Urteil vom 25.09.2008 -
BVerwG 2 WD 19.07ECLI:DE:BVerwG:2008:250908U2WD19.07.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 25.09.2008 - 2 WD 19.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:250908U2WD19.07.0]
Urteil
BVerwG 2 WD 19.07
- Truppendienstgericht Süd 7. Kammer - 31.07.2007 - AZ: S 7 VL 13/07
In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 25. September 2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth,
ehrenamtlicher Richter Oberstleutnant Breitkreutz und
ehrenamtlicher Richter Oberfeldwebel der Reserve Flacke,
Leitender Regierungsdirektor Breitwieser
als Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts,
Geschäftsstellenverwalterinnen ...
als Urkundsbeamtinnen der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:
- Auf die Berufung des früheren Soldaten wird das Urteil der 7. Kammer des Truppendienstgerichts Süd vom 31. Juli 2007 aufgehoben.
- Der frühere Soldat hat ein Dienstvergehen begangen.
- Das Verfahren wird eingestellt.
- Die Kosten des Verfahrens und die dem früheren Soldaten erwachsenen notwendigen Auslagen werden dem Bund auferlegt.
Gründe
I
1 Die zuletzt auf zwölf Jahre festgesetzte Dienstzeit des jetzt 40 Jahre alten früheren Soldaten endete mit Ablauf des 30. September 2004. Sein Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes vom 12. Juni 1998 sowie seine Anträge vom 13. August 1998 und 24. September 2001 auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten waren erfolglos geblieben.
2 Während seiner Dienstzeit war der frühere Soldat zuletzt seit dem 1. Juli 1997 als Luftfahrzeugmechanikermeister F-4F und 1. Wart in der Wartungsstaffel des ...geschwaders ... "..." in W. eingesetzt. Am 10. Juli 1997 war er zum Feldwebel und am 10. Juli 1998 zum Oberfeldwebel befördert worden.
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Der Auszug aus dem Zentralregister vom 29. August 2008 weist folgende Eintragungen auf:
1. Strafbefehl des Amtsgerichts Leipzig vom 1. November 2004, rechtskräftig seit dem 19. November 2004;
Tatbezeichnung: vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG)
30 Tagessätze zu je 15 € Geldstrafe
2. Strafbefehl des Amtsgericht Leipzig vom 6. Januar 2006, rechtskräftig seit dem 31. März 2006;
Datum der (letzten Tat): 13. September 2005
Tatbezeichnung: Zwei tateinheitliche Fälle des Missbrauchs von Titeln, Berufsbezeichnungen und Abzeichen (§ 132a Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4, § 52 StGB);
10 Tagessätze zu je 20 € Geldstrafe
3. 5. Juli 2007 Amtsgericht Leipzig, rechtskräftig seit dem 25. Juli 2007;
Tatbezeichnung: Erschleichen von Leistungen in drei Fällen (§ 265a Abs. 1, Abs. 3, § 248a, § 53 StGB)
60 Tagessätze zu je 10 € Geldstrafe
4. 28. April 2008 Staatsanwaltschaft Leipzig
Gesucht wegen Festnahme aufgrund Vollstreckungshaftbefehl
5. 15. Mai 2008 Staatsanwaltschaft Leipzig
Gesucht wegen Strafverfolgung wegen Aufenthaltsermittlung.
4 Die 1989 von dem früheren Soldaten eingegangene Ehe, aus der zwei Töchter (geb. 1989 und 1993) hervorgegangen sind, wurde am 11. Januar 2001 geschieden.
5 Der frühere Soldat studiert Betriebswirtschaftslehre an der Technischen Akademie Wi. Außerdem führt er einen selbständigen Betrieb (Herstellung von Werbeaufklebern), aus dem er monatliche Bruttoeinkünfte von durchschnittlich ca. 1.000 bis 1.20 0 € erzielt. Außerdem hat er Mieteinnahmen aus einer Immobilie in Höhe von 500 € pro Monat. Nach seinen Angaben in der Berufungshauptverhandlung ist die wirtschaftliche Situation seiner Familie angespannt. Auf die während seiner früheren Ehe entstandenen Verbindlichkeiten in Höhe von nunmehr noch ca. 70.000 € zahlt der frühere Soldat monatlich 400 € für Zinsen und Tilgung.
II
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Nach zuvor erfolgter Anhörung des früheren Soldaten leitete der Befehlshaber des Wehrbereichskommandos ... mit Verfügung vom 18. Januar 2007, zugestellt am 1. Februar 2007, das gerichtliche Disziplinarverfahren gegen ihn ein, in dem ihm die Wehrdisziplinaranwaltschaft mit Anschuldigungsschrift vom 6. Juni 2007 folgendes Verhalten zur Last legte:
„1. Der frühere Soldat fuhr am 14.08.2004 gegen 00:50 Uhr mit dem PKW Ford, Kennzeichen ..., auf der ... Straße in L., obwohl er, was er wusste, nicht die erforderliche Fahrerlaubnis hatte.
2. Er erschien am 13.09.2005 gegen 14:00 Uhr in der Bundespolizeiinspektion L., ...-Platz ..., um den Diebstahl seiner Brieftasche - aus seinem am Hauptbahnhof geparkten PKW - anzuzeigen.
a) Dabei trug er eine Uniform (Fliegerkombi grau) mit den Schulterklappen eines ‚Major’, obwohl er mit Wirkung vom 10.07.1998 lediglich zum Dienstgrad ‚Oberfeldwebel’ ernannt worden war.
b)
aa)
Er gab ferner wahrheitswidrig an, dass soeben u.a. sein Truppenausweis gestohlen worden sei, obwohl er diesen bereits in einer ‚Dienstlichen Erklärung’ vom 14.10.2004 gegenüber dem Staffelchef Wartungsstaffel ...geschwader ... als im April 2003 gestohlen gemeldet hatte.
bb)
Den seinerzeit ebenfalls als gestohlen gemeldeten Sperrzonenausweis Nr. ... führte er bei sich. Diesen hätte er mit seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr gemäß Geschwaderbefehl ...geschwader ... ‚... Nr. 32/00, Kommodore - Az: 06-05-01 vom 15.05 .2000, Anlage 1, Abs. 2 (analog) an den Dienstherrn zurückgeben müssen und nicht behalten dürfen, was ihm bekannt war bzw. was er zumindest hätte kennen können und müssen.
Durch sein Verhalten hat der frühere Soldat die ihm obliegende Dienstpflicht verletzt, sich außer Dienst und außerhalb umschlossener militärischer Anlagen so zu verhalten, dass er die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt (zu 1.), sowie seinen Vorgesetzten zu gehorchen und ihre Befehle nach besten Kräften, vollständig, gewissenhaft und unverzüglich auszuführen (zu 2. b) bb)).
Ferner hat er die nachwirkende Dienstpflicht verletzt, nach seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst nicht durch unwürdiges Verhalten nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die für seine Wiederverwendung als Vorgesetzter in seinem Dienstgrad erforderlich sind (zu 2.).
Dienstvergehen
Nach § 23 Abs. 1 Soldatengesetz (SG) i.V.m. § 17 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 SG (zu 1.), § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 SG (zu 2. b) bb)),
fiktives Dienstvergehen
nach §§ 23 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 17 Abs. 3 SG (zu 2.).“
7 Mit Urteil vom 31. Juli 2007 hat die 7. Kammer des Truppendienstgerichts Süd den früheren Soldaten auf der Grundlage dieser Anschuldigungsschrift wegen eines Dienstvergehens in den Dienstgrad eines Unteroffiziers der Reserve herabgesetzt. Dabei hat die Kammer gemäß § 107 Abs. 2 Satz 1 WDO nach zuvor erfolgter Anhörung der Wehrdisziplinaranwältin und deren Zustimmung den in der Anschuldigungsschrift unter 2 b) bb) zur Last gelegten Vorwurf aus dem gerichtlichen Disziplinarverfahren ausgeklammert. Den von Anschuldigungspunkt 1 erfassten Vorwurf hat sie in Abwesenheit des zur Hauptverhandlung ordnungsgemäß geladenen früheren Soldaten aufgrund der Akten festgestellt und als Verstoß gegen § 17 Abs. 2 Satz 2 SG gewertet. Das von den Anschuldigungspunkten 2 a) und 2 b) aa) erfasste und aufgrund der Aktenlage festgestellte Fehlverhalten hat die Truppendienstkammer als Verstoß des früheren Soldaten gegen seine nachwirkende Achtungs- und Vertrauenswahrungspflicht gemäß § 17 Abs. 3 SG gewertet. Der frühere Soldat habe damit insgesamt ein Dienstvergehen nach § 23 Abs. 1 SG bzw. ein fiktives Dienstvergehen nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 SG begangen.
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Gegen das ihm am 11. August 2007 zugestellte Urteil hat der frühere Soldat zur Niederschrift der Geschäftsstelle des Bundesverwaltungsgerichts am 10. September 2007 Berufung in vollem Umfang eingelegt und beantragt,
auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.
