Beschluss vom 20.09.2011 -
BVerwG 1 WB 48.10ECLI:DE:BVerwG:2011:200911B1WB48.10.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 20.09.2011 - 1 WB 48.10 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:200911B1WB48.10.0]
Beschluss
BVerwG 1 WB 48.10
- BMVg - 24.08.2010 - AZ: PSZ I 7 25-05-10 413/10
In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß,
den ehrenamtlichen Richter Major Dressel und
die ehrenamtliche Richterin Stabsunteroffizier Schirrmacher
am 20. September 2011 beschlossen:
- Der Bescheid der Stammdienststelle der Bundeswehr vom 3. Mai 2010, soweit darin die Zulassung der Antragstellerin zur Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes abgelehnt wird, und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 24. August 2010 werden aufgehoben.
- Der Bundesminister der Verteidigung wird verpflichtet, über den Antrag der Antragstellerin auf Zulassung zur Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
- Die der Antragstellerin im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht einschließlich der im vorgerichtlichen Verfahren erwachsenen notwendigen Aufwendungen werden dem Bund auferlegt.
Gründe
I
1 Die Antragstellerin wendet sich gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Wechsel in die Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes.
2 Die am 19. Februar 19.. geborene Antragstellerin wurde nach erfolgreichem Abschluss der vom 1. April 2008 bis zum 31. Juli 2008 absolvierten Eignungsübung mit Wirkung zum 1. August 2008 in das Dienstverhältnis einer Soldatin auf Zeit berufen und zum Stabsunteroffizier ernannt. Ihre auf acht Jahre festgesetzte Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des 31. März 2016 enden. Seit dem 1. Juli 2008 wird sie als Personalunteroffizier Streitkräfte beim …bataillon … in B. verwendet.
3 Mit Bewerbungssofortmeldung vom 15. Dezember 2009 beantragte die Antragstellerin den Wechsel in die Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes. Den Antrag lehnte die Stammdienststelle der Bundeswehr durch Bescheid vom 8. März 2010 mit der Begründung ab, dass in der von der Antragstellerin gewünschten Verwendung als Personalfeldwebel zurzeit keine Einplanungsmöglichkeit aufgezeigt werden könne.
4 Dagegen legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 26. März 2010 Beschwerde ein und machte geltend, mit dem angestrebten Laufbahnwechsel habe sie das Ziel einer Verwendung als Personalfeldwebel beim …bataillon … in B. verfolgt. Als Verwendungswünsche habe sie die Dienstposten eines Personalfeldwebels entweder beim Stab oder bei der ... Kompanie oder bei der Rekrutenkompanie … benannt. Mit der Begründung, dass ihr derzeit keine Stellen aufgezeigt werden könnten, sei sie nicht einverstanden.
5 Mit Bescheid vom 3. Mai 2010 hob die Stammdienststelle ihren Ablehnungsbescheid vom 8. März 2010 auf und lehnte zugleich den Antrag auf Laufbahnwechsel erneut ab. Zur Begründung wies sie darauf hin, dass die Antragstellerin die nach Nr. 424 ZDv 20/7 (offensichtlich gemeint: Nr. 429 ZDv 20/7) maßgebliche Höchstaltersgrenze des 32. Lebensjahres überschritten habe. Dieser Bescheid wurde der Antragstellerin am 18. Mai 2010 dienstlich bekannt gegeben.
6 Mit Schreiben vom 18. Mai 2010 legte der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - der Antragstellerin dar, dass ihre Beschwerde mit der Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 8. März 2010 unzulässig geworden sei. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Fortsetzung dieses Verfahrens sei nicht erkennbar. Er führte aus, dass gegen den zweiten Ablehnungsbescheid vom 3. Mai 2010 ein neuer Rechtsbehelf möglich und zumutbar sei, und bat die Antragstellerin um Mitteilung, ob sie ihren Rechtsbehelf vom 26. März 2010 zurücknehmen oder das unzulässig gewordene anhängige Verfahren fortsetzen wolle. Die Antragstellerin erklärte dazu - nach erneutem Hinweisschreiben des Bundesministers der Verteidigung vom 13. Juli 2010 - mit E-Mail vom 23. August 2010, sie halte an der Fortführung des Beschwerdeverfahrens fest.
7 Daraufhin wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - die Beschwerde vom 26. März 2010 mit Bescheid vom 24. August 2010 als unzulässig zurück.
8 Gegen diese ihr am 27. August 2010 eröffnete Entscheidung hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 22. September 2010 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 12. Oktober 2010 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.
