Beschluss vom 30.12.2009 -
BVerwG 4 BN 13.09ECLI:DE:BVerwG:2009:301209B4BN13.09.0

Beschluss

BVerwG 4 BN 13.09

  • Niedersächsisches OVG - 09.10.2008 - AZ: OVG 12 KN 12/07

In der Normenkontrollsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Dezember 2009
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Antragstellers zu 2 gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 9. Oktober 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antragsteller zu 2 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf sämtliche Zulassungsgründe nach § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bleibt ohne Erfolg.

2 1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.

3 a) Die Beschwerde möchte rechtsgrundsätzlich klären lassen (Bl. 249 d.A.),
ob die unterbliebene Darstellung von Monitoringmaßnahmen (Maßnahmen zur Überwachung der erheblichen Auswirkungen der Durchführung des Bauleitplans auf die Umwelt im Sinne von § 2 Abs. 4 und §§ 2a, 4c BauGB i.V.m. Nr. 3 Buchst. b der Anlage 1 zu diesen Vorschriften) im Umweltbericht ein lediglich unwesentliches (und damit unbeachtliches) Begründungsdefizit im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Halbsatz 3 BauGB darzustellen vermag.

4 Dass ein Umweltbericht, der nicht in dem gebotenen Umfang Maßnahmen zur Überwachung der Umweltauswirkungen, die auf Grund der Durchführung des Bauleitplans eintreten, darstellt, an einem im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB unwesentlichen und damit unbeachtlichen Begründungsdefizit leiden kann, das Fehlen von Überwachungsmaßnahmen also jedenfalls nicht - wie die Beschwerde meint - stets ein wesentliches Begründungsdefizit darstellt, liegt auf der Hand und bedarf nicht der Bestätigung in einem Revisionsverfahren. Ob ein solcher Umweltbericht nur in unwesentlichen Punkten unvollständig ist, hängt maßgebend von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere von der Art des Bauleitplans, seinen Zielen und Inhalten und den in Rede stehenden Umweltauswirkungen ab. Ob das auch dann gilt, wenn der Umweltbericht überhaupt keine Ausführungen zu Überwachungsmaßnahmen im Sinne von § 4c BauGB enthält, kann dahingestellt bleiben. Denn ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts befasst sich der Umweltbericht mit dem Monitoring. Er bringt hinreichend zum Ausdruck, aus welchen Gründen auf die Darstellung konkreter Überwachungsmaßnahmen zur Begleitung von Kompensationsmaßnahmen verzichtet wird (UA S. 17).

5 Die Rechtsauffassung, dass eine unterbliebene Darstellung von Überwachungsmaßnahmen stets ein lediglich unwesentliches Begründungsdefizit im Sinne von § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB darstellt, hat das Oberverwaltungsgericht nicht vertreten. Es hat eine Lücke des Umweltberichts als unwesentlich angesehen, wenn ein vorhandenes Begründungsdefizit mangels umweltbezogener Abwägungsrelevanz keinen maßgeblichen Einfluss auf die Abwägungsentscheidung haben konnte (UA S. 16).

6 Soweit es um die Kompensation für die Darstellung der Sonderbauflächen Windenergie im Flächennutzungsplan geht, hat das Oberverwaltungsgericht eine Darstellung von Überwachungsmaßnahmen im Umweltbericht nicht für erforderlich gehalten; insoweit fehlt es nach seiner Rechtsauffassung bereits an einem Begründungsdefizit. Es ist davon ausgegangen, dass es grundsätzlich nicht zu beanstanden sei, wenn die konkreten Regelungen des Ausgleichs der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft nicht Gegenstand der Konzentrationsplanung für Windenergieanlagen nach § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB seien, sondern dem Verfahren der Vorhabengenehmigung vorbehalten blieben. Etwas anderes möge gelten, wenn ohne konkrete Regelungen von Ausgleichsmaßnahmen im Flächennutzungsplan der Ausgleich des Eingriffs im Rahmen nachfolgender Genehmigungsverfahren nicht sichergestellt werden könne. Ein entsprechendes Vollzugsdefizit sei anhand des im Umweltbericht dargestellten Kompensationsbedarfs jedoch nicht zu erkennen (UA S. 17). Wenn aber die Beschreibung des grundsätzlich erforderlichen Kompensationsbedarfs genüge und eine Darstellung von Ausgleichsflächen im Flächennutzungsplan gerade nicht erforderlich sei, sei es auch nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin auf die Festlegung von Maßnahmen zur Überwachung konkreter Kompensationsmaßnahmen verzichtet habe (UA S. 18).