9 Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, er habe zwar die Fliegerkombi mit den Schulterstücken eines Majors getragen, als er in das Büro der Polizeiinspektion in L. gegangen sei, um dort eine Strafanzeige zu erstatten. Er habe aber nie gesagt, dass er den Dienstgrad eines Majors innehabe. Des Weiteren sei die Darstellung der Aussagen des Zeugen Major F. im angefochtenen Urteil unzutreffend. Sein persönlicher Werdegang bei der Bundeswehr sei nicht durchschnittlich gewesen; seine guten Leistungen hätten überhaupt keine Berücksichtigung gefunden. Einige Sonderlehrgänge seien zudem überhaupt nicht erwähnt worden. Angesichts dessen sei die von der Truppendienstkammer ausgesprochene Disziplinarmaßnahme einer Herabsetzung in den Dienstgrad eines Unteroffiziers der Reserve unverhältnismäßig hoch.
III
10 1. Die fristgerecht beim Bundesverwaltungsgericht eingegangene Berufung des früheren Soldaten ist zulässig. Sie ist statthaft, ihre Förmlichkeiten sind gewahrt (§ 115 Abs. 1, § 116 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 WDO).
11 2. Das Rechtsmittel ist ausdrücklich in vollem Umfang eingelegt worden. Die Berufungsbegründung des früheren Soldaten wendet sich zudem nicht nur gegen die Maßnahmebemessung, sondern auch gegen die Schuldfeststellungen der Truppendienstkammer. Zwar beziehen sich diese Ausführungen nur auf die Vorgänge im Büro der Bundespolizeiinspektion in L., also den Anschuldigungspunkt 2. Daraus ergibt sich jedoch keine Beschränkung der Berufung.
12 Eine Beschränkung der Berufung auf einzelne Anschuldigungspunkte wäre zudem ohnehin nicht zulässig (stRspr, vgl. u.a Urteile vom 12. Mai 1971 - BVerwG 2 WD 2.69 -, vom 10. Juni 1970 - BVerwG 2 WD 73.69 - und vom 13. Juni 2006 - BVerwG 2 WD 1.06 -; Dau, WDO, 4. Aufl. 2002, § 116 Rn. 16). Dies folgt daraus, dass gemäß § 18 Abs. 2 WDO mehrere Pflichtverletzungen eines Soldaten, über die gleichzeitig entschieden werden kann, als ein Dienstvergehen zu ahnden sind. Hat ein Soldat oder früherer Soldat in mehrfacher Weise gegen seine Pflichten verstoßen, ist das Urteil darüber, ob und wie er disziplinar zu maßregeln ist, nicht jeder einzelnen in den verschiedenen Anschuldigungspunkten vorgeworfenen Pflichtverletzung zu entnehmen. Vielmehr hat die disziplinarrechtliche Beurteilung auf der Grundlage aller Pflichtverletzungen, soweit sie entscheidungsreif sind, zu erfolgen. Denn erst aus der Würdigung aller Pflichtverletzungen kann das Wehrdienstgericht die Beurteilungsgrundlage dafür gewinnen, welche Disziplinarmaßnahme erforderlich ist, um den Zweck des Wehrdisziplinarrechts zu erfüllen, dazu beizutragen, den ordnungsgemäßen Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten bzw. wiederherzustellen (vgl. u.a. Urteil vom 13. Juni 2006 - BVerwG 2 WD 1.06 -).
13 Mangels einer wirksamen Beschränkung des Rechtsmittels auf die Maßnahmebemessung ist mithin von einer vollen Berufung des früheren Soldaten auszugehen, so dass der Senat daher im Rahmen der Anschuldigung (§ 123 Satz 3 i.V.m. § 107 Abs. 1 WDO) eigene Tat- und Schuldfeststellungen zu treffen, sie rechtlich zu würdigen und über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden hat, wobei er angesichts des Umstandes, dass allein der frühere Soldat Berufung eingelegt hat, an das Verschlechterungsverbot (§ 91 Abs. 1 Satz 1 WDO i.V.m. § 331 Abs. 1 StPO) gebunden ist.
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3. Tatsächliche Feststellungen
Die vom Senat in der Berufungshauptverhandlung getroffenen tatsächlichen Feststellungen haben ergeben, dass der frühere Soldat die in der Anschuldigungsschrift unter den Anschuldigungspunkten 1 und 2 a) ihm vorgeworfenen Taten begangen hat. Der in Anschuldigungspunkt 2 b) aa) erhobene Vorwurf, der frühere Soldat habe wahrheitswidrige Angaben zum Diebstahl seines Truppenausweises gemacht, hat ihm nicht nachgewiesen werden können. Hinsichtlich des Anschuldigungspunkte 2 b) bb) verbleibt es bei der von der Truppendienstkammer nach § 107 Abs. 2 WDO beschlossenen Ausklammerung des Tatvorwurfs aus dem Disziplinarverfahren, so dass insoweit eigene Feststellungen des Senats entbehrlich gewesen sind.
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Anschuldigungspunkt 1:
Der frühere Soldat fuhr am 14. August 2004 gegen 00:50 Uhr mit dem PKW Ford, Kennzeichen ..., auf der ... Straße in L., obwohl er, was er wusste, nicht die erforderliche Fahrerlaubnis hatte. Dies ist vom früheren Soldaten in der Berufungshauptverhandlung auch ausdrücklich eingeräumt worden. Sein Geständnis deckt sich im Kern mit den Ausführungen, die er durch seinen damaligen Verteidiger bereits im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren unter dem 20. Oktober 2004 abgegeben hatte. Soweit der frühere Soldat nach wie vor geltend gemacht hat, er sei durch die Fahrertür und nicht über seine Beifahrerin hinweg aus der Beifahrertür ausgestiegen, kann diese Detailfrage offen bleiben. Denn der frühere Soldat besaß zum Tatzeitpunkt am 14. August 2004 jedenfalls nicht die erforderliche Fahrerlaubnis. Wegen dieses nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG strafbaren Verhaltens wurde der frühere Soldat durch den Strafbefehl des Amtsgerichts L. vom 1. November 2004 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis rechtskräftig zu einer Geldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 15 € verurteilt.
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Anschuldigungspunkt 2:
Teil a)
Am 13. September 2005 erschien der frühere Soldat gegen 14.00 Uhr in der Bundespolizeiinspektion am Hauptbahnhof in L., ...-Platz ..., in einer Fliegerkombination der Bundesluftwaffe mit den Schulterstücken eines Majors und erstattete Strafanzeige mit der Begründung, seine Brieftasche, in der sich mehrere Ausweise befunden hätten, sei ihm aus seinem am Hauptbahnhof L. geparkten Pkw gestohlen worden.
17 Dieses bereits im rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts L. vom 6. Januar 2006 zur Last gelegte Verhalten hat der frühere Soldat in der Berufungshauptverhandlung ausdrücklich eingeräumt. Der Senat hat keine Veranlassung, an der inhaltlichen Richtigkeit dieses Geständnisses zu zweifeln.
18 Soweit der frühere Soldat geltend gemacht hat, er habe sich nicht als Major ausgewiesen, meint er damit offenbar, er habe in der Bundespolizeiinspektion in L. nicht verbal ausdrücklich erklärt, dass er den Dienstgrad eines Majors trage („Ich habe nie ausdrücklich gesagt, dass ich den Dienstgrad Major innehabe“). Das ist ihm aber auch nicht vorgeworfen worden. Entscheidend ist, dass er - wie ihm vorgeworfen wird - eine Fliegerkombination der Bundesluftwaffe mit den Schulterstücken eines Majors an dem bezeichneten Tag in der Bundespolizeiinspektion in L. tatsächlich trug, was der Soldat im Übrigen bereits in seiner Berufungsbegründung eingeräumt hatte („ich habe diese Kombi mit den Schulterstücken angehabt, als ich in das Büro der Polizeiinspektion ... gegangen bin“). Dieses Verhalten ist zudem auch von dem als Zeugen vernommenen Polizeihauptmeister B. glaubhaft bestätigt worden. Außerdem hatte der frühere Soldat das ihm vorgeworfene Verhalten bereits zuvor im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren nicht bestritten und dementsprechend auch den zunächst gegen den sachgleichen Strafbefehl eingelegten Einspruch vom 23. Januar 2006 am 31. März 2006 zurückgenommen, nachdem er offenkundig sein hauptsächliches Verfahrensziel erreicht hatte, dass nämlich bestimmte Gegenstände von der angeordneten Einziehung ausgenommen und an ihn zurückgegeben wurden (u.a. Staffelaufnäher/A 10, Rettungsstaffelaufnäher, Aufnäher des Luftwaffenausbildungskommando USA, Kennungsmarke mit Luftwaffe, Aufnäher mit Hoheitsflagge der USA und Staffelabzeichen MAPLE FLAG/Kanada).