9
Zur Begründung ihres Rechtsschutzbegehrens trägt die Antragstellerin insbesondere vor:
Ihre Beschwerde vom 26. März 2010 habe sie damit begründet, dass die Ablehnung vom 8. März 2010 in jeglicher Weise unbegründet gewesen sei. Mit der Aufhebung der ablehnenden Entscheidung vom (offensichtlich gemeint: am) 3. Mai 2010 und der damit eingeleiteten neuen Antragsprüfung sei wiederum ein ablehnender Bescheid erstellt worden, der nunmehr auf die Überschreitung der Höchstaltersgrenze abhebe. Dieser Sachverhalt sei für sie nicht akzeptabel. Durch das Anheben des Einstellungsalters solle jedem „älteren“ Soldaten bei Einstellung mit einem höheren Dienstgrad die Möglichkeit des Laufbahnwechsels eingeräumt werden, weil die erbrachten und zu erbringenden fachlichen Leistungen denen eines „jüngeren“ Soldaten gleichzusetzen seien und im täglichen Dienstbetrieb gleichgesetzt würden. Die Höchstaltersgrenze sei äußerst fragwürdig. Im Hinblick auf den vom Bundesminister der Verteidigung dargelegten fehlenden Bedarf im Bereich der Personalfeldwebel-Dienstposten bitte sie zu prüfen, ob für sie eine Verwendung als Feldwebel Militärisches Nachrichtenwesen bzw. als S 2-Feldwebel möglich sei.
10
Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
11 Er hält den Antrag auf gerichtliche Entscheidung für offensichtlich unbegründet. Er trägt vor, die Beschwerde der Antragstellerin gegen den ersten Ablehnungsbescheid sei wegen fehlender Beschwer unzulässig geworden. Gegen die erneute Ablehnungsentscheidung der Stammdienststelle vom 3. Mai 2010 habe die Antragstellerin keinen Rechtsbehelf eingelegt. Der Inhalt dieses Bescheids sei nicht Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens. Unabhängig von der Frage, ob die Höchstaltersgrenze des 32. Lebensjahres einer gesetzlichen Grundlage bedürfe oder nicht, bleibe dem Zulassungsantrag auf jeden Fall der Erfolg versagt. In der Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes sei eine Regelverpflichtungszeit von zwölf Jahren zugrunde zu legen, die im Fall der Antragstellerin unter Berücksichtigung der anzurechnenden Ausbildungszeit und der geleisteten Vordienstzeit zu einer Verpflichtungszeit von ca. 15 Jahren führen werde. Diese Verpflichtungszeit würde deutlich über der für Soldaten auf Zeit normierten Höchstaltersgrenze des 40. Lebensjahres (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 SG) liegen. Davon abgesehen bestehe kein Bedarf für die Einplanung der Antragstellerin in dem von ihr gewünschten Bereich des …bataillons … .
12 Die Verfahrensbeteiligten sind durch gerichtliche Verfügung vom 2. Februar 2011 auf die Rechtsprechung des 2. Revisionssenats des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 19. Februar 2009 - BVerwG 2 C 18.07 - und vom 24. September 2009 - BVerwG 2 C 31.08 -) hingewiesen worden, der zufolge Altersgrenzen für die Einstellung und die Übernahme in eine Beamtenlaufbahn einer normativen Grundlage bedürfen und die Festsetzung von Altersgrenzen nicht der Verwaltungspraxis überlassen werden darf. Sie hatten Gelegenheit, zu diesem Gesichtspunkt Stellung zu nehmen
13 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - 1067/10 - und die Personalgrundakte der Antragstellerin haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.
II
14 Die Antragstellerin hat lediglich den prozessualen Antrag auf Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gestellt, ohne einen konkreten Sachantrag zu formulieren.
15 Ihr Antrag auf gerichtliche Entscheidung richtet sich gegen den Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung, mit dem die Beschwerde vom 26. März 2010 gegen den Ablehnungsbescheid der Stammdienststelle vom 8. März 2010 beschieden worden ist. Durch diesen Ablehnungsbescheid ist die Antragstellerin nicht mehr beschwert, weil ihn die Stammdienststelle in vollem Umfang durch den Bescheid vom 3. Mai 2010 aufgehoben hat.
16 Allerdings hat die Antragstellerin in ihren Schriftsätzen vom 22. September 2010 und vom 14. Dezember 2010 hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die im Bescheid vom 3. Mai 2010 ausgesprochene neuerliche Ablehnung ihres Zulassungsantrags und die dafür maßgebliche Begründung ebenfalls (als "nicht akzeptabel") angreift. Bei sach- und interessengerechter Auslegung ihres Vorbringens beantragt sie deshalb nicht mehr die Aufhebung des Bescheids der Stammdienststelle vom 8. März 2010, sondern die Aufhebung des Bescheids vom 3. Mai 2010, soweit darin ihre Zulassung zu der angestrebten Laufbahn abgelehnt wird, ferner die Aufhebung des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Verteidigung vom 24. August 2010 und die Verpflichtung des Bundesministers der Verteidigung, ihren Antrag auf Zulassung zur Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
17 1. Dieser Antrag ist zulässig.