7 Dass diese - von der Beschwerde in Frage gestellte - Rechtsauffassung zutrifft, lässt sich auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts und der bisherigen Senatsrechtsprechung ohne Weiteres beantworten; der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf es hierfür nicht. In der Senatsrechtsprechung ist geklärt, dass es, wenn eine Gemeinde in ihrem Flächennutzungsplan Konzentrationszonen für Windenergieanlagen ausweisen möchte und Art und Umfang der zu erwartenden Eingriffe sowie den Bedarf an Flächen für Kompensationsmaßnahmen ermittelt und im Erläuterungsbericht die hierfür in Betracht kommenden Flächen benannt hat, im allgemeinen mit dem Gebot gerechter Abwägung vereinbar ist, die Regelung des Ausgleichs der zu erwartenden Eingriffe in Natur und Landschaft dem Verfahren der Vorhabengenehmigung und, wenn die Bereitstellung der Flächen nicht auf andere Weise gesichert ist, der Aufstellung eines Bebauungsplans vorzubehalten (Beschluss vom 26. April 2006 - BVerwG 4 B 7.06 - Buchholz 406.11 § 35 BauGB Nr. 371 S. 7). Hiervon ist das Oberverwaltungsgericht vorliegend ausgegangen. Dann ist es aber konsequent, auch Maßnahmen zur Überwachung der gebotenen Ausgleichsmaßnahmen, die Gegenstand der in § 4c BauGB statuierten Überwachungspflicht der Gemeinden sind (vgl. Gaentzsch, in: Schlichter/Stich/Driehaus/Paetow, Berliner Kommentar zum BauGB, Bd. 1, Stand November 2009, Rn. 4 zu § 4c; Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 10. Aufl. 2007, Rn. 5 zu § 4c, m.w.N.), ebenfalls erst im Verfahren der Vorhabengenehmigung oder der Bebauungsplanung konkret festzulegen. Denn es macht keinen Sinn, die Überwachung von Ausgleichsmaßnahmen bereits in einem Zeitpunkt zu planen, in dem konkrete Vorstellungen vom Überwachungsgegenstand noch gar nicht existieren. Das gilt insbesondere dann, wenn - wie vom Oberverwaltungsgericht für den vorliegenden Fall festgestellt (UA S. 17) - im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan noch nicht einmal Anzahl und Lage der die Ausgleichspflicht auslösenden Vorhaben feststehen und der Ausgleichsbedarf auch nur im Zusammenhang mit anderen Planungen bestimmt werden kann.

8 Dass sich § 4c BauGB nicht nur auf die Überwachung von Kompensationsmaßnahmen, sondern weitergehend auf alle erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt, die auf Grund der Durchführung des Bauleitplans eintreten und - wie die Beschwerde geltend macht - insbesondere auch auf unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen erstreckt, hat das Oberverwaltungsgericht nicht verkannt. Insoweit hat es ein Begründungsdefizit des Umweltberichts bejaht; dieses sei jedoch ohne maßgeblichen Einfluss auf die getroffene Abwägungsentscheidung. Die Planung werde durch vorhabenbezogene Genehmigungen umgesetzt. Hierbei hätten die Fachbehörden die planende Gemeinde nach § 4 Abs. 3 BauGB über erhebliche, insbesondere unvorhergesehene nachteilige Umweltauswirkungen zu unterrichten. Damit sei sichergestellt, dass die Antragsgegnerin über etwaige neue Erkenntnisse, die in dem jeweiligen Genehmigungsverfahren oder sonst gewonnen werden, informiert werde und dadurch auf unvorhergesehene Entwicklungen reagieren könne. Die Beschreibung weitergehender Kontrollmaßnahmen zur Informationsgewinnung sei zwar möglich gewesen; deren Unterbleiben führe bei der hier gegebenen Sachlage jedoch nicht zu einem beachtlichen Defizit, zumal der planenden Gemeinde bei der Umsetzung des Monitoring ein erheblicher Spielraum zukomme und die Pflicht zur Überwachung unabhängig davon bestehe, ob und welche dafür geeigneten Maßnahmen im Umweltbericht angegeben worden sind. Die Beschreibung der geplanten Überwachungsmaßnahmen habe nur eine dienende Funktion. Sie sei zur wirksamen Erfüllung der der Gemeinde obliegenden Verpflichtungen nicht zwingend erforderlich und enthalte auch keine Begrenzung der in Betracht kommenden Tätigkeiten und Erkenntnismittel (UA S. 18 f.).

