Beschluss vom 27.12.2024 -
BVerwG 11 VR 16.24ECLI:DE:BVerwG:2024:271224B11VR16.24.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 27.12.2024 - 11 VR 16.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:271224B11VR16.24.0]
Beschluss
BVerwG 11 VR 16.24
In der Verwaltungsstreitsache hat der 11. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Dezember 2024
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Külpmann, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hammer und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wiedmann
beschlossen:
- Die Anträge werden abgelehnt.
- Die Antragstellerin zu 1 trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu einem Drittel, die Antragstellerin zu 2 zu zwei Dritteln.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3 776,25 € festgesetzt.
Gründe
I
1 Die Antragstellerinnen, eine private Eigentümerin von Grundstücken sowie eine Stadt als Inhaberin einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit für ihre dort gelegene städtische Trinkwasserleitung, begehren einstweiligen Rechtsschutz gegen eine vorzeitige Besitzeinweisung.
2 Der Planfeststellungsbeschluss der Bezirksregierung Arnsberg vom 7. Juli 2022 (PFB), in Gestalt des Planergänzungsbeschlusses vom 9. April 2024 und des Planänderungsbeschlusses vom 30. April 2024 (PÄB), genehmigt die Errichtung und den Betrieb der 380-kV-Höchstspannungsfreileitung im Abschnitt Attendorn - Landesgrenze Rheinland-Pfalz in Oberschelden, Stadt Siegen (Bl. 4319), die Mitführung einer 110-kV-Bahnstromleitung (DB 0474), die Errichtung und den Betrieb der Umspannanlage Junkernhees sowie als Folgemaßnahme die Mitführung der 110-kV-Freileitung der W. GmbH vom Punkt Osthelden bis zur Landesgrenze Rheinland-Pfalz. Die 380-kV-Leitung ist Abschnitt C des als Nr. 19 in den Bedarfsplan zum Energieleitungsausbaugesetz aufgenommenen Vorhabens "Neubau Höchstspannungsleitung Kruckel - Dauersberg, Nennspannung 380 kV". Sie nimmt die Grundstücke der Antragstellerin zu 1 in Anspruch, auf denen Trinkwasserleitungen verlaufen, darunter die städtische Trinkwasserleitung der Antragstellerin zu 2.
3 Die gegen den Planfeststellungsbeschluss gerichteten Klagen der Antragstellerinnen hat der Senat abgewiesen (BVerwG, Urteile vom 20. Juni 2024 - 11 A 3.23 und 11 A 1.23 - juris). Auf die Klage eines Dritten hin hat der Senat festgestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss hinsichtlich der Trasse von Mast 349 bis Mast 373 sowie hinsichtlich der Umspannanlage Junkernhees rechtswidrig und nicht vollziehbar ist.
4 Auf Antrag der beigeladenen Vorhabenträgerin vom 17. September 2024 leitete der Antragsgegner ein vorzeitiges Besitzeinweisungsverfahren ein und lud die Antragstellerinnen mit Schreiben vom 23. September 2024 zur mündlichen Verhandlung am 23. Oktober 2024. Dem Antrag der Antragstellerinnen auf Terminsaufhebung unter anderem wegen fehlender Beweissicherung wurde nicht stattgegeben. Der Antrag auf Ausschluss des Enteignungsdezernenten wegen Besorgnis der Befangenheit wurde abgelehnt.
5 Mit angegriffenem Beschluss vom 5. November 2024 (Az. 21.14.03-014/2024-017) wies der Antragsgegner die Beigeladene zur Fertigstellung und Inbetriebnahme der planfestgestellten Leitung Bl. 4319 zwischen den Masten 374 und 406 zum 2. Dezember 2024 vorzeitig in den Besitz der Grundstücke der Gemarkung H., Flur ..., Flurstück a (zur Größe von 195 m2 temporär sowie von 485 m2 dauerhaft) und Flurstück b (zur Größe von 4 620 m2 dauerhaft) ein. Dem Beschluss waren textlich in Bezug genommene Detail-Lagepläne im Maßstab 1:1 000 und ein Grundstücksverzeichnis mit Beschreibungen der Art der Inanspruchnahme beigefügt.
6 Die Antragstellerinnen haben gegen den Besitzeinweisungsbeschluss Klagen erhoben. Mit ihren Anträgen auf vorläufigen Rechtsschutz begehren sie die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klagen.
7 Antragsgegner und Beigeladene treten dem entgegen.
II
8 Das Bundesverwaltungsgericht ist für die gemäß § 44b Abs. 7 Satz 1 EnWG statthaften Eilanträge nach § 80a Abs. 3 Satz 2 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO als Gericht der Hauptsache nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO i. V. m. § 1 Abs. 3 Satz 1 und 2 EnLAG zuständig. Der Begriff der Zulassung des vorzeitigen Baubeginns ist mit Blick auf den Gesetzeszweck der Beschleunigung weit auszulegen und umfasst auch die in § 44b EnWG geregelte vorzeitige Besitzeinweisung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 2023 - 4 VR 4.23 - juris Rn. 9 ff.).
9 1. Der Antrag der Antragstellerin zu 1 ist zulässig, aber unbegründet.
