Verfahrensinformation

Das Bundesministerium des Innern verbot mit Verfügung vom 8. Dezember 2001 die durch den türkischen Staatsangehörigen Metin Kaplan vertretene Vereinigung „Kalifatsstaat“ (Hilafet Devleti) einschließlich ihrer Teilorganisationen sowie die Stiftung „Stichting Dienaar aan Islam“. Die Verfügung stützt sich auf das Vereinsgesetz in der Fassung nach Streichung des sog. Religionsprivilegs und ist damit begründet, dass sich die verbotenen Vereinigungen kämpferisch-aggressiv gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richteten sowie die innere Sicherheit und sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdeten. Für die Klage der genannten Vereinigungen dagegen, dass sie als Teilorganisationen in das Verbot einbezogen worden sind, ist das Bundesverwaltungsgericht in erster und letzter Instanz zuständig.


Verfahrensinformation

Das Bundesministerium des Innern verbot mit Verfügung vom 8. Dezember 2001 die durch den türkischen Staatsangehörigen Metin Kaplan vertretene Vereinigung „Kalifatsstaat“ (Hilafet Devleti) einschließlich ihrer Teilorganisationen sowie die Stiftung „Stichting Dienaar aan Islam“. Die Verfügung stützt sich auf das Vereinsgesetz in der Fassung nach Streichung des sog. Religionsprivilegs und ist damit begründet, dass sich die verbotenen Vereinigungen kämpferisch-aggressiv gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richteten sowie die innere Sicherheit und sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdeten. Für die Klage der genannten Vereinigungen dagegen, dass sie als Teilorganisationen in das Verbot einbezogen worden sind, ist das Bundesverwaltungsgericht in erster und letzter Instanz zuständig.


Pressemitteilung Nr. 44/2002 vom 27.11.2002

Bundesverwaltungsgericht bestätigt Verbot des Vereins „Kalifatsstaat“

Das Bundesministerium des Innern stellte durch Verfügung vom 8. Dezember 2001 fest, dass sich der unter Führung von Metin Kaplan stehende „Kalifatsstaat“ gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richtet sowie die innere Sicherheit und sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Die Vereinigung wurde verboten und aufgelöst. Das Verbot wurde auf eine Reihe von Vereinigungen als Teilorganisationen des „Kalifatsstaats“ erstreckt.


Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot in erster und letzter Instanz bestätigt. Religionsgemeinschaften können jedenfalls dann verboten werden, wenn sie sich in kämpferisch-aggressiver Weise gegen die Demokratie, den Rechtsstaat oder die Verbürgung der Menschenwürde als Grundelemente der verfassungsmäßigen Ordnung richten. Der „Kalifatsstaat“ ist danach zu Recht verboten worden. Er versteht sich als real existierender Staat mit eigener Staatsgewalt unter der Führung des Kalifen, dessen Grundlage ausschließlich der Wille Allahs ist und der als solcher mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar ist. Der „Kalifatsstaat“ beansprucht für sich - im Unterschied zu anderen Religionsgemeinschaften - das Recht zu legitimer Gewaltanwendung auch in Deutschland. Dies ergibt sich aus Verlautbarungen des „Kalifatsstaats“ und wird insbesondere durch die vom Oberlandesgericht Düsseldorf im November 2000 als öffentliche Aufforderung zu Straftaten abgeurteilten Tötungsaufrufe der Führung des "Kalifatsstaats" gegen einen „falschen Kalifen“ bestätigt. In die gleiche Richtung weisen diffamierende Äußerungen etwa über türkische Politiker und Juden, die überdies von einer mit der Würde des Menschen unvereinbaren Intoleranz geprägt sind. Der Befürchtung, dass Mitglieder des „Kalifatsstaats“, gestützt auf dessen Selbstverständnis, ihre Vorstellungen mit Gewalt und auch im Widerstand zur deutschen Staatsgewalt durchsetzen, konnte nicht mit milderen Mittel als dem Verbot der Vereinigung begegnet werden.


Die Klagen islamischer Vereinigungen in Blumberg, Bad Kreuznach und Braunschweig gegen ihre Einbeziehung in das Verbot des „Kalifatsstaats“ sind ohne Erfolg geblieben. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hat gezeigt, dass das Bundesministerium des Innern diese Vereinigungen zu Recht als Teilorganisationen des „Kalifatsstaats“ angesehen hat.


