Beschluss vom 21.11.2022 -
BVerwG 1 B 37.22ECLI:DE:BVerwG:2022:211122B1B37.22.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.11.2022 - 1 B 37.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2022:211122B1B37.22.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 37.22

  • VG Trier - 12.08.2020 - AZ: 8 K 3617/18.TR
  • OVG Koblenz - 15.12.2021 - AZ: 13 A 11559/20.OVG

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. November 2022
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Keller,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Böhmann und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wittkopp
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. Dezember 2021 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

1 Die auf Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Die Beschwerde macht als Verfahrensmangel geltend, das Berufungsgericht habe den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 138 Nr. 3 VwGO) dadurch verletzt, dass es der Klägerin ihr Vorbringen zu einer Vorverfolgung ohne vorherigen Hinweis schon deswegen nicht geglaubt habe, weil sie nach eigenen Angaben den Iran mit gültigen eigenen Ausweispapieren über den Flughafen Teheran verlassen habe, was bei einer von iranischen Sicherheitskräften gesuchten Person nahezu ausgeschlossen sei. Im Falle eines Hinweises auf die Rechtserheblichkeit dieses Vorbringens wäre beantragt worden, ein Sachverständigengutachten einzuholen zu der Frage, dass man auch als verurteilter Straftäter mit den notwendigen Geldmitteln und der Vermittlung durch entsprechende Schlepper über den Flughafen Teheran ausreisen könne. Ein solches Gutachten zur aktuellen Lage bei der illegalen Ausreise hätte das Berufungsgericht auch von Amts wegen einholen müssen.

3 Mit diesem und dem weiteren Vorbringen zu der gerichtlichen Bewertung der Ausreiseumstände wird weder ein Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör durch eine unzulässige Überraschungsentscheidung noch ein anderer Verfahrensfehler schlüssig dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

4 a) Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Die Beteiligten müssen demgemäß auch Gelegenheit erhalten, sich zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen und Rechtsfragen sachgemäß, zweckentsprechend und erschöpfend erklären zu können. Die Hinweispflicht des Gerichts nach § 86 Abs. 3 VwGO konkretisiert den Anspruch auf rechtliches Gehör und zielt mit dieser Funktion insbesondere auf die Vermeidung von Überraschungsentscheidungen. Indes folgt aus dem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs auch in der Ausprägung, den er in § 86 Abs. 3 VwGO gefunden hat, keine Pflicht des Gerichts zu umfassender Erörterung sämtlicher entscheidungserheblicher Gesichtspunkte. Das Tatsachengericht ist nicht verpflichtet, die Beteiligten schon in der mündlichen Verhandlung auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinzuweisen und offenzulegen, wie es seine Entscheidung im Einzelnen zu begründen beabsichtigt. Denn die tatsächliche und rechtliche Würdigung ergibt sich regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung oder Urteilsfindung (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 7. Oktober 2014 - 2 B 12.14 - Buchholz 239.1 § 37 BeamtVG Nr. 5 Rn. 17 und vom 30. März 2016 - 5 B 11.16 - juris Rn. 20). Ein unzulässiges "Überraschungsurteil" liegt nur dann vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit welcher insbesondere der unterlegene Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn die das angefochtene Urteil tragende Erwägung weder im gerichtlichen Verfahren noch im Verwaltungsverfahren erkennbar thematisiert worden war (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. Mai 2001 - 4 B 81.00 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 34 S. 20 f. und vom 2. März 2010 - 6 B 72.09 - NVwZ 2010, 845 Rn. 14 jeweils m. w. N.).

