Beschluss vom 14.07.2023 -
BVerwG 5 B 14.23ECLI:DE:BVerwG:2023:140723B5B14.23.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 14.07.2023 - 5 B 14.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:140723B5B14.23.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 14.23

  • VG Stuttgart - 18.08.2021 - AZ: 18 K 3144/19
  • VGH Mannheim - 30.03.2023 - AZ: 12 S 287/22

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. Juli 2023
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Holtbrügge und Preisner
beschlossen:

  1. Das Ablehnungsgesuch der Kläger wird verworfen.
  2. Die Anhörungsrüge der Kläger gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Mai 2023 - 5 B 9.23 - wird verworfen.
  3. Der Antrag der Kläger, den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Mai 2023 - 5 B 9.23 - aufzuheben, wird verworfen.
  4. Der Antrag der Kläger, ihnen für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt bzw. einen Notanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
  5. Die Kläger tragen die Kosten des Anhörungsrügeverfahrens. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen.

Gründe

1 Der Senat entnimmt der Eingabe der Kläger vom 13. Juni 2023, soweit in ihr ein prozessual relevantes Begehren enthalten ist, dass sie ein Ablehnungsgesuch vorbringen, eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch den Beschluss des Senats vom 10. Mai 2023 - 5 B 9.23 - rügen, die Aufhebung des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. Mai 2023 - 5 B 9.23 - sowie (erneut) die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht beantragen. Diese Anträge bleiben ohne Erfolg.

2 1. Das Ablehnungsgesuch ist offensichtlich unzulässig, weil die abgelehnten Richter nicht benannt sind und die Begründung auch ansonsten nicht mit hinreichender Deutlichkeit erkennen lässt, gegen welche individuelle Gerichtsperson sich das Ablehnungsgesuch richten soll (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 27. Juni 2018 - 1 BvR 1316/18 - juris Rn. 2 und vom 11. September 2018 - 1 BvR 1413/18 - juris Rn. 1, jeweils m. w. N.).

3 2. Die Anhörungsrüge hat keinen Erfolg. Dabei lässt der Senat offen, ob die Anforderungen an die Darlegung eines Anhörungsmangels (§ 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO) gewahrt sind. Die Anhörungsrüge ist jedenfalls unbegründet. Denn der Senat hat den Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht, wie in § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO vorausgesetzt, in entscheidungserheblicher Weise verletzt.

4 Die Anhörungsrüge stellt keinen Rechtsbehelf zur Überprüfung der inhaltlichen Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung dar. Es handelt sich vielmehr um einen Rechtsbehelf, der dann greift, wenn das Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen der Beteiligten nicht in ausreichendem Maße zur Kenntnis genommen und sich nicht mit ihm in der gebotenen Weise auseinandergesetzt hat. Das Gebot des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das Gericht allerdings nicht, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Verfahrensbeteiligten inhaltlich zu folgen. Ebenso wenig ist das Gericht gehalten, ein jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Es ist daher verfehlt, aus der Nichterwähnung einzelner Begründungsteile des Vorbringens in den gerichtlichen Entscheidungsgründen zu schließen, das Gericht habe sich nicht mit den darin enthaltenen Argumenten befasst (stRspr, vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 5. Oktober 1976 - 2 BvR 558/75 - BVerfGE 42, 364 <368> und vom 15. April 1980 - 1 BvR 1365/78 - BVerfGE 54, 43 <46> m. w. N.; BVerwG, Beschlüsse vom 8. Juni 2010 - 5 B 53.09 - juris Rn. 2 und vom 3. Juli 2014 - 8 B 20.14 - juris Rn. 2 jeweils m. w. N.). An diesen Maßstäben gemessen hat der Senat das Recht der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht verletzt.

5 Der Senat hat mit dem angegriffenen Beschluss vom 10. Mai 2023 - 5 B 9.23 - die Beschwerde der Kläger verworfen, weil diese unzulässig war. Dies hat der Senat selbstständig tragend darauf gestützt, dass der von den Klägern mit Schreiben vom 21. April 2023 angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 30. März 2023 - 12 S 287/22 -, mit dem dieser einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für einen noch zu stellenden Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. August 2021 - 18 K 3144/19 - abgelehnt hat, nicht zu den Fällen gehört, die durch Beschwerde (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO) oder ein anderes Rechtsmittel beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden können. Das bedeutet, dass der angefochtene Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs auch nicht auf eine Beschwerde oder ein anderes Rechtsmittel hin vom Bundesverwaltungsgericht in der Sache überprüft werden durfte. Sämtliches Vorbringen der Kläger, das sie in ihren Schreiben vom 21. April und 2. Mai 2023 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vorgetragen haben, war deshalb nicht entscheidungserheblich. Dieses Vorbringen hat der Senat zwar zur Kenntnis genommen. Er hat jedoch davon abgesehen, in den Gründen seines Beschlusses vom 10. Mai 2023 auf die für seine Entscheidung nicht bedeutsamen Aspekte einzugehen.

