Beschluss vom 25.05.2023 -
BVerwG 1 WB 54.22ECLI:DE:BVerwG:2023:250523B1WB54.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 25.05.2023 - 1 WB 54.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:250523B1WB54.22.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 54.22

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Koch,
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant i.G. Bleibohm und
den ehrenamtlichen Richter Hauptmann Bruch
am 25. Mai 2023 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Rechtsstreit betrifft die Besetzung eines nach Besoldungsgruppe A 9 - A 11 dotierten Sanitätsdienstoffizier-Dienstpostens.

2 Der ... geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 31. März 2024. Er gehört der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes an. Zuletzt wurde er am 27. September 2007 zum Hauptmann befördert und mit Wirkung vom 1. August 2007 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 11 eingewiesen. Er wird seit Oktober 2017 gemäß Nr. 2.2.18 der Zentralen Dienstvorschrift (ZDv) A-1360/4 (zwingende Gründe für den Dienst an bestimmten Orten) auf einem mit Besoldungsgruppe A 11 dotierten dienstpostenähnlichen Konstrukt beim A. in ... verwendet. Der Antragsteller ist schwerbehindert (Grad der Behinderung 50) und Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen.

3 Unter dem 2. Juli 2020 traf das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr die folgende Organisationsgrundentscheidung zur Nachbesetzung von Dienstposten:
"Aufgrund der querschnittlichen Neubewertung von Dienstposten A 11 auf A 12 gem. Weisung BMVg sowie der regelhaften Nachbesetzung von Dienstposten in der Dotierung A 12 aufgrund der Zurruhesetzung der Dienstposteninhaber stehen nach derzeitigem Stand zum 01.10.2020 bzw. 01.04.2021 insgesamt 25 Dienstposten A 12 zur Besetzung an.
Unter dem Aspekt der bereits bestehenden Vakanzen in der Dienstpostenbesetzung A 9 - A 11 sowie unter der Voraussetzung, dass die Dienstposteninhaber der nachstehend genannten Dienstposten für die förderlichen Verwendungen ausgewählt werden und in Folge die dadurch freiwerdenden Dienstposten durch ... für die Nachbesetzungen priorisiert werden, wird für folgende Dienstposten die Organisationsgrundentscheidung "Aufsteiger" getroffen:
SanUstgZ ..., SanDstOffz MatMgr u. TrVersOffz SK, ...
..., SanDstOffz Mat, ...
..., G1, SanDstOffz u. Mgr GesVers u. PersOffz SK, ...
..., SanDstOffz u. Mgr GesVers u. PersOffz SK, ...
..., SanDstOffz u. Mgr GesVers u. PersOffz SK, ...
..., SanDstOffz u. EinsOffz SK, ...
..., SanDstOffz u. Mgr GesVers u. PersOffz SK, ...
..., ..., SanDstOffz u. Mgr GesVers u. OrgBer, ...
..., SanDstOffz u. Mgr GesVers, ..."

4 Mit Schreiben vom 24. November 2020 und Formularantrag vom 25. November 2020 beantragte der Antragsteller seine Versetzung auf den dort genannten Dienstposten beim A. (...). Er verwies darauf, dass seine Verwendung auf einem dienstpostenähnlichen Konstrukt soweit möglich durch Versetzung auf einen in den Organisationsgrundlagen hinterlegten Dienstposten zu beenden sei. Auch seien seine Schwerbehinderteneigenschaft und sein Amt als gewählte Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen zu berücksichtigen. Der Dienstposten entspreche sowohl seinen erlernten als auch seinen in langjähriger Berufspraxis erworbenen Fähigkeiten und komme seinen gesundheitlichen Einschränkungen entgegen.

5 Der Kommandeur des A. äußerte unter dem 19. Januar 2021 Zweifel, ob der Antragsteller den vielschichtigen Anforderungen des Dienstpostens gewachsen sei; auch sei das Vertrauensverhältnis derartig beschädigt, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit gegenseitigem Respekt und Loyalität nicht zu erwarten sei. Der Kommandeur des B. schloss sich dieser Bewertung unter dem 21. Januar 2021 an.