18 a) Die Entscheidung der Stammdienststelle der Bundeswehr bzw. des Bundesministers der Verteidigung über die Zulassung eines Fachunteroffiziers zu einer Laufbahn der Feldwebel gemäß § 27 Abs. 1 SG i.V.m. § 3 und §§ 15, 20 SLV betrifft keine statusrechtliche Angelegenheit; sie ist vielmehr eine truppendienstliche Verwendungsentscheidung, für die der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet ist (vgl. Beschlüsse vom 11. Dezember 2003 - BVerwG 1 WB 28.03 - Buchholz 236.110 § 6 SLV 2002 Nr. 2 = NZWehrr 2005, 119 und vom 23. Juni 2004 - BVerwG 1 WB 49.03 -).
19 b) Soweit sich der Antrag gegen die Ablehnungsentscheidung der Stammdienststelle vom 3. Mai 2010 richtet, sind nach § 21 Abs. 1 Satz 1 WBO die Voraussetzungen für eine Vorlage des Verfahrens an das Bundesverwaltungsgericht erfüllt. Der Bundesminister der Verteidigung hat als gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 WBO zuständige Stelle für Beschwerden gegen truppendienstliche Entscheidungen und Maßnahmen der Stammdienststelle der Bundeswehr den angefochtenen Beschwerdebescheid über das Verpflichtungsbegehren der Antragstellerin erlassen. Dass er in diesem Bescheid die Beschwerde inhaltlich nicht auf die - zweite - Ablehnungsentscheidung der Stammdienststelle vom 3. Mai 2010 bezogen hat, ist erst für die Frage der Begründetheit des Antrags bedeutsam.
20 2. Der Antrag ist auch in der Sache begründet.
21 Die Entscheidung der Stammdienststelle im Bescheid vom 3. Mai 2010, die Zulassung der Antragstellerin zu der angestrebten Laufbahn abzulehnen, und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 24. August 2010 sind rechtswidrig und verletzen die Antragstellerin in ihren Rechten; sie sind deshalb in dem im Tenor genannten Umfang aufzuheben (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 1 WBO). Da die Sache nicht spruchreif ist, ist der Bundesminister der Verteidigung zur Neubescheidung des Zulassungsantrags der Antragstellerin zu verpflichten (§ 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 19 Abs. 1 Satz 4 WBO).
22 a) Zu Unrecht hält der Bundesminister der Verteidigung der Antragstellerin entgegen, dass sie gegen die zweite Ablehnungsentscheidung der Stammdienststelle vom 3. Mai 2010 nicht ein gesondertes Beschwerdeverfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung durchgeführt habe. Gegen diese Entscheidung musste die Antragstellerin nicht erneut Beschwerde einlegen. Denn ihre Beschwerde vom 26. März 2010 war nicht nur auf den ersten Ablehnungsbescheid vom 8. März 2010, sondern nach dessen Aufhebung auch auf die zweite Ablehnungsentscheidung zu beziehen.
23 Gegenstand einer Wehrbeschwerde kann nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WBO die „unrichtige Behandlung" eines Soldaten durch Vorgesetzte oder Dienststellen der Bundeswehr sein. Diese generalklauselartige Regelung knüpft nicht an die „Behandlung“ in einer bestimmten Form - z.B. in einem Bescheid, einem Befehl, einer Weisung o.ä. - an; vielmehr erstreckt sie sich umfassend auf hoheitliches Handeln oder Unterlassen gegenüber dem Soldaten als rügefähigen Gegenstand der Beschwerde (Dau, WBO, 5. Aufl. 2009, § 1 Rn. 121 ff). Danach bezieht sich die Beschwerde inhaltlich auf den materiellen Streitgegenstand, hinsichtlich dessen sie Rechtswidrigkeit und/oder Unzweckmäßigkeit geltend macht. Dementsprechend obliegt es dem Beschwerdeführer, mit seinem Rechtsbehelf den materiellen Streitgegenstand zu bestimmen und gegebenenfalls zu begrenzen (vgl. Beschluss vom 14. Juni 2006 - BVerwG 1 WB 62.05 - Buchholz 450.1 § 16 WBO Nr. 1 <Rn. 21> = NZWehrr 2008, 123). Auf den materiellen Streitgegenstand als Beschwerdegegenstand stellt auch § 9 Abs. 1 Satz 1 WBO bei der Bestimmung der Zuständigkeit für die Beschwerdeentscheidung ab (vgl. Beschluss vom 26. Oktober 2006 - BVerwG 1 WB 17.06 - BVerwGE 127, 85 <Rn. 18 f> = Buchholz 450.1 § 9 WBO Nr. 1 = NZWehrr 2007, 128). Materieller Streitgegenstand und damit Gegenstand der Beschwerde der Antragstellerin war nicht lediglich formal die Aufhebung eines Ablehnungsbescheids der Stammdienststelle, sondern - als Verpflichtungsbegehren - die Zulassung zur Laufbahn der Feldwebel des allgemeinen Fachdienstes.
