Verfahrensinformation

VDE 8 - Eisenbahnplanfeststellung Hallstadt-Zapfendorf  


Die Beteiligten streiten um den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 30. Juli 2015 für den Ausbau der Strecke Nürnberg - Ebensfeld in dem Streckenabschnitt zwischen Hallstadt und Zapfendorf. Mit dem bereits weitgehend verwirklichten Vorhaben sollen die zwischen Hallstadt und Zapfendorf bestehenden Gleise der zweigleisigen Bestandsstrecke umgebaut und um zwei neue Gleise ergänzt werden. Die hiervon betroffenen Gemeinden Breitengüßbach, Rattelsdorf und Zapfendorf wehren sich gegen Lärmbeeinträchtigungen, durch die sie ihre Planungshoheit, gemeindliche Einrichtungen und ihr Eigentum beeinträchtigt sehen.


Pressemitteilung Nr. 59/2018 vom 06.09.2018

VDE 8.1 Nürnberg - Ebensfeld: Klagen gegen den Ausbau der Bahnstrecke im Abschnitt zwischen Hallstadt und Zapfendorf abgewiesen

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat drei Klagen abgewiesen, die gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes für das Vorhaben „Ausbaustrecke Nürnberg - Ebensfeld, Planfeststellungsabschnitt Hallstadt - Zapfendorf“ gerichtet waren. Kläger waren die Gemeinde Breitengüßbach und die Marktgemeinden Rattelsdorf und Zapfendorf.


Der Planfeststellungsbeschluss sieht vor, die zwischen Hallstadt und Zapfendorf vorhandene zweigleisige Strecke umzubauen und um zwei neue Gleise zu ergänzen. Die Ortslagen in Breitengüßbach und Zapfendorf sollen durch Schallschutzwände geschützt werden. Darüber hinaus ist zur Schallminderung für den gesamten Abschnitt die Maßnahme „Besonders überwachtes Gleis" angeordnet.


Die Klagen, mit denen sich die Gemeinden gegen die von dem Vorhaben ausgehenden Lärmbeeinträchtigungen wehren, blieben ohne Erfolg. Ihre Einwendungen gegen die dem Lärmschutzkonzept zugrunde liegende Berechnung der Beurteilungspegel sind unbegründet. Insbesondere durfte die Schalltechnische Untersuchung mangels einer belastbaren Prognose der Güterzuglängen auf der Grundlage der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes in der hier maßgeblichen Fassung von 1990 (16. BImSchV) eine durchschnittliche Güterzuglänge von 500 m ansetzen.


Danach sind die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV auf den der Gemeinde Breitengüßbach gehörenden Grundstücken im Ortsteil Unteroberndorf nicht überschritten. Ebenso wenig ist ihre Planungshoheit beeinträchtigt. Soweit sie beanstandet, im Gebiet ihres Bebauungsplans „Am Sandweg" seien drei Grundstücke einer falschen Gebietsart zugeordnet und im Gebiet des Bebauungsplans „Im Klingen" sei für ein Grundstück zu Unrecht kein passiver Schallschutz vorgesehen, geht es um private Belange einzelner Bürger; diese kann die Gemeinde nicht geltend machen. Für eine nachhaltige Störung ihrer Planungen ist nichts ersichtlich.


Die Marktgemeinde Rattelsdorf hat sich mit der Klage gegen die Lärmbeeinträchtigung ihres Campingplatzes am Ebinger See gewandt. Der Planfeststellungsbeschluss hat dem Campingplatz die Schutzwürdigkeit eines Misch- oder Dorfgebiets, nicht aber eines allgemeinen Wohngebiets zuerkannt. Das ist nach den örtlichen Verhältnissen des Campingplatzes und insbesondere angesichts der Vorbelastungen durch die Bestandsstrecke sowie die Autobahn nicht zu beanstanden. Die danach zu beachtenden Immissionsgrenzwerte werden deutlich unterschritten.


Entgegen dem Vortrag der Marktgemeinde Zapfendorf verstößt der Planfeststellungsbeschluss auch nicht gegen das Gebot, die Eisenbahnplanung dem Flächennutzungsplan anzupassen (§ 7 BauGB). Ihr Flächennutzungsplan stellt für die Bahn eine Verkehrsfläche und in deren Nähe eine Wohnbaufläche dar. Die Bahnstrecke ist auf der Verkehrsfläche geplant. Dass der Vorhabenträger über die immissionsschutzrechtlichen Vorschriften hinaus Schallschutz auch für eine Fläche vorsehen muss, die weder bebaut noch verbindlich durch einen Bebauungsplan als Wohngebiet festgesetzt ist, ergibt sich aus der Darstellung einer Wohnbaufläche im Flächennutzungsplan nicht. Auch im Rahmen der Abwägung bestand im Verhältnis zur Gemeinde kein Anlass, Schallschutz für die Wohnbaufläche in Erwägung zu ziehen. Eine alternative Streckenführung, mit der dem Interesse der Gemeinde an einem Schutz ihrer Planungen vor Lärm hätte Rechnung getragen werden können, kommt nicht in Betracht. Soweit die Gemeinde die Wohnbaufläche nicht durch eine verbindliche Festsetzung von Wohngebieten konkretisiert hatte, war ein Grund für Schallschutzwände nicht ersichtlich. Durch den Bebauungsplan Zapfendorf Süd II hatte sie zwar einen Teil der Wohnbaufläche zu einem Wohngebiet entwickelt. Dort werden die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV aber selbst unter Berücksichtigung der von der verlegten Staatsstraße 2197 (Kreisverkehr) ausgehenden Straßenverkehrsgeräusche nur auf wenigen Grundstücken und nur in der Nacht in geringem Maß überschritten. Eine nachhaltige Störung der kommunalen Planung ist damit nicht verbunden.


BVerwG 3 A 11.15 - Urteil vom 06. September 2018

BVerwG 3 A 14.15 - Urteil vom 06. September 2018

BVerwG 3 A 15.15 - Urteil vom 06. September 2018


Urteil vom 06.09.2018 -
BVerwG 3 A 11.15ECLI:DE:BVerwG:2018:060918U3A11.15.0

Ausbaustrecke Nürnberg - Ebensfeld, Planfeststellungsabschnitt Hallstadt - Zapfendorf

Leitsatz:

Bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung eines Schienenwegs kann eine Gemeinde als Eigentümerin von Grundstücken ebenso wie ein privater Grundstückseigentümer Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche nach Maßgabe der §§ 41, 43 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG und der 16. BImSchV verlangen (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung).

  • Rechtsquellen
    GG Art. 28 Abs. 2 Satz 1
    AEG § 18 Satz 2, § 18e Abs. 5
    VerkPBG § 5 Abs. 3
    UmwRG a.F. § 4a Abs. 1, § 5 Abs. 1
    UmwRG §§ 6, 8 Abs. 1
    VwGO § 87b Abs. 3
    BImSchG § 3 Abs. 1, §§ 41, 43 Abs. 1
    16. BImSchV a.F. § 3, Anlage 2 (zu § 3)
    16. BImSchV § 2 Abs. 1 und 3, § 4 Abs. 3 Satz 1
    24. BImSchV § 2 Abs. 4 Nr. 2

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 06.09.2018 - 3 A 11.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2018:060918U3A11.15.0]

Urteil

BVerwG 3 A 11.15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 23. August 2018
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wysk,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß und Dr. Kenntner
am 6. September 2018 für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe

I

1 Die Klägerin, eine bayerische Gemeinde, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 30. Juli 2015 für das Vorhaben "Ausbaustrecke Nürnberg - Ebensfeld, Planfeststellungsabschnitt Hallstadt - Zapfendorf, Bau-km 2,408 bis km 15,100" (PFA 23/24).

2 Die Ausbaustrecke Nürnberg - Ebensfeld ist Teil des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 8 ("Ausbau-/Neubaustrecke Nürnberg - Erfurt - Leipzig/Halle - ‌Berlin"), das im Bundesverkehrswegeplan 1992 dem vordringlichen Bedarf zugewiesen und 1993 in den Bedarfsplan des Bundesschienenwegeausbaugesetzes aufgenommen wurde. Der Planfeststellungsbeschluss sieht vor, die zwischen Hallstadt und Zapfendorf bestehende zweigleisige Strecke umzubauen und um zwei neue Gleise zu ergänzen. Zwischen Hallstadt und Breitengüßbach - OT Unteroberndorf soll auf beiden Seiten der Bestandstrasse je ein für den Hochgeschwindigkeitsverkehr geeignetes Gleis neu gebaut werden. Im nördlichen Bereich von Breitengüßbach - OT Unteroberndorf soll das östliche Neubaugleis die Bestandsgleise mittels eines Überwurfbauwerks höhenfrei queren. Im weiteren Verlauf befinden sich die Neubaugleise westlich entlang der Bestandstrasse, bis sie - außerhalb des Planfeststellungsabschnittes - nördlich von Ebensfeld abschwenken (Neubaustrecke Ebensfeld - Erfurt).

3 Auf Antrag der Rechtsvorgängerin der Vorhabenträger wurde am 3. April 1996 das Planfeststellungsverfahren bei der Anhörungsbehörde eingeleitet. Nach Durchführung des Anhörungsverfahrens und kleineren Planänderungen ruhte das Planfeststellungsverfahren. Im März 2013 reichten die Vorhabenträger Unterlagen zur so genannten 1. Planänderung ein und beantragten, das Planfeststellungsverfahren fortzuführen. Die Änderungen betrafen in Breitengüßbach insbesondere die Ausführung des Überwurfbauwerks und die Schallschutzwände. Die Planunterlagen wurden im September und Oktober 2013 erneut öffentlich ausgelegt. Nach zwei weiteren Planänderungen stellte das Eisenbahn-Bundesamt mit Beschluss vom 30. Juli 2015 den Plan für das Vorhaben fest, erteilte wasserrechtliche Erlaubnisse und ordnete Vorkehrungen zum Schutz vor Lärm und Erschütterungen an.

4 Dem Lärmschutzkonzept liegt ein Betriebsprogramm zugrunde, nach dem im Jahr 2025 auf der ausgebauten Strecke mit insgesamt 192 Güterzügen täglich (96 tags/96 nachts) zu rechnen ist. Deren mittlere Länge wird mit 500 m angenommen. Der Planfeststellungsbeschluss ordnet als aktiven Schallschutz für den gesamten Planungsabschnitt das Verfahren "Besonders überwachtes Gleis" (BüG) an. Des Weiteren sind im Bereich von Breitengüßbach beidseits und in der Mitte der Gleisanlagen Schallschutzwände festgesetzt.

5 Mit ihrer Klage wehrt sich die Klägerin gegen Lärmbeeinträchtigungen, von denen weite Teile des Gemeindegebiets betroffen seien, darunter drei in ihrem Eigentum stehende Grundstücke in Unteroberndorf. Dabei handele es sich um eine Gaststätte, deren Obergeschoss zu Wohnzwecken genutzt werde (FlSt.-Nr. ...), ihr Feuerwehrgerätehaus (FlSt.-Nr. ...) und eine Kapelle (FlSt.-Nr. ...). Anders als geschehen sei für die Lärmprognose von Güterzügen mit einer Länge von 700 m auszugehen. Auch seien 20 Güterzüge mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h zu berücksichtigen. Das führe aufgerundet zu einem um 2 dB höheren Emissionspegel. Ferner seien Züge zu berücksichtigen, die an weniger als drei Tagen in der Woche verkehrten. Für das Überwurfbauwerk bei Unteroberndorf fehle eine schalltechnisch optimierte Standortprüfung. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb der Überwurf nicht an einem anderen, bebauungsfernen Ort oder aber in Troglage realisiert werde. Eine Abschirmung des Schienenlärms sei nur bedingt möglich. Auch sei ein Zuschlag anzusetzen, der sich an einer Brücke gleichen Typs ausrichte. Der im Planfeststellungsbeschluss berücksichtigte Schienenbonus führe zu einer Zweiklassengesellschaft und sei zumindest zweifelhaft. Das gelte auch hinsichtlich der Spitzenpegel, auf die nicht abgestellt werde; das entspreche nicht mehr dem Stand der Technik. Die wegen Anordnung des BüG angenommene Lärmminderung bedürfe näherer Erläuterung, ihre Modalitäten müssten festgeschrieben werden. In der Praxis habe sich gezeigt, dass das Schleifen der Schienen nur unzureichend durchgeführt werde. Gesundheitsgefährdungen durch Schleifpartikel und Schleiflärm sei entgegenzuwirken. Zur Überwachung sei eine Lärmmessstation einzurichten; über die Messungen müsse sie informiert werden. Die Begrenzung der transparenten Anteile der Schallschutzwände in Breitengüßbach sei nicht nachvollziehbar.

6 Darüber hinaus macht die Klägerin geltend, der Planfeststellungsbeschluss lasse mit Blick auf passiven Schallschutz die in dem 2008 neu ausgewiesenen Baugebiet "Am Klingen I" vorhandene Wohnnutzung zu Unrecht unberücksichtigt. Der zeitliche Abstand zwischen der ursprünglichen Planung und der Änderungsplanung sei zu groß, als dass § 2 Abs. 4 Nr. 2 der 24. BImSchV anwendbar sei. Im Gebiet des Bebauungsplans "Am Sandweg" seien drei Grundstücke bei der Schalltechnischen Untersuchung unzutreffend einem Mischgebiet anstatt einem Wohngebiet zugeordnet worden. Hiervon sei sie in ihrer Planungshoheit betroffen.

7 Die Klägerin beantragt,
den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Juli 2015 aufzuheben,
hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, über eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

8 Die Beklagte und die Beigeladenen beantragen,
die Klage abzuweisen.

9 Sie treten dem Vorbringen der Klägerin in der Sache entgegen und machen geltend, sie habe die Klagebegründungsfrist versäumt.

II

10 Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO.

11 A. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus § 5 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz vom 16. Dezember 1991 - VerkPBG - (BGBl. I S. 2174), zuletzt geändert durch Art. 464 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474), i.V.m. § 1 Nr. 10 Fernverkehrswegebestimmungsverordnung vom 3. Juni 1992 (BGBl. I S. 1014), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 14. April 2003 (BGBl. I S. 529). Der planfestgestellte Abschnitt der Ausbaustrecke Nürnberg - Ebensfeld ist Teil des Verkehrsweges Erfurt - Lichtenfels - Nürnberg zwischen der Landesgrenze Thüringen und Nürnberg. Das Verfahren ist nach den Bestimmungen des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes zu Ende zu führen, da das Planfeststellungsverfahren vor Ablauf des 16. Dezember 2006 nach den Vorschriften dieses Gesetzes begonnen worden ist (§ 11 Abs. 2 VerkPBG, § 39 Abs. 1 Satz 2 Allgemeines Eisenbahngesetz - AEG - vom 27. Dezember 1993 - BGBl. I S. 2378, 2396; berichtigt BGBl. I 1994 S. 2439 - in der Fassung von Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes vom 9. Dezember 2006, BGBl. I S. 2833).

