Verfahrensinformation

Die Beteiligten streiten um die Verpflichtung der beklagten Gemeinde zur Zurückzahlung eines Geldbetrages, den sie aufgrund eines städtebaulichen Vertrages von den Klägern erhalten hat. Die Kläger sind Eigentümer von bebauten Grundstücken im Gewerbegebiet Eching Ost der Beklagten. Um die Zustimmung der Beklagten zu einer Ausnahme vom Verbot zu erhalten, Einzelhandel zu betreiben, verpflichteten sie sich gegenüber der Beklagten vertraglich, sich an den Kosten für eine zusätzliche Straßenanbindung des Gewerbegebiets an die A 92 zu beteiligen. Nachdem die Beklagte ihre Zustimmung erteilt hatte, zahlten die Kläger den vereinbarten Betrag, forderten ihn später aber wieder mit der Begründung zurück, der Vertrag sei nichtig. Der Verwaltungsgerichtshof München hat ihrer Klage stattgegeben. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision.


Pressemitteilung Nr. 23/2011 vom 24.03.2011

Keine Verpflichtung der Gemeinde Eching zur Rückabwicklung von Folgekostenverträgen

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass die beklagte Gemeinde Eching nicht zur Zurückzahlung von Geldbeträgen verpflichtet ist, die sie aufgrund städtebaulicher Verträge von den Klägern erhalten hat.


Die Beklagte stellte im Jahr 1980 einen Bebauungsplan für das Gewerbegebiet Eching-Ost auf. Durch dessen zunehmende Ausnutzung - bis 1998 ca. zur Hälfte - kam es zu einer Überlastung des überörtlichen Verkehrsnetzes, insbesondere der Auffahrt von der Staatsstraße 2053 auf die Bundesautobahn A 9. Die Beklagte beschloss daraufhin, neues Baurecht nur einzuräumen, wenn sich die Bauinteressenten vertraglich zu einem Beitrag zum Bau eines Zubringers zur A 92 verpflichten. In der Folgezeit schloss die Beklagte mit etlichen Interessenten, u.a. mit den Klägern, städtebauliche Verträge ab.


Die Kläger sind Eigentümer bebauter Grundstücke im Gewerbegebiet Eching Ost. Um die Zustimmung der Beklagten zu einer Ausnahme vom Verbot zu erhalten, Einzelhandel zu betreiben, verpflichteten sie sich gegenüber der Beklagten, sich an den Kosten für die zusätzliche Straßenanbindung des Gewerbegebiets an die Bundesautobahn A 92 zu beteiligen. Nachdem die Beklagte ihre Zustimmung zu den Vorhaben der Kläger erteilt hatte, zahlten die Kläger die vereinbarten Beträge, forderten sie später aber wieder mit der Begründung zurück, die Verträge seien nichtig. Der Verwaltungsgerichtshof in München hat ihrer Klage stattgegeben.


Die Revision der Beklagten zum Bundesverwaltungsgericht hatte Erfolg: Die städtebaulichen Verträge sind wirksam. Die Beklagte durfte die Gewährung neuen Baurechts davon abhängig machen, dass sich die begünstigten Grundstückseigentümer (Neunutzer) an der Finanzierung des Zubringers beteiligen. Dem steht nicht entgegen, dass der Zubringer, der das Gewerbegebiet Eching Ost mit der A 92 verbindet, auch den bisherigen Nutzern des Gewerbegebiets (Altnutzer) zugute kommt, die, weil sie bereits Baurecht hatten, an den Kosten nicht beteiligt werden können. Die Beklagte hat den Vorteil des Zubringers auch für die Altnutzer und sonstige Verkehrsteilnehmer nicht von den Neunutzern bezahlen lassen, sondern ihn dadurch abgegolten, dass sie in angemessenem Umfang eigene Finanzierungsmittel und einen Zuschuss des Freistaats Bayern eingesetzt hat.


BVerwG 4 C 11.10 - Urteil vom 24.03.2011

Vorinstanzen:

VGH München, VGH 4 BV 07.1902 - Beschluss vom 16.11.2009 -

VG München, VG M 2 K 06.129 - Beschluss vom 13.02.2007 -


Beschluss vom 01.06.2010 -
BVerwG 4 B 4.10ECLI:DE:BVerwG:2010:010610B4B4.10.0

Beschluss

BVerwG 4 B 4.10

  • Bayerischer VGH München - 16.11.2009 - AZ: VGH 4 BV 07.1902

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. Juni 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Petz
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungs-gerichtshofs vom 16. November 2009 wird zurückgewiesen.
  2. Auf die Beschwerde der Beklagten wird unter entsprechender Aufhebung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. November 2009 die Revision insoweit zugelassen, als die Beklagte verurteilt worden ist, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 67 769 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 1. Februar 2005 zu zahlen.
  3. Die Kläger tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu sieben Achteln. Im Übrigen folgt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 481 547 € festgesetzt.

Gründe

I

1 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beklagte verurteilt, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 67 769 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 1. Februar 2005 zu zahlen. Nach seiner Ansicht ist der geltend gemachte Rückzahlungsanspruch der Kläger in diesem Umfang begründet, weil die Folgekostenverträge, die die Verfahrensbeteiligten am 29. Juli 1999, 18./19. Februar 2003 und 6. August 2003 geschlossen haben, mit § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB nicht vereinbar seien. Den Anspruch auf Rückzahlung weiterer 413 778,29 € hat er in Anwendung des Art. 71 Abs. 1 Nr. 2 AGBGB als erloschen betrachtet. Gegen die Nichtzulassung der Revision richten sich die Beschwerden der Beteiligten.

II

2 1. Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde der Kläger ist unbegründet.