BVerwG 6 A 1.02 - Urteil vom 27. November 2002

BVerwG 6 A 3.02 - Urteil vom 27. November 2002

BVerwG 6 A 4.02 - Urteil vom 27. November 2002

BVerwG 6 A 9.02 - Urteil vom 27. November 2002


Urteil vom 27.11.2002 -
BVerwG 6 A 1.02ECLI:DE:BVerwG:2002:271102U6A1.02.0

Leitsatz:

Für die Beurteilung, ob eine religiöse Gemeinschaft Teilorganisation einer verbotenen Religionsgemeinschaft ist, gelten grundsätzlich keine anderen Maßstäbe als bei anderen Organisationen.

Urteil

BVerwG 6 A 1.02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung am 27. November 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. H a h n , Dr. G e r h a r d t ,
Dr. G r a u l i c h und V o r m e i e r
für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

I


Das Bundesministerium des Innern stellte durch Verfügung vom 8. Dezember 2001 (im Folgenden: Verfügung) fest, dass sich der "Kalifatsstaat" (Hilafet Devleti), der unter der Bezeichnung "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden" ("Islami Cemaatleri ve Cemiyetleri Birligi" - ICCB) im Vereinsregister eingetragen sei, einschließlich bestimmter Teilorganisationen, sowie die "Stichting Dienaar aan Islam" gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richteten und die innere Sicherheit sowie sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdeten. Die genannten Organisationen wurden verboten und aufgelöst. Ferner wurden die Verwendung von Kennzeichen des "Kalifatsstaats" und die Bildung von Ersatzorganisationen verboten und das Vermögen der verbotenen Organisationen beschlagnahmt und eingezogen.
Zu den in der Verfügung aufgeführten Teilorganisationen gehört der Kläger (Nr. 1.9 des verfügenden Teils). Insoweit wurde zur Begründung ausgeführt, die Liegenschaft des Vereins habe der "Stichting Dienaar aan Islam" gehört, sei erst am 2. Oktober 2001 verkauft worden und werde vom Kläger weiterhin genutzt. Der Vereinsvorsitzende sei im Jahr 1999 bei den vom "Kalifatsstaat" organisierten Demonstrationen in Karlsruhe aufgetreten.
Der Kläger tritt mit seiner Klage der Einbeziehung in die Verfügung entgegen, und stellt in Abrede, eine Teilorganisation des "Kalifatsstaats" zu sein.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Bundesministeriums des Innern vom 8. Dezember 2001 aufzuheben, soweit der Kläger als Teilorganisation verboten und aufgelöst und sein Vermögen beschlagnahmt und eingezogen worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt dem Klagevortrag entgegen und trägt ergänzende Erkenntnisse vor.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.

