Verfahrensinformation

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Personalrat ein im verwaltungsgerichtlichen Verfahren einklagbarer Anspruch auf Durchführung einer Dienstvereinbarung zusteht.


Der bei der Stadtverwaltung gebildete antragstellende Personalrat und der beteiligte Oberbürgermeister haben entsprechend den Vorgaben im Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst eine Dienstvereinbarung über ein leistungsorientiertes Entgelt geschlossen, die unter anderem Regelungen über die Feststellung und Bewertung von Leistungen enthält. Im Jahr 2015 beanstandete das Haupt- und Personalamt der Stadt, dass in acht Ämtern die Bewertungen mit den Vorgaben der Dienstvereinbarung nicht vereinbar seien, weil sie zu gut ausfielen. Da die Amtsleitungen der Aufforderung, korrigierte Bewertungen vorzulegen, nicht nachkamen, schloss die Stadt mit rund zwei Dritteln der betroffenen Beschäftigten über die streitigen Leistungsentgelte einen Vergleich. Dieser sieht vor, dass ein Leistungsentgelt geleistet wird, das niedriger ausfällt als dasjenige, das aufgrund der ursprünglichen Bewertung geleistet werden müsste. Ferner ist vorgesehen, dass die Differenz zu dem nach der ursprünglichen Bewertung zu gewährendem Leistungsentgelt entrichtet wird, wenn in einem Gerichtsverfahren rechtskräftig festgestellt wird, dass diese Bewertung zugrunde zu legen ist. 


Der Antragsteller ist der Auffassung, dass die beanstandete Bewertungspraxis der Dienstvereinbarung entspricht. Er hat sich an das Verwaltungsgericht gewandt, das seine auf - wie er meint - ordnungsgemäße Durchführung der Vorschriften der Dienstvereinbarung über die Leistungsbewertung gerichteten Anträge als unzulässig abgelehnt hat. Das Oberverwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragstellers im Wesentlichen mit der Begründung zurückgewiesen, die Verwaltungsgerichte seien zur Auslegung einzelner Bestimmungen einer Dienstvereinbarung nur berechtigt, soweit dies für die Frage des Bestehens oder Nichtbestehens einer Dienstvereinbarung notwendig sei. Das sei hier nicht der Fall.


Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde.


Beschluss vom 27.06.2019 -
BVerwG 5 P 2.18ECLI:DE:BVerwG:2019:270619B5P2.18.0

Leitsätze:

1. Verneint das Beschwerdegericht unter Verkennung der Bindungswirkung des § 65 ArbGG die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges und lehnt es deshalb einen Antrag als unzulässig ab, ist dies ein Verfahrensmangel, den das Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigen hat.

2. Mit der Verpflichtung der Dienststellenleitung, Dienstvereinbarungen durchzuführen, korrespondiert das gerichtlich durchsetzbare Recht der Personalvertretung, von der Dienststellenleitung die abredegemäße Durchführung einer mit dieser geschlossenen Dienstvereinbarung verlangen zu können.

  • Rechtsquellen
    SächsPersVG § 84 Abs. 1 bis 4, § 86 Abs. 1, § 88 Abs. 1 Nr. 3 und 4, Abs. 2
    BPersVG § 73 Abs. 1, § 74 Abs. 1, § 83 Abs. 1 Nr. 3 und 4
    ArbGG §§ 65, 72 Abs. 5, §§ 80, 88, 92 Abs. 2, § 93 Abs. 1 Satz 1, § 96 Abs. 1 Satz 2
    BetrVG § 77 Abs. 1 und 2 Satz 1
    GVG § 17a Abs. 2, 3 und 5
    ZPO § 557 Abs. 3 Satz 2, §§ 561, 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1

  • VG Dresden - 16.12.2016 - AZ: VG 9 K 450/16
    OVG Bautzen - 09.11.2017 - AZ: OVG 9 A 91/17.PL

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 27.06.2019 - 5 P 2.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:270619B5P2.18.0]

Beschluss

BVerwG 5 P 2.18

  • VG Dresden - 16.12.2016 - AZ: VG 9 K 450/16
  • OVG Bautzen - 09.11.2017 - AZ: OVG 9 A 91/17.PL

In der Personalvertretungssache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die Anhörung vom 27. Juni 2019
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Vormeier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Harms und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge
für Recht erkannt:

  1. Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 9. November 2017 aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur erneuten mündlichen Anhörung und Entscheidung an das Sächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Gründe

I

1 Die Beteiligten streiten darüber, ob dem antragstellenden Personalrat ein gerichtlich durchsetzbares Recht zusteht, von dem beteiligten Leiter der Dienststelle zu verlangen, dass eine zwischen ihnen geschlossene Dienstvereinbarung in bestimmter Weise angewandt wird.

2 Der beteiligte Oberbürgermeister und der Antragsteller schlossen im Jahr 2014 die Dienstvereinbarung über ein leistungsorientiertes Entgelt für Tarifbeschäftigte (Dienstvereinbarung Leistungsentgelt) ab. Danach obliegt die Feststellung und Bewertung von Leistungen dem unmittelbaren Vorgesetzten und erfolgt nach einem einheitlichen Punktesystem in drei Bewertungsstufen. Im Jahr 2015 beanstandete das Haupt- und Personalamt der Stadt, dass die Bewertungen der Vorgesetzten in acht Ämtern nicht mit den Vorgaben der Dienstvereinbarung vereinbar seien, weil sie zu gut ausgefallen seien. Der Aufforderung, korrigierte Bewertungen vorzulegen, kamen die Ämter nicht nach. Die Personalverwaltung des Beteiligten verweigerte daraufhin die vollständige Zahlung der den Bewertungen der Vorgesetzten entsprechenden Leistungszulagen. Im streitigen Zeitraum vom 1. Oktober 2014 bis 31. März 2015 waren hiervon 113 Beschäftigte betroffen. Anfang 2016 schloss die Personalverwaltung mit 80 von ihnen Vergleiche über die Leistungsentgelte. Diese sehen vor, dass jeweils ein Leistungsentgelt erbracht werde, das niedriger ausfällt als dasjenige, das aufgrund der ursprünglichen Bewertung hätte geleistet werden müssen. Ferner ist vorgesehen, dass die Differenz noch entrichtet werde, wenn in einem Gerichtsverfahren rechtskräftig festgestellt werde, dass die ursprünglichen Bewertungen der Vorgesetzten zugrunde zu legen seien.