6 Die Vertrauensperson erklärte unter dem 21. Januar 2021, dass sie die Absicht einer Verwendung auf einem regulären Dienstposten statt auf einem dienstpostenähnlichen Konstrukt positiv sehe. Allerdings wiege auch die Argumentation des Kommandeurs des A. schwer. Die offensichtlich bestehenden Spannungsfelder würden sich bei der gewünschten Verwendung verschärfen, so dass eine zielführende vertrauens- und respektvolle Zusammenarbeit auf dem angestrebten Dienstposten kaum möglich sein werde.

7 Die Bezirksschwerbehindertenvertretung beim C. befürwortete den Versetzungsantrag des Antragstellers unter dem 21. Januar 2021 vollumfänglich. Schwerbehinderte Menschen seien nach § 164 Abs. 4 Nr. 1 SGB IX so zu beschäftigen, dass sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln könnten. Die gesundheitliche Situation des Antragstellers würde sich durch den Einsatz in einem Arbeitsfeld, in dem er seine Stärken einbringen könne, verbessern, so dass davon auszugehen sei, dass er seinen derzeit reduzierten Stundenansatz künftig erhöhen könne.

8 Unter Bezugnahme auf die Organisationsgrundentscheidung vom 2. Juli 2020 entschied das Bundesamt für das Personalmanagement am 5. Februar 2021, den nach Besoldungsgruppe A 9 - A 11 dotierten Dienstposten eines Sanitätsdienstoffiziers/Managers Gesundheitsversorgung/Personaloffiziers Streitkräfte/Presseoffiziers Streitkräfte/Lotsen einsatzgeschädigter Soldatinnen und Soldaten/Abteilungsleiters (...) beim A. in ... mit dem Beigeladenen, der damals den Dienstgrad eines Oberfähnrichs zur See (Besoldungsgruppe A 8) innehatte, zu besetzen. Zum Antragsteller wird ausgeführt, dass er aufgrund der Organisationsgrundentscheidung nicht weiter zu betrachten gewesen sei, weil er dem gewählten Modell nicht angehöre.

9 Zu der beabsichtigten Ablehnung des Versetzungsantrags des Antragstellers erklärte die Vertrauensperson unter dem 9. Februar 2021, dass diese Entscheidung nachvollziehbar sei und die begehrte Versetzung aus den bereits dargelegten Gründen sehr kritisch gesehen werde. Der ständige Vertreter der Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen beim A. erklärte unter dem 11. Februar 2021, dass die beabsichtigte Ablehnung des Versetzungsantrags die Vorschriften der ZDv A-1473/3 (Inklusion schwerbehinderter Menschen) nicht berücksichtige. Die Bezirksschwerbehindertenvertretung beim C. erklärte am 25. Februar 2021, dass insbesondere Nr. 403, 404 und 501 ZDv A-1473/3 nicht beachtet worden seien; das gewählte Organisationsgrundmodell sei diskriminierend.

10 Mit Bescheid vom 4. März 2021 lehnte das Bundesamt für das Personalmanagement den Versetzungsantrag des Antragstellers ab. Für den angestrebten Dienstposten sei die Organisationsgrundentscheidung "Aufsteigende" getroffen worden. Da der Antragsteller sich bereits im Dienstgrad Hauptmann befinde, sei sein Antrag mit dienstlichen Belangen nicht in Einklang zu bringen.

11 Hiergegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 15. März 2021 Beschwerde, die er mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 28. Mai 2021 begründete. Er machte geltend, dass er unter Missachtung des Leistungsgrundsatzes von vornherein durch das gewählte Organisationsgrundmodell ausgeschlossen worden sei. Auch sei seine Schwerbehinderteneigenschaft unberücksichtigt geblieben. Der wahre Hintergrund seines Ausschlusses sei wohl in den negativen Ausführungen des Disziplinarvorgesetzten zu sehen.

12 Zur Beschwerde erklärte die Hauptschwerbehindertenvertretung des Bundesministeriums der Verteidigung unter dem 25. Oktober 2021, dass die Absicht des Antragstellers, eine behindertengerechte Verwendung auf einem regulären Dienstposten statt auf einem dienstpostenähnlichen Konstrukt auszuüben, uneingeschränkt befürwortet werde. Insoweit sollten unabhängig vom vorliegenden Fall für den Antragsteller mögliche Perspektiven erarbeitet werden.

