Urteil vom 28.02.2019 -
BVerwG 3 A 5.16ECLI:DE:BVerwG:2019:280219U3A5.16.0
Neubaustrecke Ebensfeld - Erfurt, Planfeststellungsabschnitt Thüringer Wald; hier: Erweiterung von Rettungsplätzen
Leitsatz:
Ein Land kann gemäß § 42 Abs. 2 VwGO gegen die Planfeststellung eines Rettungsplatzes an einem Eisenbahntunnel geltend machen, dass ihm wegen einer zu kleinen Rettungsplatzfläche die Erfüllung seiner Aufgaben im Brand- und Katastrophenschutz wesentlich erschwert wird.
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Rechtsquellen
AEG § 4 Abs. 1 Nr. 1, § 18 EBO § 2 Abs. 1 VwGO § 42 Abs. 2, § 113 Abs. 5 ThürBKG § 7 Verordnung (EU) Nr. 1303/2014 -
Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 28.02.2019 - 3 A 5.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2019:280219U3A5.16.0]
Urteil
BVerwG 3 A 5.16
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 14. Februar 2019
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß und Dr. Kenntner
am 15. Februar 2019 für Recht erkannt:
- Die Beklagte wird verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Forderung des Klägers, der Beigeladenen aufzugeben, den Rettungsplatz am Notausgang 8 des Eisenbahntunnels Bleßberg zu vergrößern, erneut zu entscheiden. Der Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 30. März 2016 wird aufgehoben, soweit er dem entgegensteht. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Die Beklagte und die Beigeladene tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Klägers je zu 1/6. Der Kläger trägt 2/3 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen. Im Übrigen trägt jeder seine außergerichtlichen Kosten selbst.
Gründe
I
1 Der Kläger - der Freistaat Thüringen - wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 30. März 2016 zur 7. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses des Eisenbahn-Bundesamtes vom 20. Januar 1995 für das Vorhaben "Errichtung des VDE 8.1, NBS Ebensfeld - Erfurt Planfeststellungsabschnitt 2.12 Thüringer Wald", km 124,5+21 - km 139,5+34 (Bau-km 41,4+02 - 56,4+15) der Strecke 5919 Eltersdorf - Leipzig Hbf. Er begehrt die Ergänzung des Planänderungsbeschlusses dahingehend, dass die Beklagte der beigeladenen Vorhabenträgerin aufgibt, die Rettungsplätze am Notausgang 8 des Eisenbahntunnels Bleßberg, am Nordportal des Tunnels Goldberg und Nordportal des Tunnels Masserberg auf jeweils 3 000 qm zu erweitern.
2 Am Tunnel Bleßberg mit einer Länge von rd. 8,3 km sind die Notausgänge 5, 6, 7 und 8 an einen gemeinsamen Rettungsstollen angebunden, der am Notausgang 8 ins Freie führt. Der am 20. Januar 1995 festgestellte Plan sah am Notausgang 8 einen Rettungsplatz mit einer Fläche von rd. 280 qm vor (BW-Nr. 48.4). Am Tunnel Goldberg mit einer Länge von 1,163 km führt der Notausgang (Rettungsstollen) unmittelbar neben dem Nordportal des Tunnels ins Freie. Vor diesen Ausgängen war ein gemeinsamer Rettungsplatz mit einer Fläche von rd. 300 qm vorgesehen (BW-Nr. 51.11). Am Tunnel Masserberg mit einer Länge von 1,051 km führt der Notausgang (Rettungsstollen) ebenfalls unmittelbar neben dem Nordportal des Tunnels ins Freie. Der Planfeststellungsbeschluss vom 20. Januar 1995 sah dort einen Rettungsplatz mit einer Fläche von rd. 510 qm vor (BW-Nr. 53.16; Band 1 der Planunterlagen zur 7. Planänderung, Anlage 01 - Erläuterungsbericht S. 1 f.).
3 Nach Zulassung des Vorhabens haben sich die Anforderungen an die Sicherheit von Eisenbahntunneln erhöht. Die Richtlinie des Eisenbahn-Bundesamtes "Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes an den Bau und den Betrieb von Eisenbahntunneln - Stand: 1.07.2008" (im Folgenden: EBA-Richtlinie) verlangt, dass bei langen Tunneln (über 1 000 m) an den Tunnelportalen und Notausgängen jeweils ein Rettungsplatz anzuordnen ist. Rettungsplätze müssen eine Gesamtfläche von mindestens 1 500 qm aufweisen (Nr. 2.6 der EBA-Richtlinie).
4 Mit Schreiben vom 13. Dezember 2013 beantragte die Beigeladene beim Eisenbahn-Bundesamt, die 7. Planänderung festzustellen. Nach dem geänderten Plan soll der Rettungsplatz am Notausgang 8 des Tunnels Bleßberg parallel zum Forstweg durch eine Dammschüttung mit Bachverlegung auf rd. 1 540 qm erweitert werden (Band 1 der Planunterlagen zur 7. Planänderung, Anlage 01 -Erläuterungsbericht S. 6; Anlage 2 - Lagepläne, Bl. 6). Der Rettungsplatz am Notausgang und Nordportal des Tunnels Goldberg soll mit einer Größe von rd. 1 500 qm auf der südlichen Talflanke neu angeordnet werden. Der Hang muss dafür u.a. mit einer Stützmauer gesichert werden. Wegen der vorhandenen Böschungsneigung kann der Rettungsplatz von Tunnelportal und Notausgang aus nur über die mit 15 % Neigung planfestgestellte Tunnelzufahrt erreicht werden (Anlage 01 - Erläuterungsbericht S. 8; Anlage 02 - Bauwerksverzeichnis, BW-Nr. 51.11; Anlage 2 - Lagepläne, Bl. 9; Band 3 der Planunterlagen zur 7. Planänderung, Anlage 6 - Bauwerkspläne, Bl. 1). Für den Rettungsplatz am Notausgang und Nordportal des Tunnels Masserberg soll im hangseitigen Bereich oberhalb der umgelegten Widerlagerzufahrt eine zweite Teilfläche mit rd. 980 qm angeordnet werden, so dass die erweiterte Gesamtfläche 1 550 qm beträgt (Anlage 01 - Erläuterungsbericht S. 11; Anlage 02 - Bauwerksverzeichnis, BW-Nr. 53.26; Anlage 2 - Lagepläne, Bl. 13).
5 Im Anhörungsverfahren forderte der Kläger, die drei Rettungsplätze auf je 3 000 qm zu vergrößern (Vorgang Anhörung, Band 1, Nr. 37 und Band 2, Nr. 38 sowie Nr. 3a und Nr. 4a <jeweils 1.14 und 1.15 >). An den Rettungsplatz am Notausgang 8 des Bleßbergtunnels seien über den Rettungsstollen vier Notausgänge angeschlossen. Hier sei die Wahrscheinlichkeit am größten, dass die meisten Reisenden/Patienten betreut bzw. versorgt werden müssten. Erschwerend komme hinzu, dass die Einsatzeinheiten einen sehr langen Anfahrtsweg hätten und für nachrückende Einheiten auch in der weiteren Umgebung des Rettungsplatzes keine Bereitstellungsflächen zur Verfügung stünden. Für den Notausgang und das Nordportal des Goldbergtunnels sei nach der EBA-Richtlinie jeweils eine Rettungsplatzfläche von 1 500 qm anzuordnen. Das Gleiche gelte für den Notausgang und das Nordportal des Masserbergtunnels.
6 Die Beigeladene bot im näheren Umfeld des Notausgangs 8 des Bleßbergtunnels (im Bereich der Zufahrt zum Nordportal) zwei insgesamt ca. 500 qm große zusätzliche Stellflächen an. Im Übrigen widersprach sie den Forderungen des Klägers (Vorgang Anhörung, Band 1, Stellungnahme der Beigeladenen vom 10. November 2014 <zu Nr. 37> S. 4 f.; Band 2, Stellungnahmen der Beigeladenen vom 12. November 2014 <zu Nr. 38> S. 4 f., vom 7. Oktober 2015 <zu Nr. 3a und Nr. 4a> jeweils S. 3 und vom 14. Januar 2016 <zu Nr. 3a und Nr. 4a> S. 4 f. bzw. S. 5 f.).
