Verfahrensinformation

Die Klägerin wendet sich gegen Regelungen der Bundesnetzagentur über die Vergabe von Funkfrequenzen. Sie betreibt ein eigenes Funknetz auf der Grundlage von Frequenznutzungsrechten, die ihr ab 1999 befristet bis 2007 zugeteilt worden waren, aber darüber hinaus trotz eines entsprechenden Antrages nicht verlängert worden sind. Nachdem die Bundesnetzagentur bereits im Jahr 2005 ein Verfahren für die Vergabe von Frequenzen - u.a. in dem von der Klägerin genutzten Frequenzbereich von 2,6 GHz - eröffnet hatte, erließ sie schließlich mit der hier angegriffenen Verfügung vom 12. Oktober 2009 verschiedene Anordnungen. Gegen sie erhob die Klägerin vor dem Verwaltungsgericht Köln Klage, die sie nach Abweisung durch die Vorinstanz mit der Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht weiterverfolgt. Es handelt sich im einzelnen um die Anordnung, dass der Zuteilung sämtlicher zu einem gemeinsamen Verfahren verbundener Frequenzen unter Einschluss derjenigen, die die Klägerin für sich beansprucht, ein Vergabeverfahren voranzugehen hat (BVerwG 6 C 3.10), die Entscheidung, dass die Vergabe in Form eines Versteigerungsverfahrens durchzuführen ist (BVerwG 6 C 5.10), sowie die Festlegung von Vergabebedingungen (BVerwG 6 C 40.10) und Versteigerungsregeln (BVerwG 6 C 41.10).


Pressemitteilung Nr. 51/2011 vom 23.06.2011

Vergabe von Funkfrequenzen: Klage teilweise erfolgreich

Vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatten Klagen gegen Entscheidungen der Bundesnetzagentur über die Vergabe von Funkfrequenzen teilweise Erfolg. Das Bundesverwaltungsgericht hat einen Teil des Streitstoffs zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts an die Vorinstanz zurückverwiesen.


Die Klägerin betreibt ein eigenes Funknetz auf der Grundlage von Frequenznutzungsrechten, die ihr ab 1999 befristet bis 2007 zugeteilt worden waren, aber trotz eines entsprechenden Antrages nicht verlängert worden sind. Nachdem die Bundesnetzagentur bereits im Jahr 2005 ein Verfahren zur Vergabe von Funkfrequenzen verschiedener Frequenzbereiche - u.a. in dem von der Klägerin genutzten Frequenzbereich von 2,6 GHz - eröffnet hatte, erließ sie schließlich mit der hier angegriffenen Verfügung vom 12. Oktober 2009 verschiedene Entscheidungen. Es handelt sich im einzelnen um die Anordnung, dass der Zuteilung sämtlicher zu einem gemeinsamen Verfahren verbundener Frequenzen einschließlich derjenigen, die die Klägerin für sich beansprucht, ein Vergabeverfahren voranzugehen hat, die Entscheidung, dass die Vergabe in Form eines Versteigerungsverfahrens durchzuführen ist, die Festlegung von Vergabebedingungen und den Erlass von Versteigerungsregeln.


Gegen diese vier Anordnungen erhob die Klägerin Klagen vor dem Verwaltungsgericht Köln. Nach Abweisung der Klagen fand im April und Mai 2010 das Versteigerungsverfahren statt, zu dem die Klägerin nicht zugelassen wurde. Mit der Revision zum Bundesverwaltungsgericht bezweckte sie, der umstrittenen Frequenzvergabe nachträglich die Grundlage entziehen.