6 Ebenso verhält es sich, soweit der Senat in dem angegriffenen Beschluss vom 1o. Mai 2023 den Antrag der Kläger auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwaltes für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht abgelehnt hat. Dies hat der Senat entscheidungstragend damit begründet, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung (Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs vom 30. März 2023 - 12 S 287/22 -) schon mangels Zulässigkeit der Beschwerde oder eines sonstigen Rechtsmittels keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot (§ 166 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO). Wegen der fehlenden Zulässigkeit kam es auch für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag der Kläger nicht auf das Vorbringen der Kläger an, welches sie in ihren Schreiben vom 21. April und 2. Mai 2023 gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vorgetragen haben.

7 Soweit sich die Kläger gegen die inhaltliche Richtigkeit des angegriffenen Beschlusses des Senats vom 10. Mai 2023 wenden und insbesondere geltend machen, es seien "nicht die geringen Darlegungsanforderungen für anwaltlich nicht vertreten [...]e Klägerin*Innen berücksichtigt" worden, kann dies - wie vorstehend erläutert - nicht zum Erfolg einer Anhörungsrüge führen. Im Übrigen greifen die Einwände auch in der Sache nicht durch. Denn der Senat hat die Entscheidung vom 10. Mai 2023 nicht mit einer unzureichenden Darlegung durch die Kläger, sondern damit begründet, dass das Gesetz (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO) kein Rechtsmittel vorsieht, mit dem die Ablehnung eines Prozesskostenhilfeantrags durch den Verwaltungsgerichtshof beim Bundesverwaltungsgericht angefochten werden kann und schon deshalb auch die für eine Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten nicht gegeben sind.

8 3. Soweit die Kläger mit ihrer Eingabe vom 13. Juni 2023 die Aufhebung des Beschlusses des Senats vom 10. Mai 2023 erreichen möchten, muss diesem Begehren ebenfalls der Erfolg versagt werden. Ein Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts, mit dem eine Beschwerde wegen Unzulässigkeit verworfen und ein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts mangels hinreichender Erfolgsaussichten abgelehnt wird, ist unanfechtbar. Er kann also seinerseits insbesondere nicht mit der von den Klägern im Schreiben vom 13. Juni 2023 bezeichneten (sofortigen) Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden. Dies schließt das Gesetz aus (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO). Die Kläger unterliegen auch insoweit ersichtlich der Fehlvorstellung, dass jede gerichtliche Entscheidung - auch des Bundesverwaltungsgerichts - erneut mit ordentlichen Rechtsbehelfen (vor dem Bundesverwaltungsgericht) anfechtbar sein muss. Das ist jedoch gerade nicht der Fall.

9 4. Der (erneute) Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht - für den die Formulierung "[e]s wurde und wird Pkh erneut beantragt und die Zu-/Beiordnung eines (Not-)Anwalts)" spricht - ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung (Anhörungsrüge, Aufhebung des Beschlusses des Senats vom 10. Mai 2023) aus den dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO) bzw. aussichtslos erscheint (§ 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 78b Abs. 1 ZPO). Letzteres ist deshalb der Fall, weil ein den Klägern günstigeres Ergebnis auch bei anwaltlicher Beratung offenbar nicht erreicht werden kann (BVerwG, Beschluss 18. Januar 2023 - 5 B 21.22 - juris Rn. 5 m. w. N.).

10 5. Von einer weiteren Begründung wird in entsprechender Anwendung von § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

11 6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die Nichterhebung von Gerichtskosten beruht auf § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG.

12 7. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass auch der vorliegende Beschluss nicht anfechtbar ist. Das bedeutet, das Gesetz sieht keinen Rechtsbehelf vor, mit dem die von den Klägern vorgebrachten Einwendungen vom Bundesverwaltungsgericht erneut in der Sache geprüft werden können. Der Senat behält sich daher vor, an den vorliegenden Beschluss anknüpfende weitere mit offensichtlich unzulässigen Rechtsbehelfen verfolgte Begehren der Kläger nicht mehr förmlich zu bescheiden.