Beschluss vom 26.11.2013 -
BVerwG 1 WB 40.13ECLI:DE:BVerwG:2013:261113B1WB40.13.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.11.2013 - 1 WB 40.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2013:261113B1WB40.13.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 40.13

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Kapitän zur See Scheuer und
den ehrenamtlichen Richter Fregattenkapitän Gansow
am 26. November 2013 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller wendet sich gegen eine Verfügung des Personalamts der Bundeswehr, mit der seine Versetzung von der Einsatzflottille ... in ... zum Marinekommando in ... angeordnet worden ist.

2 Der 1957 geborene Antragsteller ist Berufssoldat, dessen Dienstzeit voraussichtlich mit Ablauf des 30. November 2016 enden wird. Er wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 1998 zum Fregattenkapitän ernannt und in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 14 eingewiesen. Nach einer mehrjährigen Verwendung im Stab des Marineamtes in ... leistete er vom 26. März 2001 bis zum 1. März 2009 seinen Dienst zunächst auf dem Dienstposten des G 3, sodann auf dem Dienstposten des S 3-Stabsoffiziers jeweils bei der Führungsakademie der Bundeswehr in .... Dort war er auch Mitglied des Personalrats. Anschließend war er vom 2. März 2009 bis zum 31. Januar 2013 als Controller bei der Einsatzflottille ... in ... eingesetzt. Aufgrund der im vorliegenden Verfahren angefochtenen Versetzungsverfügung wird der Antragsteller seit dem 1. Februar 2013 (Dienstantritt: 4. Februar 2013) auf dem Dienstposten eines Dezernatsleiters beim Marinekommando in ... verwendet. Der Antragsteller ist verheiratet und wohnt in P.; seine Ehefrau ist im Bundeswehrkrankenhaus H. berufstätig.

3 In einem am 19. Juni 2007 geführten Personalgespräch, in dem der Antragsteller die Erörterung von Verwendungsmöglichkeiten in K., P., N. oder H. erbat, erklärte ihm sein Personalführer, dass diese Wünsche aufgenommen würden; eine regionalisierte Verwendungsfolge im Bereich H., K., P., N. werde sich jedoch kaum realisieren lassen.

4 In einem am 4. November 2008 geführten Personalgespräch, in dem der Antragsteller seine weitere Verwendungsplanung bis zu seinem Dienstzeitende ansprach, erklärte der Personalführer im Zusammenhang mit der bevorstehenden Versetzung des Antragstellers zur Einsatzflottille ... in ..., dass dessen Wunsch, bis zu seinem Dienstzeitende im Raum Schleswig-Holstein oder H. verwendet zu werden, aufgefasst sei und vorrangig geprüft werde. Neben einem Verbleib auf dem Dienstposten eines Controllers bei der Einsatzflottille ... seien aus Sicht des Personalamts Verwendungen im Wehrbereichskommando I „Küste“ (Controlling oder G1/3 InFü) vorstellbar.

5 Unter dem 26. Juni 2012 berichtete der Chef des Stabes der Einsatzflottille ... dem Personalamt, dass anlässlich der A1-Abstimmungsgespräche im Frühjahr 2011 mit dem Personalamt der Bundeswehr - ... - vereinbart worden sei, die Verwendungsdauer des Antragstellers auf dem Dienstposten in ... zunächst bis zum 30. September 2012 - also auf eine Gesamtverwendungsdauer von etwa dreieinhalb Jahren - zu verlängern. Das sei dem Antragsteller offiziell eröffnet worden; dieser habe am 11. April 2011 eine entsprechende Verfügung unterzeichnet. Eine Verlängerung auf dem Dienstposten bis zum Dienstzeitende des Antragstellers habe hingegen nicht im Fokus der Planungen gestanden und sei seitens der Einsatzflottille ... gegenüber dem Antragsteller nicht angedeutet worden; vielmehr habe man bereits auf eine mögliche Veränderung zum 30. September 2012 hingewiesen. Dieser Bericht wurde dem Antragsteller am 6. Juli 2012 aktenkundig eröffnet.

6 Im Personalgespräch vom 22. Mai 2012 kündigte der Personalführer dem Antragsteller dessen Versetzung auf den Dienstposten eines Controllers Operation im Marinekommando in ... an. Bei dieser Gelegenheit rügte der Antragsteller die aus seiner Sicht fehlende vorrangige Prüfung seiner Weiterverwendung in Schleswig-Holstein.

