Verfahrensinformation



Die Kläger begehren unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz jeweils Zugang zu Diensttelefonlisten der beklagten Jobcenter in Köln, Nürnberg-Stadt, Berlin Mitte und Berlin Treptow-Köpenick. Soweit diese Ansprüche noch im Streit standen, hatten die Klagen in der zweiten Instanz keinen Erfolg.


Das Oberverwaltungsgericht Münster und der Verwaltungsgerichtshof München sind der Ansicht, dass zu Lasten der Kläger der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 2 IFG eingreife. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann. Dies sei hier zu bejahen, namentlich deswegen, weil die Funktionsfähigkeit und effektive Aufgabenerledigung der Jobcenter durch Anrufe von außen beeinträchtigt werde und Individualrechtsgüter der Mitarbeiter durch telefonische Angriffe und Diffamierungen gefährdet seien.


In den vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschiedenen Fällen waren die Jobcenter bereits vom Verwaltungsgericht verpflichtet worden, die Ansprüche der Kläger neu zu bescheiden; zuvor müsse ermittelt werden, ob die betroffenen Mitarbeiter in den Informationszugang einwilligten. Dem weitergehenden Anspruch auf unmittelbare Gewährung des Informationszugangs steht nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG entgegen. Danach darf ohne Einwilligung des betroffenen Dritten Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt. Diese Voraussetzung sei nicht erfüllt.


Gegen diese Urteile richten sich die von den Oberverwaltungsgerichten und dem Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revisionen.


Pressemitteilung Nr. 86/2016 vom 20.10.2016

Informationszugang zu dienstlichen Telefonlisten von Jobcentern: Revisionen erfolglos

Einem Anspruch auf Informationszugang zu den dienstlichen Telefonnummern der Bediensteten von Jobcentern können sowohl die Gefährdung der Funktionsfähigkeit der Behörde als auch der Schutz der personenbezogenen Daten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter entgegenstehen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Die Kläger begehren unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz Zugang zu Diensttelefonlisten der beklagten Jobcenter in Köln, Nürnberg-Stadt, Berlin Mitte und Berlin Treptow-Köpenick. Die Bediensteten dieser Jobcenter sind von ihren Kunden nicht unmittelbar telefonisch zu erreichen. Anrufe werden jeweils von eigens eingerichteten Service-Centern mit einheitlichen Telefonnummern entgegengenommen.


Soweit die von den Klägern geltend gemachten Ansprüche noch im Streit standen, hatten die Klagen in der Berufungsinstanz keinen Erfolg. Die hiergegen gerichteten Revisionen hat das Bundesverwaltungsgericht zurückgewiesen.


Das Oberverwaltungsgericht Münster und der Verwaltungsgerichtshof München haben im Einklang mit den maßgeblichen Rechtsvorschriften entschieden, dass zu Lasten der Kläger der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 2 IFG eingreift. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann. Zum Schutzgut der öffentlichen Sicherheit gehören u.a. Individualrechtsgüter wie Gesundheit und Eigentum sowie die Funktionsfähigkeit und die effektive Aufgabenerledigung staatlicher Einrichtungen. Deren Gefährdung liegt vor, wenn aufgrund einer auf konkreten Tatsachen beruhenden prognostischen Bewertung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Bekanntwerden der Information das Schutzgut beeinträchtigt. Von diesem rechtlichen Ausgangspunkt aus haben das Oberverwaltungsgericht Münster und der Verwaltungsgerichtshof München jeweils  Tatsachen festgestellt, die zu einer solchen Gefährdung führen. Sie besteht namentlich in nachteiligen Auswirkungen auf die effiziente und zügige Aufgabenerfüllung der Jobcenter, die infolge von direkten Anrufen bei den Bediensteten eintreten können.


In den vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg entschiedenen Fällen waren die Jobcenter Berlin Mitte und Berlin Treptow-Köpenick bereits vom Verwaltungsgericht Berlin verpflichtet worden, über die Ansprüche der Kläger erneut zu entscheiden; zuvor muss ermittelt werden, ob die betroffenen Mitarbeiter in den Informationszugang einwilligen. Insoweit sind die verwaltungsgerichtlichen Urteile rechtskräftig geworden. Eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit war in diesen Verfahren seitens der Jobcenter nicht geltend gemacht worden.


