Beschluss vom 12.03.2020 -
BVerwG 5 B 22.19 DECLI:DE:BVerwG:2020:120320B5B22.19D0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.03.2020 - 5 B 22.19 D - [ECLI:DE:BVerwG:2020:120320B5B22.19D0]

Beschluss

BVerwG 5 B 22.19 D

  • VGH Kassel - 01.04.2019 - AZ: VGH 29 C 1497/17.E

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. März 2020
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Preisner
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 1. April 2019 wird verworfen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 13 100 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

2 Es spricht bereits vieles dafür, dass die Beschwerde nicht innerhalb der Frist des § 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO begründet worden ist. Ebenso spricht vieles dafür, dass der Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Beschwerdebegründungsfrist nicht innerhalb der Frist des § 60 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 VwGO gestellt worden ist. Des Weiteren bestehen erhebliche Zweifel an der hinreichenden Substantiierung des Wiedereinsetzungsantrags. Letztlich kann dies alles aber dahingestellt bleiben, da die Beschwerde jedenfalls deshalb unzulässig ist, weil sie nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargelegt hat, dass ein Revisionszulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 VwGO gegeben ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 5. März 2018 - 6 B 71.17 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 429 Rn. 5).

3 1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

4 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht. Die Beschwerde muss erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14 und vom 12. Januar 2017 - 5 B 75.16 - juris Rn. 4 m.w.N.). Die Begründungspflicht verlangt, dass sich die Beschwerde mit den Erwägungen des angefochtenen Urteils, auf die sich die aufgeworfene Frage von angeblich grundsätzlicher Bedeutung bezieht, substantiiert auseinandersetzt und aufzeigt, aus welchen Gründen der Rechtsauffassung, die der aufgeworfenen Frage zugrunde liegt, zu folgen ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 4. April 2012 - 5 B 58.11 - juris Rn. 2 und vom 12. März 2018 - 5 B 26.17 D - juris Rn. 3 m.w.N.). Soweit sich die Vorinstanz mit der Frage beschäftigt hat, gehört zu der erforderlichen Durchdringung des Prozessstoffes die Erörterung sämtlicher Gesichtspunkte, die im Einzelfall für die erstrebte Zulassung der Revision rechtlich Bedeutung haben könnten (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. März 1993 - 3 B 105.92 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 11 S. 13 und vom 26. September 2016 - 5 B 1.16 D - juris Rn. 26 m.w.N.). Diese Darlegungsanforderungen erfüllt die Beschwerdebegründung nicht.

5 a) Das gilt zunächst für die von der Beschwerde ausdrücklich als grundsätzlich bedeutsam formulierte Frage,
"ob § 198 Abs.5 S.1 GVG tatsächlich im Sinne einer absoluten Schranke für die Justizgewähr zu Rechtsschutzbegehren gemäß § 198 Abs.5 GVG ausgelegt werden kann, ohne dass parallel mindestens eine Verhältnismäßigkeitsprüfung und eine Prüfung geboten ist, durch die im Einzelfall eine Anwendung zu vermeiden ist, die als unverhältnismäßige Förmelei oder gar als Rechtsvereitelung bzw. Rechtsvernichtung ohne dies rechtfertigende gewichtige Gründe anzusehen ist".

6 Soweit die Beschwerde mit ihrem diesbezüglichen weiteren Vorbringen das Erfordernis einer solchen Prüfung mit der im vorliegenden Verfahren tatsächlich zugrunde liegenden Fallgestaltung und den sie kennzeichnenden Besonderheiten begründet, begehrt sie im Kern eine Beurteilung des konkreten Streitfalles. Damit kann eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargetan werden.

7 Im Übrigen hat der Senat (BVerwG, Urteile vom 26. Februar 2015 - 5 C 5.14 D - Buchholz 300 § 198 GVG Nr. 4 Rn. 18 und 20 sowie vom 14. November 2016 - 5 C 10.15 D - BVerwGE 156, 229 Rn. 103) im Einklang mit anderen obersten Gerichtshöfen des Bundes (BFH, Beschluss vom 12. März 2013 - X S 12/13 (PKH) - BFH/NV 2013, 961 Rn. 24 ff.; BGH, Urteil vom 17. Juli 2014 - III ZR 228/13 - NJW 2014, 2588 Rn. 17; BSG, Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr. 5 Rn. 19) bereits entschieden, dass es sich bei der Wartefrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG um eine besondere Sachurteilsvoraussetzung der Entschädigungsklage handelt, die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist und eine vor Fristablauf erhobene Klage nach Ablauf der Frist nicht zulässig wird. Allerdings ist es nach der Rechtsprechung des Senats im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung geboten, eine vor Ablauf der Frist erhobene Entschädigungsklage in den Fällen als zulässig anzuerkennen, in denen das als verspätet gerügte Verfahren innerhalb von sechs Monaten nach Erhebung der Verzögerungsrüge beendet wird. In diesen Fällen ist die Entschädigungsklage ausnahmsweise vom Moment des Verfahrensabschlusses an zulässig. Einen über diese Rechtsprechung hinausgehenden oder erneuten Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.

