Beschluss vom 22.07.2009 -
BVerwG 1 WB 15.08ECLI:DE:BVerwG:2009:220709B1WB15.08.0
Leitsatz:
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Rechtsquellen
SBG § 2 Abs. 6, § 24 Abs. 6 Nr. 3, § 32 WBO § 19 Abs. 1 Satz 2 -
Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 22.07.2009 - 1 WB 15.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:220709B1WB15.08.0]
Beschluss
BVerwG 1 WB 15.08
In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Breitkreutz und
den ehrenamtlichen Richter Stabsfeldwebel Lüddens
aufgrund mündlicher Verhandlung vom 22. Juli 2009 beschlossen:
- Es wird festgestellt, dass die Anweisung, bei Fahrten im Feldlager Camp Marmal Schrittgeschwindigkeit (15 km/h oder 10 m.p.h.) einzuhalten (Nr. 4.1 Satz 3 der Feldlagerordnung in der Fassung vom 13. Mai 2007), rechtswidrig war.
- Die dem Antragsteller im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden dem Bund auferlegt.
Gründe
I
1 Der Antragsteller wendet sich gegen eine Verkehrsregelung in der Feldlagerordnung für das Camp Marmal in Mazar-e-Sharif/Afghanistan. Er macht insbesondere geltend, dass beim Erlass der Regelung die gebotene Beteiligung einer Versammlung der Vertrauenspersonen auf Feldlagerebene unterblieben ist.
2 Der Antragsteller ist Berufssoldat im Dienstgrad eines Hauptfeldwebels. Derzeit wird er beim Wehrbereichskommando .../Landeskommando ... verwendet.
3 In der Zeit vom 31. März bis 23. Juli 2007 war der Antragsteller in einer besonderen Auslandsverwendung beim Einsatzgeschwader Mazar-e-Sharif in Afghanistan eingesetzt, wo er im Feldlager Camp Marmal untergebracht war. Während der Dauer des Auslandseinsatzes galt in dem Feldlager eine von dem Kommandeur des Deutschen Einsatzkontingents ISAF erlassene „Feldlagerordnung für das Camp Marmal“ (FLgO), zunächst in der Fassung der 2. Änderung vom 5. März 2007, anschließend in der Fassung der 3. Änderung vom 13. Mai 2007. Der Abschnitt der Feldlagerordnung über Verkehrsregelungen enthielt in beiden Fassungen die im Wesentlichen gleichlautende Bestimmung, dass im gesamten Feldlager - außer für Blaulicht-Fahrten - „Schrittgeschwindigkeit (15 km/h oder 10 m.p.h.)“ gilt (Nr. 4.1 Satz 3 FLgO).
4 Mit Schreiben vom 19. Juli 2007 erhob der Antragsteller Beschwerde gegen die Anwendung der Feldlagerordnung. Die Feldlagerordnung unterliege der Beteiligung der zuständigen Soldatenvertretung. Es sei jedoch weder seine Vertrauensperson beteiligt noch die gesetzlich eigentlich zuständige Vertrauenspersonenversammlung überhaupt gebildet, geschweige denn befragt worden. Damit werde er dienstlichen Eingriffen unterworfen, die infolge von Verfahrensfehlern unzulässig seien. Er wende sich insbesondere gegen die in Nr. 4 FLgO vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit. Da Tempolimits der Verhütung von Unfällen dienten, sei eine Beteiligung nach § 24 Abs. 6 Nr. 3 SBG erforderlich gewesen. Im Übrigen sei eine Geschwindigkeit von 15 km/h oder 10 m.p.h. in handelsüblichen Fahrzeugen nicht genau abzulesen, weil die Geschwindigkeitsanzeige erst bei 20 km/h beginne; außerdem konkretisierten die Obergerichte den Begriff der Schrittgeschwindigkeit mit 4 bis 7 km/h.
5 Mit Bescheid vom 2. November 2007, dem Antragsteller eröffnet am 21. November 2007, wies der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr die Beschwerde als unzulässig zurück. Anlass der Beschwerde sei die am 13. bzw. 15. Mai 2007 erfolgte Aufstellung bzw. Inkraftsetzung der 3. Änderung der Feldlagerordnung für das Camp Marmal. Die am 19. Juli 2007 erhobene Beschwerde sei daher nicht innerhalb der Zwei-Wochenfrist eingelegt worden. Außerhalb des Beschwerdeverfahrens wurde dem Antragsteller mitgeteilt, er könne sich nicht darauf berufen, dass bei der Erstellung der 3. Änderung der Feldlagerordnung kein Beteiligungsverfahren stattgefunden habe, weil er keine Vertrauensperson gewesen sei. Außerdem sei die 3. Änderung der Feldlagerordnung nicht beteiligungspflichtig gewesen, weil in den Einsatzkontingenten im Ausland keine Versammlungen der Vertrauenspersonen gebildet würden.
6 Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 23. November 2007 weitere Beschwerde ein. Bei der Feldlagerordnung handele es sich um einen Dauerbefehl, so dass die Beschwerde nicht verspätet gewesen sei. Auch im Camp Marmal seien Gremien nach § 32 Abs. 1 und 2 SBG zu bilden und zu beteiligen gewesen. Befehle, die mangels Beteiligung aus Verfahrensgründen rechtswidrig seien, verletzten nicht nur die Rechte der Vertrauensperson, sondern auch seine persönlichen Rechte als Soldat.
7 Mit Bescheid vom 3. Januar 2008 wies der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis die weitere Beschwerde als unzulässig zurück. Der Antragsteller habe keine unmittelbare Beeinträchtigung seiner Rechte geltend gemacht. So habe er nicht erläutert, ob und wann er während seines Auslandseinsatzes ein Dienstfahrzeug geführt habe und insoweit überhaupt von der beanstandeten Regelung betroffen gewesen sein könnte. Im dienstaufsichtlichen Teil des Bescheids erklärte der Inspekteur, dass die Einrichtung von Vertrauenspersonenversammlungen auf Feldlagerebene in besonderen Auslandsverwendungen gesetzlich nicht vorgesehen sei. Auch sei ein Feldlager nicht mit einer Kaserne vergleichbar.
8 Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 29. Januar 2008 beantragte der Antragsteller die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Antrag wurde vom Inspekteur der Streitkräftebasis mit seiner Stellungnahme vom 20. Februar 2008 dem Senat vorgelegt.
9
Zur Begründung trägt der Antragsteller ergänzend insbesondere vor:
Der Antrag sei zulässig. Insbesondere sei er, der Antragsteller, durch die Regelung der Nr. 4.1 Satz 3 FLgO persönlich betroffen und damit beschwert gewesen. Er habe während seiner Zeit im Camp Marmal zahlreiche Fahrten mit dem Lastkraftwagen und mit einem VW-Bus unternommen. Zwar sei der Einsatz der Fahrzeuge vorrangig im Flugbetriebsbereich erfolgt; er habe jedoch auch zahlreiche Fahrten auf dem Gelände des Camps selbst durchgeführt, z.B. um Soldaten zum Essen zu fahren oder von dort abzuholen oder um sie in die Unterkünfte zu bringen bzw. zum Dienst abzuholen. Er könne in der Rückschau keine konkreten Tage oder Uhrzeiten benennen; tatsächlich habe er die Fahrzeuge jedoch während seines gesamten Einsatzes im Camp Marmal bewegt. Er verweise insoweit auf die Fahrbefehle für den Einsatz der Fahrzeuge.