12 Die Anfechtungs- und hilfsweise Verpflichtungsklage ist zulässig, insbesondere ist die Klägerin klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Gemeinden können ebenso wie private Grundstückseigentümer zur Sicherung der Benutzung ihres Grundeigentums geltend machen, dass es unzumutbaren Lärmeinwirkungen ausgesetzt sein werde (BVerwG, Beschluss vom 17. März 1992 - 4 B 230.91 - Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 3 m.w.N.). Eine Verletzung ihres diesbezüglichen Abwehr- und Schutzanspruchs lässt sich auf der Grundlage des Vorbringens der Klägerin im Hinblick auf ihre Grundstücke im Ortsteil Unteroberndorf nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausschließen.

13 B. Die Klage ist unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an Fehlern, die zu seiner Aufhebung oder - im Sinne des Hilfsantrags - zu der Verpflichtung führen könnten, den Planfeststellungsbeschluss zu ergänzen.

14 I. Dem Erfolg der Klage steht nicht bereits entgegen, dass die Klägerin mit ihrem Vorbringen präkludiert wäre, weil sie die Klage nicht rechtzeitig begründet hat. Das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz verpflichtet die Klägerin, innerhalb einer Frist von sechs Wochen die Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren sie sich beschwert fühlt; § 87b Abs. 3 VwGO gilt entsprechend (§ 5 Abs. 3 VerkPBG). Die Frist beginnt mit Erhebung der Klage (BVerwG, Urteile vom 18. Februar 1998 ‌- 11 A 6.97 - Buchholz 310 § 87b VwGO Nr. 3 und vom 30. August 1993 ‌- 7 A 14.93 - Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 23). § 18e Abs. 5 AEG und § 4a Abs. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG - in der bei Klageerhebung geltenden Fassung der Neubekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 753) enthalten entsprechende Regelungen. Da die Klägerin am 17. September 2015 Klage erhoben hat, hätte diese spätestens am 29. Oktober 2015 begründet werden müssen. Eingegangen ist die Klagebegründung jedoch erst am darauf folgenden Montag, dem 2. November 2015.

15 Die Versäumnis der Klagebegründungsfrist führt gleichwohl nicht zur Präklusion entsprechend § 87b Abs. 3 VwGO. Das Gericht kann verspätetes Vorbringen nur zurückweisen, wenn seine Zulassung nach seiner freien Überzeugung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde (§ 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Zwar kommt es für die Feststellung einer Verzögerung allein darauf an, ob der Prozess bei Zulassung des verspäteten Vorbringens länger dauern würde als bei dessen Zurückweisung. Ob der Rechtsstreit bei rechtzeitigem Vorbringen ebenso lange gedauert hätte, ist unerheblich, es sei denn, dies wäre offenkundig (BVerwG, Urteil vom 15. September 1999 - 11 A 22.98 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 17 m.w.N.). So liegen die Dinge jedoch hier. Angesichts der geringfügigen Überschreitung der Frist und dem Verfahrensgang ist offensichtlich auszuschließen, dass die Säumnis zu einer Verzögerung geführt haben könnte. Darauf, ob die Verspätung entschuldigt ist (§ 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO), kommt es daher nicht an.

16 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gesetz zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vom 29. Mai 2017 (BGBl. I S. 1298). Die Neufassung des § 6 UmwRG durch Art. 1 Nr. 5 dieses Gesetzes hat einerseits die Klagebegründungsfrist auf zehn Wochen ab Klageerhebung verlängert, andererseits die Rechtsfolgen verschärft. Nach Fristablauf vorgebrachte Erklärungen und Beweismittel sind - gemäß § 6 Satz 2 UmwRG - ungeachtet einer Verzögerung nur noch zuzulassen, wenn die Verspätung genügend entschuldigt ist (§ 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Die bisherige Überleitungsvorschrift (§ 5 Abs. 1 UmwRG in der Fassung vom 20. November 2015 - BGBl. I S. 2069 -, zuvor § 5 Abs. 4 UmwRG in der Fassung vom 21. Januar 2013 - BGBl. I S. 95), mit der bezogen auf die damalige Regelung eine Rückwirkung ausgeschlossen wurde, findet sich nunmehr in § 8 Abs. 1 UmwRG und sieht vor, dass der neu gefasste § 6 UmwRG für Rechtsbehelfe gilt, die nach dem 28. Januar 2013 erhoben worden sind. Die Neufassung des § 6 UmwRG wurde mit der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses (BT-Drs. 18/12146 S. 3, 16) in den Gesetzentwurf (BT-Drs. 18/9526) eingefügt, ohne dass eine Auseinandersetzung mit den Problemen einer rückwirkenden Anwendung ersichtlich wäre. Selbst wenn aber von einer Rückwirkung auszugehen wäre, wäre diese für die am 2. November 2015 eingegangene Klagebegründung unerheblich, weil die zehnwöchige Frist eingehalten wäre.

17 II. Eine Gemeinde kann sich im Rechtsstreit gegen einen Planfeststellungsbeschluss auf das aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG folgende gemeindliche Selbstverwaltungsrecht, insbesondere ihre Planungshoheit, und auf ihr zivilrechtlich geschütztes Eigentum berufen. Diese Rechte vermitteln ihr allerdings keinen Anspruch auf Vollüberprüfung des Planfeststellungsbeschlusses. Auch eine enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses führt nicht zu dem aus Art. 14 Abs. 3 Satz 1 GG hergeleiteten Anspruch auf vollumfängliche Prüfung, da die Gemeinde nicht Trägerin des Grundrechts aus Art. 14 Abs. 1 GG ist. Eine Gemeinde ist im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes zudem nicht befugt, als Sachwalterin von Rechten Dritter oder des Gemeinwohls Lärmschutzinteressen oder sonstige Belange ihrer Bürger geltend zu machen (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - 4 A 4.15 [ECLI:​DE:​‌BVerwG:​2016:​151216U4A4.15.0] - BVerwGE 157, 73 Rn. 13 m.w.N. und vom 9. November 2017 - 3 A 2.15 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2017:​091117U3A2.15.0] - juris Rn. 26).

18 Soweit die Klägerin allgemein, d.h. ohne Bezug zu ihrem Eigentum, ihrer Planungshoheit oder einem anderen Recht als Gemeinde geltend macht, weite Teile des Gemeindegebiets seien von Lärmbeeinträchtigungen betroffen, kann dies deshalb mangels einer Verletzung eigener Rechte ebenso wenig zum Erfolg der Klage führen, wie das Vorbringen, mangels Einsatzes innovativer Schallschutzmaßnahmen würde bei rund 30 % der betroffenen Wohneinheiten der Nachtgrenzwert nicht eingehalten und es sei versäumt worden, Pegelüberschreitungen in den Außenwohnbereichen zu ermitteln sowie einzelne Fassaden zu betrachten. Aus dem gleichen Grund kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, es sei kein behindertengerechter Zugang zu den Nahverkehrszügen gewährleistet. Zwar sieht das Behindertengleichstellungsgesetz ein Verbandsklagerecht vor, das sich auch auf die Verpflichtung der Eisenbahnunternehmen bezieht, Programme zur Gestaltung von Bahnanlagen und Fahrzeugen mit dem Ziel zu erstellen, eine möglichst weitreichende Barrierefreiheit zu erreichen (§ 2 Abs. 3 Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung, EBO, § 8 Abs. 2 Satz 1 und § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen - Behindertengleichstellungsgesetz, BGG; vgl. BVerwG, Urteil vom 5. April 2006 - 9 C 1.05 - BVerwGE 125, 370 Rn. 26). Die Klägerin ist jedoch kein anerkannter Verband im Sinne von § 15 Abs. 3 BGG. Auch das Bayerische Behindertengleichstellungsgesetz geht darüber nicht hinaus (Art. 10 Abs. 2 und Art. 15 des Bayerischen Gesetzes zur Gleichstellung, Integration und Teilhabe von Menschen mit Behinderung - Bayerisches Behindertengleichstellungsgesetz, BayBGG). Im Übrigen sind nach dem Planfeststellungsbeschluss die Bahnsteigzugänge in Breitengüßbach gemäß den Vorgaben des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur barrierefrei auszubauen. Der Erläuterungsbericht sieht dafür einen Aufzug zum Inselbahnsteig vor. Nichts anderes gilt für die Rüge, die Begrenzung der transparenten Anteile der Schallschutzwand sei nicht nachvollziehbar. Weder kann sich die Gemeinde - wie geschehen - darauf berufen, dass die betroffene Bevölkerung ungleich behandelt werde, noch ist im Übrigen eine Rechtsverletzung der Klägerin dargetan. Insbesondere ist auch nicht dargelegt oder sonst ersichtlich, dass das Ortsbild erheblich beeinträchtigt würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. April 2018 - 3 A 10.15 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2018:​120418U3A10.15.0] - juris Rn. 23 m.w.N.).

19 III. Der Planfeststellungsbeschluss verletzt keine dem Schutz der Klägerin dienende Vorschrift des zwingenden Rechts. Die zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche geltenden Immissionsgrenzwerte werden auf den Grundstücken der Klägerin eingehalten.

20 1. Bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung von Eisenbahnen ist sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Das gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahmen außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden. Schädliche Umwelteinwirkungen sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 41 und § 3 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz - BImSchG - neugefasst durch Bekanntmachung vom 17. Mai 2013 - BGBl. I S. 1274 - in der maßgeblichen, bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden, zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes vom 20. November 2014 - BGBl. I S. 1740 - geänderten Fassung).

21 Mit der 16. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - 16. BImSchV - hat der Verordnungsgeber auf der Grundlage von § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG Vorschriften über bestimmte Grenzwerte erlassen, die zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche nicht überschritten werden dürfen, sowie über das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen oder Immissionen. Mit dem planfestgestellten Ausbau ist eine wesentliche Änderung eines Schienenwegs der Eisenbahn verbunden und damit der Anwendungsbereich der 16. BImSchV eröffnet, weil die Bestandsstrecke um mehrere durchgehende Gleise baulich erweitert wird (§ 1 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 16. BImSchV). Anzuwenden ist hier die 16. BImSchV noch in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung vom 12. Juni 1990 (BGBl. I S. 1036), die in ihrer Anlage 2 die Berechnung der Beurteilungspegel bei Schienenwegen regelt. Ihre Geltung folgt aus § 4 Abs. 3 Satz 1 der 16. BImSchV in der ab dem 1. Januar 2015 geltenden Fassung (Art. 1 der Verordnung vom 18. Dezember 2014 - BGBl. I S. 2269). Nach dieser Vorschrift ist § 3 i.V.m. Anlage 2 der 16. BImSchV in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung für Abschnitte von Vorhaben weiter anzuwenden, für die das Planfeststellungsverfahren bis zum 31. Dezember 2014 bereits eröffnet und die Auslegung des Plans öffentlich bekannt gemacht worden ist. Das ist hier 1996 geschehen. Aber selbst wenn aufgrund des langen Ruhens des Verfahrens, wie von der Klägerin verlangt, auf die erneute öffentliche Bekanntmachung im Zuge der 1. Planänderung im Jahr 2013 abzustellen wäre, würde sich an den maßgeblichen Berechnungsvorschriften nichts ändern. Hingegen kommt es auf die 3. Planänderung nicht an. Sie wurde zwar erst nach dem Stichtag am 6. Februar 2015 beantragt. Es handelt sich jedoch um ein Planänderungsverfahren (§ 18 Satz 3 AEG, § 73 Abs. 8 VwVfG), das die Identität des Vorhabens unberührt gelassen hat. Die Änderungen waren von untergeordneter Bedeutung; sie betrafen in Breitengüßbach insbesondere den Neu- und Rückbau zweier bauzeitlicher Transport- und Umleitungswege (PFB S. 114). Von einer faktischen Neuplanung kann keine Rede sein.

22 Auf diese hier maßgeblichen immissionsschutzrechtlichen Bestimmungen kann sich die klagende Gemeinde als Eigentümerin von Grundstücken im Einwirkungsbereich der planfestgestellten Ausbaustrecke berufen. Zum Begriff der Nachbarschaft im Sinne von §§ 3 Abs. 1, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG, § 2 Abs. 1 16. BImSchV zählen auch Grundstücke, die im Eigentum einer Gemeinde stehen. Bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung eines Schienenweges kann eine Gemeinde als Eigentümerin von Grundstücken ebenso wie ein privater Grundstückseigentümer Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche nach Maßgabe der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG und der 16. BImSchV verlangen (BVerwG, Beschluss vom 17. März 1992 - 4 B 230.91 - Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 3, Urteil vom 12. April 2018 - 3 A 10.15 - juris Rn. 27).

23 2. Die für ihre Grundstücke zu beachtenden Immissionsgrenzwerte nach der 16. BImSchV werden eingehalten.

24 a) Die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Schalltechnische Untersuchung hat auf der Grundlage der Anlage 2 zu § 3 16. BImSchV 1990 und des Betriebsprogramms der Beigeladenen für zahlreiche repräsentative Orte entlang der Ausbaustrecke die jeweiligen Beurteilungspegel berechnet. Darüber hinaus haben die Beigeladenen für das mit einer Gaststätte bebaute Grundstück (FlSt.-Nr. ...), das im Obergeschoss zu Wohnzwecken genutzt wird, und das Grundstück des Feuerwehrgerätehauses (FlSt.-Nr. ...) zusätzliche Berechnungen vorgelegt.

25 Für die Gaststätte ist nach diesen Berechnungen mit Beurteilungspegeln von 45 dB/Tag und 47 dB/Nacht auszugehen (EG und OG1). Dem entsprechen die Berechnungen der Schalltechnischen Untersuchung. Für die der Gaststätte nächstgelegenen und näher an der Emissionsquelle befindlichen Berechnungspunkte ergeben sich im ungünstigsten Fall Beurteilungspegel von 46 dB/Tag und 49 dB/Nacht (Berechnungspunkte BK100 und BK105 - OG2). Damit werden selbst die Immissionsgrenzwerte eines Wohngebietes (59 dB Tag / 49 dB Nacht) für das im unbeplanten Innenbereich gelegene und unbestritten einem Mischgebiet (64 dB Tag / 54 dB Nacht) zugeordnete Grundstück eingehalten. Gleiches gilt für das rund 50 m nördlich hiervon gelegene Feuerwehrgerätehaus. Für dieses haben die Beigeladenen Immissionswerte von 45 dB Tag / 48 dB Nacht berechnet, was gleichfalls mit den Beurteilungspegeln der genannten Immissionsorte korreliert. Ob das Feuerwehrgerätehaus von der Festsetzung eines allgemeinen Wohngebiets im Bebauungsplan "Am Sandweg" erfasst wird, was nach den vorliegenden Unterlagen durchaus zweifelhaft ist, bedarf daher keiner näheren Betrachtung. Es ist im Übrigen nicht zu übersehen, dass die Nutzung des Feuerwehrgerätehauses für abendliche Versammlungen nur gelegentlich erfolgt und nicht der zum Schutz der Nachbarschaft nachts geltenden, herabgesetzten Grenzwerte bedarf (§ 2 Abs. 1 und 3 16. BImSchV).