5 Gemessen daran verpflichtete das Recht auf rechtliches Gehör das Berufungsgericht nicht dazu, die Klägerin vorab auf die beabsichtigte Würdigung ihrer Angaben zur Ausreise aus dem Iran hinzuweisen. Die Klägerin musste auch ohne einen derartigen Hinweis damit rechnen, dass ihre Angaben zu den Ausreisemodalitäten möglicherweise gegen die Richtigkeit ihrer Angaben zum Vorfluchtschicksal insgesamt sprechen könnten. Das Vorfluchtvorbringen der Klägerin war schon durch das Bundesamt und anschließend durch das Verwaltungsgericht aufgrund der insoweit festgestellten Ungereimtheiten, Widersprüche und Steigerung als insgesamt unglaubhaft bewertet worden. Bereits das Bundesamt hatte dabei im angegriffenen Bescheid - in gleicher Weise wie später das Berufungsgericht - auch die Umstände ihrer Ausreise zur Bewertung der (Un-)Glaubhaftigkeit ihres Vorbringens herangezogen. Die Klägerin hatte deshalb im gerichtlichen Verfahren nicht nur Gelegenheit, sondern auch Anlass, dieser Würdigung entgegenzutreten und darauf bezogene Beweisanträge zu stellen, soweit sie dies für erforderlich hielt.

6 b) Aus dem Vorbringen der Beschwerde ergibt sich auch keine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO). Es ist nicht dargelegt, dass und weshalb es sich dem Berufungsgericht auch ohne einen diesbezüglichen Beweisantrag hätte aufdrängen müssen, "ein Sachverständigengutachten zur aktuellen Lage bei der illegalen Ausreise" einzuholen (vgl. zu den Anforderungen an die Darlegung einer Verletzung der gerichtlichen Sachaufklärungspflicht, stRspr, BVerwG, Beschlüsse vom 15. Februar 2013 - 8 B 58.12 - ZOV 2013, 40, vom 8. August 2018 - 1 B 25.18 - NVwZ 2019, 61 Rn. 20 und vom 11. Mai 2022 - 1 B 101.21 - juris Rn. 13). Der Hinweis, das Oberverwaltungsgericht habe sich auf "veraltete Ausführungen" im ablehnenden Bescheid der Beklagten gestützt, in dem ein Lagebericht des Auswärtigen Amtes aus dem Jahr 2015 zitiert worden sei, genügt dazu schon deshalb nicht, weil sich die Beschwerde nicht damit auseinandersetzt, dass das Auswärtige Amt ausweislich des Berufungsurteils in einer aktuellen Auskunft vom 22. September 2021 (zitiert bei VG Hamburg, Urteil vom 20. Oktober 2021 - 10 A 80/20 - juris Rn. 30) an der 2015 getroffenen Einschätzung festgehalten hat. Der Umstand, dass es nach den vom Berufungsgericht herangezogenen Auskünften nur "nahezu" ausgeschlossen sei, über den Flughafen Teheran "einfach so" (mit eigenen Papieren) auszureisen, die Klägerin aber für die Ausreise mit dem Schlepper 13 000 Euro bezahlt habe, musste das Berufungsgericht ebenso wenig zu einer Beweiserhebung veranlassen.

7 c) Ein verfahrensrechtlich erheblicher Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO) ist in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht dargelegt.

8 Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO hat das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Es darf nicht einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse aus seiner Würdigung ausblenden. Im Übrigen darf es zur Überzeugungsbildung die ihm vorliegenden Tatsachen und Beweise frei würdigen. Die Einhaltung der verfahrensrechtlichen Grenzen zulässiger Sachverhalts- und Beweiswürdigung ist nicht schon dann infrage gestellt, wenn ein Beteiligter das vorliegende Tatsachenmaterial anders würdigt oder aus ihm andere Schlüsse ziehen will als das Gericht. Diese Grenzen sind erst dann überschritten, wenn das Gericht nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen tatsächlichen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen (vgl. nur BVerwG, Beschlüsse vom 7. Februar 2017 - 6 B 30.16 - juris Rn. 10 und vom 8. August 2018 - 1 B 25.18 - Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 AufenthG Nr. 58 Rn. 23). Nach diesen Maßstäben zeigt die Beschwerde eine Überschreitung der verfahrensrechtlichen Grenzen zulässiger Sachverhalts- und Beweiswürdigung nicht auf.