10 a) Die im Rahmen von § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO vorzunehmende Interessenabwägung geht zu Lasten der Antragstellerin zu 1 aus. Das bereits durch die gesetzliche Regelung des § 44b Abs. 7 Satz 1 EnWG betonte öffentliche Interesse und das Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung der vorzeitigen Besitzeinweisung überwiegen das private Interesse der Antragstellerin zu 1 an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage. Bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen und gebotenen summarischen Prüfung erweist sich die vorzeitige Besitzeinweisung voraussichtlich als rechtmäßig. Dabei ist die gerichtliche Prüfung auf die binnen der Frist des § 44b Abs. 7 Satz 2 EnWG dargelegten Gründe beschränkt.
11 b) Die aufschiebende Wirkung ist bei summarischer Prüfung nicht wegen der geltend gemachten formellen Rechtsfehler anzuordnen.
12 aa) Insbesondere musste der Antragsgegner nicht vor Beginn der mündlichen Verhandlung den Zustand der betroffenen Grundstücke feststellen. Soweit der Zustand des Grundstücks von Bedeutung ist, hat die Enteignungsbehörde diesen gemäß § 44b Abs. 3 Satz 1 EnWG bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung in einer Niederschrift festzustellen oder durch einen Sachverständigen ermitteln zu lassen. Davon ist auszugehen, wenn der Zustand des Grundstücks nicht feststeht beziehungsweise sich nach Beginn der Bauarbeiten nicht mehr feststellen lässt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. November 2024 - 11 VR 10.24 - juris Rn. 12 m. w. N.). Dass der Zustand der Grundstücke streitig gewesen wäre, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. In der Regel kann im Fall einer partiellen Inanspruchnahme durch eine vergleichende Betrachtung des Restgrundstücks und im Falle einer Inanspruchnahme zur Gänze durch eine vergleichende Betrachtung der näheren Umgebung auf den Zustand des Grundstücks geschlossen werden. In einem Eilverfahren gerichtet auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung als Ausnahme von dem gesetzlichen Sofortvollzug nach § 44b Abs. 7 Satz 1 EnWG hat der Antragsteller darzulegen, dass besondere Eigenschaften des Grundstücks, die Art, die Intensität oder der Umfang der Inanspruchnahme oder auch die besonderen örtlichen Verhältnisse insgesamt eine Beweissicherung bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung geboten erscheinen lassen. Ein Verweis lediglich darauf, dass die durch die Besitzeinweisung ermöglichten Bauarbeiten entschädigungspflichtige Veränderungen an einem Grundstück herbeiführen, reicht hierfür nicht aus.
13 Im Übrigen ist eine Beweissicherung nach § 44b Abs. 3 Satz 1 EnWG keine Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer vorzeitigen Besitzeinweisung. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der vorzeitigen Besitzeinweisung regelt § 44b Abs. 1 Satz 1 und 2 EnWG. Die Beweissicherung ist darin nicht genannt. Weiterer Voraussetzungen bedarf es nach § 44b Abs. 1 Satz 3 EnWG ausdrücklich nicht (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. Oktober 2020 - 11 A 6.18 - juris Rn. 42, vgl. auch Riege, in: Assmann/Peiffer, EnWG, Stand September 2024, § 44b Rn. 42). Die Beweissicherung dient - wie in anderen fachplanungsrechtlichen Besitzeinweisungsverfahren auch - dem nachgelagerten Verfahren zur Bemessung der Besitzeinweisungsentschädigung (vgl. zu § 18f Abs. 3 Satz 1 FStrG: OVG Münster, Beschluss vom 16. September 2010 - 11 B 1179/10 - juris Rn. 28, zu § 20 Abs. 3 Satz 1 WaStrG: VGH München, Urteil vom 9. Februar 2022 - 8 A 21.40032 - juris Rn. 29 und Beschluss vom 18. Oktober 2019 - 8 AS 19.40016 - juris Rn. 16 m. w. N. sowie zu § 21 Abs. 3 Satz 1 AEG: OVG Schleswig, Beschluss vom 23. September 2021 - 4 MB 32/21 - juris Rn. 87). Hiervon unabhängig hat die Antragstellerin zu 1 Einwände gegen die inzwischen vorliegende gutachterliche Zustandsfeststellung nicht erhoben.
14 bb) Der mit dem Besitzeinweisungsbeschluss befasste Enteignungsdezernent war nicht wegen der Besorgnis der Befangenheit von der Mitwirkung an der Entscheidung auszuschließen. Da eine Beweissicherung schon nicht angezeigt war, kann die Rüge der Antragstellerin zu 1, der Enteignungsdezernent habe erst dreizehn Tage nach Eingang des Besitzeinweisungsantrags ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben, den Termin für die mündliche Verhandlung nicht aufgehoben und überdies in dem Besitzeinweisungsbeschluss auf die Vorlaufzeiten für Sachverständigengutachten sowie den straffen Zeitrahmen des § 44b EnWG verwiesen, keinen Anlass bieten, an dessen Unvoreingenommenheit zu zweifeln.