3 a) Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen. Die Rüge, der Verwaltungsgerichtshof habe den Sachverhalt nicht umfassend geklärt, ist nicht in einer den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügenden Weise erhoben. Sie scheitert jedenfalls daran, dass die Kläger nicht - wie geboten (vgl. Beschluss vom 22. Juli 1992 - BVerwG 6 B 43.92 - DVBl 1993, 49) - aufzeigen, weshalb die von ihnen für notwendig gehaltene Auswertung der in der Beschwerdebegründung genannten Akten und die Anhörung von Zeugen unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung der Vorinstanz, auf die es insoweit ankommt (vgl. Beschluss vom 23. Januar 1996 - BVerwG 11 B 150.95 - NVwZ-RR 1996, 369), zu einem Ergebnis hätten führen können, das für sie günstiger ist.

4 b) Ein Grund für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist ebenfalls nicht gegeben. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Kläger beimessen.

5 aa) Die Rechtsfrage, ob sich eine Gemeinde zu Recht auf das Verjähren und/oder auf das Erlöschen eines Erstattungsanspruchs berufen kann, wenn sie jahrelang amtspflichtwidrig die dem Erstattungsanspruch zugrunde liegenden anspruchsbegründenden Tatsachen unterdrückt und diese gesetz- und sittenwidrig entstellt hat, um sich nicht Erstattungsansprüchen auszusetzen, oder ob in einem solchen Fall der Verjährung/dem Erlöschen der bundesrechtliche Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden kann, führt nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision, weil sie der Verwaltungsgerichtshof zu Gunsten der Kläger bejaht hat. Er ist nämlich davon ausgegangen, dass gegenüber dem Verjährungseinwand der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung möglich und begründet ist, wenn der Verpflichtete den Berechtigten durch sein Verhalten von der rechtzeitigen Klageerhebung abgehalten hat. Dass er den Einwand hier nicht hat durchschlagen lassen, liegt daran, wie er den Sachverhalt gewürdigt hat. Seiner Würdigung setzen die Kläger zwar ihre eigene, davon abweichende Würdigung entgegen. Damit lässt sich die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache aber nicht begründen.

6 bb) Die Frage, ob auch im öffentlichen Recht (bei der Abwicklung städtebaulicher Verträge) der vom Bundesgerichtshof im Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - (NJW 1999, 2041) für das private Recht aufgestellte Grundsatz gilt, dass bei einer unübersichtlichen und verwickelten Rechtslage, d.h. bei erheblichen rechtlichen Zweifeln, die selbst ein rechtskundiger Dritter nicht einzuschätzen vermag, ausnahmsweise der Erlöschens- oder Verjährungsbeginn „wegen Rechtsunkenntnis“ hinausgeschoben wird, führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Revision; denn sie ist nicht dem revisiblen Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO), sondern der landesrechtlichen Bestimmung des Art. 71 Abs. 1 AGBGB zuzuordnen, die nach § 173 VwGO, § 560 ZPO irrevisibel ist. Die Kläger möchten wissen, wie das in Art. 71 Abs. 1 AGBGB enthaltene Tatbestandsmerkmal der Kenntniserlangung von den anspruchsbegründenden Tatsachen auszulegen ist. Dazu darf sich der Senat nicht äußern, auch wenn es bundesrechtliche Vorschriften gibt - wie § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB -, die mit Art. 71 Abs. 1 AGBGB im Wesentlichen wortgleich sind.

7 c) Auch nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist die Revision nicht zuzulassen. Die Kläger zeigen nicht auf, dass die Berufungsentscheidung mit einem entscheidungstragenden Rechtssatz von einem ebensolchen Rechtssatz des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 16. Mai 2000 - BVerwG 4 C 4.99 - (BVerwGE 111, 162) abweicht. Die behauptete Divergenz zum Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25. Februar 1999 (a.a.O.) vermag die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO schon deshalb nicht zu begründen, weil der Bundesgerichtshof in der Vorschrift nicht genannt ist. Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet dies nicht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 1985 - 2 BvR 128/85 - NVwZ 1985, 647).

8 2. Die Beschwerde der Beklagten ist begründet. Im Umfang ihres Unterliegens ist die Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, weil ein Revisionsverfahren eine weitere Klärung der Anforderungen erwarten lässt, die § 11 BauGB an die Kausalität und die Angemessenheit der vereinbarten Leistungen in einem städtebaulichen Folgekostenvertrag stellt.

9 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Rechtsbehelfsbelehrung


Soweit die Revision zugelassen worden ist, wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 4 C 11.10 fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091) einzureichen.
Für die Beteiligten besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Die Beteiligten müssen sich durch Bevollmächtigte im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwGO vertreten lassen.

Urteil vom 24.03.2011 -
BVerwG 4 C 11.10ECLI:DE:BVerwG:2011:240311U4C11.10.0

Leitsätze:

1. Ob die Kosten einer städtebaulichen Maßnahme Voraussetzung oder Folge eines Vorhabens sind, hängt von der planerischen Konzeption der Gemeinde ab. Städtebauliche Maßnahmen sind daher als Voraussetzung oder Folge eines Vorhabens anzusehen, wenn eine Gemeinde nachvollziehbar davon ausgehen darf, dass durch die weitere Überplanung von bisher nicht bebauten Grundstücken Investitionskosten für öffentliche Einrichtungen entstehen, die sie zu tragen hätte, und sie im Hinblick auf diese Kosten abwägungsfehlerfrei von einer derartigen Überplanung absehen dürfte (wie Urteil vom 29. Januar 2009 - BVerwG 4 C 15.07 - BVerwGE 133, 85).

2. Wenn eine unteilbare städtebauliche Maßnahme durch mehrere Vorhaben veranlasst ist, ist jedes Vorhaben für die Kosten der Maßnahme kausal.