9 d) Schließlich geht die Rüge fehl, das Urteil sei hinsichtlich der Würdigung der Umstände der Ausreise nicht mit Gründen versehen (§ 138 Nr.  6 VwGO). Nach § 117 Abs. 2 Nr. 5, § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO müssen im Urteil die Gründe schriftlich niedergelegt werden, die für die Überzeugungsbildung des Gerichts maßgeblich waren. Nicht mit Gründen versehen ist eine Entscheidung nur dann, wenn die Entscheidungsgründe keine Kenntnis darüber vermitteln, welche tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte für die Entscheidung maßgebend waren, und wenn den Beteiligten und dem Rechtsmittelgericht deshalb die Möglichkeit entzogen ist, die Entscheidung auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen. Das ist nur dann der Fall, wenn die Entscheidungsgründe vollständig oder zu wesentlichen Teilen des Streitgegenstandes fehlen oder rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, den Urteilstenor zu tragen. Der in § 138 Nr. 6 VwGO vorausgesetzte grobe Verfahrensfehler liegt indessen nicht schon dann vor, wenn die Entscheidungsgründe lediglich unklar, unvollständig, oberflächlich oder unrichtig sind (stRspr, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 15. März 2021 - 4 B 14.20 - juris Rn. 38). Bei Anwendung dieses Maßstabs ist ein Begründungsmangel im Sinne von § 138 Nr. 6 VwGO im Hinblick auf die Ausführungen im Berufungsurteil (UA S. 14) weder dargelegt noch ersichtlich.

10 2. Ein Verfahrensfehler ist auch insoweit nicht bezeichnet, als die Beschwerde die Annahme des Berufungsgerichts angreift, dass sich die durch Fotomaterial dokumentierten Verletzungen der Klägerin nicht wie von ihr geschildert vermeintlich in der Untersuchungshaft erlittenen Misshandlungen zuordnen lassen. Die Beschwerde verfehlt in jeder Hinsicht die Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

11 a) Der in diesem Zusammenhang allein konkret behauptete Verfahrensmangel fehlender Entscheidungsgründe (§ 138 Nr. 6 VwGO) ist weder dargelegt noch erkennbar. Die Beschwerde wendet sich mit dem zugehörigen Vorbringen gegen die im Urteil dargestellte Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Berufungsgerichts, der sie nicht zu folgen vermag. Dass die Entscheidungsgründe zu diesem Punkt völlig fehlen oder rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, die Würdigung des Berufungsgerichts zu tragen, ist nicht substantiiert geltend gemacht.

12 b) Die Beschwerde rügt vielmehr der Sache nach eine fehlerhafte Sachverhalts- und Beweiswürdigung, indem sie geltend macht, es verstoße "gegen die geltenden Gesetze" und sei "nicht mehr begründbar", warum die von der Klägerin vorgelegten Fotos ihrer Verletzungen nicht den von ihr geschilderten Misshandlungen in der Untersuchungshaft zugeordnet würden. Einen als Verfahrensmangel rügefähigen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO; zu den Anforderungen siehe oben) zeigt die Beschwerde damit indes nicht auf. Weder macht sie aktenwidrige Feststellungen geltend, noch lässt sich der Beschwerdebegründung entnehmen, dass das Berufungsgericht gegen Denkgesetze verstoßen hätte. Insbesondere folgt aus der Annahme des Berufungsgerichts, der Urheber der Verletzungen der Klägerin sei nicht feststellbar, nicht, dass das Gericht davon ausgegangen wäre, die Klägerin habe sich diese Verletzungen selbst zugefügt. Das Gericht hat sich vielmehr wegen der - im Einzelnen begründeten - Unglaubhaftigkeit ihres Vortrags zu einer Vorverfolgung überzeugt gesehen, dass der Klägerin die durch eventuelle Schläge erlittenen Verletzungen jedenfalls nicht durch iranische Sicherheitskräfte beigebracht worden sind. Eine Überschreitung der verfahrensrechtlichen Grenzen zulässiger Sachverhalts- und Beweiswürdigung zeigt die Beschwerde auch mit dem abstrakten Hinweis darauf nicht auf, dass das Berufungsgericht - wie von ihm selbst ausgeführt - keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen darf, eigenen Erklärungen des Schutzsuchenden größere Bedeutung beizumessen hat als in anderen Rechtsbereichen und den Beweiswert einer Aussage im Rahmen des Möglichen wohlwollend zu beurteilen hat. Damit ist kein Verfahrensfehler dargelegt; im Übrigen setzt sich die Beschwerde auch nicht ansatzweise mit den Überlegungen auseinander, aus denen das Oberverwaltungsgericht von der Unglaubhaftigkeit des Vorbringens der Klägerin ausgegangen ist.

