografischen Verhältnisse benennen müssen. Hieran fehlt es. Die in der Unterlage 11.1.2 Tabelle 2 errechneten Pegel geben etwa die Höhe des Immissionsortes über der Achse des Verkehrswegs (HI - A) und den Orthogonalen Abstand Immissionsort/Achse Verkehrsweg (SA) aus der von den Klägern in Bezug genommene Tabelle (RLS-90 S. 22) an. Damit setzen sich die Kläger nicht auseinander. Der sachkundige Vertreter der D. konnte in der mündlichen Verhandlung überzeugend erklären, weshalb die von den Klägern vorgelegte eigene, nur eine Seite umfassende und nicht einmal unterschriebene Lärmberechnung zu abweichenden Lärmwerten kommt. Die dortige Berechnung ist mit dem Verfahren "langer gerader Fahrstreifen" erstellt worden und nicht - wie es bei der gegebenen Topografie geboten war - mit dem Teilstückverfahren (siehe RLS-90, Ziffer 4.4.).

25 Hiervon ausgehend bestand auf die Zurverfügungstellung der Eingabedaten kein Anspruch. Soweit der Beklagte den Klägern in der mündlichen Verhandlung dennoch eine Übersicht mit den Teilquellenpegeln zur Lärmberechnung für die Wohngebäude der Kläger zugesagt hat (vgl. Protokoll der mündlichen Verhandlung S. 5), geschah dies ausdrücklich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht. Die beantragte Einräumung einer Schriftsatzfrist wurde deshalb abgelehnt; der Senat verweist auch insoweit auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung (S. 6).

26 (4) Die lärmtechnische Untersuchung für die Planänderung musste entgegen der Auffassung der Kläger nicht die Verkehrsverflechtungsprognose 2030 berücksichtigen. Maßgeblich bleibt vielmehr die für den Planfeststellungsbeschluss 2013 verwendete Verkehrsprognose.

27 Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses kommt es maßgeblich auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seines Erlasses an (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 12. August 2009 - 9 A 64.07 - BVerwGE 134, 308 <319> und vom 9. Februar 2017 - 7 A 2.15 - BVerwGE 158, 1 Rn. 21 m.w.N.). Das gilt auch bei nachträglicher Durchführung eines ergänzenden Verfahrens oder bei einer Planänderung nach § 76 Abs. 1 VwVfG, wenn das planerische Gesamtkonzept erhalten bleibt (BVerwG, Urteil vom 20. Januar 2010 - 9 A 22.08 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 55 Rn. 28; Beschluss vom 17. Januar 2013 - 7 B 18.12 - juris Rn. 3, 27). Erst recht gilt dies bei einer ohne erneutes Planfeststellungsverfahren durchgeführten Planänderung nach § 76 Abs. 2 VwVfG. Für die planerische Abwägung des Gesamtvorhabens und für spätere unwesentliche Änderungen des Projekts bedarf es eines einheitlichen Prognosehorizonts. Eine Verschiebung des Prognosezeitpunkts bei einer Planänderung ginge von einer anderen Tatsachengrundlage aus und würde die planerische Abwägungsentscheidung insgesamt in Frage stellen (BVerwG, Urteil vom 20. Januar 2010 - 9 A 22.08 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 55 Rn. 28).

28 Im Übrigen ist die Verkehrsverflechtungsprognose 2030 nach der Rechtsprechung des Senats (BVerwG, Urteil vom 27. April 2017 - 9 A 30.15 - BVerwGE 159, 1 Rn. 21) keine geeignete Grundlage der Lärmprognose für ein bestimmtes Vorhaben. Denn sie erfasst nicht die nachgeordneten räumlichen Verbindungen, sondern konzentriert den prognostizierten Verkehr auf die Hauptverbindungen, insbesondere die Autobahnen, womit sie dort zu hohe und nicht der tatsächlich zu erwartenden Belastung entsprechende Verkehrszahlen erzeugt.