13 Mit Bescheid vom 2. November 2021 wies das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerde des Antragstellers zurück. Zur Begründung verwies es darauf, dass der Dienstherr im Rahmen seines personalwirtschaftlichen Ermessens bereits lange vor und nicht etwa nach oder anlässlich der Interessenbekundung des Antragstellers entschieden habe, die Nachbesetzung von insgesamt neun Dienstposten anhand des Organisationsgrundmodells "Aufsteiger" durchzuführen. Es habe sich dabei nicht nur um den den Antragsteller interessierenden, sondern auch um andere Dienstposten gehandelt. Hintergrund sei gewesen, die Anzahl der Dienstposteninhaber auf der Ebene A 9 - A 11 mit zahlreichen Vakanzen zu erhöhen. Dies sei von der Schwerbehinderteneigenschaft unabhängig. Alle Vertretungsorgane seien, zum Teil mehrfach, beteiligt worden.

14 Hiergegen hat der Antragsteller mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 8. Dezember 2021 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt und den Antrag mit Schriftsatz vom 7. Juni 2022 begründet. Das Bundesministerium der Verteidigung hat den Antrag mit seiner Stellungnahme vom 29. Juli 2022 dem Senat vorgelegt.

15 Zur Begründung führt der Antragsteller ergänzend insbesondere aus:
Er bringe für den Dienstposten sowohl die geforderte Qualifikation als auch die notwendige Berufserfahrung mit. Auch seine Vorverwendungen sprächen für ihn. Soweit ein gestörtes Vertrauensverhältnis zwischen ihm und dem Kommandeur ins Feld geführt werde, sei dieses, wenn überhaupt, durch den Kommandeur und nicht durch ihn zerstört worden. Die Befürchtungen des Kommandeurs und der Vertrauensperson, er könne wegen seiner Schwerbehinderung den Posten nicht ausfüllen, seien unrichtig und diskriminierend. Nach dem Sozialgesetzbuch IX müsse der Dienstherr bei Schwerbehinderten mit Minderleistungen rechnen, diese akzeptieren und gegebenenfalls kompensieren. Sein Eindruck, dass die Ablehnung seines Versetzungsgesuchs nur dazu diene, die missliebige Schwerbehindertenvertretung ins Abseits zu stellen, sei keineswegs unhaltbar. Auch seien mit ihm keine Alternativen besprochen worden. Seine Rechte als Schwerbehinderter seien, außer dass die Interessenvertretungen angehört worden seien, in keiner Weise berücksichtigt worden. Auch sei noch nicht geklärt, welche Rolle die Schwerbehinderteneigenschaft beim Erlass einer Organisationsgrundentscheidung spiele.

16 Der Antragsteller beantragt,
die Entscheidung des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 5. Februar 2021, den nach Besoldungsgruppe A 9 - A 11 dotierten Dienstposten Sanitätsdienstoffizier, Manager Gesundheitsversorgung, Personaloffizier Streitkräfte, Presseoffizier Streitkräfte, Lotse einsatzgeschädigter Soldatinnen und Soldaten und Abteilungsleiter (...) beim A. mit dem Beigeladenen zu besetzen, den Ablehnungsbescheid des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 4. März 2021 und den Beschwerdebescheid des Bundesministeriums der Verteidigung vom 2. November 2021 aufzuheben, und das Bundesministerium der Verteidigung zu verpflichten, über die Besetzung des Dienstpostens unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

17 Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

18 Zur Begründung verweist es auf seinen Beschwerdebescheid. Die Organisationsgrundentscheidung, den gegenständlichen und weitere Dienstposten an "Aufsteiger" zu vergeben, sei am 2. Juli 2020 und damit vor der Interessensbekundung des Antragstellers getroffen worden. Ein Zusammenhang zwischen dieser Organisationsgrundentscheidung und der Person des Antragstellers bestehe evident nicht. Der Versetzungsantrag des Antragstellers habe daher auch unter Berücksichtigung seiner Schwerbehinderteneigenschaft abgelehnt werden müssen.

19 Der Beigeladene hat sich nicht zur Sache geäußert.

20 Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

21 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

22 1. Der Antrag ist zulässig.