15 Soweit die Antragstellerin zu 1 das Verhalten des Enteignungsdezernenten in einer mündlichen Verhandlung rügt, die Dritte betrifft, ist nicht ersichtlich, warum daraus auf die Voreingenommenheit im vorliegenden Verfahren zu schließen sein sollte. Der Umstand, dass die Antragstellerin zu 1 von demselben Prozessbevollmächtigten vertreten wird, genügt hierfür nicht. Auch der Umstand, dass der Enteignungsdezernent im damaligen Termin irrig davon ausging, Beteiligte dürften sich nur eines Beistands bedienen, vermag eine Besorgnis der Befangenheit gegenüber der Antragstellerin zu 1 nicht zu begründen. Rechtsmeinungen reichen hierfür grundsätzlich nicht aus (vgl. Ramsauer/Schlatmann, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 25. Aufl. 2024, § 21 Rn. 36). Die Einlassungen des Dezernenten im Zusammenhang mit dem Nichterscheinen des Prozessbevollmächtigten mögen teilweise überzogen sein, beziehen sich aber ebenfalls auf den vorgenannten Termin mit Dritten. Selbst wenn eine Befangenheit im Raum stünde, wäre aber offensichtlich im Sinne von § 46 VwVfG NRW, dass dieser Fehler die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. November 2022 - 1 BvR 2263/21 - NVwZ-RR 2023, 121 Rn. 33). Davon ist bei einer gebundenen Verwaltungsentscheidung, wie sie hier nach § 44b Abs. 1 Satz 1 EnWG vorliegt, in der Regel auszugehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. April 1983 - 1 C 5.83 - NVwZ 1983, 742 <743> und vom 30. März 2021 - 1 C 41.20 - BVerwGE 172, 125 Rn. 23 sowie Beschluss vom 15. Januar 1988 - 7 B 182.87 - NVwZ 1988, 525 <526>).
16 Da das Ablehnungsgesuch erst am Abend des 21. Oktober 2024 gestellt wurde, ist nicht zu beanstanden, dass hierüber laut Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22. Oktober 2024 durch den Vertreter des Behördenleiters formfrei entschieden wurde (vgl. Behördenakte 11 VR 15.24 Bl. 121 ff.). Der innerbehördliche Organisationsakt ist nicht formgebunden (vgl. Heßhaus, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, Stand Oktober 2024, § 21 Rn. 10 f.).
17 cc) Die aufschiebende Wirkung der Klage ist nicht deshalb anzuordnen, weil die Antragstellerin zu 1 keine Gelegenheit hatte, sich vor dem Erlass des Besitzeinweisungsbeschlusses gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG NRW zu der Stellungnahme der Beigeladenen vom 24. Oktober 2024 zu äußern. Die Anhörung erweist sich nicht gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG NRW unter dem Gesichtspunkt als entbehrlich, dass durch sie die Einhaltung der für die Entscheidung maßgeblichen Frist des § 44b Abs. 4 Satz 1 EnWG in Frage gestellt würde. Dem Antragsgegner standen für die Weiterleitung der Stellungnahme der Beigeladenen vom 24. Oktober 2024 knapp zwei Wochen zur Verfügung. Allerdings ist auch hier im Sinne von § 46 VwVfG NRW offensichtlich, dass die Rechtsverletzung den Besitzeinweisungsbeschluss in der Sache aufgrund der gebundenen Entscheidung nicht beeinflusst haben kann.
18 c) Der Besitzeinweisungsbeschluss leidet bei summarischer Prüfung nicht an den geltend gemachten materiellen Rechtsfehlern.
19 Nach § 44b Abs. 1 Satz 1 EnWG hat die Enteignungsbehörde den Träger des Vorhabens auf Antrag nach Feststellung des Plans in den Besitz einzuweisen, wenn der sofortige Beginn von Bauarbeiten geboten ist und sich der Eigentümer oder Besitzer weigert, den Besitz eines (u. a.) für den Bau, die Inbetriebnahme und den Betrieb von Hochspannungsfreileitungen im Sinne des § 43 EnWG benötigten Grundstücks durch Vereinbarung unter Vorbehalt aller Entschädigungsansprüche zu überlassen. Der Planfeststellungsbeschluss muss nach Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift vollziehbar sein. Diese Voraussetzungen sind nach summarischer Prüfung erfüllt. Weiterer Voraussetzungen bedarf es nach § 44b Abs. 1 Satz 3 EnWG nicht.
20 aa) Wie von § 44b Abs. 1 Satz 2 EnWG gefordert, ist der Planfeststellungsbeschluss gegenüber der Antragstellerin zu 1 vollziehbar.
21 bb) Auch war der sofortige Beginn der Bauarbeiten im Sinne von § 44b Abs. 1 Satz 1 EnWG geboten.
22 (1) Das Interesse der Allgemeinheit oder der Vorhabenträgerin an dem sofortigen Beginn überwiegt das private Interesse der Antragstellerin zu 1, von der Besitzeinweisung verschont zu werden. Ein solches Überwiegen ist in der Regel dann anzunehmen, wenn dem Vorhaben eine gewisse Dringlichkeit innewohnt, wobei die Bedeutung des Vorhabens Indizwirkung entfalten kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2023 - 7 A 2.23 - BVerwGE 180, 363 Rn. 21 m. w. N.).