29 (5) Schließlich können sich die Kläger im Planänderungsverfahren nicht auf das Unterbleiben einer summativen Gesamtbetrachtung des von der Autobahn und der B 400 herrührenden Lärms berufen. Denn die Notwendigkeit einer solchen Betrachtung wurde bereits im bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss verneint. Im Übrigen wird der Verkehr auf der heutigen Bundesstraße durch den Autobahnbau stark abnehmen; die künftige Kreisstraße K 9 wird keinen relevanten Lärmbeitrag mehr liefern.

30 (6) Die nach Angaben der Kläger nach Rodungen eingetretene Lärmerhöhung ist nicht auf die streitgegenständlichen Planänderungen zurückzuführen. Außerdem ist der Bewuchs mit Bäumen ohnehin nach dem Hinweis des Vertreters der D. bei der Lärmberechnung nach der 16. BImSchV i.V.m. den RLS-90 nicht zu berücksichtigen.

31 bbb) Eine planänderungsbedingte und mehr als geringfügige zusätzliche Stickstoffbelastung ihrer Wohnhäuser haben die Kläger nicht substantiiert geltend gemacht. Nach dem Erläuterungsbericht zur Ergänzung der Luftschadstoffuntersuchung für die 6. Planänderung (Unterlage 11.3 A, S. 8) werden bei Berücksichtigung neuer Erkenntnisse zu Emissionsfaktoren (HBEFA Version 3.3 mit Sicherheitsaufschlag von 50 %) bereits für ein Wohnhaus in 100 m Entfernung zur Trasse die Grenzwerte der 39. BImSchV weit unterschritten. Der Abstand der klägerischen Wohnhäuser zur Trasse beträgt etwa 600 m.

32 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Beschluss vom 27.01.2022 -
BVerwG 9 A 20.21ECLI:DE:BVerwG:2022:270122B9A20.21.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 27.01.2022 - 9 A 20.21 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:270122B9A20.21.0]

Beschluss

BVerwG 9 A 20.21

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Januar 2022
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Bick, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Dieterich und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Schübel-Pfister
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge gegen das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. September 2021 - 9 A 12.20 - wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens zu gleichen Teilen.

Gründe

1 Die zulässige Anhörungsrüge ist unbegründet. Das Rügevorbringen lässt nicht erkennen, dass das Bundesverwaltungsgericht den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

2 Das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) verpflichtet das Gericht, aus seiner Sicht entscheidungserhebliches Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch dazu, sich deren Rechtsauffassung anzuschließen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 2021 - 9 A 11.20 - juris Rn. 2 m.w.N.). Die Gerichte sind auch nicht verpflichtet, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Es müssen vielmehr nur die wesentlichen, der Rechtsverfolgung und Rechtsverteidigung dienenden Tatsachenbehauptungen und Rechtsansichten in den Entscheidungsgründen verarbeitet werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 2. Juli 2018 - 1 BvR 682/12 - NVwZ 2018, 1561 Rn. 19).

3 Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs umfasst auch die Gelegenheit, sich zu allen Tatsachen und Rechtsfragen zu äußern, die für die Entscheidung erheblich sein können. Zwar korrespondiert mit diesem Äußerungsrecht keine umfassende Hinweispflicht des Gerichts, vielmehr kann regelmäßig erwartet werden, dass die Beteiligten von sich aus erkennen, welche rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte Bedeutung für den Fortgang des Verfahrens und die abschließende Sachentscheidung des Gerichts erlangen können, und entsprechend vortragen. Der Schutz vor einer Überraschungsentscheidung verbietet es aber, dass das Gericht auf einen Gesichtspunkt abstellt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens und unter Berücksichtigung der Vielfalt der vertretenen Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchte (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.>; BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2019 - 2 B 7.19 - Buchholz 303 § 295 ZPO Nr. 18 Rn. 17).