3 Der Antragsteller hat das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet und bei dem Verwaltungsgericht beantragt, dem Beteiligten aufzugeben, die Berechnung der allgemeinen Leistungsprämie nach der Dienstvereinbarung Leistungsentgelt für den Zeitraum vom 1. Oktober 2014 bis 31. März 2015 auf der Grundlage der seitens der jeweiligen Vorgesetzten vorgenommenen Feststellung und Bewertung der Leistungen vorzunehmen. Hilfsweise hat er begehrt, eine dahin gehende Verpflichtung des Beteiligten festzustellen. Weiter hilfsweise hat er beantragt festzustellen, dass der Beteiligte durch die Nichtberücksichtigung der Bewertungen der jeweiligen Vorgesetzten in dem genannten Zeitraum in 113 Fällen gegen die Dienstvereinbarung Leistungsentgelt verstoßen habe.

4 Das Verwaltungsgericht hat die Anträge als unzulässig abgelehnt. Dem Antragsteller fehle die Antragsbefugnis. Er könne nicht geltend machen, durch die gerügte Anwendung der Dienstvereinbarung in eigenen Rechten verletzt zu sein.

5 Die vom Antragsteller erhobene Beschwerde hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen. Es hat die Anträge ebenfalls für unzulässig gehalten, dies aber darauf gestützt, dass es für die Streitigkeit schon an der Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte fehle. § 88 Abs. 1 Nr. 4 des SächsPersVG sei nicht einschlägig, da nicht um das Bestehen oder Nichtbestehen der Dienstvereinbarung Leistungsentgelt gestritten werde. Auch die Generalklausel der Nr. 3 dieser Vorschrift greife nicht ein, weil in der Dienstvereinbarung Leistungsentgelt keine eigenen Rechte und Pflichten des Personalrats geregelt seien. Einen allgemeinen Durchführungsanspruch des Personalrats gebe es nicht.

6 Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit der Rechtsbeschwerde. Er vertritt die Ansicht, der Personalrat müsse als Vertragspartner der Dienstvereinbarung gegen eine aus seiner Sicht unzutreffende Anwendung dieser Vereinbarung Rechtsschutz in Anspruch nehmen können. Ihm stehe ein gerichtlich durchsetzbares Recht zu, die rechtskonforme Durchführung der Dienstvereinbarung von der Dienststelle verlangen zu können.

7 Der Beteiligte verteidigt den angefochtenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts. Der Beschluss sei jedenfalls deshalb im Ergebnis zutreffend, weil dem Antragsteller die Antragsbefugnis fehle. Dieser sei bezüglich des leistungsorientierten Entgelts nicht in eigenen Rechten betroffen.

II

8 Die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist begründet. Der angefochtene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf der Nichtanwendung einer Rechtsnorm (§ 88 Abs. 2 Satz 1 des Sächsischen Personalvertretungsgesetzes - SächsPersVG - i.d.F. der Bekanntmachung vom 25. Juni 1999 <SächsGVBl. S. 430>, zuletzt geändert durch Gesetz vom 9. Juni 2017 <SächsGVBl. S. 305, 320>, i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Das Oberverwaltungsgericht hat die einschlägige Regelung des § 65 ArbGG übersehen und nicht angewandt. Ihm ist damit ein vom Rechtsbeschwerdegericht von Amts wegen zu berücksichtigender Verfahrensfehler unterlaufen (1.). Auf diesem Verfahrensmangel beruht der angefochtene Beschluss (2.). Mangels hinreichender Tatsachengrundlage für eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts ist die Sache zur erneuten mündlichen Anhörung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (3.).

9 1. Der im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren (§ 88 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG i.V.m. §§ 80 ff. ArbGG) ergangene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts leidet wegen der Nichtanwendung des § 65 ArbGG (a) an einem von Amts wegen zu berücksichtigenden Verfahrensmangel (b).

10 a) Gemäß § 88 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG i.V.m. § 88 ArbGG findet im zweiten Rechtszug des personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens § 65 ArbGG entsprechende Anwendung. Nach dieser Bestimmung, die in ihrer Rechtsfolge der allgemeinen Regelung des § 17a Abs. 5 GVG entspricht, hat das Beschwerdegericht nicht zu prüfen, ob der beschrittene Rechtsweg zulässig ist. Hiergegen hat das Oberverwaltungsgericht verstoßen, weil es die Rechtswegzuständigkeit geprüft und verneint hat, obgleich ihm die Prüfung der Rechtswegfrage als Beschwerdegericht verwehrt war. Die Voraussetzungen der sich auf den Rechtsweg beziehenden Prüfsperre des § 65 ArbGG lagen hier vor.

11 Eine Ausnahme von der für das Oberverwaltungsgericht als Beschwerdegericht eingreifenden Prüfsperre des § 65 ArbGG ist zwar anzunehmen, wenn das Verwaltungsgericht gegen die verfahrensrechtlichen Bestimmungen verstoßen hat, welche im Zusammenhang mit der Beurteilung des Rechtsweges zu beachten sind. Das Eingreifen der Bindungswirkung des § 65 ArbGG setzt insoweit voraus - und dies gilt gleichermaßen für § 17a Abs. 5 GVG -, dass das erstinstanzlich entscheidende Gericht bei seiner Entscheidung über den Rechtsweg das vorgeschriebene Verfahren (§ 17a Abs. 2 und 3 GVG i.V.m. § 48 Abs. 1, § 80 Abs. 3 ArbGG) eingehalten hat (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 30. Januar 2013 - 6 P 5.12 - BVerwGE 145, 368 Rn. 12 und vom 8. Februar 2018 - 5 P 7.16 - BVerwGE 161, 164 Rn. 14 m.w.N.; BAG, Urteil vom 26. März 1992 - 2 AZR 443/91 - NZA 1992, 954 <956 f.> und Beschluss vom 11. November 1997 - 1 ABR 21/97 - NZA 1998, 385).