7 Das Eisenbahn-Bundesamt stellte den Plan für die 7. Änderung durch Planfeststellungsbeschluss vom 30. März 2016 fest. Die Forderungen, an den Nordportalen der Tunnel Goldberg und Masserberg sowie am Notausgang 8 des Tunnels Bleßberg je einen auf 3 000 qm vergrößerten Rettungsplatz anzulegen, wies es zurück (Planfeststellungsbeschluss - PFB - S. 11 <A.5>, S. 49 f. <B.4.11>). Die EBA-Richtlinie gehe davon aus, dass die Notausgänge jeweils im Abstand von 1 000 m zum Tunnelportal bzw. zueinander ins Freie führten. Dass ein Rettungsstollen unmittelbar neben dem Tunnelportal ins Freie führe oder mehrere Notausgänge über eine gemeinsame Zufahrt gebündelt würden, werde in der Richtlinie nicht explizit abgebildet. Die Richtlinie setze voraus, dass alle Reisenden durch denselben Notausgang oder dasselbe Tunnelportal flüchten könnten und sich dort ein Rettungsplatz von 1 500 qm befinde, von dem ausgehend auch die Einsatzkräfte operierten. Mithin sei diese Fläche nach der Richtlinie für einen Ereignisfall ausreichend. Dementsprechend schreibe die Richtlinie für Tunnel unter 1 000 m Länge auch nur einen Rettungsplatz vor. Eine Aufsummierung der Rettungsplatzflächen für jeden (getrennten) Ausgang sei nicht möglich. Die Beigeladene werde am Notausgang 8 des Bleßbergtunnels ergänzend Teilflächen von ca. 500 qm nutzbar machen; diese Maßnahme sei wie geplant umzusetzen. Eine Verdoppelung der Rettungsplatzfläche auf 3 000 qm könne ihr nicht auferlegt werden, weil dies nach der Richtlinie nicht erforderlich sei.
8 Mit seiner Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend: Er sei klagebefugt, weil es um eine Frage der öffentlichen Sicherheit gehe. Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit sei eine staatliche Aufgabe. Bei einem Unfall in einem Eisenbahntunnel müsse von einem Katastrophenfall ausgegangen werden. Die Gefahrenabwehr im Katastrophenfall sei Aufgabe des Landes. Nach dem Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz erfüllten die Landkreise und kreisfreien Städte die Aufgabe des Katastrophenschutzes als Aufgabe im übertragenen Wirkungskreis. Die obere Katastrophenschutzbehörde (Thüringer Landesverwaltungsamt) sei für den Katastrophenschutz bei Anlagen und Ereignissen zuständig, von denen Gefahren für das Gebiet mehrerer unterer Katastrophenschutzbehörden ausgingen und die zentrale Maßnahmen erforderten. Die oberste Katastrophenschutzbehörde (Thüringer Ministerium für Inneres und Kommunales) sei für die grundsätzlichen Angelegenheiten des Katastrophenschutzes und für die länderübergreifende Zusammenarbeit zuständig. Arbeitsgruppen der Länder Bayern und Thüringen hätten ein gemeinsames Konzept zur Gefahrenabwehr entlang der ICE-Neubaustrecke erstellt. Es seien besondere Tunnelbasiseinheiten eingerichtet worden (9 in Bayern und 18 in Thüringen), die aus jeweils fünf Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr bestünden. Im Ereignisfall würden neben den örtlich zuständigen Feuerwehren und Katastrophenschutzeinheiten alle 27 Tunnelbasiseinheiten alarmiert. Die öffentliche Sicherheit werde nicht allein durch die baulichen Maßnahmen gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 AEG hergestellt, sondern erfahre durch die den Landesbehörden obliegenden Aufgaben der Gefahrenabwehr eine notwendige Ergänzung. Die Klagebefugnis ergebe sich zudem aus einem Verstoß gegen das Abwägungsgebot; die Interessen des Landes seien vom Eisenbahn-Bundesamt nicht ausreichend gewürdigt worden. Die Klage sei auch begründet. Die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde, die geforderte Erweiterung der Rettungsplätze zurückzuweisen, sei abwägungsfehlerhaft. An den Nordportalen der Tunnel Goldberg und Masserberg mündeten parallel zum Fahrtunnel geführte Rettungsstollen mit ihren Notausgängen ins Freie. Die EBA-Richtlinie bestimme unter Nr. 2.6, dass bei langen und sehr langen Tunneln an den Tunnelportalen und Notausgängen jeweils ein Rettungsplatz anzuordnen sei, der eine Gesamtfläche von mindestens 1 500 qm aufweisen müsse. Der Wortlaut sei klar und spreche für eine Verdoppelung der Rettungsplatzfläche auf 3 000 qm. Dafür sprächen auch Sinn und Zweck der Richtlinie. Wegen der zwei Ausgänge sei damit zu rechnen, dass sich im Ereignisfall entsprechend mehr Passagiere auf den Rettungsplatz flüchteten. Daher müsse dort auch mehr Platz für die Behandlung und Versorgung der Reisenden/Verletzten vorgehalten werden. Der Notausgang 8 am Bleßbergtunnel bündle über einen befahrbaren Rettungsstollen insgesamt vier Notausgänge. Nach der EBA-Richtlinie müssten entsprechend viele Rettungsplätze mit jeweils mindestens 1 500 qm angelegt werden, was hier aus topographischen Gründen nicht in Frage komme. Eine Vergrößerung des Rettungsplatzes auf 3 000 qm sei aber zu verlangen. Die Planfeststellungsbehörde setze sich nicht mit der Frage auseinander, weshalb sie eine Abweichung von der EBA-Richtlinie für gerechtfertigt halte. Nach Nr. 1.1 der Richtlinie seien Abweichungen nur zulässig, wenn die gleiche Sicherheit auf andere Weise erreicht und dies nachgewiesen werde. Zudem verlange die Richtlinie, dass bei Entscheidungen über Ausnahmen insbesondere die örtlichen Gegebenheiten sowie Anrückzeit und -weg der Rettungsdienste zu beurteilen seien. Es sei wahrscheinlich, dass im Ereignisfall die meisten Reisenden/Verletzten auf dem Rettungsplatz am Notausgang 8 betreut und versorgt werden müssten. Erschwerend komme hinzu, dass auch in der weiteren Umgebung keine Bereitstellungsflächen für nachrückende Einsatzeinheiten zur Verfügung stünden. Die von der Beigeladenen zusätzlich angebotenen Teilflächen von insgesamt 500 qm reichten dafür nicht aus.
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Der Kläger beantragt,
den Planfeststellungsbeschluss vom 30. März 2016 zur 7. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses vom 20. Januar 1995 - Az.: 1011/Rap/101/95 gemäß § 76 Abs. 1 VwVfG für das Vorhaben "Errichtung des VDE 8.1, NBS Ebensfeld - Erfurt, Planfeststellungsabschnitt 2.12 Thüringer Wald", hier: Neubau Notausgänge, Erweiterung Rettungsplätze und Zufahrten, Strecke 5919 Eltersdorf- Leipzig Hbf, km 124,5+21 - 139,5+34 hinsichtlich des Teils A.5 aufzuheben, soweit dieser die Entscheidung zu Rettungsplätzen und Zufahrten mit den Forderungen 1.14 und 1.15 betrifft, und die Beklagte zu verpflichten, den Planfeststellungsbeschluss dahingehend zu ergänzen, an den Nordportalen der Tunnel "Goldberg" und "Masserberg" mit den dortigen Notausgängen und im Bereich des Notausgang NA 8 des Tunnels Bleßberg die Rettungsplätze auf eine jeweilige Gesamtfläche von 3 000 qm zu erweitern.
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Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Klage abzuweisen.