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Teil b)
aa) Der frühere Soldat gab am 13. September 2005 vor der Bundespolizeiinspektion in L., ...-Platz ..., an, in der ihm gestohlenen Brieftasche habe sich u. a. sein Truppenausweis der Bundeswehr befunden. Diesen Truppenausweis hatte er in einer Dienstlichen Erklärung vom 14. Oktober 2004 gegenüber dem Staffelchef der Wartungsstaffel des ...geschwaders ... in W. als im April 2003 gestohlen gemeldet. Nach seinen unwiderlegten Angaben in der Berufungshauptverhandlung war ihm dieser Truppenausweis damals tatsächlich gestohlen und später nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr anonym per Post wieder zugesandt worden. Beweismittel, mit denen dem früheren Soldaten nachgewiesen werden könnte, dass ihm sein in der vorbezeichneten Dienstlichen Erklärung vom 14. Oktober 2004 als gestohlen gemeldeter Truppenausweis danach nicht wieder zugesandt worden war und dass demzufolge seine am 13. September 2005 bei der Bundespolizeiinspektion in L. erfolgte Strafanzeige insoweit oder sonst unrichtig war, sind von der Wehrdisziplinaranwaltschaft nicht vorgelegt oder bezeichnet worden und auch im Übrigen nicht ersichtlich.
20 bb) Der in Anschuldigungspunkt 2 b) bb) erhobene Vorwurf, der frühere Soldat habe „den seinerzeit ebenfalls als gestohlen gemeldeten Sperrzonenausweis Nr. 878“ bei sich geführt, den „er mit seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr gemäß Geschwaderbefehl ...geschwader ... ‚... Nr. 32/00, Kommodore - Az: 06-05-01 vom 15.05 .2000, Anlage 1, Abs. 2 (analog) an den Dienstherrn hätte zurückgeben müssen und nicht behalten dürfen, was ihm bekannt war bzw. was er zumindest hätte kennen können und müssen“, ist nicht mehr Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens.
21 Denn die Truppendienstkammer hat gemäß § 107 Abs. 2 Satz 1 WDO diesen Vorwurf einer Pflichtverletzung mit Zustimmung der Wehrdisziplinaranwaltschaft mit der Begründung aus dem gerichtlichen Disziplinarverfahren ausgeklammert, er falle angesichts der zu den Anschuldigungspunkten 1, 2 a) und 2 b) aa) getroffenen Feststellungen für die Art und Höhe der zu verhängenden Disziplinarmaßnahme nicht entscheidungserheblich ins Gewicht.
22 Die gesetzlichen Voraussetzungen für eine erneute Einbeziehung dieses Vorwurfs in das Disziplinarverfahren hat der Senat im Berufungsverfahren nicht als gegeben erachtet. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die sich angesichts des Beschlusses des Truppendienstgerichts aus § 107 Abs. 2 Satz 2 WDO ergebende Sperre für eine Wiedereinbeziehung der vorgeworfenen Pflichtverletzung in das gerichtliche Disziplinarverfahren entfallen ist. Nur dann, wenn die vorgeworfene Pflichtverletzung für die Art und Höhe der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme aufgrund nachträglich eingetretener Umstände nunmehr voraussichtlich doch ins Gewicht fällt, könnte der Senat das unter Anschuldigungspunkt 2 b) bb) dem früheren Soldaten zur Last gelegte Verhalten erneut in das gerichtliche Disziplinarverfahren einbeziehen. Fehlt es hieran, verbleibt es bei der vom Truppendienstgericht beschlossenen Ausklammerung. Dabei bedarf es keines diese von der Truppendienstkammer vorgenommene Ausklammerung ausdrücklich bestätigenden Beschlusses des Senats. Ein gerichtlicher Beschluss ist, wie sich aus dem Wortlaut der Norm und aus dem Regelungszusammenhang ergibt, nur dann erforderlich, wenn die Voraussetzungen des § 107 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 WDO erfüllt sind, d.h. wenn die Beschränkungsvoraussetzungen nachträglich entfallen sind.
23 Diese Anforderungen sind vorliegend nicht erfüllt. Zwar könnten nachträglich eingetretene Umstände hinsichtlich der Beschränkungsvoraussetzungen darin gesehen werden, dass nach der Einlassung des früheren Soldaten in der Berufungshauptverhandlung der Anschuldigungspunkt 2 b) aa) nicht nachgewiesen werden kann. Der mit dem Anschuldigungspunkt 2 b) bb) erhobene Vorwurf entfällt aber aus Rechtsgründen, auch wenn unterstellt wird, dass der frühere Soldat am 13. September 2005 bei der Bundespolizeiinspektion in L. den auf seinen Namen ausgestellten Sperrzonenausweis ...G ... „...“ bei sich trug und dass er diesen vor seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr ausweislich seiner Dienstlichen Erklärung vom 14. Oktober 2004, die er gegenüber dem Staffelchef der Wartungsstaffel ...geschwader ... „...“ abgegeben hatte, als gestohlen gemeldet und bei seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr nicht an die zuständige Stelle zurückgegeben hatte.
24 Denn hinsichtlich des von Anschuldigungspunkt 2 b) bb) erfassten Fehlverhaltens wird dem früheren Soldaten allein vorgeworfen, entgegen dem näher bezeichneten Geschwaderbefehl (...geschwader ... „...“ Nr. 32/00, Kommodore - Az.: 06-05-01 vom 15. Mai 2000, Anlage 1, Abs. 2 <analog>) den seinerzeit am 14. Oktober 2004 als gestohlen gemeldeten Sperrzonenausweis Nr. 878 nicht an den Dienstherrn zurückgegeben zu haben. Wie sich aus der Anschuldigungsschrift vom 6. Juni 2007 unmissverständlich ergibt, legt die Wehrdisziplinaranwaltschaft damit dem früheren Soldaten insoweit ausschließlich zur Last, mit seinem diesbezüglichen Verhalten gegen § 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 SG verstoßen zu haben, also seinen Vorgesetzten nicht gehorcht sowie diesen Geschwaderbefehl nicht nach besten Kräften vollständig, gewissenhaft und unverzüglich ausgeführt zu haben.
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Der Geschwaderbefehl 32/00 des ...geschwaders ... „...“ vom 15. Mai 2000, der in der Anschuldigungsschrift der Wehrdisziplinaranwaltschaft vom 6. Juni 2002 allein als vom früheren Soldaten missachteter Befehl (§ 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 SG) bezeichnet worden ist (vgl. zu den Anforderungen an die Bestimmtheit der Anschuldigungsschrift beim Vorwurf des Ungehorsams u.a Urteile vom 6. Mai 2003 - BVerwG 2 WD 29.02 - BVerwGE 118, 161 = Buchholz 235.01 § 107 WDO 2002 Nr. 1 = NZWehrr 2004, 31, vom 18. September 2003 - BVerwG 2 WD 3.03 - BVerwGE 119, 76 = Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 11 = NZWehrr 2005, 122, vom 21. Juni 2005 - BVerwG 2 WD 12.04 - BVerwGE 127, 302 <306 ff.> = EuGRZ 2005, 636 <641> und vom 13. März 2008 - BVerwG 2 WD 6.07 - <zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen>), enthält jedoch keine u.a. an den früheren Soldaten gerichtete Anweisung zur Rückgabe seines Sperrzonenausweises bei Ausscheiden aus der Bundeswehr. Die in der Anschuldigungsschrift ausdrücklich in Bezug genommene „Anlage 1, Abs. 2 (analog)“ des Geschwaderbefehls beinhaltet lediglich nähere Angaben zu den militärischen Sperrzonen im ...geschwader ... „...“. Dieser Absatz 2 lautet:
„Durch den zuständigen Disziplinarvorgesetzten ist daher ein strenger Maßstab bei der Beantragung der Zugangsberechtigungen anzulegen.“
26 Angesichts der dem Geschwaderbefehl bereits nicht zu entnehmenden Anweisung zur Rückgabe des Sperrzonenausweises kann offenbleiben, ob dem früheren Soldaten dieser Geschwaderbefehl überhaupt zur Kenntnis gebracht wurde. Ebenfalls kann dahingestellt bleiben, ob der frühere Soldat hinsichtlich des von ihm in seiner Dienstlichen Erklärung vom 14. Oktober 2004 behaupteten Diebstahls des bezeichneten Sperrzonenausweises die Wahrheit gesagt hat oder nicht. Selbst wenn Letzteres der Fall wäre, wäre eine etwaige - vor dem Ausscheiden aus der Bundeswehr erfolgte - Wahrheitspflichtverletzung nicht angeschuldigt. Unter diesen Umständen kommt jedenfalls eine Wiedereinbeziehung der nach § 107 Abs. 2 Satz 1 WDO ausgeklammerten Pflichtverletzung nicht in Betracht.
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4. Disziplinarrechtliche Würdigung
Anschuldigungspunkt 1:
Das Fehlverhalten des früheren Soldaten am 14. August 2004 erfolgte noch vor dem Ablauf seiner Dienstzeit (30. September 2004), jedoch außer Dienst und außerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen. Mit diesem außerdienstlichen Verhalten verletzte der frühere Soldat seine Achtungs- und Vertrauenswahrungspflicht im außerdienstlichen Bereich (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG), wobei er vorsätzlich handelte, da er wusste und wollte, was er tat.