12 Diese Ausnahme von der Prüfsperre des § 65 ArbGG liegt hier jedoch nicht vor. Denn das Verwaltungsgericht hat nicht verfahrensfehlerhaft über den Rechtsweg entschieden. Es war nicht zur Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG verpflichtet, weil die Zulässigkeit des Rechtsweges im erstinstanzlichen Verfahren weder vom Antragsteller noch vom Beteiligten gerügt worden ist. Das Verwaltungsgericht hat auch nicht selbst die Rechtswegeröffnung zu den Verwaltungsgerichten in Frage gestellt; es hat vielmehr - wenn auch mit unzutreffender Einordnung des § 88 Abs. 1 SächsPersVG als Regelung der Antragsbefugnis (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Februar 2018 - 5 P 7.16 - BVerwGE 161, 164 Rn. 23 zu § 83 Abs. 1 BPersVG) - die streitigen Anträge durch verfahrensbeendenden Beschluss nach § 84 ArbGG als unzulässig abgelehnt, weil der Antragsteller nicht antragsbefugt sei. Damit hat es zugleich die der Antragsbefugnis vorgelagerte Frage der Rechtswegzuständigkeit der Verwaltungsgerichte stillschweigend bejaht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 31. Oktober 1994 - 11 AV 1.94 - Buchholz 310 § 83 VwGO Nr. 16 S. 2). Auch im Falle der stillschweigenden Bejahung der Rechtswegeröffnung durch das erstinstanzlich entscheidende Gericht ist das Rechtsmittelgericht - hier das Oberverwaltungsgericht - an die erstinstanzliche Rechtswegentscheidung gebunden (BVerwG, Beschluss vom 31. Oktober 1994 - 11 AV 1.94 - Buchholz 310 § 83 VwGO Nr. 16 S. 2; BGH, Beschluss vom 18. September 2008 - V ZB 40/08 - MDR 2008, 1412 <1413> m.w.N.).

13 b) Den Verfahrensfehler des Oberverwaltungsgerichts hat der Senat von Amts wegen zu berücksichtigen. Verneint das Beschwerdegericht unter Verkennung der Bindungswirkung des § 65 ArbGG die Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges und lehnt es deshalb - wie hier - einen Antrag als unzulässig ab, ist dies ein Verfahrensmangel, den das Rechtsbeschwerdegericht auch ohne entsprechende Verfahrensrüge berücksichtigen muss.

14 Nach § 72 Abs. 5, § 92 Abs. 2 ArbGG i.V.m. § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO hat das Rechtsbeschwerdegericht einen angefochtenen Beschluss auf von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel von sich aus zu prüfen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. August 2010 - 6 P 12.09 - Buchholz 251.2 § 91 BlnPersVG Nr. 1 Rn. 6, BAG, Beschluss vom 28. Juni 2005 - 1 ABR 26/04 - NZA 2006, 111 <113>). Dazu ist anerkannt, dass die Revisions- und Rechtsbeschwerdegerichte von Amts wegen zu prüfen haben, ob die Sachentscheidungsvoraussetzungen für ihre eigene Entscheidung wie auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen für das Berufungs- oder Beschwerdeverfahren vorgelegen haben (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. April 2012 - 8 C 18.11 - BVerwGE 143, 50 Rn. 15; Beschlüsse vom 9. Januar 2013 - 9 B 20.12 - Buchholz 424.01 § 64 FlurbG Nr. 8 Rn. 4 und vom 21. Juli 2014 - 3 B 70.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 68 Rn. 19). Ferner ist anerkannt, dass es einen Verfahrensmangel darstellt, der auch ohne Rüge zu berücksichtigen ist, wenn ein Instanzgericht eine Klage entgegen § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG mit der Begründung als unzulässig abweist, dass der Rechtsweg zu ihm nicht eröffnet sei (BGH, Urteil vom 20. Januar 2005 - III ZR 278/04 - MDR 2005, 644; Rolfs, in: Tschöpe, Arbeitsrecht Handbuch, 11. Aufl. 2019, 5. Teil Arbeitsgerichtsverfahren, B. Allgemeine Verfahrensfragen Rn. 118; Lückemann, in: Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 17a GVG Rn. 9). Dem steht es gleich, wenn ein Beschwerdegericht - wie hier - wegen der Nichtanwendung oder Verkennung des § 65 ArbGG eine fehlerhafte Rechtswegentscheidung trifft und sich deshalb an einer Sachentscheidung gehindert sieht.

15 2. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf dem Verfahrensfehler (§ 88 Abs. 2 SächsPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG).

16 Das Merkmal des Beruhens setzt - von dem hier nicht einschlägigen Fall des Vorliegens eines absoluten Verfahrensmangels (§ 547 ZPO) abgesehen - die Ursächlichkeit des Verfahrensverstoßes für die getroffene Entscheidung in dem Sinne voraus, dass das Gericht auf der Grundlage seiner materiell-rechtlichen Rechtsauffassung ohne den Verstoß zu einem für den Rechtsmittelführer sachlich günstigeren Ergebnis hätte gelangen können (BVerwG, Beschluss vom 14. August 1962 - 5 B 83.61 - BVerwGE 14, 342 <346>). Dies ist hier der Fall, weil das Oberverwaltungsgericht bei Beachtung des § 65 ArbGG nicht zu der seine Entscheidung tragenden rechtsfehlerhaften Annahme gelangt wäre, dass die Verwaltungsgerichte nicht zuständig und deshalb die von dem Antragsteller im Beschlussverfahren gestellten Anträge unzulässig seien.

17 Zwar fehlt es an einem Beruhen im Sinne von § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, wenn sich die Entscheidung der Vorinstanz aus anderen Gründen als richtig erweist (§ 92 Abs. 2 Satz 1, § 72 Abs. 5 ArbGG, § 561 ZPO; vgl. dazu Gronimus, Das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren, § 93 ArbGG Rn. 23 und 28; Busemann/Tiedemann, in: Schwab/Weth, ArbGG, 5. Aufl. 2018, § 96 Rn. 30 m.w.N.). Dies ist im Hinblick auf die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, die verfahrensgegenständlichen Anträge als unzulässig abzulehnen, jedoch nicht der Fall.

18 a) Das gilt zunächst, soweit das Oberverwaltungsgericht die Rechtswegeröffnung nach § 88 Abs. 1 SächsPersVG verneint hat.