10 Hinsichtlich der Verkehrsregelung in der Feldlagerordnung beanstande er zunächst, dass diese Regelung nicht zweckmäßig, weil mit den technischen Überwachungssystemen in den Fahrzeugen nicht hinreichend überprüfbar sei. Damit würden die Soldaten der Gefahr ausgesetzt, mit einem von ihnen nicht zu erkennenden Verstoß gegen die Feldlagerordnung ein Dienstvergehen zu begehen. Ansonsten gehe es ihm nicht um eine materielle Inhaltskontrolle der Feldlagerordnung, sondern um die Feststellung ihrer formellen Illegalität, die aus der Missachtung zwingender Beteiligungsrechte nach § 24 SBG folge. Gemäß § 32 SBG seien Versammlungen der Vertrauenspersonen zu bilden. Dass die Teilhabe von Soldaten an den Entscheidungsprozessen durch die Einrichtung einer Vertrauenspersonenversammlung auf Heimatstandorte beschränkt sein solle, lasse sich der Vorschrift nicht entnehmen. Der Gesetzgeber habe sich nach dem Leitbild der Inneren Führung dafür entschieden, Soldaten an Entscheidungen aus den in §§ 23 bis 30 SBG genannten Gebieten zu beteiligen. Das könne im Auslandseinsatz nicht anders sein als am Heimatstandort. Mögliche praktische Probleme bei der Beteiligung von Vertrauenspersonenversammlungen bei Auslandseinsätzen seien für die Auslegung des Gesetzes nicht maßgeblich. Auch bei einem häufigen Wechsel der Soldaten im Auslandseinsatz sei eine hinreichende Kontinuität gegeben, da nur die konkreten Personen, nicht aber das Amt als solches wechsle. Der Kommandeur des Einsatzkontingents werde bei der Erfüllung seines militärischen Auftrags nicht behindert, weil dieser ohnehin nicht der Beteiligung unterliege.
11
Der Antragsteller beantragt,
festzustellen, dass die Anweisung, bei Fahrten im Feldlager Camp Marmal Schrittgeschwindigkeit (15 km/h oder 10 m.p.h.) einzuhalten (Nr. 4.1 Satz 3 der Feldlagerordnung in der Fassung vom 13. Mai 2007), rechtswidrig war.
12
Der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis und der Bundeswehrdisziplinaranwalt beantragen,
den Antrag zurückzuweisen.
13 Der Antrag sei unzulässig, weil die Argumentation des Antragstellers auf eine abstrakte Rechtsprüfung hinauslaufe, die dem Wehrbeschwerdeverfahren fremd sei. Für den Antrag bestehe zudem kein Rechtsschutzbedürfnis, weil der Antragsteller nach Ende seines Auslandseinsatzes nicht mehr von Maßnahmen und Befehlen für das Deutsche Einsatzkontingent ISAF betroffen sei.
14 Der Antrag sei zudem unbegründet. Allerdings hält der Inspekteur der Streitkräftebasis die von ihm zunächst - übereinstimmend mit den Beschwerdebescheiden - vertretene Auffassung, dass bei Auslandseinsätzen keine Vertrauenspersonenversammlungen zu bilden seien, im Anschluss an ein Schreiben des Bundesministers der Verteidigung vom 24. Juni 2009 (gleichlautend an den Sprecher des Gesamtvertrauenspersonenausschusses, den Vorsitzenden des Hauptpersonalrats und den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestags) nicht mehr aufrecht. In diesem Schreiben erklärt der Bundesminister der Verteidigung, dass bei weiter Auslegung des § 32 SBG auch Vertrauenspersonenversammlungen in besonderen Auslandseinsätzen möglich seien und er deshalb der Bildung von Vertrauenspersonenversammlungen im Einsatz grundsätzlich zustimme; zur Wahrung des verfassungsrechtlich verankerten Vorrangs des Einsatzauftrags und zur Gewährleistung der Sicherheit der Soldaten seien jedoch die Regelungen in den (dem Schreiben beigefügten) Durchführungshinweisen zu beachten.
15 Unabhängig davon sei die Feldlagerordnung jedoch nach Auffassung des Inspekteurs der Streitkräftebasis ordnungsgemäß zustande gekommen, weil die Beteiligung einer Vertrauenspersonenversammlung mangels tatsächlicher Existenz eines solchen Gremiums nicht möglich gewesen sei. Nur wenn eine tatsächlich bestehende Vertrauenspersonenversammlung vorschriftswidrig nicht beteiligt worden sei, könnten die darauf beruhenden Maßnahmen und Befehle als rechtswidrig angesehen werden. Alles andere würde zu einem im Einsatz möglicherweise lebensgefährlichen Stillstand der militärischen Führung vor Ort beitragen. Insoweit werde darauf hingewiesen, dass die Vertrauenspersonen im Einsatzland regelmäßig nur eine kurze Stehzeit hätten. Da sich die Vertrauenspersonenversammlungen aus den Vertrauenspersonen rekrutierten, schlage dies voll auf diese Versammlungen durch. Wenn daher in Zeiten ohne Vertrauensperson oder Vertrauenspersonenversammlung keine Entscheidungen getroffen werden dürften, hätte dies sehr häufig gravierende Folgen.
16 Auf Ersuchen des Gerichts hat der Inspekteur der Streitkräftebasis mit Schreiben vom 25. August 2008 und 10. Juli 2009 weitere Erläuterungen zu der Feldlagerordnung für das Camp Marmal und deren Zustandekommen sowie zur Vergleichbarkeit des Feldlagers Camp Marmal mit einer Kaserne und zu den im Feldlager vorhandenen Einrichtungen und Anlagen gegeben.
17 Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr sowie des Stellvertreters des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteurs der Streitkräftebasis - Az.: ... - haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
18 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat Erfolg.
19 1. Der Antrag ist zulässig.
20 Gegenstand des Antrags ist die Vorschrift der Nr. 4.1 Satz 3 der Feldlagerordnung für das Camp Marmal in der Fassung der 3. Änderung vom 13. Mai 2007 (FLgO), wonach im gesamten Feldlager - außer für Blaulicht-Fahrten - „Schrittgeschwindigkeit (15 km/h oder 10 m.p.h.)“ gilt. Das Verbot, schneller als diese zugelassene Höchstgeschwindigkeit zu fahren, ist eine unmittelbar an die Soldaten gerichtete Anordnung, die keiner weiteren Konkretisierung oder Umsetzung bedarf. Unabhängig davon, wie der Inhalt der Feldlagerordnung im Übrigen zu qualifizieren ist, stellt die Regelung der Nr. 4.1 Satz 3 FLgO damit eine dienstliche Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO dar, die der Überprüfung durch die Wehrdienstgerichte - hier: durch das Bundesverwaltungsgericht (§ 22 i.V.m. § 21 Abs. 1 WBO) - unterliegt.
21 Der Antragsteller war durch diese Maßnahme unmittelbar und selbst betroffen. Bei der Festsetzung einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit handelt es sich um eine Daueranordnung, deren Rechtswirkung sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen aktualisiert. Der Antragsteller hat glaubhaft und unwidersprochen dargelegt, dass er während der Dauer seiner Auslandsverwendung als Fahrer eines Lastkraftwagens und eines VW-Busses zahlreiche Fahrten innerhalb des Feldlagers durchgeführt hat. Er war damit durch die Geschwindigkeitsregelung beschwert, ohne dass es hierfür auf die genauen Zeitpunkte der Fahrten ankommt. Unerheblich ist auch, dass der Antragsteller seinen Vortrag zur persönlichen Betroffenheit erst nach und nach ergänzt hat, da der Beschwerde- bzw. Antragsgegenstand unverändert geblieben ist.
22 Allerdings zeigt die Regelung der Nr. 4.1 Satz 3 FLgO für den Antragsteller nach Beendigung seiner Auslandsverwendung am 23. Juli 2007 keine Rechtswirkungen mehr und hat sich damit (für ihn) erledigt. Der Antragsteller hat dieser Sachlage Rechnung getragen, indem er die Feststellung begehrt, dass die Geschwindigkeitsregelung rechtswidrig war.