7 Im Anschluss an die Vororientierung vom 24. Juli 2012 ordnete das Personalamt mit der angefochtenen Verfügung Nr. 1200459243 vom 12. Oktober 2012 die Versetzung des Antragstellers von seinem Dienstposten bei der Einsatzflottille ... in ... auf den Dienstposten des Dezernatsleiters Bw und Controllers A beim Marinekommando in ... zum 1. Februar 2013 (Dienstantritt: 4. Februar 2013) an.

8 Gegen diese ihm am 2. November 2012 eröffnete Verfügung legte der Antragsteller mit einem an das Personalamt der Bundeswehr gerichteten Schreiben vom 29. November 2012 Beschwerde ein und kündigte weiteren Vortrag in der Sache durch seinen bevollmächtigten Rechtsanwalt B. an. Das Beschwerdeschreiben enthält zwei Vermerke: „nachrichtlich: Herrn RA B., ...und: „Vorab per FAX: 02203/105 16 ... / V-159/12-B“. Das in den Verwaltungsvorgängen befindliche Exemplar des Beschwerdeschreibens weist einen Eingangsstempel der Abteilung ZAPF Dezernat 3 Recht im Personalamt der Bundeswehr mit dem Datum 12. Dezember 2012 und einen Eingangsstempel des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - mit dem Datum 17. Dezember 2012 auf. Eine Beschwerdebegründung legten weder der Antragsteller noch sein Bevollmächtigter vor.

9 Mit Beschwerdebescheid vom 25. März 2013 wies der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - die Beschwerde als unzulässig zurück. Er führte aus, dass nach Eröffnung der Versetzungsverfügung am 2. November 2012 die Beschwerdefrist mit Ablauf des 3. Dezember 2012 (Montag) geendet habe. Die Beschwerde sei jedoch erst am 17. Dezember 2012 beim Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - als der für die Beschwerde zuständigen Stelle und damit nicht fristgerecht eingegangen. Dieser formelle Mangel sei nicht dadurch geheilt worden, dass der Antragsteller die Beschwerde am 3. Dezember 2012 beim Personalamt der Bundeswehr - III 2 - per Telefax eingelegt habe. Die Einlegung bei dieser Stelle entfalte keine Rechtswirksamkeit. Die Beschwerde müsse zwar umgehend an die für die Entscheidung zuständige Stelle weitergeleitet werden. Der Beschwerdeführer trage jedoch das Risiko, dass die Beschwerde die zuständige Stelle nicht rechtzeitig erreiche. In den dienstaufsichtlichen Feststellungen seines Bescheides führte der Bundesminister der Verteidigung aus, dass mit der Aufstellung des Marinekommandos im Rahmen der Umstrukturierung der Bundeswehr und der Schaffung zusätzlicher Dienstposten in ... ein dienstlicher Bedarf für die Besetzung von Dienstposten entstanden sei, für die der Antragsteller geeignet sei. Schwerwiegende persönliche Versetzungshinderungsgründe habe der Antragsteller nicht vorgetragen. Die von ihm beantragte Beteiligung der Vertrauensperson der Offiziere sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Die Vertrauensperson habe nach erfolgter Anhörung am 24. August 2012 der geplanten Versetzung zugestimmt.

10 Gegen diese ihm am 17. April 2013 eröffnete Entscheidung hat der Antragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 17. Mai 2013 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat der Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - mit seiner Stellungnahme vom 8. August 2013 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