23 Insbesondere hat sich der Rechtsstreit nicht dadurch erledigt, dass der strittige Dienstposten inzwischen mit dem Beigeladenen besetzt worden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats verfestigt sich eine einmal getroffene militärische Verwendungsentscheidung nicht dahin, dass der durch sie begünstigte Soldat eine rechtlich gesicherte Position erwirbt, auf dem ihm zugewiesenen Dienstposten verbleiben zu können; er müsste es vielmehr hinnehmen, von dem Dienstposten wegversetzt zu werden, wenn der Antragsteller bei der Stellenbesetzung ihm gegenüber rechtswidrig übergangen worden wäre (stRspr, vgl. z. B. BVerwG, Beschluss vom 25. April 2007 - 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 39 m. w. N.).

24 2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

25 Die Entscheidung des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 5. Februar 2021, den nach Besoldungsgruppe A 9 - A 11 dotierten Dienstposten Sanitätsdienstoffizier, Manager Gesundheitsversorgung, Personaloffizier Streitkräfte, Presseoffizier Streitkräfte, Lotse einsatzgeschädigter Soldatinnen und Soldaten und Abteilungsleiter (...) beim A. mit dem Beigeladenen zu besetzen, und der Ablehnungsbescheid vom 4. März 2021 in der Gestalt des Beschwerdebescheids des Bundesministeriums der Verteidigung vom 2. November 2021 verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Die Bewerbung des Antragstellers wurde zu Recht abgelehnt, weil er der Organisationsgrundentscheidung "Aufsteiger" nicht entsprach.

26 a) Für die eine Dienstpostenbesetzung steuernde Organisationsgrundentscheidung gelten nach der Rechtsprechung des Senats die folgenden Grundsätze (vgl. zusammenfassend BVerwG, Beschluss vom 24. Februar 2022 - 1 WB 40.21 - BVerwGE 175, 53 Rn. 23, 25, 27 f. mit zahlreichen Nachweisen):

27 Die dem Bundesministerium der Verteidigung zustehende Organisations- und Personalhoheit berechtigt es und die in seinem Auftrag handelnden personalbearbeitenden Stellen, bei der Besetzung eines freien Dienstpostens vor der Auswahlentscheidung nach einem im Wesentlichen personalwirtschaftlich bestimmten Ermessen festzulegen, ob der Dienstposten im Wege einer förderlichen Besetzung (mit anschließender Beförderung oder Einweisung in die Planstelle einer höheren Besoldungsgruppe) oder mittels einer Versetzung ohne derartige Förderung besetzt werden soll. Der Dienstherr kann sein Ermessen auch dahin ausüben, sowohl Bewerber, für die der Dienstposten eine höherwertige Verwendung bedeuten würde (Förderungsbewerber, "Aufsteiger"), als auch Bewerber, die bereits einen entsprechend bewerteten Dienstposten innehaben (Versetzungsbewerber, "Querversetzung"), in das Auswahlverfahren einzubeziehen, wobei er dann verpflichtet ist, alle Bewerber gleichermaßen nach dem Grundsatz der Bestenauslese (Art. 33 Abs. 2 GG, § 3 Abs. 1 SG) zu beurteilen. Welches Modell der Dienstherr seiner Entscheidung über die Besetzung eines freien Dienstpostens zugrunde legt, hat er - gleichsam als Organisationsgrundentscheidung - vor der Auswahlentscheidung festzulegen.

28 Die Organisationsgrundentscheidung unterliegt zwar nicht unmittelbar der Dokumentationspflicht, die die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter aus Art. 33 Abs. 2 i. V. m. Art. 19 Abs. 4 GG hergeleitet hat. Unter dem Blickwinkel der verfahrensbegleitenden Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG ist aber auch für die Organisationsgrundentscheidung ein Nachweis zu fordern, der verhindert, dass die Grundlagen der Auswahlentscheidung nachträglich zulasten einzelner Bewerber verändert werden; denn mit der Festlegung des Modells, nach dem die Auswahl erfolgen soll, wird zugleich eine (Vor-)Entscheidung über den Auswahlmaßstab getroffen. Allerdings dürfen die Anforderungen an die diesbezügliche Dokumentation nicht überspannt werden. Ein Nachweis kann grundsätzlich auch durch einen entsprechenden Vermerk in den Akten des Auswahlverfahrens geführt werden, solange er die Funktion, eine nachträgliche Veränderung der Auswahlgrundlagen zu verhindern, erfüllt.