3. Ein gemeindlicher Selbstbehalt für die Fremdnützigkeit einer städtebaulichen Maßnahme und das Allgemeininteresse ist bei Folgekostenverträgen nicht erforderlich.

Urteil

BVerwG 4 C 11.10

  • Bayerischer VGH München - 16.11.2009 - AZ: VGH 4 BV 07.1902

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 24. März 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Dr. Jannasch,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bumke und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz
für Recht erkannt:

  1. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. November 2009 wird geändert. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 13. März 2007 wird in vollem Umfang zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens als Gesamtschuldner.

Gründe

I

1 Die Beklagte wendet sich gegen ihre Verurteilung zur Zurückzahlung von Geldbeträgen, die sie von den Klägern auf der Grundlage städtebaulicher Folgekostenverträge erhalten hat.

2 Die Kläger sind Eigentümer der Grundstücke Fl.Nrn. 1180/1, 1181/6, 1230, 1230/1, 1230/2 und 1230/3 der Gemarkung Eching. Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 3 „Gewerbegebiet Eching Ost“ der Beklagten, der das Plangebiet überwiegend als Gewerbegebiet und in untergeordnetem Umfang als Sondergebiet ausweist. Ursprünglich war das Plangebiet nur über die Staatsstraße St 2053 an den Ortskern und das überörtliche Straßennetz (Bundesautobahn A 9) angebunden. Als Folge seiner zunehmenden Ausnutzung kam es zu einer starken Beanspruchung und letztlich zu einer Überlastung des bestehenden Verkehrsnetzes, insbesondere der Auffahrt (Anschlussstelle Eching) von der St 2053 auf die A 9 sowie der Liebigstraße, einer Zufahrt von der St 2053 ins Gewerbegebiet. Der von der Beklagten beauftragte Sachverständige Prof. Dr. Kurzak kam in einem Verkehrsgutachten vom 2. Dezember 1996 zu dem Ergebnis, dass eine weitere Nutzungsverdichtung nur möglich sei, wenn das Gewerbegebiet über eine Neubaustrecke Richtung Norden mit der A 92 verknüpft würde.

3 Unter Hinweis auf die Überlastung der Anbindung des Baugebiets an die St 2053 und die A 9 sowie die Aus- und Überlastung der inneren Straßenerschließung schrieb die Beklagte mit der zweiten Änderung des Bebauungsplans Nr. 3 vom 21. April 1998 das Maß der baulichen Nutzung im Plangebiet im Wesentlichen auf den vorhandenen baulichen Bestand - etwa die Hälfte des bisher planungsrechtlich Möglichen - fest. Nach Inkrafttreten der Planänderung beschloss sie, neues Bau- und Nutzungsrecht nur noch zu begründen, wenn die Verkehrskapazität durch zusätzliche Verbindungen mit dem überörtlichen Straßennetz erhöht werde. Da sie die Erschließung nicht allein aus eigenen Mitteln tragen könne, werde weiteres Baurecht nur geschaffen, wenn sich die Bauwilligen vertraglich zur Beteiligung an der Finanzierung verpflichteten. In der Folgezeit schloss die Beklagte mit einer Reihe von Interessenten (sog. Neunutzer) städtebauliche Verträge ab, die sie in die Lage versetzte, die zusätzliche Erschließung des Gewerbegebiets entsprechend dem Vorschlag im Kurzak-Gutachten in Angriff zu nehmen. Im November 2001 wurden der neue Autobahnzubringer sowie die Anschlussstelle Eching-Ost an der A 92 dem Verkehr übergeben.

4 Die Grundstücke der Kläger waren bei Erlass des Bebauungsplans im Jahr 1980 mit Verkaufs- und Ausstellungsgebäuden sowie mit gewerblich genutzten Hallen bebaut. Das Grundstück Fl.Nr. 1230 liegt in dem durch den Bebauungsplan festgesetzten Sondergebiet SO 3, in dem nach dem Bebauungsplan in den Fassungen 1980 und 1998 höchstens 5 200 m² Verkaufs- und Ausstellungsflächen für Einzelhandelsgroßprojekte mit Möbel- und Inneneinrichtungsgegenständen und im Übrigen allgemein gewerbliche Nutzung, jedoch ohne Einzelhandel, zulässig sind. Für die übrigen Grundstücke der Kläger setzt der Plan seit seiner Ursprungsfassung textlich fest, dass Betriebe mit Verkauf an Endverbraucher nicht zulässig sind, jedoch Ausnahmen hiervon zugelassen werden können, wenn der geplante Betrieb eine wesentliche Beeinträchtigung der Versorgungsfunktion des Echinger Ortskerns und eine Verschlechterung der Verkehrssituation nicht erwarten lässt.

5 Am 29. Juli 1999 schlossen die Beteiligten einen städtebaulichen Vertrag, mit dem sich die Kläger zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 800 000 DM verpflichteten, um eine Änderung des Bebauungsplans zu ihren Gunsten zu erreichen. In weiteren Verträgen vom 18./19. Februar 2003 und 6. August 2003 sagten sie die Zahlung von insgesamt 67 769 € für den Fall zu, dass die Beklagte der Erteilung von Ausnahmen von der Festsetzung des Bebauungsplans Nr. 3 für den Betrieb eines Küchenfachmarkts und den Betrieb eines Verkaufs von Wasserbetten an Endverbraucher zustimmt. Die vereinbarten Beträge wurden in allen Fällen gezahlt, die Änderung des Bebauungsplans vorgenommen bzw. das Einvernehmen erklärt, die Baugenehmigungen vom Landratsamt erteilt und die Bauvorhaben verwirklicht.