28 Für die Feststellung eines Verstoßes gegen die Vorschrift kommt es nicht darauf an, ob eine Beeinträchtigung des Ansehens der Bundeswehr oder der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit im konkreten Fall tatsächlich eingetreten ist. Es reicht vielmehr aus, dass das Verhalten geeignet war, eine solche Wirkung auszulösen. Denn die Vorschrift stellt allein auf das Verhalten des betreffenden Soldaten ab, ohne dass es für das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung auf den konkreten Eintritt einer solchen Beeinträchtigung ankommt (stRspr, u.a. Beschluss vom 12. Oktober 1993 - BVerwG 2 WDB 15.92 - BVerwGE 103, 12 = NZWehrr 1994, 27 m.w.N. sowie Urteile vom 6. Mai 2003 a.a.O. <insoweit nicht veröffentlicht> und vom 25. September 2007 - BVerwG 2 WD 19.06 - insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 23). Die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten kann durch sein Verhalten schon dann Schaden nehmen, wenn dieses Zweifel an seiner Redlichkeit und Zuverlässigkeit weckt oder seine Eignung für die jeweilige Verwendung in Frage stellt (vgl. u.a. Urteile vom 2. April 1974 - BVerwG 2 WD 5.74 - NZWehrr 1975, 69 <71 f.> und vom 6. Mai 2003 a.a.O.).
29 Ob dabei die tatbestandlich sehr weitgehende und sprachlich relativ unbestimmte Fassung des § 17 Abs. 2 Satz 2 SG in jeder Hinsicht rechtsstaatlich unbedenklich ist, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Denn eine Dienstpflicht des Inhalts, außerhalb des Dienstes jedenfalls keine mit Freiheits- oder Geldstrafe bedrohte Straftat zu begehen, begegnet aus Sicht des Bestimmtheitsgebotes keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. auch Urteile vom 3. April 2003 - BVerwG 2 WD 46.02 - Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 3 = NZWehrr 2003, 259 und vom 12. Juni 2007 - BVerwG 2 WD 11.06 - Buchholz 449.7 § 27 SBG Nr. 3 = NZWehrr 2007, 256). Die Straftat des Fahrens ohne Fahrerlaubnis wird nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft. Der Gesetzgeber hat damit dasjenige, was von einem Soldaten jedenfalls im Hinblick auf das Verhältnis zum Strafrecht außerdienstlich zu erwarten ist, in dieser Strafvorschrift klar und unmissverständlich bestimmt.
30 Da nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des erkennenden Senats die allgemeine Gesetzestreue eines Beamten - und nichts anderes gilt für Soldaten - eine wesentliche Grundlage des öffentlichen Dienstes ist, dem nach Art. 33 Abs. 4 GG die Ausübung hoheitlicher Befugnisse obliegt (vgl. u.a. BVerfG, Beschluss vom 5. Juni 2002 - 2 BvR 2257/96 - DÖD 2003, 37; BVerwG, Urteil vom 2. April 2008 - BVerwG 2 WD 13.07 -), ist (auch) ein außerdienstlicher Verstoß gegen eine mit Freiheits- oder Geldstrafe bedrohte Strafnorm, die wie § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG andere Verkehrsteilnehmer vor der Gefährdung durch unzuverlässige und ungeeignete Fahrer schützt, die keine Fahrerlaubnis besitzen, allgemein geeignet, das Vertrauen auch in eine ordnungsgemäße Dienstausübung des straffälligen Soldaten erheblich zu beeinträchtigen. Denn der Straftäter zeigt mit seinem Verhalten, dass er zur Verfolgung seiner privaten Ziele auch vor der Begehung von Straftaten nicht zurückschreckt. Dies beeinträchtigt seine persönliche Integrität in erheblichem Maße. Diese ist unteilbar und kann nicht in einen dienstlichen und in einen nichtdienstlichen Teil aufgespalten werden.
31 Das - außerdienstliche - Fehlverhalten des früheren Soldaten verstieß allerdings nicht gegen § 7 SG.
32 Die Verpflichtung zum treuen Dienen gebietet jedem Soldaten, seine dienstlichen Aufgaben und Pflichten gewissenhaft, sorgfältig und loyal gegenüber seinem Dienstherrn zu erfüllen. Dies schließt insbesondere auch die Verpflichtung zur Loyalität gegenüber der geltenden Rechtsordnung, vor allem die Beachtung der Strafgesetze ein (vgl. Urteile vom 28. September 1990 - BVerwG 2 WD 27.89 - BVerwGE 86, 321 <326>, vom 28. Januar 2004 - BVerwG 2 WD 13.03 - BVerwGE 120, 105 <107> und vom 26. September 2006 - BVerwG 2 WD 2.06 - BVerwGE 127, 1 = Buchholz 449 § 10 SG Nr. 55 = NZWehrr 2007, 79, jeweils m.w.N.). Allerdings stellt nicht jede Verletzung einer Rechtsvorschrift (z.B. ein einmaliges Missachten einer „roten Ampel“) bereits eine Verletzung der Pflicht zum treuen Dienen dar. Es muss sich vielmehr um einen Rechtsverstoß von Gewicht handeln, der zudem in einem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht (vgl. Urteil vom 24. April 2007 - BVerwG 2 WD 9.06 - BVerwGE 128, 319 <326> = Buchholz 449 § 10 SG Nr. 57). Die Vorschrift des § 7 SG kommt bei der Prüfung von Dienstpflichtverletzungen zudem nur insoweit zur Anwendung, als die in den §§ 8 ff. SG normierten Dienstpflichten für ihren jeweiligen Anwendungsbereich ihr nicht als speziellere Vorschrift vorgehen (vgl. u.a. Urteile vom 20. Mai 1981 - BVerwG 2 WD 9.80 - BVerwGE 73, 187 <191>, vom 26. September 2006 a.a.O. jeweils m.w.N. und vom 22. August 2007 - BVerwG 2 WD 27.06 - BVerwGE 129, 181 = Buchholz 449 § 11 SG Nr. 2 = NZWehrr 2008, 76).
33 Ein „dienstlicher Zusammenhang“, also eine Verbindung der vorliegenden außerdienstlichen Straftat des früheren Soldaten nach § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG (vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis) vom 14. August 2004 mit der Dienstausübung oder dem Dienstablauf ist im vorliegenden Falle nicht ersichtlich, so dass ein Verstoß gegen § 7 SG ausscheidet. Bundeswehrsoldaten waren davon nicht betroffen. Durch die Straftat erfolgte weder eine Verletzung der Dienstleistungspflicht noch eine Beeinträchtigung des Dienstbetriebes. Dienstliche Rückwirkungen hatte das außerdienstliche Fehlverhalten lediglich im Hinblick auf die Schädigung des Ansehens sowie der persönlichen Integrität des früheren Soldaten. Diese Folgen und Auswirkungen eines außerdienstlichen Fehlverhaltens werden jedoch durch die insoweit speziellere Vorschrift des § 17 Abs. 2 Satz 2 SG erfasst.
34
Anschuldigungspunkt 2:
a) Das Tragen einer Uniform (graue Fliegerkombination der Bundesluftwaffe) mit den Schulterklappen eines Majors am 13. September 2005 in der Bundespolizeiinspektion in L. war strafbar. Denn nach § 132a Abs. 1 Nr. 4 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wer unbefugt inländische Uniformen, Amtskleidung oder Amtsabzeichen trägt. Die Regelung in Abs. 1 Nr. 4 schützt - abweichend von Nr. 1 - nicht Bezeichnungen, sondern Uniformen, Amtskleidung und -abzeichen, also durchweg äußere Kennzeichen (vgl. Fischer, StGB, 55. Aufl. 2008, § 132a Rn. 15 m.w.N.). Ihr Zweck besteht darin, die Allgemeinheit davor zu bewahren, dass Einzelne im Vertrauen darauf, eine bestimmte Person bekleide eine bestimmte Stellung, für sich selbst oder andere schädliche Handlungen vornehmen könnten (vgl. Dau, NZWehrr 1987, 133 <135> m.w.N.). Nach § 132a Abs. 1 Nr. 1 StGB macht sich auch derjenige strafbar, der unbefugt inländische Amts- oder Dienstbezeichnungen führt.
35 Bei der vom früheren Soldaten am 13. September 2005 in der Bundespolizeiinspektion in L. getragenen grauen Fliegerkombination der Bundesluftwaffe mit den Dienstgradabzeichen eines Majors handelte es sich um eine Uniform im Sinne des Gesetzes, zu deren Tragen der frühere Soldat nicht berechtigt war.
36 Nach § 4a SG kann zwar Soldaten der Bundeswehr nach ihrem Ausscheiden aus dem Wehrdienst genehmigt werden, außerhalb eines Wehrdienstverhältnisses „die Uniform des Soldaten mit dem Abzeichen des Dienstgrades, den zu führen sie berechtigt sind, und mit der für ausgeschiedene Soldaten vorgesehenen Kennzeichnung zu tragen“. Das Nähere regelt die gemäß § 4a Satz 2 SG erlassene Verordnung über die Berechtigung zum Tragen der Uniform außerhalb eines Wehrdienstverhältnisses (Uniformverordnung - UnifV) vom 14. Dezember 1999 (BGBl I 2000 S. 9). Weitere Einzelheiten sind in der „Anzugsordnung für die Soldaten der Bundeswehr“ (ZDv 37/10) und in den „Bestimmungen zum Tragen der Uniform außerhalb eines Wehrdienstverhältnisses (Uniformbestimmungen)“ vom 2. Februar 2000 (VMBl S. 55) festgelegt.
