Beschluss vom 13.02.2025 -
BVerwG 3 B 16.24ECLI:DE:BVerwG:2025:130225B3B16.24.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 13.02.2025 - 3 B 16.24 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:130225B3B16.24.0]
Beschluss
BVerwG 3 B 16.24
- VG Stuttgart - 31.10.2018 - AZ: 15 K 17147/17
- VGH Mannheim - 07.03.2024 - AZ: 6 S 3018/19
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Februar 2025
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Sinner
beschlossen:
- Auf die Beschwerde des Beklagten wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg über die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil vom 7. März 2024 aufgehoben. Die Revision des Beklagten wird zugelassen.
- Die Beschwerden des Klägers und der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 7. März 2024 werden zurückgewiesen.
- Der Kläger und die Beigeladene tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu je 1/3.
- Im Übrigen folgt die Entscheidung über die Kosten der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 € und für das Revisionsverfahren vorläufig auf 30 000 € festgesetzt.
Gründe
I
1 Der Kläger - ein nach dem Gesetz über Mitwirkungsrechte und das Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzorganisationen des Landes Baden-Württemberg (TierSchMVG BW) anerkannter Verein - begehrt, das beklagte Land zu verpflichten, der Beigeladenen die Putenhaltung vollständig oder bezüglich einzelner Rassen zu untersagen, hilfsweise über den Antrag auf tierschutzrechtliches Einschreiten neu zu entscheiden.
2 Die Beigeladene betreibt einen Mastbetrieb für Putenhähne. Den Antrag des Klägers, ihr die Putenhaltung zu untersagen, lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 10. November 2017 ab.
3 Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 31. Oktober 2018 als unzulässig abgewiesen.
4 Der Verwaltungsgerichtshof hat mit rechtskräftigem Zwischenurteil entschieden, dass die Klage ohne Vorverfahren und im Hinblick auf die Vorgaben des TierSchMVG BW zulässig ist. Mit Urteil vom 7. März 2024 hat er das verwaltungsgerichtliche Urteil geändert, den Bescheid aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über den Antrag auf tierschutzrechtliches Einschreiten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden; im Übrigen hat er die Berufung zurückgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Untersagung der Putenhaltung. Ob die Voraussetzungen des § 16a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Satz 2 Nr. 3 i. V. m. § 2 TierSchG vorlägen, könne offen bleiben; die begehrte Untersagung sei unverhältnismäßig. Sollte die Haltung der Puten im Betrieb der Beigeladenen den Anforderungen des § 2 TierSchG nicht entsprechen, könnten tierschutzkonforme Zustände auch durch mildere Maßnahmen wie z. B. eine deutliche Reduzierung der Besatzdichte, eine bessere Strukturierung des Stalles und andere Einstreu mit kürzeren Erneuerungsintervallen erreicht werden. Das Halten von Puten der Zuchtlinie "B. U. T. 6", die nach Auffassung des Klägers das Ergebnis verbotener Qualzucht seien, könne auf der Grundlage des Tierschutzgesetzes nicht untersagt werden. Die hierfür nach § 12 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 4 TierSchG erforderliche Rechtsverordnung sei nicht erlassen worden. § 11b TierSchG verbiete nur das Züchten, aber nicht das Halten. Abgesehen davon könne nach dem gerichtlich bestellten Gutachten nicht festgestellt werden, dass die Puten das Ergebnis einer verbotenen Qualzüchtung i. S. d. § 11b TierSchG seien. Das Halten schnabelkupierter Puten könne ebenfalls mangels Rechtsgrundlage nicht untersagt werden. Die wesentliche Ursache für möglicherweise amputationsbedingte Schmerzen werde durch die Brütereien gesetzt, die die Kürzung durchführten; dass die Beigeladene schnabelkupierte Puten kaufe und dadurch einen Anreiz für das Kupieren setze, reiche nicht. Außerdem sei davon auszugehen, dass die Brütereien über eine Erlaubnis nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 TierSchG verfügten. Der Kläger habe aber gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i. V. m. § 2 Nr. 1 TierSchG einen Anspruch auf erneute Entscheidung über seinen Antrag. Die Haltung der Puten im Betrieb der Beigeladenen entspreche nicht den Anforderungen des § 2 Nr. 1 TierSchG. Spezifische Anforderungen an das Halten von Puten seien in die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung nicht aufgenommen worden. Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen könnten die sog. Puteneckwerte 2013 nicht als Maßstab herangezogen werden. Diese auf Initiative des Verbands Deutscher Putenerzeuger unter Beteiligung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, der Fachministerien mehrerer Länder sowie von Vertretern der Wissenschaft, anerkannter Tierschutzorganisationen und des Deutschen Bauernverbands erarbeiteten "Mindestanforderungen" stellten kein antizipiertes Fachgutachten dar; dafür fehlten eine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit artspezifischen Bedürfnissen und substantielle Begründungen. Zudem ergebe sich aus dem gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten, dass die Puteneckwerte die artspezifischen Bedürfnisse von Puten nicht ausreichend berücksichtigten. Dass Putenerzeuger und Veterinäre sich in der Vergangenheit an ihnen orientiert hätten, ändere daran nichts. Der Senat greife zur Bestimmung der Anforderungen auf die 2002 bekanntgemachten Empfehlungen des Ständigen Ausschusses des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen und das eingeholte Sachverständigengutachten zurück. Die von der Beigeladenen praktizierte Gruppenhaltung von mehr als 5 000 Tieren in Ställen praktisch ohne Strukturierungselemente, insbesondere ohne Möglichkeit des nächtlichen "Aufbaumens", und ohne Rückzugsmöglichkeiten genüge den Anforderungen des § 2 Nr. 1 TierSchG nicht. Die Beeinträchtigungen der Grundbedürfnisse der Puten wögen so schwer, dass sich wirtschaftliche Interessen der Beigeladenen dagegen nicht durchsetzen könnten. Ein Entschließungsermessen komme dem Beklagten nicht zu; bei festgestellten Verstößen gegen das Tierschutzgesetz müsse die Behörde einschreiten. Das Auswahlermessen werde durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geleitet und beschränkt. Weitergehende Vorgaben kämen nicht in Betracht, da der Beklagte inhaltlich bislang nicht entschieden habe.
5 Der Verwaltungsgerichtshof hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Dagegen haben der Kläger, der Beklagte und die Beigeladene Beschwerde eingelegt.
II
6 Auf die Beschwerde des Beklagten ist dessen Revision zuzulassen (1.). Dagegen bleiben die Beschwerden des Klägers (2.) und der Beigeladenen (3.) ohne Erfolg.
7 1. Die zulässige Beschwerde des Beklagten ist begründet. Die Revision ist wegen der dargelegten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Sie wird voraussichtlich zur Klärung der Frage beitragen, ob die Tierschutzbehörden auf der Grundlage von § 16a Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 i. V. m. § 2 TierSchG ohne eine Regelung der Anforderungen an die Haltung von Mastputen in einer Rechtsverordnung nach § 2a Abs. 1 TierSchG weitergehende Anforderungen an derartige Haltungen als bisher stellen können.
8 2. Die Beschwerde des Klägers bleibt ohne Erfolg.
9 a) Der vom Kläger geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
10 Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Dies ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO darzulegen und setzt die Formulierung einer bestimmten, jedoch fallübergreifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts voraus, deren noch ausstehende höchstrichterliche Klärung zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint und im Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Februar 2023 - 3 B 4.22 - juris Rn. 7 m. w. N.). Ein Klärungsbedarf besteht nicht, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist oder anhand des Gesetzeswortlauts mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung oder auf der Grundlage der bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens eindeutig beantwortet werden kann (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. August 2020 - 3 BN 1.19 - Buchholz 451.44 HeimG Nr. 13 Rn. 6 m. w. N.).
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aa) Die Frage 1
"Ist im Anwendungsbereich speziellerer Bestimmungen ein Rückgriff auf die allgemeine Ermächtigungsnorm des § 16a Abs. 1 S. 1 TierSchG gesperrt?"
bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren, denn sie lässt sich anhand des Gesetzeswortlauts mithilfe der üblichen Regeln sachgerechter Auslegung bejahend beantworten.