6 Am 12. Januar 2006 haben die Kläger Klage auf Rückzahlung sämtlicher Beträge erhoben. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat der Verwaltungsgerichtshof der Klage teilweise stattgegeben und die Beklagte zur Zahlung von 67 769 € nebst Zinsen verurteilt. In diesem Umfang hätten die Kläger einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, weil die städtebaulichen Verträge vom 18./19. Februar 2003 und 6. August 2003 nichtig seien. Die Verträge seien nicht von § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB gedeckt, da der Bau des Zubringers zur A 92 nicht unmittelbare Voraussetzung oder Folge des Vorhabens der Kläger sei. Der Zubringer diene nicht nur dazu, neue Bauvorhaben zu ermöglichen, sondern auch der Beseitigung der im Laufe der Zeit angewachsenen erheblichen Verkehrsprobleme im Gewerbegebiet Eching-Ost. Mangels Teilbarkeit könne er nicht in einem feststellbaren Umfang der einen oder anderen Zweckbestimmung konkret und real zugeordnet werden. Die vertragliche Überwälzung der Kosten allein auf die Kläger und die übrigen Neunutzer unter Schonung derjenigen, die ihr Baurecht bereits ausgenutzt hätten (sog. Altnutzer), widerspreche zugleich dem Angemessenheitsgebot des § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB und dem Gleichbehandlungsgrundsatz. Der Vertrag vom 29. Juli 1999 sei ebenfalls nichtig. Der ihn betreffende Rückzahlungsanspruch der Kläger sei allerdings gemäß Art. 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AGBGB wegen Verjährung erloschen und die Berufung insoweit unbegründet.

7 Soweit der Verwaltungsgerichtshof die Berufung der Kläger zurückgewiesen hat, ist die Klageabweisung rechtskräftig. Die Beklagte erstrebt mit ihrer Revision die Zurückweisung der Berufung in vollem Umfang.

II

8 Die Revision ist begründet. Die Berufungsentscheidung beruht im Umfang, in dem sie der revisionsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, auf einer Verletzung von Bundesrecht. Die Kläger haben keinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegen die Beklagte, weil die Folgekostenverträge vom 18./19. Februar 2003 und 6. August 2003 wirksam sind.

9 1. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB kann die Übernahme von Kosten oder sonstigen Aufwendungen, die der Gemeinde für städtebauliche Maßnahmen entstehen oder entstanden sind und die Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens sind, Gegenstand eines städtebaulichen Vertrags sein. Der Verwaltungsgerichtshof ist der Auffassung, eine nicht teilbare Straßenbaumaßnahme könne nicht Voraussetzung oder Folge eines Vorhabens sein, wenn sie objektiv sowohl einen durch das Vorhaben des Vertragspartners ausgelösten als auch einen ohne das Vorhaben bestehenden Bedarf decke. Sein Standpunkt ist mit Bundesrecht nicht vereinbar.

10 Die Frage, ob die Kosten einer städtebaulichen Maßnahme Voraussetzung oder Folge eines Vorhaben sind, beantwortet sich nicht danach, ob die städtebauliche Maßnahme dem Vorhaben objektiv zugute kommt. Vielmehr hängt es von der planerischen Konzeption der Gemeinde ab, ob die Kosten, die ihr für die städtebauliche Maßnahme entstehen oder entstanden sind, mit dem begünstigten Vorhaben kausal verknüpft sind. Nach der Rechtsprechung des Senats kann die vertragliche Gegenleistung der Gemeinde in einem komplexen Bündel von Entscheidungen und Maßnahmen bestehen. Hierzu kann neben der Aufstellung eines Bebauungsplans die Entscheidung der Gemeinde gehören, Anlagen und Einrichtungen, die der Allgemeinheit dienen, zu schaffen, bei deren Fehlen sie die Ausweisung weiterer Baugebiete abwägungsfehlerfrei ablehnen könnte. Dies kommt in Betracht, wenn die vorhandenen Kapazitäten der Infrastruktureinrichtungen erschöpft sind. In dieser Lage darf die Gemeinde die Städtebaupolitik betreiben, die ihr richtig erscheint, und dementsprechend ihre Ziele setzen. Daher darf sie sich entweder gegen die Ausweisung neuer Baugebiete entscheiden, weil sie ihre öffentlichen Einrichtungen nicht erweitern will, oder den Beschluss fassen, Baugebiete auszuweisen und zugleich die dadurch erforderlich werdenden Einrichtungen zu schaffen oder zu erweitern und damit die Hindernisse zu beseitigen, die der planerischen Entscheidung zugunsten weiterer Baugebiete entgegenstehen. Städtebauliche Maßnahmen sind daher auch dann als Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens anzusehen, wenn eine Gemeinde nachvollziehbar davon ausgehen darf, dass durch die weitere Überplanung von bisher nicht bebaubaren Grundstücken Investitionskosten für öffentliche Einrichtungen entstehen, die sie zu tragen hätte, und sie im Hinblick auf diese Kosten abwägungsfehlerfrei von einer derartigen Überplanung absehen dürfte (Urteil vom 29. Januar 2009 - BVerwG 4 C 15.07 - BVerwGE 133, 85 Rn. 30). Diese Erwägungen gelten für die Zulassung einer Ausnahme von den Festsetzungen eines Bebauungsplans entsprechend.