23 Dieser Fortsetzungsfeststellungsantrag ist gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 WBO unabhängig davon zulässig, ob der Antragsteller ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat, weil es sich bei der Regelung der Höchstgeschwindigkeit um eine Maßnahme in der Form eines Befehls (Dauerbefehls) handelt (vgl. zum Fortsetzungsfeststellungsantrag bei Befehlen Beschluss vom 12. August 2008 - BVerwG 1 WB 35.07 - Buchholz 450.1 § 19 WBO Nr. 2 = NZWehrr 2009, 69). Nach der - auch für das Wehrbeschwerdeverfahren maßgeblichen (Beschluss vom 30. November 2006 - BVerwG 1 WB 59.05 - BVerwGE 127, 203 <205 f.> = Buchholz 450.1 § 19 WBO Nr. 1 = NZWehrr 2007, 160) - Begriffsbestimmung des § 2 Nr. 2 WStG ist ein Befehl eine Anweisung zu einem bestimmten Verhalten, die ein militärischer Vorgesetzter einem Untergebenen schriftlich, mündlich oder in anderer Weise, allgemein oder für den Einzelfall und mit dem Anspruch auf Gehorsam erteilt. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Anweisung zu einem bestimmten Verhalten kann - wie hier durch das Verbot, eine bestimmte Höchstgeschwindigkeit zu überschreiten - auch in einem negativen Sinne (Anweisung zu einem Unterlassen, Verbot eines Verhaltens) erfolgen. Die Regelung der Nr. 4.1 Satz 3 FLgO wurde durch den Kommandeur des Deutschen Einsatzkontingents ISAF getroffen. Der Kommandeur ist als Kontingentführer unmittelbarer militärischer Vorgesetzter aller ihm unterstellten Kontingentangehörigen (§ 1 Abs. 3 Satz 2 SG i.V.m. § 1 Abs. 1 VorgV); soweit man darauf abstellt, dass der Kommandeur beim Erlass der Feldlagerordnung funktional Aufgaben eines Feldlagerkommandanten wahrgenommen hat (dazu unten 2. b), handelte er insoweit als militärischer Vorgesetzter mit besonderem Aufgabenbereich (§ 3 VorgV). In beiderlei Hinsicht liegt damit ein Handeln im Rahmen einer unmittelbaren (personalen) Vorgesetzten-Untergebenen-Beziehung vor (vgl. zu diesem Erfordernis Urteil vom 26. September 2006 - BVerwG 2 WD 2.06 - BVerwGE 127, 1 <23 f.> = Buchholz 449 § 10 SG Nr. 55 = NZWehrr 2007, 79 und Beschluss vom 30. November 2006 a.a.O.). Der Befehlscharakter entfällt schließlich nicht deshalb, weil die Feldlagerordnung „der ständigen Überarbeitung und Aktualisierung“ unterliegt (Vorbemerkung zur Feldlagerordnung in der Fassung der 2. Änderung vom 5. März 2007); die (auch ohne diesen Vorbehalt bestehende) Möglichkeit der jederzeitigen Änderung berührt nicht die Verbindlichkeit des (aktuellen) Befehls.
24 2. Der Antrag ist auch begründet.
25 Die Anweisung, bei Fahrten im Feldlager Camp Marmal Schrittgeschwindigkeit (15 km/h oder 10 m.p.h.) einzuhalten (Nr. 4.1 Satz 3 FLgO), war rechtswidrig (§ 19 Abs. 1 Satz 2 WBO).
26 Entgegen der Begründung des Beschwerdebescheids vom 2. November 2007 ist die angefochtene Maßnahme gegenüber dem Antragsteller nicht in Bestandskraft erwachsen. Für den Beginn der zweiwöchigen Beschwerdefrist (§ 6 Abs. 1 WBO in der bis zum 31. Januar 2009 geltenden Fassung) ist nicht die Aufstellung (am 13. Mai 2007) oder Inkraftsetzung (am 15. Mai 2007) der 3. Änderung der Feldlagerordnung für das Camp Marmal maßgeblich (wobei die strittige Regelung der Höchstgeschwindigkeit bereits in der vorangegangenen Fassung der 2. Änderung vom 5. März 2007 enthalten war). Da es sich um eine sich ständig aktualisierende Daueranordnung bzw. einen Dauerbefehl handelt (siehe oben 1.), ist die dagegen gerichtete Beschwerde an keine Frist gebunden, solange der Soldat davon betroffen ist (stRspr, vgl. Beschluss vom 3. Juli 2001 - BVerwG 1 WB 29.01 - Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 43 = NZWehrr 2001, 246 m.w.N.). Die noch während der Auslandsverwendung mit Schreiben vom 19. Juli 2007 erhobene Beschwerde war daher nicht verspätet.
27 Die angefochtene Maßnahme war rechtswidrig, weil bei ihrem Erlass die gebotene Beteiligung einer Versammlung der Vertrauenspersonen des Kasernenbereichs unterblieben ist. Die Erörterung der Feldlagerordnung in Gesprächsrunden mit den in den Einheiten gewählten Vertrauenspersonen und die informelle Mitwirkung dieser Vertrauenspersonen, wie sie beim Erlass der Feldlagerordnung in ihrer 2. und 3. Fassung erfolgte (siehe dazu das Schreiben des Inspekteurs der Streitkräftebasis vom 25. August 2008 bzw. dessen Beschwerdebescheid vom 3. Januar 2008), kann die Beteiligung des gesetzlich vorgesehenen Vertretungsorgans nicht ersetzen. Da die Maßnahme bereits aus formellen Gründen rechtswidrig war, muss über die von dem Antragsteller erhobenen materiellrechtlichen Einwände, die sich vor allem gegen die Bestimmung der „Schrittgeschwindigkeit“ mit „15 km/h oder 10 m.p.h.“ richten, nicht entschieden werden.
28 Die Anweisung, bei Fahrten im Feldlager Camp Marmal Schrittgeschwindigkeit einzuhalten, erfüllt den Beteiligungstatbestand des § 24 Abs. 6 Nr. 3 SBG (dazu a). Das der Art nach richtige, „ebenengerechte“ Vertretungsorgan für die Beteiligung der Soldaten an der strittigen Regelung war die Versammlung der Vertrauenspersonen des Kasernenbereichs (dazu b). Versammlungen der Vertrauenspersonen sind - soweit die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen, an die die Gremienbildung auf der jeweiligen Beteiligungsebene anknüpft - auch bei Auslandseinsätzen der Streitkräfte zu bilden (dazu c). Das Feldlager Camp Marmal stellt einen Kasernenbereich im Sinne von § 32 Abs. 2 SBG dar, in dem daher eine Versammlung der Vertrauenspersonen des Kasernenbereichs zu bilden war (dazu d). Eine Beteiligung konnte auch nicht deshalb unterbleiben, weil eine Vertrauenspersonenversammlung des Kasernenbereichs und damit ein Vertretungsorgan, das hätte beteiligt werden können, beim Erlass der Feldlagerordnung faktisch nicht bestand (dazu e). Das Unterbleiben der gebotenen Beteiligung der Vertrauenspersonenversammlung für den Kasernenbereich des Camp Marmal hat die Rechtswidrigkeit der strittigen Anweisung zur Folge (dazu f).
29 a) Die Regelung der Feldlagerordnung, dass im gesamten Feldlager Schrittgeschwindigkeit gilt, erfüllt den Beteiligungstatbestand des § 24 Abs. 6 Nr. 3 SBG.