12 § 16a TierSchG regelt die tierschutzrechtlichen Befugnisse der Behörde, und zwar die allgemeine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass behördlicher Anordnungen (Generalklausel) in Absatz 1 Satz 1 und besondere Befugnisse u. a. in Absatz 1 Satz 2. Für die in der Beschwerdebegründung ausschließlich angesprochene Haltungsuntersagung gemäß § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 1 TierSchG bestehen tatbestandlich hohe Hürden (Metzger, in: Lorz/Metzger, TierSchG, 7. Aufl. 2019, § 16a Rn. 33): Den Anforderungen des § 2 TierSchG muss wiederholt oder grob zuwidergehandelt worden sein. Dadurch müssen den gehaltenen oder betreuten Tieren erhebliche oder länger anhaltende Schmerzen oder Leiden oder erhebliche Schäden zugefügt worden sein. Tatsachen müssen die Annahme rechtfertigen, dass weiterhin derartige Zuwiderhandlungen begangen werden. Die Generalklausel des § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG knüpft das Einschreiten hingegen allein an einen festgestellten Verstoß gegen tierschutzrechtliche Vorschriften oder die konkrete Gefahr eines tierschutzwidrigen Verhaltens. Wie der Verwaltungsgerichtshof zutreffend angenommen hat (UA S. 20 f.), schließt § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 1 TierSchG in seinem Anwendungsbereich als speziellere Vorschrift den Rückgriff auf die Generalklausel des § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG aus (vgl. OVG Münster, Urteil vom 20. Mai 2016 - 20 A 488/15 - NWVBl. 2016, 430 <431>; Dietz, NuR 1999, 205 <206>). Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Nummer 3 des Satzes 2, die neben der Schaffung klarer Anordnungsbefugnisse zur Herbeiführung tierschutzrechtlich ordnungsgemäßer Zustände durch die Behörden auch dem Schutz der (Grund-)Rechtspositionen des Tierhalters dienen, dürfen nicht durch einen Rückgriff auf die Generalklausel unterlaufen werden (in diesem Sinne auch Kluge, TierSchG, 1. Aufl. 2002, § 16a Rn. 15: "Reicht die Generalklausel unter Berücksichtigung der Schwere des Eingriffs als Rechtsgrundlage aus, scheitert ihre Anwendung nicht schon daran, dass es um Sachverhaltskonstellationen geht, die auch durch die Alternativen des Satzes 2 berührt werden. Auch insoweit hat die Behörde allerdings die gesetzlichen Vorgaben des Satzes 2 zu beachten."). Der klaren, im Gefahrenabwehrrecht gebräuchlichen Normsystematik steht die Verwendung des Adverbs "insbesondere" nicht entgegen. Der Begriff leitet - wie der Verwaltungsgerichtshof ebenfalls zutreffend ausgeführt hat - die Aufzählung spezieller Tatbestände und Rechtsfolgen in § 16a Abs. 1 Satz 2 TierSchG ein, die durch die Regelungen in Absatz 2 und 3 ergänzt werden, hält aber, falls im Anwendungsbereich der speziellen Norm deren tatbestandliche Voraussetzungen nicht erfüllt sind, nicht die Anwendung der Generalklausel offen.
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bb) Die auf das Verbot der Qualzucht bezogenen Fragen 2, 3, 4, 5, 6 und 8
"Stellt § 12 TierSchG ein unmittelbar geltendes Verbot oder lediglich eine Ermächtigungsgrundlage zum Erlass einer Rechtsverordnung dar?",
"Wie ist der Begriff "Züchten" i. S. d. § 11b TierSchG auszulegen? Verstößt eine Auslegung des Begriffs des "Züchten" i. S. d. § 11b TierSchG, wonach auch das bloße Aufziehen der Tiere ohne Vermehrungsintention unter den Begriff der Zucht gefasst werden kann, gegen das Verbot der Auslegung contra legem?",
"Kommt auf Grundlage des § 11b TierSchG eine Inanspruchnahme des Tierhalters nach den allgemeinen polizeirechtlichen Grundsätzen des Zustandsstörers in Betracht?",
"Ist Art. 21 des Anhangs der RL 98/58/EG im deutschen Recht unmittelbar anwendbar?",
"Kann aus dem Europäischen Übereinkommen zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen in Verbindung mit Art. 23 Abs. 1 S. 1 der Empfehlungen des auf Grundlage des Übereinkommens gebildeten ständigen Ausschusses ein Anspruch auf eine Haltungsuntersagung im Falle einer Haltung von qualgezüchteten Tieren hergeleitet werden?"