11 Die Gemeinde ist mithin befugt zu bestimmen, ob die Kosten einer städtebaulichen Maßnahme Voraussetzung oder Folge eines Vorhabens sind. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs werden damit nicht der Willkür Tür und Tor geöffnet. Die Gemeinde darf eine städtebauliche Maßnahme nur dann als Voraussetzung oder Folge einer Baugebietsausweisung oder einer sonstigen Gewährung von Baurecht ansehen, wenn sie im Hinblick auf die Kosten der Maßnahme abwägungsfehlerfrei auf die Ausweisung verzichten dürfte. Grenze der planerischen Befugnis ist also - wie auch sonst im Städtebaurecht - das Abwägungsgebot. Zum anderen muss die Gemeinde transparent und nachvollziehbar belegen, dass die von ihr in einem überschaubaren zeitlichen Zusammenhang zu beschließenden und realistischerweise verwirklichungsfähigen Baurechtsausweisungen einen weiteren Bedarf an öffentlichen Einrichtungen hervorrufen. Ein derartiges Konzept muss vom Rat der Gemeinde beschlossen werden und damit von seiner planerischen und gestaltenden Willensbildung gedeckt sein (Urteil vom 29. Januar 2009 a.a.O. Rn. 32). Ein bloß allgemeiner Bezug zu den gemeindlichen Aufgaben reicht demgegenüber für die Wirksamkeit eines Folgekostenvertrags nicht aus. Nicht zulässig sind daher beispielsweise die Deckung eines Nachholbedarfs für schon zuvor verwirklichte Planungen oder die Bildung eines Polsters für gegenwärtig noch nicht absehbare Planungen (Urteil vom 29. Januar 2009 a.a.O. Rn. 31).

12 Unzutreffend ist ferner die vorinstanzliche Annahme, eine unteilbare Maßnahme, d.h. eine Maßnahme, die nicht in dem Sinne aufteilbar ist, dass sich jedem Vorhaben ein konkret-realer Verursachungsanteil an der Maßnahme zuordnen lässt, sei nicht Voraussetzung oder Folge eines Vorhabens, wenn sie zugleich auch Voraussetzung oder Folge eines anderes Vorhabens ist. Richtig ist das Gegenteil. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB bezieht das Kriterium „Voraussetzung oder Folge des geplanten Vorhabens“ nicht auf die städtebauliche Maßnahme, sondern ausdrücklich auf die Kosten, die der Gemeinde für die städtebauliche Maßnahme entstehen. Eine lediglich teilweise Zuordnung der Kosten hängt indes nicht von der konkret-realen Teilbarkeit der städtebaulichen Maßnahme ab. Im Übrigen sollen mit dem Kriterium „Voraussetzung oder Folge“ städtebauliche Folgekostenverträge nur hinsichtlich solcher Vorhaben ausgeschlossen werden, durch die die städtebauliche Maßnahme nach der planerischen Konzeption der Gemeinde nicht veranlasst ist. Ist die Maßnahme durch mehrere Vorhaben veranlasst, ist jedes von ihnen kausal im Sinne der Vorschrift.

13 Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist vorliegend davon auszugehen, dass die Straßenbaumaßnahme der Beklagten Voraussetzung oder Folge des Vorhabens der Kläger ist. In der Vorbemerkung zu den Verträgen vom 18./19. Februar und 6. August 2003 heißt es, dass die Beklagte beschlossen hat, „neues Bau- und Nutzungsrecht nur noch insoweit … zu begründen, als eine Erweiterung der Verkehrskapazität des Baugebiets durch die Schaffung neuer Anbindungen an das überörtliche Straßennetz (St 2053 und A 92) dies möglich macht“. Dass diese Entscheidung abwägungsfehlerhaft wäre, ist nicht ersichtlich. Damit steht fest, dass der Bau des Autobahnzubringers nach der planerischen Vorstellung der Beklagten kausal mit den Vorhaben der Kläger verknüpft war und auch verknüpft werden durfte. Ob die Überlastung des Verkehrsnetzes durch die Altnutzer für den Bau des Zubringers ebenfalls kausal war, ist ohne Belang. Die Beklagte hat die Notwendigkeit der Straßenbaumaßnahme für die Neunutzer mit dem Verkehrsgutachten Kurzak transparent und nachvollziehbar belegt und einen Schlüssel für die Verteilung der Baukosten unter den Neunutzern entwickelt, den sie im jeweiligen § 6 zum Gegenstand der Folgekostenverträge gemacht hat.

14 An der kausalen Verknüpfung zwischen städtebaulicher Maßnahme und den Vorhaben der Kläger würde es allerdings dann fehlen, wenn die Beklagte den Zubringer in Wahrheit allein für die bisherigen (Alt-)Nutzer des Gewerbegebiets gebaut hat oder hätte bauen müssen und mit der Gewährung zusätzlichen Baurechts an Neunutzer gegen Beteiligung an der Finanzierung des Zubringers verschleiern wollte, dass es ihr ausschließlich um die Lösung der existenten Verkehrsprobleme gegangen ist. Die Beklagte hat vorgetragen, sie hätte den Zubringer nur für die Altnutzer nicht gebaut. Der Senat hat keinen Anlass, an dieser Behauptung zu zweifeln. Wie sich aus § 2 der umstrittenen Folgekostenverträge ergibt, hat die Beklagte die Inangriffnahme der städtebaulichen Maßnahme davon abhängig gemacht, dass sich die Grundstückseigentümer im Gewerbegebiet Eching-Ost mit mindestens 12 Mio. DM an den Kosten beteiligen. Von den Altnutzern hätte die Beklagte den Betrag nicht erhalten können. Auf sie hätten die Kosten nicht umgelegt werden dürfen, da die Deckung eines Nachholbedarfs für zuvor verwirklichte Planungen nicht zulässig ist. Für eine Verpflichtung der Beklagten zum Bau des Zubringers für die Altnutzer auf eigene Kosten besteht kein hinreichender Anhaltspunkt. Eine Verdichtung des Planungsermessens zu einer Planungspflicht mag in Betracht zu ziehen sein, wenn die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auch außerhalb von Spitzenzeiten nicht mehr gewährleistet ist. Dafür ist vorliegend indes nichts ersichtlich.