30 Gemäß § 24 Abs. 6 Nr. 3 SBG unterliegen Maßnahmen zur Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen der Mitbestimmung, soweit eine Regelung durch Gesetz, Rechtsverordnung, Dienstvorschrift oder Erlass nicht besteht. Die Verhütung von Dienst- und Arbeitsunfällen und sonstigen Gesundheitsschädigungen muss Zweck der Maßnahme sein; nicht ausreichend ist, dass eine Maßnahme, die in erster Linie andere Zwecke verfolgt, sich nur mittelbar auf den Unfallschutz auswirkt (vgl. zu der Parallelvorschrift des § 75 Abs. 3 Nr. 11 BPersVG Beschluss vom 19. Mai 2003 - BVerwG 6 P 16.02 - Buchholz 250 § 78 BPersVG Nr. 19). Die Regelung der Nr. 4.1 Satz 3 FLgO dient in diesem Sinne unmittelbar dem Unfallschutz, weil sie, wie sich auch aus dem Zusammenhang mit Nr. 4.1 Satz 2 und 4 FLgO (Anschnallpflicht, Rücksichtnahme gegenüber Fußgängern) ergibt, erkennbar nur die Vermeidung von Gesundheitsgefahren durch Verkehrsunfälle bezweckt. Anhaltspunkte dafür, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung etwa der militärischen Sicherheit oder der Regelung der Art und Weise des militärischen Dienstes dienen könnte, sind nicht ersichtlich. Die Anordnung von „Schrittgeschwindigkeit (15 km/h oder 10 m.p.h.)“ war auch nicht durch Rechts- oder Verwaltungsvorschriften determiniert. Die Festsetzung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit unterlag vielmehr der eigenen Entscheidung und dem Ermessen des Kontingentführers. Die Geschwindigkeitsregelung stellt schließlich eine rein innerdienstliche Maßnahme dar, weil sie sich auf den Verkehr innerhalb des - für Besucher, Firmenvertreter und Ortskräfte nur sehr eingeschränkt zugänglichen (siehe Nr. 3.6 FLgO) - Feldlagers beschränkt (sog. Schutzzweckgrenze; vgl. hierzu Beschluss vom 19. Mai 2003 a.a.O.).
31 b) Das der Art nach richtige, „ebenengerechte“ Vertretungsorgan für die Beteiligung der Soldaten an der hier strittigen Regelung war die Versammlung der Vertrauenspersonen des Kasernenbereichs (§ 32 Abs. 2 SBG).
32 Die Bestimmung der Nr. 4.1 Satz 3 FLgO- wie auch die Feldlagerordnung insgesamt - stellt eine territoriale, auf das Gebiet des Feldlagers bezogene Regelung dar. Der Sache nach werden mit dem Erlass der Feldlagerordnung Aufgaben wahrgenommen, die nach den Vorschriften über die „Aufgaben im Standortbereich“ (ZDv 40/1) den Kasernenbereich betreffen und im Inland in der Verantwortung des Kasernenkommandanten liegen (Nr. 106 Abs. 2 i.V.m. Nrn. 515 ff. ZDv 40/1). Die Versammlung der Vertrauenspersonen des Kasernenbereichs ist insoweit das zuständige Organ, das die gemeinsamen Interessen der Soldaten - nach Maßgabe der gesetzlichen Beteiligungstatbestände (§ 32 Abs. 7 i.V.m. §§ 20 bis 26 SBG) - gegenüber dem Kasernenkommandanten vertritt (§ 32 Abs. 2 und 6 SBG).
33 Die ZDv 40/1 gilt nicht nur für die Aufgabenwahrnehmung im Inland, sondern ist in Stationierungsorten der Streitkräfte im Ausland sowie bei Einsätzen der Streitkräfte im Ausland sinngemäß anzuwenden, soweit andere Regelungen, wie z.B. das NATO-Truppenstatut oder mit dem Aufnahmestaat getroffene Vereinbarungen, nicht entgegenstehen (Vorbemerkung Nr. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZDv 40/1). Vorbehaltlich der Frage, ob ein solches Gremium bei Auslandseinsätzen der Streitkräfte überhaupt sowie im konkreten Fall des Camp Marmal zu bilden ist (dazu nachfolgend c und d), stellt deshalb bei entsprechender Anwendung der ZDv 40/1 die Versammlung der Vertrauenspersonen des Kasernenbereichs das der Art nach zutreffende Vertretungsorgan dar, das beim Erlass der Feldlagerordnung zu beteiligen ist.
34 Allerdings sind die in § 32 Abs. 6 SBG benannten Vorgesetztenstellungen, die im Inland einen festen und an allen Standorten gleichen Inhalt und Umfang haben, bei Auslandseinsätzen nicht in derselben Weise vorgeprägt. In den Auslandsfällen liegt die Verantwortung für die Erfüllung der in der ZDv 40/1 umschriebenen Aufgaben und für die sinngemäße Anwendung dieser Dienstvorschrift bei den regional zuständigen Kommandeuren, militärischen Dienststellenleitern bzw. Kontingentführern (Vorb. Nr. 2 Abs. 2 Satz 2 ZDv 40/1); bei Einsätzen der Streitkräfte im Ausland legt der Kontingentführer fest, wer Aufgaben im Sinne der ZDv 40/1 wahrnimmt (Vorb. Nr. 2 Abs. 2 Satz 4 ZDv 40/1); eine Ernennung zum Standortältesten erfolgt im Ausland nicht (Vorb. Nr. 2 Abs. 2 Satz 5 ZDv 40/1). Diese Regelung hat ersichtlich den Zweck, eine flexible und den Umständen des jeweiligen Einsatzes angemessene Aufgabenverteilung zu ermöglichen.
35 Für die Anwendung von § 32 Abs. 2 und 6 SBG bei Auslandseinsätzen der Streitkräfte bedeutet dies, dass mangels einer feststehenden Verteilung der Aufgaben auf bestimmte „Funktionsträger“ wie im Inland (vgl. Vorb. Nr. 1 ZDv 40/1) auf die jeweils aktuell wahrgenommene Funktion abzustellen ist. Erlässt, wie im vorliegenden Fall, der Kommandeur des Einsatzkontingents die Feldlagerordnung, so ist er hierzu befugt, weil er kraft seiner (Letzt-)Verantwortung für die Aufgabenwahrnehmung (Vorb. Nr. 2 Abs. 2 Satz 2 ZDv 40/1) auch selbst sachliche Regelungen treffen kann und nicht darauf beschränkt ist, die Zuständigkeiten des Feldlagerkommandanten - analog zu denen des Kasernenkommandanten - festzulegen. Beteiligungsrechtlich muss sich der Kommandeur jedoch nach der von ihm ausgeübten Funktion behandeln lassen, die beim Erlass der Feldlagerordnung der eines Kasernenkommandanten entspricht; der Kommandeur ist deshalb insoweit der Vorgesetzte im Sinne von § 32 Abs. 6 SGB, der gegenüber der Vertrauenspersonenversammlung in der Pflicht steht. Die flexible Handhabung der Aufgabenverteilung und -wahrnehmung, die die ZDv 40/1 bei Auslandseinsätzen ermöglicht, darf mit anderen Worten nicht dazu führen, dass Beteiligungsrechte verkürzt werden bzw. davon abhängen, ob der Kontingentführer selbst oder ein von ihm bestellter Feldlagerkommandant die Aufgaben wahrnimmt. Umgekehrt wird hierdurch keine neue Beteiligungsebene eröffnet. Maßnahmen und Entscheidungen des Kontingentführers im Auslandseinsatz unterfallen dem Soldatenbeteiligungsgesetz nicht generell, sondern nur insoweit als er Funktionen wahrnimmt, die bei entsprechenden Sachverhalten im Inland eine Beteiligungspflicht auslösen würden.
36 c) Versammlungen der Vertrauenspersonen, insbesondere Versammlungen der Vertrauenspersonen des Kasernenbereichs (§ 32 Abs. 2 SBG), sind - soweit die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen, an die die Gremienbildung auf der jeweiligen Beteiligungsebene anknüpft - auch bei Auslandseinsätzen der Streitkräfte zu bilden.
37 aa) Das Soldatenbeteiligungsgesetz ist nicht nur auf Inlands-, sondern grundsätzlich auch auf Auslandssachverhalte anwendbar. Es regelt - mit einem personalen und nicht territorialen Ausgangspunkt - die Beteiligung „der Soldaten“ (§ 1 Abs. 1 SBG).