29 Die Pflicht zur Dokumentation der Organisationsgrundentscheidung dient dabei nicht nur dem Nachweis eines ordnungsgemäßen Personalauswahlverfahrens. Sie verfolgt auch den Zweck, die für die Personalauswahl zuständige Stelle zur Gewährleistung eines sachorientierten und fairen Auswahlverfahrens anzuhalten. Sie muss sich aufgrund des Dokumentationserfordernisses vergewissern, dass die Organisationsgrundentscheidung sachliche Gründe hat und angemessene Zeit vor der Auswahlentscheidung getroffen worden ist. Denn einerseits muss die Organisationsgrundentscheidung so frühzeitig erfolgen, dass die Interessenten für einen Dienstposten vor der Auswahlentscheidung in Erfahrung bringen können, ob sie nach der Grundregelung des Auswahlverfahrens als Bewerber in Betracht kommen. Andererseits soll sichergestellt werden, dass die Organisationsgrundentscheidung aus sachlichen, insbesondere haushalts- oder personalwirtschaftlichen Gründen getroffen wird.

30 b) Nach diesen Maßstäben ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass der Antragsteller im Auswahlverfahren nicht mitbetrachtet und sein Versetzungsantrag abgelehnt wurde, weil er der für die Besetzung des Dienstpostens maßgeblichen Organisationsgrundentscheidung "Aufsteiger" nicht entsprach.

31 aa) Nach der Organisationsgrundentscheidung vom 2. Juli 2020 war der hier strittige Sanitätsdienstoffizier-Dienstposten beim A. mit einem "Aufsteiger", also einem Soldaten, für den die Versetzung auf den mit Besoldungsgruppe A 9 - A 11 dotierten Dienstposten eine höherwertige Verwendung darstellt, zu besetzen. Diese Voraussetzung erfüllte der Antragsteller nicht, weil er bereits auf der Dotierungsebene A 11 verwendet wurde.

32 bb) Die Organisationsgrundentscheidung genügt den geschilderten zeitlichen und sachlichen Anforderungen.

33 Die Organisationsgrundentscheidung wurde am 2. Juli 2020 und damit deutlich vor der Auswahlentscheidung vom 5. Februar 2021 getroffen. Sie wurde ersichtlich auch nicht nachträglich verändert, weil die Besetzung mit dem Beigeladenen erfolgte, der damals als Oberfähnrich zur See auf der Dotierungsebene A 8 verwendet worden war und damit der Vorgabe "Aufsteiger" entsprach.

34 Die Organisationsgrundentscheidung beruht auf sachlichen personalwirtschaftlichen Erwägungen. Ihr liegt die Tatsache zugrunde, dass wegen der Höherdotierung von Dienstposten und der Zurruhesetzung von Dienstposteninhabern der Ebene A 12 zum 1. Oktober 2020 bzw. 1. April 2021 insgesamt 25 nach A 12 dotierte Dienstposten zu besetzen und entsprechende Vakanzen auf der Ebene A 11 (einschließlich gebündelter Dienstposten A 9 - A 11) zu erwarten waren. Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Bundesamt für das Personalmanagement entschied, neun konkret bestimmte Dienstposten "Aufsteigern" vorzubehalten und diese priorisiert nachzubesetzen, um - auch unter dem Aspekt bereits bestehender Vakanzen - die Reihen unterhalb der Ebene A 12 wieder aufzufüllen. Hiergegen lässt sich nicht mit Erfolg einwenden, dass im Falle einer Dienstpostenbesetzung mit einem Versetzungsbewerber in der Regel an anderer Stelle ein nach A 11 oder A 9 - A 11 dotierter Dienstposten frei würde. Im personalwirtschaftlichen Ermessen des Bundesamts für das Personalmanagement liegt es auch, an welcher Stelle es den Zugang für Förderungsbewerber auf die höherwertige Verwendungsebene öffnen will. "Nachbesetzungsketten" müssen nicht berücksichtigt werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. März 2010 - 1 WB 37.09 - BVerwGE 136, 204 Rn. 28 und vom 23. Februar 2017 - 1 WB 15.16 - juris Rn. 27). Im Übrigen liegt dieser Regelfall beim Antragsteller, der keinen regulären Dienstposten besetzt, nicht vor.