13 c) Eine konkrete Rüge, das Berufungsgericht habe den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag, verschiedene Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsachen einzuholen, dass die von der Klägerin vorgelegten Fotos von Verletzungen sowohl zu den von ihr geschilderten Misshandlungen bei den Verhören nach der Festnahme als auch zu den vorhandenen Erkenntnissen über die "Vernehmungstechniken" der Revolutionsgarden und Sittenwächter im Iran passen, prozessordnungswidrig und damit unter Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) abgelehnt, ist der Beschwerdebegründung schon nicht zu entnehmen. Die Beschwerde setzt sich überdies mit der Begründung, die das Berufungsgericht für die Ablehnung dieses Beweisantrags gegeben hat, nicht hinreichend auseinander. Sie geht insbesondere nicht auf die Auffassung des Berufungsgerichts ein, die dokumentierten Verletzungen, die nach der Darstellung der Klägerin von Schlägen der Vernehmungspersonen stammen, also keine Folge einer irgendwie spezifischen "Vernehmungs-" oder "Foltermethode" sein sollen, könnten von vornherein keinem besonderen "Täterkreis" – und damit auch nicht iranischen Stellen - zugeordnet werden.

14 3. Die Angriffe der Beschwerde gegen die Ablehnung des Beweisantrags, der auf die Überprüfung der Echtheit der im Rahmen der persönlichen Anhörung beim Bundesamt zum Verwaltungsvorgang gereichten Anklageschrift gerichtet gewesen ist, führen ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision.

15 a) Die Rüge, das Berufungsgericht habe diesen Beweisantrag prozessordnungswidrig abgelehnt und damit das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) sowie den Amtsermittlungsgrundsatz gemäß § 86 VwGO verletzt, genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.

16 Das Berufungsgericht hat die Ablehnung dieses Beweisantrags in erster Linie darauf gestützt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch ein substantiierter Beweisantrag dann abgelehnt werden dürfe, wenn im Einzelfall unschlüssige, gänzlich unglaubhafte oder unsubstantiierte Angaben zum Verfolgungsschicksal gemacht werden, die nach ihrem tatsächlichen Inhalt keinen Anlass geben, einer daraus hergeleiteten Verfolgungsfurcht näher nachzugehen. Diese Voraussetzungen lägen vor. Das Vorbringen der Klägerin zu der von ihr behaupteten Verfolgung im Zusammenhang mit der Teilnahme an einer Party, an die die vorgelegte "Anklageschrift" anknüpfen solle, weise - im Einzelnen bezeichnete - erhebliche Widersprüche, Ungereimtheiten und Steigerungen auf, die die Klägerin auch in der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren nicht habe plausibel machen können, sodass es sich in der Bewertung des Senats in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht als gänzlich unglaubhaft darstelle. Diese Begründung war für die Ablehnung des Beweisantrags selbstständig tragend, wie sich bereits aus der daran unmittelbar anschließenden Formulierung ergibt: "Der Beweisantrag war deshalb abzulehnen".

17 Vor diesem Hintergrund hat die Beschwerde einen Verfahrensfehler im Zusammenhang mit der Ablehnung dieses Beweisantrags schon deshalb nicht im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO bezeichnet, weil sie sich ausschließlich gegen die - nur ergänzend herangezogene - Erwägung des Berufungsgerichts wendet, die Klägerin habe es entgegen ihrer aus § 173 VwGO i. V. m. § 142 Abs. 3 ZPO folgenden Obliegenheit, auf die bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen habe, versäumt, eine amtliche Übersetzung der "Anklageschrift der Revolutionsgarden" vorzulegen oder den Inhalt der Urkunde im Detail zu erläutern. Die oben wiedergegebene, die Ablehnung des Beweisantrags selbstständig tragende Begründung des Berufungsgerichts stellt die Beschwerdebegründung hingegen nicht infrage.