26 Schließlich lässt sich auch für die im Kreuzungsbereich von Unteroberndorfer Straße und Kapellenstraße befindliche Kapelle keine rügefähige Überschreitung der Immissionsgrenzwerte feststellen. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass jenseits der Betroffenheit des allgemeinen Publikumsverkehrs irgendjemand den dortigen Immissionen dauerhaft ausgesetzt wäre. Das hat auch die Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht behauptet. Ungeachtet dessen ergibt eine vergleichende Betrachtung des Beurteilungspegels am südlich gelegenen Berechnungspunkt BK097 (48 dB Tag / 50 dB Nacht), dass die hier unbestritten zugrunde zu legenden Grenzwerte eines Mischgebiets (64 dB Tag / 54 dB Nacht) nicht überschritten werden. Das gilt selbst bei einer vergleichenden Betrachtung mit dem nördlich und wegen des Überwurfbauwerks ungünstiger gelegenen Berechnungspunkts BM062 (50 dB Tag / 53 dB Nacht). Angesichts der weit unterhalb der Grenzwerte liegenden Tageswerte bedürfen im Übrigen die Außenbereiche der Grundstücke auch nach den Ausführungen des von der Klägerin vorgelegten Gutachtens zur Plausibilitätsprüfung der schalltechnischen Berechnungsgrundlagen (Fa. ..., 8. Oktober 2013, S. 12 f., 17) keiner näheren Betrachtung.

27 b) Die gegen die Berechnungen der Schalltechnischen Untersuchung gerichteten Einwendungen sind unbegründet.

28 aa) Entgegen dem Vorbringen der Klägerin durften die Schalltechnische Untersuchung und ihr folgend der Planfeststellungsbeschluss von einer mittleren Güterzuglänge von 500 m ausgehen. Die Berechnungsvorschriften der Anlage 2 zu § 3 16. BImSchV 1990 für den die Zuggeschwindigkeiten und -längen betreffenden Korrekturfaktor Dsehen vor, dass in Fällen, in denen die tatsächlichen Zuglängen nicht bekannt sind, die Längen der Tabelle B entnommen werden können. Diese gibt die mittlere Zuglänge eines Güterzugs im Fernverkehr mit 500 m an. Danach sind der Berechnung der Beurteilungspegel die tatsächlichen Zuglängen zugrunde zu legen, soweit sie bekannt sind, sich also tatsächlich belastbar vorhersehen lassen. Fehlt es an hinreichend belastbaren tatsächlichen Erkenntnissen, darf die Berechnung auf die in der Tabelle B genannten mittleren Zuglängen als normative Festlegung des Verordnungsgebers zurückgreifen. So verhält es sich hier.

29 Die Klägerin beruft sich auf Verkehrsdaten, die ein Mitarbeiter der Deutsche Bahn AG per E-Mail einem von der Klägerin beauftragten Sachverständigen übersandt hat. Darin wird die Güterzuglänge mit 700 m angegeben. Soweit die E-Mail auf den Bundesverkehrswegeplan Bezug nimmt, lassen sich diesem keine konkreten Erkenntnisse entnehmen. Die Beigeladenen haben bereits im Erörterungstermin im Juni 2014 darauf hingewiesen, dass es keine Datenlage gebe, wie lang die Züge im Einzelfall seien. Auch ist nicht zu übersehen, dass angesichts einer Infrastruktur, die auf Zuglängen bis zu 740 m angelegt ist, eine mittlere Zuglänge von 700 m praktisch einer Maximalauslastung entspräche. Sie erscheint nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht realistisch. Der Sachbeistand der Beigeladenen R. hat überzeugend ausgeführt, dass der Güterzugverkehr im weiteren Streckenverlauf sowohl auf der Neubaustrecke durch den Thüringer Wald als auch auf der Bestandsstrecke über Lichtenfels, Kronach und Probstzella durch den Frankenwald erhebliche Steigungen zu bewältigen hat, die wegen der Grenzlasten der Lokomotiven die üblichen Güterzuglasten deutlich begrenzten. Das bedeute nicht, dass keine Güterzüge mit Längen von 700 m zu erwarten seien, etwa beim Leerwagenaustausch. Aufgrund der begrenzten Zuglasten sei aber auch von erheblich kürzeren Zügen auszugehen, weshalb eine von der Tabelle B abweichende Annahme einer mittleren Zuglänge von 700 m nicht zu begründen sei. Angesichts der Topographie seien auch Vergleiche mit anderen Strecken - etwa durch das Maintal - nicht tragfähig. Hierzu fügt sich, dass die Strecke zwar für den Personenverkehr (Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke) zum europäischen Kernnetz gehört, für den Güterverkehr hingegen nicht. Als Teil des Kernnetzes Güterverkehr ist die weiter östlich durch das Vogtland verlaufende Strecke Nürnberg - Marktredwitz - Hof - Leipzig ausgewiesen (Art. 38 ff. und Anhang I, 5.2 der Verordnung <EU> Nr. 1315/2013 vom 11. Dezember 2013 - ABl. L 348 S. 1).

30 Vor diesem Hintergrund müssen sich die Beklagte und die Beigeladenen nicht auf die Prognose einer mittleren Güterzuglänge von 700 m verweisen lassen. Mangels tatsächlich belastbarer Erkenntnisse ist es nicht zu beanstanden, dass die Schalltechnische Untersuchung und der Planfeststellungsbeschluss die mittlere Zuglänge eines Güterzugs im Fernverkehr nach Tabelle B der Anlage 2 zu § 3 16. BImSchV 1990 zugrunde gelegt haben.

31 bb) Der in diesem Zusammenhang geltend gemachte Einwand der Klägerin, 20 Güterzüge seien mit einer Geschwindigkeit von 120 km/h zu berücksichtigen, ist nicht weiter erheblich. Das der Schalltechnischen Untersuchung zugrunde liegende Betriebsprogramm berücksichtigt bereits eine Geschwindigkeit von 120 km/h für insgesamt 18 Güterzüge, 6 tags und 12 nachts. Darüber hinaus berücksichtigt es 4 Güterzüge nachts mit einer Geschwindigkeit von 160 km/h. Aber selbst wenn - wie hierzu geltend gemacht - von um 0,2 dB erhöhten Beurteilungspegeln auszugehen wäre, wären die für die Grundstücke der Klägerin zu beachtenden Grenzwerte nicht überschritten.

32 cc) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund der dem Betriebsprogramm beigefügten Fußnote, dass "Züge mit weniger als drei Verkehrstagen je Woche nicht berücksichtigt seien". Wie die Sachbeistände der Beigeladenen H. und R. in der mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, geht es dabei um wenige Einzelfälle saisonaler, im Wesentlichen auf Sonderreisezüge beschränkter Verkehre, die sich statistisch nicht niederschlagen.

33 dd) Es ist nicht zu beanstanden, dass der so genannte Schienenbonus berücksichtigt worden ist. Nach der Übergangsvorschrift des § 43 Abs. 1 Satz 2 ‌BImSchG in der Fassung des Elften Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 2. Juli 2013 (BGBl. I S. 1943) darf der Schienenbonus weiter angewandt werden, wenn das Planfeststellungsverfahren für den jeweiligen Abschnitt des Vorhabens - wie hier - vor dem 1. Januar 2015 eröffnet und die Auslegung des Plans bereits öffentlich bekannt gemacht worden war. Der Stichtag soll einen Interessenausgleich zwischen Lärmschutzbedürfnissen und Planungssicherheit für laufende oder in der Planung weit fortgeschrittene Vorhaben herstellen (BT-Drs. 17/11610 S. 10; BT-Drs. 17/13190). Dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Beim Übergang von einer älteren zu einer neueren Regelung steht ihm ein Gestaltungsspielraum zu. Er ist nur dann überschritten, wenn er nicht in sachgerechter Weise genutzt, insbesondere wenn ein Stichtag überhaupt oder sein Datum sachlich nicht vertretbar ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. Oktober 2015 - 2 BvR 413/15 [ECLI:​DE:​‌BVerfG:​2015:​rk20151007.2bvr041315] - NVwZ 2016, 56 Rn. 24 m.w.N.). Dafür ist nichts ersichtlich. Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass für die Erstellung von Lärmkarten und Lärmaktionsplänen die Lärmindizes gemäß § 2 der 34. BImSchV ohne Schienenbonus berechnet werden, folgt dies einer eigenen Regelung, ohne die sachliche Rechtfertigung der Übergangsregelung in Frage zu stellen. Auch im Übrigen ist die Anwendung des Schienenbonus rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, Urteile vom 8. September 2016 - 3 A 5.15 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2016:​080916U3A5.15.0] - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 Rn. 48 ff. und vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2017:​‌290617U3A1.16.0] - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 67 ff.).

34 ee) Es überschreitet nicht den Wertungs- und Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers, dass die Anlage 2 zu § 3 16. BImSchV 1990 zur Darstellung der Immissionsbelastung ausschließlich auf Beurteilungspegel, also bewertete Mittelungspegel abstellt (vgl. § 3 16. BImSchV, Schall 03 1990) und nicht zusätzlich Maximalschallpegel ("Spitzenpegel") berücksichtigt. Gerechtfertigt ist dies u.a. dadurch, dass in einen Mittelungspegel alle Schallanteile gemäß ihrer Stärke, Dauer und Häufigkeit eingehen und bei der Mittelung hohe Einzelpegel wesentlich stärker berücksichtigt werden als niedrige (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 61 ff., insb. Rn. 66). Ohne Erfolg wendet die Klägerin ein, diese Berechnungsmethode entspreche nicht mehr dem Stand der Technik. Innerhalb des Lärmschutzkonzepts für Verkehrswege nach §§ 41 ff. BImSchG sind nur Maßnahmen des Vorhabenträgers zur Vermeidung von Verkehrsgeräuschen am Stand der Technik zu messen (§ 41 Abs. 1 BImSchG). Der Verordnungsgeber hat bei der Ausübung seines normativen Ermessens die Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung zu berücksichtigen. Im Übrigen sind Mittelungs- bzw. Dauerschallpegel als geeignete Kenngrößen zur Beurteilung von Lärmwirkungen der Immissionen intermittierender Schallquellen anerkannt und auch international gebräuchlich. Für einen Ausnahmefall, in dem wegen der verfassungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle geboten sein könnte, zusätzlich die Maximalpegel zu betrachten, ist hier nichts ersichtlich.

35 ff) Das Verfahren "Besonders überwachtes Gleis" (BüG) gehört zu den anerkannten Schallminderungstechniken am Gleis, die der Einhaltung der Immissionsgrenzwerte des § 2 der 16. BImSchV dienen (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 79 ff. m.w.N.). Entsprechend der Forderung der Klägerin ist das Verfahren im Planfeststellungsbeschluss klar und eindeutig angeordnet (PFB S. 44 f.). Dabei wird ein Schallmesswagen eingesetzt, weshalb eine Messstation weder geboten noch zweckmäßig ist. Zu den Messprotokollen und sonstigen Messberichten, die dem Eisenbahn-Bundesamt vorzulegen sind, hat die Klägerin jedenfalls gemäß den Bestimmungen des Umweltinformationsgesetzes Zugang.

36 gg) Das Überwurfbauwerk wurde unstreitig mit dem standardisierten Zuschlag für Brücken in Höhe von 3 dB nach den Vorgaben der Anlage 2 zu § 3 16. BImSchV 1990 berücksichtigt. Die Forderung der Klägerin, zunächst auf eine vergleichbare Brücke und nach Fertigstellung auf Messungen abzustellen, findet in der 16. BImSchV 1990 keine Grundlage. Auch das von der Klägerin vorgelegte Gutachten zur Plausibilitätsprüfung der schalltechnischen Berechnungsgrundlagen geht davon aus, dass kein höherer Zuschlag zu berücksichtigen ist (Fa. ..., 8. Oktober 2013, S. 31, 34) und bestätigt im Übrigen, dass die Berechnung der Immissionspegel korrekt durchgeführt worden seien (S. 36).

37 IV. Der Planfeststellungsbeschluss verletzt die Klägerin auch nicht in ihrem Anspruch auf gerechte Abwägung ihrer eigenen Belange (§ 18 Satz 2 Allgemeines Eisenbahngesetz - AEG - vom 27. Dezember 1993 - BGBl. I S. 2378, 2396; berichtigt BGBl. I 1994 S. 2439 - in der maßgeblichen, bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden, zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes vom 28. Mai 2015 ‌- BGBl. I S. 824 - geänderten Fassung).

38 Eine Gemeinde kann, vergleichbar einem von dem Vorhaben mittelbar Betroffenen, eine gerichtliche Kontrolle der planerischen Abwägungsentscheidung nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und - wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung - der ihren Belangen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, kann sie demgegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 2017 - 3 A 2.15 - juris Rn. 34 m.w.N.).

39 1. Die Belange der Klägerin bezüglich des Lärmschutzes ihrer Grundstücke sind nicht abwägungsfehlerhaft unberücksichtigt geblieben.

40 Als abwägungserheblich kommen auch Lärmschutzbelange unterhalb der in den Immissionsgrenzwerten zum Ausdruck kommenden fachplanerischen Zumutbarkeitsschwellen in Betracht. Lärmbelastungen, die nicht nur als geringfügig einzustufen sind, sind abwägungserheblich (BVerwG, Urteile vom 29. Januar 1991 - 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <341 f.> und vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 190 m.w.N.). Wann eine Lärmbelastung in diesem Sinne abwägungserheblich ist, lässt sich allerdings nur im Einzelfall unter Einbeziehung der konkreten Gegebenheiten beurteilen. Dabei ist insbesondere auch die Vorbelastung und damit die Frage einer Verkehrslärmerhöhung zu berücksichtigen (BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 2003 - 4 BN 51.03 - BRS 66 Nr. 59 S. 295 f. und vom 20. Juli 2011 - 4 BN 22.11 - BRS 78 Nr. 71 S. 335).

41 Mit ihrem Vorbringen zum Überwurfbauwerk rügt die Klägerin, ihre Belange seien insoweit unberücksichtigt geblieben, als eine schalltechnisch optimierte Standortprüfung nicht durchgeführt und eine Troglage nicht erwogen worden sei. Der Standort des Überwurfbauwerks am nördlichen Rand von Unteroberndorf wurde im Rahmen der landesplanerischen Beurteilung untersucht. Ortslagen und sonstige Alternativstandorte wurden durch sie mittels Grobanalyse auf einer vorangegangenen Planungsebene verworfen. Maßgeblich war, dass sich das Bauwerk bei Unteroberndorf vergleichsweise unauffällig landschaftlich zwischen bestehender Bahnstrecke, Autobahndamm und im Osten den Hängen des Hölzla anordnen lasse. Mit der 1. Planänderung wurde das Überwurfbauwerk dahin optimiert, dass nicht die beiden mittleren Gleise der Bestandsstrecke, sondern das neue östliche Gleis die anderen Gleise in Höhenlage quert. Dabei wurde die lichte Höhe des Überwurfbauwerks etwas verringert und der Verlauf der Bestandsstrecke gegenüber ihrer bisherigen Höhenlage um bis zu 3 m abgesenkt. Im Zuge der Tektur wurden die Lärmschutzmaßnahmen im Bereich des Überwurfbauwerks verbessert. Insbesondere wurde die Schallschutzwand auf dem Überwurfbauwerk und östlich der übrigen Gleise um 204 m verlängert, womit in diesem Bereich die Immissionsgrenzwerte für alle Gebäude eingehalten werden. Gemessen an der Vorbelastung durch die Bestandsstrecke hat das zur Folge, dass eine Verschlechterung der Lärmbelastung für die Grundstücke der Gemeinde nicht zu erkennen ist. Der Sachbeistand der Beigeladenen H. hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Maßnahmen des aktiven Schallschutzes trotz der erhöhten Emissionen zu einer Verbesserung der Lärmbelastung in Unteroberndorf führen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Beklagte mit Blick auf die Lärmbelastung und damit die Grundstücke der Klägerin nicht weiter mit dem Überwurfbauwerk auseinander gesetzt hat und eine andere Trassierung aus Gründen des Lärmschutzes sowohl horizontal als auch vertikal verworfen hat. Das erfasst auch eine Troglage, die im Übrigen wegen der westlich angrenzenden (Bagger-)Seenlandschaft und des Mains ersichtlich wasserrechtlichen Bedenken ausgesetzt wäre.