38 Das Soldatenbeteiligungsgesetz enthält zudem eine Reihe von Vorschriften, die sich auf besondere Auslandsverwendungen von Soldaten (i.S.v. § 62 SG) bzw. Auslandseinsätze der Streitkräfte beziehen und insofern die grundsätzliche Anwendbarkeit des Gesetzes auf Auslandssachverhalte bestätigen. Insbesondere bestimmt § 2 Abs. 6 SBG, dass für die Dauer einer besonderen Auslandsverwendung von Einheiten, Schiffen und Booten der Marine und Stäben der Verbände von den Soldaten, die an diesem Einsatz teilnehmen, in geheimer und unmittelbarer Wahl Vertrauenspersonen für die Wählergruppen der Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften gewählt werden, soweit die nach den allgemeinen Bestimmungen gewählten Vertrauenspersonen der jeweiligen Wählergruppe nicht an dem Einsatz teilnehmen. Ergänzende Regelungen hierzu ergeben sich aus § 3 Abs. 2 und § 13 Abs. 3 SBG. Hinsichtlich der Anhörungs- und Vorschlagsrechte zur Gestaltung des Dienstbetriebs (§ 24 Abs. 1 und 2 SBG) ordnet § 24 Abs. 3 Nr. 1 SBG an, dass die Beteiligung bei Anordnungen unterbleibt, durch die in Ausführung eines Beschlusses des Deutschen Bundestages Einsätze oder Einsatzübungen geregelt werden (zur Reichweite dieser Einschränkung vgl. Höges, in: Wolf/Höges, SBG, Stand Juli 2009, § 24 Rn. 21 bis 23). Hauptsächlicher und derzeit wohl einzig praktischer Anwendungsfall dieser Vorschrift sind Beschlüsse des Bundestages über den „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte außerhalb des Geltungsbereichs des Grundgesetzes“ im Sinne von § 1 Abs. 2 i.V.m. § 2 Abs. 1 des Gesetzes über die parlamentarische Beteiligung bei der Entscheidung über den Einsatz bewaffneter Streitkräfte im Ausland vom 18. März 2005 (BGBl I S. 775).
39 bb) Anders als hinsichtlich der Vertrauenspersonen (§ 2 Abs. 6 SBG) enthält das Soldatenbeteiligungsgesetz keine Vorschrift, die sich explizit auf die Bildung von Versammlungen der Vertrauenspersonen bei Auslandseinsätzen bzw. im Rahmen besonderer Auslandsverwendungen bezieht. Auch den Gesetzesmaterialien lassen sich hierzu keine Aussagen entnehmen. Dies gilt sowohl für die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung (BTDrucks 13/1209) für das Gesetz zur Änderung wehrpflichtrechtlicher, soldatenrechtlicher, beamtenrechtlicher und anderer Vorschriften vom 24. Juli 1995 (BGBl I S. 962), mit dem erstmals eine Regelung über die Wahl von Vertrauenspersonen bei besonderen Auslandsverwendungen geschaffen wurde (§ 2 Abs. 5 SBG a.F.), als auch für die Begründung des Entwurfs der Bundesregierung (BTDrucks 13/5740) für das Erste Gesetz zur Änderung des Soldatenbeteiligungsgesetzes vom 20. Februar 1997 (BGBl I S. 298), durch das § 2 Abs. 6 SBG seine geltende Fassung erhalten hat und die Konstruktion der Gremien der Vertrauenspersonen reformiert und in ihre heutige Form gebracht wurde.
40 Die Rechtsauffassung des Bundesministeriums der Verteidigung zur Frage der Bildung von Vertrauenspersonenversammlungen in besonderen Auslandsverwendungen hat mehrfach gewechselt. Das Bundesministerium der Verteidigung - Fü S I 3 - hatte zunächst mit einem an den Gesamtvertrauenspersonenausschuss gerichteten Schreiben vom 10. Juni 1997 die Auffassung vertreten, dass diese Frage nach der Neufassung des Soldatenbeteiligungsgesetzes durch das Erste Gesetz zur Änderung des Soldatenbeteiligungsgesetzes „umfassend und zufriedenstellend geregelt“ sei; auch in besonderen Auslandsverwendungen seien danach Versammlungen der Vertrauenspersonen des Verbandes und des Kasernenbereichs, ggf. auch des Standortes zu bilden. Von dieser Interpretation des Soldatenbeteiligungsgesetzes ist das Ministerium später abgerückt; es war danach der Auffassung, dass der Gesetzgeber sich mit § 2 Abs. 6 SBG auf eine Regelung für einzelne Vertrauenspersonen beschränkt habe und § 32 SBG keine den Anforderungen an die Bestimmtheit genügende Rechtsgrundlage für die Bildung von Vertrauenspersonenversammlungen in Auslandseinsätzen darstelle. Mit Schreiben vom 24. Juni 2009 (gleichlautend an den Sprecher des Gesamtvertrauenspersonenausschusses, den Vorsitzenden des Hauptpersonalrats und den Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestags) schließlich hat der Bundesminister der Verteidigung erklärt, dass bei weiter Auslegung des § 32 SBG auch Vertrauenspersonenversammlungen in besonderen Auslandseinsätzen möglich seien und er deshalb der Bildung von Vertrauenspersonenversammlungen im Einsatz grundsätzlich zustimme; zur Wahrung des verfassungsrechtlich verankerten Vorrangs des Einsatzauftrags und zur Gewährleistung der Sicherheit der Soldaten halte er jedoch die Regelungen in den (dem Schreiben beigefügten) Durchführungshinweisen für zwingend erforderlich.
41 cc) Ungeachtet der fehlenden ausdrücklichen Erwähnung ergibt sich aus dem systematischen Zusammenhang des Soldatenbeteiligungsgesetzes, dass Versammlungen der Vertrauenspersonen auf der Grundlage von § 32 Abs. 1 bis 3 SBG auch bei Auslandseinsätzen bzw. im Rahmen besonderer Auslandsverwendungen zu bilden sind.
42 § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 SBG bestimmt - orientiert an den typischen militärischen Gliederungsformen - die Wahlbereiche, in denen Offiziere, Unteroffiziere und Mannschaften jeweils eine Vertrauensperson (und zwei Stellvertreter) wählen; § 2 Abs. 2 bis 5 SBG trifft hierzu ergänzende und modifizierende Regelungen hinsichtlich der Wählergruppen, der Wahlbereiche und der Zuordnung der Soldaten zu den Wahlbereichen; § 2 Abs. 6 SBG schließlich enthält die bereits erwähnte Regelung über die Wahl von Vertrauenspersonen für die Dauer einer besonderen Auslandsverwendung von Einheiten, Schiffen und Booten der Marine sowie Stäben der Verbände. Die Wahl der Vertrauenspersonen in den jeweiligen Wahlbereichen ist die einzige Wahl (außerhalb der Beteiligung der Soldaten durch Personalvertretungen), die unmittelbar durch die Soldaten selbst erfolgt. Alle Vertretungen der Soldaten auf höheren Ebenen werden entweder durch die Vertrauenspersonen gebildet oder ihre Mitglieder werden von den Vertrauenspersonen gewählt (siehe § 32 Abs. 1 bis 3, § 35 Abs. 2 SBG). Die Regelung über die Vertretung der Soldaten durch Gremien, insbesondere Versammlungen der Vertrauenspersonen baut somit auf der Regelung über die Vertretung der Soldaten durch Vertrauenspersonen auf und wird erst durch diese vollziehbar.