24 Abgesehen von der hier nicht in Rede stehenden Erledigung durch verfahrens-unabhängige Aspekte (z.B. Zeitablauf) erledigt sich eine eingelegte Beschwerde solange nicht, bis die gemäß § 9 Abs. 1 WBO zuständige Beschwerdestelle über den Rechtsbehelf entschieden hat, indem sie der Beschwerde entweder abhilft (§ 13 Abs. 1 Satz 1 WBO) oder die Beschwerde als unzulässig (vgl. z.B. § 12 Abs. 3 Satz 1 WBO) oder unbegründet (§ 13 Abs. 3 WBO) zurückweist. Eine derartige Entscheidung über die Beschwerde vom 26. März 2010 stellt die strittige zweite Ablehnungsentscheidung der Stammdienststelle vom 3. Mai 2010 nicht dar; insbesondere enthält sie keine Abhilfeentscheidung. Bei einem Verpflichtungsbegehren des Beschwerdeführers - wie hier - erschöpft sich die Abhilfe nicht in der Aufhebung des angefochtenen Ablehnungsbescheids. Vielmehr ist die Beschwerde erst dann durch Abhilfe erledigt, wenn die zuständige Beschwerdestelle dem streitgegenständlichen Verpflichtungsbegehren in vollem Umfang entsprochen hat. Das folgt aus § 13 Abs. 1 Satz 5 WBO, der die Abhilfe bei Verpflichtungsbegehren dahin definiert, dass zu Unrecht unterbliebene Maßnahmen - soweit noch möglich - nachzuholen bzw. zu Unrecht abgelehnte Gesuche oder Anträge zu genehmigen sind. Unabhängig von der formellrechtlichen Frage, ob der Stammdienststelle der Bundeswehr eine Abhilfebefugnis anstelle des insoweit zuständigen Bundesministers der Verteidigung zusteht (dies befürwortend: Dau, a.a.O., Einf. Rn. 85), hat die Stammdienststelle in ihrem zweiten Bescheid das Verpflichtungsbegehren der Antragstellerin erneut abgelehnt, also keine Abhilfe verfügt. Die Beschwerde der Antragstellerin vom 26. März 2010 war daher mit diesem Bescheid noch nicht nach Maßgabe der Vorschriften in § 9 Abs. 1, § 12 und § 13 WBO beschieden; sie wirkte deshalb auch gegen diese zweite Ablehnungsentscheidung.
25 Soweit in der verwaltungsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten wird, dass in Fällen, in denen der mit einem Widerspruch angegriffene Bescheid noch während des laufenden Widerspruchsverfahrens durch einen neuen Bescheid geändert, wiederholt oder ersetzt wird, der Widerspruchsführer zur Vermeidung der Bestandskraft des Änderungsbescheids tätig werden muss, indem er entweder durch Änderung des Widerspruchs analog § 91 VwGO den Änderungsbescheid in das Widerspruchsverfahren einbezieht oder das Widerspruchsverfahren hinsichtlich des ersten Bescheids für erledigt erklärt und gegen den Änderungsbescheid gesondert Widerspruch einlegt (so VGH München, Urteil vom 12. Februar 1982 - Nr. 23 B 80 A.2332 - NVwZ 1983, 615; Geis in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 68, Rn. 170; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Mai 2010, § 68, Rn. 25 m.w.N.; Kopp/Schenke, VwGO, 17. Aufl. 2011, § 68, Rn. 23 m.w.N.; vgl. ferner VGH Mannheim, Urteil vom 19. Juli 2005 - 9 S 2278/03 - NVwZ-RR 2006, 154 = juris Rn. 25 m.w.N.; Funke-Kaiser in: Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 5. Aufl. 2011, § 68, Rn. 29), sind diese Überlegungen auf die hier in Rede stehende Wehrbeschwerde nicht übertragbar; es handelt sich entweder um Argumentationen zu einem Anfechtungswiderspruch oder um Erwägungen, die nicht in der erforderlichen Weise zwischen Anfechtungs- und Verpflichtungswiderspruch differenzieren.
26 b) Die Ablehnung des Zulassungsantrags der Antragstellerin mit der Begründung, sie habe die insoweit zu beachtende Höchstaltersgrenze des 32. Lebensjahres überschritten, ist rechtswidrig, weil sie auf der Anwendung einer vom Bundesministerium der Verteidigung nur im Erlasswege (Nr. 429 ZDv 20/7) getroffenen Bestimmung beruht.
27 Eine Höchstaltersgrenze für die Zulassung von Fachunteroffizieren aller Laufbahnen zu einer Laufbahn der Feldwebel im Sinne des § 20 SLV kann nicht allein durch Verwaltungsvorschriften festgelegt werden; sie unterliegt vielmehr dem Anwendungsbereich des Vorbehalts des Gesetzes und bedarf deshalb einer normativen Regelung.