In den Streitsachen gegen die Anordnung, dass der Zuteilung sämtlicher Frequenzen ein Vergabeverfahren voranzugehen hat (Rechtsstreit BVerwG 6 C 3.10), und gegen die Entscheidung für die Vergabe in Form eines Versteigerungsverfahrens (Rechtsstreit BVerwG 6 C 5.10) ist der entscheidungserhebliche Sachverhalt nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts bislang nicht vollständig aufgeklärt. Das betrifft zum einen die Frequenzknappheit als Voraussetzung für die Anordnung eines Vergabeverfahrens. Ein das Frequenzangebot übersteigender Bedarf, bezogen auf den Zeitpunkt der Vergabeentscheidung und die Gesamtheit der zur gemeinsamen Vergabe verbundenen Frequenzen, wurde nicht hinreichend festgestellt. Auch ist nicht genügend geklärt, ob und inwieweit auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt, auf dem die neu vergebenen Funkfrequenzen verwendet werden dürfen, in der Vergangenheit bereits Frequenzen ohne Versteigerungsverfahren zugeteilt worden sind. Eine dahingehende Feststellung hat regelmäßig wesentliche Bedeutung für die Beurteilung der Frage, ob die Versteigerung das geeignete Verfahren für die Vergabe (auch) der nunmehr verfügbaren Frequenzen darstellt. Da das Bundesverwaltungsgericht die fehlenden Feststellungen nicht selbst treffen konnte, hat es die Sache insoweit an das Verwaltungsgericht Köln zurückverwiesen.


Falls die Entscheidungen der Bundesnetzagentur für ein Vergabeverfahren in Form eines Versteigerungsverfahrens der erneuten Überprüfung standhalten, bestehen gegen die Festlegung der gleichfalls angegriffenen Vergabebedingungen (Rechtsstreit BVerwG 6 C 40.10) und der Versteigerungsregeln (Rechtsstreit BVerwG 6 C 41.10) keine durchgreifenden Bedenken.


BVerwG 6 C 3.10 - Urteil vom 22.06.2011

Vorinstanz:

VG Köln, VG 21 K 6772/09 - Urteil vom 17.03.2010 -

BVerwG 6 C 5.10 - Urteil vom 22.06.2011

Vorinstanz:

VG Köln, VG 21 K 7172/09 - Urteil vom 17.03.2010 -

BVerwG 6 C 40.10 - Urteil vom 22.06.2011

Vorinstanz:

VG Köln, VG 21 K 7173/09 - Urteil vom 17.03.2010 -

BVerwG 6 C 41.10 - Urteil vom 22.06.2011

Vorinstanz:

VG Köln, VG 21 K 8150/09 - Urteil vom 17.03.2010 -


Urteil vom 22.06.2011 -
BVerwG 6 C 5.10ECLI:DE:BVerwG:2011:220611U6C5.10.0

Leitsatz:

Bei der Bestimmung der Art des Vergabeverfahrens als Versteigerungsverfahren oder als Ausschreibungsverfahren steht der Bundesnetzagentur ein durch den gesetzlichen Vorrang des Versteigerungsverfahrens (§ 61 Abs. 2 Satz 1 TKG) begrenzter Beurteilungsspielraum zu. Eine dabei erforderliche Abgrenzung des sachlich und räumlich relevanten Marktes (§ 61 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 TKG) ist nach dem Bedarfsmarktkonzept vorzunehmen (im Anschluss an Urteil vom 23. März 2011 - BVerwG 6 C 6.10 -).

  • Rechtsquellen
    TKG § 55 Abs. 9, § 61 Abs. 1, 2, 5 und 6

  • VG Köln - 17.03.2010 - AZ: VG 21 K 7172/09

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 22.06.2011 - 6 C 5.10 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:220611U6C5.10.0]

Urteil

BVerwG 6 C 5.10

  • VG Köln - 17.03.2010 - AZ: VG 21 K 7172/09

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Dr. Graulich, Vormeier und Dr. Bier
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 17. März 2010 wird aufgehoben, soweit es die Klage hinsichtlich des Hilfsantrages auf Aufhebung der Teilentscheidung III der Allgemeinverfügung der Bundesnetzagentur vom 12. Oktober 2009 über die Durchführung eines Versteigerungsverfahrens für die Frequenzbereiche 2,6 GHz, 2 GHz, 1,8 GHz und 800 MHz abgewiesen hat. Insoweit wird die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen.
  2. Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewiesen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Gründe

I

1 Die Klägerin wendet sich gegen Entscheidungen der Bundesnetzagentur über die Vergabe von Funkfrequenzen (Allgemeinverfügungen vom 19. Juni 2007, ABl BNetzA S. 3115, vom 7. April 2008, ABl BNetzA S. 581 und vom 12. Oktober 2009, ABl BNetzA S. 3623); wegen der näheren Einzelheiten wird auf das Urteil gleichen Rubrums vom heutigen Tag - BVerwG 6 C 3.10 - Bezug genommen. Gegenstand der hier vorliegenden Klage ist die jeweils übereinstimmend getroffene Teilentscheidung, dass das Vergabeverfahren als Versteigerungsverfahren durchgeführt wird.