4 Hieran gemessen sind die geltend gemachten Gehörsverstöße nicht hinreichend dargelegt bzw. liegen jedenfalls nicht vor.

5 1. Das Urteil stellt nicht deshalb eine Überraschungsentscheidung dar, weil das Gericht nicht darauf hingewiesen hatte, die Frage der Klagebefugnis anders als im Urteil vom 16. Mai 2018 - 9 A 4.17 - (BVerwGE 162, 102 Rn. 16) beurteilen zu wollen; dort hatte der Senat für den zu entscheidenden Fall die Klagebefugnis bejaht. Vorliegend konnte die Verneinung der Klagebefugnis für die Kläger schon deshalb nicht überraschend sein, weil sich aus dem zum Hauptsacheverfahren geführten Eilverfahren BVerwG 9 VR 1.21 (Rn. 4) ergab, dass nach Auffassung des Senats die Klagebefugnis des einen Miteigentümers, des Klägers zu 2, voraussichtlich fehlt, weil er durch den angefochtenen Planänderungsbescheid nicht in seinen Rechten verletzt sein kann. Im Übrigen war die Frage der Klagebefugnis Gegenstand des Rechtsgesprächs in der mündlichen Verhandlung.

6 2. Die Aussage des Senats, die geänderte Höhenlage der Bundesstraße berühre die klägerischen Belange nicht (UA Rn. 13), stellt ebenfalls keine gehörsverletzende Überraschungsentscheidung dar. Auch insoweit konnten die Kläger aus der Eilentscheidung ersehen, dass die Bundesstraße nach damaliger vorläufiger Beurteilung des Senats lediglich hinsichtlich ihrer Höhenlage verändert wird, nicht jedoch in ihrer Lage in der Fläche (BVerwG, Beschluss vom 11. Februar 2021 - 9 VR 1.21 - juris Rn. 11), und dass sich hieraus nicht die Möglichkeit einer Verletzung ihres Grundeigentums ergeben kann (Rn. 5). Der Senat legt insoweit entgegen der Auffassung der Anhörungsrüge seiner Entscheidung auch keinen von den Planunterlagen abweichenden Sachverhalt zugrunde; vielmehr geht gerade auch das von den Klägern nunmehr zitierte Bauwerksverzeichnis ausdrücklich davon aus, dass die vorhandene Wirtschaftswegeanbindung unverändert bestehen bleibt und lediglich der geänderten Höhenlage der Bundesstraße angepasst wird.

7 Den Umstand, dass der Wirtschaftsweg im Eigentum der Kläger steht, hat der Senat entgegen der Behauptung der Anhörungsrüge ausdrücklich berücksichtigt. Er ist zu der Überzeugung gekommen, dass der durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Anliegergebrauch hinsichtlich der Zufahrt von den klägerischen Flächen auf die Bundesstraße durch die Planänderung nicht eingeschränkt wird und auch unter Berücksichtigung des Zusammenwirkens einer Steigung auf dem Straßengrundstück mit einem gegenläufigen Gefälle auf dem klägerischen Grundstück die Zufahrt für Fahrzeuge der Kläger ohne Weiteres nutzbar bleibt (UA Rn. 14).

8 3. Eine Gehörsverletzung ergibt sich nicht aus der Ablehnung des Schriftsatznachlasses zum Schriftsatz des Beklagten vom 10. Februar 2021 mit der Begründung des Senats, dass dieser Schriftsatz dem Bevollmächtigten beider Kläger bereits im - lediglich vom Kläger zu 2 geführten - Eilverfahren übermittelt worden ist (Protokoll der mündlichen Verhandlung S. 6). Das Gehör des am Eilverfahren nicht beteiligten Klägers zu 1 wurde im Anwaltsprozess (§ 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO) durch Übermittlung des Schriftsatzes an den Bevollmächtigten gewahrt.