23 (2) Die gesetzlichen Regelungen indizieren einen sofortigen Beginn der Bauarbeiten. Der Planfeststellungsbeschluss regelt einen räumlichen Abschnitt des als Nr. 19 in den Bedarfsplan zum Energieleitungsausbaugesetz aufgenommenen Vorhabens "Neubau Höchstspannungsleitung Kruckel - Dauersberg, Nennspannung 380 kV". Für das Vorhaben besteht ein vordringlicher Bedarf nach § 1 Abs. 1 EnLAG. Von den zu errichtenden 111 km Höchstspannungsleitung sind bereits 77 km planfestgestellt beziehungsweise im Bau, 34 km sind fertiggestellt (vgl. www.netzausbau.de).
24 (3) Der Beginn der Bauarbeiten duldet auch im konkreten Fall keinen Aufschub. Dabei sind die Nachteile, insbesondere zeitliche Verzögerungen, zu berücksichtigen, die ohne den Erlass einer Besitzeinweisung zu gewärtigen sind und mit Erlass der Besitzeinweisung vermieden werden können. Der Vorhabenträger hat diese Nachteile schlüssig darzulegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Oktober 2023 - 7 A 2.23 - BVerwGE 180, 363 Rn. 22 und Beschluss vom 22. Juni 2023 - 4 VR 4.23 - juris Rn. 18 f.).
25 (a) Dem ist die Beigeladene nachgekommen. Ausweislich des Besitzeinweisungsantrags hat sie sich zum Ziel gesetzt, die planfestgestellte Leitung Bl. 4319 zwischen den Masten 374 und 406 im vierten Quartal 2025 in Betrieb zu nehmen; ihre Planung hat sie durch einen Bauzeitenplan dargelegt. Zweifel an diesem Plan ergeben sich nicht aus Terminverzug. Die Zeitpunkte für die Beendigung der Gründungen der in dem Bereich der Besitzeinweisung liegenden Masten 374 bis 376 sind für Sommer und Herbst 2025 vorgesehen; der Zeitplan ist insofern nicht überholt. Dass der Zeitraum für die Gründung des benachbarten Mastes 377 verstrichen ist und die Vorhabenträgerin sich bezüglich der Arbeiten an dem außerhalb des genannten Bereichs befindlichen Mast 386 in zeitlichem Verzug befindet, fällt nicht ins Gewicht. Einzelne Verzögerungen und Ungenauigkeiten sind bei großen Bauvorhaben nicht geeignet, die Untauglichkeit einer - stets mit Unsicherheiten belasteten - Bauzeitenplanung darzulegen.
26 (b) Der Antragsgegner hat die konkrete Dringlichkeit zudem ausreichend darauf gestützt, dass auf einer Länge von 13 km die 110-kV-Leitung der W. GmbH bis zum Punkt Oberschelden auf dem Neubaugestänge mitgeführt und in der Bauphase als Provisorium betrieben werden soll, mit der Folge, dass mit der W. GmbH frühzeitige Abstimmungen erforderlich seien, die kurzfristig nicht geändert werden könnten. Dies lässt sich anhand der Aussagen des Planfeststellungsbeschlusses sowie der von der Antragstellerin zu 1 angeführten Planunterlage nachvollziehen (vgl. PFB S. 48 ff. sowie Anlage 11.1 Blatt 2 Übersichtsplan 1:25 000 Stand 2. Planänderung). Dass sich das Provisorium (in Form eines Baueinsatzkabels "BEK") auf den von dem Besitzeinweisungsbeschluss betroffenen Grundstücken befindet, ist nicht erforderlich. Es reicht, dass es auf der Strecke von Mast 374 bis 406, hier an Mast 392, verortet ist. Angesichts der Vielzahl umzusetzender Vorhaben im Rahmen des Netzausbaus ist auch plausibel, dass die W. GmbH das Provisorium als netzkritisch ansieht und ein anerkennenswertes Interesse an dessen alsbaldiger Beendigung hat.
27 (c) Auf die weiteren Einwände kommt es danach nicht an, auch wenn sie in der Sache wohl zutreffen. Die konkrete Dringlichkeit dürfte nicht damit begründet werden können, dass während der Bauphase auf einer Länge von 23 km eine 110-kV-Leitung der Deutschen Bahn AG bis zum Punkt Osthelden auf einem Nebengestänge mitgeführt werden soll. Der Endpunkt Osthelden befindet sich nördlich der Strecke von Mast 374 bis 406 (vgl. Anlage 11.1 Blatt 2 Übersichtsplan 1:25 000 Stand 2. Planänderung).
28 Als nicht tragfähig erscheint bei summarischer Prüfung zudem die Begründung, dass die bestehende 220-kV-Leitung der Beigeladenen als Provisorium betrieben werden müsse. Auf den Einwand der Antragstellerin zu 1, dass die Bestandsleitung Bl. 2319 derzeit am Punkt Fellinghausen unterbrochen sei, hat die Beigeladene zwar erwidert, dass die bestehende 220-kV-Leitung auf andere Bereiche ihres Netzes beziehungsweise ihr Gesamtnetz umgeleitet und über dortige Umspannanlagen in Betrieb gehalten werde. Mangels näherer Erläuterung erschließt sich aber nicht, dass und inwieweit dieses Provisorium durch Umleitung in das eigene Gesamtnetz Freischaltungen der W. GmbH und der Deutschen Bahn AG notwendig machen soll.