2 Das Verwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen: Die Auswahl der Bundesnetzagentur für das Versteigerungsverfahren sei im Rahmen des der Behörde insoweit zustehenden Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden. Zwar könnte dieses Verfahren zur Erreichung der Regulierungsziele ungeeignet sein, wenn auf dem Markt, für den die Funkfrequenzen verwendet werden dürften, bereits Frequenzen auf andere Weise zugeteilt worden seien. Einer abschließenden Festlegung des betreffenden Marktes habe es allerdings nicht bedurft, zumal die Bundesnetzagentur das Versteigerungsverfahren auch unter der Prämisse bislang heterogener Marktzutrittsbedingungen in vertretbarer Weise als geeignet beurteilt habe.

3 Die Klägerin hat die - vom Verwaltungsgericht zugelassene - Revision wie folgt begründet: Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts für die Annahme eines Beurteilungsspielraums der Bundesnetzagentur bei der Auswahl des Vergabeverfahrens als Versteigerungs- oder Ausschreibungsverfahren seien fehlerhaft. Hätten auf demselben sachlich und räumlich relevanten Markt bereits Frequenzzuteilungen ohne Versteigerungsverfahren stattgefunden, sei die Ungeeignetheit des Versteigerungsverfahrens kraft Gesetzes indiziert. Hätten Marktteilnehmer bereits Zugang zu Frequenzen außerhalb von Versteigerungsverfahren erhalten, gebiete der Grundsatz chancengleichen und diskriminierungsfreien Frequenzzugangs, dass der Zugang für andere Unternehmen ebenso wenig auf einen Erwerb im Wege des Höchstgebotes verengt werde. Die wettbewerbliche Benachteiligung beim Frequenzzugang werde nicht dadurch beseitigt, dass in bislang getrennten Märkten u.a. auch Versteigerungen stattgefunden hätten. Die Bundesnetzagentur habe sich ferner mit der Frage, inwieweit ein Versteigerungsverfahren zur Sicherstellung der Regulierungsziele geeignet sei, nur unzureichend auseinandergesetzt. Eine entsprechende Prüfung hätte sich insbesondere aufgrund vorangegangener Frequenzzuteilungen zugunsten der marktmächtigen Mobilfunkunternehmen außerhalb gesetzlicher Vergabeverfahren aufgedrängt.

4 Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1. Nr. II der Entscheidung der Beklagten vom 19. Juni 2007 in der Fassung vom 7. April 2008 und Nr. III der Entscheidung vom 12. Oktober 2009 aufzuheben, soweit diese Entscheidungen den Frequenzbereich 2,6 GHz betreffen,
2. hilfsweise: Nr. II der Entscheidung der Beklagten vom 19. Juni 2007 in der Fassung vom 7. April 2008 und Nr. III der Entscheidung vom 12. Oktober 2009 aufzuheben.

5 Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6 Sie verteidigt ihre angegriffenen Entscheidungen sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts.

II

7 Die zulässige Revision der Klägerin ist teilweise begründet.

8 Das angefochtene Urteil verletzt Bundesrecht, soweit es die Klage hinsichtlich des Hilfsantrages auf Aufhebung der Teilentscheidung III der Allgemeinverfügung der Bundesnetzagentur vom 12. Oktober 2009 über die Durchführung eines Versteigerungsverfahrens für die Frequenzbereiche 2,6 GHz, 2 GHz, 1,8 GHz und 800 MHz abgewiesen hat. In diesem Umfang erweist es sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Eine abschließende Entscheidung in der Sache ist dem Senat nicht möglich, da es an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen fehlt. Dies führt in Bezug auf den Hilfsantrag zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Dagegen bleibt die Revision im Übrigen ohne Erfolg.