42 2. Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht mit Blick auf die Planungshoheit der Klägerin an einem Abwägungsmangel.

43 a) Die gemeindliche Planungshoheit vermittelt nach ständiger Rechtsprechung eine wehrfähige, in die Abwägung einzubeziehende Rechtsposition gegen fremde Fachplanungen auf dem eigenen Gemeindegebiet, wenn das Vorhaben nachhaltig eine bestimmte Planung der Gemeinde stört, es wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung entzieht oder gemeindliche Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich beeinträchtigt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 ‌- 9 A 8.15 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2016:​280416U9A8.15.0] - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 170 Rn. 14 m.w.N.). Zudem ist die Planungshoheit betroffen, wenn ein Vorhaben die Umsetzung bestehender Bebauungspläne faktisch erschwert oder die in ihnen zum Ausdruck kommende städtebauliche Ordnung nachhaltig stört. Unter dieser Voraussetzung kann auch die Beeinträchtigung bereits verwirklichter Bebauungspläne einen abwägungserheblichen Belang darstellen (BVerwG, Urteil vom 28. November 2017 - 7 A 17.12 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2017:​‌281117U7A17.12.0] - Buchholz 445.5 § 12 WaStrG Nr. 3 Rn. 69).

44 b) Nach dem Vorbringen der Klägerin ist nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen, dass der Lageplan zum Schallschutz im Gebiet des Bebauungsplans "Am Sandweg" drei Grundstücke - zumindest teilweise - entgegen der Festsetzung des Bebauungsplans als Mischgebiet ausweist. Ein wesentlicher Teil des allgemeinen Wohngebiets ist hiervon jedoch nicht betroffen (vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 17. März 2005 - 4 A 18.04 - BVerwGE 123, 152 <157> und vom 6. November 2013 - 9 A 9.12 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 165 Rn. 22). Eine nachhaltige Störung der im Bebauungsplan zum Ausdruck gebrachten städtebaulichen Ordnung ist nicht dargelegt noch ersichtlich.

45 c) Nichts anderes gilt für den Bebauungsplan "Am Klingen I". Soweit sich die Klägerin auf passiven Schallschutz beruft, kann sie Rechte nur für eigene Grundstücke oder betroffene gemeindliche Einrichtungen geltend machen. Das trägt sie nicht vor. Die Klägerin ist auch nicht in ihrer Planungshoheit betroffen. Selbst wenn hier - wie sie geltend macht - § 2 Abs. 4 Nr. 2 der 24. BImSchV vom 4. Februar 1997 (BGBl. I S. 172, 1253, geändert durch Art. 3 der Verordnung vom 23. September 1997, BGBl. I S. 2329) wegen des Ruhens des Verfahrens nicht anwendbar wäre, wäre von dem dann in Betracht kommenden passiven Lärmschutz allenfalls ein Grundstück im räumlichen Umgriff des Bebauungsplans betroffen. Das berührt die Planungshoheit nicht. Im Übrigen besteht auch kein Grund, § 2 Abs. 4 Nr. 2 der 24. BImSchV nicht bezogen auf die Auslegung der Pläne im Jahr 1996 anzuwenden. Nach der Bestimmung sind Maßnahmen des passiven Schallschutzes an einem Gebäude dann nicht erforderlich, wenn die bauliche Anlage bei der Auslegung der Pläne noch nicht genehmigt war bzw. mit dem Bau noch nicht begonnen werden durfte. An der Auslegung 1996 ändert die erneute Auslegung im Zuge der 1. Planänderung nichts, da die Identität des Vorhabens unberührt geblieben ist. Da das Gesamtvorhaben, die Ausbau-‌ und Neubaustrecke Nürnberg - Erfurt - Leipzig/Halle, seit 1993 als laufendes und fest disponiertes Vorhaben des vordringlichen Bedarfs im Bedarfsplan des Bundesschienenwegeausbaugesetzes vorgesehen ist, bestand auch keine Berechtigung für die Annahme, das Vorhaben sei zwischenzeitlich aufgegeben worden. Soweit die Klägerin im Sinne einer Parallelwertung auf die Geltungsdauer von Planfeststellungsbeschlüssen verweist, ist zu beachten, dass hier von zehn Jahren auszugehen wäre mit der Möglichkeit, diese um weitere fünf Jahre zu verlängern (§ 18c AEG). Die Veränderungssperre und ihre Entschädigungsregelung gemäß § 19 AEG sind nur für unmittelbar in Anspruch genommene Grundstücke bedeutsam.

46 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.

Urteil vom 06.09.2018 -
BVerwG 3 A 14.15ECLI:DE:BVerwG:2018:060918U3A14.15.0

Urteil

BVerwG 3 A 14.15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 23. August 2018
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wysk,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß und Dr. Kenntner
am 6. September 2018 für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe

I

1 Der Kläger, eine bayerische Marktgemeinde, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 30. Juli 2015 für das Vorhaben "Ausbaustrecke Nürnberg - Ebensfeld, Planfeststellungsabschnitt Hallstadt - Zapfendorf, Bau-km 2,408 bis km 15,100" (PFA 23/24).

2 Die Ausbaustrecke Nürnberg - Ebensfeld ist Teil des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 8 ("Ausbau-/Neubaustrecke Nürnberg - Erfurt - Leipzig/Halle - ‌Berlin"), das im Bundesverkehrswegeplan 1992 dem vordringlichen Bedarf zugewiesen und 1993 in den Bedarfsplan des Bundesschienenwegeausbaugesetzes aufgenommen wurde. Der Planfeststellungsbeschluss sieht vor, die zwischen Hallstadt und Zapfendorf bestehende zweigleisige Strecke umzubauen und um zwei neue Gleise zu ergänzen. Zwischen Hallstadt und Breitengüßbach - OT Unteroberndorf soll auf beiden Seiten der Bestandstrasse je ein für den Hochgeschwindigkeitsverkehr geeignetes Gleis neu gebaut werden. Im nördlichen Bereich von Breitengüßbach - OT Unteroberndorf soll das östliche Neubaugleis die Bestandsgleise mittels eines Überwurfbauwerks höhenfrei queren. Im weiteren Verlauf befinden sich die Neubaugleise westlich entlang der Bestandstrasse, bis sie - außerhalb des Planfeststellungsabschnittes - nördlich von Ebensfeld abschwenken (Neubaustrecke Ebensfeld - Erfurt).

3 Auf Antrag der Rechtsvorgängerin der Vorhabenträger wurde am 3. April 1996 das Planfeststellungsverfahren bei der Anhörungsbehörde eingeleitet. Nach Durchführung des Anhörungsverfahrens und kleineren Planänderungen ruhte das Planfeststellungsverfahren. Im März 2013 reichten die Vorhabenträger Unterlagen zur so genannten 1. Planänderung ein und beantragten, das Planfeststellungsverfahren fortzuführen. Nach zwei weiteren Planänderungen stellte das Eisenbahn-Bundesamt mit Beschluss vom 30. Juli 2015 den Plan für das Vorhaben fest, erteilte wasserrechtliche Erlaubnisse und ordnete Vorkehrungen zum Schutz vor Lärm und Erschütterungen an.

4 Das Lärmschutzkonzept des Planfeststellungsbeschlusses berücksichtigt den am Ebinger See in Rattelsdorf gelegenen Campingplatz als Mischgebiet und legt ein Betriebsprogramm zugrunde, nach dem im Jahr 2025 auf der ausgebauten Strecke mit insgesamt 192 Güterzügen täglich (96 tags/96 nachts) zu rechnen ist. Deren mittlere Länge wird mit 500 m angenommen. Als Maßnahme des aktiven Schallschutzes ist für den gesamten Planungsabschnitt das Verfahren "Besonders überwachtes Gleis" (BüG) angeordnet.

5 Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, das Vorhaben führe zu einer nicht hinnehmbaren Lärmbelastung seines im Naherholungsgebiet am Ebinger See gelegenen Campingplatzes. Der 1982 genehmigte Campingplatz stehe in seinem Eigentum und werde von ihm mit einem 2008 neu errichteten Betriebsgebäude als öffentliche Einrichtung betrieben. Der Flächennutzungsplan weise ein entsprechendes Sondergebiet aus. Die Immissionsbelastungen beeinträchtigten die Funktionsfähigkeit des Campingplatzes erheblich, weil es sich nicht mehr um einen ruhigen und zur Erholung geeigneten Platz handele. Der Campingplatz sei zum Übernachten in Wohnwagen und Zelten bestimmt und äußerst lärmsensibel. Es seien daher mindestens die Immissionsgrenzwerte eines Wohngebietes maßgebend. Außerdem seien die Beurteilungspegel höher als berechnet, weil die mittlere Güterzuglänge mit 700 m statt 500 m anzusetzen sei.

6 Der Kläger beantragt,
den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Juli 2015 aufzuheben,
hilfsweise festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist,
weiter hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, über eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um Schutzmaßnahmen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

7 Die Beklagte und die Beigeladenen beantragen,
die Klage abzuweisen.

8 Sie halten die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte für Mischgebiete für ausreichend und machen geltend, der Kläger habe die Klagebegründungsfrist versäumt.

II

9 Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Planfeststellungsbeschluss verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO.

10 A. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus § 5 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz vom 16. Dezember 1991 - VerkPBG - (BGBl. I S. 2174), zuletzt geändert durch Art. 464 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474), i.V.m. § 1 Nr. 10 Fernverkehrswegebestimmungsverordnung vom 3. Juni 1992 (BGBl. I S. 1014), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 14. April 2003 (BGBl. I S. 529). Der planfestgestellte Abschnitt der Ausbaustrecke Nürnberg - Ebensfeld ist Teil des Verkehrsweges Erfurt - Lichtenfels - Nürnberg zwischen der Landesgrenze Thüringen und Nürnberg. Das Verfahren ist nach den Bestimmungen des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes zu Ende zu führen, da das Planfeststellungsverfahren vor Ablauf des 16. Dezember 2006 nach den Vorschriften dieses Gesetzes begonnen worden ist (§ 11 Abs. 2 VerkPBG, § 39 Abs. 1 Satz 2 Allgemeines Eisenbahngesetz - AEG - vom 27. Dezember 1993 - BGBl. I S. 2378, 2396; berichtigt BGBl. I 1994 S. 2439 - in der Fassung von Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes vom 9. Dezember 2006, BGBl. I S. 2833).

11 Die Anfechtungs- sowie hilfsweise Feststellungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig, insbesondere ist der Kläger klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung eines Schienenwegs kann eine Gemeinde als Eigentümerin von Grundstücken ebenso wie ein privater Grundstückseigentümer Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche nach Maßgabe der §§ 41, 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG und der 16. BImSchV verlangen (BVerwG, Urteil vom 6. September 2018 - 3 A 11.15 ). Eine Verletzung dieses Rechts lässt sich auf der Grundlage der Klagebegründung nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausschließen.

12 B. Die Klage ist mit dem Hauptantrag und den beiden Hilfsanträgen unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an Fehlern, die zu seiner Aufhebung, zur Feststellung seiner Rechtswidrig- und Nichtvollziehbarkeit oder - im Sinne des weiteren Hilfsantrags - zu der Verpflichtung führen könnten, den Planfeststellungsbeschluss zu ergänzen.

13 I. Dem Erfolg der Klage steht nicht bereits entgegen, dass der Kläger mit seinem Vorbringen präkludiert wäre, weil er die Klage nicht rechtzeitig begründet hat. Das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz verpflichtet den Kläger, innerhalb einer Frist von sechs Wochen die Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt; § 87b Abs. 3 VwGO gilt entsprechend (§ 5 Abs. 3 VerkPBG). Die Frist beginnt mit Erhebung der Klage (BVerwG, Urteile vom 18. Februar 1998 ‌- 11 A 6.97 - Buchholz 310 § 87b VwGO Nr. 3 und vom 30. August 1993 ‌- 7 A 14.93 - Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 23). § 18e Abs. 5 AEG und § 4a Abs. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG - in der bei Klageerhebung geltenden Fassung der Neubekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 753) enthalten entsprechende Regelungen. Da der Kläger am 23. September 2015 Klage erhoben hat, hätte diese spätestens am 4. November 2015 begründet werden müssen. Eingegangen ist die Klagebegründung jedoch erst am Folgetag, dem 5. November 2015.

14 Die Versäumnis der Klagebegründungsfrist führt gleichwohl nicht zur Präklusion entsprechend § 87b Abs. 3 VwGO. Das Gericht kann verspätetes Vorbringen nur zurückweisen, wenn seine Zulassung nach seiner freien Überzeugung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde (§ 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Zwar kommt es für die Feststellung einer Verzögerung allein darauf an, ob der Prozess bei Zulassung des verspäteten Vorbringens länger dauern würde als bei dessen Zurückweisung. Ob der Rechtsstreit bei rechtzeitigem Vorbringen ebenso lange gedauert hätte, ist unerheblich, es sei denn, dies wäre offenkundig (BVerwG, Urteil vom 15. September 1999 - 11 A 22.98 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 17 m.w.N.). So liegen die Dinge jedoch hier. Angesichts der geringfügigen Überschreitung der Frist und dem Verfahrensgang ist offensichtlich auszuschließen, dass die Säumnis zu einer Verzögerung geführt haben könnte. Darauf, ob die Verspätung entschuldigt ist (§ 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO), kommt es daher nicht an.

15 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gesetz zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vom 29. Mai 2017 (BGBl. I S. 1298). Die Neufassung des § 6 UmwRG durch Art. 1 Nr. 5 dieses Gesetzes hat einerseits die Klagebegründungsfrist auf zehn Wochen ab Klageerhebung verlängert, andererseits die Rechtsfolgen verschärft. Nach Fristablauf vorgebrachte Erklärungen und Beweismittel sind - gemäß § 6 Satz 2 UmwRG - ungeachtet einer Verzögerung nur noch zuzulassen, wenn die Verspätung genügend entschuldigt ist (§ 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Die bisherige Überleitungsvorschrift (§ 5 Abs. 1 UmwRG in der Fassung vom 20. November 2015 - BGBl. I S. 2069 -, zuvor § 5 Abs. 4 UmwRG in der Fassung vom 21. Januar 2013 - BGBl. I S. 95), mit der bezogen auf die damalige Regelung eine Rückwirkung ausgeschlossen wurde, findet sich nunmehr in § 8 Abs. 1 UmwRG und sieht vor, dass der neu gefasste § 6 UmwRG für Rechtsbehelfe gilt, die nach dem 28. Januar 2013 erhoben worden sind. Die Neufassung des § 6 UmwRG wurde mit der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses (BT-Drs. 18/12146 S. 3, 16) in den Gesetzentwurf (BT-Drs. 18/9526) eingefügt, ohne dass eine Auseinandersetzung mit den Problemen einer rückwirkenden Anwendung ersichtlich wäre. Selbst wenn aber von einer Rückwirkung auszugehen wäre, wäre diese für die am 5. November 2015 eingegangene Klagebegründung unerheblich, weil die zehnwöchige Frist eingehalten wäre.