9 4. Die Rüge, der Senat habe einerseits die Kritik an der Lärmberechnung des Beklagten als unsubstantiiert angesehen und andererseits die Lärmberechnung des Beklagten ohne Mitteilung der Eingabeparameter für ausreichend gehalten, was neben der Verletzung rechtlichen Gehörs auch eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes, des Rechtsstaatsprinzips sowie der Verpflichtung zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes darstelle, legt eine Gehörsverletzung nicht schlüssig dar (§ 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO). Der Senat hat die Einwendungen der Kläger gegen die Lärmermittlung zur Kenntnis genommen und gewürdigt; andere Rechtsfehler können im Verfahren nach § 152a VwGO nicht geltend gemacht werden. Im Übrigen sieht der Senat auch keine Verletzung anderer Verfahrensprinzipien. Er hat die Aktenlage dahin bewertet, dass der Beklagte sich an die Vorgaben der 16. BImSchV zur Berücksichtigung von topographischen Gegebenheiten, baulichen Maßnahmen und Reflexionen aus der RLS-90 gehalten hat und dass deshalb die schalltechnischen Berechnungen hinreichend nachvollziehbar unter Verwendung des Programms Soundplan Version 7.4 durchgeführt worden sind (UA Rn. 23).

10 5. Ein Gehörsverstoß liegt nicht darin, dass den Klägern nicht die beantragte Schriftsatzfrist zu der vom Beklagten noch zugesagten Übermittlung der Eingabedaten für die Lärmberechnung gewährt worden ist. Der Senat hat den Klägern in der mündlichen Verhandlung seine rechtliche Bewertung mitgeteilt, wonach die vom Beklagten zu Protokoll erklärte Bereitschaft, diese Daten noch nachträglich zur Verfügung zu stellen, nicht auf einem entsprechenden Anspruch der Kläger beruht (Protokoll der mündlichen Verhandlung S. 6).

11 6. Gehörsverletzend sind nicht die Ausführungen des Senats zur Stickstoffbelastung. Entgegen der Auffassung der Kläger ist der Einwand, die zugrunde gelegten Luftschadstoffgutachten seien veraltet, behandelt worden, und zwar durch die Bezugnahme (UA Rn. 31) auf die für die Planänderung erstellte neue Unterlage 11.3.A mit neuen Erkenntnissen zu Emissionsfaktoren (Version 3.3 der HBEFA mit einem Sicherheitsaufschlag von 50 %). Auf eine eventuelle Zusatzbelastung von FFH-Lebensraumtypen mit Stickstoff in den Wäldern der Kläger musste nicht ausdrücklich eingegangen werden, weil offenkundig ist, dass die Kläger sich hierauf nicht berufen können. Letzterer Gesichtspunkt wurde in der mündlichen Verhandlung im Übrigen ausdrücklich angesprochen, und die Beteiligten haben sich hierzu nicht geäußert.

12 7. Die Rüge, zur klägerischen Forderung nach einer summativen Gesamtbetrachtung der Lärmbeeinträchtigung sei wesentlicher Sachverhalt unberücksichtigt geblieben, greift nicht durch. Denn sie geht von der unzutreffenden Annahme aus, die B 400 werde nunmehr im Unterschied zum bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss dauerhaft verlegt. Das ist nach den Feststellungen des Urteils nicht der Fall, bei gleichbleibender Lage in der Fläche wird lediglich die Höhe geringfügig angepasst. Der Senat hat das Argument ferner beschieden durch die Feststellung, dass der Verkehr auf der heutigen Bundesstraße durch den Autobahnbau stark abnehmen wird.