8 Das gilt insbesondere auch, soweit sie nachfolgend zu der von ihr konkret formulierten Frage ausführt, "[f]ür den konkreten Fall ergibt sich die Grundsatzbedeutung der Sache" auch aus der Abweichung von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/14 R - SozR 4-1720 § 198 Nr. 5) und dies dahin verstanden wissen möchte, dass sie mit der aufgeworfenen Frage allgemein geklärt wissen möchte, ob aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts herzuleiten sei, dass die Nichteinhaltung der Wartefrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG auch in verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht zwingend zur Unzulässigkeit der Entschädigungsklage führe. Denn die Beschwerde setzt sich nicht in der gebotenen Weise mit den insoweit einschlägigen Gründen der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs auseinander. Dieser ist auf die vorgenannte Entscheidung des Bundessozialgerichts ausdrücklich eingegangen und hat ausgeführt, das Bundessozialgericht gehe davon aus, dass der Mangel der Nichteinhaltung der Wartefrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG - in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung der anderen obersten Gerichtshöfe - auch im sozialgerichtlichen Verfahren nicht heilbar sei. Das Bundessozialgericht habe lediglich aus Gründen des Vertrauensschutzes richterrechtlich eine Übergangsfrist dahingehend eingeräumt, dass die unheilbare Nichteinhaltung der Wartefrist erst nach Ablauf einer am 31. Dezember 2014 endenden Übergangsfrist entgegengehalten werden könne. Dies werde - so der Verwaltungsgerichtshof - vom Bundessozialgericht mit den Besonderheiten des sozialgerichtlichen Verfahrens begründet. So habe das Bundessozialgericht insbesondere auf die Untätigkeitsklage nach § 88 SGG und seine Rechtsprechung hingewiesen, nach der es aus Gründen der Prozessökonomie zugelassen werde, dass eine vor Fristablauf erhobene Klage im Laufe des Klageverfahrens zulässig werden könne. Ausweislich der Ausführungen des Bundessozialgerichts sei vor Bekanntwerden seiner Entscheidung vom 3. September 2014 nicht bekannt gewesen, dass es, das Bundessozialgericht, sich gehindert sehe, den dieser Rechtsprechung zugrunde liegenden Rechtsgedanken auch auf Verfahren wegen überlanger Dauer eines Gerichtsverfahrens zu übertragen, weshalb es nicht ganz abwegig gewesen sei, ihn auch auf verfrüht erhobene Entschädigungsklagen anzuwenden. Für die Zeit ab 1. Januar 2015 sei dies nicht mehr möglich.

9 Die Beschwerde zeigt - was erforderlich gewesen wäre - nicht substantiiert auf, dass das Verwaltungsprozessrecht entsprechende Besonderheiten kennt, die geeignet wären, einen vergleichbaren Vertrauensschutz zu begründen. Ihre bloße Behauptung, die Rechtsprechung zu § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG weiche von der langjährigen Rechtsprechung zu § 75 VwGO ab, sowie ihr sonstiges Vorbringen zu § 75 VwGO genügen hierfür nicht. Überdies legt die Beschwerde nicht dar, inwiefern aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zum Erfordernis einer Übergangsfrist in sozialgerichtlichen Verfahren für Entschädigungsverfahren wegen überlanger Dauer eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens abzuleiten ist, dass für Letztere im Einzelfall eine "Verhältnismäßigkeitsprüfung" geboten sei. Sollte die Beschwerde dahin zu verstehen sein, dass der Mangel der Nichteinhaltung der Wartefrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG für eine Übergangszeit auch für Entschädigungsklagen in verwaltungsgerichtlichen Verfahren ausnahmsweise unbeachtlich sei, setzt sie sich nicht in der erforderlichen Weise damit auseinander, dass die vorliegende Entschädigungsklage nach der Ansicht der Vorinstanz erst nach Ablauf der vom Bundessozialgericht angenommenen Übergangsfrist erhoben worden ist. Sie legt insbesondere nicht dar, aus welchem Grund und bis zu welchem Zeitpunkt die vom Bundessozialgericht angenommene Übergangsfrist für verwaltungsgerichtliche Verfahren zu verlängern wäre. Abgesehen davon legt die Beschwerde nicht dar, inwieweit die Frage nach einer solchen vergangenheitsbezogenen Übergangsregelung, die die Beschwerde in den Entscheidungen des Senats vom 26. Februar 2015 - 5 C 5.14 D - sowie vom 14. November 2016 - 5 C 10.15 D - vermisst, auch in verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch Grundsatzbedeutung haben kann, obwohl sie keine Zukunftsbedeutung mehr hat und auch keine Anhaltspunkte für eine erhebliche Zahl von Altfällen vorgebracht sind, in denen sie sich noch entscheidungserheblich stellt (vgl. BSG, Beschluss vom 8. März 2001 - B 11 AL 251/00 B - juris Rn. 7).

10 b) Soweit die Beschwerde ihr Vorbringen,
"[d]ie Negierung der Erheblichkeit der vom Kläger zitierten Rechtsprechung des BSG zur Sachgerechtigkeit einer Übergangsfrist bei Anwendung des § 198 Abs.5 S.1 GVG (s. Urt. v. 3.09.2014 - B 10 ÜG 2/14 R) betrifft Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung",
als Grundsatzrüge verstanden wissen möchte, fehlt es bereits an der Formulierung einer konkreten Rechtsfrage. Eine solche muss sich grundsätzlich auf eine bestimmte Norm beziehen und deren Voraussetzungen und Rechtsfolgen betreffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. November 2018 - 5 B 33.18 D - juris Rn. 6 m.w.N.). Hierfür genügt es nicht, dass die Beschwerde zwar § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG benennt, aber sich ansonsten auf den Hinweis beschränkt, es seien "Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung" betroffen, ohne diese genau zu bezeichnen.