16 II. Der Planfeststellungsbeschluss verletzt keine dem Schutz des Klägers dienende Vorschrift des zwingenden Rechts. Die zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche für den Campingplatz des Klägers zu beachtenden Immissionsgrenzwerte werden eingehalten.

17 1. Bei dem Bau oder der wesentlichen Änderung von Eisenbahnen ist sicherzustellen, dass durch diese keine schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind. Das gilt nicht, soweit die Kosten der Schutzmaßnahmen außer Verhältnis zu dem angestrebten Schutzzweck stehen würden. Schädliche Umwelteinwirkungen sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 41 und § 3 Abs. 1 Bundesimmissionsschutzgesetz - BImSchG - neugefasst durch Bekanntmachung vom 17. Mai 2013 - BGBl. I S. 1274 - in der maßgeblichen, bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden, zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes vom 20. November 2014 - BGBl. I S. 1740 - geänderten Fassung).

18 Mit der 16. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - 16. BImSchV - hat der Verordnungsgeber auf der Grundlage von § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG Vorschriften über bestimmte Grenzwerte erlassen, die zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche nicht überschritten werden dürfen, sowie über das Verfahren zur Ermittlung der Emissionen oder Immissionen. Mit dem planfestgestellten Ausbau ist eine wesentliche Änderung eines Schienenwegs der Eisenbahn verbunden und damit der Anwendungsbereich der 16. BImSchV eröffnet, weil die Bestandsstrecke um mehrere durchgehende Gleise baulich erweitert wird (§ 1 Abs. 1 und 2 Satz 1 Nr. 2 16. BImSchV). Anzuwenden ist hier die 16. BImSchV noch in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung vom 12. Juni 1990 (BGBl. I S. 1036), die in ihrer Anlage 2 die Berechnung der Beurteilungspegel bei Schienenwegen regelt. Ihre Geltung folgt aus § 4 Abs. 3 Satz 1 der 16. BImSchV in der ab dem 1. Januar 2015 geltenden Fassung (Art. 1 der Verordnung vom 18. Dezember 2014 - BGBl. I S. 2269). Nach dieser Vorschrift ist § 3 i.V.m. Anlage 2 der 16. BImSchV in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung für Abschnitte von Vorhaben weiter anzuwenden, für die das Planfeststellungsverfahren bis zum 31. Dezember 2014 bereits eröffnet und die Auslegung des Plans öffentlich bekannt gemacht worden ist. Das ist hier 1996 geschehen. Aber selbst wenn aufgrund des langen Ruhens des Verfahrens, wie vom Kläger verlangt, auf die erneute öffentliche Bekanntmachung im Zuge der 1. Planänderung im Jahr 2013 abzustellen wäre, würde sich an den maßgeblichen Berechnungsvorschriften nichts ändern. Hingegen kommt es auf die 3. Planänderung nicht an. Sie wurde zwar erst nach dem Stichtag am 6. Februar 2015 beantragt. Es handelt sich jedoch um ein Planänderungsverfahren (§ 18 Satz 3 AEG, § 73 Abs. 8 VwVfG), das die Identität des Vorhabens unberührt gelassen hat. Die Änderungen (vgl. PFB S. 114 f.) waren von untergeordneter Bedeutung; der Campingplatz Ebing war nicht betroffen. Von einer faktischen Neuplanung kann keine Rede sein.

19 2. Der Kläger kann für seinen Campingplatz nur die Einhaltung der Immissionsgrenzwerte eines Mischgebietes (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 16. BImSchV) beanspruchen.

20 Die 16. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes legt in vier Schutzkategorien Tages- und Nachtimmissionsgrenzwerte für bestimmte Anlagen und Gebiete fest (§ 2 Abs. 1 16. BImSchV). Die Zuordnung zu den bezeichneten Anlagen und Gebieten und damit zu einer Schutzkategorie folgt den Festsetzungen des jeweiligen Bebauungsplans. Enthält dieser keine mit den Schutzkategorien korrespondierenden Festsetzungen oder fehlt ein Bebauungsplan, so sind die vorhandenen Anlagen und Gebiete entsprechend ihrer Schutzbedürftigkeit nach einer der vier Schutzkategorien zu beurteilen. Abweichendes hiervon gilt für bauliche Anlagen im Außenbereich. Handelt es sich nicht um eine besonders geschützte Anlage (Krankenhaus, Schule, Kurheim ‌oder Altenheim, § 2 Abs. 1 Nr. 1 16. BImSchV), so ist im Außenbereich nur zwischen den Schutzkategorien eines Kern-, Dorf- oder Mischgebietes (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 16. BImSchV) und eines Gewerbegebietes (§ 2 Abs. 1 Nr. 4 16. BImSchV) zu entscheiden; Schutz nach den Immissionsgrenzwerten für Wohn- und Kleinsiedlungsgebiete (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 16. BImSchV) kommt hier von vornherein nicht in Betracht (§ 2 Abs. 2 16. BImSchV). Damit hat der Verordnungsgeber die Wertung zum Ausdruck gebracht, dass bauliche Anlagen im Außenbereich grundsätzlich weniger schutzbedürftig sind (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 17. März 1992 - 4 B 230.91 - Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 3 S. 3 f. und vom 30. Oktober 2013 - 9 B 17.13 - BRS 81 Nr. 128 S. 728).

21 Der Flächennutzungsplan des Klägers weist das Gebiet des Campingplatzes als Sondergebiet aus (§ 1 Abs. 2 Nr. 11 BauNVO), ein entsprechender Bebauungsplan wurde nicht aufgestellt. Der Campingplatz liegt östlich der Ringstraße und wird durch diese von dem westlich gelegenen Wohngebiet des Ortsteils Ebing getrennt. Im Übrigen grenzt eine weitere Straße, aber keine Bebauung an. Das Betriebsgebäude liegt etwas zurückgesetzt an der Ringstraße, die Stellflächen des Campingplatzes befinden sich im Gelände weiter östlich in Richtung des Ebinger Sees. Angesichts dessen spricht einiges dafür, den Campingplatz dem Außenbereich zuzuordnen. Das Vorliegen eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB setzt grundsätzlich einen Bebauungszusammenhang voraus, der durch Bauwerke gebildet wird, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen. Zudem müsste sich dieser als Ortsteil qualifizieren lassen, das heißt als Bebauungskomplex, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, Beschluss vom 7. Juni 2016 - 4 B 47.14 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2016:​070616B4B47.14.0] - BRS 84 Nr. 82 S. 482 f.). Das ist hier zweifelhaft (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. April 2009 ‌- 10 S 35.08 [ECLI:​DE:​OVGBEBB:​2009:​0420.OVG10S35.08.oA] - juris Rn. 8; OVG Münster, Urteil vom 18. Januar 2013 - 11 D 74/09.AK - juris Rn. 113 - 115). Aber auch wenn dem Sondergebietstyp "Campingplatzgebiet" (§ 10 Abs. 1 BauNVO) folgend von einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil auszugehen sein sollte (vgl. Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauNVO, 130. EL August 2018, § 10 Rn. 36) und damit alle vier Schutzkategorien offen stehen, hat der Planfeststellungsbeschluss die Schutzbedürftigkeit des Campingplatzes zu Recht nach den Immissionsgrenzwerten eines Mischgebietes bestimmt.

22 Der Kläger begehrt demgegenüber "mindestens" den Schutz nach den Immissionsgrenzwerten in Wohn- und Kleinsiedlungsgebieten (§ 2 Abs. 1 Nr. 2 16.  BImSchV). Darüber hinausgehender Schutz kommt allerdings von vornherein nicht in Betracht. Ein Campingplatz entspricht seiner Funktion und Nutzung nach keiner der auch im Außenbereich besonders geschützten Anlagen eines Krankenhauses, einer Schule und eines Kur- oder Altenheims (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 16. BImSchV; vgl. auch OVG Münster, Urteil vom 18. Januar 2013 - 11 D 74/09.AK - juris Rn. 118; OVG Lüneburg, Urteil vom 15. April 1993 - 7 K 3383/92 [ECLI:​DE:​OVGNI:​1993:​0415.7K3383.92.0A] - VkBl. 1996 S. 543). Dem Kläger kann auch nicht darin gefolgt werden, der Campingplatz entspreche am ehesten einem Kleinsiedlungsgebiet. Kleinsiedlungsgebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäuden mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen (§ 2 Abs. 1 BauNVO). Sie zählen zur Gruppe der Wohngebiete und sind durch eine Verbindung von dauerhaftem Wohnen und Nutzgärten gekennzeichnet. Campingplätze sind demgegenüber auf das gelegentliche Wohnen in der Freizeit ausgerichtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 - 4 CN 7.12 - BVerwGE 147, 138 Rn. 10). Dem entspricht, dass der Campingplatz des Klägers - wie er in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat -, nur saisonal im Sommerhalbjahr geöffnet hat und zum Zelten und Campieren genutzt wird. Auch das in dem vorgegebenen zeitlichen Rahmen mögliche "Dauercamping" ist mit einer dauerhaften Wohnnutzung nicht vergleichbar, weil auch Dauercamper sich nur zeitweilig in ihren Wohnwagen aufhalten, die typischerweise auch nicht den Anforderungen entsprechen, die an dauerhaftes Wohnen gestellt werden (vgl. OVG Münster, Urteil vom 18. Januar 2013 - 11 D 74/09.AK - juris Rn. 122; OVG Lüneburg, Urteil vom 15. April 1993 - 7 K 3383/92 - VkBl. 1996 S. 543). Entsprechend ist eine dauerhafte Wohnnutzung mit der allgemeinen Zweckbestimmung eines Sondergebietes für die Erholung nach § 10 Abs. 1 BauNVO nicht vereinbar (BVerwG, Urteil vom 11. Juli 2013 - 4 CN 7.12 - a.a.O. Rn. 11). Darüber hinaus muss sich der Campingplatz seine lagebedingte Vorbelastung entgegenhalten lassen. Östlich des Ebinger Sees verläuft nicht nur die Bestandsstrecke der Eisenbahn, sondern jenseits der Staatsstraße 2197 auch die Autobahn 73, die zunächst parallel der Bestandsstrecke verläuft und dann in Richtung Norden in einem weiten Bogen östlich abschwenkt. Angesichts dessen ist es nicht zu beanstanden, dass der Planfeststellungsbeschluss die Immissionsgrenzwerte eines Mischgebietes zugrunde gelegt hat.

23 3. Diese Grenzwerte (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 16. BImSchV) werden nicht über-, sondern teilweise deutlich unterschritten.

24 a) Die dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegende Schalltechnische Untersuchung hat auf der Grundlage der Anlage 2 zu § 3 16. BImSchV 1990 und des Betriebsprogramms der Beigeladenen für zahlreiche repräsentative Orte entlang der Ausbaustrecke die jeweiligen Beurteilungspegel berechnet. Dabei berücksichtigt sie das als Maßnahme des aktiven Schallschutzes auf dem gesamten Streckenabschnitt angeordnete Verfahren "Besonders überwachtes Gleis". Die kürzeste Entfernung zwischen Campingplatz (Süd-Ost-Ecke) und Bahntrasse beträgt rund 450 m. Für den dort befindlichen Immissionsort EA003 wurde für den Tag ein Beurteilungspegel von 49 dB berechnet. Damit werden am Tag die Immissionsgrenzwerte eines Mischgebietes (64 dB) und selbst die eines Wohngebietes (59 dB) deutlich unterschritten. Für die Nacht wurden 51 dB berechnet. Die 49 dB Isophonenlinie (Nacht) verläuft etwa 120 m westlich des Immissionsortes EA003 im Bereich des Betriebsgebäudes. Der im Mischgebiet für die Nacht geltende Immissionsgrenzwert von 54 dB wird auf dem Campingplatz mithin nicht überschritten. Der entsprechende Wert für ein Wohn- oder Kleinsiedlungsgebiet (49 dB) wird mit 2 dB von Ost nach West auslaufend nur wenig überschritten. Vor diesem Hintergrund und angesichts seiner Vorbelastung steht auch nicht zu erwarten, dass die Nutzung des Campingplatzes künftig wegen des von der Bahntrasse ausgehenden Verkehrslärms in nennenswertem Umfang zurückgeht.

25 b) Die gegen die Berechnung erhobenen Einwendungen sind nicht begründet.

26 aa) Die Berücksichtigung des Schienenbonus ist nicht zu beanstanden. Nach der Übergangsvorschrift des § 43 Abs. 1 Satz 2 BImSchG in der Fassung des Elften Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 2. Juli 2013 (BGBl. I S. 1943) darf der Schienenbonus weiter angewandt werden, wenn das Planfeststellungsverfahren für den jeweiligen Abschnitt des Vorhabens - wie hier - vor dem 1. Januar 2015 eröffnet und die Auslegung des Plans bereits öffentlich bekannt gemacht worden war. Der Stichtag soll einen Interessenausgleich zwischen Lärmschutzbedürfnissen und Planungssicherheit für laufende oder in der Planung weit fortgeschrittene Vorhaben herstellen (BT-Drs. 17/11610 S. 10; BT-Drs. 17/13190). Dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Beim Übergang von einer älteren zu einer neueren Regelung steht ihm ein Gestaltungsspielraum zu. Er ist nur dann überschritten, wenn er nicht in sachgerechter Weise genutzt, insbesondere wenn ein Stichtag überhaupt oder sein Datum sachlich nicht vertretbar ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. Oktober 2015 - 2 BvR 413/15 [ECLI:​DE:​BVerfG:​2015:​rk20151007.2bvr041315] - ‌NVwZ 2016, 56 Rn. 24 m.w.N.). Dafür ist nichts ersichtlich. Auch im Übrigen ist die Anwendung des Schienenbonus rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, Urteile vom 8. September 2016 - 3 A 5.15 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2016:​‌080916U3A5.15.0] - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 Rn. 48 ff. und vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2017:​‌290617U3A1.16.0] - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 67 ff.).

27 bb) Entgegen dem Vorbringen des Klägers durften die Schalltechnische Untersuchung und ihr folgend der Planfeststellungsbeschluss auch von einer mittleren Güterzuglänge von 500 m ausgehen.

28 Die Berechnungsvorschriften der Anlage 2 zu § 3 16. BImSchV 1990 für den die Zuggeschwindigkeiten und -längen betreffenden Korrekturfaktor Dsehen vor, dass in Fällen, in denen die tatsächlichen Zuglängen nicht bekannt sind, die Längen der Tabelle B entnommen werden können. Diese gibt die mittlere Zuglänge eines Güterzugs im Fernverkehr mit 500 m an. Danach sind der Berechnung der Beurteilungspegel die tatsächlichen Zuglängen zugrunde zu legen, soweit sie bekannt sind, sich also tatsächlich belastbar vorhersehen lassen. Fehlt es an hinreichend belastbaren tatsächlichen Erkenntnissen, darf die Berechnung auf die in der Tabelle B genannten mittleren Zuglängen als normative Festlegung des Verordnungsgebers zurückgreifen. So verhält es sich hier.