9 In Bezug auf diese Begründung zeigt die Beschwerde einen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf nicht auf; sie geht auf die genannten Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts nicht ein. Unabhängig hiervon ist weder auf Grund des Beschwerdevorbringens noch auf Grund sonstiger Umstände ersichtlich, welche planbaren Überwachungsmaßnahmen für unvorhergesehene nachteilige Umweltauswirkungen überhaupt in Betracht gekommen wären und im Revisionsverfahren zu der Bewertung führen könnten, dass der Umweltbericht in wesentlichen Punkten unvollständig ist mit der Folge, dass das gegenteilige Ergebnis des vorinstanzlichen Urteils zu korrigieren wäre.

10 b) Für grundsätzlich klärungsbedürftig hält die Beschwerde ferner die Frage (Bl. 246 d.A.),
ob die Erforderlichkeit einer Planung entfällt, wenn sich eine Gebietskörperschaft - etwa zur Vermeidung von Schadensersatzansprüchen - zu einer Flächennutzungsplanänderung vertraglich verpflichtet, wenn entscheidender Aspekt für eine solche vertraglich vereinbarte Planung ein städtebaulich nicht legitimierter Zweck - etwa die Erhaltung der finanziellen Handlungsfähigkeit der Gebietskörperschaft - ist und wenn der Anlass der Planung keinen bodenrechtlichen Bezug aufweist.

11 Auch diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. In der Senatsrechtsprechung ist geklärt, dass Bauleitpläne nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB sind, wenn sie einer positiven Planungskonzeption entbehren und ersichtlich der Förderung von Zielen dienen, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind. Hiervon ist auszugehen, wenn eine Planung lediglich dazu dient, private Interessen zu befriedigen (Beschluss vom 11. Mai 1999 - BVerwG 4 BN 15.99 - Buchholz 406.12 § 1 BauNVO Nr. 27 m.w.N.). Andererseits liegt auf der Hand, dass eine Planung, die durch hinreichende städtebauliche Gründe getragen und deshalb im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich ist, auch privaten Interessen dienen und durch private Interessenträger angestoßen sein kann (zutreffend VGH Mannheim, Beschluss vom 5. Juni 1996 - 8 S 487/96 - NVwZ-RR 1997, 684). Entsprechendes gilt für fiskalische Interessen. Die Erforderlichkeit der Planung wäre in diesen Fällen nur dann zu verneinen, wenn eine positive städtebauliche Zielsetzung nur vorgeschoben wird, um in Wahrheit andere als städtebauliche Ziele zu verfolgen (so Beschluss vom 11. Mai 1999 a.a.O. zur Verhinderungsplanung).

12 Diese rechtlichen Maßstäbe hat das Oberverwaltungsgericht seinem Normenkontrollurteil zugrunde gelegt. Von einer Planung, die in Wahrheit allein von privaten oder fiskalischen Zielsetzungen getragen gewesen wäre, ist das Oberverwaltungsgericht nicht ausgegangen. Es hat vielmehr festgestellt, dass mit der Planung das öffentliche Interesse verfolgt werde, die Nutzung der Windenergie zu fördern und zu steuern (UA S. 22). Mit der 50. Änderung des Flächennutzungsplans wurde die 33. Änderung des Flächennutzungsplans fortgeschrieben, mit der die Antragsgegnerin erstmalig eine planerische Steuerung der Windenergienutzung im Außenbereich verfolgt und Konzentrationsflächen für Windenergieanlagen dargestellt habe (UA S. 20 f.). Nach dem Abschluss der 33. Änderung des Flächennutzungsplans sei auch eine neue Sachlage eingetreten, die ein Wiederaufgreifen der Planung gerechtfertigt habe (UA S. 21). Dass sich die Antragsgegnerin letztlich wohl aus fiskalischen Gründen, nämlich um drohende Schadensersatzansprüche zu vermeiden und ihre wirtschaftliche Handlungsfähigkeit zu erhalten, zu einem weiteren Ausbau der Windenergie entschieden habe, sei unschädlich und vermöge die Erforderlichkeit der Planung nicht in Frage zu stellen (UA S. 22). An die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zu den Gründen für die streitgegenständliche Planung und ihre tatrichterliche Würdigung war der Senat in einem Revisionsverfahren gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden.