Dem weitergehenden Anspruch auf Übermittlung der Telefonlisten ohne vorherige Einwilligung der betroffenen Bediensteten steht, wie das Bundesverwaltungsgericht bestätigt hat, § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG entgegen. Danach darf ohne eine solche Einwilligung Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt. Bei den dienstlichen Telefonnummern handelt es sich um personenbezogene Daten, die vom Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung erfasst werden. § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG liegt daher ein relativer Vorrang des Datenschutzes vor dem Informationsinteresse zugrunde. Vor diesem Hintergrund war in den entschiedenen Fällen ein Überwiegen der von den Klägern geltend gemachten Interessen zu verneinen.


BVerwG 7 C 20.15 - Urteil vom 20. Oktober 2016

Vorinstanzen:

OVG Münster, 8 A 2429/14 - Urteil vom 16. Juni 2015 -

VG Köln, 13 K 498/14 - Urteil vom 30. Oktober 2014 -

BVerwG 7 C 23.15 - Urteil vom 20. Oktober 2016

Vorinstanzen:

VGH München, 5 BV 15.160 - Urteil vom 05. August 2015 -

VG Ansbach, AN 14 K 13.02149 - Urteil vom 14. November 2014 -

BVerwG 7 C 27.15 - Urteil vom 20. Oktober 2016

Vorinstanzen:

OVG Berlin-Brandenburg, 12 B 22.14 - Urteil vom 20. August 2015 -

VG Berlin, 2 K 252.13 - Urteil vom 05. Juni 2014 -

BVerwG 7 C 28.15 - Urteil vom 20. Oktober 2016

Vorinstanzen:

OVG Berlin-Brandenburg, 12 B 21.14 - Urteil vom 20. August 2015 -

VG Berlin, 2 K 54.14 - Urteil vom 05. Juni 2014 -


Urteil vom 20.10.2016 -
BVerwG 7 C 23.15ECLI:DE:BVerwG:2016:201016U7C23.15.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 20.10.2016 - 7 C 23.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:201016U7C23.15.0]

Urteil

BVerwG 7 C 23.15

  • VG Ansbach - 14.11.2014 - AZ: VG AN 14 K 13.02149
  • VGH München - 05.08.2015 - AZ: VGH 5 BV 15.160

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 20. Oktober 2016
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Brandt, Dr. Keller, Dr. Schemmer und Böhmann
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. August 2015 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger begehrt Informationszugang zu den aktuellen dienstlichen Telefonnummern von Bediensteten des Beklagten. Diese sind von ihren Kunden nicht unmittelbar telefonisch zu erreichen. Anrufe werden von einem eigens eingerichteten Service-Center unter einer einheitlichen Telefonnummer entgegengenommen.

2 Einen entsprechenden Antrag des Klägers lehnte der Beklagte ab. Widerspruchsverfahren, Klage und Berufung des Klägers blieben erfolglos. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Dem begehrten Informationszugang stehe der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 2 IFG entgegen. Das Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Sicherheit gewährleiste den Schutz sowohl von Individualrechtsgütern als auch der Unversehrtheit der Rechtsordnung und der grundlegenden Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates. Eine mögliche Gefährdung dieser Schutzgüter reiche aus, um einen Anspruch auf Informationszugang auszuschließen, und sei hier zu bejahen. Die Entscheidung, Namen und Durchwahlnummern der Beschäftigten der Jobcenter nicht allgemein bekannt zu geben und die telefonische Erreichbarkeit des Beklagten durch ein speziell dafür zuständiges Service-Center sicherzustellen, diene dem Schutz der Individualrechtsgüter der Mitarbeiter, da Beschimpfungen, Drohungen und Gewalt gegen Sachen und Mitarbeiter bis hin zu Tötungsdelikten zum beruflichen Alltag in deutschen Jobcentern gehörten. Außerdem würde auch die Funktionsfähigkeit einer staatlichen Einrichtung gefährdet, wenn die Durchwahlnummern der Sachbearbeiter Dritten zugänglich gemacht würden. Zur Erhaltung der aufgabengemäßen Funktionsfähigkeit sei die Verhinderung und Abwehr äußerer Störungen des Arbeitsablaufs erforderlich. Es sei Aufgabe der staatlichen Stellen‚ sicherzustellen‚ dass die ihnen zugewiesenen Aufgaben mit den zur Verfügung stehenden personellen und sächlichen Mitteln sachgerecht und effektiv erledigt werden könnten. Angesichts der Vielzahl von Leistungsempfängern wäre die Funktionsfähigkeit des Beklagten erheblich beeinträchtigt‚ wenn die Telefonnummern seiner Sachbearbeiter Dritten zugänglich gemacht würden.