29 Der Kläger beruft sich auf Verkehrsdaten, die ein Mitarbeiter der Deutsche Bahn AG per E-Mail einem von dem Kläger beauftragten Sachverständigen übersandt hat. Darin wird die Güterzuglänge mit 700 m angegeben. Soweit die E-Mail auf den Bundesverkehrswegeplan Bezug nimmt, lassen sich diesem keine konkreten Erkenntnisse entnehmen. Die Beigeladenen haben bereits im Erörterungstermin im Juni 2014 darauf hingewiesen, dass es keine Datenlage gebe, wie lang die Züge im Einzelfall seien. Auch ist nicht zu übersehen, dass angesichts einer Infrastruktur, die auf Zuglängen bis zu 740 m angelegt ist, eine mittlere Zuglänge von 700 m praktisch einer Maximalauslastung entspräche. Sie erscheint nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht realistisch. Der Sachbeistand der Beigeladenen R. hat überzeugend ausgeführt, dass der Güterzugverkehr im weiteren Streckenverlauf sowohl auf der Neubaustrecke durch den Thüringer Wald als auch auf der Bestandsstrecke über Lichtenfels, Kronach und Probstzella durch den Frankenwald erhebliche Steigungen zu bewältigen hat, die wegen der Grenzlasten der Lokomotiven die üblichen Güterzuglasten deutlich begrenzten. Das bedeute nicht, dass keine Güterzüge mit Längen von 700 m zu erwarten seien, etwa beim Leerwagenaustausch. Aufgrund der begrenzten Zuglasten sei aber auch von erheblich kürzeren Zügen auszugehen, weshalb eine von der Tabelle B abweichende Annahme einer mittleren Zuglänge von 700 m nicht zu begründen sei. Angesichts der Topographie seien auch Vergleiche mit anderen Strecken - etwa durch das Maintal - nicht tragfähig. Hierzu fügt sich, dass die Strecke zwar für den Personenverkehr (Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke) zum europäischen Kernnetz gehört, für den Güterverkehr hingegen nicht. Als Teil des Kernnetzes Güterverkehr ist die weiter östlich durch das Vogtland verlaufende Strecke Nürnberg - Marktredwitz - Hof - Leipzig ausgewiesen (Art. 38 ff. und Anhang I, 5.2 der Verordnung <EU> Nr. 1315/2013 vom 11. Dezember 2013 - ABl. L 348 S. 1).

30 Vor diesem Hintergrund müssen sich die Beklagte und die Beigeladenen nicht auf die Prognose einer mittleren Güterzuglänge von 700 m verweisen lassen. Mangels tatsächlich belastbarer Erkenntnisse ist es nicht zu beanstanden, dass die Schalltechnische Untersuchung und der Planfeststellungsbeschluss die mittlere Zuglänge eines Güterzugs im Fernverkehr nach Tabelle B der Anlage 2 zu § 3 16. BImSchV 1990 zugrunde gelegt haben.

31 III. Der Planfeststellungsbeschluss verletzt den Kläger auch nicht in seinem Anspruch auf gerechte Abwägung seiner eigenen Belange (§ 18 Satz 2 Allgemeines Eisenbahngesetz - AEG - vom 27. Dezember 1993 - BGBl. I S. 2378, 2396; berichtigt BGBl. I 1994 S. 2439 - in der maßgeblichen, bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden, zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes vom 28. Mai 2015 ‌- BGBl. I S. 824 - geänderten Fassung).

32 1. Eine Gemeinde kann, vergleichbar einem von dem Vorhaben mittelbar Betroffenen, eine gerichtliche Kontrolle der planerischen Abwägungsentscheidung nur hinsichtlich ihrer eigenen Belange und - wegen der insoweit bestehenden Wechselbeziehung - der ihren Belangen gegenübergestellten, für das Vorhaben streitenden öffentlichen Belange verlangen. Ob andere gegen das Vorhaben sprechende Belange ordnungsgemäß berücksichtigt worden sind, kann sie demgegenüber ebenso wenig geltend machen wie die Frage, ob Rechtsnormen beachtet wurden, die nicht ihrem Schutz zu dienen bestimmt sind (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 9. November 2017 - 3 A 2.15 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2017:​‌091117U3A2.15.0] - juris Rn. 34 m.w.N.).

33 2. Die Belange des Klägers bezüglich des Lärmschutzes seines Campingplatzes sind nicht abwägungsfehlerhaft unberücksichtigt geblieben.

34 Als abwägungserheblich kommen auch Lärmschutzbelange unterhalb der in den Immissionsgrenzwerten zum Ausdruck kommenden fachplanerischen Zumutbarkeitsschwellen in Betracht. Lärmbelastungen, die nicht nur als geringfügig einzustufen sind, sind abwägungserheblich (BVerwG, Urteile vom 29. Januar 1991 - 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <341 f.> und vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 u.a. - BVerwGE 142, 234 Rn. 190 m.w.N.). Wann eine Lärmbelastung in diesem Sinne abwägungserheblich ist, lässt sich allerdings nur im Einzelfall unter Einbeziehung der konkreten Gegebenheiten beurteilen. Dabei ist insbesondere auch die Vorbelastung und damit die Frage einer Verkehrslärmerhöhung zu berücksichtigen (BVerwG, Beschlüsse vom 19. August 2003 - 4 BN 51.03 - BRS 66 Nr. 59 S. 295 f. und vom 20. Juli 2011 - 4 BN 22.11 - BRS 78 Nr. 71 S. 335).

35 Alternativen zum Ausbau der Bestandstrasse wurden im Vorfeld des Planfeststellungsverfahrens mittels Grobanalyse untersucht und verworfen. Das gilt etwa für eine Neubaustrecke von Nürnberg durch die Fränkische Schweiz bis Ebensfeld, die unter anderem wegen der Querung einer Mittelgebirgslandschaft mit den dort erforderlichen Brücken und Tunnelbauwerken, der Neuverlärmung von Siedlungsgebieten und einem wesentlich höheren Flächenverbrauch nicht weiter verfolgt wurde. Hiergegen hat der Kläger nichts erinnert. Angesichts dieser Ausgangslage ist es nicht zu beanstanden, dass sich die Beklagte für das planfestgestellte Vorhaben damit begnügt hat, dessen fachplanerische Zumutbarkeit gemäß den Immissionsgrenzwerten der 16. BImSchV festzustellen (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. März 2018 - 4 A 5.17 [ECLI:​DE:​BVerwG:​‌2018:​140318U4A5.17.0] - NVwZ 2018, 1322 Rn. 52).

36 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.

Urteil vom 06.09.2018 -
BVerwG 3 A 15.15ECLI:DE:BVerwG:2018:060918U3A15.15.0

Ausbaustrecke Nürnberg - Ebensfeld, Planfeststellungsabschnitt Hallstadt - Zapfendorf Parallelentscheidung

Leitsatz:

Die Anpassungspflicht nach § 7 Satz 1 BauGB gebietet nicht, bei der Planfeststellung eines Schienenweges Schallschutz zugunsten von Flächen vorzunehmen, die der Flächennutzungsplan als Wohnbauflächen darstellt.

  • Rechtsquellen
    AEG § 18 Satz 2, § 18e Abs. 5
    BauGB § 7 Satz 1, § 38 Satz 2
    VerkPBG § 5 Abs. 3
    UmwRG a.F. § 4a Abs. 1, § 5 Abs. 1
    UmwRG §§ 6, 8 Abs. 1
    VwGO § 87b Abs. 3
    BImSchG § 3 Abs. 1, §§ 41, 43 Abs. 1
    16. BImSchV a.F. § 3, Anlage 2 (zu § 3)
    16. BImSchV § 2 Abs. 1 und 2, § 4 Abs. 3 Satz 1

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 06.09.2018 - 3 A 15.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2018:060918U3A15.15.0]

Urteil

BVerwG 3 A 15.15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 23. August 2018
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wysk,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß und Dr. Kenntner
am 6. September 2018 für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Gründe

I

1 Der Kläger, eine bayerische Marktgemeinde, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 30. Juli 2015 für das Vorhaben "Ausbaustrecke Nürnberg - Ebensfeld, Planfeststellungsabschnitt Hallstadt - Zapfendorf, Bau-km 2,408 bis km 15,100" (PFA 23/24).

2 Die Ausbaustrecke Nürnberg - Ebensfeld ist Teil des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 8 ("Ausbau-/Neubaustrecke Nürnberg - Erfurt - Leipzig/Halle - ‌Berlin"), das im Bundesverkehrswegeplan 1992 dem vordringlichen Bedarf zugewiesen und 1993 in den Bedarfsplan des Bundesschienenwegeausbaugesetzes aufgenommen wurde. Der Planfeststellungsbeschluss sieht vor, die zwischen Hallstadt und Zapfendorf bestehende zweigleisige Strecke umzubauen und um zwei neue Gleise zu ergänzen. Zwischen Hallstadt und Breitengüßbach - OT Unteroberndorf soll auf beiden Seiten der Bestandstrasse je ein für den Hochgeschwindigkeitsverkehr geeignetes Gleis neu gebaut werden. Im nördlichen Bereich von Breitengüßbach - OT Unteroberndorf soll das östliche Neubaugleis die Bestandsgleise mittels eines Überwurfbauwerks höhenfrei queren. Im weiteren Verlauf befinden sich die Neubaugleise westlich entlang der Bestandstrasse, bis sie - außerhalb des Planfeststellungsabschnittes - nördlich von Ebensfeld abschwenken (Neubaustrecke Ebensfeld - Erfurt).

3 Auf Antrag der Rechtsvorgängerin der Vorhabenträger wurde am 3. April 1996 das Planfeststellungsverfahren bei der Anhörungsbehörde eingeleitet. Nach Durchführung des Anhörungsverfahrens und kleineren Planänderungen ruhte das Planfeststellungsverfahren. Im März 2013 reichten die Vorhabenträger Unterlagen zur so genannten 1. Planänderung ein und beantragten, das Planfeststellungsverfahren fortzuführen. Die Änderungen betrafen in Zapfendorf insbesondere den Ersatz für die Bahnübergänge an der Kreisstraße BA 32 in Ebing und am Klangweg in Zapfendorf Süd. Durch eine neue Straßenunterführung bei km 13,423 soll die vom Kläger geplante so genannte Westtangente über einen Kreisverkehr vor dem Ortseingang von Zapfendorf an die etwas nach Osten verlegte Staatsstraße 2197 angeschlossen werden. Nach zwei weiteren Planänderungen stellte das Eisenbahn-Bundesamt mit Beschluss vom 30. Juli 2015 den Plan für das Vorhaben fest, erteilte wasserrechtliche Erlaubnisse und ordnete Vorkehrungen zum Schutz vor Lärm und Erschütterungen an.

4 Dem Lärmschutzkonzept liegt ein Betriebsprogramm zugrunde, nach dem im Jahr 2025 auf der ausgebauten Strecke mit insgesamt 192 Güterzügen täglich (96 tags/96 nachts) zu rechnen ist. Deren mittlere Länge wird mit 500 m angenommen. Der Planfeststellungsbeschluss ordnet als aktiven Schallschutz für den gesamten Planungsabschnitt das Verfahren "Besonders überwachtes Gleis" (BüG) an. Darüber hinaus sind im Bereich von Zapfendorf beginnend bei km 13,300 bis zum Ende des Planungsabschnitts östlich und in der Mitte der Trasse sowie in einem Teilbereich auch westlich der Gleise Schallschutzwände festgesetzt.

5 Mit der Klage macht der Kläger geltend, das Vorhaben führe zu einer nicht hinnehmbaren Lärmbelastung. Östlich der Trasse befinde sich Wohn- bzw. Mischbebauung. Nördlich und südlich des Hauptortes sehe der Flächennutzungsplan seit dessen 16. Änderung im Jahr 1994 trassennah Wohnbau- und Mischflächen vor. Der Planfeststellungsbeschluss verstoße gegen § 7 BauGB, weil er nicht an den Flächennutzungsplan angepasst sei; weder die Beigeladenen und deren Rechtsvorgängerin noch die Beklagte hätten der 16. Änderung des Flächennutzungsplans widersprochen. Mangels ausreichender Lärmschutzmaßnahmen würden die für diese Gebiete geltenden nächtlichen Grenzwerte nicht eingehalten. Folglich könne die vorgesehene Nutzung nicht durch eine entsprechende Bauleitplanung verwirklicht werden. Zu beanstanden sei dabei auch, dass die Schalltechnische Untersuchung eine mittlere Güterzuglänge von 500 m annehme. Das sei nicht realitätsgerecht; es sei von 700 m auszugehen. Auch hätten die durch die Verlegung der Staatsstraße und einen neuen Kreisverkehr entstehenden Immissionen berücksichtigt und in eine Gesamtlärmbetrachtung eingestellt werden müssen. Schließlich führe die Berücksichtigung des Schienenbonus zu einem Eingriff in die kommunale Planungshoheit. Wolle er einen Bebauungsplan erlassen, müsse er die tatsächlichen Lärmpegel zugrunde legen.

6 Der Kläger beantragt,
den Planfeststellungsbeschluss vom 30. Juli 2015 aufzuheben,
hilfsweise festzustellen, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtswidrig und nicht vollziehbar ist,
weiter hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, über eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um Schutzmaßnahmen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

7 Die Beklagte und die Beigeladenen beantragen,
die Klage abzuweisen.

8 Sie treten dem Vorbringen des Klägers in der Sache entgegen und machen geltend, er habe die Klagebegründungsfrist versäumt.

II

9 Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO.

10 A. Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus § 5 Abs. 1, § 1 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz vom 16. Dezember 1991 - VerkPBG - (BGBl. I S. 2174), zuletzt geändert durch Art. 464 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474), i.V.m. § 1 Nr. 10 Fernverkehrswegebestimmungsverordnung vom 3. Juni 1992 (BGBl. I S. 1014), zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 14. April 2003 (BGBl. I S. 529). Der planfestgestellte Abschnitt der Ausbaustrecke Nürnberg - Ebensfeld ist Teil des Verkehrsweges Erfurt - Lichtenfels - Nürnberg zwischen der Landesgrenze Thüringen und Nürnberg. Das Verfahren ist nach den Bestimmungen des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes zu Ende zu führen, da das Planfeststellungsverfahren vor Ablauf des 16. Dezember 2006 nach den Vorschriften dieses Gesetzes begonnen worden ist (§ 11 Abs. 2 VerkPBG, § 39 Abs. 1 Satz 2 Allgemeines Eisenbahngesetz - AEG - vom 27. Dezember 1993 - BGBl. I S. 2378, 2396; berichtigt BGBl. I 1994 S. 2439 - in der Fassung von Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes vom 9. Dezember 2006, BGBl. I S. 2833).

11 Die Klage ist insgesamt zulässig; insbesondere ist der Kläger klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Die von ihm geltend gemachte Pflicht öffentlicher Planungsträger, ihre Fachplanung unter den Voraussetzungen des § 7 Satz 1 BauGB dem Flächennutzungsplan anzupassen, schützt auch die Planungshoheit der Gemeinden (BVerwG, Urteil vom 24. November 2010 - 9 A 13.09 - BVerwGE 138, 226 Rn. 43). Ein Verstoß gegen die Anpassungspflicht lässt sich auf der Grundlage des Klagevorbringens nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausschließen.