35 cc) Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG und § 3 Abs. 1 SG auf eine Organisationsgrundentscheidung, die ihm die Möglichkeit der Bewerbung auf den von ihm begehrten Dienstposten eröffnet. Zwar wären, bei einer Organisationsgrundentscheidung für eine Zulassung sowohl von Förderungs- als auch von Versetzungsbewerbern bei der Dienstpostenbesetzung alle Bewerber gleichermaßen nach dem Grundsatz der Bestenauslese zu beurteilen. Die Organisationsgrundentscheidung selbst betrifft jedoch die vorausliegende Ebene der Stellenbewirtschaftung, die sich nicht im Ausbringen und Bewerten von Dienstposten in einem Organisations- und Stellenplan erschöpft, sondern auch Erwägungen und Entscheidungen dazu umfasst, ob und unter welchen Voraussetzungen die Nachbesetzung eines Dienstpostens für eine Förderung von möglichen Bewerbern genutzt werden soll. Dabei ist die Stellenbewirtschaftung von organisations- und haushaltsrechtlichen Vorgaben und Vorentscheidungen geprägt, die nicht Gegenstand, sondern Voraussetzung für die Gewährleistungen des Art. 33 Abs. 2 GG sind. In diesem Stadium der Stellenbewirtschaftung werden deshalb individuelle Rechte eines Soldaten noch nicht berührt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 26. November 2013 - 1 WB 5.13 - juris Rn. 25, vom 23. Februar 2017 - 1 WB 15.16 - juris Rn. 24 und vom 26. April 2018 - 1 WB 1.18 - juris Rn. 27).

36 dd) Der Antragsteller wurde auch nicht wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt.

37 (1) Das Verbot von Benachteiligungen wegen ihrer Behinderung ergibt sich für Soldatinnen und Soldaten aus § 1 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 18 des Gesetzes über die Gleichbehandlung der Soldatinnen und Soldaten (Soldatinnen- und Soldaten-Gleichbehandlungsgesetz - SoldGG) vom 14. August 2006 (BGBl I S. 1904). Der Antragsteller kann sich hierauf berufen, weil er mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehindert im Sinne von § 2 Abs. 2 SGB IX ist.

38 Nicht anwendbar ist hingegen § 164 Abs. 2 SGB IX in Verbindung mit den Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (insbesondere §§ 1 und 7 AGG), weil dieses Gesetz weder direkt noch entsprechend (Umkehrschluss aus § 24 AGG) für Soldaten gilt (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. März 2008 - 1 WB 8.08 - Buchholz 450.1 § 5 WBO Nr. 1 Rn. 29 und vom 28. Mai 2008 - 1 WB 19.07 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 44 Rn. 40).

39 (2) Die vom Antragsteller beanstandete Organisationsgrundentscheidung stellt keine Benachteiligung wegen seiner Behinderung dar (§ 18 Abs. 1 Satz 1 SoldGG).

40 Die Entscheidung, den Dienstposten mit einem "Aufsteiger" zu besetzen, enthält keine Differenzierung, die an eine Behinderung anknüpft oder auf bestimmte Merkmale abstellt, die (typischerweise) nur schwerbehinderte oder nicht schwerbehinderte Soldaten aufweisen. Sie schließt vielmehr schwerbehinderte und nicht schwerbehinderte Versetzungsbewerber gleichermaßen von dem Auswahlverfahren aus. Umgekehrt eröffnet sie Bewerbungs- und Förderungschancen gleichermaßen für schwerbehinderte und nicht schwerbehinderte Aufstiegsbewerber.