3 Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision trägt der Kläger vor: Durch die Herausgabe der Telefonliste werde die öffentliche Sicherheit nicht gefährdet. Das ergebe sich schon daraus, dass andere Jobcenter den entsprechenden Informationszugang gewährten. Emotionale Ausbrüche könnten durch die Nichtherausgabe der Liste nicht verhindert werden. Schutzgut des § 3 Nr. 2 IFG sei nicht der Schutz der effektiven Arbeit der einzelnen Sachbearbeiter.

4 Der Kläger beantragt,
das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. August 2015, das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. November 2014 und den Bescheid des Beklagten vom 22. August 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger Informationszugang zu den Diensttelefonlisten mit den Durchwahlnummern der im Bürgerkontakt tätigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Beklagten zu gewähren.

5 Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6 Er verteidigt das angefochtene Urteil.

7 Die Beteiligte stellt keinen Antrag.

II

8 Die zulässige Revision ist nicht begründet. Das Berufungsurteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

9 1. Das beklagte Jobcenter ist nach §§ 6d, 44 Zweite Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II) i.d.F. der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011 (BGBl. I S. 850, 2094), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 31. Juli 2016 (BGBl. I S. 1939) eine gemeinsame Einrichtung, gegenüber der sich der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes richtet (§ 50 Abs. 4 Satz 2 SGB II).

10 2. Ebenfalls im Einklang mit Bundesrecht qualifiziert das Berufungsgericht die in Rede stehende Telefonliste als amtliche Information im Sinne des § 2 Nr. 1 Gesetz zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 6 des Gesetzes vom 7. August 2013 (BGBl. I S. 3154). Es handelt sich bei dieser Liste um eine Aufzeichnung, die amtlichen Zwecken - der Sicherung der behördeninternen gegenseitigen Erreichbarkeit - dient.

11 a) Die hieran vom Berufungsgericht geäußerten Zweifel knüpfen an die Gesetzesbegründung zu § 2 Nr. 1 Satz 2 IFG an. Danach macht diese Vorschrift, der zufolge Entwürfe und Notizen, die nicht Bestandteil eines Vorgangs werden sollen, nicht zu den amtlichen Informationen gehören, keine Änderung der Aktenführung durch Trennung von Unterlagen erforderlich (BT-Drs. 15/4493 S. 9). Dem hieraus gezogenen Schluss, dass nur konkrete Verwaltungsvorgänge, nicht aber rein innerdienstliche Aufzeichnungen von dem Begriff der amtlichen Information erfasst würden, ist nicht zu folgen. Im Wortlaut des Gesetzes findet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass innerdienstliche Vorgänge ohne Bezug zu einem konkreten Verwaltungsverfahren vom Informationszugang ausgenommen sein sollen. Auch der Gesetzgebungsgeschichte kann dies nicht entnommen werden. Selbst wenn der Gesetzgeber davon ausgegangen sein sollte, dass sich Informationszugangsbegehren in der Regel auf konkrete Verwaltungsvorgänge beziehen, lässt sich gleichwohl keine damit verbundene Intention feststellen, innerdienstliche Informationen vom Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes auszuschließen; vielmehr betrachtet die Gesetzesbegründung die - ebenfalls rein innerdienstlichen - Geschäftsverteilungspläne ohne Weiteres als amtliche Information (BT-Drs. 15/4493 S. 16). Ein solches Verständnis entspricht auch der Zielsetzung der Regelung, nach der alle Formen von festgehaltener und gespeicherter Information von dem Begriff der amtlichen Information umfasst sein sollen (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 8 f.), ohne dass es auf ihre Zuordnung zu bestimmten Verwaltungsvorgängen ankäme.

12 b) Ohne Verstoß gegen Bundesrecht geht das Berufungsurteil davon aus, dass das Begehren des Klägers nicht auf eine Informationsbeschaffung gerichtet ist, zu der das Informationsfreiheitsgesetz eine Behörde nicht verpflichtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 - BVerwGE 151, 1 Rn. 37). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs, an die der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden ist, steht fest, dass die begehrte Telefonliste beim Beklagten vorhanden ist. Die Notwendigkeit ihrer der Sache nach lediglich redaktionellen Überarbeitung durch Teilschwärzung oder -löschung führt nicht dazu, dass die Informationen, um die es dem Kläger geht, erst generiert oder beschafft werden müssten.

13 3. Keinen bundesrechtlichen Bedenken unterliegt die entscheidungstragende Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, dem Informationsbegehren stehe § 3 Nr. 2 IFG entgegen. Nach dieser Ausnahmevorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann.