37 Die in diesen Regelungen aufgestellten Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Die in Rede stehende Fliegerkombination war nach den Bestimmungen der ZDv 37/10 lediglich als Dienstbekleidung des luftfahrzeugtechnischen Personals innerhalb militärischer Anlagen der Bundesluftwaffe zugelassen. Zudem war der frühere Soldat, der während seiner Dienstzeit zuletzt am 10. Juli 1998 zum Oberfeldwebel befördert worden war, nicht berechtigt, jedenfalls die Abzeichen des Dienstgrades eines Majors zu tragen. Außerdem fehlten den Schulterklappen offenkundig die für ausgeschiedene Soldaten vorgesehene Kennzeichnung. Eine Ausnahmegenehmigung zum Tragen einer (grauen) Fliegerkombination der Bundesluftwaffe nach § 4a SG besaß der Soldat, wie er in der Berufungshauptverhandlung eingeräumt hat, nicht. Er hatte sich diese Fliegerkombination nach seinem unwiderlegten Vorbringen von einem Freund schenken lassen. Das angeschuldigte Verhalten des früheren Soldaten verstieß damit jedenfalls gegen § 132a Abs. 1 Nr. 4 StGB.
38 Das Verhalten des früheren Soldaten verstieß ferner gegen § 132a Abs. 1 Nr. 1 StGB, der das unbefugte Führen u.a. einer inländischen Amts- oder Dienstbezeichnung unter Strafe stellt.
39 „Amtsbezeichnung“ ist die gesetzlich, d.h. förmlich in einer Besoldungsordnung festgesetzte Bezeichnung für ein übertragbares öffentliches Amt. Sie ergibt sich aus der Ernennungsurkunde. Ihr entspricht bei Soldaten der Dienstgrad (§ 16 BBesG, vgl. Fischer, a.a.O. § 132a Rn. 5 m.w.N.). Die Tathandlung des Führens einer solchen Bezeichnung im Sinne des § 132a Abs. 1 Nr. 1 StGB ist erfüllt, wenn seitens des Betreffenden eine sich gegenüber der Umwelt äußernde aktive Inanspruchnahme des Dienstgrades für sich im sozialen Leben in einer Weise erfolgt, durch welche die Interessen der Allgemeinheit tangiert werden können (vgl. Fischer, a.a.O. § 132a Rn. 21 m.w.N.; Dau, NZWehrr 1987, 134 f).
40 Entscheidend für eine Strafbarkeit nach § 132a Abs. 1 Nr. 1 StGB ist mithin, ob sich der Täter durch die vorübergehende Inanspruchnahme der geschützten Berufsbezeichnung oder des Dienstgrades zu dem von ihm verfolgten Zweck der Allgemeinheit gegenüber als besonderes Vertrauen erheischende Person ausgegeben hat (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Mai 1982 - 3 StR 118/82 - BGHSt 31, 62 und BayObLG, Beschluss vom 29. Juni 1979 - RReg 2 St 125/79 - NJW 1979, 2359).
41 Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. Denn der frühere Soldat trat am 13. September 2005 in der Bundespolizeiinspektion in L. unbefugt in der bezeichneten Uniform mit den Schulterklappen eines Majors auf. Nach seinem objektiven Erscheinungsbild nahm er damit jedenfalls durch schlüssiges Verhalten den Dienstgrad eines Majors der Bundeswehr in diesem sozialen Zusammenhang für sich in Anspruch. Ein objektiver Betrachter musste sein Auftreten in dieser Uniform mit den Dienstgradabzeichen eines Majors dahin verstehen, dass es sich bei ihm offensichtlich um einen Major der Bundeswehr handelte. Für einen leicht durchschaubaren offensichtlichen Scherz oder Ähnliches fehlte es an jedem Anhaltspunkt. Auch der frühere Soldat macht dies letztlich nicht geltend.
42 Ihm kann allerdings nicht widerlegt werden, dass er vor seinem Erscheinen in der Bundespolizeiinspektion an jenem 13. September 2005 die in Rede stehende Fliegerkombination mit den Schulterklappen eines Majors an diesem Tag, wie er in der Berufungshauptverhandlung erstmals angegeben hat, auf einer Baustelle einer ihm gehörenden Immobilie als „Arbeitsschutzkleidung“ getragen und dass er sich anschließend zum Kauf einer Fahrkarte kurz mit seinem Pkw zum Hauptbahnhof begeben habe, wobei es dann zum Diebstahl seiner Brieftasche aus dem abgestellten Pkw gekommen sei. Selbst wenn man dieses Vorbringen als inhaltlich zutreffend unterstellt, ändert dies aber nichts daran, dass er unbefugt in der Fliegerkombination mit den Schulterklappen eines Majors in der Bundespolizeiinspektion auftrat und dort einen entsprechenden Eindruck hinsichtlich seines soldatenrechtlichen Status und seines (angeblichen) Dienstranges vermittelte.
43 Dadurch konnten die Interessen der Allgemeinheit tangiert werden. Denn jedenfalls den dort anwesenden und mit ihm kommunizierenden Angehörigen der Bundespolizei konnte der Eindruck vermittelt werden, sie hätten es mit einem aktiven Soldaten der Bundeswehr mit dem Dienstgrad eines Majors zu tun.
44 Soweit der frühere Soldat im Berufungsverfahren geltend gemacht hat, er habe sich „nicht als Major ausgewiesen“, sondern lediglich „diese Kombi mit den Schulterstücken angehabt“, ändert dies nichts an einem Verstoß gegen § 132a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Denn Tathandlung für das unbefugte Führen einer inländischen Amts- oder Dienstbezeichnung ist, wie dargelegt, bereits eine sich gegenüber der Umwelt äußernde aktive Inanspruchnahme der Amtsbezeichnung bzw. des Dienstgrades. Ein ausdrücklicher verbaler Hinweis auf den Dienstgrad ist nicht erforderlich. Es reicht die schlüssige Inanspruchnahme durch Führen der Schulterklappen eines Majors aus.
45 Die Strafbarkeit des nach Ausscheiden aus dem Wehrdienstverhältnis erfolgten Fehlverhaltens (unbefugtes Tragen der Fliegerkombination mit den Schulterklappen eines Majors) nach § 132a Abs. 1 Nr. 1 und 4 StGB rechtfertigt jedoch im vorliegenden Fall nicht die Schlussfolgerung, dass sich der frühere Soldat dadurch im Sinne des § 17 Abs. 3 SG für eine Wiederverwendung in seinem Dienstgrad Oberfeldwebel der Reserve insgesamt disqualifiziert hat.
46 Ein Verstoß gegen § 17 Abs. 3 SG setzt zunächst voraus, dass der betreffende Unteroffizier nach den für seine Wiederverwendung maßgeblichen Rechtsvorschriften erneut in ein Wehrdienstverhältnis berufen werden kann (vgl. dazu Beschluss vom 22. Mai 1995 - BVerwG 2 WDB 4.95 - BVerwGE 103, 237 = Buchholz 236.1 § 53 SG Nr. 1 und Urteil vom 28. November 2007 - BVerwG 2 WD 28.06 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 450.2 § 124 WDO 2002 Nr. 1>; Scherer/Alff, SG, 7. Aufl. 2003, § 17 Rn. 39). Denn anderenfalls käme eine Wiederverwendung, auf die die Vorschrift abstellt, nicht mehr in Betracht.
47 Dies war vorliegend der Fall. Zum Tatzeitraum am 13. September 2005 war der am 27. Dezember 1967 geborene frühere Soldat 37 Jahre alt. Auch zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senats kommt seine Wiederverwendung gemäß § 3 Abs. 4 WPflG nach wie vor in Betracht. Denn bei Unteroffizieren endet die Wehrpflicht gemäß § 3 Abs. 4 WPflG erst mit Ablauf des Jahres, in dem sie das 60. Lebensjahr vollenden. Bei dem am 27. Dezember 1967 geborenen Soldaten endet diese Frist mithin erst mit Ablauf des 31. Dezember 2027.
48 Das Verhalten des früheren Soldaten verletzte jedoch nicht seine in § 17 Abs. 3 SG normierte nachdienstliche Pflicht, der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die für seine (mögliche) Wiederverwendung in seinem Dienstgrad erforderlich sind.