28 Das Bundesministerium der Verteidigung hat die Zulassung von Fachunteroffizieren aller Laufbahnen zu einer Laufbahn der Feldwebel gemäß § 27 Abs. 1 SG i.V.m. § 3 und §§ 15, 20 SLV aufgrund der Ermächtigung in § 44 SLV in Kapitel 4, Abschnitt II der ZDv 20/7 näher geregelt. Danach wird die Entscheidung über die Zulassung eines Fachunteroffiziers zu einer Laufbahn der Feldwebel von der Stammdienststelle der Bundeswehr getroffen (Nr. 429 und Nr. 434 ZDv 20/7). Deren Entscheidung, die Zulassung zu der angestrebten Laufbahn abzulehnen, kann vom Wehrdienstgericht nur auf Ermessensfehler (vgl. § 17 Abs. 3 Satz 2 WBO, § 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 114 VwGO) sowie darauf überprüft werden, ob die im Wege der Selbstbindung an eine tatsächliche Verwaltungspraxis (Art. 3 Abs. 1 GG) vom Bundesministerium der Verteidigung in Verwaltungsvorschriften (z.B. in Erlassen, Zentralen Dienstvorschriften oder Richtlinien) festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind; ggf. ist die Prüfung auf die Vereinbarkeit der in Rede stehenden Erlassbestimmung mit höherrangigem Recht zu erstrecken (stRspr, vgl. z.B. Beschlüsse vom 16. September 2004 - BVerwG 1 WB 21.04 - Buchholz 236.110 § 2 SLV 2002 Nr. 5, vom 23. November 2010 - BVerwG 1 WB 3.10 - und vom 27. Mai 2009 - BVerwG 1 WB 75.08 und 1 WB 10.09 - jeweils m.w.N.).
29 Die maßgeblichen laufbahnrechtlichen Höchstaltersgrenzen sind in der Regel durch den Verordnungsgeber bestimmt, z.B. in § 8 Abs. 1 Nr. 1 SLV (in der bis zum 30. Juni 2011 geltenden Fassung; gestrichen durch Art. 1 Nr. 9 der Dritten Verordnung zur Änderung der Soldatenlaufbahnverordnung vom 16. Juni 2011 <BGBl S. 1095>) § 11 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 23 Abs. 1 Nr. 1, § 30 Abs. 1 Nr. 1 SLV jeweils für die Einstellung und in § 40 Abs. 2 Nr. 1 SLV (in der bis zum 30. Juni 2011 geltenden Fassung; gestrichen durch Art. 1 Nr. 36a der genannten Änderungsverordnung) für den Wechsel in die Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes. Demgegenüber ist die Höchstaltersgrenze für den hier strittigen Laufbahnwechsel nicht in § 20 Satz 1 SLV als normative Zulassungsvoraussetzung formuliert, sondern lediglich durch Erlass in Nr. 429 ZDv 20/7 festgelegt worden. Das widerspricht dem auf diese Altersgrenze anzuwendenden Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes.
30 Dieser vor allem in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Rechtsstaatsprinzip und dem Demokratiegebot entwickelte Grundsatz verlangt, dass der Gesetzgeber in grundlegenden normativen Bereichen alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen hat und nicht dem Handeln und der Entscheidungsmacht der Exekutive überlassen darf (vgl. - auch zum Folgenden - im Einzelnen: Beschluss vom 26. Mai 2009 - BVerwG 1 WB 48.07 - BVerwGE 134, 59 = Buchholz 449.2 § 2 SLV 2002 Nr. 14 Rn. 34 ff; ferner: BVerfG, Beschluss vom 27. November 1990 - 1 BvR 402/87 - BVerfGE 83, 130 <142> und Urteil vom 24. Mai 2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24 <58>). Der Vorbehalt des Gesetzes und die Maßgaben der "Wesentlichkeitstheorie" gelten auch für das grundrechtsgleiche Recht des Art. 33 Abs. 2 GG, das jedem Deutschen nach seiner Eignung, Befähigung und Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt gewährleistet, und für den daraus abgeleiteten Leistungsgrundsatz oder Grundsatz der Bestenauslese. Einer normativen Grundlage bedarf es danach stets, wenn der durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistete Leistungsgrundsatz eingeschränkt wird. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz selbst verankert sind, sondern diesen durchbrechen, einschränken oder modifizieren, können nur dann Berücksichtigung finden, wenn ihnen ihrerseits Verfassungsrang zukommt. Dabei ist es grundsätzlich Aufgabe des Gesetzgebers, die Abwägung und den Ausgleich zwischen dem Leistungsgrundsatz und den anderen verfassungsgeschützten Belangen vorzunehmen. Ausnahmen vom Leistungsgrundsatz sowie Einschränkungen und Modifikationen bedürfen deshalb einer gesetzlichen Grundlage (vgl. insbesondere BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. April 1996 - 2 BvR 169/93 - NVwZ 1997, 54; BVerwG, Beschluss vom 26. Mai 2009 a.a.O. m.w.N.). Die Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG übernimmt § 3 Abs. 1 SG nicht nur für die Ernennung, sondern ausdrücklich auch für die Verwendung der Soldaten. Sie gelten auch für den Laufbahnwechsel (Beschlüsse vom 28. Oktober 2008 - BVerwG 1 WB 32.08 - und vom 21. Juli 2011 - BVerwG 1 WB 46.10 -).