11 Die Beigeladene macht im Wesentlichen geltend: Die Klage sei mangels Klagebefugnis bereits unzulässig. Sie ergebe sich nicht aus der Zuständigkeit des Klägers für den Katastrophenschutz nach dem Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz. Der Bund habe die ausschließliche Gesetzgebung über den Bau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes. Die Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung würden durch das Eisenbahn-Bundesamt als selbständige Bundesoberbehörde wahrgenommen. Der Gesetzesvollzug liege damit ausschließlich beim Bund. Im Rahmen dieses Gesetzesvollzugs könnten landesrechtliche Vorschriften zwar als abwägungserhebliche Belange zu berücksichtigen sein. Es bestehe aber weder aufgrund der Vollzugshoheit der Länder noch aufgrund einer vorgeschriebenen Beteiligung von Landesbehörden die Befugnis der Länder, eine fehlerhafte Berücksichtigung landesrechtlicher Belange gerichtlich geltend zu machen. Die Klagebefugnis ergebe sich auch nicht aus dem Abwägungsgebot des § 18 Satz 2 AEG. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts könne die Berücksichtigung landesrechtlicher Belange in der Planfeststellung keine Klagebefugnis begründen, wenn und soweit es sich dabei um die Ausführung von Bundesrecht handele. Das habe das Bundesverwaltungsgericht für die Belange des Denkmalschutzes bejaht; für die Belange des Katastrophenschutzes könne nichts anderes gelten. Die Klagebefugnis ergebe sich auch nicht aus § 4 Abs. 1 AEG, weil die Norm nicht drittschützend sei. Die Klage wäre im Übrigen auch unbegründet. Die Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG lägen nicht vor. Die Rettungsplätze genügten mit ihrer planfestgestellten Fläche den Sicherheitsanforderungen des § 4 Abs. 1 AEG i.V.m. der EBA-Richtlinie. Die Richtlinie sehe ausdrücklich vor, dass mehrere Notausgänge über einen Rettungsstollen gebündelt und an einen gemeinsamen Ausgang ins Freie angebunden werden könnten. Sie stelle für diesen Fall keine besonderen Anforderungen an die Größe des zugeordneten Rettungsplatzes. Bei dem Erfordernis, an den Notausgängen jeweils einen Rettungsplatz anzuordnen, knüpfe die Richtlinie nicht an die Notausgänge im Inneren der Tunnelanlage an, sondern an die Ausgänge ins Freie. Der Umstand, dass die meisten oder sogar alle Reisenden/Verletzen auf denselben Rettungsplatz flüchteten oder evakuiert würden, sei bei der festgelegten Mindestfläche von 1 500 qm berücksichtigt. Denn bei Tunneln bis 1 000 m Länge lasse die Richtlinie einen einzigen Rettungsplatz genügen, ohne eine größere Mindestfläche zu verlangen. Aus den gleichen Erwägungen könne auch bei einem Zusammentreffen von Tunnelportal und Notausgang keine Verdoppelung der Rettungsplatzfläche gefordert werden. Dritte hätten keinen Anspruch auf bestmögliche Sicherheitsstandards. Dem Vorhabenträger könnten nur die nach der EBA-Richtlinie gebotenen Maßnahmen auferlegt werden. Die planfestgestellte Größe der Rettungsplätze stehe auch im Einklang mit den unionsrechtlichen Anforderungen an die Sicherheit in Eisenbahntunneln. Die Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 1303/2014 seien eingehalten.
12 Die Beklagte hat sich dem Vorbringen der Beigeladenen angeschlossen.
13 Im Dezember 2017 ist die ICE-Neubaustrecke in Betrieb genommen worden.
II
14 Die Klage ist zulässig und teilweise begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Verpflichtung der Beklagten, über seine Forderung, der Beigeladenen eine Vergrößerung des Rettungsplatzes am Notausgang 8 des Tunnels Bleßberg aufzugeben, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die weitergehende Klage ist unbegründet.
15 A. Das Bundesverwaltungsgericht ist - wie bereits in einem Parallelverfahren dargelegt (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019 - 3 A 4.16 ) - für die Entscheidung über die Klage zuständig.
16 B. Die auf Planergänzung gerichtete Verpflichtungsklage ist zulässig. Insbesondere ist der Kläger gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Nach seinem Vortrag ist nicht offensichtlich ausgeschlossen, dass er einen Anspruch auf Vergrößerung der streitigen Rettungsplätze hat.
17 I. Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist die Verpflichtungsklage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch die Ablehnung eines begehrten Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein, und wenn nach seinem Vorbringen die Verletzung dieser Rechte möglich erscheint (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 27. September 2018 - 7 C 23.16 [ECLI:DE:BVerwG:2018:270918U7C23.16.0] - AbfallR 2018, 298 Rn. 10 m.w.N.). Aufgabenzuweisungen an und Zuständigkeiten von Hoheitsträgern sind - vorbehaltlich einer ausnahmsweise begründeten Grundrechtsträgerschaft - keine Rechte im Sinne von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, so dass deren gerichtliche Durchsetzung verfassungsrechtlich nicht gewährleistet ist. Sie können gleichwohl Rechte im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO begründen, sofern die Rechtsordnung dem einzelnen Hoheitsträger eine Rechtsposition einräumt, die im Konfliktfall auch gegenüber anderen Hoheitsträgern durchsetzbar sein soll. Wehrfähige Rechtspositionen im staatlichen Binnenbereich sind nicht beschränkt auf die Sicherung von Mitwirkungs- und Verfahrensrechten zur Optimierung von Entscheidungen, sondern können sich auch auf das von dem Hoheitsträger wahrgenommene, gemeinwohlorientierte Sachinteresse beziehen (BVerwG, Urteil vom 27. September 2018 - 7 C 23.16 - a.a.O. Rn. 14 m.w.N.).
18 II. Dem Kläger ist in Bezug auf die Größe von Rettungsplätzen an Eisenbahntunneln eine solche Rechtsposition eingeräumt. Sie ergibt sich aus der Zuweisung von Aufgaben im Bereich des Brand- und Katastrophenschutzes.
19 1. Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4 des Thüringer Gesetzes über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz - ThürBKG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. Februar 2008 (GVBl 2008, 22) ist das Land Aufgabenträger für die zentralen Aufgaben des Brandschutzes und der Allgemeinen Hilfe sowie für den Katastrophenschutz. Nach § 7 Abs. 1 ThürBKG hat es zur Erfüllung seiner Aufgaben u.a. Alarm- und Einsatzpläne aufzustellen für Anlagen und Gefahr bringende Ereignisse, von denen Gefahren ausgehen, die zentrale Abwehrmaßnahmen erfordern (Nr. 1), erforderlichenfalls den Einsatz der Feuerwehren und der anderen Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes anzuordnen (Nr. 2), die Gemeinden und Landkreise bei der Erfüllung ihrer Aufgaben im Brandschutz zu beraten (Nr. 4) sowie die notwendigen Maßnahmen im Katastrophenschutz zu treffen, soweit nicht die Landkreise und kreisfreien Städte zuständig sind (Nr. 5). Gemäß § 27 ThürBKG ist das Land u.a. für zentrale Maßnahmen (Abs. 2) und für die länderübergreifende Zusammenarbeit im Katastrophenschutz zuständig (Abs. 3); im Einzelfall kann es die Leitung des Katastrophenschutzeinsatzes übernehmen (Abs. 5 Nr. 1).
20 2. Bei der Aufgabenzuweisung nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4, § 7 ThürBKG handelt es sich um eine staatliche Aufgabe, deren Erfüllung nach Art. 30 GG Sache des Klägers ist. Das gilt auch in Bezug auf vorbeugende und abwehrende Maßnahmen gegen Brand- und Katastrophengefahren, die durch ein Schadensereignis beim Betrieb eines Eisenbahntunnels ausgelöst werden. Das Grundgesetz trifft insoweit keine andere Regelung oder lässt sie zu (Art. 30 Halbs. 2 GG).
21 a) Zwar liegt die Vollzugshoheit für die eisenbahnrechtliche Planfeststellung und damit für den Bau von Rettungsplätzen von Eisenbahntunneln beim Bund.
22 aa) Gemäß Art. 73 Abs. 1 Nr. 6a GG hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebung für den Bau, die Unterhaltung und das Betreiben von Schienenwegen der Eisenbahnen des Bundes. Gemäß Art. 87 Abs. 3 Satz 1 GG i.V.m. § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die Eisenbahnverkehrsverwaltung des Bundes (Bundeseisenbahnverkehrsverwaltungsgesetz - BEVVG) vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2394, in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 28. Mai 2015 <BGBl. I S. 824>) werden die Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung in bundeseigener Verwaltung durch das Eisenbahn-Bundesamt als selbstständige Bundesoberbehörde wahrgenommen. Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BEVVG ist das Eisenbahn-Bundesamt für die Planfeststellung für Betriebsanlagen der Eisenbahnen des Bundes zuständig.