11 Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Er habe seine Beschwerde vom 29. November 2012 nicht erst am 3. Dezember 2012 per Telefax beim Personalamt eingelegt, sondern bereits am 29. November 2012 unter Nutzung der Telefax-Nummer 02203/105 16 .... Parallel dazu habe sein damaliger Bevollmächtigter, Rechtsanwalt B., die Beschwerde am 29. November 2012 nachrichtlich erhalten. Dieser Tag sei ein Donnerstag gewesen. Die Eilbedürftigkeit der Beschwerde habe man aus seinem Hinweis im Text des Rechtsbehelfs entnehmen können, dass ihm die Versetzungsverfügung vom 12. Oktober 2012 am 2. November 2012 ausgehändigt worden sei. Angesichts der am 3. Dezember 2012 ablaufenden Beschwerdefrist habe für den Personalführer - den Inhaber der Telefax-Nummer 02203/105 16 ... - die Pflicht zur unverzüglichen Weiterleitung des Rechtsbehelfs an die zuständige Stelle bestanden. Dem Empfänger des Telefax-Schreibens als einem erfahrenen Personalführer sei die Brisanz und die Problematik der bei einer erkennbar unzuständigen Stelle eingegangenen Beschwerde bewusst gewesen: mindestens aber habe er diese erkennen können und müssen. Angesichts der offenkundigen und im Prinzip für jedermann erkennbaren Eilbedürftigkeit habe er, der Antragsteller, von dem Personalführer eine schnellere Art der Übermittlung (Telefax oder E-Mail) erwarten dürfen, und zwar unmittelbar an das Bundesministerium der Verteidigung. Da die Beschwerde nach dem Vortrag des Bundesministers der Verteidigung auf dem Computer des Personalführers eingegangen sei, habe dieser den Rechtsbehelf spätestens am 3. Dezember 2012 mit wenigen Mausklicks an das Ministerium weiterleiten können. Auch eine unverzügliche Information an ihn selbst habe er, der Antragsteller, erwarten können. Dann hätte er selbst die Beschwerde im Verlauf des 3. Dezember 2012 bei der richtigen Stelle eingelegt.

12 In der Sache widerspreche die angeordnete Versetzung den einvernehmlich besprochenen Vorgaben, wonach er im Bereich Schleswig-Holstein habe verbleiben sollen. Das Personalamt habe dies nicht berücksichtigt. Seiner Versetzung nach K. habe er seinerzeit unter Verzicht auf seinen Versetzungsschutz als Personalrat zugestimmt, weil ihm das Personalamt - wenn auch nicht förmlich im Sinne von § 38 Abs. 1 VwVfG - zugesichert habe, dass man ihn auf dem Dienstposten für längere Zeit verwenden werde und dann seine Anschluss- bzw. Abschlussverwendung im Bereich H./Schleswig-Holstein vorrangig prüfen werde. Er berufe sich auf ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis, in dem er als Soldat gemäß § 31 SG auf die Fürsorglichkeit seines Dienstherrn müsse vertrauen dürfen. Er habe erwarten dürfen, nach Ablauf seiner Stehzeit in ... heimatnah verwendet zu werden. Im Hinblick auf sein Dienstzeitende habe das Personalamt die zwingende Vorgabe des Erlasses „Letzte Verwendung vor Zurruhesetzung - hier: Eröffnung des Endstandortes“ vom 16. Juni 1998 in der Fassung vom 2. August 2011 völlig missachtet. Nach dieser Regelung sei das Personalamt verpflichtet gewesen, spätestens fünf Jahre vor dem Zeitpunkt der beabsichtigten Zurruhesetzung (30. November 2016) eine Entscheidung über den beabsichtigten Endstandort zu treffen und diese ihm, dem Antragsteller, in einer gesonderten Mitteilung bzw. in einem diesbezüglichen Personalgespräch zu übermitteln. Der Verstoß des Personalamts gegen diesen Erlass mache die Versetzungsverfügung rechtswidrig. Darüber hinaus beruhe die Versetzung erkennbar nicht auf einer dienstlichen Notwendigkeit, sondern sei dem sogenannten „Nasenfaktor“ geschuldet.

13 Der Antragsteller beantragt,
die Versetzungsverfügung des Personalamts der Bundeswehr, Abteilung III Dezernat 24, vom 12. Oktober 2012 und die Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - vom 25. März 2013 aufzuheben.