19 aa) Der Senat ist als Rechtsbeschwerdegericht insoweit selbst an die Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtsweges gebunden (§ 92 Abs. 2 i.V.m. § 65 ArbGG). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts prüft das Rechtsbeschwerdegericht gemäß § 93 Abs. 2 i.V.m. § 65 ArbGG im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren nicht mehr die Zulässigkeit des Rechtsweges und der Verfahrensart (BVerwG, Beschlüsse vom 27. Januar 2004 - 6 P 9.03 - Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 33 S. 12; vom 30. Januar 2013 - 6 P 5.12 - BVerwGE 145, 368 Rn. 11 und vom 8. Februar 2018 - 5 P 7.16 - BVerwGE 161, 164 Rn. 13). Die durch § 65 ArbGG ausgelöste Bindung an die (stillschweigende) Bejahung der Rechtswegeröffnung durch das erstinstanzlich entscheidende Gericht setzt sich im Rechtsbeschwerdeverfahren fort.

20 Diese Bindungswirkung für das Rechtsbeschwerdegericht ist hier nicht dadurch aufgehoben worden, dass dem zweitinstanzlichen Gericht ein - wie oben dargelegt - von Amts wegen zu prüfender Verfahrensfehler unterlaufen ist und es eine fehlerhafte Entscheidung über den Rechtsweg getroffen hat. Von der fehlerhaften Rechtswegentscheidung des Oberverwaltungsgerichts geht keine Bindungswirkung für das Rechtsbeschwerdegericht aus. Denn maßgeblich für die Frage der Rechtswegeröffnung ist insoweit gemäß § 65 ArbGG die Bindungs- und Sperrwirkung der verfahrensfehlerfreien Rechtswegentscheidung des Gerichts des ersten Rechtszuges (vgl. BAG, Beschluss vom 11. November 1997 - 1 ABR 21/97 - NZA 1998, 385 m.w.N.; Busemann/Tiedemann, in: Schwab/Weth, ArbGG, 5. Aufl. 2018, § 88 Rn. 23). Dies legt nicht nur der Wortlaut dieser Regelung nahe, sondern entspricht auch insbesondere dem Zweck, den der Gesetzgeber sowohl mit § 65 ArbGG als auch mit der Einführung der auf die gleiche Rechtsfolge gerichteten Regelung des § 17a Abs. 5 GVG verfolgt hat. Danach soll die Frage der Rechtswegzuständigkeit zu einem möglichst frühen Zeitpunkt durch das erstinstanzlich entscheidende Gericht abschließend geklärt werden, damit das weitere Verfahren nicht mehr mit dem Risiko eines später erkannten Mangels des gewählten Rechtsweges belastet wird (vgl. BT-Drs. 11/7030 S. 36 ff., insbes. S. 38; BGH, Urteil vom 19. März 1993 - V ZR 247/91 - MDR 1993, 755 <756>).

21 bb) Zur Klarstellung weist der Senat darauf hin, dass entgegen der Ansicht der Vorinstanz keine rechtlichen Zweifel an der Eröffnung des Verwaltungsrechtsweges (nach § 88 Abs. 1 SächsPersVG) bestehen und der Antragsteller berechtigt ist, die streitigen Begehren im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren (§ 88 Abs. 2 Satz 1 SächsPersVG i.V.m. §§ 80 ff. ArbGG) zu verfolgen.

22 Zwar ist die Regelung des § 88 Abs. 1 Nr. 4 SächsPersVG, wonach die Verwaltungsgerichte über Bestehen oder Nichtbestehen von Dienstvereinbarungen entscheiden, hier nicht anwendbar. Denn diese Regelung setzt voraus, dass Unklarheit oder Streit über die Wirksamkeit der Dienstvereinbarung herrscht und der Antrag auf eine gerichtliche Entscheidung über das Bestehen oder Nichtbestehen der Dienstvereinbarung zielt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2003 - 6 P 7.03 - BVerwGE 119, 363 <366>). Das ist hier nicht der Fall, weil es dem Antragsteller nicht um die Wirksamkeit der Dienstvereinbarung Leistungsentgelt, sondern darum geht, wie diese auszulegen und vom Dienststellenleiter durchzuführen ist. Die Rechtswegzuständigkeit folgt aber aus § 88 Abs. 1 Nr. 3 SächsPersVG. Danach entscheiden die Verwaltungsgerichte, im dritten Rechtszug das Bundesverwaltungsgericht, über Zuständigkeit, Geschäftsführung und Rechtsstellung der Personalvertretungen.

23 Der Rückgriff auf § 88 Abs. 1 Nr. 3 SächsPersVG ist nicht kraft einer etwaigen verdrängenden Spezialität des § 88 Abs. 1 Nr. 4 SächsPersVG ausgeschlossen. Aus § 88 Abs. 1 Nr. 4 SächsPersVG lässt sich nicht ableiten, dass Streitigkeiten um Dienstvereinbarungen ausschließlich dann gerichtlich überprüfbar sein sollen, wenn deren Bestehen oder Nichtbestehen im Streit steht. Diese Vorschrift entfaltet keine Sperrwirkung gegenüber der generalklauselartigen Regelung des § 88 Abs. 1 Nr. 3 SächsPersVG, die - ebenso wie die gleichlautende Vorschrift des § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG - als Auffangnorm für alle personalvertretungsrechtlichen Streitigkeiten zu begreifen ist, die über die Aufgaben und Befugnisse der Personalvertretungen geführt werden. Diese Rechtsnorm verfolgt gerade den Zweck, den Personalvertretungen zur Klärung ihrer Rechte effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. April 2012 - 6 P 1.11 - BVerwGE 143, 6 Rn. 18) und damit im Zweifelsfall als Auffangnorm zu fungieren.

24 Der Begriff der Zuständigkeit der Personalvertretung (i.S.v. § 88 Abs. 1 Nr. 3 SächsPersVG) schließt diejenigen Pflichten des Dienststellenleiters ein, denen entsprechende Rechte der Personalvertretung gegenüberstehen können (BVerwG, Beschluss vom 15. März 1995 - 6 P 31.93 - BVerwGE 98, 77 <80>). Dementsprechend genügt es, wenn der Antragsteller - wie hier - die mit den formulierten Anträgen geltend gemachten Aufgaben oder Befugnisse aus Normen des Personalvertretungsrechts ableitet (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 2. Oktober 2000 - 6 P 11.99 - NZA-RR 2001, 166 m.w.N.; insoweit nicht abgedruckt in Buchholz 250 § 82 BPersVG Nr. 16) und die Rechtsbehauptung aufstellt, dass ihm eine entsprechende Rechtsposition zusteht (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15. März 1995 - 6 P 31.93 - BVerwGE 98, 77 <80 f.> und vom 30. Januar 2013 - 6 P 5.12 - BVerwGE 145, 368 Rn. 15). Die Frage, ob sich aus seinem Vortrag auf die Möglichkeit schließen lässt, in der behaupteten Rechtsposition verletzt zu sein, stellt sich erst bei der Prüfung der Antragsbefugnis. Um einen Streit um die Zuständigkeit oder Rechtsstellung der Personalvertretung (i.S.v. § 88 Abs. 1 Nr. 3 SächsPersVG) zu bejahen, genügt es hier, dass sich der Antragsteller der Sache nach auf das nach seiner Ansicht aus Rechtsnormen des Personalvertretungsrechts abzuleitende Recht gestützt hat, von dem Beteiligten die Durchführung der mit diesem abgeschlossenen Dienstvereinbarung verlangen zu können.