14 a) § 3 Nr. 2 IFG nimmt mit der "öffentlichen Sicherheit" einen Begriff des Gefahrenabwehrrechts auf (vgl. § 14 Abs. 2 Satz 1 Gesetz über die Bundespolizei <Bundespolizeigesetz - BPolG> i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. Oktober 1994 <BGBl. I S. 2978, 2979>, zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 26. Juli 2016 <BGBl. I S. 1818> und die entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften; vgl. zum nordrhein-westfälischen Landesrecht ebenso OVG Münster, Urteil vom 6. Mai 2015 - 8 A 1943/13 - DVBl 2015, 1133 Rn. 62 ff.). Daran anknüpfend umfasst die öffentliche Sicherheit im Sinne des § 3 Nr. 2 IFG ausweislich der Gesetzesbegründung die Unversehrtheit der Rechtsordnung und der grundlegenden Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates sowie von Gesundheit, Ehre, Freiheit, Eigentum und sonstigen Rechtsgütern der Bürger (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 10).

15 aa) Zu diesen Schutzgütern gehört auch die Funktionsfähigkeit der staatlichen Einrichtungen. Dabei geht es um die Erfüllung der einer staatlichen Einrichtung jeweils zugewiesenen Aufgaben, die ihrerseits von geordneten verwaltungsinternen Abläufen abhängt (vgl. Schirmer, in: BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG Rn. 121). Anhaltspunkte dafür, dass der Begriff der Funktionsfähigkeit der staatlichen Einrichtungen im Informationsfreiheitsrecht gegenüber dem sonstigen Verständnis dieses Begriffs einengend zu interpretieren wäre, ergeben sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus sonstigen Umständen. Die Erwähnung "sensibler" Abläufe und Strukturen in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/4493 S. 10) benennt nur ein Beispiel herausgehobener Schutzwürdigkeit, hat aber im Wortlaut des § 3 Nr. 2 IFG keinen Niederschlag gefunden und lässt daher nicht den Schluss zu, die Funktionsfähigkeit staatlicher Einrichtungen sei nur hinsichtlich bestimmter Abläufe vom Anwendungsbereich des Ausschlussgrundes erfasst.

16 Diesen zutreffenden rechtlichen Ausgangspunkt hat das Berufungsgericht - anders als die Revision meint - auch nicht dahingehend fehlinterpretiert, dass aus seiner Sicht Schutzgut des § 3 Nr. 2 IFG allein schon das Organisationsermessen bezüglich der behördeninternen Abläufe wäre, dessen Zuordnung zur öffentlichen Sicherheit teilweise kritisch beurteilt wird (vgl. Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, § 3 Rn. 158 m.w.N.). Geschützt wird vielmehr die geordnete Erfüllung der dem Beklagten gesetzlich zugewiesenen Aufgaben, die unter anderem auf der sachgerechten Ausübung des Organisationsermessens durch den Beklagten aufbaut, welches damit lediglich ein Element des Schutzgutes darstellt.

17 bb) Diese die ordnungsgemäße behördliche Aufgabenerfüllung einschließende Interpretation des § 3 Nr. 2 IFG steht im Einklang mit der Systematik und dem Sinn und Zweck der zwischen Zugangsverschaffungs- und Veröffentlichungspflichten differenzierenden Regelungen des Informationsfreiheitsgesetzes (vgl. hierzu auch Schoch, IFG, § 11 Rn. 39). Nach § 11 Abs. 2 IFG sind Organisations- und Aktenpläne ohne Angabe persönlicher Daten allgemein zugänglich zu machen. Geschäftsverteilungspläne, die Namen, dienstliche Rufnummer und Aufgabenbereich der Bediensteten enthalten, sind von dieser Veröffentlichungspflicht nach dem Willen des Gesetzgebers nicht erfasst und als sonstige amtliche Information vorbehaltlich etwaiger Ausnahmetatbestände nur auf Antrag mitzuteilen; dies dient unter anderem dem behördlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 16).

18 Zu den Regelungszielen des Informationsfreiheitsgesetzes gehört daher auch die Gewährleistung einer geordneten Erfüllung der dienstlichen Aufgaben der informationspflichtigen Stellen. Die Berücksichtigung dieses Anliegens als Bestandteil der öffentlichen Sicherheit nach § 3 Nr. 2 IFG steht mithin im Bereich des antragsgebundenen Informationszugangs mit dem Gesetzeszweck im Einklang.

19 b) Ohne Verstoß gegen revisibles Recht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der beantragte Informationszugang zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit führen kann.