14 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

15 Er verteidigt den Inhalt seines Beschwerdebescheids und legt ergänzend dar, dass die Beschwerde des Antragstellers erst nach Ablauf der Beschwerdefrist beim Bundesministerium eingegangen sei. Ursächlich dafür sei allein der Umstand, dass der Antragsteller - trotz seiner Erfahrungen als Disziplinarvorgesetzter - diesen Rechtsbehelf bei der unzuständigen Stelle eingelegt habe. Der Personalführer, an den das Telefax gerichtet gewesen sei, habe sich nach einer Dienstreise erst am 3. Dezember 2012, dem Tag des Fristablaufs, wieder im Dienst befunden. Erst an diesem Tag habe er an seinem Arbeitsplatzcomputer Kenntnis von der eingelegten Beschwerde erhalten. Danach habe er die Beschwerde - zusammen mit der Kurzmitteilung gemäß Nr. 476 der Geschäftsordnung für das Personalamt der Bundeswehr vom 6. August 2010 - noch am selben Tag über seinen Dezernatsleiter (Paraphe am 4.12.2012) und den Abteilungsleiter (Paraphe am 6. Dezember 2012) der Abteilung ZAPF 3 Recht (dort Eingang 12. Dezember 2012) vorgelegt, von wo der Rechtsbehelf noch am selben Tag an das Ministerium weitergeleitet worden sei. Vor diesem Hintergrund sei eine fristwahrende Weiterleitung an das Bundesministerium unter Zugrundelegung einer angemessenen Bearbeitungszeit nicht möglich gewesen.
In der Sache sei dem Antragsteller zu keinem Zeitpunkt eine Zusage erteilt worden, ihn dauerhaft im räumlichen Bereich Schleswig-Holstein zu verwenden. Ein Vertrauensschutz des Antragstellers ergebe sich auch nicht aus dem Erlass über die „Letzte Verwendung vor Zurruhesetzung“ in der Fassung vom 2. August 2011. In Nummer 3.3.8 des Erlasses werde nur auf eine grundsätzlich spätestens fünf Jahre vor Zurruhesetzung zu treffende Entscheidung über den beabsichtigten Endstandort abgestellt. Eine Mitteilung an den Antragsteller über seinen Endstandort sei bisher unterblieben, weil die Personalführung seine wunschgemäße Rückversetzung in den Raum Schleswig-Holstein im Falle eines dortigen, zum jetzigen Zeitpunkt allerdings noch nicht absehbaren Bedarfs gegebenenfalls doch noch vor seiner Zurruhesetzung realisieren könne. Zum jetzigen Zeitpunkt müsse dem Antragsteller ansonsten der derzeitige Standort in ... als beabsichtigter Endstandort mitgeteilt werden.

16 Der Antragsteller hatte zwischenzeitlich beim Personalamt mit Schreiben vom 15. Juni 2012 die Verlängerung seiner Verwendung bei der Einsatzflottille ... in ... bis zum 30. September 2013 beantragt, diesen Antrag im gerichtlichen Wehrbeschwerdeverfahren BVerwG 1 WB 54.12 jedoch wieder zurückgenommen.

17 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Bundesministers der Verteidigung - ... -, die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A - D, und die Gerichtsakte des Verfahrens BVerwG 1 WB 54.12 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

18 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

19 Der vom Antragsteller gestellte Sachantrag ist unbegründet.

20 Die angefochtene Versetzungsverfügung des Personalamts der Bundeswehr vom 12. Oktober 2012 ist bestandskräftig geworden, weil der Antragsteller gegen sie nicht rechtzeitig Beschwerde eingelegt hat. Das hat der Bundesminister der Verteidigung ohne Rechtsfehler im Beschwerdebescheid vom 25. März 2013 festgestellt (dazu nachfolgend 1). Die Versetzungsverfügung ist auch in der Sache rechtlich nicht zu beanstanden und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (dazu nachfolgend 2).

21 1. Die strittige Verfügung wurde dem Antragsteller am 2. November 2012 eröffnet, sodass die einmonatige Beschwerdefrist (§ 6 Abs. 1 WBO) mit Ablauf des 3. Dezember 2012 (Montag) endete. Das Fristende wurde nicht dadurch hinausgeschoben, dass eine vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder unrichtig erteilt worden wäre (§ 7 Abs. 2 WBO); denn als truppendienstliche Erstmaßnahme bedurfte die Verfügung des Personalamts keiner Rechtsbehelfsbelehrung (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 14. Dezember 2010 - BVerwG 1 WB 26.10 - Rn. 30 m.w.N. und vom 13. April 2011 - BVerwG 1 WB 45.10 - Rn. 20).