und
"Welches Gericht des Verwaltungsrechtswegs ist im Falle der Nichtzulassung der Revision durch das Berufungsgericht als Gericht letzter Instanz anzusehen?"
sind nicht entscheidungserheblich. Ist ein Urteil nebeneinander auf mehrere jeweils selbstständig tragende Begründungen gestützt, kann eine Revision nur dann zugelassen werden, wenn im Hinblick auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 11. Juli 2019 - 3 B 15.18 - juris Rn. 10 und vom 7. Dezember 2021 - 3 B 6.21 - juris Rn. 6, jeweils m. w. N.). Ein solcher Fall der Mehrfachbegründung liegt hier vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Annahme, der Kläger habe keinen Anspruch nach § 16a Abs. 1 Satz 1 TierSchG auf Untersagung der Putenhaltung der Beigeladenen aufgrund des Umstands, dass sie Puten der Zuchtlinie "B. U. T. 6" halte, die nach Auffassung des Klägers das Ergebnis gemäß § 11b TierSchG verbotener Qualzucht seien, nicht allein damit begründet, dass eine Rechtsgrundlage für die Untersagung der Haltung qualgezüchteter Tiere sich weder aus nationalem Recht noch aus europarechtlichen Vorschriften ergebe (UA S. 22 ff.). Es hat seine Annahme selbstständig tragend auch darauf gestützt, in tatsächlicher Hinsicht könne nicht festgestellt werden, dass Puten der Zuchtlinie "B. U. T. 6" das Ergebnis einer verbotenen Qualzüchtung im Sinne des § 11b TierSchG seien (UA S. 32 ff.). Im Hinblick auf diese Begründung hat der Kläger einen Zulassungsgrund nicht geltend gemacht.
14 cc) Die vier an diesen Fragenkomplex anknüpfenden Fragen (Beschwerdebegründung S. 55 ff.) für eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) beziehen sich - wie Frage 8 zur Vorlageverpflichtung gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV (s. o. bb) – ebenfalls allein auf den ersten Begründungsteil der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs und wären damit in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich.
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dd) Die Frage 7
"Kann derjenige, der durch sein Kaufverhalten den Anreiz für das Schnabelkupieren / ein rechtswidriges Verhalten schafft, nach polizeirechtlichen Grundsätzen als Störer in Anspruch genommen werden?"
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision. Die Entscheidungserheblichkeit wird hier zwar nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Verwaltungsgerichtshof seine Entscheidung selbstständig tragend auch darauf gestützt hat, dass der Verordnungsgeber das Halten von Wirbeltieren, an denen tierschutzwidrige Amputationen vorgenommen worden sind, nicht durch Erlass einer Rechtsverordnung auf der Grundlage von § 12 Abs. 2 Nr. 4 TierSchG verboten hat (UA S. 41). Denn in Bezug auf diese Begründung hat der Kläger mit der Frage 2 einen rechtsgrundsätzlichen Klärungsbedarf geltend gemacht (vgl. oben bb)). Es fehlt aber an hinreichenden Darlegungen im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO, inwiefern sich eine Störerhaftung der Beigeladenen unter den vom Verwaltungsgerichtshof festgestellten Umständen ergeben könnte. Das Berufungsgericht hat angenommen, die eigentliche und wesentliche Ursache für möglicherweise amputationsbedingte (längerfristige) Schmerzen werde allein durch die Brüterei gesetzt, die die Kürzung des Schnabels vornehme. Es bedeutete einen nicht zu vertretenden Wertungswiderspruch, wollte man durch die vom Kläger begehrte Untersagungsverfügung gegenüber der Beigeladenen einen unterstellt tierschutzwidrigen Zustand beseitigen, für dessen Schaffung einem anderen eine ausdrückliche behördliche Erlaubnis nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 TierSchG erteilt worden sei und der infolgedessen für den von ihm geschaffenen ordnungswidrigen Zustand aufgrund der Legalisierungswirkung der Genehmigung nicht herangezogen werden könnte (S. 44 f.). Die tatsächliche Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, es stehe zu erwarten, dass die Brüterei, von der die Beigeladene ihre schnabelkupierten Mastputenküken beziehe, über eine Erlaubnis gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 TierSchG verfüge (UA S. 45, s. auch S. 42), hat der Kläger nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffen. Der Senat ist daher revisionsrechtlich an sie gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO).