9 1. Die Klage ist zulässig, soweit die Klägerin die Teilentscheidung III der Allgemeinverfügung vom 12. Oktober 2009 anficht. Wie sich aus dem Urteil vom heutigen Tag in der Sache BVerwG 6 C 3.10 zu der parallelen Problematik im Hinblick auf die Vergabeanordnung (Teilentscheidungen I und II) erschließt, ist die Klage gegen die mittlerweile erledigten Allgemeinverfügungen vom 19. Juni 2007 und 7. April 2008 in Ermangelung eines Rechtsschutzbedürfnisses dagegen unzulässig.

10 2. Die Klage ist mit dem Hauptantrag unbegründet. Eine Aufhebung der Teilentscheidung III vom 12. Oktober 2009 über die Versteigerung der dort bezeichneten Funkfrequenzen der Frequenzbereiche 800 MHz, 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz ausschließlich für den Frequenzbereich von 2,6 GHz kommt ebenso wenig in Betracht wie eine isolierte Aufhebung des betreffenden Teils der Vergabeanordnung (s. auch insoweit Urteil BVerwG 6 C 3.10 ).

11 3. Die Begründung, mit der das Verwaltungsgericht die Klage hinsichtlich des Hilfsantrages, die Teilentscheidung III vom 12. Oktober 2009 insgesamt aufzuheben, abgewiesen hat, hält der Überprüfung nicht stand. Der Senat kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen auch nicht entscheiden, ob das angefochtene Urteil im Ergebnis zutrifft (§ 144 Abs. 4 VwGO).

12 a) Ein Vergabeverfahren kann gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 TKG als Versteigerungsverfahren oder als Ausschreibungsverfahren durchgeführt werden. Bei der danach vorzunehmenden Verfahrensbestimmung hat die Bundesnetzagentur zwar kein Ermessen, denn nach § 61 Abs. 2 Satz 1 TKG ist grundsätzlich das Versteigerungsverfahren durchzuführen, falls dieses Verfahren nicht ausnahmsweise ungeeignet zur Erreichung der Regulierungsziele ist. Im Hinblick auf diese Bewertung ist aber - auf der Tatbestandsseite der Norm - ein Beurteilungsspielraum der Bundesnetzagentur anzuerkennen. Er rechtfertigt sich aus der Notwendigkeit, zur Bestimmung der Geeignetheit bzw. Ungeeignetheit des Versteigerungsverfahrens in eine komplexe Abwägung der Regulierungsziele einzutreten, was die Gewichtung und den Ausgleich gegenläufiger öffentlicher und privater Belange einschließt (s. Urteil vom 23. März 2011 - BVerwG 6 C 6.10 - juris Rn. 27 m.w.N.).

13 Dieser Beurteilungsspielraum ist freilich zum einen dadurch eingeschränkt, dass § 61 Abs. 2 Satz 1 TKG ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten des Versteigerungsverfahrens vorgibt, also grundsätzlich von der Geeignetheit dieses Verfahrens zur Erreichung der Regulierungsziele ausgeht. Der Gesetzgeber unterstellt generalisierend, dass das erfolgreiche Gebot die Bereitschaft und die Fähigkeit belegt, die zuzuteilenden Frequenzen im marktwirtschaftlichen Wettbewerb optimal einzusetzen (BTDrucks 15/2316 S. 80). Eine gegenläufige Einschränkung ergibt sich aus § 61 Abs. 2 Satz 2 TKG. Dort heißt es mit Blick auf die ausnahmsweise fehlende Eignung des Versteigerungsverfahrens zur Sicherstellung der Regulierungsziele, dass dies - insbesondere - unter zwei alternativen Voraussetzungen der Fall sein kann, nämlich wenn entweder auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt, für den die Funkfrequenzen unter Beachtung des Frequenznutzungsplanes verwendet werden dürfen, bereits Frequenzen ohne vorherige Durchführung eines Versteigerungsverfahrens zugeteilt wurden oder ein Antragsteller für die zuzuteilenden Frequenzen eine gesetzlich begründete Präferenz geltend machen kann.

