Beschluss vom 27.02.2025 -
BVerwG 1 WB 4.24ECLI:DE:BVerwG:2025:270225B1WB4.24.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 27.02.2025 - 1 WB 4.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:270225B1WB4.24.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 4.24

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Häußler,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Scheffczyk,
den ehrenamtlichen Richter Oberstarzt Dr. Wessel und
den ehrenamtlichen Richter Oberfeldarzt Kamenik
am 27. Februar 2025 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Die Antragstellerin begehrt einen Dienstpostenwechsel innerhalb eines Bundeswehrkrankenhauses.

2 Die ... geborene Antragstellerin ist seit 2014 Fachärztin für ... Sie wurde zuletzt 2018 zum Oberfeldarzt ernannt und in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 15 eingewiesen. Seit Januar 2022 ist sie Berufssoldatin.

3 Die Antragstellerin hat derzeit einen Dienstposten in der Allgemeinen ... des ...krankenhauses Z. inne. Nachdem sie am 15. Oktober 2022 als Fachärztin für ... anerkannt wurde, stellte sie mit E-Mail vom 17. Oktober 2022 einen Antrag auf Wechsel auf den Dienstposten A in der Abteilung ... des ...krankenhauses Z. Diesen Antrag lehnte das Bundesamt für Personalmanagement der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt) mit Bescheid vom 18. Oktober 2022 ab.

4 Mit E-Mail vom 23. Januar 2023 bat das Bundesamt das Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr um Sperrung des Dienstpostens A (Facharzt ...). Zugleich bat es um Öffnung des Dienstpostens B (Facharzt ...).

5 Mit E-Mail vom 24. Januar 2023 beantragte die Antragstellerin einen Wechsel auf den Dienstposten A in der Abteilung für ... Diesen Antrag lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 27. Januar 2023 ab. Die personelle Regeneration des Fachgebiets ... obliege dem Bundesamt. Sie sei langfristig angelegt. Die Weiterbildung der Antragstellerin im Fachgebiet ... fuße hingegen auf einer truppendienstlichen Entscheidung. Aus Sicht der Personalführung sei das Fachgebiet ... an den Standorten ...krankenhaus Z. sowie ...krankenhaus Y. vollumfänglich, perspektivisch bis zum Jahr 2034, personell regeneriert.

6 Mit Wirkung vom 1. Februar 2023 sperrte das Kommando Sanitätsdienst den Dienstposten A (Leitender Oberarzt) in der Abteilung ... Im Gegenzug wurde der Dienstposten B (Facharzt für ...) in der Teileinheit Ambulanzdienst ... entsperrt.

7 Mit E-Mail vom 1. Februar 2023 beantragte die Antragstellerin einen Wechsel auf den Dienstposten B (Facharzt für ...). Darüber hinaus beantragte sie für den Fall der Entsperrung die Mitbetrachtung für den Dienstposten als Leitende Oberärztin in der Abteilung für ... Diesen Antrag lehnte das Bundesamt hinsichtlich des Dienstpostenwechsels mit Bescheid vom 13. Februar 2023 ab.

8 Am 5. März 2023 legte die Antragstellerin beim Bundesamt Beschwerde gegen den Bescheid vom 27. Januar 2023 ein. Die Entsperrung des Dienstpostens "Facharzt für ..." scheine im Widerspruch zur Begründung des Ablehnungsbescheids zu stehen. Andererseits erscheine die zeitliche Abfolge der Sperrung der Stelle "Leitender Oberarzt" nur eine Woche nach ihrem Antrag auf "Versetzung" auf diese Stelle bzw. vier Tage nach Ablehnung ihres Antrags erklärungsbedürftig.

9 Am 2. Oktober 2023 hat die Antragstellerin Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht ... erhoben.

10 Das Verwaltungsgericht hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 18. Oktober 2023 an das Bundesverwaltungsgericht verwiesen.

11 Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Verfahrensakte mit einer Stellungnahme vom 7. Februar 2024 vorgelegt.