22 Bis zum 3. Dezember 2012 ist eine Beschwerde des Antragstellers weder bei dessen nächstem Disziplinarvorgesetzten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 WBO) noch beim Bundesministerium der Verteidigung als der für die Entscheidung über die Beschwerde zuständigen Stelle (§ 5 Abs. 1 Satz 2, § 9 Abs. 1 WBO) eingegangen. Die Vorschrift des § 23 Abs. 2 Satz 1 WBO, wonach die Beschwerde auch bei der Stelle eingelegt werden kann, deren Entscheidung angefochten wird, ist nicht anwendbar, weil sie nicht für truppendienstliche Beschwerden gilt, sondern für Rechtsbehelfe in Verwaltungsangelegenheiten.

23 Der Antragsteller hat seine Beschwerde vom 29. November 2012 an das Personalamt der Bundeswehr und damit an eine für die Einlegung der Beschwerde unzuständige Stelle gerichtet. Eine Übermittlung dieser Beschwerde auf dem Postweg hat der Antragsteller nicht behauptet. Nach eigenem Vorbringen hat er - entsprechend dem Vermerk auf der Beschwerde - die Übermittlung per Telefax an die Empfangsnummer 02203/105 16 ... durchgeführt. Dies ist die Telefax-Empfangsnummer, die der Personalführer des Antragstellers in seiner Vororientierung vom 24. Juli 2012 mitgeteilt hatte. Nach der zuletzt vom Antragsteller nicht mehr infrage gestellten Darstellung des Bundesministers der Verteidigung handelt es sich dabei um eine personengebundene Telefax-Nummer, die mit dem Arbeitsplatzcomputer des Personalführers verbunden ist. Dieser hat sich nach dem vom Antragsteller nicht bestrittenen Vortrag des Bundesministers der Verteidigung nach einer Dienstreise erst am 3. Dezember 2012 wieder im Dienst befunden und erst an diesem Tag an seinem Arbeitsplatzcomputer Kenntnis von der Beschwerde erlangen können.

24 Grundsätzlich liegt es in dem Verantwortungs- und Risikobereich eines Rechtsbehelfsführers, dafür zu sorgen, dass der von ihm gewählte Rechtsbehelf innerhalb der Rechtsbehelfsfrist bei der zuständigen Stelle eingeht. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt eine entsprechende Anwendung des § 7 Abs. 1 WBO nur dann in Betracht, wenn der Rechtsbehelf gerade infolge eines pflichtwidrigen Verhaltens der zunächst angegangenen unzuständigen Behörde erst nach Fristablauf bei der zuständigen Stelle eingegangen ist. Eine Behörde ist allerdings grundsätzlich nicht verpflichtet, jedes Schriftstück nach seinem Eingang sofort darauf zu prüfen, ob die eigene Zuständigkeit gegeben ist oder ob das Schriftstück an eine zuständige andere Stelle weiterzuleiten ist. Sie hat den eingegangenen Vorgang vielmehr (nur) im regulären Geschäftsablauf - unter Umständen mit Hinweis auf die Eilbedürftigkeit - an die zuständige Behörde abzugeben (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 8.08 - Buchholz 450.1 § 5 WBO Nr. 1 Rn. 26 m.w.N.).

25 Nach diesen Maßstäben hat das Personalamt in Gestalt des Personalführers eine Pflicht zur Weiterleitung nicht verletzt.