16 Mit dem Argument des Wertungswiderspruchs setzt sich die Beschwerde nicht auseinander (vgl. Beschwerdebegründung S. 51).
17 b) Auch die Verfahrensrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) greifen nicht durch.
18 aa) Die Rüge, der Verwaltungsgerichtshof habe dadurch gegen die Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) verstoßen, dass er mehrere vom Kläger aufgeworfene unionsrechtliche Fragestellungen nicht zum Anlass genommen habe, entweder die Revision zuzulassen oder die Fragen dem EuGH zur Klärung vorzulegen, verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.
19 Der EuGH ist gesetzlicher Richter im Sinne des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG (BVerfG, Beschluss vom 8. April 1987 - 2 BvR 687/85 - BVerfGE 75, 223 <233 f.> m. w. N.). Unter den Voraussetzungen des Art. 267 Abs. 3 AEUV sind die nationalen Gerichte von Amts wegen gehalten, den Gerichtshof anzurufen. Kommt ein deutsches Gericht seiner Pflicht zur Anrufung im Wege des Vorabentscheidungsverfahrens nicht nach, kann dem Rechtsschutzsuchenden des Ausgangsrechtsstreits der gesetzliche Richter entzogen sein (stRspr, BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. April 2022 - 2 BvR 1713/21 - juris Rn. 41 m. w. N.). Gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV sind nur letztinstanzliche Gerichte zur Vorlage verpflichtet. Letztinstanzliche Gerichte im Sinne dieser Vorschrift sind nationale Gerichte, gegen deren Entscheidungen kein Rechtsmittel mehr zulässig ist. Entscheidungen eines nationalen Rechtsmittelgerichts, die von den Parteien bei einem obersten Gericht angefochten werden können, stammen nicht von einem letztinstanzlichen Gericht im Sinne des Art. 267 Abs. 3 AEUV. Das gilt auch für den Fall, dass die Anfechtung der vorherigen Zulassung durch das oberste Gericht unterliegt, wenn Zweifel hinsichtlich der Auslegung des anwendbaren Unionsrechts zu einer Überprüfung durch das oberste Gericht führen können (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Juni 2002 - C-99/00 [ECLI:EU:C:2002:329] - Rn. 16 ff.). Danach hat der Verwaltungsgerichtshof den Anspruch des Klägers auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht verletzt. Er ist kein zur Vorlage verpflichtetes letztinstanzliches Gericht im Sinne von Art. 267 Abs. 3 AEUV, da sein Urteil gemäß § 133 Abs. 1, Abs. 3 Satz 3 i. V. m. § 132 Abs. 2 VwGO mit dem Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden kann (vgl. BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 28. August 2014 - 2 BvR 2639/09 - NVwZ 2015, 52 Rn. 46 und vom 25. Juni 2015 - 1 BvR 439/14 - juris Rn. 9; BVerwG, Beschluss vom 4. Januar 2022 - 1 B 100.21 - juris Rn. 14 m. w. N.). Ebenso wenig ergibt sich ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG daraus, dass der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil wegen der vom Kläger aufgeworfenen unionsrechtlichen Fragestellungen (auch) nicht die Revision zugelassen hat (BVerwG, Beschlüsse vom 12. Oktober 2010 - 7 B 22.10 - juris Rn. 9 und vom 4. Januar 2022 - 1 B 100.21 - a. a. O.).
20 bb) Die von der Beschwerde geltend gemachten Verletzungen des rechtlichen Gehörs liegen nicht vor.
21 (1) Der Kläger trägt vor, der Verwaltungsgerichtshof habe sich seinem Vorbringen zur Vorlagepflicht verschlossen, indem er nicht einmal ansatzweise in Betracht gezogen habe, dass die Grundsatzfragen 3, 5, 6 und 8 sowie alle Vorlagefragen unionsrechtlich zu verstehen seien.