25 b) Der angegriffene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts stellt sich auch nicht deshalb im Ergebnis als richtig dar, weil die Antragsbefugnis für die verfahrensgegenständlichen Anträge zu verneinen wäre.

26 Im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren ist der Antragsteller nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann antragsbefugt, wenn er durch die begehrte Entscheidung in seiner personalvertretungsrechtlichen Rechtsposition betroffen werden kann, was regelmäßig nur dann der Fall ist, wenn er eigene Rechte geltend macht, deren Verletzung nach seinem Vorbringen möglich, also nicht von vornherein ausgeschlossen ist (BVerwG, Beschluss vom 8. Februar 2018 - 5 P 7.16 - BVerwGE 161, 164 Rn. 28 und 22 m.w.N.). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

27 aa) Dabei bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob sich hier bereits aus besonderen Einzelregelungen der Dienstvereinbarung Leistungsentgelt eine eigene personalvertretungsrechtliche Rechtsposition des Antragstellers entnehmen lässt, die ihm das (gerichtlich durchsetzbare) Recht einräumt, Fragen der Ermittlung und Auszahlung der Leistungsprämie - insbesondere hinsichtlich der Feststellung und Bewertung von Leistungen einzelner Beschäftigter - in einem Beschlussverfahren klären zu lassen.

28 Zwar wird verschiedentlich die Rechtsansicht vertreten, dass die Personalvertretung im Hinblick auf die Durchführung von Dienstvereinbarungen nur dann antragsbefugt sei, wenn die Dienstvereinbarung selbst Zuständigkeiten, Beteiligungsrechte oder sonstige Befugnisse der Personalvertretung (ausdrücklich) regele und eine solche Rechtsposition aus der Dienstvereinbarung, die gerade die Rechtsstellung des Personalrates betreffe, streitig geworden sei (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 17. Dezember 2003 - 1 A 1088/01.PVL - juris Rn. 69 ff.; OVG Magdeburg, Beschluss vom 3. Mai 2016 - 5 L 3.14 - PersV 2017, 29 <31> m.w.N.). Dem vermag sich der Senat jedoch nicht anzuschließen. Dem Personalrat steht grundsätzlich unabhängig vom Vorliegen dieser besonderen Voraussetzungen das Recht zu, von der Dienststellenleitung, mit der er die Dienstvereinbarung abgeschlossen hat, die vertragsgemäße Durchführung dieser Vereinbarung zu verlangen (vgl. VGH München, Beschlüsse vom 8. Juli 2014 - 17 P 14.559 - PersV 2014, 419 <420> und vom 4. Juli 2017 - 18 P 16.20 00 - PersV 2017, 423 <423 f.>; VG Berlin, Beschluss vom 20. April 2017 - 62 K 6.16 PVL - juris Rn. 37; Berg, in: Altvater u.a., BPersVG, 10. Aufl. 2019, § 73 Rn. 25; Fischer/Goeres/Gronimus, GKÖD, Band V Teil 2, Kommentar BPersVG, Stand 5/2018, § 73 Rn. 25a; Gronimus, Das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren, § 83 BPersVG Rn. 67; Ilbertz, in: Ilbertz/Widmaier/Sommer, BPersVG, 14. Aufl. 2018, § 73 Rn. 27; Ramm, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold u.a., Bundespersonalvertretungsgesetz, 73. Update 7/2019, § 73 Rn. 27; Weber, in: Richardi/Dörner/Weber, BPersVG, 4. Aufl. 2012, § 73 Rn. 22a; Wolber, RiA 1984, 228 <229>).

29 bb) Dieses allgemeine Durchführungsrecht der Personalvertretung ergibt sich hier aus § 84 Abs. 1 SächsPersVG in Verbindung mit § 86 Abs. 1 SächsPersVG. Mit der objektiven Rechtspflicht der Dienststellenleitung, Dienstvereinbarungen durchzuführen (§ 86 Abs. 1 SächsPersVG) (1), korrespondiert das gerichtlich durchsetzbare Recht der Personalvertretung, von der Dienststellenleitung die abredegemäße Durchführung einer mit dieser gemäß § 84 Abs. 1 SächsPersVG geschlossenen Dienstvereinbarung verlangen zu können (2).

30 (1) Nach § 86 Abs. 1 SächsPersVG, der § 74 Abs. 1 BPersVG wortgleich nachgebildet ist, führt die Dienststelle Entscheidungen durch, an denen der Personalrat beteiligt war, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Der Personalrat darf nicht durch einseitige Handlungen in den Dienstbetrieb eingreifen (§ 86 Abs. 2 SächsPersVG, der § 74 Abs. 2 BPersVG entspricht).

31 Zu den Entscheidungen im Sinne des § 86 Abs. 1 SächsPersVG, die der Dienststellenleiter durchführt, gehören auch Dienstvereinbarungen. Der Abschluss einer Dienstvereinbarung stellt sich als eine der Dienststellenleitung zurechenbare Maßnahme im Sinne des Personalvertretungsrechts dar (BVerwG, Beschlüsse vom 1. November 1983 - 6 P 28.82 - PersV 1985, 473 <475> und vom 17. Dezember 2003 - 6 P 7.03 - BVerwGE 119, 363 <372>); er ist damit zugleich, wie auch durch den systematischen Zusammenhang zu der Regelung des § 84 Abs. 1 SächsPersVG bestätigt wird, eine Entscheidung im Sinne von § 86 Abs. 1 SächsPersVG, an welcher der Personalrat beteiligt war. Die Durchführung von Dienstvereinbarungen obliegt mithin dem Dienststellenleiter (Fischer/Goeres/Gronimus, GKÖD, Band V Teil 2, Kommentar BPersVG, Stand 5/2018, § 74 Rn. 4a m.w.N.).