12 Die Antragstellerin trägt vor, dass sie hausintern zeitlich unbegrenzt in die ... "verschoben" worden sei. Dort bestehe Bedarf für ihr Tätigsein. Das ergebe sich daraus, dass sie den begehrten Dienstposten faktisch schon jetzt wahrnehme. Dessen Sperrung sei rechtsmissbräuchlich und alleine geschehen, um ihr den Dienstpostenwechsel zu verwehren. Offenbar solle der Dienstposten gezielt für eine dritte Person freigehalten werden.

13 Die Antragstellerin beantragt,
den Bescheid des Bundesamts für Personalmanagement der Bundeswehr vom 27. Januar 2023 aufzuheben und das Bundesministerium der Verteidigung zu verpflichten, über den Versetzungs-/Umsetzungsantrag der Antragstellerin auf den Dienstposten A (Leitender Oberarzt) in der Abteilung ... des ...krankenhauses Z. ermessensfehlerfrei zu entscheiden.

14 Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

15 Der von der Antragstellerin begehrte Dienstposten sei mit Wirkung zum 1. Februar 2023 gesperrt, sodass ein Dienstpostenwechsel darauf gar nicht erfolgen könne.

II

16 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

17 1. Die zum Verwaltungsgericht ... erhobene Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) ist nach Verweisung an den Senat als (Untätigkeits-)Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 16 Abs. 2 und § 17 Abs. 1 Satz 2 WBO zu behandeln (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Juni 2016 - 1 WB 17.15 - NZWehrr 2016, 249 <250>).

18 2. Der Antrag ist unzulässig.

19 a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist für einen - auch hier in Rede stehenden - Verpflichtungsantrag grundsätzlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich (BVerwG, Beschluss vom 15. Dezember 2009 - 1 WB 7.09 - juris Rn. 25 m. w. N.). Mit einem Verpflichtungs- oder Bescheidungsbegehren kann ein Antragsteller deshalb nur dann Erfolg haben, wenn er im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung einen Anspruch auf das Begehrte hat (BVerwG, Beschlüsse vom 25. April 2007 - 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 Rn. 46 und vom 26. Januar 2022 - 1 WB 31.21 - juris Rn. 30).

20 b) Im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung fehlt es für den Antrag an einem Rechtsschutzbedürfnis. Das ist zwar nur der Fall, wenn der Antrag für den Antragsteller offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann. Weil im Zweifel das Rechtsschutzbedürfnis zu bejahen ist, muss die Nutzlosigkeit eindeutig sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juni 2024 - 1 C 5.23 -ZAR 2024, 351 Rn. 14). Das ist hier aber gegeben.

21 aa) Der von der Antragstellerin begehrte Dienstposten A ist seit dem 1. Februar 2023 förmlich gesperrt. Eine Umsetzung der Antragstellerin auf diesen Dienstposten ist deshalb im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats rechtlich und tatsächlich nicht mehr möglich (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 27. Februar 2014 - 1 WB 7.13 - juris Rn. 19 und vom 27. Mai 2014 - 1 WB 54.13 - juris Rn. 15; s. a. BVerwG, Beschluss vom 27. Oktober 2015 - 1 WB 56.14 - juris Rn. 31 zur Berechtigung des Dienstherrn, ein Stellenbesetzungsverfahren abzubrechen, weil er den Dienstposten, der dem erfolgreichen Bewerber übertragen werden sollte, nicht mehr besetzen will).

22 bb) Die Sperrung selbst ist im Übrigen nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Sie ist durch Regelung des Kommandos Sanitätsdienst erfolgt. Ihr liegt erkennbar die organisatorische Entscheidung zugrunde, dass die herausgehobene Stelle einer leitenden Oberärztin bzw. eines leitenden Oberarztes derzeit im Bereich der ... nicht benötigt wird und dass lediglich Bedarf für eine - hier nicht streitgegenständliche - Facharztstelle besteht. Dass diese organisatorische Entscheidung willkürlich wäre, ist nicht erkennbar.