12 B. Die Klage ist mit dem Hauptantrag und den beiden Hilfsanträgen unbegründet. Der Planfeststellungsbeschluss leidet nicht an Fehlern, die zu seiner Aufhebung, zur Feststellung seiner Rechtswidrig- und Nichtvollziehbarkeit oder - im Sinne des weiteren Hilfsantrags - zu der Verpflichtung führen könnten, den Planfeststellungsbeschluss zu ergänzen.

13 I. Dem Erfolg der Klage steht nicht bereits entgegen, dass der Kläger mit seinem Vorbringen präkludiert wäre, weil er die Klage nicht rechtzeitig begründet hat. Das Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetz verpflichtet den Kläger, innerhalb einer Frist von sechs Wochen die Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt; § 87b Abs. 3 VwGO gilt entsprechend (§ 5 Abs. 3 VerkPBG). Die Frist beginnt mit Erhebung der Klage (BVerwG, Urteile vom 18. Februar 1998 ‌- 11 A 6.97 - Buchholz 310 § 87b VwGO Nr. 3 und vom 30. August 1993 ‌- 7 A 14.93 - Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 23). § 18e Abs. 5 AEG und § 4a Abs. 1 Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG - in der bei Klageerhebung geltenden Fassung der Neubekanntmachung vom 8. April 2013 (BGBl. I S. 753) enthalten entsprechende Regelungen. Da der Kläger am 23. September 2015 Klage erhoben hat, hätte diese spätestens am 4. November 2015 begründet werden müssen. Eingegangen ist die Klagebegründung jedoch erst am Folgetag, dem 5. November 2015.

14 Die Versäumnis der Klagebegründungsfrist führt gleichwohl nicht zur Präklusion entsprechend § 87b Abs. 3 VwGO. Das Gericht kann verspätetes Vorbringen nur zurückweisen, wenn seine Zulassung nach seiner freien Überzeugung die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde (§ 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO). Zwar kommt es für die Feststellung einer Verzögerung allein darauf an, ob der Prozess bei Zulassung des verspäteten Vorbringens länger dauern würde als bei dessen Zurückweisung. Ob der Rechtsstreit bei rechtzeitigem Vorbringen ebenso lange gedauert hätte, ist unerheblich, es sei denn, dies wäre offenkundig (BVerwG, Urteil vom 15. September 1999 - 11 A 22.98 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 17 m.w.N.). So liegen die Dinge jedoch hier. Angesichts der geringfügigen Überschreitung der Frist und dem Verfahrensgang ist offensichtlich auszuschließen, dass die Säumnis zu einer Verzögerung geführt haben könnte. Darauf, ob die Verspätung entschuldigt ist (§ 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO), kommt es daher nicht an.

15 Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Gesetz zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vom 29. Mai 2017 (BGBl. I S. 1298). Die Neufassung des § 6 UmwRG durch Art. 1 Nr. 5 dieses Gesetzes hat einerseits die Klagebegründungsfrist auf zehn Wochen ab Klageerhebung verlängert, andererseits die Rechtsfolgen verschärft. Nach Fristablauf vorgebrachte Erklärungen und Beweismittel sind - gemäß § 6 Satz 2 UmwRG - ungeachtet einer Verzögerung nur noch zuzulassen, wenn die Verspätung genügend entschuldigt ist (§ 87b Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Die bisherige Überleitungsvorschrift (§ 5 Abs. 1 UmwRG in der Fassung vom 20. November 2015 - BGBl. I S. 2069 -, zuvor § 5 Abs. 4 UmwRG in der Fassung vom 21. Januar 2013 - BGBl. I S. 95), mit der bezogen auf die damalige Regelung eine Rückwirkung ausgeschlossen wurde, findet sich nunmehr in § 8 Abs. 1 UmwRG und sieht vor, dass der neu gefasste § 6 UmwRG für Rechtsbehelfe gilt, die nach dem 28. Januar 2013 erhoben worden sind. Die Neufassung des § 6 UmwRG wurde mit der Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses (BT-Drs. 18/12146 S. 3, 16) in den Gesetzentwurf (BT-Drs. 18/9526) eingefügt, ohne dass eine Auseinandersetzung mit den Problemen einer rückwirkenden Anwendung ersichtlich wäre. Selbst wenn aber von einer Rückwirkung auszugehen wäre, wäre diese für die am 5. November 2015 eingegangene Klagebegründung unerheblich, weil die zehnwöchige Frist eingehalten wäre.

16 II. Der Planfeststellungsbeschluss verstößt nicht gegen § 7 Satz 1 BauGB. Nach dieser Vorschrift haben öffentliche Planungsträger, die nach § 4 oder § 13 BauGB am Aufstellungsverfahren beteiligt worden sind, ihre Planungen dem Flächennutzungsplan insoweit anzupassen, als sie diesem Plan nicht widersprochen haben. Diese Bindung gilt gemäß § 38 Satz 2 BauGB auch für die Planfeststellung eines - wie hier - überörtlich bedeutsamen Vorhabens.

17 1. Die beigeladenen Vorhabenträgerinnen sind öffentliche Planungsträger im Sinne des § 7 Satz 1 BauGB. Der Begriff umfasst auch Eisenbahninfrastrukturunternehmen, die als privatrechtlich organisierte Unternehmen für den Bau oder die Änderung von Betriebsanlagen einer Eisenbahn gemäß § 18 AEG die Feststellung eines Plans beantragen. Das gilt jedenfalls, wenn sie - wie hier die Beigeladenen - als bundeseigene Unternehmen der Deutsche Bahn AG im Auftrag des Bundes für den Erhalt und Ausbau des Schienennetzes zuständig sind. Gemäß Art. 87e Abs. 4 Satz 1 GG hat der Bund zu gewährleisten, dass hierbei dem Wohl der Allgemeinheit Rechnung getragen wird. Diese Bindung an das Wohl der Allgemeinheit rechtfertigt es, die eisenbahnrechtliche Planfeststellung von den Bindungen an das Städtebaurecht freizustellen (§ 38 Satz 1 BauGB) und auf ihrer Grundlage die Enteignung zuzulassen (§ 22 AEG). Sie gebietet aber zugleich, die Vorhabenträgerinnen und damit das geplante Vorhaben der Anpassungspflicht des § 7 BauGB zu unterwerfen (vgl. Runkel in: Ernst/Zinkahn/‌Bielenberg/Krautzberger, BauGB, 129. EL Mai 2018, § 7 Rn. 4a; Mitschang in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl. 2016, § 7 Rn. 1).

18 Unstreitig ist, dass die im Planaufstellungsverfahren 1993/94 beteiligten Dienststellen des Rechtsvorgängers der Beigeladenen der Planung der Wohnbau- und gemischten Baufläche nicht widersprochen haben. Dass nach dem Stand der damaligen Planung ein Widerspruch möglich gewesen wäre, ist jedenfalls nicht ausgeschlossen. Das Vorhaben ist Teil des Verkehrsprojekts Deutsche Einheit Nr. 8, das bereits im Bundesverkehrswegeplan 1992 dem vordringlichen Bedarf zugewiesen und 1993 in den Bedarfsplan des Bundesschienenwegeausbaugesetzes aufgenommen worden war. Es war Gegenstand einer landesplanerischen Beurteilung vom 30. Juli 1993, nach der das Vorhaben mit Maßgaben im Einzelnen den Erfordernissen der Raumordnung genügt.

19 2. Die Planung ist jedoch dem Flächennutzungsplan angepasst.

20 a) Das Vorbringen des Klägers, die nördlich des Wohngebietes Am Bergacker / Steinbergweg (Bebauungsplan Zapfendorf Nord) und östlich der Staatsstraße 2197 geplante Wohnbaufläche lasse sich mangels Lärmschutzes nicht verwirklichen, geht daran vorbei, dass der Planfeststellungsabschnitt südlich dieser Fläche bei km 15,100 endet. Der den anschließenden Planfeststellungsabschnitt (PFA 25) betreffende Planfeststellungsbeschluss ist unanfechtbar; die von dem Kläger erhobene Klage wurde abgewiesen (BVerwG, Urteil vom 12. Februar 1997‌ - 11 A 62.95 - BVerwGE 104, 79). Vor diesem Hintergrund ist bereits nicht ersichtlich, dass der streitgegenständliche Abschnitt die Planungen des Klägers für die nördlich dargestellte Wohnbaufläche beeinträchtigen könnte.

21 b) Etwas anderes ergibt sich auch nicht für die südlich des Hauptortes vorgesehenen Bauflächen. Der Flächennutzungsplan stellt südlich des Flutgrabens (km 13,500) und östlich der Staatsstraße 2197 eine etwa 100 m tiefe gemischte Baufläche dar, an die sich weiter nach Osten eine Wohnbaufläche anschließt. Für die Bahnanlagen ist eine Verkehrsfläche dargestellt.

22 Die Anpassungspflicht geht über die aus dem Abwägungsgebot folgende Verpflichtung des öffentlichen Planungsträgers hinaus, die Belange des Städtebaus zu berücksichtigen. Unter den Voraussetzungen des § 7 BauGB werden die Darstellungen des Flächennutzungsplans zu bindenden Vorgaben, die es dem öffentlichen Planungsträger verbieten, sich in Gegensatz zu den Darstellungen zu setzen. Die Anpassungspflicht ist allerdings nicht im Sinne einer rechtssatzmäßigen Anwendung ("Vollzug"), sondern - entsprechend der inhaltlichen Bindung, die sich für Bebauungspläne aus § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB ergibt - als planerische Fortentwicklung der im Flächennutzungsplan dargestellten Grundkonzeption zu verstehen. Die Fachplanung ist so auszurichten, dass sie als aus dem Flächennutzungsplan entwickelt angesehen werden kann (BVerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 9 A 13.09 - BVerwGE 138, 226 Rn. 37, 39 m.w.N. und vom 27. April 2017 - 9 A 30.15 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2017:​270417U9A30.15.0] - ‌BVerwGE 159, 1 Rn. 15).

23 aa) Der Verlauf der Bahntrasse selbst entspricht den Darstellungen des Flächennutzungsplans. Gegen den neuen Kreisverkehr, der einen Teil der Baufläche in Anspruch nimmt, wendet sich der Kläger nicht. Das hat er in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt.

24 bb) Die Anpassungspflicht ist auch nicht verletzt, soweit das Vorhaben auf der Baufläche zu einer Überschreitung der in reinen oder allgemeinen Wohngebieten bzw. Mischgebieten zulässigen Immissionsgrenzwerte führt. § 7 BauGB gebietet nicht, bei der Planfeststellung eines Schienenweges Schallschutz zugunsten von Flächen vorzusehen, die der Flächennutzungsplan als (Wohn)Bauflächen darstellt.

25 Mit den Vorschriften über den Flächennutzungsplan (§§ 5 bis 7 BauGB) hat der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz für das Bodenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG) Gebrauch gemacht (zu diesem Begriff vgl. BVerwG, Urteil vom 17. Oktober 2012 - 4 C 5.11 - BVerwGE 144, 341 Rn. 17). Es ist Aufgabe der Gemeinde, im Flächennutzungsplan für das ganze Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung in ihren Grundzügen darzustellen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Welche Darstellungen hierzu gehören, hängt von dem Bezug zu der jeweiligen städtebaulichen Konzeption für das ganze Gemeindegebiet ab. In Betracht kommen auch Darstellungen, die der Bewältigung von Nutzungskonflikten dienen, wenn sie eine über die unmittelbar betroffenen Grundstücke hinausgehende Bedeutung für das dem Flächennutzungsplan zugrunde liegende gesamträumliche Entwicklungskonzept der Gemeinde haben. Unter diesen Voraussetzungen kann auch die Festlegung von Immissionsgrenzwerten zulässig sein (BVerwG, Urteil vom 18. August 2005 - 4 C 13.04 - BVerwGE 124, 132).

26 Derartige Darstellungen enthält der Flächennutzungsplan nicht. Mit der gemischten Baufläche und der Wohnbaufläche hat der Kläger nur die allgemeine Art der baulichen Nutzung dieser Flächen geregelt (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 BauGB, § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 BauNVO). In welcher Art und Weise die Beigeladenen die in der Nachbarschaft dargestellte Verkehrsfläche nutzen dürfen, ergibt sich hieraus nicht. Auch das Immissionsschutzrecht beschränkt die Möglichkeiten, die Verkehrsfläche zu nutzen, insoweit nicht. Zwar ist beim Bau oder der wesentlichen Änderung von Eisenbahnen im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit sicherzustellen, dass durch diese keine vermeidbaren schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche hervorgerufen werden können (§ 41 BImSchG). Schädliche Umwelteinwirkungen in diesem Sinne sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 und 3 der 16. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes‌ - 16. BImSchV - ist zum Schutz der Nachbarschaft sicherzustellen, dass der Beurteilungspegel in reinen und allgemeinen Wohngebieten 59 dB tags / 49 dB nachts und in Mischgebieten 64 dB tags / 54 dB nachts nicht überschreitet. Die Art der Gebiete ergibt sich aus den Festsetzungen in den - verbindlichen - Bebauungsplänen (§ 1 Abs. 2, § 8 Abs. 1 BauGB) oder, soweit derartige Festsetzungen nicht bestehen, aus der Einstufung des Gebiets nach § 2 Abs. 1 16. BImSchV ausgehend von den tatsächlichen baulichen Verhältnissen (§ 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 16. BImSchV; vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1996 - 4 A 11.95 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 14). Unbebaute Flächen, die lediglich der Flächennutzungsplan als Baufläche oder Baugebiet darstellt (§ 1 Abs. 1 und 2 BauNVO), müssen nach den Vorschriften des Immissionsschutzrechts im Hinblick auf die etwaige zukünftige Bebauung nicht vor Verkehrsgeräuschen geschützt werden. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass der sowohl für das Bodenrecht als auch für die Lärmbekämpfung (Art. 74 Abs. 1 Nr. 24 GG) gesetzgebungsbefugte Bund den Gemeinden mit der Flächennutzungsplanung ein Instrument in die Hand geben wollte, die immissionsschutzrechtlichen Pflichten eines öffentlichen Planungsträgers allein durch Darstellung einer Baufläche oder eines Baugebiets zu erweitern (vgl. BVerwG, Urteil vom 14. September 2017 - 4 CN 6.16 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2017:​‌140917U4CN6.16.0] - BVerwGE 159, 356 Rn. 21).

27 III. Der Planfeststellungsbeschluss verletzt den Kläger auch nicht in seinem Anspruch auf gerechte Abwägung seiner eigenen Belange (§ 18 Satz 2 AEG in der maßgeblichen, bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden, zuletzt durch Art. 1 des Gesetzes vom 28. Mai 2015 - BGBl. I S. 824 - geänderte Fassung).