20 aa) Eine Gefährdung liegt vor, wenn aufgrund einer auf konkreten Tatsachen beruhenden prognostischen Bewertung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Bekanntwerden der Information das Schutzgut beeinträchtigt (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. November 2012 - 7 C 1.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 10 Rn. 38 ff. und vom 27. November 2014 - 7 C 18.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 13 Rn. 17). Die Feststellung der konkreten Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen setzt voraus, dass die informationspflichtige Stelle Tatsachen darlegt, aus denen sich im jeweiligen Fall eine Beeinträchtigung des Schutzgutes ergeben kann. Diese Einschätzung kann insbesondere bei Vorgängen, die eine typisierende Betrachtungsweise ermöglichen, auch auf allgemeinen Erfahrungswerten beruhen (BVerwG, Urteil vom 15. November 2012 - 7 C 1.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 10 Rn. 41). Das Vorliegen des Ablehnungsgrundes hängt dabei nicht von der Person des konkreten Antragstellers ab; maßgeblich ist, ob das Bekanntwerden der Information objektiv geeignet ist, sich nachteilig auf das Schutzgut auszuwirken (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 7 C 12.13 - BVerwGE 150, 383 Rn. 37).

21 bb) In Anwendung dieses Maßstabs ist eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit unter dem Gesichtspunkt ordnungsgemäßer Aufgabenerledigung nicht erst dann zu bejahen, wenn die informationspflichtige Stelle ihrer Funktion voraussichtlich überhaupt nicht mehr gerecht werden könnte, sondern schon dann, wenn die effektive Aufgabenerledigung gestört und die Arbeit der betroffenen Bediensteten beeinträchtigt werden kann. Bereits ein derartiger Geschehensablauf ist geeignet, sich nachteilig auf die Funktionsfähigkeit des Beklagten auszuwirken. Für eine Gefährdung von Individualrechtsgütern der Beschäftigten reichen - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht bereits fernliegende Befürchtungen aus; vielmehr müssen konkrete Umstände oder allgemeine Erfahrungswerte eine hinreichende Wahrscheinlichkeit von Beeinträchtigungen begründen.

22 c) Auf der Grundlage dieser bundesrechtlich zutreffenden Auffassung ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass im Falle eines Informationszugangs des Klägers die konkrete Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen auf den Arbeitsablauf und die Aufgabenerfüllung des Beklagten besteht. Hiergegen ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.

23 Die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Kläger nicht mit Verfahrensrügen angegriffen, so dass der Senat daran gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO). Die rechtlichen Grenzen der richterlichen Überzeugungsbildung (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Juli 2006 - 4 C 2.05 - BVerwGE 126, 233 <238>) überschreitet das Berufungsurteil nicht; namentlich ist kein Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze oder gar gegen die Denkgesetze ersichtlich. Ein allgemeiner Erfahrungssatz, der den Schlussfolgerungen des Verwaltungsgerichtshofs entgegenstünde, besteht entgegen der Auffassung der Revision nicht. Einen nach allgemeiner Erfahrung unzweifelhaft geltenden und von keiner Ausnahme durchbrochenen Satz (vgl. BVerwG, Urteile vom 15. Oktober 1991 - 1 C 24.90 - BVerwGE 89, 110 <117> und vom 27. November 2014 - 7 C 20.12 - BVerwGE 151, 1 Rn. 45) zu den Auswirkungen von Telefonanrufen bei den Bediensteten von Jobcentern gibt es nicht. Es erscheint vielmehr plausibel, dass sowohl die schriftliche Erledigung von Verwaltungsvorgängen als auch Beratungsgespräche mit persönlich anwesenden Kunden durch Anrufe erheblich beeinträchtigt werden, da diese zu einer Störung der Konzentration und dadurch zu einer Verminderung von Qualität und Quantität der Aufgabenerledigung führen. Dies steht im Einklang mit dem Befund, dass die Einrichtung eines Service-Centers generell eine spürbare Entlastung der Jobcenter mit sich bringt (vgl. BT-Drs. 18/735 S. 9).

24 d) Das Berufungsurteil steht ferner insoweit mit Bundesrecht im Einklang, als der Verwaltungsgerichtshof eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit im Hinblick auf die Individualrechtsgüter der Bediensteten des Beklagten, namentlich deren Gesundheit und persönliche Ehre, bejaht hat. Für diese Rechtsgüter begründete, wie sich aus der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Tatsachenfeststellung und -würdigung des Berufungsgerichts ergibt, die Gewährung des beantragten Informationszugangs ebenfalls die konkrete Möglichkeit von Beeinträchtigungen.

25 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.