11 Sollte die Beschwerde mit der vorstehenden Behauptung zum Ausdruck bringen wollen, dass die Vorinstanz die vom Bundessozialgericht in der Entscheidung vom 3. September 2014 aufgestellten Rechtssätze nicht beachtet bzw. unzutreffend angewandt habe, beanstandet sie die Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Damit lässt sich die Grundsatzbedeutung einer Rechtssache nicht begründen.

12 c) Auch das Vorbringen der Beschwerde,
"[z]ur Negierung einer wirksamen Verzögerungsrüge des Klägers zu den Verfahren 1 K 1297/12 und 348/13 vor dem 28.01.2015 durch das angefochtene Urteil sind die Zulassungsgründe der Grundsatzbedeutung [...] zu den Entscheidungen BVerfG NJW 2016, 2018 ff (1 BvR 3164/13), 2 BvR 437/12 und 1 BvR 2965/10 gegeben",
genügt - sollte die Beschwerde es als Grundsatzrüge verstanden wissen wollen - nicht den an die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung zu stellenden Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Denn es wird schon keine konkrete Rechtsfrage formuliert. Darüber hinaus bezieht sich das Vorbringen mit der einleitenden Bezugnahme auf die "Verzögerungsrüge des Klägers zu den Verfahren 1 K 1297/12 und 348/13" im Kern auf den vorliegenden Einzelfall, was einer über den Einzelfall hinausführenden, verallgemeinerungsfähigen Aussage entgegensteht.

13 Soweit die Beschwerde an späterer Stelle im Zusammenhang mit den zitierten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts beanstandet, dass die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs, Erklärungen in anderen Verfahren seien grundsätzlich bei der Auslegung, ob für den zuständigen Richter die erforderliche Vorwarnung erfolgt sei, nicht zu berücksichtigen, von den Auslegungsvorgaben dieser Entscheidungen abweiche, arbeitet sie ebenfalls keine konkrete Rechtsfrage heraus, die sich in allgemeinverbindlicher Weise klären lässt. Vielmehr erschöpfen sich auch diese Ausführungen in einer inhaltlichen Kritik an der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofs, der die Beschwerde ihre eigene abweichende Rechtsauffassung entgegensetzt. Damit wird eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend dargelegt.

14 2. Die Revision ist nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.

15 Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz liegt nur vor, wenn das vorinstanzliche Gericht in Anwendung derselben Vorschrift mit einem seine Entscheidung tragenden (abstrakten) Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist. Die Beschwerdebegründung muss im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darlegen, dass und inwiefern dies der Fall ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10. September 2018 - 5 B 20.18 D - juris Rn. 3 und vom 29. März 2019 - 5 BN 1.18 - juris Rn. 2, jeweils m.w.N.). Daran fehlt es hier.

16 a) Das gilt zunächst, soweit sich die Beschwerde auf eine Divergenz zu den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 17. Dezember 2015 - 1 BvR 3164/13 - (NJW 2016, 2018), 16. Oktober 2014 - 2 BvR 437/12 - (juris) und 5. August 2013 - 1 BvR 2965/10 - (NJW 2013, 3432) bezieht. Die Beschwerde leitet insbesondere aus der erstgenannten Entscheidung in wertender Interpretation und Zusammenfassung zum Vorliegen einer Verzögerungsrüge den Rechtssatz her, "auch dem Gericht aus anderen Verfahren im Sachzusammenhang bekannte Darlegungen/Erklärungen der Partei(en) [müssen] bei der gebotenen wohlwollenden Auslegung berücksichtigt werden [...]". Einen abstrakten Rechtssatz dieses Inhalts hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 17. Dezember 2015 indessen nicht ausdrücklich aufgestellt. Die Beschwerde zeigt auch nicht auf, dass der angeführte Rechtssatz der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts der Sache nach entnommen werden kann. Dagegen spricht bereits, dass diese Verfassungsbeschwerde ein Entschädigungsverfahren betraf, dem nach der Sachverhaltsschilderung nur ein Ursprungsverfahren zugrunde lag und in dem etwaige in anderen gerichtlichen Verfahren abgegebene Erklärungen keine Rolle spielten. Der dem Bundesverfassungsgericht von der Beschwerde zugeschriebene Rechtssatz ist auch weder ausdrücklich noch der Sache nach den anderen beiden von der Beschwerde erwähnten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu entnehmen.

17 Im Kern erschöpfen sich auch die zur Divergenz gemachten Ausführungen der Beschwerde in einer bloßen Kritik an der Sachverhaltswürdigung und materiellen Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichtshofs im Einzelfall. Soweit die Beschwerde rügt, das angefochtene Urteil weiche von den von ihr den angeführten bundesverfassungsgerichtlichen Entscheidungen entnommenen Auslegungsvorgaben ab, greift sie erneut die Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichtshofs im Einzelfall an. Auf eine (etwaige) unrichtige Rechtsanwendung kann die Divergenzrüge aber nicht gestützt werden.

18 b) Mit ihren Ausführungen zur Entscheidung des Bundessozialgerichts vom 3. September 2014 - B 10 ÜG 2/14 R - (SozR 4-1720 § 198 Nr. 5) kann die Beschwerde schon deshalb keine Divergenz begründen, weil Entscheidungen dieses Gerichts im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht divergenzfähig sind.