15 2. Bundesrechtswidrig sind auch die Darlegungen des Verwaltungsgerichts-hofs zur Angemessenheit von Leistung und Gegenleistung im Sinne des § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB und zur Vereinbarkeit der Folgekostenverträge mit Art. 3 Abs. 1 GG.

16 § 11 Abs. 2 Satz 1 BauGB schreibt vor, dass die vereinbarten Leistungen den gesamten Umständen nach angemessen sein müssen. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Angemessenheit verneint. Weil durch die Verbesserung des Straßennetzes Alt- und Neunutzer gleichermaßen hätten begünstigt werden sollen und die städtebauliche Maßnahme nicht in dem Sinne teilbar sei, dass sie anteilig einer bestimmten Nutzergruppe zugeordnet werden könne, wäre es nach Auffassung der Vorinstanz objektiv angemessen gewesen, beide Nutzergruppen einheitlich zu den Kosten heranzuziehen. Da die anteilige Überwälzung der angefallenen Kosten auf die Altnutzer ohne Expansionsinteresse oder -möglichkeit rechtlich nicht zulässig gewesen sei, habe sich die Beklagte nur für die Heranziehung der Neunutzer entschieden. Diese Verteilungsentscheidung sei im Ansatz fehlerhaft und mit dem Gleichbehandlungsgebot nicht vereinbar. Die Heranziehung allein der Neunutzer sei aber selbst bei unterstellter Teilbarkeit der städtebaulichen Maßnahme rechtswidrig, da die Beklagte keine nachvollziehbare Aufteilung der Baukosten auf die Alt- und Neunutzer und ggf. die Allgemeinheit vorgelegt habe. Die Beklagte habe lediglich allgemeine Angaben zur Finanzierung des Autobahnzubringers, zur vorläufigen Höhe der Gesamtaufwendungen, zur Höhe der Einnahmen über städtebauliche Verträge und zur (vorläufigen) Tragung eines Gemeindeanteils gemacht. Das genüge nicht. Der tatsächlich auf die Neunutzer entfallende Anteil der Baukosten stehe zudem außer Verhältnis zu dem von ihnen voraussichtlich verursachten Nutzungsanteil. Bei einem unterstellten gleichen Vorteil des Zubringers für Alt- und Neunutzer ergebe sich ein Missverhältnis zu Lasten der Neunutzer, weil sie für die Finanzierung des Zubringers ca. 22,7 Mio. DM aufbrächten, während sich die Beklagte nur mit ca. 13,1 Mio. DM beteilige. Dies gelte erst recht, wenn man darauf abstelle, dass das Verkehrsaufkommen auf dem Zubringer nach der ursprünglichen Prognose zu knapp ¾ von den bereits ansässigen Gewerbetreibenden verursacht werde.

17 Auch diese Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs halten der revisionsgerichtlichen Prüfung nicht stand.

18 Der Senat lässt offen, ob die Kosten für den Bau des Zubringers nur teilweise, nämlich abzüglich eines Altnutzeranteils, auf die Neunutzer umgelegt werden dürfen. Ein Abzug ist zwar nicht deshalb geboten, weil auch die Altnutzer und sonstige Teilnehmer am allgemeinen Straßenverkehr von dem Zubringer profitieren. Ein gemeindlicher Selbstbehalt für die Fremdnützigkeit einer städtebaulichen Maßnahme und das Allgemeininteresse ist bei Verträgen nach § 11 BauGB ebenso wenig erforderlich wie in Erschließungsverträgen nach § 124 BauGB. Die Notwendigkeit eines Abzugs könnte sich aber daraus ergeben, dass der Zubringer auch einen Nachholbedarf für die Altnutzer deckt, die Kosten dafür über städtebauliche Verträge nicht abgewälzt werden dürfen und sich die Beklagte deshalb möglicherweise eine unangemessen hohe Einnahme zusagen ließe, wenn sie die Neunutzer mit sämtlichen Kosten für den Bau des Zubringers belastete. Die Frage braucht indes nicht beantwortet zu werden, weil die Beklagte einen angemessenen Eigenanteil an den Kosten übernommen hat.

19 Die Beklagte hat die voraussichtlichen Baukosten für den Zubringer in § 5 der Folgekostenverträge mit mehr als 36 Mio. DM veranschlagt. Bei Einnahmen von weniger als 12 Mio. DM aus den städtebaulichen Verträgen wollte die Beklagte die Straßenbaumaßnahme nicht in Angriff nehmen, die Summe der maximal möglichen Einnahmen war mit 26 Mio. DM kalkuliert. Daraus ergab sich eine anderweitig zu schließende Deckungslücke. Wie hoch diese sein würde, konnte die Beklagte nicht zuverlässig prognostizieren, weil zum Zeitpunkt der Fixierung der Rechengrößen weder feststand, wie viele potenzielle Neunutzer sich bereit finden würden, Folgekostenverträge abzuschließen, noch die endgültigen Kosten der städtebaulichen Maßnahme bekannt waren.