29 (d) Der Einwand der Antragstellerin zu 1 greift nicht durch, dass dem sofortigen Baubeginn ein tatsächliches Hindernis entgegenstehe, weil die planfestgestellte Leitung an den Masten 375 bis 377 den rechtlich gebotenen Mindestabstand zu dort gelegenen Trinkwasserleitungen unterschreite und diese während der Bauarbeiten beschädigt oder zerstört werden könnten, sodass sie zu verlegen seien, ohne dass der Planfeststellungsbeschluss eine solche Verlegung regele. Damit ergäben sich ungelöste Probleme, ein sofortiger Baubeginn sei nicht geboten.
30 Mit dem Vortrag, der Planfeststellungsbeschluss lasse Probleme offen, die zwingend der Regelung bedurft hätten, kann die Antragstellerin zu 1 in dem Verfahren der vorzeitigen Besitzeinweisung nicht gehört werden. Der Sache nach macht sie geltend, der Planfeststellungsbeschluss genüge nicht dem Grundsatz der Problembewältigung (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2024 - 11 A 3.23 - juris Rn. 151 f.). Damit wendet sie sich gegen die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses, der nach § 44b Abs. 1 Satz 3 EnWG im Verfahren der vorzeitigen Besitzeinweisung nicht zu überprüfen ist (BVerwG, Beschluss vom 22. Februar 2024 - 11 VR 3.24 - juris Rn. 43).
31 Soweit sich die Antragstellerin zu 1 im Tatsächlichen auf die Trinkwasser-Transportleitung des Eigenbetriebs der Antragstellerin zu 2, des städtischen Wasserwerks, beruft, hat die Beigeladene mitgeteilt, keine Verlegung der aus Polyethylen bestehenden Leitungen zu beabsichtigen. Dies entspricht dem Planfeststellungsbeschluss, der insoweit keine Regelungen trifft und damit einen Regelungsbedarf auf dieser Ebene mit Bestandskraft gegenüber der Antragstellerin zu 1 verneint. Der Einwand der Antragstellerin zu 1 beruht auf einer hiervon abweichenden Einschätzung des Konflikts, mit dem sie aber im Verfahren der vorzeitigen Besitzeinweisung nicht durchdringen kann.
32 Kreuzungen mit den Versorgungsanlagen des Wasserverbandes S. regelt die Nebenbestimmung Nr. 5.11.7 des Planfeststellungsbeschlusses. Nach Satz 3 dieser Nebenbestimmung sind bei Unterschreitung erforderlicher Abstände die Versorgungsanlagen in Abstimmung mit dem jeweiligen Betreiber zu verlegen. Auch insoweit ist nicht dargetan, dass es zu erheblichen Verzögerungen des Bauablaufs kommen könnte. Der Wasserverband S. war an dem Besitzeinweisungsbeschluss beteiligt und hat ausdrücklich keine Bedenken gegen die vorzeitige Besitzeinweisung erhoben. Er hat sich in diesem Bereich nach dem plausiblen Vortrag der Beigeladenen mit einem nach letztem Stand ausreichenden Austausch der Rohre - wie zuvor bereits mit einer eventuellen Verlegung der Wasserleitung - einverstanden erklärt. Dass die Antragstellerin zu 1 insoweit über bessere Erkenntnisse verfügen könnte als der Wasserverband, ist nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht hinreichend dargelegt, dass ein möglicher Änderungsbedarf zu größeren Verzögerungen im Bauablauf führen wird.
33 Auf den weiter erhobenen Einwand, die Beigeladene beabsichtige einen planabweichenden Bau, kommt es nicht an. Denn das Besitzeinweisungsverfahren hat nicht die Aufgabe, den Vollzug des Planfeststellungsbeschlusses zu kontrollieren (OVG Schleswig, Beschluss vom 23. September 2021 - 4 MB 32/21 - juris Rn. 42 ff.; VGH Mannheim, Urteil vom 19. Januar 2017 - 5 S 301/15 - DVBl 2017, 507 <509 f.>).
34 cc) Die Antragstellerin zu 1 hat sich geweigert, der Beigeladenen den Besitz an den benötigten Flächen der Grundstücke freiwillig zu überlassen.
35 Eine Weigerung im Sinne von § 44b Abs. 1 Satz 1 EnWG liegt vor, wenn der Vorhabenträger dem Eigentümer oder Besitzer durch ein entsprechendes Angebot die Möglichkeit eröffnet hat, die Überlassung des Besitzes unter Vorbehalt sämtlicher Entschädigungsansprüche durch eine Vereinbarung im Sinne des § 854 Abs. 2 BGB herbeizuführen, und dieser das Angebot nicht angenommen hat (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22. Juni 2023 - 4 VR 4.23 - juris Rn. 21 m. w. N. und vom 22. Februar 2024 - 11 VR 3.24 - juris Rn. 30). Die Antragstellerin zu 1 ist derzeit nicht bereit, auf das Angebot der Beigeladenen hin den Besitz an den beanspruchten Grundstücken freiwillig zu überlassen. Das genügt.