19 3. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

20 Nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Damit sind Verstöße gegen Vorschriften gemeint, die den Verfahrensablauf bzw. den Weg zu dem Urteil und die Art und Weise des Urteilserlasses regeln, nicht jedoch Vorschriften, die den Urteilsinhalt betreffen und deren Verletzung sich als Mangel der sachlichen Entscheidung darstellt (BVerwG, Beschlüsse vom 4. Februar 2015 - 5 B 28.14 - juris Rn. 8 m.w.N. und vom 17. November 2015 - 5 B 17.15 - juris Rn. 3). Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2014 - 5 B 48.13 - Buchholz 310 § 96 VwGO Nr. 62 Rn. 12 m.w.N.). Daran gemessen kommt die Zulassung der Revision nicht in Betracht.

21 a) Die Beschwerde legt eine Verletzung des § 103 Abs. 2 VwGO nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dar.

22 Zwar liegt in dem von der Beschwerde angeführten Umstand, dass in dem nur von dem beklagten Land wahrgenommenen Termin zur mündlichen Verhandlung der Aktenvortrag unterblieben ist, ein Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Denn eine Verletzung des § 103 Abs. 2 VwGO scheidet gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 295 ZPO nur dann aus, wenn - anders als hier - alle Verfahrensbeteiligten auf den Vortrag des wesentlichen Inhalts der Akten verzichtet haben. Erscheint hingegen in dem anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung keiner der Verfahrensbeteiligten oder - wie hier - lediglich einer von ihnen, der für seine Person auf den Sachvortrag verzichtet, muss der wesentliche Akteninhalt vorgetragen werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. April 1983 - 9 B 2337.80 - Buchholz 310 § 103 VwGO Nr. 5 S. 1 f.; vgl. auch BSG, Beschluss vom 25. Januar 2011 - B 5 R 261/10 B - SGb 2012, 110 Rn. 4 ff. zu § 112 Abs. 1 Satz 2 SGG sowie BFH, Beschluss vom 13. Mai 2011 - V B 60/10 - BFH/NV 2011, 1886 Rn. 10 zu § 92 Abs. 2 FGO). Die Beschwerde legt aber nicht dar, dass das angefochtene Urteil auf diesem Mangel beruhen kann. Hierzu reicht die bloße Behauptung der Beschwerde, "[g]erade im konkreten Fall wäre jedoch ein ordnungsgemäßer Sachbericht ersichtlich wesentlich gewesen, um gerade auch ggü. den ehrenamtlichen Senatsmitgliedern eine hinreichende Übersichtlichkeit der Sach- und Streitstände zu gewährleisten", nicht aus. Vielmehr hätten in der Beschwerdebegründung besondere, sich aus der angefochtenen Entscheidung selbst ergebende, zu Zweifeln Anlass bietende Umstände dargelegt werden müssen, aus denen der Schluss gezogen werden kann, dass auch außerhalb der mündlichen Verhandlung keine vollständige Unterrichtung aller Richter über den Sach- und Streitstand stattgefunden hat (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. April 1983 - 9 B 2337.80 - Buchholz 310 § 103 VwGO Nr. 5 S. 3). Daran fehlt es hier.

23 b) Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wird nicht ausreichend bezeichnet im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, soweit sich die Beschwerde auf den absoluten Revisionsgrund gemäß § 138 Nr. 1 VwGO beruft, weil der gegen die berufsrichterlichen Mitglieder des Senats des Verwaltungsgerichtshofs gerichtete Befangenheitsantrag des Klägers durch die abgelehnten Richter selbst aus - wie die Beschwerde meint - objektiv nicht vertretbaren Gründen verworfen worden sei.

24 Die Ablehnung eines Befangenheitsantrags durch die Vorinstanz stellt in der Regel eine unanfechtbare Vorentscheidung (§ 146 Abs. 2 VwGO) dar, die gemäß § 173 VwGO i.V.m. § 557 Abs. 2 ZPO nicht der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt, so dass die Zurückweisung eines Befangenheitsantrags grundsätzlich auch nicht als Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO geltend gemacht werden kann. Die Rüge der unrichtigen Ablehnung eines Befangenheitsantrags ist deshalb im Rahmen der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nur ausnahmsweise in dem Maße beachtlich, als mit ihr - wie hier - die vorschriftswidrige Besetzung des Gerichts im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG, § 138 Nr. 1 VwGO geltend gemacht wird. Das setzt objektive Anhaltspunkte dafür voraus, dass die Entscheidung über die Befangenheitsanträge auf Willkür oder einem vergleichbar schweren Mangel des Verfahrens beruht, der in der Sache die Rüge einer nicht vorschriftsgemäßen Besetzung des Gerichts rechtfertigt (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 19. September 2018 - 8 B 2.18 - juris Rn. 14 und vom 25. Juni 2019 - 2 B 17.19 - juris Rn. 4, jeweils m.w.N.). Dieser Maßstab gilt auch für die Ablehnung eines Befangenheitsantrags - wie hier - unter Mitwirkung der abgelehnten Richter als rechtsmissbräuchlich (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 25. Januar 2016 - 2 B 34.14 - juris Rn. 14 und vom 26. Februar 2019 - 4 B 6.19 - juris Rn. 4, jeweils m.w.N.). Die Rüge der vorschriftswidrigen Besetzung eines Spruchkörpers ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann zulässig vorgebracht, wenn die Beschwerde die nach ihrer Meinung den Mangel begründenden Tatsachen in einer Weise vorträgt, die dem Revisionsgericht deren Beurteilung ermöglicht (vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 22. Dezember 2011 - 2 B 71.10 - juris Rn. 8; vom 25. April 2014 - 8 B 87.13 - juris Rn. 26 und vom 24. Januar 2017 - 2 B 91.15 - juris Rn. 4, jeweils m.w.N.). Die verbale Behauptung der Willkür genügt nicht (BVerwG, Beschluss vom 13. Juni 1991 - 5 ER 614.90 - Buchholz 310 § 138 Ziff. 1 VwGO Nr. 28 S. 2). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht.

