Verfahrensinformation

Gegenstand des Revisionsverfahrens sind die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Dienstunfalls.


Der Kläger, ein früherer Polizeioberkommissar, ließ sich im November 2005 beim polizeiärztlichen Dienst gegen Grippe impfen. Anfang 2006 war die gesamte Motorik der rechten Körperseite des Klägers gestört. Ursache ist eine Entzündung des Rückenmarks. Krankenhausaufenthalte und Anschlussheilbehandlungen führten nicht zu einer wesentlichen Verbesserung des Gesundheitszustandes des Klägers. Der Kläger sieht die Ursache für seine gesundheitlichen Probleme in der Grippeschutzimpfung. Die Behörde lehnte den Antrag auf Anerkennung als Dienstunfall ab. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat offen gelassen, ob die Impfung die wesentliche Ursache für die beim Kläger diagnostizierte Rückenmarksentzündung und die dadurch ausgelösten neurologischen Ausfallerscheinungen in der rechten Körperhälfte ist. Die Anerkennung als Dienstunfall sei jedenfalls deshalb ausgeschlossen, weil das den Körperschaden verursachende Ereignis nicht in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten sei. Das vom Dienstherrn erlaubte Aufsuchen eines Arztes während der Dienstzeit gehöre weder zu den Dienstaufgaben des Beamten noch stehe es damit im engen Zusammenhang. Dementsprechend sei die ärztliche Behandlung dem nicht dienstunfallgeschützten privaten Bereich des Beamten zuzuordnen.


Pressemitteilung Nr. 59/2013 vom 29.08.2013

Grippeschutzimpfung als dienstliche Veranstaltung

Lässt sich ein Beamter bei einer vom Dienstherrn organisierten Impfung gegen die echte Virusgrippe impfen und führt dies zu gesundheitlichen Schäden, können diese unter bestimmten Voraussetzungen als Dienstunfall anerkannt werden. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Der Kläger, ein inzwischen pensionierter Polizeivollzugsbeamter, hatte sich im November 2005 während seiner Dienstzeit vom Polizeiarzt in den Räumen des polizeiärztlichen Dienstes gegen die Virusgrippe impfen lassen. Auf die kostenlose Schutzimpfung war der Kläger durch einen Aushang im Polizeirevier aufmerksam geworden. Im Jahr 2006 trat beim Kläger eine Störung der gesamten Motorik der rechten Körperhälfte auf. Ursache hierfür war eine Entzündung des Rückenmarks, die der Kläger auf die Schutzimpfung zurückführt.


Die Behörde hat den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Dienstunfall abgelehnt. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Oberverwaltungsgericht darauf verwiesen, dass der erforderliche enge Zusammenhang mit dem Dienst nicht gegeben und die Impfung dem privaten Lebensbereich des Klägers zuzurechnen sei.


Auf die Revision des Klägers hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil aufgehoben und das Verfahren an das Oberverwaltungsgericht zur weiteren Klärung des Sachverhalts zurückverwiesen. Der besondere Schutz des Dienstunfallrechts soll dem Beamten nur dann zugute kommen, wenn sich der Unfall in der vom Dienstherrn beherrschten Risikosphäre ereignet hat. Die in der Rechtsprechung regelmäßig zur Abgrenzung der dienstlichen von der privaten Sphäre herangezogenen Kriterien der Dienstzeit und des Dienstortes führen hier nicht zur Annahme eines Dienstunfalls. Denn der Ort der Impfung war zu diesem Zeitpunkt nicht der Dienstort des Klägers. Der Dienstherr hatte die Impfung weder angeordnet noch im Hinblick auf die besonderen Gefährdungen von Polizeivollzugsbeamten auch nur empfohlen. Nach dem Gesetz ist ein Beamter aber auch dann geschützt, wenn er an einer dienstlichen Veranstaltung, wie z.B. an einem Betriebsausflug, teilnimmt. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Schutzimpfung als eine solche dienstliche Veranstaltung angesehen, weil sie vollständig in der Verantwortung des Dienstherrn lag. Dieser hatte die Impfung seinen Bediensteten angeboten, den Impfstoff bestimmt, das Personal und die Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt und auch die Kosten übernommen. Außerdem lag die Impfung auch im dienstlichen Interesse, weil davon auszugehen ist, dass geimpfte Bedienstete ein geringeres Risiko haben, krankheitsbedingt auszufallen.


Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr zu klären, ob die Schutzimpfung tatsächlich die wesentliche Ursache für die erheblichen gesundheitlichen Probleme des Klägers ist.