26 Der Antragsteller konnte unter den gegebenen Umständen nicht berechtigterweise erwarten, dass seine bei der unzuständigen Stelle eingelegte Beschwerde noch innerhalb eines einzigen Werktages (3. Dezember 2012) das für die Entscheidung über die Beschwerde zuständige Bundesministerium der Verteidigung erreichte. Insbesondere musste sich dem Personalführer als dem Empfänger der Beschwerde deren Eilbedürftigkeit wegen drohenden Fristablaufs nicht aufdrängen. Die Übermittlung per Telefax ist für sich genommen angesichts der Gebräuchlichkeit dieser Übermittlungsform kein Anzeichen für eine besondere Eilbedürftigkeit. Der Beschwerdeschriftsatz vom 29. November 2012 trägt auch keine deutlich sichtbaren Zusätze wie „Fristsache - Eilt - Sofort vorlegen“ oder Ähnliches. Auch war das bevorstehende Fristende nicht durch einen eindeutigen Hinweis wie etwa „Frist: 3. Dezember 2012“ gekennzeichnet. Ob eine unzuständige Behörde ansonsten überhaupt Fristberechnungen zugunsten eines Beschwerdeführers anstellen muss, kann dahinstehen; der Personalführer war jedenfalls nicht gehalten, in solche Überlegungen auf der Grundlage des vom Antragsteller formulierten Beschwerdetextes einzutreten. Abgesehen davon war er an Nr. 476 der Geschäftsordnung des Personalamts der Bundeswehr (Stand: 6. August 2010) gebunden, wonach truppendienstliche Beschwerden im Bereich der Nachwuchsgewinnung dem zuständigen Rechtsberater und im Übrigen der Abteilung ZAPF 3 Recht zuzuleiten sind. Eine unmittelbare Übermittlung der Beschwerde an den Bundesminister der Verteidigung wäre hiernach nicht zulässig gewesen. Eine vorsorgliche Information des (damaligen) Bevollmächtigten des Antragstellers wäre ebenfalls nicht möglich gewesen, weil dieser nach Mitteilung des Antragstellers ortsabwesend war. Im Übrigen trifft die unzuständige Stelle allenfalls eine Pflicht zur Weiterleitung des Rechtsbehelfs an die zuständige Stelle, nicht aber eine Pflicht zur Rechtsberatung über Rechtsbehelfsfristen gegenüber einem Rechtsbehelfsführer.

27 2. Unabhängig von der eingetretenen Bestandskraft der Versetzungsverfügung des Personalamts vom 12. Oktober 2012 ist der gegen sie gerichtete Antrag auch in der Sache unbegründet.

28 Diese Verfügung und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 25. März 2013 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

29 Ein Soldat hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte fachliche oder örtliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte (bzw. die personalbearbeitende Stelle) über die Verwendung eines Soldaten, sofern hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht, nach pflichtgemäßem Ermessen (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 25. September 2002 - BVerwG 1 WB 30.02 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 30> und vom 10. Oktober 2002 - BVerwG 1 WB 40.02 - jeweils m.w.N.). Diese Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm insoweit zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 114 VwGO; Beschluss vom 24. März 2009 - BVerwG 1 WB 46.08 - Rn. 29). Die gerichtliche Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der Selbstbindung in Erlassen und Richtlinien festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind (vgl. Beschluss vom 27. Februar 2003 - BVerwG 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 <27> = Buchholz 252 § 23 SBG Nr. 2 <insoweit nicht veröffentlicht in NZWehrr 2003, 212>), wie sie sich hier insbesondere aus den Richtlinien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel und zur Kommandierung von Soldaten vom 3. März 1988 (VMBl S. 76) in der zuletzt am 9. Juni 2009 (VMBl S. 86) geänderten Fassung (Versetzungsrichtlinien) ergeben.

30 Die Versetzungsverfügung weist keine Ermessensfehler auf.

31 Das dienstliche Bedürfnis für die Weg- und Zuversetzung des Antragstellers liegt vor. Diese Voraussetzung ist regelmäßig erfüllt, wenn ein Dienstposten frei ist und besetzt werden muss (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 22. September 2005 - BVerwG 1 WB 21.05 - Rn. 27 m.w.N.; ebenso Nr. 5 Buchst. a der Versetzungsrichtlinien). Der strittige Dienstposten beim Marinekommando in ... war nach dem vom Antragsteller nicht in Frage gestellten Vorbringen des Bundesministers der Verteidigung frei und zu besetzen. Dass der Antragsteller für diesen Dienstposten geeignet ist, hat er nicht in Abrede gestellt.

32 Die dreimonatige Schutzfrist nach Nr. 21 der Versetzungsrichtlinien ist eingehalten worden. Die Versetzungsverfügung wurde dem Antragsteller am 2. November 2012 eröffnet und setzte seinen Dienstantritt auf den 4. Februar 2013 fest.

33 Die vom Antragsteller beantragte Anhörung der zuständigen Vertrauensperson ist am 24. August 2012 durchgeführt worden (§ 23 Abs. 1 SBG).

34 Die angeordnete Versetzung ist ferner im Hinblick auf die persönlichen und familiären Belange des Antragstellers rechtlich nicht zu beanstanden. Schwerwiegende persönliche Gründe, die im Sinne der Nr. 6 oder Nr. 7 der Versetzungsrichtlinien einen Versetzungshinderungsgrund bilden könnten, hat der Antragsteller nicht dargelegt. Ein Versetzungshinderungsgrund nach Nr. 13 der Versetzungsrichtlinien liegt nicht vor. Denn das Mandat des Antragstellers als Personalratsmitglied war im Zeitpunkt des Erlasses der Versetzungsverfügung längst abgelaufen.