25 Soweit sie behauptet, die Verwerfung des Ablehnungsgesuchs durch Selbstentscheid sei angesichts der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts objektiv nicht vertretbar gewesen, die diesbezüglichen hohen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts würden eindeutig grundlegend verfehlt, legt sie nicht in nachprüfbarer Weise dar, aufgrund welcher konkreten Umstände dieser Schluss gerechtfertigt sein soll. Sollten ihre Ausführungen in dem von ihr in Bezug genommenen Tatbestandsberichtigungsantrag dahin zu verstehen sein, die fehlende objektive Vertretbarkeit der Verwerfungsentscheidung ergebe sich aus den Ausführungen des angefochtenen Urteils zu dem vom Verwaltungsgerichtshof als bekannt bezeichneten prozessualen Verhalten des Klägers, stellt die Beschwerde dieses Verhalten nicht substantiiert in Abrede. Ebenso wenig zeigt sie - was insoweit erforderlich gewesen wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Juni 2016 - 2 B 18.15 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 3 VwGO Nr. 77 Rn. 38 m.w.N.) - auf, weshalb der nicht bestrittenen Schilderung dieses Verhaltens im Rahmen der Begründung des in der mündlichen Verhandlung verworfenen Ablehnungsgesuchs entnommen werden kann, dass die berufsrichterlichen Mitglieder des Senats tatsächlich und so eindeutig die gebotene Distanz und Neutralität haben vermissen lassen, dass jede andere Würdigung als die einer Besorgnis der Befangenheit willkürlich erschiene. Insbesondere legt sie nicht dar, dass die vom Verwaltungsgerichtshof gewählten Formulierungen unsachlich oder herabwürdigend sind. Soweit die Beschwerde im Rahmen des Tatbestandsberichtigungsantrags im Übrigen ausführt, die Begründungen für den behaupteten Rechtsmissbrauch seien eindeutig unzureichend, gibt sie nicht an, in Bezug auf welche Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs sie dies geltend macht oder worauf ihre Bewertung als unzureichend im Einzelnen gründet. Soweit sie des Weiteren bemängelt, dass der Verwaltungsgerichtshof die zahlreich dargelegten, konkreten Ablehnungsgründe nicht konkret geprüft und beschieden habe, werden die Gründe, auf die dies angeblich zutreffen soll, von ihr ebenfalls weder ausdrücklich benannt noch dargelegt, warum diese beachtlich gewesen sein sollten.

26 c) Eine Verletzung des Anspruchs des Klägers auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) ist nicht dargetan.

27 aa) Die Beschwerde sieht einen Gehörsverstoß zunächst darin, dass für den Kläger insbesondere argumentiert worden sei, als Verzögerungsrügen betreffend die streitgegenständlichen Verfahren 1 K 1297/12 und 1 K 348/13 seien bereits dessen frühere Erklärungen zu den Ausgangsverfahren sowie insbesondere dem Verfahren 1 K 768/09 und weiteren parallelen Rechtsschutzgesuchen zu den den Abrechnungsverfahren vorgelagerten Anfechtungen von Gebührenbescheiden anzusehen; dies gelte insbesondere für die Verzögerungsrügen vom 15. Dezember 2011, die Protokollerklärung vom 6. September 2012 zum Verfahren 1 K 768/09 sowie die Erklärungen vom 23. November 2012, 12. April 2013 und 24. Juni 2013. Mit diesem Vorbringen wird das Vorliegen eines Gehörsverstoßes nicht aufgezeigt. Der Verwaltungsgerichtshof hat dieses Vorbringen des Klägers - dem Gebot des rechtlichen Gehörs entsprechend (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 24. Juli 2014 - 1 B 10.14 - juris Rn. 9 und vom 15. August 2019 - 5 B 11.19 - juris Rn. 1, jeweils m.w.N.) - zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen. Er ist in seinen Entscheidungsgründen ausdrücklich auf die angeführten Schriftsätze vom 23. November 2012, 12. April 2013 und 24. Juni 2013 eingegangen und hat im Einzelnen dargelegt, weshalb diesen keine Verzögerungsrüge hinsichtlich der streitgegenständlichen Verfahren zu entnehmen sei. Seine weiteren Ausführungen zu den seit 2011 abgegebenen Erklärungen des Klägers in Verfahren, die nach dessen Ansicht im "Sachzusammenhang" mit den streitgegenständlichen Verfahren stünden, betreffen ersichtlich alle anderen vom Kläger im streitgegenständlichen Entschädigungsverfahren in Bezug genommenen früheren Erklärungen und so auch die Erklärungen im Schriftsatz vom 15. Dezember 2011 sowie vom 6. September 2012. Soweit es die Beschwerde für "unverständlich" hält, dass die besagten Erklärungen vom Verwaltungsgerichtshof nicht als Verzögerungsrüge hinsichtlich der streitgegenständlichen Verfahren angesehen worden seien, beanstandet sie der Sache nach, dass die Vorinstanz aus diesen Erklärungen in der rechtlichen Würdigung nicht die von ihr gewünschte Schlussfolgerung gezogen und die Erhebung einer auf das streitgegenständliche Verfahren bezogenen Verzögerungsrüge vor dem 28. Januar 2015 bejaht hat. Damit lässt sich der behauptete Gehörsverstoß nicht begründen. Denn das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten inhaltlich zu folgen (stRspr, vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 24. Juli 2014 - 1 B 10.14 - juris Rn. 9 und vom 15. August 2019 - 5 B 11.19 - juris Rn. 1, jeweils m.w.N.).