23 cc) Ebenso wenig war das Vorgehen des Bundesamtes hinsichtlich des hier in Rede stehenden Dienstpostens willkürlich oder rechtsmissbräuchlich. Es war nicht verpflichtet, die offene Stelle eines leitenden Oberarztes unverzüglich nachzubesetzen und durfte angesichts der Einleitung des Sperrungsprozesses vor der (zweiten) Bewerbung der Antragstellerin von einer Nachbesetzung absehen. Ob die Antragstellerin auf dem begehrten Dienstposten vor dessen Sperrung faktisch eingesetzt worden ist oder in ähnlicher Weise tatsächlich verwendet wird, ist für das mit dem vorliegenden Antrag verfolgte Ziel unerheblich. Denn dies kann die Versetzung auf einen nicht mehr vorhandenen Dienstposten nicht rechtfertigen. Daher bedurfte es hierzu keiner Beweiserhebung.

24 Auch ergibt sich aus dem Vortrag der Antragstellerin nicht eindeutig, dass sie den begehrten Dienstposten einer leitenden Oberärztin bereits faktisch tatsächlich ausgeübt hat oder ausübt. Zwar behauptet sie in ihrem Schriftsatz vom 26. Februar 2024, dass sie "unstreitig daher seit Dezember 2020 auf dem begehrten Dienstposten" – also dem Dienstposten "Leitender Oberarzt" – arbeite. Dazu steht jedoch ihr eigener Vortrag in Widerspruch. Sie hat Auszüge einer Personalentwicklungsbewertung aus dem Januar 2024 vorgelegt. Darin heißt es, dass sie "die Funktion einer Oberärztin in der ... ausfüllen können" wird und dass sie für die Verwendung als Oberärztin in der ... "abholbereit" sei. Dabei handelt es sich erkennbar um zukunftsgerichtete Prognoseaussagen. An anderen Stellen heißt es in dem Schriftsatz einerseits, dass die Antragstellerin "in der ... faktisch in der Position einer Funktionsoberärztin für ... kontinuierlich eingesetzt" werde, andererseits, dass sie "faktisch den Dienstposten einer Fachärztin in der ... tagtäglich" ausübe, weshalb nicht erkennbar sei, warum sie "nicht auch formell auf den [...] Posten der leitenden Oberärztin in der ... wechseln sollte".

25 Aus keiner dieser Aussagen ergibt sich zweifelsfrei, dass die Antragstellerin tatsächlich als leitende Oberärztin in der ... tätig ist. Nach herkömmlichem Verständnis ist ein Oberarzt der Facharzt, dem ein medizinischer Teilbereich der vom Chefarzt geleiteten Fachabteilung zur eigenen medizinischen Verantwortung übertragen ist. Der leitende Oberarzt ist in der Regel derjenige Oberarzt, der zum ständigen Vertreter des Chefarztes bestimmt ist (vgl. Vogel/‌Witt, in: Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, 3. Aufl. 2020, Krankenhäuser Rn. 37.13). Das hat die Antragstellerin von sich selbst nicht behauptet. Ein Funktionsoberarzt, als der sie ausdrücklich tätig zu sein meint, ist hingegen im Regelfall nur ein Titularoberarzt, dem kein eigener medizinischer Verantwortungsbereich übertragen ist (vgl. Vogel/​Witt, in: Arbeitsrecht im öffentlichen Dienst, 3. Aufl. 2020, Krankenhäuser Rn. 37.13).

26 Die Antragstellerin kann ihr Antragsbegehren selbst bei Wahrunterstellung ihres gesamten sonstigen Vortrages deshalb nach keiner Betrachtungsweise erreichen. Der von ihr ausdrücklich begehrte Dienstposten eines leitenden Oberarztes (A) soll und kann derzeit nicht besetzt werden. Eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über dessen Besetzung kann deshalb nicht ergehen. Dem Antrag der Antragstellerin auf Mitbetrachtung für den Fall der Entsperrung dieses Dienstpostens hat das Bundesamt im Übrigen mit Bescheid vom 13. Februar 2023 entsprochen.

27 dd) Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und einer Beweisaufnahme war nach alledem nicht erforderlich (vgl. BVerwG, Beschluss vom 30. Oktober 2024 - 1 WB 14.24 - juris Rn. 36 m. w. N.).