43 Kennzeichen der gesetzlichen Konstruktion ist weiter, dass mit der Wahl der Vertrauenspersonen eine quasi automatische Abfolge der Bildung von Vertrauenspersonenversammlungen ausgelöst wird, die nicht mehr von weiteren Wahlen oder Willensentscheidungen, sondern nur noch vom Vorliegen der organisatorischen bzw. räumlichen Anknüpfungspunkte für die Gremienbildung auf der jeweiligen Beteiligungsebene („Verband“, „Kasernenbereich“, „mehr als zwei Kasernen“ an einem Standort) abhängt. Liegt ein „Verband“ oberhalb der militärischen Einheit vor, so bilden dessen Vertrauenspersonen die Versammlung der Vertrauenspersonen des Verbandes (§ 32 Abs. 1 SBG); die Einladung der Versammlung zu ihrer konstituierenden Sitzung und zur Vornahme der vorgeschriebenen Wahlen, insbesondere der Wahl des Sprechers der Versammlung (§ 32 Abs. 5 Satz 1, § 33 Abs. 1 SBG), steht nicht zur Disposition des Führers des Verbandes. Ist ein „Kasernenbereich“ gegeben, so bilden die Sprecher der Versammlungen der Vertrauenspersonen der Verbände und deren Stellvertreter sowie die Vertrauenspersonen selbstständiger, im Kasernenbereich untergebrachter Einheiten (oder vergleichbarer militärischer Dienststellen) - oder die Vertrauenspersonen der selbstständigen Einheiten, wenn ausschließlich solche im Kasernenbereich untergebracht sind - die Versammlung der Vertrauenspersonen des Kasernenbereichs (§ 32 Abs. 2 SBG); in diesem Fall trifft den Kasernenkommandanten die Pflicht zur Einladung der Versammlung zu ihrer konstituierenden Sitzung und zur Vornahme der vorgeschriebenen Wahlen (§ 32 Abs. 5 Satz 2 SBG). Befinden sich schließlich an einem Standort „mehr als zwei Kasernen“, so wird eine Versammlung der Vertrauenspersonen des Standorts gebildet, für die die Vertrauenspersonenversammlungen der Kasernenbereiche jeweils einen Vertreter als Mitglied wählen (§ 32 Abs. 3 SBG); zur Einberufung verpflichtet ist insoweit der Standortälteste (§ 32 Abs. 5 Satz 2 SBG).
44 Aus diesem Zusammenhang zwischen der Wahl der Vertrauenspersonen in den Wahlbereichen (§ 2 SBG) und dem darauf aufbauenden Mechanismus der Bildung von Vertrauenspersonenversammlungen (§ 32 Abs. 1 bis 3 SBG) folgt, dass es keiner ausdrücklichen Erwähnung oder besonderen gesetzlichen Regelung für die Bildung von Vertrauenspersonenversammlungen bei Auslandseinsätzen bedarf. Rechtsgrundlage für die Bildung von Vertrauenspersonenversammlungen bei Auslandseinsätzen ist unmittelbar die Vorschrift des § 32 Abs. 1 bis 3 SBG. Ebenso wie auch sonst keiner der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 8 SBG aufgeführten Wahlbereiche gesondert genannt wird, hängt die Teilnahme der nach § 2 Abs. 6 SBG gewählten Vertrauenspersonen an der Bildung von Vertrauenspersonenversammlungen allein davon ab, dass die Anknüpfungspunkte für die Gremienbildung auf der jeweiligen Beteiligungsebene gegeben sind, dass also die Einheiten, Schiffe und Boote der Marine sowie Stäbe im Rahmen der besonderen Auslandsverwendung in einen „Verband“ eingeordnet (§ 32 Abs. 1 SBG) oder die Einheiten und Stäbe in einem „Kasernenbereich“ untergebracht sind (§ 32 Abs. 2, ggf. Abs. 3 SBG). Aus der Systematik der Regelung ist vielmehr zu schließen, dass es - umgekehrt - einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung bedurft hätte, wenn der auf der Wahl der Vertrauenspersonen aufbauende Mechanismus der Bildung von Vertrauenspersonenversammlungen für bestimmte Wahlbereiche hätte unterbrochen werden sollen. Da eine solche Ausnahmevorschrift für § 2 Abs. 6 SBG fehlt, gelten die Vorschriften über die Versammlungen der Vertrauenspersonen unmittelbar auch im Rahmen besonderer Auslandsverwendungen.
45 dd) Die Bildung von Vertrauenspersonenversammlungen im Rahmen besonderer Auslandsverwendungen ist auch nicht wegen praktischer Probleme ausgeschlossen.
46 Es ist nicht zu bestreiten, dass die Bildung von Vertrauenspersonenversammlungen bei Auslandseinsätzen praktische Probleme aufwirft, die sich bei entsprechenden Inlandssachverhalten nicht oder nur in deutlich abgeschwächter Form stellen (vgl. zum Folgenden Höges, NZWehrr 2006, 221 <225 ff.>). Zu nennen sind zum einen die Sicherheitslage und die geographischen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen im Einsatzland; Schwierigkeiten betreffen insoweit weniger bzw. nur mittelbar die (hier vor allem interessierende) Ebene des Kasernenbereichs, können aber zum Beispiel bei der Bildung einer Versammlung auf Verbandsebene auftreten, wenn die Einheiten des Verbands an unterschiedlichen Orten stationiert sind. Weiter spielen der häufige Wechsel der Soldaten und deren vergleichsweise kurze Stehzeit eine Rolle; bei der Einsatzdauer eines Kontingents von rund einem halben Jahr wird die regelmäßige Amtszeit einer Vertrauensperson von zwei Jahren (§ 32 Abs. 7 i.V.m. § 9 Abs. 1 Satz 1 SBG) nicht annähernd erreicht, sodass häufige Neuwahlen mit entsprechendem Aufwand und „Reibungsverlusten“ erforderlich werden. Schließlich werden Gefahren für die Effektivität der militärischen Führung und die Erfüllung des Einsatzauftrags gesehen, wenn Entscheidungen durch schwerfällige Verfahrensabläufe verzögert werden.
47 Die genannten Bedenken können abhängig von den Umständen des Einzelfalls ein mehr oder weniger großes Gewicht erlangen. Allerdings stehen ihnen größtenteils gesetzliche Instrumente gegenüber, die dazu beitragen, praktische Schwierigkeiten zu bewältigen oder zumindest abzumildern. So lassen sich etwa Probleme der Verhinderung an der Ausübung des Amtes, die sich bei Auslandseinsätzen häufiger als im Inland stellen mögen, über die Regelungen zur Stellvertretung (§ 32 Abs. 7 i.V.m. § 13 Abs. 2, § 33 Abs. 1 Satz 1 SBG) und zur Beschlussfähigkeit der Versammlung (§ 34 Abs. 2 SBG) lösen. Bei Maßnahmen, die der Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden, eröffnet § 32 Abs. 7 SBG i.V.m. § 21 Abs. 5 und § 22 Abs. 3 SBG die Möglichkeit, bereits vor dem Abschluss des Beteiligungsverfahrens vorläufige Regelungen zu treffen. Die Problematik häufiger Neuwahlen wegen kurzer Einsatz- und Stehzeiten betrifft nicht nur und spezifisch die Vertrauenspersonenversammlungen und deren Sprecher, sondern auch und vor allem die Wahl der Vertrauenspersonen selbst; angesichts der klaren Regelung in § 2 Abs. 6 SBG ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber diese Problematik im Grundsatz erkannt und in Kauf genommen hat. Die militärische Führung des Einsatzes schließlich unterliegt als solche von vornherein nicht der Beteiligung; im Übrigen unterbleibt die Beteiligung an der Gestaltung des Dienstbetriebs (§ 24 Abs. 1 und 2 SBG) bei Anordnungen, durch die in Ausführung eines Beschlusses des Deutschen Bundestages Einsätze oder Einsatzübungen geregelt werden (§ 24 Abs. 3 Nr. 1 SBG).
48 Insgesamt erscheinen deshalb die praktischen Probleme und Bedenken nicht geeignet, die normative Geltung der §§ 32 ff. SBG im Rahmen besonderer Auslandsverwendungen in Frage zu stellen. Die Beurteilung, ob die geltende Regelung zweckmäßig ist und ob und welche Möglichkeiten zu ihrer Verbesserung bestehen, ist allein Aufgabe des Gesetzgebers.
49 d) Das Feldlager Camp Marmal stellt einen Kasernenbereich im Sinne von § 32 Abs. 2 SBG dar, in dem eine Versammlung der Vertrauenspersonen des Kasernenbereichs zu bilden ist.