23 bb) Der Bau und die Erweiterung von Rettungsplätzen von Eisenbahntunneln sind planfeststellungsbedürftig. Gemäß § 18 Satz 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes (AEG) vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2396; 1994 I S. 2439), das im hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Planänderungsbeschlusses zuletzt durch Gesetz vom 28. Mai 2015 (BGBl. I S. 824) geändert worden ist, dürfen Betriebsanlagen einer Eisenbahn nur gebaut oder geändert werden, wenn der Plan vorher festgestellt ist. Eisenbahntunnel unterfallen als Ingenieurbauwerke des Schienenwegs dem Planfeststellungsvorbehalt (Vallendar, in: Hermes/Sellner, AEG-Kommentar, 2. Aufl. 2014, § 18 Rn. 58). Neben den Schienenwegen zählen zu den Betriebsanlagen im Sinne des § 18 AEG alle sonstigen Einrichtungen einer Eisenbahn, die im räumlichen Zusammenhang mit dem Eisenbahnbetrieb stehen und der Abwicklung oder Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs auf der Schiene dienen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 1996 - 11 A 2.96 - BVerwGE 102, 269 <273 f.>). Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 AEG und § 2 Abs. 1 Satz 1 der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) vom 8. Mai 1967 (BGBl. II S. 1563) in der hier maßgeblichen Fassung der Verordnung vom 19. November 2015 (BGBl. I S. 2105) müssen Eisenbahnbetriebsanlagen so beschaffen sein, dass sie den Anforderungen der öffentlichen Sicherheit an den Bau genügen. Entsprechend verpflichtet § 4 Abs. 3 Satz 2 AEG Eisenbahnen, die Eisenbahninfrastruktur (§ 2 Abs. 6 AEG) sicher zu bauen. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 EBO i.V.m. der EBA-Richtlinie gehört zu den baulichen Sicherheitsanforderungen von Eisenbahntunneln mit einer Länge von über 500 m die Anlegung von Rettungsplätzen. Dementsprechend verlangt auch die EBA-Richtlinie, dass Rettungsplätze und ihre Zufahrten planfestgestellt werden (Nr. 2.6 <"Rechtliche Sicherung"> der EBA-Richtlinie).
24 b) Jedoch sind Gefahren, die durch ein betriebsbedingtes Schadensereignis ausgelöst werden, nicht beim planfestzustellenden Bau, sondern beim Betrieb des Tunnels abzuwehren. Die Zuständigkeit für die Abwehr dieser Gefahren im Rahmen der Aufgaben des Brand- und Katastrophenschutzes bleibt daher von der Planfeststellung unberührt. Sie geht nicht gemäß § 18 Satz 3, § 18c AEG i.V.m. § 75 Abs. 1 Satz 1 VwVfG auf die Planfeststellungsbehörde über, sondern verbleibt bei den nach Landesrecht zuständigen Stellen. Davon geht auch die EBA-Richtlinie aus. Sie sieht vor, dass sich der Vorhabenträger bei der Erstellung des Rettungskonzepts für den planfestzustellenden Tunnel mit den nach Landesrecht zuständigen Stellen für die Gefahrenabwehr abzustimmen hat (Nr. 1.3 der EBA-Richtlinie).
25 3. Insoweit unterscheidet sich die Rechtslage von dem Streitfall, über den der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts mit Urteil vom 14. April 1989 - 4 C 31.88 - (BVerwGE 82, 17) entschieden hat. Dort klagte das Land Rheinland-Pfalz unter Berufung auf seine Zuständigkeit für den Naturschutz und die Landschaftspflege gegen die Erneuerung einer bergseitigen Stützwand der Bahnstrecke Köln - Bingerbrück, weil die planfestgestellte Oberflächengestaltung dieser Mauer die Schönheit und Eigenart des Rheintals beeinträchtige. Der 4. Senat hat eine Klagebefugnis des Landes verneint, weil der Bundesgesetzgeber dem Bund bei "eigenen" Eingriffen in Natur und Landschaft die vollständige Vollzugshoheit zugewiesen habe, also auch die Verwaltungszuständigkeit für den Vollzug des materiellen Naturschutzrechts (BVerwG, Urteil vom 14. April 1989 - 4 C 31.88 - BVerwGE 82, 17 <19 f.> = juris Rn. 19 ff.; ebenso Urteil vom 29. April 1993 - 7 A 2.92 - BVerwGE 92, 258 <259 f.> = juris Rn. 19 f.). Mit entsprechenden Erwägungen hat das Bundesverwaltungsgericht die Klagebefugnis eines Landes verneint, das sich aus denkmalschutzrechtlichen Gründen gegen den festgestellten Plan zum Abriss einer Eisenbahnbrücke wandte (BVerwG, Beschluss vom 7. Januar 1992 - 7 B 153.91 - Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 20 S. 40 f.).
26 Demgegenüber liegt die Vollzugshoheit für die Aufgaben, deren Beeinträchtigung der Kläger hier gegen die Planfeststellung geltend macht, ausschließlich beim Land. Die Zuständigkeit für die Aufgabe, bei betriebsbedingten Schadensereignissen auf Tunnelstrecken den Brand- und Katastrophenschutz zu gewährleisten, wird von der Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses - wie dargelegt - nicht umfasst, sondern verbleibt bei den Ländern und den nach Landesrecht zuständigen Aufgabenträgern. Entsprechend hat das Bundesverwaltungsgericht die Klagebefugnis auch im Fall der Klage eines Landes bejaht, das die Beeinträchtigung seiner Rechte als Straßenbaulastträger durch die planfestgestellte Schließung eines Bahnüberganges geltend gemacht hat (BVerwG, Urteil vom 9. Juni 1999 - 11 A 8.98 - juris Rn. 27; vgl. auch Rn. 31 <Vollzugshoheit im Bereich des Straßenverkehrsrechts>).
27 4. Dieses Nebeneinander der Zuständigkeit für die eisenbahnrechtliche Planfeststellung des Tunnelbaus einerseits und der Zuständigkeit für die Abwehr der durch ein betriebsbedingtes Schadensereignis ausgelösten Gefahren andererseits erfordert nicht nur eine Koordinierung der beiden Aufgaben, sondern räumt dem Kläger auch eine wehrfähige Rechtsposition ein.
28 Die Entscheidung der Planfeststellungsbehörde hat Auswirkungen für die Aufgabenerfüllung des Landes. Es hat das Tunnelbauwerk dauerhaft als eine Anlage zu berücksichtigen, von der im Ereignisfall Gefahren ausgehen können, die zentrale Abwehrmaßnahmen im Bereich des Brand- und Katastrophenschutzes erfordern. Bei der konzeptionellen Einsatzplanung und den Maßnahmen im Ereignisfall müssen sich das Land und die weiteren Aufgabenträger auf das bauliche Sicherheitskonzept des Tunnels einstellen. Die Planfeststellung hat somit Auswirkungen auf die Organisation und Durchführung des Brand- und Katastrophenschutzes an der Tunnelstrecke. Sie kann sich darüber hinaus auf Personal- und Sachmittel auswirken, falls der Tunnel und dessen bauliches Sicherheitskonzept Anpassungen bei der Aufstellung, Ausrüstung und Unterhaltung von Feuerwehren und/oder von (anderen) Einheiten und Einrichtungen des Katastrophenschutzes erfordern. Wegen dieser Folgewirkungen ist es geboten, die zuständigen Stellen des Landes frühzeitig in die Planung des Tunnelbauwerks einzubeziehen. Dementsprechend sieht die EBA-Richtlinie vor, dass der Vorhabenträger das Rettungskonzept für den planfestzustellenden Tunnel bereits während der Planung mit den zuständigen Stellen abzustimmen hat (vgl. Nr. 1.3 der EBA-Richtlinie). Des Weiteren hat der Eisenbahninfrastrukturunternehmer in Zusammenarbeit mit den Rettungsdiensten und den zuständigen Behörden für jeden Tunnel einen betrieblichen Alarm- und Gefahrenabwehrplan zu erstellen und mit den Landkreisen und kreisfreien Städten abzustimmen (Nr. 4 der EBA-Richtlinie). Insoweit füllt die EBA-Richtlinie die Regelung des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 AEG aus, wonach die Eisenbahnen verpflichtet sind, an Maßnahmen des Brandschutzes und der Technischen Hilfeleistung mitzuwirken.
29 Darüber hinaus sprechen diese Folgewirkungen dafür, dem Land die Befugnis einzuräumen, seine Rechtsposition im Konfliktfall im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes gegen die Planfeststellungsbehörde geltend zu machen. Dafür spricht im Besonderen, dass die Aufgaben, die infolge der Planfeststellung einer Tunnelstrecke auf die Gefahrenabwehrbehörden des von der Fachplanung betroffenen Landes zukommen, eine lange zeitliche Perspektive haben.
30 5. Gemäß § 18 Satz 2 AEG sind bei der Planfeststellung die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Nach § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG hat die Planfeststellungsbehörde dem Träger des Vorhabens die Errichtung und Unterhaltung von Anlagen aufzuerlegen, die zum Wohl der Allgemeinheit oder zur Vermeidung nachteiliger Wirkungen auf Rechte anderer erforderlich sind. Hiernach - i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 AEG, § 2 Abs. 1 EBO und der EBA-Richtlinie - ergibt sich zwar kein Anspruch auf Schaffung der baulichen Voraussetzungen für ein bestimmtes Rettungs- und Sicherheitskonzept. Das Land kann aber verlangen, dass es durch die eisenbahnrechtliche Planfeststellung nicht in der Erfüllung seiner Aufgaben im Brand- und Katastrophenschutz beeinträchtigt wird. Insoweit ist seine Rechtsposition mit derjenigen eines kommunalen Aufgabenträgers vergleichbar (vgl. zur Klagebefugnis eines Landkreises: BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019 - 3 A 4.16 - m.w.N.).