BVerwG 2 C 1.12 - Urteil vom 29. August 2013

Vorinstanzen:

OVG Saarlouis, 2 K 1879/08 - Urteil vom 07. Dezember 2011 -

VG Saarlouis, 1 A 269/11 - Urteil vom 29. März 2011 -


Urteil vom 29.08.2013 -
BVerwG 2 C 1.12ECLI:DE:BVerwG:2013:290813U2C1.12.0

Leitsatz:

Eine freiwillige Grippeschutzimpfung ist eine dienstliche Veranstaltung im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG, wenn sie vollständig in der Verantwortung des Dienstherrn liegt und auch dienstlichen Interessen dient.

  • Rechtsquellen
    BeamtVG § 31 Abs. 1

  • VG Saarlouis - 29.03.2011 - AZ: VG 2 K 1879/08
    OVG Saarlouis - 07.12.2011 - AZ: OVG 1 A 269/11

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 29.08.2013 - 2 C 1.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2013:290813U2C1.12.0]

Urteil

BVerwG 2 C 1.12

  • VG Saarlouis - 29.03.2011 - AZ: VG 2 K 1879/08
  • OVG Saarlouis - 07.12.2011 - AZ: OVG 1 A 269/11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 29. August 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz, Dr. von der Weiden,
Dr. Hartung und Dr. Kenntner
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 7. Dezember 2011 wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I

1 Der Kläger beansprucht die Anerkennung von Impfschäden aus einer Grippeschutzimpfung als Dienstunfall.

2 Der 1951 geborene Kläger stand bis zum Eintritt in den Ruhestand Ende März 2011 als Polizeioberkommissar im Dienst des Saarlandes. Im hier maßgebenden Zeitraum leistete er Dienst als Vollzugsbeamter; Dienstort war das Polizeirevier in S.-B. Im November 2005 fuhr der Kläger mit Einverständnis des Dienststellenleiters während der Dienstzeit mit einem Dienstwagen zum in einem anderen Stadtteil von S. gelegenen Sitz des polizeiärztlichen Dienstes, um sich dort gegen die Virusgrippe impfen zu lassen. Auf die kostenlose Schutzimpfung war der Kläger durch einen Aushang im Polizeirevier aufmerksam geworden. Im Jahr 2006 trat beim Kläger eine Störung der gesamten Motorik der rechten Körperhälfte auf. Ursache hierfür ist eine Entzündung des Rückenmarks, die der Kläger auf die Schutzimpfung zurückführt.

3 Der Beklagte lehnte den Antrag auf Anerkennung der Grippeschutzimpfung als Dienstunfall ab. Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolgloser Durchführung des Vorverfahrens erhobene Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers gegen dieses Urteil zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

4 Selbst wenn unterstellt werde, die Impfung sei die wesentliche Ursache für die körperlichen Beschwerden des Klägers, habe dieser keinen Anspruch auf Anerkennung der Impfung als Dienstunfall. Das schädigende Ereignis sei dem privaten Lebensbereich des Klägers zuzuordnen, weil der Kläger den Polizeiarzt aus vorrangig privaten Gründen aufgesucht habe. Der Besuch beim Arzt während der Dienstzeit und die Impfung gehörten weder zu den Dienstaufgaben des Klägers noch stünden sie damit im engen Zusammenhang.

5 Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er beantragt,
die Urteile des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 7. Dezember 2011 und des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 29. März 2011 sowie den Bescheid des Beklagten vom 21. Mai 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2008 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Grippeschutzimpfung vom 14. November 2005 als Dienstunfall mit den Dienstunfallfolgen cerviale Myelitis in Höhe C2/C3 und neurologische Beschwerden in der rechten Körperhälfte anzuerkennen sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

6 Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

II

7 Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt § 31 Abs. 1 BeamtVG in der Fassung des Gesetzes zur Regelung der Versorgung bei besonderen Auslandsverwendungen vom 21. Dezember 2004 (BGBl I S. 3592). Ob sich das Urteil aus anderen Gründen als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht entscheiden.

8 Für die Unfallfürsorge ist das Recht maßgeblich, das im Zeitpunkt des Unfallereignisses gegolten hat, sofern sich nicht eine Neuregelung ausdrücklich Rückwirkung beimisst (Urteile vom 24. Oktober 1963 - BVerwG 2 C 10.62 - BVerwGE 17, 59 <60>, vom 25. Oktober 2012 - BVerwG 2 C 41.11 - NVwZ-RR 2013, 320 Rn. 8 und vom 13. Dezember 2012 - BVerwG 2 C 51.11 - NVwZ-RR 2013, 522 Rn. 8).