14 Die beiden Fallbeispiele, die dadurch gekennzeichnet sind, dass das beispielhaft erläuterte Tatbestandsmerkmal - die Ungeeignetheit des Versteigerungsverfahrens - nicht (regelmäßig) vorliegt, sondern eben nur vorliegen „kann“, sind weder abschließend noch zwingend. Die gesetzliche Regelung ist als ein qualifizierter Prüfauftrag in dem Sinne zu verstehen, dass die Bundesnetzagentur die Verfahrensart in den angesprochenen Fallkonstellationen mit Blick auf die Sicherstellung der Regulierungsziele einer detaillierten Eignungsprüfung zu unterziehen hat. Dabei führt das Vorliegen eines der beiden Regelbeispiele zu einer Aufhebung des in § 61 Abs. 2 Satz 1 TKG angelegten Regel-Ausnahme-Verhältnisses. In dieser Situation ist daher die Frage, ob das Versteigerungsverfahren, das wie das Ausschreibungsverfahren eine konkrete Ausformung im Gesetz erhalten hat (§ 61 Abs. 5 und 6 TKG), zur Erreichung der in § 2 Abs. 2 TKG normierten Regulierungsziele ungeeignet ist, von der Behörde ohne weitergehende gesetzliche Vorsteuerung zu beantworten (Urteil vom 23. März 2011 Rn. 28 m.w.N.). Soweit die Klägerin dem Gesetz bei Vorliegen eines der beiden § 61 Abs. 2 Satz 2 TKG genannten Beispielsfälle über die Aufhebung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses hinaus dessen Umkehrung zugunsten des Ausschreibungsverfahrens entnehmen will, ist dem allerdings nicht zu folgen. Selbst wenn sich den Gesetzesmaterialien (BTDrucks 15/2316 S. 80 zu § 59 Abs. 2 TKG-E) ein Anhaltspunkt in diesem Sinne entnehmen lassen sollte, hätte dies im Wortlaut des Gesetzes keinen Ausdruck gefunden und stände zu seinem Zweck und seiner Systematik im Widerspruch.

15 b) Im vorliegenden Fall lässt sich aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht beurteilen, ob das Fallbeispiel des § 61 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 TKG vorliegt; von der Beantwortung dieser Frage hängt die Rechtmäßigkeit der von der Bundesnetzagentur getroffenen Entscheidung ab.

16 aa) Wie vom Verwaltungsgericht in wesentlichen Teilen festgestellt und im Übrigen zwischen den Beteiligten nicht umstritten, wurden Frequenzen des Frequenzbereichs 2,6 GHz und anderer von der Allgemeinverfügung vom 12. Oktober 2009 betroffener oder ihnen benachbarter Frequenzbereiche in der Vergangenheit (zumindest auch) einzeln zugeteilt bzw. im Wege der Ausschreibung vergeben. Soweit sich die Bundesnetzagentur für ihre hier umstrittene Entscheidung zugunsten eines Versteigerungsverfahrens auf das Ziel symmetrischer Marktzutrittsbedingungen berufen hat, ist diese Argumentation insofern defizitär, als der sachlich und räumlich relevante Markt nicht hinreichend abgegrenzt worden ist. Der Begriff des relevanten Marktes in § 61 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 TKG entspricht dem Marktbegriff des § 10 Abs. 1 TKG und folgt dem sog. Bedarfsmarktkonzept. Während räumlich relevant das Gebiet ist, in dem die in Rede stehenden Produkte nachgefragt und vertrieben werden und die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind, kommt es für die Bestimmung des sachlich relevanten Marktes auf die funktionelle Austauschbarkeit der Produkte aus Nachfrager- und Anbietersicht an. Zu dem sachlich relevanten Markt gehören diejenigen Produkte, die wegen ihrer objektiven Merkmale, der Wettbewerbsbedingungen und der Struktur von Angebot und Nachfrage hinreichend austauschbar bzw. substituierbar sind; Produkte, die nur in geringem Maß oder nur relativ austauschbar sind, gehören regelmäßig nicht demselben Markt an (Urteil vom 23. März 2011 a.a.O. Rn. 30 m.w.N.).