II


Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtene Verfügung findet in § 3 Abs. 3, § 14 Abs. 1 Satz 1 VereinsG ihre rechtliche Grundlage und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Gemäß § 3 Abs. 3 VereinsG, der auch für Ausländervereine gilt, erstreckt sich das Verbot eines Vereins grundsätzlich auf alle Organisationen, die dem Verein derart eingegliedert sind, dass sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als Gliederung dieses Vereins erscheinen (Teilorganisationen). Auf nichtgebietliche Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit erstreckt sich das Verbot nur, wenn sie in der Verbotsverfügung ausdrücklich benannt sind.
a) Voraussetzung für das Vorliegen einer Teilorganisation ist eine Identität zwischen dem Verein als Ganzem und seiner Gliederung. Die Gliederung muss tatsächlich in die Gesamtorganisation eingebunden sein und im Wesentlichen von ihr beherrscht werden, auch wenn eine totale organisatorische Eingliederung nicht notwendig ist. Indizien dafür können sich etwa aus der personellen Zusammensetzung, den Zielen, der Tätigkeit, der Finanzierung, aus Verflechtungen bei der Willensbildung und aus Weisungsgegebenheiten ergeben (vgl. zusammenfassend Urteil vom 28. Januar 1997 - BVerwG 1 A 13.93 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 26 S. 98 f. = NVwZ 1998, 174).
Auch Religionsgemeinschaften, die seit In-Kraft-Treten des Ersten Gesetzes zur Änderung des Vereinsgesetzes vom 4. Dezember 2001 (BGBl I S. 3319) am 8. Dezember 2001 dem Vereinsgesetz unterfallen, können Teilorganisationen aufweisen. Der Zweck eines Vereins und seine geistigen Grundlagen - die gemeinsamen Überzeugungen seiner Mitglieder - sind für die Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG nicht unmittelbar von Bedeutung. Allerdings können sich Menschen gemeinsamen Glaubens oder religiösen Bekenntnisses - eher als etwa Vereinigungen mit vergleichbar umfassender Zielsetzung wie politische Parteien - in Gemeinden zusammenfinden, die gegenüber einer gemeinsamen übergemeindlichen Organisation ein gewisses Maß an Autonomie aufweisen. Daher wird bei Religionsgemeinschaften der tatsächlichen Frage besonderes Augenmerk zu widmen sein, ob die Gesamtorganisation als bloßer Dachverband anzusehen ist, dem die Mitgliedsorganisationen mehr oder weniger locker angeschlossen sind (vgl. näher dazu Beschluss vom 6. Juli 1994 - BVerwG 1 VR 20.93 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 18, S. 17), oder ob ein Gesamtverband vorliegt, dem die Gemeinden als Teilorganisationen eingegliedert sind. Letzteres setzt voraus, dass über die geistliche Führung durch eine übergemeindliche Institution hinaus eine hierarchische Verbandsstruktur mit einer Organisation vorliegt, die der Umsetzung der Entscheidungen des Zentralverbandes auf der Ebene der Gemeinden dient.
b) Teilorganisationen werden aufgrund ihrer Identität mit dem Gesamtverein ohne weiteres von dessen Verbot erfasst. Sie müssen nicht selbst einen Verbotsgrund erfüllen und können die Verbotsverfügung auch nur mit der Begründung anfechten, keine Teilorganisation zu sein (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 6. Juli 1994, a.a.O., S. 14, 17 sowie Urteil vom 28. Januar 1997, a.a.O.). Dies ist auch in dem Fall verfassungsrechtlich unbedenklich, in dem es sich bei der Teilorganisation um eine Religionsgemeinschaft handelt, die die religiöse Vereinigungsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 2 WRV für sich beanspruchen kann (vgl. BVerfGE 83, 341, 354 f.). Erweist sich das Verbot des Gesamtvereins, bei dem es sich um eine Religionsgemeinschaft handelt, wie hier als gerechtfertigt, gilt für die entsprechende Teilorganisation nichts anderes.
Der Erwägung, die Beklagte hätte den Muslimgemeinden, die sie als Teilorganisationen des "Kalifatsstaats" ansieht, die Möglichkeit geben müssen, sich von diesem zu distanzieren, ist nicht zu folgen. Weder war der Gesetzgeber gehalten, insoweit Übergangsregelungen zu schaffen, noch bestand Anlass zu einer entsprechenden Gestaltung des Verwaltungsverfahrens. Hat nämlich eine Muslimgemeinde die Möglichkeit, sich jederzeit von der Zentrale des "Kalifatsstaats" abzukoppeln und ohne Verlust ihrer Identität selbständig fortzubestehen, ist sie keine Teilorganisation im dargestellten Sinn. Ist hingegen die Muslimgemeinde in der Weise in den "Kalifatsstaat" eingegliedert, wie es für eine Teilorganisation zu fordern ist, fehlt es an einer solchen Möglichkeit. Die so genannte Distanzierung wäre in diesem Fall in Wahrheit die (verdeckte) Neugründung einer anderen Vereinigung unter Aufgabe der bisherigen Identität.