22 Der in Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO gewährleistete Anspruch auf rechtliches Gehör verbürgt als "prozessuales Urrecht" den Beteiligten eines Gerichtsverfahrens, vor Erlass einer Entscheidung, die ihre Rechte betrifft, zu Wort kommen und mit ihren Ausführungen und Anträgen Einfluss auf das Verfahren nehmen zu können (vgl. BVerfG, Plenumsbeschluss vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 <408 f.>). Diese Ausführungen hat das Gericht zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Januar 2024 - 3 C 15.23 - juris Rn. 2). Das hat das Berufungsgericht getan: Es hat sich im Zusammenhang mit seinen Erwägungen dazu, ob § 16a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 11b TierSchG als Ermächtigungsgrundlage für eine Haltungsuntersagung bezüglich qualgezüchteter Tiere herangezogen werden kann, mit dem Unionsrecht befasst (UA S. 24 ff.). Dass es die Ansicht des Klägers nicht geteilt hat und von einer fehlenden Entscheidungserheblichkeit der Vorlagefragen für die zu treffende Entscheidung ausgegangen ist (UA S. 31), verletzt den Kläger nicht in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht nicht, der vom Kläger vertretenen Rechtsauffassung zu folgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. April 1983 - 2 BvR 678/81 u. a. - BVerfGE 64, 1 <12>). Abgesehen davon ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht, dass die Entscheidung auf dem geltend gemachten Gehörsverstoß beruhen kann. Der Kläger hat hinsichtlich des selbstständig tragenden Teils der Begründung des Verwaltungsgerichtshofs, wonach in tatsächlicher Hinsicht nicht festgestellt werden könne, dass Puten der Zuchtlinie "B. U. T. 6" das Ergebnis einer verbotenen Qualzüchtung im Sinne des § 11b TierSchG seien, keine Gehörsrüge erhoben.
23 (2) Als weiteren Gehörsverstoß rügt der Kläger, zur Aufnahme eines Schriftsatzes der Beigeladenen vom 12. März 2024 in die Gerichtsakte nach Aktenkundigkeit des Urteilstenors vom 7. März 2024 sei keine Anhörung erfolgt. Das Berufungsgericht habe den Schriftsatz bei Abfassung der schriftlichen Urteilsgründe gekannt. Das mache es möglich, dass er dabei eine Rolle gespielt habe.
24 Die Gehörsrüge ist nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend erhoben. Der Verwaltungsgerichtshof hat in den schriftlichen Urteilsgründen ausgeführt (UA S. 13), er habe im Zeitpunkt des Eingangs des Schriftsatzes am 12. März 2024 bereits der Bindungswirkung des § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 318 ZPO unterlegen, nachdem der Entscheidungstenor am 7. März 2024 zur Geschäftsstelle gelangt und den Beteiligten per Telefax bekannt gegeben worden sei. Ab diesem Zeitpunkt sei die Entscheidung für den Senat unabänderlich gewesen. Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Schriftsatz gebe dem Senat keine Veranlassung, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Der Verwaltungsgerichtshof hat dem Schriftsatz demnach keine Bedeutung für die Entscheidung beigemessen. Der Kläger zeigt mit seinem Beschwerdevorbringen nicht auf, inwiefern eine Gehörsverletzung im Hinblick auf die Ausführungen in dem ihm übermittelten verspäteten Schriftsatz vorliegen könnte.
25 3. Die Beschwerde der Beigeladenen bleibt ohne Erfolg.
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a) Die von ihr geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor. Die Fragen,
Kann von einer angemessenen verhaltensgerechten Unterbringung von Puten im Sinne des § 2 Nr. 1 TierSchG ausgegangen werden, wenn der Haltung regelmäßig eine Schnabelbehandlung im Sinne des § 6 Abs. 3 TierSchG vorausgeht?,
Ist eine verhaltensgerechte Unterbringung von Puten im Sinne des § 2 Nr. 1 TierSchG ausgeschlossen, wenn das Ruhebedürfnis der Tiere dahingehend eingeschränkt wird, dass ein erheblicher Teil der Herde sich zum Ruhen an einem beliebigen Ort im Stall am Boden niederlegen muss?