36 Eine Weigerung entfällt insbesondere nicht deshalb, weil es die Antragstellerin zu 1 wegen der befürchteten Folgen für die Trinkwasserversorgung für unzumutbar hält, das Angebot der Beigeladenen anzunehmen. Dies liefe auf eine mit § 44b Abs. 1 Satz 3 EnWG nicht vereinbare Prüfung der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses im Besitzeinweisungsverfahren hinaus.
37 dd) Die gerügten Mängel hinsichtlich der Bestimmtheit des Besitzeinweisungsbeschlusses geben keinen Anlass, die aufschiebende Wirkung anzuordnen.
38 (1) Ein Verwaltungsakt genügt dem Gebot hinreichender Bestimmtheit, wenn er zum einen den Adressaten in die Lage versetzt zu erkennen, was von diesem gefordert wird, und zum anderen eine geeignete Grundlage für Maßnahmen zu seiner zwangsweisen Durchsetzung sein kann. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden und mit dem Verwaltungsakt umzusetzenden materiellen Rechts (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2012 - 9 C 7.11 - BVerwGE 143, 222 Rn. 15 und Beschluss vom 9. Juli 2019 - 9 B 29.18 - NVwZ-RR 2019, 924 Rn. 9 m. w. N.). Es reicht aus, wenn sich die Regelung aus dem gesamten Inhalt des Bescheides, insbesondere seiner Begründung, sowie den weiteren den Beteiligten bekannten oder ohne Weiteres erkennbaren Umständen unzweifelhaft erkennen lässt (vgl. zu § 44 EnWG: BVerwG, Urteil vom 14. Februar 2024 - 11 A 8.23 - UWP 2024, 218 Rn. 21). Ein auf fachplanungsrechtliche Bestimmungen gestützter Besitzeinweisungsbeschluss muss die betroffenen Grundstücksflächen genügend klar bezeichnen. Hinreichend nachvollziehbare, etwa farblich markierte Einzeichnungen der benötigten Teilflächen in einem Plan können im Einzelfall die erforderliche Bestimmtheit herstellen. Eine vermaßte Darstellung ist nicht regelhaft erforderlich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Februar 2024 - 11 VR 3.24 - juris Rn. 33 m. w. N.).
39 (2) Die offenbar unrichtigen Angaben zur Breite des Schutzstreifens in Nr. 1 Satz 3 des Tenors des Besitzeinweisungsbeschlusses führen nicht zu dessen Unbestimmtheit. Dort findet sich die Aussage, dass "in einem Grundstücksstreifen (Schutzstreifen) von 76,00 m Breite (zu beiden Seiten der in der Örtlichkeit feststellbaren Leitungsachse im Abstand von je 51,00 m)" bestimmte Ge- und Verbote gelten. Bei einem Abstand von beidseits 51 m von der Trassenachse kann sich indes keine Schutzstreifenbreite von 76 m ergeben. Ausweislich Nr. 1 Satz 10 des Tenors ergibt sich die Inanspruchnahme der Grundstücke aus den beigefügten Detail-Lageplänen im Maßstab 1:1 000 und dem beigefügten Grundstücksverzeichnis. In den Lageplänen sind die Schutzstreifen eingezeichnet und zudem vermaßt. Daraus erhellt sich, dass es sich bei den Angaben von 51 m und 76 m jeweils um Maximal-Angaben handelt. Entsprechend lauteten auch die Angaben in dem Besitzeinweisungsantrag der Vorhabenträgerin vom 17. September 2024 ("bis zu"). Die Inanspruchnahme der Grundstücke lässt sich damit im Wege der Auslegung unzweifelhaft erkennen.
40 Soweit die Antragstellerin zu 1 den Detail-Lageplänen in dem Maßstab 1:1 000 die Eignung als Grundlage der Auslegung abspricht, weil diese zu "grob" seien, überzeugt dies nicht. Der Maßstab 1:1 000 reicht zur Bezeichnung der Inanspruchnahme eines Grundstücks grundsätzlich aus (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Februar 2024 - 11 VR 3.24 - juris Rn. 35 m. w. N.).
41 ee) Der Besitzeinweisungsbeschluss ist von dem Planfeststellungsbeschluss gedeckt.
42 (1) Eine überschießende Wirkung entfaltet der Besitzeinweisungsbeschluss nicht deshalb, weil Nr. 1 Satz 2 des Tenors die Beigeladene unter anderem dazu berechtigt, die für die Höchstspannungsfreileitungen erforderlichen "Masten" aufzustellen, obwohl nach dem Planfeststellungsbeschluss auf den zwei Grundstücken kein Mast errichtet werden soll. In Nr. 1 Satz 2 des Tenors werden erkennbar alle insoweit möglichen Tätigkeiten im Sinne einer einleitenden Generalklausel aufgezählt. Aus dem Zusammenhang mit den einschlägigen Detail-Lageplänen sowie dem Grundstücksverzeichnis, in dem die "Art der Inanspruchnahme" im Fließtext beschrieben ist, geht klar hervor, dass auf den zwei Grundstücken kein Mast, auch nicht in Form eines Provisoriums, errichtet werden soll.