32 Zwar ist § 86 SächsPersVG in erster Linie dazu bestimmt, der Kompetenzabgrenzung zwischen Dienststellenleitung und Personalvertretung im Hinblick auf den Vollzug von Maßnahmen zu dienen. Die Vorschrift bezweckt insoweit die Klarstellung der Handlungs- bzw. Vollzugsbefugnisse des Dienststellenleiters, der als Vertreter des Dienstherrn (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SächsPersVG) für die Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns nach außen einzustehen hat (Berg, in: Altvater u.a., BPersVG, 10. Aufl. 2019, § 74 Rn. 1; Bieler, in: Vogelgesang/Bieler/Kleffner/Rehak, Landespersonalvertretungsgesetz für den Freistaat Sachsen, Band 2, Stand 2015, § 86 Rn. 2; Fischer/Goeres/Gronimus, GKÖD, Band V Teil 2, Kommentar BPersVG, Stand 5/2018, § 74 Rn. 1a). Als innerdienstliche Kompetenznorm verleiht § 86 SächsPersVG grundsätzlich (d.h. vorbehaltlich anderer Vereinbarungen) allein der Dienststellenleitung die Kompetenz, auch solche Entscheidungen durchzuführen, an denen die Personalvertretung beteiligt war. Insoweit ist die objektive Pflicht des Dienststellenleiters nicht notwendig mit einem subjektiven Recht der Personalvertretung verbunden, die Durchführung von Entscheidungen von diesem verlangen und dies gerichtlich durchsetzen zu können. So folgt aus der Zustimmung der Personalvertretung zu einer vom Dienststellenleiter beabsichtigten mitbestimmungspflichtigen Maßnahme grundsätzlich keine Verpflichtung des Dienststellenleiters, die Maßnahme durchzuführen (BVerwG, Beschluss vom 15. November 1995 - 6 P 2.94 - Buchholz 251.0 § 76 BaWüPersVG Nr. 7 S. 18; Bieler, in: Vogelgesang/Bieler/Kleffner/Rehak, Landespersonalvertretungsgesetz für den Freistaat Sachsen, Band 2, Stand 2015, § 86 Rn. 2; Weber, in: Richardi/Dörner/Weber, BPersVG, 4. Aufl. 2012, § 74 Rn. 4 m.w.N.).

33 Diese Zwecksetzung des § 86 SächsPersVG schließt es jedoch nicht aus, eine Pflicht des Dienststellenleiters zur Durchführung solcher Entscheidungen anzunehmen, zu deren Umsetzung dieser rechtsverbindlich verpflichtet worden ist oder sich selbst verpflichtet hat. So verhält es sich im Hinblick auf Dienstvereinbarungen, mit deren Abschluss eine entsprechende Selbstverpflichtung der Dienststellenleitung zur Einhaltung und Durchführung verbunden ist (vgl. Fischer/Goeres/Gronimus, GKÖD, Band V Teil 2, Kommentar BPersVG, Stand 5/2018, § 74 Rn. 4a; Weber, in: Richardi/Dörner/Weber, BPersVG, 4. Aufl. 2012, § 74 Rn. 4; Ramm, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold u.a., Bundespersonalvertretungsgesetz, 73. Update 7/2019, § 74 Rn. 2 m.w.N.).

34 (2) Das auf die Verpflichtung der Dienststellenleitung bezogene Recht der Personalvertretung, von der Dienststellenleitung die abredegemäße Durchführung einer mit dieser geschlossenen Dienstvereinbarung verlangen zu können, ergibt sich im Wege der Auslegung des § 84 Abs. 1 SächsPersVG. Es folgt aus dem bereits im Wortlaut dieser Norm zum Ausdruck gebrachten Vertragscharakter der Dienstvereinbarung und dem systematischen Zusammenhang, in den diese Regelung gestellt ist, sowie aus ihrem Sinn und Zweck.

35 (a) § 84 Abs. 1 SächsPersVG ordnet (wortgleich mit § 73 Abs. 1 BPersVG) an, dass Dienstvereinbarungen zulässig sind, soweit sie dieses Gesetz ausdrücklich vorsieht. Sie werden durch Dienststelle und Personalrat gemeinsam beschlossen, sind schriftlich niederzulegen, von beiden Seiten zu unterzeichnen und in geeigneter Weise bekanntzumachen. Nach § 84 Abs. 2 SächsPersVG gehen Dienstvereinbarungen, die für einen größeren Bereich gelten, den Dienstvereinbarungen für den kleineren Bereich vor. Dienstvereinbarungen können von beiden Seiten gekündigt werden (§ 84 Abs. 3 SächsPersVG), ihre Regelungen gelten aber auch nach der Kündigung weiter, wenn und soweit dies ausdrücklich vereinbart ist (§ 84 Abs. 4 SächsPersVG).

36 Aus dem Wortlaut des § 84 Abs. 1 SächsPersVG, dass Dienstvereinbarungen durch Dienststelle und Personalrat "gemeinsam beschlossen" werden, sowie aus dem Gesamtzusammenhang der vorgenannten Regelungen erschließt sich der Rechtscharakter der Dienstvereinbarungen. Diese schaffen als Akte dienststelleninterner Rechtsetzung für die Dienststelle und für deren Beschäftigte unmittelbar geltendes Recht, und zwar in der Weise, dass alle gegenwärtig oder künftig in der Dienststelle Beschäftigten vom Dienststellenleiter nach ihren Vorschriften behandelt werden müssen (BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2003 - 6 P 1.03 - Buchholz 250 § 73 BPersVG Nr. 4 S. 3). Die Dienstvereinbarung lässt sich - wie die ihr als Vorbild dienende Betriebsvereinbarung (§ 77 Abs. 2 Satz 1 BetrVG) - als Normenvertrag beschreiben (vgl. BAG, Beschluss vom 17. Oktober 1989 - 1 ABR 31/87 (B) - BAGE 63, 140 <147>; Weber, in: Richardi/Dörner/Weber, BPersVG, 4. Aufl. 2012 § 73 Rn. 4 f.). Obgleich durch eine Dienstvereinbarung unmittelbar geltendes Recht für die Beschäftigten geschaffen wird, bleibt sie ein Vertrag zwischen zwei Vertragspartnern und verliert nicht ihren Charakter als einer beiderseits verbindlichen vertraglichen Regelung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. März 1986 - 6 P 38.82 - Buchholz 238.3 A § 75 BPersVG Nr. 45 S. 48).