49 Bei der Beurteilung des Verhaltens eines ausgeschiedenen Unteroffiziers (mit oder ohne Portepee) kommt es dabei darauf an, ob dieses Verhalten objektiv geeignet ist, ihn für eine Wiederverwendung in seinem Dienstgrad zu disqualifizieren (vgl. Urteile vom 2. April 1974 - BVerwG 2 WD 5.74 - BVerwGE 46, 244 <249> = NZWehrr 1975, 69 und vom 28. November 2007 a.a.O.). Bei der Prüfung kann nach der Rechtsprechung des Senats dagegen nicht darauf abgestellt werden, ob - in einer Parallelwertung - bei einem aktiven Offizier oder Unteroffizier unter Berücksichtigung aller objektiven und subjektiven Tatmerkmale und der gesetzlichen Zumessungsgesichtspunkte eine Dienstgradherabsetzung im konkreten Fall geboten wäre. Vielmehr ist zu prüfen, ob bei einem entsprechenden Verhalten eines aktiven Offiziers oder Unteroffiziers nach Eigenart und Schwere der Tat die Dienstgradherabsetzung zum Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen zu machen wäre (vgl. Urteile vom 2. April 1974 a.a.O. und vom 28. November 2007 a.a.O.; Scherer/Alff, a.a.O. § 17 Rn. 40). Daran hält der Senat aus Gründen der Rechtssicherheit fest.
50 Nicht bei jeder Straftat, die ein aktiver Unteroffizier außerhalb des Dienstes und außerhalb dienstlicher Unterkünfte und Einrichtungen begeht, ist eine Dienstgradherabsetzung als gerichtliche Disziplinarmaßnahme zum Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen zu machen. Letzteres ist aber zwingende Voraussetzung dafür, dass das Verhalten eines früheren Soldaten nach dessen Ausscheiden aus dem Wehrdienstverhältnis nach § 17 Abs. 3 SG als Dienstvergehen „gilt“.
51 So nimmt der Senat bei einem aktiven Soldaten, der eine Straftat nach § 145d StGB (strafbares Vortäuschen einer rechtswidrigen Tat) begangen hat, in ständiger Rechtsprechung regelmäßig ein Beförderungsverbot, nicht jedoch eine Dienstgradherabsetzung zum Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen (vgl. u.a. Urteil vom 13. November 2007 - BVerwG 2 WD 20.06 - Buchholz 450.2 § 38 WDO Nr. 24).
52 Ferner stuft der Senat in ständiger Rechtsprechung die - außerdienstlich begangene - Straftat eines unerlaubten Entfernens vom Unfallort als Dienstvergehen ein, bei dem im Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen ebenfalls ein Beförderungsverbot, nicht jedoch eine Dienstgradherabsetzung in Betracht zu ziehen ist (Urteile vom 13. Mai 1986 - BVerwG 2 WD 2.86 -, vom 15. November 1990 - BVerwG 2 WD 34.90 - BVerwGE 86, 357, vom 15. November 1990 - BVerwG 2 WD 42.90 -, vom 27. Juni 1991 - BVerwG 2 WD 23.91 - BVerwGE 93, 119, vom 17. Januar 1992 - BVerwG 2 WD 65.91 -, vom 26. Oktober 1993 - BVerwG 2 WD 20.93 - BVerwGE 103, 32 = NZWehrr 1994, 79, vom 6. Dezember 2000 - BVerwG 2 WD 39.00 - vom 16. Oktober 2002 - BVerwG 2 WD 23.01 , 32.02 - BVerwGE 117, 117 = Buchholz 236.1 § 13 SG Nr. 9 und vom 17. Oktober 2006 - BVerwG 2 WD 21.05 -).
53 Auch bei strafbaren außerdienstlichen Verfehlungen eines Soldaten gegen Eigentum und Vermögen Dritter, soweit es sich bei dem Verletzten nicht um einen Bundeswehrsoldaten oder den Dienstherrn handelt, hat der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung (u.a. Urteile vom 26. Juni 1985 - BVerwG 2 WD 5.85 - BVerwGE 83, 28, vom 10. Juni 1987 - BVerwG 2 WD 12.87 -, vom 14. März 1989 - BVerwG 2 WD 41.88 - BVerwGE 86, 133 = NZWehrr 1989, 209, vom 13. Juni 1989 - BVerwG 2 WD 2.89 - NZWehrr 1990, 77, vom 25. Oktober 1990 - BVerwG 2 WD 26.90 -, vom 2. Dezember 1999 - BVerwG 2 WD 42.99 - Buchholz 236.1 § 17 SG Nr. 29 = NZWehrr 2000, 253, vom 17. Februar 2000 - BVerwG 2 WD 45.99 - Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 35 = NZWehrr 2001, 79 und vom 23. November 2005 - BVerwG 2 WD 35.04 - NZWehrr 2006, 125) im Regelfall eine laufbahnhemmende Maßnahme in Form eines Beförderungsverbots zum Ausgangspunkt seiner Zumessungserwägungen genommen.
54 Bei einem nach § 132a Abs. 1 Nr. 1 und 4 StGB strafbaren außerdienstlichen Fehlverhalten eines Soldaten ist im Regelfall ebenfalls ein Beförderungsverbot, gegebenenfalls verbunden mit einer Gehaltskürzung, zum Ausgangspunkt der Erwägungen für die Bemessung der angemessenen gerichtlichen Disziplinarmaßnahme zu nehmen. Zwar kann im Einzelfall insbesondere bei Vorliegen erschwerender Umstände (z.B. bei besonders schwerwiegenden Folgen des Fehlverhaltens für den Dienstbetrieb) oder bei unzureichender Aufarbeitung oder bei nach wie vor fehlender Einsicht des Soldaten in das Fehlverhalten auch eine schärfere gerichtliche Disziplinarmaßnahme, etwa eine Herabsetzung in einen niedrigeren Dienstgrad, zu verhängen sein. Nach der Überzeugung des Senats ist es jedoch nicht geboten, dass ein (aktiver) Soldat der Bundeswehr mit dem Dienstgrad eines Oberfeldwebels bei einem strafbaren Fehlverhalten der hier in Rede stehenden Art grundsätzlich degradiert werden muss.
55 Denn bei der Maßnahmebemessung ist von der von Verfassungs wegen (Art. 20 Abs. 1, Art. 103 Abs. 3 GG) allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb aufrechtzuerhalten und wiederherzustellen („Wiederherstellung und Sicherung der Integrität, des Ansehens und der Disziplin der Bundeswehr“, vgl. dazu BVerfG, Beschlüsse vom 2. Mai 1967 - 2 BvL 1/66 - BVerfGE 21, 391, <406> = NJW 1967, 1654, und vom 26. Mai 1970 - 1 BvR 668/68, 1 BvR 710/68, 1 BvR 337/69 - BVerfGE 28, 264 = NJW 1970, 1731; BVerwG, Urteile vom 2. Juli 1997 - BVerwG 2 WD 12.97 - BVerwGE 113, 108 = Buchholz 235.0 § 34 WDO Nr. 33, vom 13. Juli 1999 - BVerwG 2 WD 4.99 - BVerwGE 113, 367 = Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 30 = NZWehrr 2000, 162, vom 28. Oktober 2003 - BVerwG 2 WD 8.03 - DokBer 2004, 78 und vom 13. November 2007 a.a.O.). Dagegen geht es weder um eine (neben der strafrechtlichen Sanktionierung erneute) Bestrafung durch das Wehrdienstgericht noch gar um Vergeltung oder Sühne für ein begangenes Fehlverhalten. Für die Bestimmung des Ausgangspunktes der Zumessungserwägungen ist ferner auf die Regelung in § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO abzustellen. Danach sind bei der Bemessung von Art und Maß der Disziplinarmaßnahme Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des betreffenden Soldaten zu berücksichtigen, wobei in jedem Falle das - auch verfassungsrechtlich gewährleistete - Verhältnismäßigkeitsgebot zu beachten ist.
56 Bei einem außergerichtlichen Fehlverhalten der hier in Rede stehenden Art sind deshalb bei der Bestimmung des Ausgangspunktes der Zumessungserwägungen typisierend zunächst die bereits eingetretenen konkreten Auswirkungen der Pflichtverletzung(en) auf den Dienstbetrieb der Bundeswehr in den Blick zu nehmen. Zudem sind im Hinblick auf die generalpräventive Funktion des Wehrdisziplinarrechts auch die erkennbar zu erwartenden Auswirkungen einer disziplinarrechtlichen Würdigung und Ahndung des Fehlverhaltens auf das Rechtsbewusstsein anderer Soldaten und der Bundeswehr insgesamt zu berücksichtigen.
57 Bei einer solchen typisierenden Betrachtung des hier in Rede stehenden, von Anschuldigungspunkt 2 a) erfassten strafbaren außerdienstlichen Fehlverhaltens des früheren Soldaten sind konkrete Auswirkungen auf den Dienstbetrieb der Bundeswehr nicht festzustellen. In der früheren Einheit des früheren Soldaten und auch sonst in der Bundeswehr (außerhalb der dienstlich damit unmittelbar befassten Feldjäger und Soldaten) ist das am 13. September 2005 in der Bundespolizeiinspektion in L. erfolgte und allein vom früheren Soldaten zu verantwortende unbefugte Tragen der Fliegerkombination mit den Schulterklappen eines Majors nicht bekannt geworden. Dies hat der in der Berufungshauptverhandlung als Zeuge vernommene Oberstleutnant F. als früherer Disziplinarvorgesetzter ausdrücklich und glaubhaft bestätigt. Für eine gegenteilige Annahme fehlt es an jedem konkreten Anhaltspunkt.