28 Die gemeindliche Planungshoheit vermittelt nach ständiger Rechtsprechung eine wehrfähige, in die Abwägung einzubeziehende Rechtsposition gegen fremde Fachplanungen auf dem eigenen Gemeindegebiet, wenn das Vorhaben nachhaltig eine bestimmte Planung der Gemeinde stört, es wegen seiner Großräumigkeit wesentliche Teile des Gemeindegebiets einer durchsetzbaren gemeindlichen Planung entzieht oder gemeindliche Einrichtungen in ihrer Funktionsfähigkeit erheblich beeinträchtigt (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2016‌ - 9 A 8.15 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2016:​280416U9A8.15.0] - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 170 Rn. 14 m.w.N.). Darüber hinaus muss die Planfeststellungsbehörde auf noch nicht verfestigte, aber konkrete Planungsabsichten einer Gemeinde abwägend dergestalt Rücksicht nehmen, dass durch die Fachplanung von der Gemeinde konkret in Betracht gezogene städtebauliche Planungsmöglichkeiten nicht unnötigerweise "verbaut" werden (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2016‌ - 4 A 4.15 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2016:​151216U4A4.15.0] - BVerwGE 157, 73 Rn. 58 m.w.N.). Abwägungsrelevante Beeinträchtigungen der Planungshoheit liegen hier nicht vor.

29 1. Auf der Basis der dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Schalltechnischen Untersuchung ist zwar davon auszugehen, dass die nächtlichen Immissionsgrenzwerte von Wohn- und Mischgebieten nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 und 3 16. BImSchV im Bereich der südlich des Hauptortes dargestellten Bauflächen überschritten werden. Die Isophonenlinie des nächtlichen Grenzwertes für ein Mischgebiet (54 dB) verläuft noch jenseits der gemischten Baufläche im Bereich der Wohnbaufläche. Die nächtlichen Grenzwerte eines Wohngebietes (49 dB) werden nur in einem Teilbereich der Wohnbaufläche nicht überschritten. Es ist jedoch nichts dafür ersichtlich, dass das Vorhaben die Festsetzung eines entsprechenden Misch- bzw. Wohngebiets in einem Bebauungsplan unnötigerweise "verbauen" würde. Trassenalternativen zum Ausbau der Bestandstrasse wurden im Vorfeld des Planfeststellungsverfahrens mittels Grobanalyse untersucht und verworfen. Das gilt etwa für eine Neubaustrecke von Nürnberg durch die Fränkische Schweiz bis Ebensfeld, die unter anderem wegen der ‌Querung einer Mittelgebirgslandschaft mit den dort erforderlichen Brücken und Tunnelbauwerken, der Neuverlärmung von Siedlungsgebieten und einem wesentlich höheren Flächenverbrauch nicht weiter verfolgt wurde. Hiergegen hat der Kläger nichts erinnert. Im Übrigen lässt sich nicht feststellen, dass das Vorhaben die Entwicklung eines Misch- bzw. allgemeinen Wohngebiets aus den entsprechenden Darstellungen des Flächennutzungsplans unmöglich macht. Gesunde Wohnverhältnisse können nicht nur durch Schallschutz am Schienenweg, sondern auch durch die Festsetzung von Flächen für Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Baugebiet gewährleistet werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB). Je nach den Umständen des Einzelfalls kann es bauplanungsrechtlich auch zulässig sein, die Immissionen durch eine Kombination von passivem Schallschutz, Stellung und Gestaltung von Gebäuden sowie Anordnung der Wohn- und Schlafräume zu mindern (BVerwG, Urteil vom 22. März 2007 - 4 CN 2.06 - BVerwGE 128, 238 Rn. 15). Schließlich hat der Kläger die Bauflächen in Kenntnis des Ausbauvorhabens geplant. Insoweit war er durch § 6a Abs. 9 Satz 3 des Raumordnungsgesetzes - ROG - in der bei der Planaufstellung geltenden Fassung vom 22. April 1993 (BGBl. I S. 466, 480) gehalten, das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens in die Abwägung nach § 1 Abs. 5 und 6 des Baugesetzbuchs einzubeziehen. Angesichts dessen hatten die Beigeladenen und die Beklagte keinen Anlass, Lärmschutzmaßnahmen zugunsten der im Flächennutzungsplan dargestellten, tatsächlich aber unbebauten Bauflächen in Erwägung zu ziehen.

30 2. Das Vorhaben beeinträchtigt die Planungshoheit des Klägers auch nicht mit Blick auf den aus dem Flächennutzungsplan im nordöstlichen Bereich entwickelten Bebauungsplan Zapfendorf Süd II vom 12. Juli 2001. Nach der Schalltechnischen Untersuchung werden weite Teile des allgemeinen Wohngebiets durch die bei km 13,300 beginnenden Lärmschutzwände geschützt. Der Immissionsgrenzwert für den Tag wird im gesamten Gebiet eingehalten. Allerdings wird nachts der Immissionsgrenzwert (49 dB) in der südöstlichen Ecke des Plangebiets an drei Gebäuden in der Größenordnung von 1 dB (50 dB) überschritten (...). Bezogen auf den Kläger und seine Planungshoheit handelt es sich insoweit um eine lediglich geringfügige und damit nicht abwägungserhebliche Beeinträchtigung (vgl. BVerwG, Urteil vom 6. November 2013 - 9 A 9.12 - Buchholz 11 Art. 28 GG Nr. 165 Rn. 22). Hieran vermögen die gegen die Berechnungen des Beurteilungspegels in der Schalltechnischen Untersuchung erhobenen Einwendungen ebenso wenig etwas zu ändern, wie die im Zuge der Verlegung der Staatsstraße 2197 geforderte Gesamtlärmbetrachtung.

31 a) Die Berücksichtigung des Schienenbonus ist nicht zu beanstanden. Nach der Übergangsvorschrift des § 43 Abs. 1 Satz 2 BImSchG in der Fassung des Elften Gesetzes zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes vom 2. Juli 2013 (BGBl. I S. 1943) darf der Schienenbonus weiter angewandt werden, wenn das Planfeststellungsverfahren für den jeweiligen Abschnitt des Vorhabens - wie hier - vor dem 1. Januar 2015 eröffnet und die Auslegung des Plans bereits öffentlich bekannt gemacht worden war. Der Stichtag soll einen Interessenausgleich zwischen Lärmschutzbedürfnissen und Planungssicherheit für laufende oder in der Planung weit fortgeschrittene Vorhaben herstellen (BT-Drs. 17/11610 S. 10; BT-Drs. 17/13190). Dem Gesetzgeber ist es durch Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich nicht verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, obwohl jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Beim Übergang von einer älteren zu einer neueren Regelung steht ihm ein Gestaltungsspielraum zu. Er ist nur dann überschritten, wenn er nicht in sachgerechter Weise genutzt, insbesondere wenn ein Stichtag überhaupt oder sein Datum sachlich nicht vertretbar ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. Oktober 2015 - 2 BvR 413/15 [ECLI:​DE:​BVerfG:​2015:​rk20151007.2bvr041315] - ‌NVwZ 2016, 56 Rn. 24 m.w.N.). Dafür ist nichts ersichtlich. Soweit Gemeinden für ihre Bauleitplanung den Schienenbonus nicht in Anspruch nehmen können, privilegiert § 43 Abs. 1 Satz 2 BImSchG i.V.m. der 16. BImSchV den Schienenverkehr nicht nur zu Lasten der Anwohner, sondern auch der Gemeinden. Auch im Übrigen ist die Anwendung des Schienenbonus rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerwG, Urteile vom 8. September 2016 ‌- 3 A 5.15 [ECLI:​DE:​BVerwG:​‌2016:​080916U3A5.15.0] - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 75 Rn. 48 ff. und vom 29. Juni 2017 - 3 A 1.16 [ECLI:​DE:​BVerwG:​2017:​‌290617U3A1.16.0] - Buchholz 442.09 § 18 AEG Nr. 77 Rn. 67 ff.).

32 b) Entgegen dem Vorbringen des Klägers durften die Schalltechnische Untersuchung und ihr folgend der Planfeststellungsbeschluss auch von einer mittleren Güterzuglänge von 500 m ausgehen.

33 Für die Berechnung der Beurteilungspegel ist die 16. BImSchV in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung vom 12. Juni 1990 (BGBl. I S. 1036) anzuwenden, die in ihrer Anlage 2 die Berechnung der Beurteilungspegel bei Schienenwegen regelt. Ihre Geltung folgt aus § 4 Abs. 3 Satz 1 der 16. BImSchV in der ab dem 1. Januar 2015 geltenden Fassung (Art. 1 der Verordnung vom 18. Dezember 2014 - BGBl. I S. 2269). Nach dieser Vorschrift ist § 3 i.V.m. mit Anlage 2 der 16. BImSchV in der bis zum 31. Dezember 2014 geltenden Fassung für Abschnitte von Vorhaben weiter anzuwenden, für die das Planfeststellungsverfahren bis zum 31. Dezember 2014 bereits eröffnet und die Auslegung des Plans öffentlich bekannt gemacht worden ist. Das ist hier 1996 geschehen. Aber selbst wenn aufgrund des langen Ruhens des Verfahrens auf die erneute öffentliche Bekanntmachung im Zuge der 1. Planänderung im Jahr 2013 abzustellen wäre, würde sich an den maßgeblichen Berechnungsvorschriften nichts ändern. Hingegen kommt es auf die 3. Planänderung nicht an. Sie wurde zwar erst nach dem Stichtag am 6. Februar 2015 beantragt. Es handelt sich jedoch um ein Planänderungsverfahren (§ 18 Satz 3 AEG, § 73 Abs. 8 VwVfG), das die Identität des Vorhabens unberührt gelassen hat. Die Änderungen waren von untergeordneter Bedeutung und betrafen in Zapfendorf beispielsweise den Neubau einer Geh-/Radwegunterführung und die Errichtung einer Lärmschutzwand anstelle eines Lärmschutzwalls. Von einer faktischen Neuplanung kann keine Rede sein.

34 Die Berechnungsvorschriften der Anlage 2 zu § 3 16. BImSchV 1990 für den die Zuggeschwindigkeiten und -längen betreffenden Korrekturfaktor Dsehen vor, dass in Fällen, in denen die tatsächlichen Zuglängen nicht bekannt sind, die Längen der Tabelle B entnommen werden können. Diese gibt die mittlere Zuglänge eines Güterzugs im Fernverkehr mit 500 m an. Danach sind der Berechnung der Beurteilungspegel die tatsächlichen Zuglängen zugrunde zu legen, soweit sie bekannt sind, sich also tatsächlich belastbar vorhersehen lassen. Fehlt es an hinreichend belastbaren tatsächlichen Erkenntnissen, darf die Berechnung auf die in der Tabelle B genannten mittleren Zuglängen als normative Festlegung des Verordnungsgebers zurückgreifen. So verhält es sich hier.

35 Der Kläger beruft sich auf Verkehrsdaten, die ein Mitarbeiter der Deutsche Bahn AG per E-Mail einem von dem Kläger beauftragten Sachverständigen übersandt hat. Darin wird die Güterzuglänge mit 700 m angegeben. Soweit die E-Mail auf den Bundesverkehrswegeplan Bezug nimmt, lassen sich diesem keine konkreten Erkenntnisse entnehmen. Die Beigeladenen haben bereits im Erörterungstermin im Juni 2014 darauf hingewiesen, dass es keine Datenlage gebe, wie lang die Züge im Einzelfall seien. Auch ist nicht zu übersehen, dass angesichts einer Infrastruktur, die auf Zuglängen bis zu 740 m angelegt ist, eine mittlere Zuglänge von 700 m praktisch einer Maximalauslastung entspräche. Sie erscheint nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht realistisch. Der Sachbeistand der Beigeladenen R. hat überzeugend ausgeführt, dass der Güterzugverkehr im weiteren Streckenverlauf sowohl auf der Neubaustrecke durch den Thüringer Wald als auch auf der Bestandsstrecke über Lichtenfels, Kronach und Probstzella durch den Frankenwald erhebliche Steigungen zu bewältigen hat, die wegen der Grenzlasten der Lokomotiven die üblichen Güterzuglasten deutlich begrenzten. Das bedeute nicht, dass keine Güterzüge mit Längen von 700 m zu erwarten seien, etwa beim Leerwagenaustausch. Aufgrund der begrenzten Zuglasten sei aber auch von erheblich kürzeren Zügen auszugehen, weshalb eine von der Tabelle B abweichende Annahme einer mittleren Zuglänge von 700 m nicht zu begründen sei. Angesichts der Topographie seien auch Vergleiche mit anderen Strecken - etwa durch das Maintal - nicht tragfähig. Hierzu fügt sich, dass die Strecke zwar für den Personenverkehr (Hochgeschwindigkeitsbahnstrecke) zum europäischen Kernnetz gehört, für den Güterverkehr hingegen nicht. Als Teil des Kernnetzes Güterverkehr ist die weiter östlich durch das Vogtland verlaufende Strecke Nürnberg - Marktredwitz - Hof - Leipzig ausgewiesen (Art. 38 ff. und Anhang I, 5.2 der Verordnung <EU> Nr. 1315/2013 vom 11. Dezember 2013 - ABl. L 348 S. 1).

36 Vor diesem Hintergrund müssen sich die Beklagte und die Beigeladenen nicht auf die Prognose einer mittleren Güterzuglänge von 700 m verweisen lassen. Mangels tatsächlich belastbarer Erkenntnisse ist es nicht zu beanstanden, dass die Schalltechnische Untersuchung und der Planfeststellungsbeschluss die mittlere Zuglänge eines Güterzugs im Fernverkehr nach Tabelle B der Anlage 2 zu § 3 16. BImSchV 1990 zugrunde gelegt haben.

37 c) Eine Gesamtlärmbetrachtung der Immissionen der geänderten Eisenbahnstrecke und der Staatsstraße 2197 kann der Kläger nicht verlangen.

38 Die Verlegung der Staatsstraße 2197 und der Bau eines Kreisverkehrs gehören zu der neuen Bahnunterführung, die eine notwendige Folgemaßnahme der Beseitigung von zwei Bahnübergängen ist (§ 75 Abs. 1 VwVfG). Für die Lärmbetrachtung gilt grundsätzlich, dass die Beurteilungspegel nach der 16. Bundesimmissionsschutz-Verordnung für jeden Verkehrsweg gesondert zu berechnen sind (BVerwG, Urteile vom 23. Februar 2005 - 4 A 5.04 - BVerwGE 123, 23 <33> und vom 21. März 1996 - 4 C 9.95 - BVerwGE 101, 1 <4>). Das Bundesverwaltungsgericht hat allerdings im Fall einer Neubaustrecke, in deren Folge eine von dieser unterfahrene Bestandsstrecke anzupassen war, eine summative Gesamtbetrachtung für geboten erachtet (BVerwG, Urteil vom 19. März 2014 ‌- 7 A 24.12 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 63 Rn. 26). Inwieweit dies bei Folgemaßnahmen auch dann der Fall sein kann, wenn unterschiedliche Verkehrsträger betroffen sind, bedarf keiner vertiefenden Betrachtung. Aus dem Gutachten L., das mit Blick auf die Verkehrsgeräusche der Staatsstraße 2197 am Ortseingang des Klägers erstellt worden ist, lässt sich ableiten, dass am ... mit Immissionswerten durch den Straßenverkehr von 40 dB (Nacht) zu rechnen ist. Im Verhältnis zu der Lärmbelastung durch den Schienenverkehr von 50 dB (Nacht) fällt das bei einer summativen Betrachtung für die Planungshoheit des Klägers nicht weiter ins Gewicht.

39 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.