und
Ist eine verhaltensgerechte Unterbringung von Puten im Sinne des § 2 Nr. 1 TierSchG ausgeschlossen, wenn das Sozialverhalten der Tiere dahingehend eingeschränkt wird, dass diese aufgrund der Gruppengröße einzelne Tiere nur schwerlich als Individuum zu unterscheiden vermögen und die Fluchtmöglichkeiten begrenzt sind?,
sind einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich. Ihre Beantwortung ist von tatsächlichen Annahmen zu den Grundbedürfnissen von Puten und den jeweiligen Haltungsbedingungen abhängig. Die Haltungsbedingungen, für die die Beigeladene eine Klärung erstrebt, werden in den Fragen nicht hinreichend klar benannt ("regelmäßig", "erheblicher Teil der Herde", "aufgrund der Gruppengröße"). Darüber hinaus zeigt sie mit ihrem Beschwerdevorbringen nicht auf, dass die Fragen ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs zu den Grundbedürfnissen von Puten (UA S. 52 ff.) und dem bei der Beigeladenen konkret praktizierten Haltungssystem (UA S. 55 ff.) entscheidungserheblich wären. Verfahrensrügen gegen die Feststellungen hat sie nicht erhoben.
27 b) Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten Abweichung des angegriffenen Urteils von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zuzulassen.
28 Eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass die Entscheidung der Vorinstanz auf einem abstrakten Rechtssatz beruht, der in Widerspruch zu einem Rechtssatz steht, den das Bundesverwaltungsgericht in Anwendung derselben Rechtsvorschrift oder desselben Rechtsgrundsatzes aufgestellt hat (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 15. April 2021 - 3 B 9.20 - juris Rn. 26 und vom 18. Juli 2022 - 3 B 37.21 - Buchholz 418.5 Fleischbeschau Nr. 38 Rn. 9, jeweils m. w. N.). Die Divergenzrüge ist nur dann im Sinne von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde die ihrer Auffassung nach divergierenden Rechtssätze einander präzise gegenüberstellt. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen des Bundesverwaltungsgerichts genügt den Darlegungsanforderungen nicht (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 28. Dezember 2017 - 3 B 15.16 - NVwZ 2018, 830 Rn. 30 und vom 18. Dezember 2023 - 3 BN 11.22 - juris Rn. 6, jeweils m. w. N.).
29 Ausgehend hiervon liegen die Voraussetzungen einer die Revision eröffnenden Divergenz nicht vor. Soweit sich die Beschwerde auf den Senatsbeschluss vom 2. April 2014 - BVerwG 3 B 62.13 - juris Rn. 7 bezieht, nimmt sie nicht auf einen dort aufgestellten abstrakten Rechtssatz Bezug. Die Ausführungen des Senats zu der Frage, weshalb die vom damaligen Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz herausgegebenen "Leitlinien zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten" (Stand Juni 2009) sowie die im März 1999 herausgegebenen "Empfehlungen zur Freilandhaltung von Pferden" des Niedersächsischen Ministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Vermittlung von Sachkunde geeignet sind, ist ausschließlich auf die Pferdehaltung und die genannten Leitlinien und Empfehlungen bezogen (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2024 - 3 B 13.24 , 3 VR 1.24 - juris Rn. 15).
30 c) Die gerügten Verfahrensmängel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegen nicht vor.
31 aa) Die Beschwerde rügt als Versagung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO), der Verwaltungsgerichtshof habe weder im schriftlichen Verfahren noch in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass die Puteneckwerte 2013 nicht als Maßstab für eine art- und bedürfnisgerechte Ernährung, Pflege und Unterbringung von Puten herangezogen werden könnten und keine als antizipiertes Gutachten einzuordnende fachwissenschaftliche Einschätzung darstellten. Er habe insoweit eine Überraschungsentscheidung getroffen.
32 Eine gerichtliche Entscheidung stellt sich dann als unzulässiges "Überraschungsurteil" dar, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit welcher insbesondere der unterlegene Beteiligte nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen brauchte (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25. Mai 2001 - 4 B 81.00 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 34 S. 20 f. und vom 2. März 2010 - 6 B 72.09 - NVwZ 2010, 845 Rn. 14, jeweils m. w. N.). So liegt es hier nicht.