35 Die berufliche Situation der Ehefrau des Antragstellers kann nicht dazu dienen, zwingend seinem Wunsch zu folgen, an einem bestimmten Standort bleiben zu können oder eine bestimmte vorgesehene Verwendung abzulehnen. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats steht die Berufstätigkeit der Ehefrau eines Soldaten in keinem inneren Zusammenhang mit seinem Wehrdienstverhältnis, sodass die personalbearbeitenden Stellen nicht verpflichtet sind, bei der Gestaltung der dienstlichen Verhältnisse eines Soldaten diese Berufstätigkeit zu berücksichtigen (Beschlüsse vom 13. Juni 2007 - BVerwG 1 WDS-VR 2.07 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449.7 § 48 SBG Nr. 2> und vom 24. März 2009 - BVerwG 1 WB 46.08 Rn. 41 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 52>).

36 Das Ermessen des Personalamts war nicht durch eine ortsbezogene Zusicherung gebunden. Der Antragsteller räumt selbst ein, dass ihm eine förmliche Zusicherung im Sinne des § 38 Abs. 1 VwVfG, ihn weiterhin im Bereich Schleswig-Holstein zu verwenden, seitens der personalbearbeitenden Dienststelle nicht erteilt worden ist.

37 Entgegen seiner Auffassung hat das Personalamt auch nicht gegen die ermessensbindenden Richtlinien über die letzte Verwendung vor der Zurruhesetzung eines Soldaten verstoßen.

38 Nach dem Erlass „Letzte Verwendung vor Zurruhesetzung - hier: Eröffnung des Endstandortes“ vom 16. Juni 1998 (BMVg PSZ III 3 - Az 16-26-00/15) ist mit jedem Berufssoldaten frühzeitig, spätestens jedoch fünf Jahre vor dem Überschreiten der jeweiligen Altersgrenze, ein Personalgespräch zu führen, in dem ihm sein Endstandort mitgeteilt werden soll (Nr. 1 des Erlasses). Unterbleibt bei noch nicht festgelegtem Endstandort im Personalgespräch oder - bei Berufsunteroffizieren - in der alternativen schriftlichen Mitteilung der Hinweis auf eine eventuell noch anstehende Versetzung, oder unterbleiben Personalgespräch oder schriftliche Mitteilung, bestimmt Nr. 3 des Erlasses, dass der Soldat zu Recht auf seinen Verbleib am bisherigen Standort bis zu seiner Zurruhesetzung vertraut. Eine Änderung des bisherigen Standortes kann dann nur noch auf der Grundlage der Ausnahmen erfolgen, die im Erlass über die „Maßnahmen zur Verbesserung der militärischen Personalführung“ vom 11. Juli 1989 (BMVg P II 1 - Az 16-26-00/15) festgelegt sind. In der „Richtlinie für die Personalführung von Soldatinnen und Soldaten während der Umsetzung der Reform der Bundeswehr“ vom 2. August 2011 (BMVg PSZ I 1 - Az 16-26-00/25) hat das Bundesministerium der Verteidigung aber in Nr. 3.3.8 geregelt, dass während der Umsetzung der Reform - abweichend von dem Erlass vom 16. Juni 1998 - Folgendes gilt:
Die jeweils zuständige zentrale personalbearbeitende Stelle trifft grundsätzlich spätestens fünf Jahre vor dem Zeitpunkt der beabsichtigten Zurruhesetzung die Entscheidung über den beabsichtigten Endstandort der Berufssoldaten.
Eine gesonderte Mitteilung bzw. ein diesbezügliches Personalgespräch erfolgt, wenn zum Zeitpunkt der Entscheidung eine Versetzung mit Wechsel des Standortbereiches erforderlich sein sollte.