13 Auch soweit die Beschwerde auf den zwischen der Antragsgegnerin, dem Landkreis Friesland und verschiedenen Windenergieanlagenbetreibern geschlossenen Vergleichsvertrag und die darin vereinbarte Verpflichtung zur Einleitung einer Planung abhebt, führt dies nicht zur Zulassung der Revision. Die Maßstäbe für eine unzulässige Vorabbindung sind in der Senatsrechtsprechung (Urteil vom 25. November 2005 - BVerwG 4 C 15.04 - BVerwGE 124, 385 <389>; siehe bereits Urteil vom 5. Juli 1974 - BVerwG 4 C 50.72 - BVerwGE 45, 309) geklärt. Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.

14 c) Die von der Beschwerde als grundsätzlich klärungsbedürftig erachtete Frage (Bl. 247 d.A.),
ob die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit der planenden Gemeinde ein in die Abwägung einzustellender öffentlicher Belang ist,
würde sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Das Oberverwaltungsgericht ist nicht von einem Rechtssatz des Inhalts ausgegangen, dass die Erhaltung der wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit einer Gemeinde ein öffentlicher Belang ist, der im Rahmen der Abwägung nach § 1 Abs. 7 BauGB zu Gunsten einer in Aussicht genommenen Bauleitplanung in die Waagschale geworfen werden darf. Es hat diesem Aspekt zwar eine entscheidende Bedeutung für die Aufnahme der umstrittenen Planung („Anstoßwirkung“) beigemessen. Als abwägungsbeachtlichen, für die Planung sprechenden Belang hat es ihn jedoch nicht behandelt, sondern, wie die Bezugnahme auf Nr. 1.2 der Planbegründung (UA S. 25) zeigt, allein als Gesichtspunkt, der im Rahmen der Prüfung der Planrechtfertigung (§ 1 Abs. 3 BauGB) eine Rolle gespielt hat.

15 2. Die Divergenzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) greifen ebenfalls nicht durch.

16 Die Beschwerde macht geltend (Bl. 250 ff. d.A.), das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Urteil vom 5. Juli 1974 (a.a.O.) klar herausgestellt, dass bei der Frage, ob eine unzulässige Vorabbindung vorliegt, zwischen Bindungen rechtlicher und tatsächlicher Qualität nicht differenziert werden dürfe und dass sich unter beiden Gesichtspunkten eine unzulässige Bindung ergeben könne. Hiervon weiche das Normenkontrollurteil ab. Die Vorinstanz lege seiner Entscheidung die Prämisse zugrunde, dass nur dann, wenn die Ratsherren der Antragsgegnerin von dem Bestehen einer rechtlichen Bindung ausgegangen wären, eine unzulässige Bindung bestanden haben könnte.

17 Den von der Beschwerde unterstellten Rechtssatz hat das Oberverwaltungsgericht weder ausdrücklich formuliert noch seiner Entscheidung stillschweigend zugrunde gelegt. Richtig ist zwar, dass sich das Oberverwaltungsgericht mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob sich die Antragsgegnerin durch den Vergleichsvertrag rechtlich in unzulässiger Weise vorab gebunden haben könnte (UA S. 23) oder ob die Mitglieder des Rates der Antragsgegnerin irrig von einer bindenden Wirkung des Vergleichsvertrages ausgegangen sind bzw. ob der Eindruck der Rechtsverbindlichkeit durch die Erklärung des in der Sitzung anwesenden Stadtdirektors erzeugt worden sein könnte (UA S. 24). Das Oberverwaltungsgericht hat sich aber auch mit der Frage auseinandergesetzt, ob sich die Mitglieder des Rates durch die Vergleichsverhandlungen oder durch den Aspekt der finanziellen Handlungsfähigkeit der Antragsgegnerin einer Drucksituation gegenübergesehen haben könnten, die - in tatsächlicher Hinsicht - keinen Raum für freie Entscheidungen belassen haben könnte, dies aber im Ergebnis verneint (UA S. 24 f.). Es ist also ersichtlich davon ausgegangen, dass neben rechtlichen auch tatsächliche Bindungen eine unzulässige Vorabbindung bewirken können.