17 Die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur genügt diesen Anforderungen nicht. Die Behörde hat den relevanten Markt, für den die zu vergebenden Frequenzen verwendet werden dürfen, in räumlicher Hinsicht als das Bundesgebiet und in sachlicher Hinsicht als den Markt für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten bestimmt (Nr. IV.2 der angefochtenen Allgemeinverfügung zu § 61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 TKG). Zur Begründung der sachlichen Marktabgrenzung hat sie darauf verwiesen, der weit gefasste Markt entspreche den Widmungen der Frequenzbereiche im Frequenznutzungsplan; aufgrund der Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte bestehe die Möglichkeit, regulatorische Maßnahmen derart aufeinander abzustimmen, dass (sämtliche) Funkanwendungen zur flächendeckenden Versorgung mit schnellen Internetzugängen beitragen könnten (Allgemeinverfügung vom 12. Oktober 2009, a.a.O. S. 3677). Damit hat die Behörde den Widmungsbereich der Frequenzen auf der Grundlage des Frequenznutzungsplans mit dem sachlich relevanten Markt gleichgesetzt, ohne das Nachfrager- und Anbieterverhalten empirisch zu ermitteln. Zwar kann die öffentlich-rechtliche Widmung der Frequenzen das Verhalten der Marktteilnehmer beeinflussen; dies ist jedoch auf der Grundlage des Bedarfsmarktkonzepts festzustellen.

18 Diese Feststellungen sind - nach Zurückverweisung der Sache - vom Verwaltungsgericht nachzuholen. Ein etwaiger Beurteilungsspielraum der Bundesnetzagentur bei der Marktabgrenzung steht dem nicht entgegen. Soweit der Senat dem § 10 Abs. 1 TKG eine Beurteilungsermächtigung (schon) bei der Abgrenzung eines für die Regulierung in Betracht kommenden Marktes entnommen hat, beruht dies auf dem engen systematischen Zusammenhang mit der Prüfung der Regulierungsbedürftigkeit dieses Marktes, für die ein Beurteilungsspielraum kraft Gesetzes besteht (§ 10 Abs. 2 Satz 2 TKG), und zudem auf den gemeinschaftsrechtlichen Vorgaben der Art. 7, 15, 16 RRL über das durch Berücksichtigungspflichten geprägte transnationale Kooperationsverfahren zwischen der Kommission und den nationalen Regulierungsbehörden (s. Urteile vom 2. April 2008 - BVerwG 6 C 15.07 - BVerwGE 131, 41 Rn. 15 ff. = Buchholz 442.066 § 10 TKG Nr. 1 und vom 29. Oktober 2008 - BVerwG 6 C 38.07 - Buchholz 442.066 § 10 TKG Nr. 2 Rn. 16 ff.). Diese Besonderheiten finden bei der Marktabgrenzung nach § 61 Abs. 2 Satz 2 TKG keine Entsprechung.

19 bb) Ohne die bislang fehlende Marktabgrenzung kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich die von der Bundesnetzagentur vorgenommene Beurteilung der Geeignetheit des Versteigerungsverfahrens als unplausibel und damit wegen Überschreitung der Grenzen des Beurteilungsspielraums als rechtswidrig erweist. Soweit das Verwaltungsgericht die Entscheidungserheblichkeit der Marktabgrenzung mit der Erwägung verneint hat, die Bundesnetzagentur sei ausdrücklich von der Möglichkeit ausgegangen, dass auf dem sachlich und räumlich relevanten Markt, für den die Frequenzen verwendet werden dürfen, bereits Frequenzen ohne Versteigerungsverfahren zugeteilt worden seien, und habe auch für diesen Fall die Auktion als zur Erreichung der Regulierungsziele geeignet beurteilt, kann der Senat dem nicht folgen. Die Bundesnetzagentur hat hierzu ausgeführt, der Schutzzweck des § 61 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 TKG bestehe in der Verhinderung unzumutbarer wettbewerblicher Benachteiligungen durch asymmetrische Marktzutrittsbedingungen; auch wenn diese in der Vergangenheit Unterschiede aufgewiesen hätten, seien symmetrische Zugangsbedingungen um so wichtiger, wenn Frequenzen für denselben sachlich und räumlich relevanten Markt gleichzeitig oder annähernd gleichzeitig vergeben würden (Allgemeinverfügung, a.a.O. S. 3668). Unter der Prämisse einer Marktidentität im Sinne von § 61 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 TKG reichen diese Erwägungen für die Auswahl des Versteigerungsverfahrens nicht aus. Denn abgesehen davon, dass die Behörde ersichtlich auch insoweit vom Regelvorrang des Versteigerungsverfahrens ausgegangen ist, der unter diesen Voraussetzungen gerade entfiele, ist die gleichzeitige oder annähernd gleichzeitige Vergabe der Frequenzen auf „demselben sachlich und räumlich relevanten Markt“ Bestandteil der behördlichen Begründungserwägungen, die insoweit zirkulär sind.