37 Aus diesem Vertragscharakter folgt, dass jeder Vertragspartner mit dem Abschluss der Dienstvereinbarung die verbindliche Erklärung abgegeben hat, die in der Dienstvereinbarung kraft gemeinsamer öffentlich-rechtlicher Vereinbarung geschaffenen Normen einzuhalten. Dies ist zugleich Ausdruck des Grundsatzes der Vertragstreue ("pacta sunt servanda"). Dieser allgemeine Rechtssatz der Bindung an geschlossene Verträge stellt nicht nur im Zivilrecht ein Grundelement des Vertragsrechts dar (vgl. etwa BAG, Urteil vom 12. Januar 2005 - 5 AZR 364/04 - BAGE 113, 140 Rn. 19), sondern ist auch im gesamten öffentlichen Recht als allgemeines (ungeschriebenes) Prinzip anerkannt (vgl. BVerwG, Urteile vom 9. Juli 1976 - 7 A 1.76 - BVerwGE 50, 137 <145> und vom 18. Juli 2012 - 8 C 4.11 - BVerwGE 143, 335 Rn. 46; BSG, Urteil vom 6. Dezember 2012 - B 11 AL 15/11 R - BSGE 112, 241 Rn. 27). Er beansprucht daher auch für die als öffentlich-rechtliche Verträge zu qualifizierenden Dienstvereinbarungen Geltung. Unabhängig davon, um welche Art von Vertrag es sich handelt, ist notwendiger Gegenstand des Vertrages, dass - soweit nicht aus Gesetz oder abweichender Vereinbarung im Einzelfall etwas Abweichendes folgt - jede Vertragspartei mit dem Vertragsschluss die Erklärung verbindet, die gemeinsam ausgehandelten vertraglichen Vereinbarungen einzuhalten (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 17. Juli 2017 - Vf. 9-VII-15 - ZUM 2017, 959 <967> zu Länderstaatsverträgen).

38 (b) Die systematischen Bezüge zu der Regelung des § 77 BetrVG bestätigen das vorgenannte Auslegungsergebnis. § 77 Abs. 1 BetrVG ordnet parallel zu § 86 Abs. 1 SächsPersVG und § 74 Abs. 1 BPersVG an, dass Vereinbarungen zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber von dem Arbeitgeber durchgeführt werden, es sei denn, dass im Einzelfall etwas anderes vereinbart ist. Nach § 77 Abs. 2 Satz 1 BetrVG sind Betriebsvereinbarungen von Betriebsrat und Arbeitgeber gemeinsam zu beschließen und schriftlich niederzulegen.

39 Diese Regelungen werden nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der das Schrifttum gefolgt ist, dahin verstanden, dass dem Betriebsrat grundsätzlich ein Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Durchführung einer zwischen den Betriebsparteien abgeschlossenen Betriebsvereinbarung zusteht (vgl. etwa BAG, Beschlüsse vom 24. Februar 1987 - 1 ABR 18/85 - BAGE 54, 191 <196 f.>, vom 10. Juli 2013 - 7 ABR 22/12 - PersV 2014, 74 <76> und vom 18. März 2014 - 1 ABR 75/12 - BAGE 147, 313 Rn. 30 f.; Gaul, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 8. Aufl. 2018, § 77 BetrVG Rn. 6 m.w.N.). Die vorbezeichnete Rechtslage im Betriebsverfassungsrecht spricht aus systematischen Gründen dafür, dies im Hinblick auf die rechtsähnlichen Regelungen des Personalvertretungsrechts nicht anders zu beurteilen. Dieses weist insoweit zum einen keine Besonderheiten auf, die eine Abweichung von den betriebsverfassungsrechtlichen Grundsätzen nahelegen. Zum anderen zeigt die historisch-genetische Betrachtung, dass sich das Personalvertretungsrecht gerade an diesen Grundsätzen ausgerichtet hat.

40 Die Regelung des § 77 BetrVG über Betriebsvereinbarungen ist, wie schon ihr Wortlaut ausweist, als Vorbild für die bundesrechtliche Normierung der Dienstvereinbarungen (§ 73 BPersVG) verwendet worden. Der Bundesgesetzgeber hat sich bei der Normierung des § 73 BPersVG an der bereits vorhandenen Regelung des Betriebsverfassungsrechts und an den anerkannten Wirkungen der Betriebsvereinbarung orientiert (s. BT-Drs. 7/176 S. 33; vgl. ferner etwa Fischer/Goeres/Gronimus, GKÖD, Band V Teil 2, Kommentar BPersVG, Stand 5/2018, § 73 Rn. 1 f.). Der sächsische Landesgesetzgeber wiederum hat das Landespersonalvertretungsgesetz im Wesentlichen dem Bundespersonalvertretungsgesetz nachgebildet (vgl. LT-Drs. 1/922 S. 1, 51) und die bundesrechtliche Regelung über Dienstvereinbarungen wortgleich übernommen.

41 (c) Für die Annahme eines gegenüber der Dienststellenleitung bestehenden Rechts der Personalvertretung auf Durchführung von Dienstvereinbarungen spricht darüber hinaus die Zwecksetzung, welche der Regelung des § 84 Abs. 1 SächsPersVG zugrunde liegt. Dienstvereinbarungen unterliegen, wie bereits der Begriffsinhalt vorgibt, dem Konsensprinzip (BVerwG, Beschluss vom 17. Dezember 2003 - 6 P 7.03 - BVerwGE 119, 363 <372>). Die Einräumung der Befugnis, Dienstvereinbarungen "durch Dienststelle und Personalrat gemeinsam" zu beschließen und damit rechtsverbindliche Normen zu schaffen, basiert auch auf der Annahme, dass sich gerade die Vertragspartner an die von ihnen geschaffenen Normen binden wollen und die Verpflichtung zu ihrer Einhaltung erklären. Der Gesetzgeber hat den Vertragsparteien die Möglichkeit, innerbetriebliche Rechtsnormen durch Dienstvereinbarungen zu schaffen, auch deshalb eröffnet, weil er davon ausgeht, dass der Inhalt der entsprechenden abstrakt-generellen Regelung von beiden Seiten ausgehandelt und konsensual festgelegt wird und deshalb regelmäßig eine größere Bereitschaft zur Befolgung besteht, als dies bei einseitig angeordneten Regelungen der Fall wäre. Diese Zwecksetzung würde beeinträchtigt, wenn es von vornherein keine mit einem subjektiven Recht der Personalvertretung korrespondierende Pflicht der Dienststellenleitung gäbe, Dienstvereinbarungen abredegemäß durchzuführen.