Entsprechendes gilt für das Vorbringen, die Aktivitäten des "Kalifatsstaats" seien in der Vergangenheit nicht verboten gewesen und deshalb könnten Muslimgemeinden, die sich ihm in gutem Glauben angeschlossen oder Vorteile aus dem Kontakt mit ihm gezogen hätten, nicht abrupt in dessen Verbot einbezogen werden. Wie der erkennende Senat im Urteil vom 27. November 2002 - BVerwG 6 A 4.02 - ausgeführt hat, konnte der "Kalifatsstaat" verfassungsrechtlich keine "Anpassungsfrist" beanspruchen. Gleiches gilt für seine Teilorganisationen. Denn diese teilen ohne weiteres das rechtliche Schicksal des Gesamtvereins, dem sie angehören.
2. Der Kläger ist eine Teilorganisation des mit Verfügung vom 8. Dezember 2001 verbotenen "Kalifatsstaats". Darauf weisen zur Überzeugung des erkennenden Senats die vorliegenden Tatsachen hin. Die schriftsätzlichen Äußerungen sowie die Erörterung mit dem Kläger in der mündlichen Verhandlung haben sie nicht entkräftet.
a) Der "Kalifatsstaat" versteht sich als Staat mit eigenem Rechtssystem (Scharia) und eigener Staatsgewalt unter der Leitung des Kalifen. Die Organisationsstrukturen sind denen eines Staates vergleichbar. Neben einer Stabsorganisation, die der Zentrale zugeordnet ist, besteht eine Gliederung nach Gebieten ("Bölge"), denen die Gemeinden angehören und die von "Gebietsemiren" geleitet werden. Die Gesamtorganisation ist hierarchisch aufgebaut und darauf ausgerichtet, den - allein maßgeblichen - Willen des Kalifen durchzusetzen. Auf die unbestrittene Darstellung der Verbandsstrukturen in der Verfügung (S. 8 ff.) wird Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Das Selbstverständnis des "Kalifatsstaats" als eines real existierenden Staatswesens und der Absolutheitsanspruch der von ihm propagierten Lehren schließen es konsequenterweise praktisch aus, dass eine Muslimgemeinde, die in den Verband des "Kalifatsstaats" aufgenommen ist, eine andere Stellung als die einer Teilorganisation innehat. Der Vortrag des Klägers, er habe zwar Kontakte zum "Kalifatsstaat" gehabt, aber nur dessen Angebote als "Annehmlichkeiten" wahrgenommen, erscheint daher bereits vom Grundansatz her zur Erklärung der folgenden Indizien von geringer Überzeugungskraft.
b) Der "Kalifatsstaat" hat im Rahmen der Anfechtung der Verfügung vom 8. Dezember 2001 nur in Bezug auf die Türkisch-Islamische Gemeinschaft H. e.V. das Vorliegen einer Teilorganisation in Abrede gestellt und die Moschee des Klägers in seinen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes einbezogen. Der Kläger ist ferner in einer Liste von dem "Kalifatsstaat" angehörenden Vereinen aufgeführt, die in einem PC der Zentrale gefunden wurde. In der Verbandszeitung des "Kalifatsstaats" "ÜMMET-I MUHAMMED" vom 4. Juni 1998 wird berichtet, dass der "Kalif" mit den aus der Schweiz angereisten Muslimen eine Versammlung in dem dem Kalifatsstaat angeschlossenen muslimischen Verein in B. abgehalten habe (Verwaltungsvorgänge Band 9 Bl. 99). Diese Umstände deuten darauf hin, dass der "Kalifatsstaat" den Kläger als ihm zugehörig betrachtet.
c) Der Kläger hat sich auch selbst als Teil des "Kalifatsstaats" dargestellt. Er hat einen Stempel "Kalifatsstaat, Gemeinde der Muslime, B., ..." verwendet. Beim Kläger asservierte Ramadan-Kalender für B. und Umgebung sind überschrieben "Hilafet Devleti, B.".
d) Auf eine Steuerung des Klägers durch die Zentrale des "Kalifatsstaats" weist eine bei ihm gefundene Weisung der Zentrale an die "Gemeinde-Emire" vom 28. Februar 2000 hin, die die Verteilung bestimmter Flugblätter betrifft. Eine in den Moscheeräumen des Klägers sichergestellte Liste, nach der die Gebietsorganisationen Personal zur Wache vor der Zentrale zur
Verfügung stellen müssen, deutet ebenfalls auf die Weisungsmacht der Zentrale gegenüber dem Kläger hin.