50 aa) Das Soldatenbeteiligungsgesetz selbst enthält keine Definition des Begriffs des Kasernenbereichs. Allgemein wird deshalb als Hilfe für die Auslegung des gesetzlichen Begriffs auf die Begriffsbestimmungen in der schon erwähnten Zentralen Dienstvorschrift über „Aufgaben im Standortbereich“ (ZDv 40/1) zurückgegriffen. Die ZDv 40/1 ist hierfür auch insofern geeignet, weil sie, wie bereits dargelegt (oben b), nach ihrem eigenen Geltungsanspruch nicht nur auf Inlandssachverhalte, sondern sinngemäß auch in Stationierungsorten und bei Einsätzen der Streitkräfte im Ausland anzuwenden ist (Vorb. Nr. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 ZDv 40/1).
51 Ein Kasernenbereich umfasst danach eine oder mehrere Liegenschaften (Nr. 106 Abs. 1 Satz 2 ZDv 40/1). Er umfasst den Bereich, innerhalb dessen Kasernenanlagen, Truppenunterkünfte, Stützpunkte der Marine, Flugplätze der Teilstreitkräfte, Depots, Schulen der Bundeswehr oder Bundeswehrkrankenhäuser liegen und kann um zusätzliche militärische Anlagen und Einrichtungen erweitert werden (Nr. 511 Satz 1 und 2 ZDv 40/1). Ein Kasernenbereich ist zum militärischen Sicherheitsbereich zu erklären und wird nach den Bestimmungen der ZDv 10/6 bewacht (Nr. 512 Abs. 1 ZDv 40/1). Der Begriff des Kasernenbereichs wird danach zum einen - territorial - durch den Bezug zu einem bestimmten räumlich abgegrenzten und gesicherten Bereich, zum anderen - funktional - durch die Aufnahme bestimmter typischer Anlagen und Einrichtungen der Bundeswehr bestimmt; aus beiden Aspekten lässt sich auch das Erfordernis einer gewissen Dauerhaftigkeit ableiten.
52 Weitere Hinweise auf den Begriff des Kasernenbereichs ergeben sich (mittelbar) aus der Funktion des - für den Kasernenbereich verantwortlichen (Nr. 106 Abs. 2 ZDv 40/1) - Kasernenkommandanten und den ihm zugewiesenen Aufgaben. Der Kasernenkommandant ist verantwortlich für die militärische Sicherheit, Ordnung und Disziplin, die Arbeitssicherheit und den Umweltschutz in den gemeinsam genutzten Anlagen und Einrichtungen des Kasernenbereichs (Nr. 515 Satz 1 ZDv 40/1). Er erlässt Kasernenbefehle, die Angelegenheiten von grundsätzlicher Bedeutung für den gesamten Kasernenbereich regeln; eine beispielhafte Aufzählung nennt die folgenden vierzehn Regelungsgegenstände: Besondere Wachanweisung; Brandschutzordnung; Selbstschutzordnung; Anweisung für die militärische Sicherheit; Anweisung für die Arbeitssicherheit; Anweisung zur Verhütung von Frost-, Sturm- und Wasserschäden; Planungen zur Notfallvorsorge; Anweisung zum sparsamen Verbrauch von Energie und Wasser; Anweisung für den Umweltschutz; Kasernenordnung mit Benutzungsordnung für die gemeinsam benutzten Anlagen; Benutzungsordnungen für die Betreuungseinrichtungen; Besuchsregelung; Verkehrsregelung einschließlich Parkordnung; Anordnung zur Schadensverhütung (Nr. 518 ZDv 40/1).
53 bb) Nach diesen Maßstäben stellt das Feldlager Camp Marmal einen Kasernenbereich im Sinne von § 32 Abs. 2 SBG dar.
54 Das Feldlager Camp Marmal umfasst auf einer mit einem Außenzaun umgrenzten Fläche von rund 2 km x 1 km militärische Anlagen und Funktionsbereiche, Unterkünfte in 36 Gebäuden für rund 2.600 Soldaten (einschließlich der multinationalen Einheiten), einen Stabsbereich mit dreizehn Stabsgebäuden, ferner u.a. ein Einsatzlazarett, einen Wirtschafts- und Betreuungsbereich, Energieversorgungsanlagen, Ver- und Entsorgungsanlagen für Wasser, Betriebsstoff- und Munitionslager sowie einen Flugbetriebsbereich (Schreiben des Inspekteurs der Streitkräftebasis vom 10. Juli 2009). Das Feldlager ist durch erhebliche Sicherungseinrichtungen nach außen abgeschlossen und gegen Eindring- und Ausspähversuche gesichert (vgl. zur militärischen Sicherheit im Einzelnen Nr. 3 FLgO). Die Sicherung entspricht der eines militärischen Sicherheitsbereichs im Sinne des für inländische Anlagen und Einrichtungen geltenden § 2 Abs. 2 UzwGBw; ebenso wird das Feldlager in einer den Bestimmungen der ZDv 10/6 entsprechenden Weise bewacht. Das Feldlager weist auch eine hinreichende Dauerhaftigkeit auf. Seine Errichtung wurde 2005 begonnen und sukzessive zum derzeitigen Zustand ausgebaut. Es ist, auch wenn der deutsche Einsatz in Afghanistan nicht unbefristet ist, auf eine grundsätzlich unbestimmte Zeit errichtet.
55 Das Feldlager Camp Marmal ist ferner in gleicher Weise wie eine Kaserne verwaltet und organisiert. Die Funktion des Feldlagerkommandanten (Nr. 2.1 FLgO) entspricht im Wesentlichen der eines Kasernenkommandanten. Auch die hier strittige Feldlagerordnung ist weitgehend deckungsgleich mit einer inländischen Kasernenordnung. Ihr Geltungsbereich ist - entsprechend einer Kasernenordnung - räumlich bestimmt (vgl. zum örtlichen Geltungsbereich und zu Besonderheiten des norwegischen Bereichs des Feldlagers Nr. 1.2 FLgO). Inhaltlich orientiert sich die Feldlagerordnung ersichtlich an den in Nr. 518 ZDv 40/1 beispielhaft aufgelisteten Regelungsgegenständen eines Kasernenbefehls. Sie trifft zu den einzelnen Gegenständen entweder unmittelbar eigene Regelungen - wie zum Beispiel zum Brandschutz und Selbstschutz (Nr. 7 FLgO und Anlage G), zur militärischen Sicherheit (Nr. 3 FLgO), zur Arbeitssicherheit (Nr. 11 FLgO und Anlage I), zur Versorgung mit Energie und Wasser und deren sparsamer Verwendung (Nr. 8 und 9 FLgO), zum Umweltschutz (Nr. 6 FLgO und Anlage N), zu gemeinsam benutzten Anlagen (Nr. 5.1 bis 5.5 FLgO), zu Betreuungseinrichtungen (Nr. 5.6 FLgO), zur Behandlung von Besuchern (Nr. 3.6 FLgO) sowie zum Verkehr und zum Parken im Lagerbereich (Nr. 4 FLgO) - oder bestimmt die Zuständigkeitsbereiche derjenigen Vorgesetzten und Stellen, die mit der entsprechenden Aufgabenwahrnehmung betraut sind (Nr. 2 FLgO).
56 Insgesamt weist das Feldlager Camp Marmal daher alle maßgeblichen Kennzeichen einer Kaserne auf. Äußerliche Unterschiede beruhen allein auf den geographischen und klimatischen Bedingungen des Einsatzlandes oder den besonderen Sicherheitserfordernissen im Einsatz; sie betreffen jedoch nicht die Strukturmerkmale einer Kaserne. Unerheblich ist auch die Bezeichnung des Camp Marmal als „Feldlager“ und nicht als „Kaserne“.
57 e) Die somit erforderliche Beteiligung einer Vertrauenspersonenversammlung des Kasernenbereichs konnte nicht deshalb unterbleiben, weil eine solche Versammlung und damit ein Vertretungsorgan, das hätte beteiligt werden können, beim Erlass der Feldlagerordnung (und ihrer Änderungen) faktisch nicht bestand.