13 8. Eine Gehörsverletzung liegt nicht deshalb vor, weil der Senat seine Aussage zur Eignung der Verkehrsverflechtungsprognose 2030 für die Lärmprognose auch auf die den Klägern nicht bekannte Stellungnahme eines Sachverständigen im Verfahren BVerwG 9 A 30.15 (BVerwGE 159, 1 Rn. 21) gestützt hat. Die Kläger hätten sich zur Lärmprognose weiteres Gehör verschaffen können, indem sie auf die in dem veröffentlichten Urteil vom 27. April 2017 - 9 A 30.15 - zusammenfassend dargestellten Annahmen dieses Sachverständigen eingehen; dadurch hätte der Senat Anlass haben können, sich näher mit der Verflechtungsprognose - gegebenenfalls durch weitere Ermittlungen (§ 86 Abs. 1 VwGO) – zu befassen.

14 9. Der Umstand, dass nach der lärmtechnischen Untersuchung die änderungsbedingte Lärmerhöhung an den Fassaden der klägerischen Wohnhäuser zwischen 0,0 und 0,4 dB(A) beträgt, war zentraler Gegenstand des 6. Planänderungsverfahrens, des Klagevorbringens der Kläger und der mündlichen Verhandlung. Deshalb kann der nunmehrige Vortrag, diese Tatsache ergebe sich nicht nachvollziehbar aus den Planänderungsunterlagen, keine schlüssige Gehörsrüge begründen. Hätten die Kläger im Gerichtsverfahren darauf hingewiesen, dass die Herleitung dieser Berechnung für sie nicht nachvollziehbar ist, hätte erklärt werden können, dass die Prognosewerte in Spalte 9 - 12 der Tabelle 2 der Anlage 11.1.2. gemäß den normativen Vorgaben in § 3 der 16. BImSchV i.V.m. Anlage 1 und Ziffer 4.0 der RLS-90 jeweils auf volle dB(A) auf gerundete Werte darstellen, in Spalte 13 und 14 ist die Pegeldifferenz hingegen gemäß Ziffer 4.0 der RLS-90 auf 0,1 dB(A) gerundet.

15 10. Mit dem Vortrag der Kläger zur Notwendigkeit einer Öffentlichkeitsbeteiligung infolge der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Wasserrahmenrichtlinie hat sich der Senat ausführlich im vorangegangenen Eilverfahren BVerwG 9 VR 1.21 befasst. Hiergegen haben die Kläger im Hauptsacheverfahren vorgetragen, der mit dem Tunnel unterfahrene Bereich ihrer Grundstücke sei mit Fichten bewachsen, durch die das Grundwasser genutzt werde. Die nicht ausdrückliche Erwähnung dieses Vortrags kann keinen Gehörsverstoß begründen, weil sich aus diesem Vortrag offenkundig kein Grundwasserentnahme recht der Kläger im Sinne des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 28. Mai 2020 (C-535/18 [ECLI:​EU:​C:​2020:​391]) ergibt.

16 11. Hinsichtlich des Vortrags zu den wassertechnischen Untersuchungen scheitert die Gehörsrüge schon daran, dass die Kläger weder in ihrem in Bezug genommenen Schriftsatz vom 22. Februar 2021 (S. 16 f.) noch jetzt dargelegt haben (§ 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO), inwiefern die geltend gemachten Mängel dieser Untersuchungen ihre Belange berühren und deshalb nach der in der mündlichen Verhandlung des Senats erörterten Rechtsauffassung des Senats entscheidungserheblich sein könnten (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO).

17 12. Wegen der nunmehr in Bezug genommenen jagdlichen Beschränkung hätte es den Klägern oblegen, sich im Klageverfahren rechtliches Gehör zu verschaffen, falls sie hierdurch eine Beeinträchtigung ihrer jagdlichen Belange befürchten. Ihr Vortrag dazu (Schriftsatz vom 22. Februar 2021, S. 16) war jedenfalls gänzlich unsubstantiiert.

18 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 159 Satz 1 i.V.m. § 100 ZPO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil sich die Höhe der Gerichtsgebühr nicht nach dem Streitwert bemisst, sondern unmittelbar aus Nummer 5400 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG ergibt.