42 Dienstvereinbarungen haben überdies den Zweck, die Beteiligung der Personalvertretung in einer Vielzahl von Einzelfällen mit gleichem sachlichen Gegenstand zu erübrigen (SächsVerfGH, Urteil vom 22. Februar 2001 - Vf. 51-II-99 - juris Rn. 221; BVerwG, Beschluss vom 30. März 2009 - 6 PB 29.08 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 107 S. 4 m.w.N.). Der innerhalb der Mitbestimmungstatbestände liegende Abschluss einer Dienstvereinbarung stellt sich insoweit als vorweggenommene Mitbestimmung dar. Für alle gegenwärtig oder künftig davon abgedeckten Fälle ist das Mitbestimmungsrecht damit abgegolten (BVerwG, Beschlüsse vom 9. Dezember 1992 - 6 P 16.91 - BVerwGE 91, 276 <283 f.> und vom 30. März 2009 - 6 PB 29.08 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 107 S. 4). Die Möglichkeit der Personalvertretung, die Einhaltung von Dienstvereinbarungen zu verlangen und dies gegebenenfalls gerichtlich durchsetzen zu können, stellt sich insoweit auch als Kompensation für den "Verbrauch" von Mitbestimmungsrechten dar. Übt der Personalrat seine Beteiligungsrechte durch Abschluss einer Dienstvereinbarung vorab und in abstrakt-genereller Weise aus, darf er dadurch im Hinblick auf die gerichtliche Geltendmachung seiner Rechte im Ergebnis nicht schlechter gestellt werden, als er stünde, wenn er die Dienstvereinbarung nicht abgeschlossen hätte.

43 (d) Begründet nach alledem die Regelung über den Abschluss von Dienstvereinbarungen (§ 84 Abs. 1 SächsPersVG bzw. § 73 Abs. 1 BPersVG) das mit der Durchführungspflicht des Dienststellenleiters (§ 86 Abs. 1 SächsPersVG bzw. § 74 Abs. 1 BPersVG) korrespondierende Recht der Personalvertretung auf abredegemäße Durchführung, so stellt der Senat zur Vermeidung etwaiger Missverständnisse klar, dass dies grundsätzlich auch dann der Fall ist, soweit das jeweilige Landespersonalvertretungsrecht eine dem § 86 Abs. 1 SächsPersVG oder § 74 Abs. 1 BPersVG vergleichbare ausdrückliche Regelung über die Durchführung von Entscheidungen, an denen der Personalrat beteiligt war, nicht enthält, sondern die Zuständigkeit des Dienststellenleiters für den Vollzug von Entscheidungen aus anderen Grundsätzen der Dienststellenverfassung hergeleitet wird.

44 cc) Die Antragsbefugnis ist im vorliegenden Streitfall auch nicht deshalb zu verneinen, weil sich eine Verletzung des Antragstellers in dem von ihm geltend gemachten Durchführungsrecht als nicht möglich oder von vornherein ausgeschlossen darstellt.

45 Zwar kann es für ein im Beschlussverfahren geltend gemachtes Begehren des Personalrats schon an der Möglichkeit fehlen, in eigenen personalvertretungsrechtlichen Rechten betroffen zu sein, soweit er sich auf Rechtspositionen stützt, die ausschließlich den Interessen der Beschäftigten zu dienen bestimmt sind und nur diesen individuelle Rechte einräumen. Zur ausschließlichen prozessualen Wahrnehmung der Individualinteressen einzelner Beschäftigter (im Wege der Prozessstandschaft) ist der Personalrat nicht befugt (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 28. August 2008 - 6 PB 19.08 - NVwZ-RR 2009, 38 <39> sowie - im Hinblick auf Dienstvereinbarungen - BAG, Beschlüsse vom 17. Oktober 1989 - 1 ABR 31/87 (B) - BAGE 63, 140 <146 f.> und vom 10. Juli 2013 - 7 ABR 22/12 - PersV 2014, 74 <76>; Berg, in: Altvater u.a., BPersVG, 10. Aufl. 2019, § 73 Rn. 26; Ramm, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold u.a., Bundespersonalvertretungsgesetz, 73. Update 7/2019, § 73 Rn. 27; Weber, in: Richardi/Dörner/Weber, BPersVG, § 73 Rn. 22a; vgl. zum Initiativrecht des Personalrats: BVerwG, Beschluss vom 15. Juli 2019 - 5 P 1.18 - Rn. 17).

46 Verlangt der Personalrat jedoch von der Dienststellenleitung eine mit dieser abgeschlossene Dienstvereinbarung überhaupt oder - wie hier - in einer bestimmten und seiner Rechtsauffassung entsprechenden Weise durchzusetzen, geht es ihm regelmäßig nicht ausschließlich um Rechte der Beschäftigten, sondern um seine eigene personalvertretungsrechtliche Rechtsposition im Verhältnis zur Dienststellenleitung, nämlich um den dieser gegenüber grundsätzlich bestehenden Anspruch auf Durchführung derselben. Dies genügt, um die Möglichkeit einer Betroffenheit in eigenen Rechten und damit die Antragsbefugnis zu bejahen. Ob der Durchführungsanspruch in der geltend gemachten Weise tatsächlich besteht, ist eine Frage der Begründetheit des Antrags (vgl. BAG, Beschluss vom 10. Juli 2013 - 7 ABR 22/12 - PersV 2014, 74 <76> m.w.N.).

47 3. Das Oberverwaltungsgericht hat sich - auf der Grundlage seiner fehlerhaften Zulässigkeitsprüfung konsequent - ebenso wenig wie das Verwaltungsgericht mit der Begründetheit des verfahrensgegenständlichen Antrags befasst und dementsprechend im Hinblick auf die umstrittenen materiell-rechtlichen Regelungen der streitigen Dienstvereinbarung keine normbezogene Aufarbeitung und Würdigung des Tatsachenstoffs vorgenommen. Weil es damit an den Voraussetzungen für eine abschließende Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts fehlt, ist die Sache zur Durchführung dieser Prüfung unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur erneuten mündlichen Anhörung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i.V.m. § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).