20 Von daher vermögen auch die am Schutzzweck des Gesetzes orientierten Überlegungen der Bundesnetzagentur unter der hier genannten Prämisse nicht zu überzeugen. Zwar dient § 61 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 TKG der Vermeidung asymmetrischer Marktzutrittsbedingungen, soweit mit ihnen unzumutbare wettbewerbliche Benachteiligungen einhergehen (s. auch Geppert, in: BeckTKG § 61 Rn. 10; Hahn/Hartl, in: Scheurle/Mayen, § 61 Rn. 11). Dieser Schutzzweck verlangt aber eine individuelle, vom Regelvorrang des Versteigerungsverfahrens gelöste Beurteilung nicht nur dann, wenn die Marktzutrittsbedingungen bislang in dem Sinne homogen waren, dass auf dem betreffenden Markt noch niemals Versteigerungen stattgefunden hatten. Er beansprucht auch dann Geltung, wenn die Marktzutrittsbedingungen in der Vergangenheit heterogen waren, d.h. die Frequenzen sowohl auf der Grundlage des Ergebnisses von Versteigerungsverfahren als auch auf andere Weise vergeben worden waren. Auch unter solchen Voraussetzungen ist nämlich nach Maßgabe der jeweiligen konkreten Marktgegebenheiten - insbesondere anhand einer quantitativen und qualitativen Gewichtung der bislang praktizierten Vergabearten - zu entscheiden, inwieweit der Grundsatz chancengleichen und diskriminierungsfreien Frequenzzugangs (s. § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 55 Abs. 1 Satz 3 TKG; vgl. auch Art. 8 Abs. 2 Buchst. b, Art. 9 Abs. 1 RRL) gewahrt ist, wenn der Zugang für andere Unternehmen nunmehr auf einen Erwerb im Wege des Höchstgebotes verengt wird. Die pauschalen Erwägungen der Bundesnetzagentur werden diesen Anforderungen nicht gerecht.

21 cc) Unter der Prämisse, dass die Frequenzzuteilungen, die in der Vergangenheit ohne Auktion stattgefunden haben und auf die die Klägerin sich beruft, jeweils anderen Märkten als dem nunmehr bestehenden Markt bzw. den nunmehr bestehenden Märkten für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten zuzuordnen waren, führt das weitere Vorbringen der Klägerin nicht auf einen Beurteilungsfehler der Bundesnetzagentur bei der Bewertung der Geeignetheit des Versteigerungsverfahrens.