28 bb) An einer ordnungsgemäßen Geltendmachung der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör fehlt es auch, soweit die Beschwerde ihre im Rahmen des Tatbestandsberichtigungsantrags gemachte Bemerkung, das Ablehnungsgesuch des Klägers sei in der mündlichen Verhandlung verworfen worden, ohne dass ihm vorab konkret rechtliches Gehör gewährt worden sei, als Gehörsrüge verstanden wissen möchte. Die Beschwerde legt schon nicht - was in jedem Fall erforderlich gewesen wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D - juris Rn. 10 m.w.N.) - dar, was bei ausreichender Gehörsgewährung noch vorgebracht worden und inwiefern der weitere Vortrag zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung geeignet gewesen wäre.

29 cc) Ebenso fehlt es an einer ordnungsgemäßen Geltendmachung der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, soweit die Beschwerde vorträgt, die floskelhafte Begründung, mit der der Verwaltungsgerichtshof die Zulassung der Revision abgelehnt habe, verletze regelmäßig das gebotene rechtliche Gehör. Als Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO können nur solche Verfahrensmängel gerügt werden, die der Entscheidung der Vorinstanz zur Sache anhaften (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. April 2019 - 2 B 51.18 - juris Rn. 32 m.w.N.). Hierzu gehört die vorstehende Beanstandung nicht.

30 d) Aus demselben Grund geht auch der von der Beschwerde in diesem Zusammenhang behauptete Begründungsmangel (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) fehl.

31 e) Die Kritik der Beschwerde, die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, die Entschädigungsklage als unzulässig abzuweisen, verletze "die Grundrechte des Klägers auf Justizgewähr, wirksamen Rechtsschutz und rechtliches Gehör gemäß Art. 20 III, 19 IV und 103 GG" insbesondere bei gebotener Berücksichtigung der Bedeutung und Tragweite dieser Grundrechte und "der Grundrechte des Klägers gemäß den Art. 6 I und 13 EMRK", enthält mangels der erforderlichen, hinreichend substantiierten Darlegung eines derartigen Verstoßes keinen Anhaltspunkt für die Annahme eines die Revisionszulassung rechtfertigenden Verfahrensfehlers.

32 f) Weitere Verfahrensrügen werden von der Beschwerde auch bei wohlwollender Auslegung ihres Vorbringens jedenfalls nicht hinreichend substantiiert erhoben.

33 4. Von einer weiteren Begründung wird nach § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

34 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.

Beschluss vom 16.04.2020 -
BVerwG 5 B 15.20 DECLI:DE:BVerwG:2020:160420B5B15.20D0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 16.04.2020 - 5 B 15.20 D - [ECLI:DE:BVerwG:2020:160420B5B15.20D0]

Beschluss

BVerwG 5 B 15.20 D

  • VGH Kassel - 01.04.2019 - AZ: VGH 29 C 1497/17.E

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. April 2020
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Preisner
beschlossen:

  1. Die gegen den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß gerichteten Ablehnungsgesuche wegen Besorgnis der Befangenheit werden verworfen.
  2. Die Gegenvorstellung gegen die mit der Verfügung vom 7. April 2020 gesetzte Begründungsfrist wird abgelehnt.
  3. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 12. März 2020 wird zurückgewiesen.
  4. Der Kläger trägt die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens.

Gründe

1 Die Ablehnungsgesuche des Klägers sind unzulässig (1.). Die Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 12. März 2020 - 5 B 22.19 - hat keinen Erfolg. Das Verfahren ist nicht nach § 152a Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 VwGO fortzuführen (2.).

2 1. Die Ablehnungsgesuche sind unter Mitwirkung der abgelehnten Richter als unzulässig zu verwerfen. Den angekündigten Wiedereinsetzungsantrag und eine weitere Begründung der Ablehnungsgesuche musste der Senat nicht abwarten. Der Schriftsatz vom 15. April 2020 zeigt hinlänglich, dass der Kläger nicht schuldlos gehindert war, innerhalb der ihm gesetzten Frist zur Begründung der Ablehnungsgesuche vorzutragen. Die Gegenvorstellung gegen die mit der Verfügung vom 7. April 2020 gesetzte Begründungsfrist hat jedenfalls deshalb keinen Erfolg, weil der Vortrag des Klägers keinen Anlass zur Änderung dieser Verfügung gibt. Insbesondere teilt der Senat nicht die Auffassung des Klägers, dass die Verfügung "eine zu weitgehende Beschränkung des grundrechtlich gewährleisteten Zugangs zur gerichtlichen Prüfung in Bezug auf das ebenfalls grundrechtlich und in der EMRK gewährleiste Recht auf gesetzliche Richter" dargestellt habe.

3 Ein Ablehnungsgesuch nach § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 1 und 2 ZPO kann ausnahmsweise dann unter Mitwirkung der abgelehnten Richter als unzulässig verworfen werden oder überhaupt unberücksichtigt bleiben, wenn es sich als offenbarer Missbrauch des Ablehnungsrechts darstellt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 29. Januar 2014 - 7 C 13.13 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 76 Rn. 5 m.w.N.). Davon ist auszugehen, wenn geeignete Befangenheitsgründe weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht werden, vielmehr das Vorbringen des Antragstellers von vornherein ersichtlich ungeeignet ist, die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen. Das ist unter anderem der Fall, wenn das Gesuch rechtsmissbräuchlich ist, weil es offenbar grundlos ist oder nur der Verschleppung dient (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15. Juni 2015 - 1 BvR 1288/14 - juris Rn. 15 f.). Ein solcher Fall ist hier gegeben.