31 Der für das Dienstrecht der Beamten zuständige 2. Revisionssenat des Bundesverwaltungsgerichts hat entschieden (Urteile vom 19. Februar 2009 - BVerwG 2 C 18.07 - BVerwGE 133, 143 = Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 6 und vom 24. September 2009 - BVerwG 2 C 31.08 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 44), dass die Bestimmung von Altersgrenzen für die Einstellung oder die Übernahme in eine Beamtenlaufbahn einer gesetzlichen Grundlage bedürfe; Altersgrenzen könnten den Leistungsgrundsatz im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG einschränken, wenn und soweit sie im ebenfalls mit Verfassungsrang ausgestatteten Lebenszeitprinzip als einem durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentum angelegt seien; die Abwägung dieser beiden gegenläufigen Belange erfordere eine normative Regelung und dürfe nicht der Verwaltungspraxis überlassen werden.
32 Auf die hier strittige Höchstaltersgrenze ist diese Rechtsprechung des 2. Revisionssenats im Ergebnis übertragbar.
33 Mit der Beschränkung der Zulassung zu der angestrebten Laufbahn der Feldwebel durch die Höchstaltersgrenze des 32. Lebensjahres wird in den durch Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Leistungsgrundsatz eingegriffen. Dieser Eingriff erhält zusätzliches Gewicht durch den Umstand, dass in der neuen Laufbahn - nach erfolgreichem Abschluss der Laufbahnprüfung (§ 27 Abs. 2 Nr. 1c SG, § 20 Satz 2, § 16 Abs. 2 SLV, Nr. 105 und Nr. 439 ZDv 20/7) - die Beförderung in das Statusamt möglich ist, das die dienstgradbezogene Voraussetzung für die Berufung in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten darstellt (vgl. § 39 Nr. 1 SG).
34 Im Fall der Antragstellerin eröffnet Art. 33 Abs. 5 GG jedoch keinen vom Gesetzgeber abzuwägenden Belang. Die Antragstellerin ist nicht Berufssoldatin, sondern Soldatin auf Zeit. Davon abgesehen enthält Art. 33 Abs. 5 GG nach Entstehungsgeschichte, Sinn und Zweck keine institutionelle Garantie des Berufssoldatentums; auch wenn das Recht der Berufssoldaten dem der Beamten in vielem ähnlich ist, besteht keine verfassungsrechtliche Verpflichtung zu einer derartigen Angleichung (BVerfG, Urteil vom 26. Februar 1954 - 1 BvR 371/52 - BVerfGE 3, 288; Kammerbeschluss vom 7. April 2008 - 1 BvR 2325/07 - juris Rn. 9).
35 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Alter in bestimmten Fallkonstellationen ein Eignungsmerkmal im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG darstellt, wenn daraus geschlossen werden kann, dass Bewerber bei Überschreitung eines bestimmten (Höchst-)Alters typischerweise den Anforderungen eines Amtes oder einer Laufbahn nicht mehr genügen. Dies liegt insbesondere bei Ämtern und Laufbahnen nahe, die mit erhöhten körperlichen Anforderungen verbunden sind wie etwa im Militärdienst, im Polizeivollzugsdienst und im Dienst in der Berufsfeuerwehr (Urteile vom 19. Februar 2009 a.a.O., Rn. 9 und vom 24. September 2009 a.a.O., Rn. 21). Bei der Einschränkung des Leistungsgrundsatzes durch eine Altersgrenze hat der Gesetzgeber danach in die Abwägung einzubeziehen, welche (Höchst-)Altersgrenze unter dem Aspekt der Eignung für die konkret in Rede stehende Laufbahn angemessen ist und in welchem Umfang Ausnahmen in Betracht kommen (vgl. Urteil vom 24. September 2009 a.a.O., Rn. 26). Das gilt nicht nur für die Laufbahnen der Beamten, sondern ebenso für die militärischen Laufbahnen nach der Soldatenlaufbahnverordnung. Insoweit sind zwischen diesen Laufbahnen keine verfassungsrechtlich beachtlichen Unterschiede ersichtlich. Es kommt hinzu, dass abwägungsrelevante Belange bei Soldaten auf Zeit auch in dem personalpolitischen Interesse an einer ausgewogenen Altersstruktur liegen (für Soldaten auf Zeit bejaht z.B. in Beschlüssen vom 25. Juni 2008 - BVerwG 1 WB 13.08 - Buchholz 449.2 § 30 SLV 2002 Nr. 1 und vom 5. Oktober 2010 - BVerwG 1 WB 59.09 -; für Berufssoldaten bejaht z.B. in Beschlüssen vom 26. Februar 1992 - BVerwG 1 WB 99.91 - und vom 28. Oktober 2008 - BVerwG 1 WB 32.08 -; für Berufsbeamte bejaht im Urteil vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <153>) oder aus dem verfassungsrechtlichen Gebot in Art. 87 a Abs. 1 Satz 1 GG abgeleitet werden können, funktionstüchtige Streitkräfte zu unterhalten (dazu eher kritisch: Walz/Eichen/Sohm, SG, 2. Aufl. 2010, § 3 Rn. 81).