58 Es lässt sich auch nicht feststellen, dass das in Rede stehende Fehlverhalten des früheren Soldaten am Tattag darauf gerichtet war oder dass er damit gar Erfolg hatte, durch das unbefugte Tragen der Uniform mit den Schulterklappen eines Majors die Art der Dienstausübung durch die Bediensteten der Bundespolizeiinspektion in L. zu beeinflussen. Der in der Berufungshauptverhandlung vernommene Zeuge Polizeihauptmeister B. hat einen solchen Versuch des früheren Soldaten ausdrücklich verneint, zumal er, der Zeuge, seinerzeit nicht einmal erkannt hatte, dass es sich um die Schulterklappen eines Majors handelte, die der frühere Soldat trug. Der Zeuge hat auch nicht bestätigen können, dass der frühere Soldat am Tattag gegenüber anderen Bediensteten der Bundespolizeiinspektion in L. mit einer solchen Zielrichtung auftrat oder gar damit Erfolg hatte. Dem früheren Soldaten hat zudem nicht widerlegt werden können, dass er die Fliegerkombination mit den Schulterklappen eines Majors in der Bundespolizeiinspektion in L. nur deshalb trug, weil er es für zu aufwändig gehalten und es deshalb aus Nachlässigkeit versäumt habe, diese Kleidung, die er zuvor bereits auf einer Baustelle seiner Immobilie getragen habe, vor der Fahrt zum Bahnhof oder jedenfalls vor dem Aufsuchen der Bundespolizeiinspektion zu wechseln oder zumindest die Schulterklappen abzunehmen.
59 Auch spätere oder künftige negative Auswirkungen auf den Dienstbetrieb der Bundeswehr lassen sich nicht feststellen. Gegenteiliges hat auch die Vernehmung des Zeugen F. in der Berufungshauptverhandlung nicht erbracht. Solche Auswirkungen sind bei typisierender Betrachtung auch dann nicht zu befürchten, wenn bei einer von einem Soldaten begangenen und vom zuständigen Strafgericht bereits rechtskräftig geahndeten Straftat der vorliegenden Art zusätzlich keine Herabsetzung des betreffenden Soldaten in einen niedrigeren Dienstgrad, sondern ein Beförderungsverbot längerer Dauer, gegebenenfalls verbunden mit einer erheblichen Kürzung der Dienstbezüge, zum Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen gemacht wird.
60 Fehlt es damit im vorliegenden Fall bereits an der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 SG, kann offen bleiben, ob der frühere Soldat, wovon die Truppendienstkammer im angefochtenen Urteil - ohne Begründung - ausgegangen ist, nach seinem Ausscheiden aus dem Wehrdienst im Sinne des § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 SG durch unwürdiges Verhalten nicht der Achtung und dem Vertrauen gerecht geworden ist, die „für seine Wiederverwendung als Vorgesetzter“ erforderlich sind. Denn ohne eine Pflichtverletzung nach § 17 Abs. 3 SG kann eine Handlungsweise eines früheren Soldaten nicht als fiktives Dienstvergehen („gilt als ...“) gemäß § 23 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 SG eingestuft werden.
61 b) Aufgrund der getroffenen und oben im Einzelnen dargelegten tatsächlichen Feststellungen war der frühere Soldat von dem in Anschuldigungspunkt 2 b) aa) erhobenen Vorwurf freizustellen.
62 c) Da das von Anschuldigungspunkt 2 b) bb) erfasste Fehlverhalten des früheren Soldaten aus den oben dargelegten Gründen aus dem vorliegenden Disziplinarverfahren ausgeklammert bleibt, unterliegt es keiner disziplinarrechtlichen Würdigung.
63
5. Maßnahmebemessung
Der Maßnahmebemessung ist damit allein das von Anschuldigungspunkt 1 erfasste Fehlverhalten zugrunde zu legen, mit dem der frühere Soldat im außerdienstlichen Bereich während seines Wehrdienstverhältnisses vorsätzlich gegen § 17 Abs. 2 Satz 2 SG verstieß.
64 a) Die „Eigenart und Schwere“ dieses Dienstvergehens bestimmt sich nach dem Unrechtsgehalt der Verfehlung, mithin also nach der Bedeutung und Eigenart der verletzten Dienstpflicht(en), der Dauer und Häufigkeit der Pflichtenverstöße und den Umständen der Tatbegehung (objektive Handlungsmerkmale).
65 Die festgestellte Verletzung der in § 17 Abs. 2 Satz 2 SG normierten Pflicht eines jeden Soldaten, sich außer Dienst außerhalb der dienstlichen Unterkünfte und Anlagen so zu verhalten, dass er die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt, wiegt nicht leicht. Es geht dabei nicht um eine bloße Nebenpflicht. Denn sie hat wegen ihres funktionellen Bezugs zur Erfüllung des grundgesetzmäßigen Auftrages der Streitkräfte und zur Gewährleistung des militärischen Dienstbetriebs erhebliche Bedeutung. Ein Soldat, insbesondere ein Vorgesetzter, bedarf der Achtung seiner Kameraden und Untergebenen sowie des Vertrauens seiner militärischen Vorgesetzten, um seine Aufgabe so zu erfüllen, dass der ordnungsgemäße Ablauf des militärischen Dienstes gewährleistet ist (stRspr., vgl. u.a. Urteil vom 22. Mai 2007 - BVerwG 2 WD 13.06 - juris Rn. 28 f). Da, wie bereits oben in anderem Zusammenhang angeführt, nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des erkennenden Senats die allgemeine Gesetzestreue eines Beamten - und nichts anderes gilt für Soldaten - eine wesentliche Grundlage des öffentlichen Dienstes ist, dem nach Art. 33 Abs. 4 GG die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse obliegt (vgl. u.a. BVerfG, Beschluss vom 5. Juni 2002 - 2 BvR 2257/96 - DÖD 2003, 37; BVerwG, Urteil vom 2. April 2008 - BVerwG 2 WD 13.07 -), ist auch ein außerdienstlicher Verstoß gegen Rechtsnormen, die Menschen vor schweren Straftaten der hier in Rede stehenden Art schützen, allgemein geeignet, das Vertrauen in eine ordnungsgemäße Dienstausübung erheblich zu beeinträchtigen. Die Art und Weise, wie ein Soldat sich im allgemeinen Rechtsverkehr verhält, insbesondere ob er strafrechtliche Ge- und Verbote achtet, lässt Rückschlüsse auf seine charakterliche Zuverlässigkeit, auf sein Verantwortungsbewusstsein und auf seine moralische Integrität zu und ist daher dienstrechtlich von erheblicher Relevanz (stRspr, vgl. Urteile vom 25. Juli 1990 - BVerwG 2 WD 9.90 - und vom 26. Oktober 1993 - BVerwG 2 WD 20.93 - BVerwGE 103, 32 <35> = NZWehrr 1994, 79).
66 Des Weiteren ist zu Lasten des früheren Soldaten zu berücksichtigen, dass er aufgrund seines Dienstgrades als Oberfeldwebel eine Vorgesetztenstellung hatte. Mit diesem Dienstgrad ist eine erhöhte Verantwortung und Verantwortlichkeit verbunden (§ 10 Abs. 1 SG).
67 b) Das Dienstvergehen hatte nach den vom Senat getroffenen Feststellungen allerdings keine negativen Auswirkungen auf den Dienstbetrieb. Der als Zeuge vernommene frühere Disziplinarvorgesetzte Oberstleutnant F. hat dies in der Berufungshauptverhandlung glaubhaft bestätigt. Es ist auch nicht ersichtlich, dass durch dieses außerdienstliche Fehlverhalten das Ansehen der Bundeswehr konkret beeinträchtigt worden ist.
68 c) Das Maß der Schuld des in seiner Schuldfähigkeit nicht eingeschränkten früheren Soldaten wird von der vorsätzlichen Begehungsweise des Dienstvergehens bestimmt.
69 Milderungsgründe in den Umständen der Tat, die die Schuld des früheren Soldaten mindern würden, liegen nicht vor. Sie wären nach der ständigen Rechtsprechung des Senats dann gegeben, wenn die Situation, in der der frühere Soldat versagt hat, von so außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet war, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden konnte (vgl. u.a. Urteile vom 18. März 1997 - BVerwG 2 WD 29.95 - <insoweit nicht veröffentlicht in BVerwGE 113, 70 = Buchholz 235.0 § 34 WDO Nr. 28 = NZWehrr 1997, 212> und vom 6. Mai 2003 - BVerwG 2 WD 29.02 - <insoweit nicht veröffentlicht in BVerwGE 118, 161 = Buchholz 235.01 § 107 WDO 2002 Nr. 1 = NZWehrr 2004, 31> m.w.N.). Dafür gibt es hier keine Anhaltspunkte.
70 Der Milderungsgrund einer unbedachten persönlichkeitsfremden Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten liegt nicht vor. Dabei kann offenbleiben, ob das erstmalige Fahren ohne Fahrerlaubnis aufgrund der vom früheren Soldaten in der Berufungshauptverhandlung dargelegten besonderen Umstände (Gefälligkeitsfahrt für seine Begleiterin) als eine unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat qualifiziert werden kann, woran allerdings schon deshalb Zweifel bestehen, da der frühere Soldat vor Antritt der Fahrt hinreichend Gelegenheit hatte, sein Vorgehen zu bedenken und sich über die Strafbarkeit seines Verhaltens klar zu werden. Jedenfalls handelt es sich nicht um eine „persönlichkeitsfremde“ Tat eines einen „ansonsten tadelfreien“ Soldaten. Der frühere Soldat hat - wie der Auszug aus dem Zentralregister ausweist - offenbar keine Hemmung, zur Verfolgung persönlicher Ziele auch vor Straftaten nicht zurückzuschrecken.