20 Die Beteiligung der Neunutzer an den Kosten für den Bau des Zubringers mit einem Anteil zwischen einem Drittel und gut zwei Dritteln verstößt nicht gegen das Gebot der Angemessenheit der vereinbarten Leistungen. Mit dem Begriff der Angemessenheit ist das aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Übermaßverbot angesprochen (vgl. Urteil vom 6. Juli 1973 - BVerwG 4 C 22.72 - BVerwGE 42, 331 <345>), dessen Funktion in der Abwehr unverhältnismäßiger Belastungen des Einzelnen durch den Staat liegt. Unverhältnismäßig ist die Quotierung zwischen dem auf die Gruppe der Altnutzer entfallenden, von der Beklagten getragenen Kostenanteil und dem Kostenanteil der Neunutzer nicht bereits dann, wenn sie den jeweiligen Verursacheranteil am Verkehrsaufkommen nicht exakt abbildet, sondern erst dann, wenn die Vergleichsquoten in unvertretbarem Maße divergieren. Ein solches Missverhältnis zwischen den Quoten ist jedoch nicht erkennbar. Die Beklagte hat für die Neunutzer Baurecht etwa in der Größenordnung desjenigen Baurechts geschaffen, das den Altnutzern zustand. Anhaltspunkte dafür, dass der den Neunutzern zuzurechnende Verkehrsanteil im Gegensatz dazu eine Größenordnung hätte, die signifikant hinter dem Anteil der Altnutzer zurückbleibt, sind nicht ersichtlich. Ein Missverhältnis ist umso weniger erkennbar, als der Nachholbedarf, den der Zubringer abdeckt, nur einem Teil des von den Altnutzern insgesamt verursachten Verkehrs entspricht. Der andere Teil des vor der Zulassung neuer Nutzungen vorhandene Verkehr wurde unstreitig von der St 2053 aufgefangen.

21 Zu Unrecht nimmt der Verwaltungsgerichtshof an, dass die Nutzung des Zubringers zu ¾ den Altnutzern und nur zu ¼ den Neunutzern zuzurechnen ist. Der Ansatz, die Zahl der Altnutzer, die, bezogen auf die Prognose aus dem Jahr 1996, voraussichtlich auf den Zubringer ausweichen werden (12 300 Fahrzeuge pro Tag), zu der Zahl der Nutzer, die bei voller Auslastung des Gewerbegebiets Eching-Ost auf dem Zubringer zu erwarten sind (16 500 Fahrzeuge pro Tag), in Beziehung zu setzen, ist unzutreffend. Es kommt nicht darauf an, wie sich Alt- und Neunutzer auf den Zubringer verteilen. Maßgeblich ist vielmehr die gesamte Verkehrszunahme auf den Zufahrtsstraßen zum Gewerbegebiet Eching-Ost bei dessen voller Auslastung; denn der Verkehrszuwachs ist unabhängig davon dem Zubringer zuzurechnen, ob die Neunutzer ihn unmittelbar oder dadurch nutzen, dass sie Kapazitäten auf der St 2053 in Anspruch nehmen, welche die Altnutzer durch ihr Ausweichen auf den Zubringer frei machen.

22 Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist entgegen der Ansicht der Vorinstanz nicht deshalb verletzt, weil nur die Gruppe der Neunutzer an den Kosten für den Bau des Zubringers beteiligt worden ist. Der rechtfertigende Grund für die ungleiche Behandlung der Nutzergruppen liegt darin, dass die Neunutzer von der Beklagten als Gegenleistung für ihren Beitrag zur Finanzierung des Zubringers neues bzw. erweitertes Baurecht erhalten haben, während die Altnutzer ihr Baurecht bereits innehatten und zur Refinanzierung aus Rechtsgründen nicht mehr herangezogen werden konnten. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG käme nur in Betracht, wenn die Altnutzer geschont worden wären, obwohl auch sie noch an den Kosten hätten beteiligt werden können.

23 3. Eine Bestätigung der vorinstanzlichen Entscheidung als im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO) ist nicht möglich.

24 Der Wirksamkeit der Verträge vom 18./19. Februar und 6. August 2003 steht nicht entgegen, dass sie erst nach Fertigstellung des Zubringers zur A 92 geschlossen worden sind. § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 BauGB erlaubt auch die Überwälzung von Kosten, die der Gemeinde schon entstanden sind. Eine Abschwächung des Kausalitätserfordernisses ist damit nicht verbunden. In solchen Fällen ist auf die Prüfung der Kausalität vielmehr besonderes Augenmerk zu richten, weil nachträgliche Kostenvereinbarungen eher als vorherige dem Verdacht ausgesetzt sind, in unzulässiger Weise einen Nachholbedarf zu decken bzw. nachträgliche Deckungslücken zu schließen oder ein finanzielles Polster für andere, gegenwärtig noch nicht absehbare Planungen zu schaffen. Die Zulässigkeit der Beteiligung an bereits entstandenen Kosten und sonstigen Aufwendungen ist nicht davon abhängig, dass die Gemeinde die Ausgaben aus Anlass des vom Vertragspartner geplanten Vorhabens getätigt hat. Wer Vertragspartner der Gemeinde wird und welches konkrete Vorhaben dieser realisieren will, wird zum Zeitpunkt der gemeindlichen Investition häufig nicht feststehen. Notwendig ist aber, dass die Gemeinde vor Durchführung der städtebaulichen Maßnahme die Entscheidung trifft, die Maßnahme auch etwaigen späteren Vorhaben zuzuordnen und deren Träger an der Refinanzierung zu beteiligen. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt. Nach den tatrichterlichen, den Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen der Vorinstanz hat sich die Beklagte im Jahr 1998 entschieden, eine weitere Nutzungsverdichtung im Gewerbegebiet Eching-Ost nur bei einem zusätzlichen, von den interessierten Grundstückseigentümern mit zu finanzierenden Anschluss an die A 92 zuzulassen; von dieser Entscheidung sind auch die Vorhaben der Kläger erfasst (UA Rn. 5, 45).

25 Ausführungen zu den Gesichtspunkten, die die Kläger in ihrer Revisionserwiderung angesprochen haben, sind nicht veranlasst, weil der Senat ihre Entscheidungserheblichkeit nicht erkennen kann.

26 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO.