36 Der Senat weist an dieser Stelle darauf hin, dass gerade die Höchstaltersgrenze des 32. Lebensjahres in § 8 Abs. 1 Nr. 1 SLV, die gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SLV für die Einstellung mit dem höheren Dienstgrad Stabsunteroffizier in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit maßgeblich war, durch Art. 1 Nr. 9 der zitierten Dritten Änderungsverordnung mit Wirkung zum 1. Juli 2011 aufgehoben worden ist.
37 Da die strittige Höchstaltersgrenze für den Laufbahnwechsel weder gesetzlich (im Soldatengesetz) noch normativ (in der Soldatenlaufbahnverordnung) geregelt ist, kann sie dem Zulassungsbegehren der Antragstellerin nicht als Ablehnungsgrund entgegengehalten werden. Der Senat hält insoweit an seiner entgegenstehenden Rechtsprechung (zuletzt im Beschluss vom 23. Juni 2004 - BVerwG 1 WB 49.03 -) nicht fest.
38 c) Der vom Bundesminister der Verteidigung im Schriftsatz vom 14. März 2011 vorgetragene Einwand, die Zulassung der Antragstellerin scheitere an der gesetzlich festgelegten Altersgrenze in § 40 Abs. 1 Nr. 1 SG, greift nicht durch.
39 Nach dieser Vorschrift kann ein Bewerber in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit nicht über das 40. Lebensjahr hinaus berufen werden. Diese gesetzliche Beschränkung der Berufungsdauer ist gemäß § 87 Abs. 3 SG jedoch nicht auf Bewerber anzuwenden, die entsprechend § 87 Abs. 1, Abs. 2 SG erfolgreich eine Eignungsübung von mindestens vier Monaten absolviert und unmittelbar danach zum Berufssoldaten oder zum Soldaten auf Zeit ernannt worden sind. In Abweichung von der (Höchst-)Altersgrenze in § 40 Abs. 1 Nr. 1 SG lässt § 87 Abs. 3 SG die Ernennung zum Soldaten auf Zeit auch bei solchen eignungsübenden Soldaten zu, die das 40. Lebensjahr bereits überschritten haben oder in ihrer Dienstzeit überschreiten werden (Scherer/Alff/Poretschkin, SG, 8. Aufl. 2008, § 87 Rn. 8). Wenn danach diese Höchstaltersgrenze unter den Voraussetzungen des § 87 Abs. 1 SG schon für die Berufung und Ernennung (Berufung als mitwirkungsbedürftiger Verwaltungsakt in Form der Ernennung: § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SG; Walz/Eichen/Sohm, a.a.O., § 40 Rn. 8; Scherer/Alff/Poretschkin, a.a.O. § 4 Rn. 5) nicht gilt, steht sie der Möglichkeit der Verlängerung der Dienstzeit des betroffenen Soldaten auf Zeit erst recht nicht entgegen.
40 Nach dem Inhalt der vorgelegten Personalgrundakte erfüllt die Antragstellerin die Voraussetzungen des § 87 Abs. 3 SG. Sie ist am 13. Februar 2008 gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SLV zu einer Eignungsübung aufgefordert worden, hat diese in der Zeit vom 1. April 2008 bis zum 31. Juli 2008 mit Erfolg abgeleistet und ist mit Wirkung zum 1. August 2008 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen worden.
41 d) Die vom Bundesminister der Verteidigung erstmals im gerichtlichen Verfahren im Schriftsatz vom 14. März 2011 gegebene weitere Begründung, dem Zulassungsbegehren der Antragstellerin stehe fehlender Bedarf in dem von ihr gewünschten Bereich des …bataillons … entgegen, kann nicht berücksichtigt werden.