9 Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Zum Dienst gehört nach Satz 2 Nr. 2 auch die Teilnahme an dienstlichen Veranstaltungen. Die vom Dienstherrn des Klägers angebotene und verantwortete Grippeschutzimpfung ist eine solche dienstliche Veranstaltung.

10 1. Das gesetzliche Merkmal „in Ausübung oder infolge des Dienstes“ verlangt eine besonders enge ursächliche Verknüpfung des Ereignisses mit dem Dienst (Urteile vom 24. Oktober 1963 a.a.O. S. 62 f., vom 18. April 2002 - BVerwG 2 C 22.01 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 12 S. 3, vom 15. November 2007 - BVerwG 2 C 24.06 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 18 Rn. 11 und vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 81.08 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 23 Rn. 17). Maßgebend hierfür ist der Sinn und Zweck der beamtenrechtlichen Unfallfürsorgeregelung. Dieser liegt in einem über die allgemeine Fürsorge hinausgehenden besonderen Schutz des Beamten bei Unfällen, die außerhalb seiner privaten (eigenwirtschaftlichen) Sphäre im Bereich der in der dienstlichen Sphäre liegenden Risiken eintreten, also in dem Gefahrenbereich, in dem der Beamte entscheidend aufgrund der Anforderungen des Dienstes tätig wird.

11 Ausgehend vom Zweck der gesetzlichen Regelung und dem Kriterium der Beherrschbarkeit des Risikos der Geschehnisse durch den Dienstherrn kommt dem konkreten Dienstort des Beamten eine herausgehobene Rolle zu. Der Beamte steht bei Unfällen, die sich innerhalb des vom Dienstherrn beherrschbaren räumlichen Risikobereichs ereignen, unter dem besonderen Schutz der beamtenrechtlichen Unfallfürsorge. Zu diesem Bereich zählt der Dienstort, an dem der Beamte seine Dienstleistung erbringen muss, wenn dieser Ort zum räumlichen Machtbereich des Dienstherrn gehört. Risiken, die sich hier während der Dienstzeit verwirklichen, sind dem Dienstherrn zuzurechnen, unabhängig davon, ob die Tätigkeit, bei der sich der Unfall ereignet hat, dienstlich geprägt ist. Eine Ausnahme gilt nur für den Fall, dass diese Tätigkeit vom Dienstherrn verboten ist oder dessen wohlverstandenen Interessen zuwiderläuft (Urteile vom 15. November 2007 a.a.O. Rn. 13 und vom 22. Januar 2009 - BVerwG 2 A 3.08 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 21 Rn. 14; Beschluss vom 26. Februar 2008 - BVerwG 2 B 135.07 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 20 Rn. 7).

12 Dienstort im dienstunfallrechtlichen Sinne ist derjenige Ort, an dem der Beamte die ihm übertragenen dienstlichen Aufgaben zu erledigen hat. Sind dem Beamten für gewisse Zeit Aufgaben zugewiesen, die er nicht an seinem üblichen Dienstort, insbesondere nicht an seinem Arbeitsplatz in einem Dienstgebäude, sondern an einem anderen Ort wahrnehmen muss, so wird dieser Ort für die Dauer der Aufgabenerledigung vorübergehend Dienstort (Urteile vom 22. Januar 2009 a.a.O. Rn. 15 und vom 25. Februar 2010 a.a.O. Rn. 19).

13 Mit dem Merkmal „infolge des Dienstes“ werden die Fälle erfasst, in denen die den Dienstunfall kennzeichnende Kausalkette zwischen dem den Schaden auslösenden Ereignis und dem Eintritt des Körperschadens zwar während der Erfüllung der Dienstobliegenheiten durch den Beamten begonnen, aber erst nach deren Abschluss ihr Ende gefunden hat (Urteile vom 28. Januar 1971 - BVerwG 2 C 136.67 - BVerwGE 37, 139 <143> = Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 42 S. 27 und vom 29. Oktober 2009 - BVerwG 2 C 134.07 - BVerwGE 135, 176 = Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 22, jeweils Rn. 14).