71 Sonstige außergewöhnliche Besonderheiten, wonach ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten vom früheren Soldaten nicht mehr erwartet und nicht vorausgesetzt werden konnte, sind nicht erkennbar.
72 d) Hinsichtlich seiner Beweggründe für sein Fahren ohne Fahrerlaubnis kann dem früheren Soldaten sein Vorbringen nicht widerlegt werden, er habe seine auf dem Beifahrersitzes des Pkw sitzende Begleiterin nach Hause fahren wollen, weil diese dazu aufgrund ihres körperlichen oder geistigen Zustandes nicht mehr in der Lage gewesen sei.
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e) Zugunsten des früheren Soldaten sprechen seine während seiner Dienstzeit erbrachten dienstlichen Leistungen, die insbesondere in den vorliegenden Laufbahnbeurteilungen, aber auch in der letzten planmäßigen Beurteilung vom 12. Juli 2001 sowie in dem Leumundszeugnis des in der Berufungshauptverhandlung vernommenen früheren Disziplinarvorgesetzten Oberstleutnant F. zum Ausdruck kommen. In der aus Anlass der beantragten Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten erstellten Laufbahnbeurteilung vom 19. Oktober 2001 hielten sowohl der Staffelchef Hauptmann H. als auch Kommandeur Oberstleutnant S. den früheren Soldaten aufgrund seiner erbrachten dienstlichen Leistungen, seiner Qualifikation und seiner Persönlichkeit für die Laufbahn eines Berufssoldaten für „gut geeignet“. Auch in der Laufbahnbeurteilung vom 19. November 2002 beurteilte der Staffelchef den früheren Soldaten als „gut geeignet“ für die Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten. Der Kommandeur, Oberstleutnant S., beurteilte den früheren Soldaten sogar als für den beantragten Statuswechsel „besonders geeignet“ und führte zur Begründung aus:
„Oberfeldwebel O. hat sich in seiner Tätigkeit als FlugGerMechFw F-4 FR Wartung als äußerst verantwortungsbewusst erwiesen. Seine Art, sich in den Dienst der Sache zu stellen, ist von fundiertem Fachwissen und einem hohem Maß an persönlichem Einsatz geprägt. Die ihm unterstellten Soldaten schätzt er sehr genau ein und setzt sie entsprechend ihrer Fähigkeiten folgerichtig ein. Aufgrund seiner langjährigen Erfahrung, gepaart mit einer gereiften Fachexpertise, gelingt es ihm treffend, adäquate Lösungsvorschläge zu unterbreiten. Bei seinen Bewertungen stellt er ständig einen klaren Bezug zur Flugsicherheit her. Sie auf einem hohen Niveau zu halten, liegt ihm besonders am Herzen. Oberfeldwebel O. besitzt eine sehr gefestigte Einstellung zum Soldatenberuf, was sich in seinem exakten militärischen Auftreten und zutiefst soldatischen Verhalten widerspiegelt. Aus dem direkten Leistungsvergleich und dem eigenen Erleben leite ich ein ‚besonders geeignet’ für den Statuswechsel ab. Diese Einschätzung entspricht dem heutigen Leistungsbild des Beurteilten.“
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Auch in der letzten planmäßigen Beurteilung vom 12. Juli 2001 durch den damaligen Staffelchef und Disziplinarvorgesetzten Hauptmann H. wurden dem früheren Soldaten ansprechende dienstliche Leistungen und ein tadelfreies Verhalten attestiert:
„Oberfeldwebel O. zeigt ein außergewöhnlich hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein nicht nur als Techniker, sondern auch als Soldat. Er vertritt die soldatische Pflichterfüllung mit Entschlossenheit nach außen und artikuliert dies auch gegenüber seinen Kameraden. Damit nimmt er eine nicht stromlinienförmige Position ein, die sowohl seine Untergebenen als auch Kameraden zum Nachdenken anregt. Mit seiner gefestigten Persönlichkeit und seinem selbstsicheren Auftreten strahlt er Souveränität aus und die Entschlossenheit, seine Entscheidungen vollends zu vertreten.“
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Dies wurde durch den nächsthöheren Vorgesetzten, Oberstleutnant und Kommandeur der Technischen Gruppe des ...geschwaders ... „...“ in W. bestätigt, der ergänzend ausführte:
„Oberfeldwebel O. versteht es, sich uneigennützig in den Dienst der Sache zu stellen und dabei ein hohes Maß an Engagement zu vermitteln. Die von ihm eingenommene Position innerhalb der Einheit wird nicht nur durch seine bemerkenswert gereifte Expertise in Theorie und Praxis untermauert. Auch die verinnerlichten Werte eines Vorgesetzten und das damit einhergehende ausgeprägte Verantwortungsbewusstsein tragen dazu nicht unwesentlich bei.“
76 Zugunsten des früheren Soldaten spricht auch, dass er in der Berufungshauptverhandlung eine deutliche und glaubhafte Einsicht in sein Fehlverhalten gezeigt hat.
77 f) Die auf der Grundlage dieser Feststellungen vorzunehmende Gesamtwürdigung des Dienstvergehens ergibt, dass eine der beiden für Soldaten der Reserve nach § 58 Abs. 3 WDO allein zulässigen gerichtlichen Disziplinarmaßnahmen (Dienstgradherabsetzung oder Aberkennung des Dienstgrades) nicht in Betracht kommt.
78 Bei einer erstmaligen außerdienstlichen Straftat in Gestalt eines Fahrens ohne Fahrerlaubnis ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats eine Dienstgradherabsetzung in aller Regel nicht geboten. Zwar stellt das Fahren ohne Fahrerlaubnis für sich allein die dienstliche Zuverlässigkeit eines Vorgesetzten in Frage. Denn die Nichtbeachtung verkehrsrechtlicher Vorschriften, die zum Schutze der Allgemeinheit erlassen sind, lassen zwangsläufig Rückschlüsse auf eine mangelnde charakterliche Qualifikation zu. Ein Vorgesetzter, der verpflichtet ist, in Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel zu geben (§ 10 Abs. 1 SG), zieht dadurch sein Verantwortungsbewußtsein und seine Autorität erheblich in Zweifel. Dies gilt auch dann, wenn es sich um außerdienstliches Fehlverhalten handelt (vgl. Urteile vom 23. Juni 1992 - BVerwG 2 WD 16.92 - und vom 11. März 1999 - BVerwG 2 WD 29.98 - Buchholz 236.1 § 17 SG Nr. 26). Als angemessene gerichtliche Disziplinarmaßnahme kommt dafür jedoch eine Gehaltskürzung oder allenfalls ein Beförderungsverbot in Betracht (vgl. u.a. Urteile vom 21. Februar 1990 - BVerwG 2 WD 43.89 , vom 15. November 1990 - BVerwG 2 WD 34.90 - BVerwGE 86, 357 und vom 30. Januar 1991 - BVerwG 2 WD 33.90 -). Soweit der Senat in seinem Urteil vom 11. März 1999 bei einem außerdienstlichen Fahren ohne Fahrerlaubnis die Herabsetzung eines Unteroffiziers in den Dienstgrad eines Hauptgefreiten als angemessene Disziplinarmaßnahme angesehen hat, ist zu berücksichtigen, dass der in jenem Verfahren verurteilte Soldat mehrfach ohne Fahrerlaubnis gefahren war. Hinzu kam noch das Fahren im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss.
79 Da somit hinsichtlich des von Anschuldigungspunkt 1 erfassten Fehlverhaltens die Verhängung einer der nach § 58 Abs. 3 WDO bei Soldaten der Reserve allein in Betracht kommenden Disziplinarmaßnahmen ausscheidet, ist das Verfahren gemäß § 123 Satz 3 i.V.m. § 108 Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 WDO („wenn ... eine Disziplinarmaßnahme nicht zulässig ist“) bei gleichzeitiger Feststellung, dass der frühere Soldat ein Dienstvergehen begangen hat, einzustellen (vgl. Urteil vom 12. Februar 1988 - BVerwG 2 WD 55.87 -; Dau, WDO, 4. Aufl. 2002, § 108 Rn. 8).
80 5. Da mithin das angefochtene erstinstanzliche Urteil aufzuheben und das Verfahren bei Feststellung eines Dienstvergehens insgesamt nach § 123 Satz 3 i.V.m. § 108 Abs. 3 Satz 1 WDO einzustellen ist, sind die Kosten des Verfahrens nach §§ 139 Abs. 1 Satz 1, 138 Abs. 3 WDO dem Bund aufzuerlegen, der auch die notwendigen Auslagen des früheren Soldaten zu tragen hat (§ 140 Abs. 1 WDO).