42 Für die Frage der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Ablehnungsentscheidung kommt es auf die Erwägungen an, die die Stammdienststelle der Bundeswehr als gemäß Nr. 434 Satz 2 ZDv 20/7 zuständige Stelle bzw. der Bundesminister der Verteidigung als gemäß § 9 Abs. 1 WBO zuständige Beschwerdestelle in Ausübung ihres/seines Verwendungsermessens und des ihr/ihm vorbehaltenen Beurteilungsspielraums hinsichtlich der Eignung der Bewerber angestellt haben. Die strittige Zulassung steht nach § 20 Satz 1 SLV, § 44 SLV i.V.m. Nr. 429, 434 ZDv 20/7 im pflichtgemäßen Ermessen der Stammdienststelle; sie setzt unter anderem Bedarf und Eignung der Bewerber voraus. Den Bedarf in den einzelnen Verwendungsbereichen und Laufbahnen der Streitkräfte legt der Bundesminister der Verteidigung im Rahmen seiner Organisationshoheit (bzw. die von ihm beauftragte Stelle) fest. Die ermittelte Bedarfslage selbst ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats wehrdienstgerichtlich nicht überprüfbar. Die Bedarfsermittlung dient der Verwirklichung planerischer Vorstellungen; sie ist eine von militärischen Zweckmäßigkeitserwägungen geprägte organisatorische Maßnahme, mit deren Hilfe das Bundesministerium der Verteidigung die erforderlichen und verfassungsrechtlich zulässigen Aufgaben der Bundeswehr realisieren will. Es gehört nicht zu den Aufgaben der Wehrdienstgerichte, ihre Vorstellungen über die Organisation der Streitkräfte an die Stelle derjenigen der dazu berufenen Organe zu setzen (Beschlüsse vom 14. Juni 2006 - BVerwG 1 WB 47.05 -, vom 21. Juli 2010 - BVerwG 1 WB 19.10 - und vom 23. November 2010 - BVerwG 1 WB 3.10 -). Bei der Prüfung des Bedarfs im Auswahlverfahren kann der Bundesminister der Verteidigung bzw. die von ihm beauftragte Stelle im Einzelfall Ermessen bei der Frage betätigen, ob die individuelle Ausbildung und der Werdegang eines Laufbahnbewerbers die bedarfsorientierte Zulassung zu der strittigen Laufbahn ermöglichen oder nicht. Die Beurteilung der persönlichen und fachlichen Eignung der Bewerber liegt im Beurteilungsspielraum des Entscheidungsträgers und ist gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar (stRspr, vgl. zur Eignung für die hier strittige Laufbahn: Beschluss vom 28. März 2006 - BVerwG 1 WB 37.05 - Buchholz 449.2 § 6 SLV 2002 Nr. 4).
43 Die nachgeschobene Ermessenserwägung fehlenden Bedarfs vermag die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Ablehnungsentscheidung nicht zu begründen. § 114 Satz 2 VwGO, der gemäß § 23a Abs. 2 WBO im gerichtlichen Antragsverfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung entsprechend anzuwenden ist, regelt im Verhältnis zu § 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 VwVfG die prozessrechtliche Seite des Nachschiebens von Gründen bei Ermessensentscheidungen (Urteil vom 5. Mai 1998 - BVerwG 1 C 17.97 - BVerwGE 106, 351 <363f>). Die Vorschrift gestattet lediglich die Ergänzung von Ermessenserwägungen im gerichtlichen Verfahren; unzulässig, weil keine Ergänzung, ist hingegen die vollständige Nachholung oder die Auswechslung der die Ermessensentscheidung tragenden Gründe (Beschlüsse vom 20. August 2003 - BVerwG 1 WB 23.03 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 32, vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50 Rn. 46; ebenso schon: Urteil vom 5. Mai 1998, a.a.O.).
44 Die nachträgliche Begründung der Ablehnungsentscheidung mit fehlendem Bedarf stellt eine Auswechslung der tragenden Ermessenserwägungen dar. Die Stammdienststelle hat die Ablehnung des angestrebten Laufbahnwechsels nur in ihrem (aufgehobenen) Bescheid vom 8. März 2010 mit einer fehlenden Einplanungsmöglichkeit für die Antragstellerin, d.h. mit fehlendem Bedarf in den von ihr allein gewünschten Verwendungen als Personalfeldwebel beim …bataillon … begründet. Der Aspekt des fehlenden Bedarfs ist jedoch anschließend weder von der Stammdienststelle in ihrem zweiten Ablehnungsbescheid noch vom Bundesminister der Verteidigung im Beschwerdebescheid aufgegriffen worden. Beide Entscheidungsträger haben damit im vorgerichtlichen Verfahren von diesem möglichen Ablehnungsgesichtspunkt Abstand genommen. Auch in seiner Vorlage an den Senat hat der Bundesminister der Verteidigung fehlenden Bedarf nicht als Ablehnungsgrund genannt.
45 Die angefochtenen Entscheidungen sind daher antragsgemäß aufzuheben; der Bundesminister der Verteidigung ist zur Neubescheidung des Zulassungsantrags der Antragstellerin zu verpflichten.
46 Bei der erneuten Ermessensentscheidung wird zu berücksichtigen sein, dass die Antragstellerin den offensichtlich schon 2010 fehlenden Bedarf in den von ihr gewünschten speziellen Verwendungsbereichen eines Personalfeldwebels im …bataillon … nicht substantiiert in Frage gestellt hat. Diesen fehlenden Bedarf hat der Bundesminister der Verteidigung im Schriftsatz vom 14. März 2011 erneut und auch für weitere Kompanien des …bataillons … bestätigt. Daher wird zu prüfen sein, ob sich diese Bedarfssituation aktuell zugunsten der Antragstellerin geändert hat, und ob sie die erforderliche Eignung für die angestrebte Laufbahn besitzt.
47 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 21 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 20 Abs. 1 WBO.