Beschluss vom 15.06.2011 -
BVerwG 4 C 3.11ECLI:DE:BVerwG:2011:150611B4C3.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 15.06.2011 - 4 C 3.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:150611B4C3.11.0]

Beschluss

BVerwG 4 C 3.11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. Juni 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Gatz und Petz
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Kläger gegen das Urteil des Senats vom 24. März 2011 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge nach § 152a VwGO hat keinen Erfolg. Dem Vorbringen der Kläger ist nicht zu entnehmen, dass der Senat ihren Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat.

2 Die Verfahrensgarantie des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, das Vorbringen jedes Verfahrensbeteiligten bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Der Gehörsanspruch verlangt jedoch nicht, dass das Gericht das gesamte Vorbringen der Beteiligten in den Urteilsgründen wiederzugeben und zu jedem einzelnen Gesichtspunkt Stellung zu nehmen hat (stRspr, vgl. BVerfG, Urteil vom 22. November 1983 - 2 BvR 399/81 - BVerfGE 65, 293 <295> m.w.N., zuletzt Beschluss vom 16. September 2010 - 2 BvR 2394/08 - juris Rn. 14 m.w.N.). Vielmehr sind in dem Urteil nur diejenigen Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. Das Gericht kann sich auf die Darstellung und Würdigung der tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO). Daher kann aus dem Umstand, dass das Gericht einen Aspekt des Vorbringens in den Urteilsgründen nicht abgehandelt hat, nur dann geschlossen werden, es habe diesen Aspekt nicht in Erwägung gezogen, wenn er nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts eine Frage von zentraler Bedeutung betrifft (BVerfG, Beschluss vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <145 f.>; BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 - BVerwG 9 C 158.92 - BVerwGE 96, 200 <209 f.>, Beschluss vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 B 28.07 - Buchholz 235.1 § 58 BDG Nr. 3 Rn. 6).

3 Hieran gemessen ist das Vorbringen der Kläger nicht geeignet, eine Gehörsverletzung darzulegen.

4 Der Hauptvorwurf der Kläger geht dahin, der Senat habe ohne Rücksicht auf ihre Rüge, der maßgebliche Sachverhalt sei in etlichen, von ihnen im einzelnen markierten Punkten nicht hinreichend geklärt, der Beklagten attestiert, sich an den Kosten für den Bau des Zubringers zur A 92 mit einem Eigenanteil beteiligt zu haben, der der Höhe nach angemessen ist. Ihr Vorbringen lässt nicht erkennen, dass der Senat entscheidungserheblichen Vortrag im Revisionsverfahren nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen hat. Er hat im Urteil darauf hingewiesen, dass Ausführungen zu den Gesichtspunkten, die die Kläger in ihrer Revisionserwiderung angesprochen haben, mangels Erkennbarkeit der Entscheidungserheblichkeit nicht veranlasst seien (UA Rn. 25). Daraus ergibt sich, dass er die Darlegungen der Kläger zur Kenntnis genommen und in seine Überlegungen einbezogen hat, es aus seiner Sicht aber u.a. für die Entscheidung der Frage, ob die Beklagte einen angemessenen Eigenanteil an den Finanzierungskosten übernommen hat, auf die von den Klägern für maßgeblich gehaltenen Tatsachen nicht ankam. Die Kritik, die die Kläger an der Sichtweise des Senats üben, ist zur Darlegung eines Gehörsverstoßes nicht geeignet. Die Garantie des rechtlichen Gehörs verlangt nicht, dass das Gericht bei der Würdigung des Sachverhalts und der Beurteilung der Rechtslage den Vorstellungen der Beteiligten folgt.

5 Der Vorhalt der Kläger, der Senat habe ihren Vortrag zum Verstoß gegen das Koppelungsverbot ignoriert, ist nicht berechtigt. Der Senat hat geprüft, ob die umstrittenen städtebaulichen Verträge wegen § 11 Abs. 2 Satz 2 BauGB nichtig sind, wonach die Vereinbarung einer vom Vertragspartner zu erbringenden Leistung unzulässig ist, wenn er auch ohne sie einen Anspruch auf die Gegenleistung hätte. Bereits in der mündlichen Verhandlung hat der Senat deutlich gemacht, dass die Verträge nicht an § 11 Abs. 2 Satz 2 BauGB scheitern. Er hat nämlich betont, dass es in den umstrittenen Verträgen - anders als in anderen Verträgen - nicht um die Wiederverleihung ursprünglichen Baurechts ging, dessen Entziehung Gegenstand von Normenkontrollverfahren war und vom Verwaltungsgerichtshof als rechtswidrig beanstandet wurde, sondern um die Erteilung einer Ausnahme von dem von Anfang an bestehenden Verbot der Ansiedlung von Betrieben mit Verkauf an Endverbraucher. Darauf hatten die Kläger keinen Anspruch, weil die Erteilung einer Ausnahme von der - erst durch den Bau des Zubringers erfüllbaren - Voraussetzung abhängig war, dass der geplante Betrieb eine Verschlechterung der Verkehrssituation nicht erwarten lässt, und zudem im Ermessen der Beklagten stand. Wie auch der vorgelegte Entwurf einer Verfassungsbeschwerde gegen Urteile des Landgerichts Landshut und des Oberlandesgerichts München zeigt (Entwurf S. 11), sind die Kläger nicht bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass die Rechtswidrigkeit des Entzugs bestehenden Baurechts im Gewerbegebiet Eching-Ost der Beklagten für die Beurteilung der Wirksamkeit der im Revisionsverfahren zu prüfenden Verträge keine Rolle spielt: Das Baurecht, das Gegenstand der Verträge war, stand den Klägern ohne die Verträge nicht zu.

6 Von einer weiteren Begründung sieht der Senat im Hinblick auf § 152a Abs. 4 Satz 4 VwGO ab.

7 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO. Einer Streitwertentscheidung bedarf es nicht; die Gerichtsgebühr ergibt sich aus Nr. 5400 KV GVG.