58 Die Frage, wie im Falle des Fehlens eines Vertretungsorgans zu verfahren ist, ist im Soldatenbeteiligungsgesetz nicht ausdrücklich geregelt. Sie wird zum Teil durch die bereits (oben c dd) erwähnten Vorschriften über den Eintritt von Stellvertretern (§ 13 Abs. 2, ggf. i.V.m. § 32 Abs. 7; § 33 Abs. 1 Satz 1 SBG) sowie über den Erlass vorläufiger Regelungen (§ 21 Abs. 5 und § 22 Abs. 3, ggf. i.V.m. § 32 Abs. 7 SBG) beantwortet. Nicht erfasst ist hiervon allerdings die hier vorliegende Konstellation, dass das zur Beteiligung berufene Vertretungsorgan überhaupt nicht gebildet ist und dass eine nicht nur vorläufige Maßnahme, wie der Erlass der Feldlagerordnung einschließlich der strittigen Verkehrsreglung, getroffen werden soll.
59 In dem (potentiellen) Spannungsfeld zwischen dem Zweck des Soldatenbeteiligungsgesetzes, eine effektive Vertretung der Soldaten sicherzustellen, und den aus der Erfüllung des militärischen Auftrags der Streitkräfte folgenden Erfordernissen (vgl. hierzu § 18 Abs. 2 SBG) ist für die Beurteilung dieser Konstellation von der Frage auszugehen, in wessen Verantwortungsbereich das Fehlen eines beteiligungsfähigen Vertretungsorgans fällt (ähnlich im Ergebnis Gronimus, Die Beteiligungsrechte der Vertrauenspersonen in der Bundeswehr, 5. Aufl. 2005, Vorb. zu §§ 23 bis 31 Rn. 13 f.; ders., NZWehrr 2008, 188 <190>). Liegt die Verantwortung auf Seiten der Soldaten oder jedenfalls nicht auf Seiten der militärischen Vorgesetzten, etwa weil die Wahl einer Vertrauensperson mangels Bewerbern oder gültiger Wahlvorschläge nicht zustande gekommen ist, so kann sich dies nicht hemmend auf notwendige Entscheidungen oder Maßnahmen auswirken; die getroffene Entscheidung oder Maßnahme ist auch ohne die Beteiligung des Vertretungsorgans rechtmäßig. Die weitere Frage, ob und in welchen Fällen eine Beteiligung nachträglich stattzufinden hat, wenn später ein Vertretungsorgan existiert (vgl. für Disziplinarmaßnahmen Poretschkin, NZWehrr 1992, 106 <111 f.>), kann hier offenbleiben; eine nachträgliche Beteiligung hätte jedenfalls keine Rückwirkungen auf die Rechtmäßigkeit der ursprünglich getroffenen Entscheidung oder Maßnahme. Liegt die Verantwortung für das Fehlen eines beteiligungsfähigen Vertretungsorgans dagegen auf Seiten der militärischen Vorgesetzten, so können diese hieraus keinen Vorteil ziehen, weil andernfalls die Gefahr bestünde, dass die Vertretung der Soldaten folgenlos behindert werden könnte; in diesem Fall führt das Unterbleiben der erforderlichen Beteiligung des Vertretungsorgans daher grundsätzlich zur Rechtswidrigkeit der getroffenen Entscheidung oder Maßnahme.
60 Im vorliegenden Fall liegt die Verantwortung für das Fehlen einer Vertrauenspersonenversammlung des Kasernenbereichs auf der Seite der militärischen Vorgesetzten. Zwar beruht die Bildung von Vertrauenspersonenversammlungen auf dem (oben c cc) geschilderten Gesetzesmechanismus. Ist die Vertrauenspersonenversammlung jedoch noch nicht zusammengetreten und hat sie deshalb noch keine Handlungsfähigkeit erlangt, sieht § 32 Abs. 5 SBG vor, dass der militärische Vorgesetzte, der das „Gegenüber“ der jeweiligen Versammlung darstellt, die Mitglieder zur Vornahme der vorgeschriebenen Wahlen einberuft. Bis zur Wahl der Sprecher und ihrer Vertreter führt insofern der zuständige Vorgesetzte die Geschäfte der Versammlung; erst die weiteren Einladungen zu Versammlungen sind Aufgabe der Sprecher der jeweiligen Versammlung (siehe auch Nr. 271 Abs. 4 ZDv 10/2). Unterlässt der Vorgesetzte daher die Einberufung der Versammlung zu ihrer konstituierenden Sitzung, kann er sich nicht mit Erfolg auf das Fehlen einer beteiligungsfähigen Versammlung berufen.
61 Im vorliegenden Fall hätte deshalb der Feldlagerkommandant oder - soweit er in der Funktion des Feldlagerkommandanten handelte - der Kommandeur des Deutschen Einsatzkontingents ISAF die Mitglieder der Vertrauenspersonenversammlung des Kasernenbereichs zur konstituierenden Sitzung und zur Wahl der Sprecher und ihrer Vertreter einladen müssen (§ 32 Abs. 5 Satz 2 SBG). Da Mitglieder der Vertrauenspersonenversammlung des Kasernenbereichs - neben den Vertrauenspersonen von selbstständigen Einheiten - die Sprecher der Verbandsversammlungen nach § 32 Abs. 1 SBG und ihre Stellvertreter sind, setzt die Konstituierung der Versammlung des Kasernenbereichs inzident die (vorherige) Konstituierung der Versammlungen der Vertrauenspersonen der im Kasernenbereich untergebrachten Verbände voraus; auch insoweit liegt die Verantwortung auf der Seite der militärischen Vorgesetzten, hier der Führer der jeweiligen Verbände (§ 32 Abs. 5 Satz 1 SBG). Da die militärischen Vorgesetzten die ihnen durch § 32 Abs. 5 SBG zugewiesenen Aufgaben nicht erfüllt haben, kann dem Antragsteller nicht das Fehlen einer beteiligungsfähigen Versammlung entgegengehalten werden.
62 f) Das Unterbleiben der nach § 24 Abs. 6 Nr. 3 SBG gebotenen Beteiligung der Vertrauenspersonenversammlung für den Kasernenbereich des Camp Marmal hat die Rechtswidrigkeit der Anweisung, bei Fahrten im Feldlager Schrittgeschwindigkeit einzuhalten (Nr. 4.1 Satz 3 FLgO), zur Folge.
63 Nach der Rechtsprechung des Senats zu § 23 i.V.m. § 20 SBG hat die Unterlassung der gebotenen Anhörung der Vertrauensperson zu einer Personalentscheidung zwar nicht die Unwirksamkeit der Personalentscheidung zur Folge, führt aber zu ihrer Rechtswidrigkeit; soweit der zuständige Vorgesetzte die Personalentscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen hat, leidet diese infolge der unterlassenen Anhörung an einem Ermessensfehler, weil der Vorgesetzte entgegen seiner gesetzlichen Verpflichtung aus § 23 Abs. 2 Satz 2 SBG das Ergebnis der Anhörung nicht in seine Ermessenserwägungen einbeziehen konnte (vgl. Beschlüsse vom 27. Februar 2003 - BVerwG 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 <32> = Buchholz 252 § 23 SBG Nr. 2 = NZWehrr 2003, 212, vom 11. Januar 2007 - BVerwG 1 WDS-VR 7.06 - Buchholz 449.7 § 23 SBG Nr. 4 sowie zuletzt vom 28. Oktober 2008 - BVerwG 1 WB 49.07 - Buchholz 449.7 § 23 SBG Nr. 7). Entsprechendes gilt für die hier unterbliebene Beteiligung in der Form der Mitbestimmung. Unabhängig von dem in § 22 Abs. 2 SBG (hier i.V.m. § 32 Abs. 7 SBG) vorgesehenen Einigungsverfahren fehlt es hier bereits daran, dass der Kommandeur des Einsatzkontingents überhaupt eine - ggf. mit ihr zu erörternde - Äußerung der Vertrauenspersonenversammlung oder entsprechende Vorschläge (§ 22 Abs. 1 SBG) in seine Überlegungen zu der beabsichtigten Regelung einbeziehen konnte.
64 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 20 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO (i.d.F. der Bek. vom 22. Januar 2009, BGBl I S. 81).