e) Aus den beim Kläger sowie in der Zentrale des "Kalifatsstaats" aufgefundenen Quittungen und Spendenformularen ergibt sich, dass Spenden aus dem Bereich des Klägers an den "Kalifatsstaat" gegangen sind. Der erwähnten Weisung der Zentrale vom 28. Februar 2000 ist eine Liste für die "Opferkampagne 1421" beigefügt. Der Umstand, dass Spenden dem "Kalifatsstaat" auf dessen Aufforderung zugeleitet worden sind, um von diesem bestimmungsgemäß verwendet zu werden, deutet auf eine finanzielle Verflechtung hin. Der Kläger hat nicht behauptet, dass Spenden auch an andere Stellen gegangen oder auf anderem Weg den Bedürftigen zugeführt worden seien. Die religiöse Motivation der Spenden ändert nichts daran, dass mit ihnen dem "Kalifatsstaat" Finanzmittel, wenn auch mit mehr oder weniger ausgeprägter Zweckbindung, zugeführt worden sind.
Der Kläger hat über Jahre ein Grundstück der Stiftung "Stichting Dienaar aan Islam", die das Vermögen des "Kalifatsstaats" verwaltet, als Vereinsraum (Moschee) genutzt. Der Kläger führt dazu aus, dass die Stiftung beim Erwerb des Grundstücks eingeschaltet worden sei, um interne Streitigkeiten zu vermeiden. Das Vorbringen ist nicht geeignet, die Bedeutung dieser Tatsache als Indiz für die wirtschaftliche Abhängigkeit des Klägers vom "Kalifatsstaat" zu entkräften. Dem Umstand, dass die Stiftung das Anwesen am 2. Oktober 2001 in zeitlichem Zusammenhang mit vergleichbaren Veräußerungen an ein Mitglied des Klägers verkauft hat, lässt sich hingegen kein zusätzlicher Hinweis auf die Eingliederung des Klägers in den "Kalifatsstaat" entnehmen.
f) Eine personelle Verflechtung mit dem "Kalifatsstaat" ergibt sich zunächst daraus, dass der 1. Vorsitzende des Klägers C. A. in einer Liste der "Jugendemire" des "Kalifatsstaats" aufgeführt ist und im Jahr 1999 als Sprecher auf einer Demonstration des "Kalifatsstaats" auftrat. Beides ist vom Kläger letztlich nicht mehr bestritten worden. Ferner ist der Bruder des 1. Vorsitzenden C. A., der den Kläger bei der Durchsuchung am 12. Dezember 2001 vertreten hat, in die Grundstücksgeschäfte des "Kalifatsstaats" einbezogen worden, indem er zusammen mit anderen am 8. Oktober 2001 von der Stiftung Grundbesitz in K. erwarb. Die Beziehungen der Führung des Klägers zum "Kalifatsstaat" erschöpfen sich damit nicht in bloßen Kontakten. Vielmehr haben C. und C. A. Aufgaben wahrgenommen, die ein entsprechendes Vertrauen der Zentrale voraussetzen.
g) Für eine Eingliederung des Klägers in den "Kalifatsstaat" spricht schließlich der Umstand, dass beim Kläger verschiedene Ergebenheitsformulare, Einladungen, Bescheinigungen, Listen u.ä. sowie Schriften mit Bezug zum "Kalifatsstaat" gefunden wurden. Der Kläger hat sich nur zu dem Blanko-Vordruck einer Treueerklärung für Metin Kaplan mit einem Stempel des "Gebietsemirs" von B. aus dem Jahr 1994 geäußert, und zwar dahin, dass die Verwendung auf den "Kalifen" bezogener Treueerklärungen keine Abhängigkeit vom "Kalifatsstaat" begründe. Das Vorbringen, auf dessen nähere Begründung nicht einzugehen ist, nimmt dem beim Kläger asservierten Schriftgut nicht seine Bedeutung als Hinweis auf die Zugehörigkeit des Klägers zum "Kalifatsstaat". Es ist nicht erkennbar, aus welchen anderen Gründen es in den Besitz des Klägers gekommen sein könnte.
h) Bei Gesamtwürdigung dieser Umstände steht zur Überzeugung des erkennenden Senats fest, dass der Kläger eine Teilorganisation des "Kalifatsstaats" ist. Im Hinblick auf das Selbstverständnis und die Verbandsstruktur des "Kalifatsstaats" gibt es daran keine vernünftigen Zweifel. Der Kläger hat sich ihm selbst zugeordnet und weist vielfältige Verbindungen enger Art zu ihm auf. Die Hinweise auf eine wirtschaftliche und ideologische Abhängigkeit sowie auf personelle und organisatorische Verflechtungen haben sich nicht entkräften lassen. Der Einwand, dass der Kläger lange vor dem "Kalifatsstaat" gegründet worden sei, besagt nichts über die Verhältnisse zur Zeit der angefochtenen Verfügung. Dem Vorbringen des Klägers lässt sich aber auch kein greifbarer Hinweis darauf entnehmen, dass er zu diesem Zeitpunkt aus dem Verband des "Kalifatsstaats" ausgeschieden sein könnte. Insbesondere hat der Kläger nicht zu erkennen gegeben und erst recht nicht näher dargelegt, dass mit der Neuordnung der Eigentumsverhältnisse am Moscheegrundstück eine Abkehr vom "Kalifatsstaat" verbunden gewesen sein sollte.
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.