18 b) Aus den gleichen Gründen ist die Revision auch nicht aufgrund der Rüge zuzulassen, das Gericht habe eine das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzende Überraschungsentscheidung getroffen, weil es nicht darauf hingewiesen habe, dass es sich auf den Umstand stützen wolle, "dass die von der Klägerin vorgelegte Urkunde durch die Beklagte nicht ausreichend übersetzt wurde". Da der Beweisantrag - wie oben ausgeführt - selbstständig tragend (auch) aus einem anderen Grund abgelehnt worden ist, könnte das Urteil auf einer derartigen (unterstellten) Gehörsverletzung nicht beruhen.

19 4. Ein Verfahrensfehler ist auch mit dem Beschwerdevorbringen gegen die berufungsgerichtliche Bewertung der vorgetragenen Homosexualität als unglaubhaft nicht dargelegt.

20 a) Der allein ausdrücklich geltend gemachte Verfahrensmangel fehlender Entscheidungsgründe (§ 138 Nr. 6 VwGO) ist weder dargelegt noch erkennbar. Die Beschwerde wendet sich mit dem zugehörigen Vorbringen gegen die im Urteil dargestellte Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Berufungsgerichts, der sie nicht zu folgen vermag. Dass die Entscheidungsgründe zu diesem Punkt völlig fehlen oder rational nicht nachvollziehbar, sachlich inhaltslos oder aus sonstigen Gründen derart unbrauchbar sind, dass sie unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet sind, die Würdigung des Berufungsgerichts zu tragen, macht die Beschwerde damit auch in diesem Zusammenhang nicht substantiiert geltend; dafür ist auch nichts ersichtlich.

21 b) Die Beschwerde rügt vielmehr der Sache nach eine fehlerhafte Sachverhalts- und Beweiswürdigung, indem sie geltend macht, der als unglaubhaft bewertete Vortrag der Klägerin zu ihrer sexuellen Orientierung könne nach den im angefochtenen Urteil dargestellten Verfahrensgrundsätzen und Beweiserleichterungen "genauso" auch als "geradezu plausibel" angesehen werden, und das hier gefundene Ergebnis sei "falsch". Einen als Verfahrensmangel rügefähigen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 VwGO; zu den Anforderungen siehe oben) zeigt die Beschwerde mit dem diesbezüglichen Vorbringen indes nicht auf. Sie würdigt damit im Wesentlichen lediglich das vorliegende Tatsachenmaterial anders als das Gericht und will aus ihm andere Schlüsse ziehen. Dies macht jedoch gerade denjenigen Bereich der Entscheidungsfindung aus, der der Überzeugungsbildung angehört, die dem Tatsachengericht vorbehalten ist. Die dargestellten engen Voraussetzungen an einen Verfahrensfehler bei der Sachverhalts- und Beweiswürdigung sind damit nicht erfüllt.

22 Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich im Übrigen nicht, inwiefern sich dem Berufungsgericht die Entscheidungserheblichkeit der von ihr weiter genannten Umstände für die Glaubhaftigkeitsbeurteilung hätte aufdrängen müssen.

23 Dies gilt für die noch im Iran nach kurzer Zeit erfolgte Scheidung der arrangierten Ehe der Klägerin, für das Antreffen der Klägerin durch die iranischen Sicherheitsbehörden auf einer Party, an der u. a. Homosexuelle teilgenommen hätten, sowie für den Aufenthalt der Klägerin in einer psychiatrischen Klinik in Deutschland. Sofern die Beschwerde anhand dieser Umstände meint, dass sie zum Vortrag der Klägerin zu ihrer Sexualität passten, vermutet und behauptet sie Zusammenhänge, ohne darzulegen, dass sich diese aufdrängen. Zudem lässt sie außer Acht, dass das Berufungsgericht das Vorfluchtvorbringen zur Festnahme bei einer Party durch iranische Sicherheitskräfte für insgesamt unglaubhaft gehalten hat.

24 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 RVG. Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.