41 Der Antragsteller hat auch keine Indizien bewiesen, die eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung vermuten lassen und zu einer Umkehr der Beweislast führen könnten (§ 18 Abs. 1 Satz 3 SoldGG). Die Organisationsgrundentscheidung wurde durch das Bundesamt für das Personalmanagement am 2. Juli 2020 und damit mehr als vier Monate vor dem Zeitpunkt getroffen, an dem sich der Antragsteller mit Schreiben vom 24. November 2020 und Formularantrag vom 25. November 2020 um den Dienstposten bewarb. Auch steht sie im Zusammenhang breiter angelegter Erwägungen zur Nachbesetzung von Dienstposten innerhalb des gesamten Sanitätsbereichs der Bundeswehr, die keinen benachteiligenden Bezug gerade zum Antragsteller erkennen lassen. Kein Indiz für eine Benachteiligung wegen einer Behinderung ergibt sich ferner daraus, dass seine Vorgesetzten Zweifel daran geäußert haben, dass der Antragsteller den Anforderungen des Dienstpostens gewachsen und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit ihm möglich sein werde. Diese Äußerungen fielen erst im Nachgang auf die Bewerbung des Antragstellers und konnten auf die davorliegende Organisationsgrundentscheidung des Bundesamts für das Personalmanagement nicht einwirken.

42 (3) Soweit der Antragsteller und die Schwerbehindertenvertretungen auf die Zentrale Dienstvorschrift (ZDv) A-1473/3 zur "Inklusion schwerbehinderter Menschen" verweisen, ergeben sich hieraus keine weitergehenden Rechte des Antragstellers. Die speziell angeführten Vorschriften der Nr. 403, 404 und 501 ZDv A-1473/3 sind für den vorliegenden Fall nicht einschlägig.

43 ee) Schließlich kann der Antragsteller auch mit dem - von der Vertrauensperson und der Hauptschwerbehindertenvertretung unterstützten - Argument, dass seine Verwendung auf einem regulären Dienstposten anstatt auf einem dienstpostenähnlichen Konstrukt anzustreben sei, nicht durchdringen. Zwar entspricht es ständiger Rechtsprechung des Senats, dass die Notwendigkeit, einen bisher auf einem dienstpostenähnlichen Konstrukt verwendeten Soldaten auf einem Dienstposten der Stärke- und Ausrüstungsnachweisung zu etatisieren, ein dienstliches Bedürfnis für eine Querversetzung rechtfertigen kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 8. Februar 2016 - 1 WDS-VR 10.15 - DokBer 2016, 219 Rn. 35 m. w. N.). Voraussetzung dafür ist jedoch, dass ein freier und auf diese Weise besetzbarer Dienstposten vorhanden ist. Das ist nicht der Fall, wenn - wie hier - der vom Antragsteller begehrte Dienstposten aufgrund der Organisationsgrundentscheidung für eine entsprechende Querversetzung nicht zur Verfügung steht.

44 c) Die Ablehnung der Versetzung auf den Sanitätsdienstoffizier-Dienstposten weist auch keine Verfahrensfehler auf.

45 Die zuständige Vertrauensperson wurde vor der Entscheidung über den Versetzungsantrag angehört und hat hierzu Stellung genommen (§ 24 Abs. 1 Nr. 1 SBG). Auf die Möglichkeit, eine Anhörung der Vertrauensperson im Beschwerdeverfahren zu beantragen, wurde der Antragsteller hingewiesen; er hat eine solche Anhörung jedoch nicht beantragt (§ 31 Abs. 2 Satz 2 SBG).

46 Die örtliche Schwerbehindertenvertretung (§ 178 Abs. 2 Satz 1 SGB IX) – und zwar, weil der Antragsteller selbst Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen ist, in Gestalt seines ständigen Vertreters (Nr. 1329 Abs. 3 ZDv A-1473/3) –, die Bezirksschwerbehindertenvertretung (Nr. 1331 Abs. 1 Punkt 2 Buchst. b und Nr. 1332 Abs. 2 Punkt 2 ZDv A-1473/3) und die Hauptschwerbehindertenvertretung (§ 180 Abs. 6 Satz 3 SGB IX, Nr. 1331 Abs. 1 Punkt 1 und Nr. 1332 Abs. 2 Punkt 1 ZDv A-1473/3) wurden angehört und haben jeweils Stellung genommen.

47 3. Der Beigeladene, der keinen eigenen Antrag gestellt hat, trägt die ihm entstandenen Aufwendungen selbst.