33 Der Inhalt der Puteneckwerte 2013 und die Frage ihrer tierschutzrechtlichen Bedeutung waren im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Gegenstand des Beteiligtenvortrags und der vom Gericht und den Beteiligten eingeholten bzw. vorgelegten gutachterlichen Stellungnahmen. Danach musste die Beigeladene damit rechnen, dass das Berufungsgericht die Puteneckwerte 2013 als Maßstab für eine art- und bedürfnisgerechte Ernährung, Pflege und Unterbringung von Puten infrage stellen könnte. Das Gericht ist im Übrigen nicht aus § 86 Abs. 3 VwGO verpflichtet, die Beteiligten schon in der mündlichen Verhandlung auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung des Prozessstoffes hinzuweisen und offenzulegen, wie es seine Entscheidung im Einzelnen zu begründen beabsichtigt. Die tatsächliche und rechtliche Würdigung ergibt sich regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. Juni 2020 - 2 B 26.19 - Buchholz 316 § 48 VwVfG Nr. 145 Rn. 34 ff. m. w. N.).
34 bb) Die Beigeladene sieht den Überzeugungsgrundsatz (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO) dadurch verletzt, dass der Verwaltungsgerichtshof die Puteneckwerte 2013 weder dem gerichtlich eingeholten Sachverständigengutachten noch der Empfehlung des Ständigen Ausschusses des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen gegenübergestellt habe, bevor er die Puteneckwerte 2013 aufgrund einer knappen Formulierung im Vorwort als ungeeignete Erkenntnisquelle eingestuft habe. Dies sei jedoch angezeigt gewesen, da die sachverständigen Äußerungen erkennbar voneinander abwichen und gegeneinander abzuwägen gewesen seien.
35 Das Gericht verstößt gegen das Gebot des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen, wenn es von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, insbesondere Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. November 2017 - 3 B 33.16 - ZOV 2017, 213 Rn. 9). Die Beschwerde legt entgegen den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO nicht dar, aus welchen Gründen sich der Verwaltungsgerichtshof ausgehend von seiner Rechtsauffassung, die Puteneckwerte 2013 schieden als Maßstab oder Konkretisierungshilfe für eine art- und bedürfnisgerechte Ernährung, Pflege und Unterbringung von Puten aus, mit den angeführten Gesichtspunkten hätte auseinandersetzen müssen. Sie beschränkt sich auf die allgemeine Feststellung, dass das Berufungsgericht, hätte es seine Überzeugung aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gebildet und die Puteneckwerte 2013 in seiner Entscheidungsbegründung berücksichtigt, womöglich eine andere Entscheidung über die Angemessenheit der Beeinträchtigung des Ruhe- und Sozialverhaltens und somit auch über die Begründetheit der Klage getroffen hätte. Damit zeigt sie keinen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz auf.
36 cc) Die Beigeladene macht geltend, der Verwaltungsgerichtshof habe allgemeine Äußerungen des Sachverständigen zu möglichen Beeinträchtigungen von Puten einschränkungslos auf ihren Betrieb übertragen. Insbesondere habe das Gericht keine Feststellungen zur belegten Grundfläche des Stalls und dem Vorhandensein von Untergruppierungen in den Putenherden getroffen. Mit diesem Vorbringen zeigt sie den gerügten Aufklärungsmangel nicht auf. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht hat sie es versäumt, durch Stellung von Beweisanträgen gemäß § 86 Abs. 2 VwGO auf die von ihr vermissten Feststellungen hinzuwirken (vgl. GA Bl. 3961 ff.). Sie legt auch nicht dar, dass sich dem Berufungsgericht eine entsprechende Beweiserhebung hätte aufdrängen müssen.
37 Die Kostenentscheidung in Bezug auf die erfolglosen Beschwerden des Klägers und der Beigeladenen ergibt sich aus § 154 Abs. 2 und 3 VwGO, § 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO. Im Übrigen bleibt die Entscheidung über die Kosten der Schlussentscheidung vorbehalten.
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Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 sowie § 52 Abs. 1 GKG. Die vorläufige Streitwertfestsetzung für das Revisionsverfahren hat ihre Grundlage in § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG.
Rechtsbehelfsbelehrung
Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 3 C 2.25 fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beklagten bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig einzureichen.
Für die Beteiligten besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Die Beteiligten müssen sich durch Bevollmächtigte im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwGO, § 5 Nr. 6 Alt. 2 RDGEG vertreten lassen.