31 Der Kläger kann durch eine nicht ausreichend große Rettungsplatzfläche in der Erfüllung seiner Aufgaben nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 und Nr. 4, § 7 ThürBKG beeinträchtigt sein. Das gilt insbesondere für die Aufgaben im Katastrophenfall gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 5 ThürBKG. Er kann zwar unabhängig von der Größe der planfestgestellten Rettungsplätze zur Erfüllung dieser Aufgaben tätig werden. Mit der Aufgabenzuweisung ist aber der Zweck verbunden, eine wirksame Gefahrenabwehr sicherzustellen (vgl. § 1 Abs. 1, § 30 Abs. 1 ThürBKG; ebenso § 3 Abs. 1 Nr. 7 ThürBKG für die Aufgaben der Gemeinden im Brandschutz und in der Allgemeinen Hilfe sowie § 6 Abs. 1 Nr. 4 ThürBKG für die Aufgaben der Landkreise im überörtlichen Brandschutz und in der überörtlichen Allgemeinen Hilfe). Diesen Zweck kann der Kläger mit seiner Tätigkeit nicht erreichen, wenn die vorgesehene Rettungsplatzfläche zu klein ist, um im Katastrophenfall eine geordnete und effektive Brandbekämpfung und Rettung zu ermöglichen.
32 III. Auf der Grundlage des Klagevorbringens ist nicht von vornherein auszuschließen, dass die Rettungsplätze am Notausgang 8 des Bleßbergtunnels, am Nordportal des Goldbergtunnels sowie am Nordportal des Masserbergtunnels mangels ausreichender Größe die Aufgabenerfüllung des Klägers beeinträchtigen. Er hat geltend gemacht, dass ein gemeinsamer Rettungsplatz für mehrere Notausgänge bzw. für ein Tunnelportal und einen Notausgang einen erhöhten Platzbedarf auslöse, weil mehr Einsatzfahrzeuge den Rettungsplatz anfahren müssten. In Bezug auf den Rettungsplatz am Bleßbergtunnel hat er zudem vorgetragen, dass zusätzliche Stellflächen benötigt würden, weil der Platz aufgrund der topographischen Lage schwierig zu erreichen sei.
33 C. Die Klage ist hinsichtlich des Rettungsplatzes am Notausgang 8 des Bleßbergtunnels begründet. Der Planfeststellungsbeschluss vom 30. März 2016 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in eigenen Rechten, soweit das Eisenbahn-Bundesamt dessen Forderung zurückgewiesen hat, der Beigeladenen eine Vergrößerung des Rettungsplatzes aufzugeben. Daraus ergibt sich ein Anspruch auf Neubescheidung der Forderung; dem begehrten Verpflichtungsausspruch steht die fehlende Spruchreife der Sache entgegen (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Hinsichtlich der beiden übrigen Rettungsplätze ist die Klage unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass das Eisenbahn-Bundesamt der Beigeladenen aufgibt, die Rettungsplätze an den Nordportalen des Goldbergtunnels und des Masserbergtunnels zu erweitern. Die planfestgestellte Rettungsplatzgröße ist jeweils rechtmäßig.
34 I. Die Anordnung der Planfeststellungsbehörde, Rettungsplätze anzulegen oder zu erweitern, findet ihre Rechtsgrundlage in § 18 Sätze 1 und 2 AEG, § 74 Abs. 2 Satz 2 VwVfG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 AEG, § 2 Abs. 1 EBO und der EBA-Richtlinie. Wie bereits ausgeführt, müssen Bahnanlagen so gebaut sein, dass sie den Anforderungen der öffentlichen Sicherheit genügen (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 AEG, § 2 Abs. 1 Satz 1 EBO). Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 EBO gelten diese Anforderungen als erfüllt, wenn die Bahnanlagen den Vorschriften dieser Verordnung und, soweit diese keine ausdrücklichen Vorschriften enthält, anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Die Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung enthält keine ausdrücklichen Vorschriften zu den Anforderungen an die Sicherheit von Rettungsplätzen von Eisenbahntunneln. Die technischen Sicherheitsanforderungen an Eisenbahntunnel werden aber durch die EBA-Richtlinie "Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes an den Bau und den Betrieb von Eisenbahntunneln" konkretisiert. Die Richtlinie ist von Fachleuten aus den Bundesländern, von der Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren, der Deutsche Bahn AG und des Eisenbahn-Bundesamtes erarbeitet worden. Sie hat den Zweck, Art und Umfang der baulichen und betrieblichen Sicherheitsmaßnahmen zu beschreiben, die nach dem Stand der Technik notwendig sind, um in Eisenbahntunneln die Selbstrettung der Reisenden und des Eisenbahnpersonals sowie den Einsatz der Rettungsdienste (Katastrophenschutz, Brandschutz, Sanitäts- und Rettungsdienst) zu ermöglichen. Die Richtlinie versteht die in ihr enthaltenen Grundsätze und Vorgaben als anerkannte Regeln der Technik im Sinne von § 2 Abs. 1 EBO (Nr. 1.1 der EBA-Richtlinie). Die Beteiligten haben dies nicht in Frage gestellt.
35 Durch die Neufassung der Richtlinie vom 1. Juli 2008 haben sich die Anforderungen an die Sicherheit von Eisenbahntunneln erhöht. Das betrifft auch die baulichen Vorgaben für Notausgänge und Rettungsplätze (Nr. 2.3 und Nr. 2.6 der EBA-Richtlinie). Der Bleßbergtunnel, der Goldbergtunnel und der Masserbergtunnel sind jeweils länger als 500 m und fallen damit in den Anwendungsbereich der Richtlinie (Nr. 1.1 der EBA-Richtlinie).
36 1. Nach der EBA-Richtlinie erfordert die Anbindung mehrerer Notausgänge an einen Rettungsstollen und von dort über einen Ausgang ins Freie an einen gemeinsamen Rettungsplatz grundsätzlich keine Vergrößerung der in der Richtlinie vorgesehenen Mindestfläche für einen Rettungsplatz von 1 500 qm. Das Gleiche gilt, wenn der Notausgang unmittelbar neben einem Tunnelportal auf einen gemeinsamen Rettungsplatz führt.
37 a) Nach Nr. 2.2 der EBA-Richtlinie muss von jeder Stelle eines Fahrtunnels ein sicherer Bereich in höchstens 500 m Entfernung erreichbar sein. Als sichere Bereiche gelten Tunnelportale und Notausgänge (Nr. 1.2 <"Sichere Bereiche"> der EBA-Richtlinie). Notausgänge im Sinne der Richtlinie sind u.a. Rettungsstollen (Nr. 1.2 <"Notausgänge"> der EBA-Richtlinie). Rettungsstollen sind horizontale oder leicht geneigte Bauwerke, die je nach Länge begehbar oder mit Straßenfahrzeugen befahrbar sind. Rettungsstollen können auch parallel zum Fahrtunnel verlaufen und verschiedene Notausgänge aus dem Fahrtunnel an einen gemeinsamen Ausgang anbinden (Nr. 1.2 <"Rettungsstollen"> der EBARichtlinie). Notausgänge sind bei langen Tunneln (über 1 000 m) und bei sehr langen Tunneln (über 20 000 m) erforderlich (Nr. 2.3 der EBA-Richtlinie). Nach Nr. 2.6 der EBA-Richtlinie ist bei langen und sehr langen Tunneln an den Tunnelportalen und Notausgängen jeweils ein Rettungsplatz anzuordnen. Bei anderen Tunneln (über 500 m bis 1 000 m) genügt ein Rettungsplatz. Rettungsplätze im Sinne der Richtlinie sind Flächen in der Nähe der Tunnelportale und Notausgänge, die als Verbandsplatz, zum Abstellen von Material und Geräten, zum Aufstellen von Fahrzeugen sowie gegebenenfalls als Landemöglichkeit für Rettungshubschrauber dienen können (Nr. 1.2 <"Rettungsplätze"> der EBA-Richtlinie). In Nr. 2.6 der EBA-Richtlinie heißt es weiter, dass Rettungsplätze entsprechend der DIN 14090 auszuführen sind und eine Gesamtfläche von mindestens 1 500 qm aufweisen müssen. Die Richtlinie verlangt außerdem, dass Tunnelportale und Notausgänge über Zufahrten für Straßenfahrzeuge erreichbar sind. Zufahrten sind Wege oder nichtöffentliche Straßen, die von öffentlichen Straßen zu Rettungsplätzen, Tunnelportalen oder Notausgängen führen und dem Einsatz der Rettungsdienste dienen (Nr. 1.2 <"Zufahrten"> der EBA-Richtlinie).