43 (2) Gleiches gilt, soweit die Antragstellerin zu 1 rügt, dass der Besitzeinweisungsbeschluss zu Unrecht das Grundstück Gemarkung H., Flur ..., Flurstück a für Freischnittarbeiten in Anspruch nehme, obwohl der Planfeststellungsbeschluss keine derartigen Eingriffe in Gehölze vorsehe. Das genannte Flurstück ist in dem beigefügten Grundstücksverzeichnis hinsichtlich der Nutzungsart als "Grünland, Ackerland, Laubholz, Gehölz" verzeichnet. Als Art der Inanspruchnahme ist dort neben der Inanspruchnahme durch den Schutzstreifen und die Überspannung der Freileitung eine temporäre Arbeitsfläche ausgewiesen. Entsprechendes ergibt sich aus der zugrundeliegenden Planunterlage (vgl. Anlage 8.1.12 Stand 3. Planänderung S. 3). Daraus folgt ohne Weiteres, dass die Inanspruchnahme auch Freischnittarbeiten einschließt. Daran ändert auch der Hinweis der Antragstellerin zu 1 nichts, dass nach dem Detail-Lageplan der "verbreiterte Waldschutzstreifen" für die Bestandsleitung Bl. 2319 erst außerhalb des Flurstücks beginne. Denn auch dem Detail-Lageplan ist zu entnehmen, dass der südliche Teil des Flurstücks selbst in der genannten Art in Anspruch genommen wird.
44 ff) Der Besitzeinweisungsbeschluss sieht keine unverhältnismäßige Übersicherung vor.
45 (1) Eine solche liegt nicht darin, dass der Besitzeinweisungsbeschluss jedwede Nutzung, insbesondere jegliche baulichen Veränderungen sowie Geländeveränderungen verbieten würde. Vielmehr sieht Nr. 1 Satz 3 bis 8 des Tenors ein gestuftes Verbotssystem vor. Im Schutzstreifen dürfen nach Nr. 1 Satz 3 und 7 des Tenors weder bauliche und sonstige Anlagen errichtet noch Geländeveränderungen vorgenommen werden. Die weiteren Verbote im Schutzstreifen nach Nr. 1 Satz 4 und 6 des Tenors, das Anpflanzungs- und Lagerungsverbot, stehen unter dem Vorbehalt, dass der Wuchs der angepflanzten Bäume und Sträucher und die gelagerten Stoffe die Leitung beeinträchtigen beziehungsweise gefährden. Auch das Auffangverbot nach Nr. 1 Satz 8 des Tenors für sonstige Einwirkungen und Maßnahmen greift nur, wenn der ordnungsgemäße Bestand oder Betrieb der Leitungen oder des Zubehörs beeinträchtigt oder gefährdet wird. Die pauschale Kritik der Antragstellerin zu 1, sie sei damit umfassend an Arbeiten auf ihren Grundstücken gehindert, geht an dieser Regelung vorbei. Konkrete Maßnahmen, an denen sie sich gehindert sieht, hat sie nicht benannt, sondern sich darauf beschränkt, mögliche Tätigkeiten auf ihren Grundstücken aufzuzählen.
46 (2) Eine unverhältnismäßige Übersicherung ergibt sich nicht daraus, dass der Besitzeinweisungsbeschluss in Nr. 1 Satz 2 des Tenors die Beigeladene unter anderem dazu berechtigt, die Grundstücke zum Zweck des Baus, des Betriebs und der Unterhaltung von Leitungen jederzeit zu betreten und zu befahren, ohne eine Begrenzung auf den Schutzstreifen oder eine bestehende Zuwegung vorzusehen.
47 Das Betretens- und Befahrensrecht wird maßgeblich durch den ausdrücklich geregelten Zweck begrenzt. Von dem Recht kann die Beigeladene nur für Arbeiten zum Zweck des Baus, des Betriebs und der Unterhaltung der planfestgestellten Höchstspannungsfreileitung Gebrauch machen. Insgesamt fehlt es daher an der hinreichenden Darlegung unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse, dass und inwieweit das Betreten und Befahren über die Zuwegungen und den Schutzbereich der planfestgestellten Leitung hinaus ausnahmsweise unverhältnismäßig sein könnte, zumal sich die einzig vorhandenen Zuwegungen außerhalb der beiden Grundstücke befinden. Der pauschale Hinweis, dass die beiden Grundstücke zur Tierhaltung (Pferde) verpachtet seien, reicht insoweit nicht aus.