4 Der Kläger hat zu den von ihm in dem Schriftsatz vom 3. April 2020 angebrachten Ablehnungsgesuchen ausgeführt, die angefochtene Entscheidung begründe u.a. die Besorgnis, dass zu Sach- und Rechtsfragen, die auch einen Zusammenhang zu früheren, ebenfalls vom Senat unter Mitwirkung der abgelehnten Richter entschiedenen Verfahren aufwiesen, die erforderliche Unbefangenheit fehle. Mit diesem und dem in dem Schriftsatz des Klägers vom 15. April 2020 unterbreiteten Vorbringen werden schon im Ansatz keine Umstände aufgezeigt, die auf das Vorliegen von Befangenheitsgründen hinführen. Der Kläger bringt damit lediglich in ganz allgemeiner Form zum Ausdruck, dass er mit Entscheidungen in früheren Verfahren, die durch die abgelehnten Richter getroffen wurden, nicht einverstanden ist.

5 2. Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg, weil der Senat den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Den auch insoweit im Schriftsatz des Klägers vom 15. April 2020 angekündigten Wiedereinsetzungsantrag musste der Senat ebenfalls nicht abwarten. Der Kläger hat die Anhörungsrüge fristgerecht bei Gericht eingereicht und begründet. Die angekündigte nachträgliche Ergänzung einer fristgerechten Begründung der Anhörungsrüge kann nicht Gegenstand eines Wiedereinsetzungsantrags sein. Sie steht der Versäumung der Anhörungsrügefrist nicht gleich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D (5 C 10.15 D) - juris Rn. 34).

6 Nach § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten bei Vorliegen der Voraussetzung des § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO das Verfahren fortzuführen, wenn das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216>). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte dieser Pflicht nachgekommen sind (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.>). Die Gerichte sind allerdings nicht verpflichtet sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 5. Oktober 1976 - 2 BvR 558/75 - BVerfGE 42, 364 <368>). Es ist daher verfehlt, aus der Nichterwähnung einzelner Begründungsteile des Vorbringens in den gerichtlichen Entscheidungsgründen zu schließen, ein Gericht habe sich nicht mit den darin enthaltenen Argumenten befasst (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Beschlüsse vom 5. Oktober 1976 - 2 BvR 558/75 - BVerfGE 42, 364 <368> und vom 15. April 1980 - 1 BvR 1365/78 - BVerfGE 54, 43 <46>). Vielmehr sind in der Entscheidung nur diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Die Gerichte können sich auf die Darstellung und Würdigung derjenigen rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach ihrem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D (5 C 10.15 D) - juris Rn. 8 m.w.N.). Geht ein Gericht auf einzelne Teile des Vorbringens nicht ein, dokumentiert es damit in der Regel zugleich, dass es sie für rechtlich irrelevant hält (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D (5 C 10.15 D) - juris Rn. 8 m.w.N.). Insbesondere vermittelt der Anspruch auf rechtliches Gehör keinen Schutz davor, dass ein Gericht den Vortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Urteil vom 8. Juli 1997 - 1 BvR 1621/94 - BVerfGE 96, 205 <216>). Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten auch inhaltlich zu folgen (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D (5 C 10.15 D) - juris Rn. 9 m.w.N.).

7 Die eine entscheidungserhebliche Verletzung des rechtlichen Gehörs begründenden Umstände sind gemäß § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO vom Rügeführer substantiiert und schlüssig darzulegen. Er muss die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Möglichkeit einer derartigen Verletzung ableiten lässt. Was dazu im Einzelnen vorzutragen ist, bestimmt sich danach, auf welche Gründe die Anhörungsrüge gestützt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D (5 C 10.15 D) - juris Rn. 10 m.w.N.). Die Anhörungsrüge lässt sich nicht mit Einwendungen begründen, die in Wirklichkeit auf die Fehlerhaftigkeit der mit ihr angegriffenen Entscheidung zielen. Denn die Anhörungsrüge stellt keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung dar (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2017 - 5 C 5.17 D (5 C 10.15 D) - juris Rn. 11 m.w.N.).

8 Gemessen an diesen Grundsätzen ist der Rüge kein Erfolg beschieden.

9 a) Das gilt zunächst für den Einwand des Klägers, der Senat habe im Zusammenhang mit der Beurteilung der Erheblichkeit des festgestellten Verstoßes des Verwaltungsgerichtshofs gegen § 103 Abs. 2 VwGO "die zitierte Begründung zur Erheblichkeit nicht unter Berücksichtigung des gesamten Klägervortrags wohlwollend ausgelegt, sondern als 'bloße Behauptung' herabgewürdigt". Damit ist die Möglichkeit einer entscheidungserheblichen Gehörsverletzung nicht schlüssig dargetan.