38 b) Aus der Gesamtschau der Regelungen ergibt sich, dass die Richtlinie eine Rettungsplatzfläche von 1 500 qm grundsätzlich auch dann als ausreichend erachtet, wenn mehrere Notausgänge aus dem Fahrtunnel an einen Rettungsstollen angebunden sind, der auf einen gemeinsamen Rettungsplatz führt. Die Richtlinie lässt die Bündelung von Notausgängen ausdrücklich zu, ohne an die Größe des zugeordneten Rettungsplatzes besondere Anforderungen zu stellen. Sie geht mithin davon aus, dass ein Rettungsplatz mit einer Gesamtfläche von 1 500 qm in aller Regel selbst dann genügend groß ist, wenn alle zu evakuierenden Personen auf diesen einen Rettungsplatz geleitet werden müssen oder sich dorthin flüchten. Anderenfalls wäre nicht verständlich, warum nur bei langen und sehr langen Tunneln an den Tunnelportalen und Notausgängen jeweils ein Rettungsplatz anzuordnen ist, bei Tunneln mit einer Länge über 500 m bis 1 000 m aber ein einziger Rettungsplatz genügt (BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 2016 - 3 VR 4.16 [ECLI:DE:BVerwG:2016:151216B3VR4.16.0] - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 23 Rn. 15). Der Richtlinie lässt sich auch nicht entnehmen, dass bei einer Bündelung von mehreren Notausgängen eine vergrößerte Rettungsplatzfläche anzuordnen ist, weil der Rettungsplatz von mehr Feuerwehr- und Rettungsfahrzeugen angefahren wird. Die Richtlinie legt zugrunde, dass der Rettungsplatz auch zum Aufstellen von Fahrzeugen und Abstellen von Material und Geräten dient (Nr. 1.2 <"Rettungsplätze"> der EBA-Richtlinie). Gleichwohl stellt sie in dieser Hinsicht keine zusätzlichen Anforderungen an die Gesamtfläche des Rettungsplatzes wegen der Bündelung mehrerer Notausgänge. Dass mehr Aufstellfläche benötigt würde, als durch die Mindestfläche abgedeckt ist, sieht die Richtlinie nicht als notwendige Konsequenz einer Bündelung von Notausgängen. Sie geht davon aus, dass die für die weiteren Notausgänge erforderlichen Fahrzeuge im Rettungsstollen zum Einsatz kommen und nachrückende Fahrzeuge in der Regel Bereitstellungsflächen im Umfeld des Rettungsplatzes anfahren können.
39 Eine Rettungsplatzfläche von 1 500 qm ist in aller Regel auch ausreichend, wenn ein Tunnelportal und ein Notausgang unmittelbar nebeneinander ins Freie führen. Zwar enthält die Richtlinie die Vorgabe, dass bei Tunneln mit einer Länge von über 1 000 m "an den Tunnelportalen und Notausgängen jeweils ein Rettungsplatz anzuordnen" ist; zugleich sind die Rettungsplätze aber "möglichst nahe an den Tunnelportalen und Notausgängen anzuordnen" (Nr. 2.6 der EBA-Richtlinie). Es kann daher davon ausgegangen werden, dass die Richtlinie die Anordnung eines gemeinsamen Rettungsplatzes genügen lässt. Die Rettungssituation stellt sich insoweit nicht anders dar als bei der Bündelung von zwei Notausgängen in einem Rettungsstollen, der auf einen gemeinsamen Rettungsplatz führt.
40 c) Aus der Verordnung (EU) Nr. 1303/2014 der Kommission vom 18. November 2014 über die technische Spezifikation für die Interoperabilität bezüglich der "Sicherheit in Eisenbahntunneln" im Eisenbahnsystem der Europäischen Union (ABl. L 356 S. 394) ergeben sich keine weitergehenden Anforderungen an Rettungsplätze. Die Verordnung verlangt für Tunnel mit einer Länge von über 1 km die Einrichtung von Brandbekämpfungsstellen. Das sind Orte innerhalb oder außerhalb des Tunnels, an denen Brandbekämpfungsausrüstung von den Rettungsdiensten genutzt werden kann und wo Reisende und Zugpersonal sich aus dem Zug evakuieren können. Außerhalb der Tunnelportale muss der freie Bereich um die Brandbekämpfungsstelle mindestens 500 qm groß sein (Nr. 2.4 Buchst. c und Nr. 4.2.1.7 Buchst. b und Buchst. d des Anhangs der Verordnung <EU> Nr. 1303/2014). Des Weiteren verlangt die Verordnung für Tunnel mit einer Länge von über 1 km die Einrichtung von sicheren Bereichen. Das sind Orte innerhalb oder außerhalb von Tunneln, an denen die Reisenden und das Zugpersonal nach der Evakuierung aus dem Zug Schutz finden und die für die Rettungsdienste zugänglich sind. Der sichere Bereich muss die Evakuierung aus Zügen, die im Tunnel verkehren, ermöglichen und eine Kapazität aufweisen, die der maximalen Kapazität der Züge entspricht, die auf der Strecke verkehren. Der Zugang zu einem sicheren Bereich ist über Notausgänge ins Freie zu gewährleisten, die mindestens alle 1 000 m vorhanden sein müssen; alternative technische Lösungen sind zulässig, sofern sie ein mindestens gleichwertiges Sicherheitsniveau gewährleisten (Nr. 2.4 Buchst. b, Nr. 4.2.1.5.1 Buchst. a und Nr. 4.2.1.5.2 Buchst. a und Buchst. b). Danach ist davon auszugehen, dass die Anforderungen der Verordnung an Brandbekämpfungsstellen und sichere Bereiche außerhalb von Eisenbahntunneln durch die in der EBA-Richtlinie festgelegte Mindestfläche für Rettungsplätze abgedeckt sind.
41 2. Die von der EBA-Richtlinie verlangte Gesamtfläche für einen Rettungsplatz von mindestens 1 500 qm steht jedoch unter dem Vorbehalt, dass bei dem einzelnen Tunnel oder Tunnelabschnitt keine atypischen, außergewöhnlichen Umstände vorliegen, die eine größere Rettungsplatzfläche erfordern.
42 a) Die EBA-Richtlinie regelt die Anforderungen des Brand- und Katastrophenschutzes an den Bau von Eisenbahntunneln im Grundsatz nach unten und nach oben abschließend. Eine Unterschreitung der festgelegten Mindestanforderungen ist nur zulässig, wenn die gleiche Sicherheit auf andere Weise erreicht und dies nachgewiesen wird oder die Einhaltung einzelner Bestimmungen im Einzelfall unverhältnismäßig wäre (vgl. § 2 Abs. 2 EBO und Nr. 1.1 <"Ausnahmen"> der EBA-Richtlinie). Auch eine Überschreitung der Mindestanforderungen kann, obwohl es sich um Mindeststandards handelt, von dem Vorhabenträger regelmäßig nicht verlangt werden. Die Einhaltung der Mindeststandards ist geboten, in aller Regel aber auch ausreichend. Bei Wahrung der Mindestanforderungen entspricht die Bahnanlage den "anerkannten Regeln der Technik" (Nr. 1.1 <"Rechtsstellung der Richtlinie"> der EBA-Richtlinie). Die Anforderungen der Sicherheit an Bahnanlagen gelten damit als erfüllt (§ 2 Abs. 1 Satz 2 EBO). Die Festlegung der Mindeststandards soll Einzelfallprüfungen gerade entbehrlich machen. Ein Anspruch auf "optimale" Sicherheitsmaßnahmen oder einen "besseren" Sicherheitsstandard als nach den "anerkannten Regeln der Technik" geboten, besteht nicht (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 23. September 2009 - 7 KS 122/05 [ECLI:DE:OVGNI:2009:0923.7KS122.05.0A] - juris Rn. 31).