48 Im Übrigen dürfte angesichts des Beschleunigungszwecks der vorzeitigen Besitzeinweisung und der identischen Interessenlage in dem Zeitraum bis zum Erlass des Enteignungsbeschlusses ein Gleichlauf im Umfang der Betretensrechte geboten sein. Die vorzeitige Besitzeinweisung nimmt den zu erwartenden Enteignungsbeschluss teilweise vorweg. Sie verleiht beschleunigten Besitz und ermöglicht die Durchführung der für das beantragte Bauvorhaben erforderlichen Maßnahmen (vgl. § 44b Abs. 4 Satz 4 und 5 EnWG). Im Rahmen der Enteignung wird nach § 45 Abs. 2 Satz 5 EnWG der Inhalt der Leitungs- und Anlagenrechte durch entsprechende Anwendung des § 4 der Sachenrechts-Durchführungsverordnung vom 20. Dezember 1994 (BGBl. I S. 3900) bestimmt. Gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 1 der Sachenrechts-Durchführungsverordnung umfasst die nach § 9 Abs. 1 des Grundbuchbereinigungsgesetzes entstandene beschränkte persönliche Dienstbarkeit das Recht, in eigener Verantwortung und auf eigenes Risiko das belastete Grundstück für den Betrieb, die Instandsetzung und Erneuerung einschließlich Neubau von Energieanlagen und Anlagen nach § 1 Satz 1 zu betreten oder sonst zu benutzen. Die mit dem Enteignungsbeschluss typischerweise ausgesprochene beschränkte persönliche Dienstbarkeit des Vorhabenträgers (vgl. § 1092 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BGB) bezieht sich folglich von Gesetzes wegen auf "das belastete Grundstück" insgesamt. Diese in der Behördenpraxis vielfach bewährte Regelung soll nach dem Willen des Gesetzgebers zu einer Harmonisierung der Rechtsanwendung führen (vgl. BT-Drs. 20/7310 S. 100). Damit wird vermieden, dass Streitigkeiten über den Umfang des Betretungsrechts die Errichtung, den Betrieb, die Instandsetzung und die Erneuerung von planfestgestellten Energieanlagen behindern. Eine Beschränkung auf Zuwegungen und diejenigen Flächen, auf denen im engeren Sinne etwas errichtet, erneuert, instandgesetzt oder zur Vorbereitung angelegt und präpariert werden soll, geht an den Erfordernissen von Arbeiten zu den genannten Zwecken vorbei. Zwar verweist die Antragstellerin zu 1 insoweit darauf, dass die Beschränkung von Grundeigentum im Wege der Enteignung nach § 45 Abs. 1 EnWG unter dem Vorbehalt der Erforderlichkeit stehe. Allerdings bedarf es nach § 45 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 i. V. m. § 45 Abs. 1 Nr. 1 und § 43 EnWG einer weiteren Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung nicht. Der festgestellte Plan ist nach § 45 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 EnWG dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen und für die Enteignungsbehörde bindend.
49 Jedenfalls gelangt im Hinblick auf die spätere Ausübung der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit die gesetzliche Auslegungsregel des § 1091 BGB zur Anwendung. Gemäß § 1091 BGB bestimmt sich der Umfang einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit im Zweifel nach dem persönlichen Bedürfnis des Berechtigten. Hierbei ist dem Grundsatz der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen (vgl. Ludyga, in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl. 2023, § 1091 Rn. 5; Otto, in: Ring/Grziwotz/Schmidt-Räntsch, BGB Bd. 3, Sachenrecht, 5. Aufl. 2022, § 1091 Rn. 4; Reymann, in: Staudinger, BGB, Stand 2021, § 1091 Rn. 3 m. w. N.). Vor einer missbräuchlichen, über dieses Bedürfnis hinausgehenden Ausübung der Dienstbarkeit ist der Eigentümer des dienenden Grundstücks demnach geschützt (vgl. VGH München, Beschluss vom 7. August 2018 - 22 ZB 18.14 22 - EnWZ 2018, 426 Rn. 16). Der Schutz gilt entsprechend in dem Zeitraum von dem Erlass eines Besitzeinweisungsbeschlusses bis zu dem Erlass des Enteignungsbeschlusses. Die Beigeladene hat, wenn dies gemessen am Besitzeinweisungszweck möglich und zumutbar ist, zuvörderst vorhandene Zuwegungen und die unmittelbar in Anspruch genommenen Flächen zu betreten und zu befahren.
50 2. Der Antrag der Antragstellerin zu 2 bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Dabei dürfte sie, die in dem Besitzeinweisungsverfahren nicht als Antragsgegnerin auftrat, sondern lediglich als Beteiligte hinzugezogen war, aufgrund der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit für ihre städtische Trinkwasserleitung als dingliches Nutzungsrecht über die erforderliche Antragsbefugnis verfügen. Dies kann jedoch für die Zwecke des Eilverfahrens offenbleiben. Denn jedenfalls ist der Antrag der Antragstellerin zu 2 aus den vorstehenden, entsprechend anwendbaren Erwägungen zu den geltend gemachten Rügen unbegründet (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Dezember 2024 - 11 VR 13.24 - BA S. 4 ff.).
51 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für die dauerhaft in Anspruch genommenen landwirtschaftlichen Flächen der Antragstellerin zu 1 folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nr. 34.2.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. In Bezug auf die beschränkte persönliche Dienstbarkeit der Antragstellerin zu 2 wendet der Senat mangels Anhaltspunkten für die wirtschaftliche Bedeutung der Sache den Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG an. Im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der sich daraus ergebende Gesamtstreitwert nach Nr. 1.1.3 des Streitwertkatalogs gemäß Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs zu halbieren.