18 Soweit die Beschwerde außerdem geltend macht (Bl. 252 f. d.A.), die Ausführungen des Erstgerichts zur Offensichtlichkeit des Mangels beim Abwägungsvorgang (UA S. 22 f.) beruhten auf einer falschen Rezeption der in Bezug genommenen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 7. November 1997 - BVerwG 4 NB 48.96 - Buchholz 406.11 § 215 BauGB Nr. 12), genügt sie schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO (vgl. dazu Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - NJW 1997, 3328; stRspr). Die Beschwerde bezeichnet keinen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtssatz, mit dem die Vorinstanz einem (unter anderem) in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen entscheidungstragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die behauptete Divergenz liegt auch in der Sache nicht vor. Das gilt auch, soweit die Beschwerde die Auffassung vertritt, die Rede des Stadtdirektors in der Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung, Stadtentwicklung und Verkehr, in der dieser erklärt habe, dass richterlich ein genereller Schaden festgestellt und die Antragsgegnerin zum Ersatz dieses Schadens verpflichtet worden sei und in Ansehung dieser Lage die Verhinderung und Abwendung von Schäden seine wie auch die Pflicht eines jeden Ratsmitglieds sei, sei in den Verwaltungsvorgängen für jeden erkennbar dokumentiert und deshalb offensichtlich. Offensichtlich ist insoweit zwar der Inhalt der Äußerung des Stadtdirektors der Antragsgegnerin, nicht hingegen auch die „innere Seite“ des Abstimmungsverhaltens der einzelnen Ratsmitglieder, die die Beschwerde hieraus abzuleiten versucht.

19 3. Schließlich führen auch die mit der Beschwerde geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht zur Zulassung der Revision.

20 a) Das Normenkontrollgericht hat nicht gegen die in § 86 Abs. 1 VwGO normierte Pflicht zur gerichtlichen Sachverhaltsaufklärung verstoßen.

21 Die Frage, ob das vorinstanzliche Verfahren gegen die Pflicht zur Sachverhaltsermittlung verstößt, ist vom materiellrechtlichen Standpunkt des Gerichts der Vorinstanz aus zu beurteilen, auch wenn dieser Standpunkt rechtlich verfehlt sein sollte (Beschluss vom 23. Januar 1996 - BVerwG 11 B 150.95 - Buchholz 424.5 GrdstVG Nr. 1 m.w.N.). Insoweit räumt die Beschwerde selbst ein, dass es nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts für die Beantwortung der Frage, ob sachwidrige Belange in die Abwägungsentscheidung eingestellt wurden und ob die Abwägungsentscheidung in unzulässiger Weise vorab gebunden war, allein auf die Bewertung der „äußeren Seite“ des Abwägungsvorgangs, die den vorliegenden Sitzungsprotokollen und der Entwurfs- und Planbegründung zu entnehmen sei, und nicht auf die innere Einstellung der Mitglieder des Rates angekommen sei. Unter Zugrundelegung dieses Rechtsstandpunkts waren im Termin zur mündlichen Verhandlung - hilfsweise (UA S. 23) - angebotene Beweise zur „inneren Seite“ des Abwägungsvorgangs nicht entscheidungserheblich. Sie konnten deshalb ohne Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO abgelehnt werden. Den Vergleichsvertrag und die Äußerung des Stadtdirektors hat im Übrigen auch das Oberverwaltungsgericht der rechtlich erheblichen „äußeren“ Seite des Abwägungsvorgangs zugerechnet. Es hat diese Umstände lediglich - anders als die Beschwerde - dahingehend gewürdigt, dass sie nicht zu einer unzulässigen Vorabbindung des Rates der Antragsgegnerin geführt hätten. Die Beweiswürdigung ist aber in der Regel - und so auch hier - nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzurechnen.

22 b) Soweit die Beschwerde geltend macht, dieser Rechtsauffassung des Oberverwaltungsgerichts könne nicht gefolgt werden, weil es für das Vorliegen einer tatsächlichen Vorabbindung durchaus erheblich sei, ob sich die Gemeinderatsmitglieder verpflichtet gesehen hätten, der Flächennutzungsplanänderung allein zur Abwehr etwaiger Schadensersatzansprüche zuzustimmen, macht sie eine unrichtige Rechtsanwendung und damit keinen in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgrund geltend. Gleiches gilt, soweit die Beschwerde geltend macht, das Normenkontrollurteil leide an einer fehlerhaften Überzeugungsbildung gemäß § 108 VwGO, weil das Oberverwaltungsgericht, hätte es die Anforderungen des Abwägungsgebots in seiner ganzen Breite zugrunde gelegt, hätte erkennen müssen, dass die durch den Vergleichsvertrag entstandene Drucksituation wenigstens zu einem Abwägungsfehler geführt habe.

23 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.