43 b) Die Richtlinie formuliert allerdings lediglich "Grundsätze" (Nr. 1.1 <"Rechtsstellung der Richtlinie"> der EBA-Richtlinie). Als "ermessensbindende Richtlinie" (vgl. Nr. 1.1 <"neue Tunnel"> der EBA-Richtlinie) gilt sie daher nur vorbehaltlich atypischer Umstände des Einzelfalls. Anderenfalls wäre sie mit § 4 Abs. 1 AEG nicht vereinbar. Denn den Anforderungen der öffentlichen Sicherheit müssen Eisenbahninfrastrukturen auch genügen, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. April 2016 - 9 A 9.15 [ECLI:DE:BVerwG:2016:280416U9A9.15.0] - BVerwGE 155, 91 Rn. 63). Das sind besondere Umstände, die ein Überschreiten der Mindestanforderungen der EBA-Richtlinie - hier der Mindestfläche eines Rettungsplatzes - erfordern können, weil sie von der üblichen Charakteristik eines Eisenbahntunnels abweichen und in der EBA-Richtlinie nicht abgebildet sind. Bei der Beurteilung, ob ein atypischer Sachverhalt vorliegt, sind insbesondere die örtlichen Gegebenheiten des Tunnels sowie Anrückzeit und -weg der Rettungsdienste in den Blick zu nehmen (vgl. Nr. 1.1 <"Ausnahmen"> der EBA-Richtlinie). Es bedarf in jedem Fall einer Gesamtwürdigung aller Umstände. Weichen die örtlichen Gegebenheiten eines Rettungsplatzes soweit von den an Eisenbahntunneln üblichen Verhältnissen ab, dass ein größerer Flächenbedarf ernstlich in Betracht kommt, ist eine Prüfung des Einzelfalls erforderlich. Anderenfalls, das heißt wenn in der Gesamtschau keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen, bleibt es bei den Mindestanforderungen der EBA-Richtlinie.
44 Auch die Verordnung (EU) Nr. 1303/2014 schließt zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen nicht aus (vgl. Nr. 2.3 Buchst. f und Nr. 7 Buchst. c des Anhangs der Verordnung <EU> Nr. 1303/2014).
45 c) Umstände, die in der EBA-Richtlinie abgebildet sind, können für sich betrachtet keine außergewöhnlichen Umstände begründen; in die erforderliche Gesamtwürdigung können sie jedoch eingestellt werden. So verlangt die EBA-Richtlinie allein wegen der Anbindung mehrerer Notausgänge an einen Rettungsstollen keinen größeren Rettungsplatz. Wenn im Umfeld eines solchen Rettungsplatzes keine Bereitstellungsflächen für nachrückende Einsatzfahrzeuge vorhanden sind, kann eine Erweiterung des Rettungsplatzes aber erforderlich sein. Ein langer Anfahrtsweg kann, insbesondere wenn Bereitstellungsflächen in der Umgebung fehlen, ebenfalls zu einem erhöhten Platzbedarf auf dem Rettungsplatz führen. Denn das Nachführen von Einsatzkräften beansprucht bei einer langen Anfahrt mehr Zeit; deshalb kann es notwendig sein, den Rettungsplatz vorsorglich mit weiteren Einheiten anzufahren. Die EBA-Richtlinie verlangt im Grundsatz, dass Zu- und Abfahrt zu einem Rettungsplatz getrennt zu führen sind. Ist dies ausnahmsweise nicht möglich, ist ein Begegnungsverkehr mit Kraftfahrzeugen mit 2,50 m Breite zu gewährleisten. Bei Begegnungsverkehr mit Ausweichstellen sind diese derart anzuordnen, dass ein Sichtkontakt zwischen den Ausweichstellen gewährleistet ist. Der Rettungsplatz darf auch über eine Stichstraße angebunden werden; er muss dann für das Wenden von Fahrzeugen geeignet sein (Nr. 2.6 <"Zufahrten"> der EBA-Richtlinie). In Kombination mit anderen Gegebenheiten können auch die genannten fahrtechnischen Schwierigkeiten bei der Anfahrt oder das Wenden auf dem Rettungsplatz im Rahmen der Gesamtwürdigung außergewöhnliche Umstände begründen. Zufahrten zu den Tunnelportalen müssen über die Rettungsplätze führen (Nr. 2.6 <"Grundsatz"> der EBA-Richtlinie). Nicht abgebildet ist hingegen der Fall, dass die Zufahrt zu einem Rettungsplatz über einen anderen Rettungsplatz führt, auf dem deshalb eine Durchfahrt freizuhalten ist. Auch dies ist eine Besonderheit, da die freizuhaltende Durchfahrt nicht oder nur eingeschränkt als Rettungsplatzfläche zur Verfügung steht.
46 3. a) Gemessen daran liegen beim Rettungsplatz am Notausgang 8 des Bleßbergtunnels außergewöhnliche Umstände vor.
47 Die Zufahrt von Goldisthal durch den Thüringer Wald über ausgebaute Waldwege ist mit über 7 km besonders lang und fahrtechnisch anspruchsvoll. Der erforderliche Begegnungsverkehr ist nur mit Ausweichstellen möglich. Wegen dieser erschwerten Erreichbarkeit des Rettungsplatzes sieht das Einsatzkonzept des Klägers nachvollziehbar vor, dass im Ereignisfall frühzeitig weitere Einheiten der Rettungsdienste nachzuführen sind, um zu gewährleisten, dass die Rettungsarbeiten ohne Einschränkung oder Unterbrechung durchgeführt werden können. In der näheren Umgebung des Rettungsplatzes fehlt es an ausreichenden Bereitstellungsflächen für diese Einheiten. Sie müssten daher auf dem Rettungsplatz untergebracht werden, was dort zu einem größeren Bedarf an Aufstellflächen führt. Das Rettungskonzept des Klägers sieht weiter vor, dass der Rettungsplatz am Notausgang 8 wegen der Bündelung von vier Notausgängen im Ereignisfall von mehr Tunnelbasiseinheiten angefahren wird als ein Rettungsplatz, an den lediglich ein Notausgang angeschlossen ist. Der Kläger hat den Mehrbedarf an Tunnelbasiseinheiten in der mündlichen Verhandlung plausibel erläutert. Er ergibt sich daraus, dass jeder der an den befahrbaren Rettungsstollen angeschlossenen vier Notausgänge mit Löschfahrzeugen zu besetzen ist. Er hat des Weiteren nachvollziehbar ausgeführt, dass es wegen der Länge des Rettungsstollens (> 2,5 km) erforderlich ist, Verletzte mit Fahrzeugen aus dem Rettungsstollen zu transportieren. Auch wenn die Lösch- und Transportfahrzeuge im Rettungsstollen eingesetzt werden sollen, kann sich aus der größeren Zahl von Fahrzeugen ein erhöhter Bedarf an Aufstellflächen auf dem Rettungsplatz ergeben. Außerdem verläuft die Zufahrt zum Rettungsplatz am Nordportal des Bleßbergtunnels über den Rettungsplatz am Notausgang 8, so dass eine Durchfahrt freigehalten werden muss. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass wegen der Anbindung über eine Stichstraße die Fahrzeuge auf dem Rettungsplatz wenden müssen. In der Gesamtschau weist der Rettungsplatz am Notausgang 8 daher so erhebliche, die Arbeit der Rettungskräfte erschwerende Besonderheiten auf, dass über die EBA-Richtlinie hinausgehende Maßnahmen geboten sind und das Eisenbahn-Bundesamt eine Einzelfallprüfung vornehmen muss.