10 Wie der Senat in dem Beschluss vom 12. März 2020 - 5 B 22.19 D - (Rn. 20) ausgeführt hat, ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Ein solcher ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird. Der Senat hat den einzigen Satz, mit dem die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers die Erheblichkeit des genannten Verfahrensmangels begründet hat, wörtlich in dem Beschluss vom 12. März 2020 - 5 B 22.19 D - (Rn. 22) zitiert und als nicht hinreichend substantiierte Behauptung gewertet. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs scheidet damit insoweit aus. Soweit er in diesem Zusammenhang auf weiteres Vorbringen des Klägers zu anderen Zulassungsgründen nicht eingegangen ist, hat der Senat damit zum Ausdruck gebracht, dass er dieses nicht zugleich als Darlegung der Erheblichkeit des hier in Rede stehenden Verfahrensfehlers angesehen hat. Dass der Kläger dies für eine Überspannung der Darlegungsanforderungen hält, zielt der Sache nach auf die Fehlerhaftigkeit des angegriffenen Beschlusses, begründet aber keinen Gehörsmangel. Auch stellt es von vornherein keine Überraschungsentscheidung dar, dass Verfahrensrügen aus Gründen mangelnder Darlegung unberücksichtigt bleiben, denn hiermit muss ein kundiger und gewissenhafter Verfahrensbeteiligter rechnen.

11 b) Ebenfalls erfolglos bleibt die Rüge, der Senat habe nicht zur Kenntnis genommen, dass der Kläger in dem in der Nichtzulassungsbeschwerde in Bezug genommenen Tatbestandsberichtigungsantrag die Ausführungen des angefochtenen Urteils zu dem vom Verwaltungsgerichtshof als bekannt bezeichneten prozessualen Verhalten des Klägers bestritten habe. Der Senat hat den Tatbestandsberichtigungsantrag in dem Beschluss vom 12. März 2020 (- 5 B 22.19 D - Rn. 25) erwähnt und nicht, wie der Kläger meint, dennoch angenommen, dass die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil unbestritten geblieben seien. Er hat vielmehr dieses Bestreiten gemessen an den Darlegungsanforderungen als unsubstantiiert angesehen. Ein Gehörsverstoß liegt damit nicht vor. Soweit der Kläger die diesbezüglichen Darlegungsanforderungen für überzogen hält und meint, damit würde eine vom Bundesverfassungsgericht "vertretene Begründungslast zu den erheblichen (hohen) Voraussetzungen für eine Zulässigkeit von Selbstentscheiden in Ausnahmefall umgekehrt in eine Begründungslast des Bf., dass die Voraussetzungen für einen Selbstentscheid im konkreten Fall nicht vorlagen", zielt er der Sache nach auf die Fehlerhaftigkeit des angegriffenen Beschlusses, begründet aber keinen Gehörsmangel. Zudem trifft auch die Ansicht des Klägers nicht zu, ein Gehörsmangel liege deswegen vor, weil der Senat nicht berücksichtigt habe, dass der erwähnte Tatbestandsberichtigungsantrag nicht beschieden worden sei. Richtig ist, dass der Verwaltungsgerichtshof den Tatbestandsberichtigungsantrag mit Beschluss vom 16. Juli 2019 abgelehnt hat.

12 c) Ohne Erfolg bleibt schließlich die Rüge des Klägers, der Senat habe im Zusammenhang mit der von der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfenen Grundsatzfrage, ob aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts herzuleiten sei, dass die Nichteinhaltung der Wartefrist des § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG auch in verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht zwingend zur Unzulässigkeit der Entschädigungsklage führe und eine Übergangsfrist einzuräumen sei, unbeschieden gelassen, warum die tragenden Erwägungen der Rechtsprechung zu § 75 VwGO nicht auch für die Beurteilung der Wartefrist nach § 198 Abs. 5 Satz 1 GVG gelten sollten. Weiterhin sei auch nicht berücksichtigt worden, dass sich das Bundesverwaltungsgericht erst nach der genannten Entscheidung des Bundessozialgerichts mit den Rechtsfolgen einer Nichteinhaltung der Wartefrist befasst habe.

13 Ein Gehörsverstoß ist damit schon deshalb nicht aufgezeigt, weil der Senat in seinem Beschluss vom 12. März 2020 - 5 B 22.19 D - (Rn. 8) auf das im Zusammenhang mit der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundessozialgerichts und mit § 75 VwGO stehende Vorbringen der Beschwerde eingegangen ist. Unbeschadet dessen hat der Senat in dem Beschluss vom 12. März 2020 - 5 B 22.19 D - (Rn. 9) die Grundsatzbedeutung der in Rede stehenden Frage des Klägers selbständig tragend ("Abgesehen davon ...") auch deswegen verneint, weil nicht dargelegt war, inwieweit die Frage nach einer solchen vergangenheitsbezogenen Übergangsregelung auch in verwaltungsgerichtlichen Verfahren noch Grundsatzbedeutung haben kann, obwohl sie keine Zukunftsbedeutung mehr hat und auch keine Anhaltspunkte für eine erhebliche Zahl von Altfällen vorgebracht sind, in denen sie sich noch entscheidungserheblich stellt. Bei einer solchen Mehrfachbegründung kann eine Anhörungsrüge nur Erfolg haben, wenn hinsichtlich jedes Begründungselements eine den Darlegungsanforderungen genügende und erfolgreiche Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs vorliegt. Das ist hier nicht der Fall. Der Anhörungsrüge ist nicht zu entnehmen, warum das genannte Begründungselement gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör verstoßen könnte.

14 3. Dem Vorbringen des Klägers ist auch im Übrigen keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör zu entnehmen. Das gilt auch, soweit Ausführungen im Schriftsatz vom 15. April 2020 als zulässige Vertiefung bereits fristgerecht geltend gemachter Rügen anzusehen sein sollten. Von einer weiteren Begründung wird in entsprechender Anwendung von § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

15 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.