39 Zwar ist eine Mitteilung des Endstandortes an den Antragsteller bisher nicht erfolgt. Aus diesem Umstand kann der Antragsteller jedoch nicht im Sinne der Nr. 3 des Erlasses vom 16. Juni 1998 einen Vertrauensschutz dergestalt herleiten, dass er auf den Verbleib an seinem bisherigen Standort in ... bis zu seiner Zurruhesetzung vertrauen durfte. Der Regelungsinhalt des Erlasses vom 16. Juni 1998 ist durch Nr. 3.3.8 der Richtlinie vom 2. August 2011 für die Dauer der Umsetzung der Reform außer Kraft gesetzt worden. Stattdessen gilt für diesen Zeitraum die Regelung, dass die jeweils zuständige zentrale personalbearbeitende Stelle grundsätzlich, das heißt in der Regel, spätestens fünf Jahre vor dem Zeitpunkt der beabsichtigten Zurruhesetzung eine Entscheidung über den beabsichtigten Endstandort eines Berufssoldaten treffen soll. Damit lässt die Regelung Ausnahmen von der Fünf-Jahres-Frist zu, wenn besondere Umstände oder Rahmenbedingungen dies erforderlich machen.

40 Eine solche Situation ist im Hinblick auf die Verwendung des Antragstellers hier gegeben. Das Jahr 2011 (fünf Jahre vor dem voraussichtlichen Dienstzeitende des Antragstellers) war dadurch gekennzeichnet, dass die im Jahr 2010 eingeleitete Neuausrichtung der Bundeswehr insbesondere im Bereich der Marine zu grundlegenden Strukturänderungen führte. Die Führungsorganisation wurde völlig neu strukturiert mit dem Wegfall des Führungsstabs der Marine im Bundesministerium der Verteidigung und mit der im Jahr 2012 außerdem erfolgten Auflösung des Flottenkommandos und des Marineamtes. Im gleichen Zeitraum wurde die Neuaufstellung des Marinekommandos zum 1. Oktober 2012 vorbereitet; der offizielle Aufstellungsappell fand am 9. Oktober 2012 in ... statt. Parallel lief die Vorbereitung der Auflösung der Wehrbereichskommandos, zu denen auch das Wehrbereichskommando I „Küste“ gehörte, das unter anderem für Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein zuständig war. Dem Senat ist aus anderen Verfahren bekannt, dass mit diesen Strukturänderungen erhebliche Veränderungen und Verlagerungen von zahlreichen Dienstposten verbunden waren.

41 Angesichts dieser Umstände war das Personalamt der Bundeswehr berechtigt, abweichend von der grundsätzlichen Regelung der Nr. 3.3.8 der Richtlinie vom 2. August 2011 im Fall des Antragstellers noch keine endgültige Entscheidung über den beabsichtigten Endstandort zu treffen, weil eine diesbezügliche definitive Festlegung in den Jahren 2011 und 2012 noch nicht möglich war.

42 Diese Feststellung wird durch das eigene Verhalten des Antragstellers bestätigt. Dieser ging in den Jahren 2011 und 2012 ersichtlich davon aus, dass damals über die Frage seines Endstandortes noch nicht endgültig entschieden werden konnte.

43 Nach dem oben zitierten Bericht des Chefs des Stabes der Einsatzflottille ... ist dem Antragsteller im Frühjahr 2011 eröffnet worden, dass die Verwendungsdauer auf seinem Dienstposten in ... bis zum 30. September 2012 verlängert werde, anschließend aber mit einer möglichen Veränderung zu rechnen sei. Sodann hat er mit Gesuch vom 15. Juni 2012 beantragt, seine Verwendung auf dem Dienstposten bei der Einsatzflottille ... in ... bis zum 30. September 2013, also nicht bis zu seinem Dienstzeitende zu verlängern. Als Begründung hat er angegeben, dass dieser Dienstposten vermutlich im Jahr 2014 oder spätestens im Jahr 2015 entfallen werde. Bei einer Verlängerung seiner Verwendung um lediglich ein Jahr verbleibe dem Personalamt die vollumfängliche Flexibilität für die weiteren Verwendungen, weil seine Restdienstzeit zum Ende des beantragten Verfügungszeitraums noch drei Jahre und zwei Monate betrage. Durch die beantragte Verlängerung werde die Möglichkeit geschaffen, die in seiner Dienstzeit dann vermutlich letzte Verwendung sachgerecht zu planen. Diese Äußerungen des Antragstellers dokumentieren unmissverständlich, dass bei ihm auch keine Vertrauensschutzgrundlage hinsichtlich seines Endstandortes vorlag.