22 (1) Die Bundesnetzagentur hat zur Begründung ihrer Entscheidung für das Versteigerungsverfahren, die unter dieser Voraussetzung durch § 61 Abs. 2 Satz 1 TKG gesetzlich vorgeprägt ist, auf die Regulierungsziele der Wahrung der Verbraucherinteressen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG), der Sicherstellung chancengleichen Wettbewerbs (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG) sowie einer effizienten und störungsfreien Frequenznutzung (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 TKG) verwiesen. Dabei hat sie auf die (auch) dem Versteigerungsverfahren immanente Möglichkeit einer Feinsteuerung durch geeignete Vergabebedingungen und Auktionsregeln, auf die dem Gesetz zugrunde liegende Erwartung einer im Wege der Auktion zu erzielenden Bestenauslese und auf die praktische Bewährung unter dem Gesichtspunkt eines zügigen und effizienten Verfahrens hingewiesen. Die Einwände, die die Klägerin dagegen erhebt, überzeugen nicht. Soweit sie der von der Bundesnetzagentur unterstellten Zügigkeit des Versteigerungsverfahrens entgegenhält, die Behörde habe die bis zum Erlass der Vergabeanordnung verstrichene mehrjährige Vorbereitungszeit unberücksichtigt gelassen, verkennt sie, dass diese im Wesentlichen auch dann hätte anfallen können, wenn die Vergabe im Wege der Ausschreibung durchgeführt worden wäre. Der von der Klägerin vermissten detaillierten Einzelprüfung, inwieweit unter den gegebenen Umständen das in der Versteigerung erzielte Höchstgebot die Bereitschaft und die Fähigkeit zu einer optimalen Frequenznutzung belegt, bedurfte es angesichts der kraft Gesetzes vermuteten Eignung des Versteigerungsverfahrens nicht. Abgesehen davon enthalten die betreffenden Erwägungen der Bundesnetzagentur (a.a.O. S. 3669) insofern einen Einzelfallbezug, als auf die flankierende Wirkung der konkreten Vergabebedingungen über die fachlichen Mindestvoraussetzungen für die Zulassung zum Versteigerungsverfahren verwiesen wird. Die Kritik der Klägerin, dass sich unter dem Gesichtspunkt chancengleichen Wettbewerbs eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Gesichtspunkt einer etwaigen Verstetigung von Marktasymmetrien aufgedrängt hätte, trifft zwar zu, falls das in § 61 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 TKG genannte Fallbeispiel eingreifen sollte, nicht aber dann, wenn dem Versteigerungsverfahren gemäß § 61 Abs. 2 Satz 1 TKG der Vorrang gebührt.

23 (2) Ohne Erfolg muss das Revisionsvorbringen auch insoweit bleiben, als die Klägerin in diesem Zusammenhang dem Verwaltungsgericht Verfahrensfehler, nämlich eine Verletzung des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), der Begründungspflicht (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) sowie des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) vorhält. Der Überzeugungsgrundsatz wird verletzt, wenn das Gericht Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen. Was die Begründungspflicht angeht, verlangt sie keine ausdrückliche Auseinandersetzung mit jedem vorgetragenen Gesichtspunkt, sondern nur eine vernünftige, der jeweiligen Sache angemessene Gesamtwürdigung. Erst wenn das Gericht auf den wesentlichen Kern des Vorbringens eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht eingeht, verletzt dies regelmäßig die Begründungspflicht und zugleich den Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (s. nur Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06  - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 264 Rn. 28 ff.; Beschluss vom 28. Januar 2010 - BVerwG 6 B 50.09 - Buchholz 442.066 § 135 TKG Nr. 1, jeweils m.w.N.).

24 Die Darlegungen der Klägerin führen nicht auf eine Verletzung der genannten Verfahrensvorschriften. Das Verwaltungsgericht hat seinen Ausführungen den materiellen Rechtsstandpunkt zugrunde gelegt, dass das gesetzliche Regel-Ausnahme-Verhältnis zugunsten des Versteigerungsverfahrens (§ 61 Abs. 2 Satz 1 TKG) im vorliegenden Fall nicht aufgehoben sei. Vor diesem materiell-rechtlichen Hintergrund betreffen die Einzelumstände, zu denen die Klägerin eine (weitergehende) ausdrückliche Auseinandersetzung in den Entscheidungsgründen vermisst, nicht den wesentlichen Kern des Klagevorbringens zu einer zentral bedeutsamen Frage, sondern Einzelaspekte in Bezug auf die Sicherstellung der Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 7 TKG, die als solche im Urteil angesprochen und abgehandelt worden sind. Die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts mögen der Klägerin in der Sache kritikwürdig erscheinen, erweisen sich aber nicht unter den von ihr angeführten Gesichtspunkten als verfahrensfehlerhaft.

25 4. Tragen nach alledem die vom Verwaltungsgericht bisher getroffenen Feststellungen auch im Ergebnis weder dessen Ausspruch über die Abweisung der Klage gegen die Versteigerungsanordnung für die Frequenzbereiche 2,6 GHz, 2 GHz, 1,8 GHz und 800 MHz noch umgekehrt die Aufhebung dieser Anordnung, kann das angefochtene Urteil hinsichtlich des Hilfsantrages keinen Bestand haben.

26 5. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ist der Schlussentscheidung vorzubehalten.