14 Die Zuordnung der Grippeschutzimpfung zur Risikosphäre des Dienstherrn nach den Kriterien Dienstzeit und Dienstort scheidet hier aus. Zwar ließ sich der Kläger nach den nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts während der Dienstzeit impfen. Das Dienstgebäude des polizeiärztlichen Dienstes war jedoch zum Zeitpunkt der Impfung nicht der Dienstort des Klägers. Der Kläger hatte seine dienstlichen Pflichten im Polizeirevier zu erfüllen. Der Dienstherr hatte das Dienstgebäude des polizeiärztlichen Dienstes auch nicht für die Dauer der Impfung zum Dienstort des Klägers bestimmt. Der Beklagte hatte den Kläger weder angewiesen, sich beim polizeiärztlichen Dienst impfen zu lassen, noch hatte er auch nur eine entsprechende Empfehlung ausgesprochen.

15 2. Die Grippeschutzimpfung ist aber eine dienstliche Veranstaltung im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG, sodass sie der dienstlichen Risikosphäre zuzurechnen ist und die Teilnahme an ihr als Dienstunfall anzuerkennen ist.

16 Mit der ausdrücklichen Aufführung der dienstlichen Veranstaltung in § 31 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BeamtVG hat der Gesetzgeber den gesetzlichen Dienstunfallbegriff nicht erweitert. Es sollte lediglich klargestellt werden, dass neben dem eigentlichen Dienst auch dienstliche Veranstaltungen zum Dienst gehören (Urteil vom 19. April 1967 - BVerwG 6 C 96.63 - Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 32 S. 88).

17 Veranstaltungen sind kollektive - für alle Beamten des Dienstherrn oder einer Behörde oder für einen bestimmten Kreis von Bediensteten - geschaffene Maßnahmen oder Einrichtungen. Die Veranstaltung muss formell und materiell dienstbezogen sein. Um ihre entscheidende Prägung durch die dienstliche Sphäre zu erhalten, muss eine Veranstaltung im Zusammenhang mit dem Dienst stehen, dienstlichen Interessen dienen und, sei es unmittelbar oder mittelbar, von der Autorität eines Dienstvorgesetzten getragen und damit in den weisungsgebundenen Dienstbereich einbezogen sein (Urteile vom 13. August 1973 - BVerwG 6 C 26.70 - BVerwGE 44, 36 <38> = Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 51 S. 54 f. und vom 14. Dezember 2004 - BVerwG 2 C 66.03 - Buchholz 239.1 § 45 BeamtVG Nr. 6 S. 11). Der Dienstvorgesetzte muss die Veranstaltung nicht ausdrücklich oder förmlich als „dienstlich“ bezeichnet haben. Maßgeblich ist, ob aus dem Verhalten des Dienstvorgesetzten unter Berücksichtigung aller sonstigen objektiven Umstände auf einen entsprechenden Willen geschlossen werden kann (Urteil vom 13. August 1973 a.a.O. S. 57).

18 Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind diese Voraussetzungen für die Annahme einer dienstlichen Veranstaltung hier erfüllt. Die Grippeschutzimpfung lag vollständig in der Verantwortung des Dienstherrn des Klägers. Denn er hatte die Impfung sämtlichen Bediensteten seines Geschäftsbereichs durch einen Aushang angeboten. Durch die Schilderung der echten Virusgrippe als lebensbedrohliche Erkrankung sowie durch den Hinweis auf die gute Verträglichkeit des Impfstoffs hatte er sein Interesse an der Teilnahme der Beschäftigten deutlich zum Ausdruck gebracht. Der Beklagte gestattete es, dass sich die Bediensteten während der Dienstzeit impfen lassen konnten. Vor allem aber bestimmte der Beklagte den Impfstoff, stellte das Personal und die Räumlichkeiten zur Verfügung und übernahm auch sämtliche Kosten der Impfung. Zudem lag die Impfung auch objektiv im dienstlichen Interesse des Beklagten, weil bei geimpften Bediensteten das Risiko geringer ist, krankheitsbedingt auszufallen.

19 Der Annahme einer dienstlichen Veranstaltung steht schließlich nicht entgegen, dass der Beklagte seinen Bediensteten die Teilnahme an der Impfung freigestellt hatte. Der Begriff der dienstlichen Veranstaltung setzt, wie etwa bei einem Betriebsausflug oder einer Weihnachtsfeier, nicht voraus, dass der Dienstvorgesetzte die Teilnahme aller Beamten seiner Dienststelle angeordnet hat oder ihre Teilnahme erwartet (Plog/Wiedow, BeamtVG, § 31 Rn. 102).

20 Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr zu klären, ob die Grippeschutzimpfung tatsächlich die wesentliche Ursache für die beim Kläger diagnostizierte Erkrankung ist (vgl. Urteil vom 18. April 2002 - BVerwG 2 C 22.01 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 12 S. 3).