48 b) Demgegenüber liegen bei den Rettungsplätzen an den Nordportalen der Tunnel Goldberg und Masserberg keine außergewöhnlichen Umstände vor, die eine Überschreitung der Mindestfläche erforderlich machen. Die Anbindung von Notausgang und Tunnelportal an einen gemeinsamen Rettungsplatz ist für sich betrachtet keine Besonderheit. Die Richtlinie geht - wie gezeigt - von der Zulässigkeit einer solchen Bündelung aus, ohne an die Größe des Rettungsplatzes besondere Anforderungen zu stellen. Hinzu kommt, dass es sich lediglich um die Bündelung von zwei Ausgängen handelt und beide Tunnel nur knapp über 1 000 m lang sind. Es ist deshalb nicht ersichtlich, dass ein durch die EBA-Richtlinie nicht berücksichtigter Stellflächenbedarf in Rede steht. Das gilt auch dann, wenn wegen der Bündelung - wie der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat - eine Verdoppelung der Tunnelbasiseinheiten geboten ist. Auch sonst sind keine atypischen, von der EBA-Richtlinie nicht abgebildeten Umstände erkennbar. Die Anfahrt von Goldisthal zum Rettungsplatz am Nordportal des Goldbergtunnels ist mit ca. 1 km (Vorgang Anhörung, Band 2, Stellungnahmen der Beigeladenen vom 14. Januar 2016 <zu Nr. 3a und Nr. 4a> jeweils S. 3 <1.9>) relativ kurz. Dass der Rettungsplatz von Notausgang und Tunnelportal aus nur über eine Zufahrt mit 15 % Neigung erreicht werden kann, begründet ebenfalls keinen außergewöhnlichen Umstand. Die EBA-Richtlinie verlangt zwar, dass der Rettungsplatz möglichst nahe am Tunnelportal anzuordnen ist. Die Zufahrt vom Rettungsplatz zum Tunnelportal darf aber eine Länge von bis zu 200 m haben (Nr. 2.6 <"Grundsatz"> der EBA-Richtlinie). Die Richtlinie lässt damit ausdrücklich zu, dass der Rettungsplatz nicht unmittelbar am Tunnelportal angelegt wird, sondern von dort über eine Zufahrt zu erreichen ist. Auch die Anfahrt zum Rettungsplatz am Nordportal des Masserbergtunnels weist keine Besonderheiten auf. Die Zufahrt kann wahlweise von Süden her über die Deponie Masserberg oder von Norden her ab der Masserberger Straße (L 1138) erfolgen (Vorgang Anhörung, Band 2, Stellungnahme der Beigeladenen vom 14. Januar 2016 <zu Nr. 3a und Nr. 4a> S. 4 <1.9>). Die Aufteilung der erforderlichen Gesamtfläche des Rettungsplatzes auf zwei Teilflächen ist nach der EBA-Richtlinie zulässig und deshalb ebenfalls kein atypischer Umstand (vgl. Nr. 2.6 <"Rettungsplätze"> der EBA-Richtlinie).
49 4. Danach genügt der Planfeststellungsbeschluss vom 30. März 2016 den Anforderungen der EBA-Richtlinie nicht in jeder Hinsicht.
50 a) Nicht zu beanstanden sind die planfestgestellten Flächen für die Rettungsplätze an den Nordportalen des Goldbergtunnels und des Masserbergtunnels. Das Eisenbahn-Bundesamt verneint das Erfordernis einer Aufsummierung von Rettungsplatzflächen bei einem unmittelbar neben dem Tunnelportal ins Freie führenden Notausgang (PFB, S. 50). Das ist, wie ausgeführt, nicht zu beanstanden. Da bei diesen Rettungsplätzen keine außergewöhnlichen Umstände vorliegen, musste das Eisenbahn-Bundesamt auch nicht in eine Einzelfallprüfung eintreten. Mit der planfestgestellten Gesamtfläche von 1 500 qm bzw. 1 550 qm werden die Anforderungen der EBA-Richtlinie eingehalten.
51 b) In Bezug auf den Rettungsplatz am Notausgang 8 des Bleßbergtunnels erweist sich der Planfeststellungsbeschluss als fehlerhaft.
52 Eine Gesamtfläche von mindestens 1 500 qm ist bereits nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit planfestgestellt. Im Erläuterungsbericht zur 7. Planänderung heißt es zwar, dass der Rettungsplatz auf rd. 1 540 qm erweitert werden soll (Band 1 der Planunterlagen zur 7. Planänderung, Anlage 01, S. 6). Der Landschaftspflegerische Begleitplan legt ebenfalls eine Vergrößerung des Rettungsplatzes um ca. 1 270 qm auf insgesamt 1 500 qm zugrunde (Band 3 der Planunterlagen zur 7. Planänderung, Anlage 5, S. 5 und S. 30). Das Bauwerks-Verzeichnis sieht aber lediglich eine Fläche von (70 m Länge und 16 m Breite =) 1 120 qm vor (Band 1 der Planunterlagen zur 7. Planänderung, Anlage 02, BW-Nr. 48.4). Auch wenn man die dort ausgewiesene Fläche für das Bankett (0,75 m) berücksichtigt, wird die Mindestfläche von 1 500 qm nicht erreicht.
53 Darüber hinaus lässt der Planfeststellungsbeschluss unberücksichtigt, dass für diesen Rettungsplatz ein erhöhter Platzbedarf besteht. Das Eisenbahn-Bundesamt verneint im Planfeststellungsbeschluss die Erforderlichkeit eines Aufsummierens der Rettungsplatzflächen bei Bündelung mehrerer Notausgänge (PFB, S. 50). Das ist nicht zu beanstanden. Es erkennt jedoch nicht, dass beim Notausgang 8 des Bleßbergtunnels die dargelegten außergewöhnlichen Umstände vorliegen, die eine Überschreitung der Mindestanforderungen der EBA-Richtlinie und damit eine Einzelfallprüfung erforderlich machen. Aus dem Planfeststellungsbeschluss geht nicht hervor, dass diese Prüfung vorgenommen worden ist. Ein Rettungskonzept der Beigeladenen, das den außergewöhnlichen Umständen Rechnung trägt, befindet sich nicht bei den Planunterlagen. Die EBA-Richtlinie sieht die Aufstellung eines Rettungskonzepts, das die Selbst- und Fremdrettung gewährleistet, ausdrücklich vor. Sie setzt voraus, dass die Ausgestaltung des Rettungskonzepts unmittelbaren Einfluss auf die bauliche Gestaltung des Tunnels hat (Nr. 1.3 der EBA-Richtlinie). Ohne dieses Konzept lässt sich daher für das Eisenbahn-Bundesamt nicht sicher beurteilen, ob bzw. in welchem Umfang der Rettungsplatz zu erweitern ist oder weitere Flächen in der Nähe bereitzustellen sind oder sonstige bauliche Maßnahmen erforderlich sind, um die Sicherheitsanforderungen der EBA-Richtlinie zu erfüllen. Die von der Beigeladenen im Anhörungsverfahren ergänzend angebotenen Teilflächen von insgesamt ca. 500 qm führen zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Auch insoweit lässt sich ohne Rettungskonzept nicht prüfen, ob die Ergänzungsflächen ausreichend sind, um im Ereignisfall den notwendigen Platzbedarf für die Durchführung der Rettungsmaßnahmen abzudecken. Darüber hinaus sind diese Flächen nicht planfestgestellt. Im Planfeststellungsbeschluss heißt es, dass die Beigeladene "nach der im Blaudruck geänderten Planung ergänzend Teilflächen von ca. 500 m2 nutzbar machen" wird und diese Maßnahme wie geplant umzusetzen sei (PFB, S. 50). Aus den Planunterlagen ergibt sich nur eine dingliche Sicherung weiterer Flächen (Band 1 der Planunterlagen zur 7. Planänderung, Anlage 01 - Erläuterungsbericht S. 6 f. und S. 14; Band 2 der Planunterlagen zur 7. Planänderung, Anlage 3 - Grunderwerbsverzeichnis <Goldisthal>, Bl. 1a und Anlage 4 - Grunderwerbspläne, Bl. 9 und Bl. 9a). Im Bauwerksverzeichnis und in den Lageplänen sind die Ergänzungsflächen nicht durch einen Blaueintrag ausgewiesen. Es ist auch unklar, ob die Ergänzungsflächen bei der naturschutzrechtlichen Eingriffs-/Ausgleichs-Bilanz (§ 15 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG) berücksichtigt worden sind (Band 3 der Planunterlagen zur 7. Planänderung, Anlage 5 - Landschaftspflegerischer Begleitplan, S. 5 und S. 30 ff., S. 42 ff.).
54 II. Der Kläger wird durch diese Defizite des Planfeststellungsbeschlusses in eigenen Rechten verletzt. Ohne eine Erweiterung des Rettungsplatzes am Notausgang 8 des Bleßbergtunnels jedenfalls um Bereitstellungsflächen in dessen Nähe kann ihm im Ereignisfall die Erfüllung seiner Aufgaben im Katastrophenschutz, eine wirksame Gefahrenabwehr zu gewährleisten, wesentlich erschwert sein.
55 III. Der Kläger hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Neubescheidung seiner Forderung, der Beigeladenen aufzugeben, den Rettungsplatz am Notausgang 8 des Bleßbergtunnels zu vergrößern (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Hinsichtlich der Frage, ob zur Herstellung der nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 AEG, § 2 Abs. 1 EBO i.V.m. der EBA-Richtlinie gebotenen Sicherheit ergänzende Maßnahmen erforderlich sind, kommt dem Eisenbahn-Bundesamt kein Beurteilungsspielraum oder Planungsermessen zu. Hinsichtlich der Prüfung, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, hat es jedoch ein Auswahlermessen. Die Ausübung dieses Ermessens muss dem Eisenbahn-Bundesamt vorbehalten bleiben (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 23. September 2009 - 7 KS 122/05 - juris Rn. 51 und Rn. 68).
56 Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO.