Verfahrensinformation

Die Verfahren betreffen die Rückforderung von Ausbildungskosten von ehemaligen Soldaten auf Zeit.


Die Kläger absolvierten als Soldaten ein Hochschulstudium (überwiegend Humanmedizin), verließen die Bundeswehr jedoch vor Ablauf ihrer Verpflichtungszeit. Die Beklagte forderte daraufhin die Ausbildungskosten zurück, die in der Mehrzahl der Fälle aus dem während des Studiums an einer zivilen Universität vom Bund erhaltenen Ausbildungsgeld bestanden. Des Weiteren wurden Kosten für Fachlehrgänge zurückgefordert, die die Soldaten nach Abschluss des Hochschulstudiums besuchten. Die zum Teil sechsstelligen Rückforderungssummen stundete die Beklagte bei einer Verzinsung von 4 % und räumte den ehemaligen Soldaten in Abhängigkeit von ihrer Vermögens- und Einkommenssituation Ratenzahlung ein.


Die hiergegen gerichteten Klagen haben in den Vorinstanzen in überwiegendem Umfang keinen Erfolg gehabt. In den teils von den Berufungsgerichten und teils vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revisionen wird u. a. die Frage zu klären sein, ob die Zinshöhe von 4 % bei der Stundung einer öffentlich-rechtlichen Forderung angesichts der schon länger anhaltenden Niedrigzinsphase rechtmäßig ist.


Pressemitteilung Nr. 26/2017 vom 12.04.2017

Bundeswehrärzte, die ihren Dienst vorzeitig quittieren, müssen dem Bund die Ausbildungskosten erstatten

Soldaten auf Zeit, die auf Kosten des Bundes ein Hochschulstudium absolvieren, die Bundeswehr jedoch vor Ablauf ihrer Verpflichtungszeit verlassen, sind grundsätzlich verpflichtet, dem Bund die Ausbildungskosten zu erstatten. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Bei den Klägern handelt es sich um ehemalige Soldaten auf Zeit, die während ihrer Bundeswehrzeit auf Kosten des Bundes ein Hochschulstudium absolviert haben, in der großen Mehrheit der Fälle Humanmedizin. Nach der Verpflichtungserklärung der Kläger hätten diese für einen Zeitraum von rd. zehn Jahren nach Abschluss des Studiums in der Bundeswehr als Sanitätsoffiziere Dienst leisten müssen. Die Kläger haben jedoch bereits nach etwa zwei bis drei Jahren die Bundeswehr verlassen, um einer zivilen Berufstätigkeit nachzugehen. Der Bund hat daraufhin von den Klägern das während des Studiums erhaltene Ausbildungsgeld von monatlich rd. 1 800 € sowie Fachausbildungskosten zurückgefordert, die nach dem Studium während der Tätigkeit als Sanitätsoffizier entstanden sind. Zur Begleichung der durchweg sechsstelligen Rückforderungssummen hat der Bund im Rahmen des ihm zur Vermeidung von Härtefällen eingeräumten Ermessens den Klägern Stundung und Ratenzahlung gewährt. Für die gestundeten Beträge wurde ein Zinssatz von 4 % festgesetzt.


Die hiergegen gerichteten Klagen und Berufungsverfahren sind in ganz überwiegendem Umfang ohne Erfolg geblieben. Einige Verwaltungsgerichte haben mit Blick auf die anhaltende Niedrigzinsphase den Zinssatz abgesenkt. Die teilweise umfänglich und teilweise nur wegen der Festsetzung von Zinsen zugelassenen Revisionen haben zum Teil Erfolg gehabt.


Grundsätzlich hat der Bund zu Recht das während des Studiums gewährte Ausbildungsgeld und die im Anschluss entstandenen Fachausbildungskosten zurückgefordert. Die gesetzlich vorgesehene Rückzahlungsverpflichtung verletzt nicht das Eigentumsrecht des ehemaligen Soldaten, sondern sie stellt einen angemessenen Ausgleich für die berechtigten, jedoch enttäuschten Erwartungen des Bundes dar, dass ihm der Soldat die auf Kosten des Bundes erworbenen Spezialkenntnisse und Fähigkeiten bis zum Ende der Verpflichtungszeit zur Verfügung stellen wird. Der Rückzahlungsverpflichtung kommt auch eine verhaltenssteuernde Wirkung zu. Sie soll Soldaten davon abhalten, entgegen ihrer Verpflichtungserklärung vorzeitig ihren Dienst aufzugeben und so die Personalplanung und Verteidigungsbereitschaft der Bundeswehr zu gefährden. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht seine ständige Rechtsprechung bestätigt.


In zwei Punkten ist jedoch eine Korrektur an der Berechnungspraxis der Bundeswehr vorzunehmen. So ist es im Hinblick auf die Härtefallregelung ermessensfehlerhaft, wenn Zeiten, in denen approbierte Sanitätsoffiziere vollen Dienst als Arzt in einem Bundeswehrkrankenhaus leisten, nicht zur Verringerung der Rückzahlungsverpflichtung führen (sog. Abdienquote). Das gilt auch dann, wenn sie zu dieser Zeit eine einer zivilen Facharztausbildung ähnliche Fachausbildung erhalten. Maßgeblich ist allein, dass sie mit der ärztlichen Tätigkeit nach den Vorgaben der Bundeswehr die berechtigten Erwartungen des Bundes an ihre Dienstleistung als Arzt erfüllen.


Zudem ist die Festsetzung von Zinsen rechtswidrig. Hierfür fehlt es an der erforderlichen gesetzlichen Grundlage. Die Ermessensvorschrift, welche dem Bund den (Teil-) Verzicht auf die Rückforderung in Härtefällen erlaubt, kann nicht herangezogen werden, um zusätzliche Belastungen wie Zinsen zu rechtfertigen.


Fußnote:

§ 56 Abs. 4 Soldatengesetz 1995 lautet:


Ein Soldat auf Zeit, dessen militärische Ausbildung mit einem Studium oder einer Fachausbildung verbunden war, muß die entstandenen Kosten des Studiums oder der Fachausbildung erstatten, wenn er auf seinen Antrag entlassen worden ist oder er seine Entlassung nach § 55 Abs. 4 Satz 1 vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat. Ein Sanitätsoffizier-Anwärter muß das ihm gewährte Ausbildungsgeld erstatten, wenn er


1. seiner Berufung in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten nicht zugestimmt hat, es sei denn, daß seine Dienstzeit im Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit auf Grund freiwilliger Verpflichtung auf die Dauer von fünfzehn Jahren festgesetzt wird,


2. auf seinen Antrag entlassen worden ist oder


3. seine Entlassung nach § 55 Abs. 4 Satz 1 vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat.


Auf die Erstattung kann ganz oder teilweise verzichtet werden, wenn sie für den Soldaten eine besondere Härte bedeuten würde.


BVerwG 2 C 16.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Lüneburg, 5 LB 156/15 - Urteil vom 26. April 2016 -

VG Braunschweig, 7 A 144/13 - Urteil vom 24. März 2015 -

BVerwG 2 C 5.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Münster, 1 A 10/14 - Urteil vom 24. Februar 2016 -

VG Köln, 9 K 6900/12 - Urteil vom 15. November 2013 -

BVerwG 2 C 8.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Münster, 1 A 9.14 - Urteil vom 24. Februar 2016 -

VG Köln, 9 K 4155/12 - Urteil vom 15. November 2013 -

BVerwG 2 C 14.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Lüneburg, 5 LB 154/15 - Urteil vom 26. April 2016 -

VG Göttingen, 1 A 142/13 - Urteil vom 11. März 2015 -

BVerwG 2 C 15.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Lüneburg, 5 LB 61/15 - Urteil vom 26. April 2016 -

VG Hannover, 2 A 3282/13 - Urteil vom 16. Oktober 2014 -

BVerwG 2 C 4.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Münster, 1 A 335/14 - Urteil vom 24. Februar 2016 -

VG Düsseldorf, 10 K 5420/13 - Urteil vom 30. Dezember 2013 -

BVerwG 2 C 23.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

VGH Mannheim, 4 S 2237/15 - Urteil vom 06. Juli 2016 -

VG Stuttgart, 6 K 3626/14 - Urteil vom 20. Oktober 2015 -

BVerwG 2 C 24.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

VGH Mannheim, 4 S 1492/15 - Urteil vom 06. Juli 2016 -

VG Sigmaringen, 7 K 1974/13 - Urteil vom 31. März 2015 -

BVerwG 2 C 29.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Koblenz, 10 A 10935/14.OVG - Urteil vom 06. Februar 2105 -

VG Koblenz, 1 K 381/13.KO - Urteil vom 08. Januar 2014 -

BVerwG 2 C 47.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Koblenz, 10 A 10933/14 - Urteil vom 06. Februar 2015 -

VG Koblenz, 1 K 629/13.KO - Urteil vom 08. Januar 2014 -

BVerwG 2 C 48.16 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Koblenz, 10 A 10931/14.OVG - Urteil vom 06. Februar 2015 -

VG Koblenz, 1 K 1166/12.KO - Urteil vom 08. Januar 2014 -

BVerwG 2 C 3.17 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Schleswig, 2 LB 13/15 - Urteil vom 10. März 2017 -

VG Schleswig, 12 A 26/13 - Urteil vom 04. Dezember 2014 -

BVerwG 2 C 1.17 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Münster, 1 A 795/14 - Urteil vom 20. Juli 2016 -

VG Düsseldorf, 10 K 9026/12 - Urteil vom 19. Februar 2014 -

BVerwG 2 C 2.17 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Münster, 1 A 797/14 - Urteil vom 20. Juli 2016 -

VG Düsseldorf, 10 K 9101/12 - Urteil vom 04. März 2014 -

BVerwG 2 C 9.17 - Urteil vom 12. April 2017

Vorinstanzen:

OVG Münster, 1 A 829/14 - Urteil vom 09. November 2016 -

VG Düsseldorf, 10 K 3411/13 - Urteil vom 19. Februar 2014 -


Beschluss vom 23.01.2017 -
BVerwG 2 B 65.16ECLI:DE:BVerwG:2017:230117B2B65.16.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.01.2017 - 2 B 65.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:230117B2B65.16.0]

Beschluss

BVerwG 2 B 65.16

  • VG Schleswig - 04.12.2014 - AZ: VG 12 A 26/13
  • OVG Schleswig - 10.03.2016 - AZ: OVG 2 LB 13/15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Januar 2017
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner und Dr. Günther
beschlossen:

  1. Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. März 2016 wird aufgehoben, soweit in dem Urteil die Klage bezüglich des festgesetzten jährlichen Zinssatzes von 4 % für die gestundete Forderung abgewiesen wird. In diesem Umfang wird die Revision zugelassen.
  2. Im Übrigen wird die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. März 2016 zurückgewiesen.
  3. Soweit die Beschwerde zurückgewiesen wird, trägt der Kläger die Gerichtskosten; im Übrigen ist das Beschwerdeverfahren gerichtsgebührenfrei. Von den außergerichtlichen Kosten des gesamten Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger 24/25. Die Entscheidung über die restlichen Kosten des gesamten Beschwerdeverfahrens bleibt der Schlussentscheidung in der Hauptsache vorbehalten.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 98 772,27 € und für das Revisionsverfahren - insoweit vorläufig - auf 3 950,89 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat teilweise - in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang - Erfolg.

2 1. Der Kläger, ein ehemaliger Arzt im Sanitätsdienst der Bundeswehr, wendet sich gegen die Rückforderung von Ausbildungsgeld und Fachausbildungskosten.

3 Der Kläger wurde auf Grundlage einer für sechzehn Jahre abgegebenen Verpflichtungserklärung als Anwärter in die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes eingestellt und in das Soldatenverhältnis auf Zeit berufen. Von 1998 bis 2004 war er zum Medizinstudium beurlaubt. Im Oktober 2004 wurde ihm die Approbation als Arzt erteilt und er zum Stabsarzt ernannt. Daraufhin wurde sein Dienstzeitende auf den Ablauf des 30. Juni 2013 festgesetzt. In der Folgezeit absolvierte er mehrere Fort- und Weiterbildungen.

4 Der Kläger wurde mit Wirkung vom Mai 2008 in ein Beamtenverhältnis auf Zeit bei einer Universität berufen und schied gleichzeitig aus dem Soldatenverhältnis aus. Daraufhin forderte die Beklagte mit Leistungsbescheid den Kläger auf, das ihm als Sanitätsoffizier-Anwärter gewährte Ausbildungsgeld sowie im Rahmen seiner ärztlichen Aus- und Weiterbildungen entstandene Fachausbildungskosten (insgesamt knapp 100 000,00 €) zu erstatten. Die Beklagte gewährte dem Kläger eine verzinsliche Stundung durch Einräumung von Ratenzahlungen in Höhe von monatlich 65,00 € und setzte die Stundungszinsen auf 4 % fest. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte zurück, setzte jedoch aufgrund geänderter Annahmen zu den Einkommensverhältnissen des Klägers die monatliche Rückzahlungsrate auf 460,00 € herauf. Auf die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht den Leistungsbescheid im Wesentlichen mit der Begründung aufgehoben, dass die Berechnung der sog. Abdienzeit fehlerhaft erfolgt sei. Auf die Berufung der Beklagten, welche lediglich einen Teilbetrag betraf, der gegenüber der ursprünglichen Forderung geringfügig abgesenkt war, hat das Berufungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts entsprechend dem Berufungsantrag abgeändert und die Klage im Übrigen - betreffend einen Rückforderungsbetrag von 98 772,27 € - abgewiesen. Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass die Voraussetzungen für die Rückforderung des Ausbildungsgeldes und der Fachausbildungskosten vorlägen; auch die von der Beklagten getroffene Regelung zu den Ratenzahlungen sei nicht zu beanstanden.

5 2. Die Revision ist hinsichtlich der Frage zuzulassen,
ob angesichts des historisch niedrigen Zinsniveaus eine Verzinslichstellung des gestundeten Betrags von 4 % zulässig ist.

6 Zu der Frage, ob es auch angesichts der derzeitigen langjährigen Niedrigzinsphase noch zulässig ist, einen Zins in Höhe von 4 % für die Stundung von Rückzahlungsforderungen zu erheben, gibt es bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung. Die Frage wird unter den Oberverwaltungsgerichten unterschiedlich beurteilt (vgl. OVG Weimar, Urteil vom 12. November 2015 - 2 KO 171/15 - juris Rn. 33 einerseits, OVG Münster, Urteil vom 24. Februar 2016 - 1 A 335/14 - juris Rn. 75 ff. andererseits). Die Revision ist deshalb wegen dieser Frage zuzulassen.

7 3. Im Übrigen ist die Revision nicht zuzulassen.

8 a) Die Sache hat keine über die Zinsfrage hinausgehende grundsätzliche Bedeutung. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, wenn sie eine Frage des revisiblen Rechts von allgemeiner, über den Einzelfall hinausreichender Bedeutung aufwirft, die im konkreten Fall entscheidungserheblich ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 24. Januar 2011 - 2 B 2.11 - NVwZ-RR 2011, 329 Rn. 5 und vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 9). Entscheidungserheblich sind solche Rechtsfragen, die für die Entscheidung des Berufungsgerichts tragend gewesen sind und die im Rahmen des Revisionsverfahrens vom Bundesverwaltungsgericht zu beantworten wären.

9 Der vom Kläger aufgeworfenen Frage,
"ob die Beklagte, wenn sie sich entschließt, eine Ratenzahlung zu gewähren, die daraus resultierende Zahlungspflicht sich auf das gesamte weitere Berufsleben des Soldaten erstrecken darf",
kommt die geltend gemachte rechtsgrundsätzliche Bedeutung nicht zu.

10 Die Beschwerde hat schon nicht im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend dargelegt, dass die Rückzahlungsverpflichtung sich bei dem Kläger auf das gesamte weitere Berufsleben erstreckt. Zum einen hat der Kläger keine Angaben zu seinen gegenwärtigen Einkommensverhältnissen gemacht, die sich nach dem angefochtenen Bescheid auf die Ratenhöhe und damit auch auf die Stundungslaufzeit auswirken kann. Zum anderen hat er selbst keine Berechnung vorgenommen, auf deren Grundlage davon auszugehen wäre, dass sich die Rückzahlungsverpflichtung über den gesamten Zeitraum seines weiteren Berufslebens erstrecken würde. Ausgehend von dem im Bescheid vorgesehenen Zahlungsbeginn im Jahr 2010 sowie bei angenommener Dauer des Berufslebens bis zur Vollendung des 67. Lebensjahrs und einer - unterstellt - gleichbleibenden Rate von 460,00 Euro monatlich wäre zudem nach den Grundsätzen eines Annuitätendarlehens davon auszugehen, dass auch bei einem Zinssatz von 4 % p.a. der Gesamtbetrag noch vor dem Ende des Berufslebens des Klägers zurückgezahlt wäre. Die Laufzeit der Ratenzahlung betrüge etwa 31,5 Jahre und führte zu einer vollständigen Rückzahlung im Jahr 2042. Der 1978 geborene Kläger wird aber voraussichtlich bis 2045 beruflich tätig sein. Die Frage ist damit nicht entscheidungserheblich.

11 Im Übrigen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass die Zahlungspflicht grundsätzlich nicht während des gesamten weiteren Berufslebens des ehemaligen Soldaten andauern darf, sondern zeitlich begrenzt sein muss (BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 C 18.05 - Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 Rn. 24; Beschluss vom 22. September 2016 - 2 B 25.15 - juris Rn. 40). Auch deswegen bedarf es keiner Klärung dieser Frage in einem Revisionsverfahren.

12 Sollte die Beschwerde so zu verstehen sein, dass der Kläger die Frage für rechtsgrundsätzlich ansieht, ob schon in dem Rückforderungsbescheid ein konkret bestimmtes Ende der Rückzahlungsverpflichtung, unabhängig von dem bis dahin getilgten Betrag, festgelegt werden muss (in diesem Sinne auch OVG Münster, Urteil vom 20. April 2015 - 1 A 1242/12 - juris Rn. 113), so ist auch diese Rechtsfrage bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Einer solchen Festlegung im Rückzahlungsbescheid bedarf es nicht. Die Begrenzung der an sich bestehenden Verpflichtung zur vollständigen und sofortigen Rückzahlung der Aus- und Fortbildungskosten folgt daraus, dass die Erstattung der Ausbildungskosten den ehemaligen Soldaten nicht in eine wirtschaftliche Notlage bringen darf (BVerfG, Beschluss vom 22. Januar 1975 - 2 BvL 51/71 und 10, 14/73 - BVerfGE 39, 128 <143>; BVerwG, Beschluss vom 22. September 2016 - 2 B 25.15  - juris Rn. 40). Um dem zu begegnen, hat der Dienstherr gegebenenfalls im Rahmen des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auf einen Teil der Rückforderung zu verzichten oder Stundung und Ratenzahlung zu gewähren. Der Umfang von Verzicht, Stundung und Ratenhöhe hängt wegen der Zielsetzung der Vermeidung einer wirtschaftlichen Notlage stark von den Einkommens- und Vermögensverhältnissen des ehemaligen Soldaten ab (BVerwG, Urteil vom 30. März 2006 - 2 C 18.05 - Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 Rn. 24). Diese Faktoren werden in aller Regel über einen hier regelmäßig relevanten Zeitraum von mehreren Jahrzehnten beruflicher Tätigkeit nicht einheitlich zu bewerten sein. Während der berufliche Werdegang in vielen Fällen zu einer kontinuierlichen Verbesserung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse führen wird, kann in einzelnen Fällen auch eine gegenteilige Entwicklung eintreten. Wegen dieser Ungewissheiten steht die Ratenhöhe in den Bescheiden der Beklagten auch unter dem Vorbehalt einer jährlichen Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung an veränderte wirtschaftliche Verhältnisse. Gerade vor dem Hintergrund sich verändernder Einkommens- und Vermögensverhältnisse vermag eine bereits mit dem Ausgangsbescheid vorgenommene starre zeitliche Begrenzung der Rückzahlungspflicht nicht zwingend das Maß wirtschaftlicher Zumutbarkeit der Rückzahlung mit Wirkung für die Zukunft bereits angemessen festzulegen. Denn auch der angemessene Zeitpunkt der Beendigung der Rückzahlungsverpflichtung kann von den dann bestehenden Einkommens- und Vermögensverhältnissen abhängen (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17. Dezember 2015 - 7 B 27.14 - juris Rn. 61 ff.; VGH Mannheim, Urteil vom 6. Juli 2016 - 4 S 1492/15 - juris Rn. 63 ff.).

13 Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe der Beklagten, während der laufenden Rückzahlung die Einkommens- und Vermögenssituation des ehemaligen Soldaten im Blick zu behalten, um nicht nur die Höhe der Rate, sondern auch die mögliche vorzeitige Beendigung der Rückzahlungsverpflichtung in angemessenem Umfang anzupassen bzw. zu bestimmen. Einer Vorab-Festlegung bedarf es nach der genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Rückforderungsverlangen nach § 56 Abs. 4 SG nicht.

14 Soweit der Kläger darüber hinaus einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausgestaltung der konkreten Stundungsregelung sieht, bezieht er sich allein auf die Rechtsanwendung in seinem einzelnen Fall. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist hieraus nicht herzuleiten.

15 b) Die gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor. Der Sache nach rügt der Kläger eine Verletzung des richterlichen Überzeugungsgrundsatzes gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO, eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO sowie einen Verstoß gegen das durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährte rechtliche Gehör. Die Verfahrensrügen stützt er - vereinfacht dargestellt - darauf, dass seine im Berufungsverfahren geäußerte Rechtsauffassung keinen hinreichenden Niederschlag in der Entscheidung des Berufungsgerichts gefunden hat bzw. dieses weitere Ermittlungen hätte anstellen müssen.

16 Nach § 108 Abs. 1 VwGO hat das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Es darf nicht einzelne erhebliche Tatsachen oder Beweisergebnisse aus seiner Würdigung ausblenden. Im Übrigen darf es zur Überzeugungsbildung die ihm vorliegenden Tatsachen und Beweise frei würdigen. Die Einhaltung der verfahrensrechtlichen Grenzen zulässiger Sachverhalts- und Beweiswürdigung ist deshalb nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter das vorliegende Tatsachenmaterial anders würdigt oder aus ihm andere Schlüsse ziehen will als das Gericht. Diese Grenzen sind erst dann überschritten, wenn es nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt, oder wenn die von ihm gezogenen tatsächlichen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen. Die Beweiswürdigung des Tatsachengerichts darf vom Revisionsgericht nicht daraufhin überprüft werden, ob sie überzeugend ist, ob festgestellte Einzelumstände mit dem ihnen zukommenden Gewicht in die abschließende Würdigung des Sachverhalts eingegangen sind und ob solche Einzelumstände ausreichen, die Würdigung zu tragen. Solche Fehler sind revisionsrechtlich regelmäßig nicht dem Verfahrensrecht, sondern dem materiellen Recht zuzuordnen und können einen Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO deshalb grundsätzlich nicht begründen (BVerwG, Beschlüsse vom 26. November 2013 - 8 B 20.13 - ZOV 2014, 48 Rn. 14 und vom 9. Juni 2015 - 6 B 59.14 - Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 11 Rn. 53).

17 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erfordert die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich oder geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Tatsachengerichts zu einer für den Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätten führen können. Die Aufklärungsrüge stellt zudem kein Mittel dar, um Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten in der Tatsacheninstanz zu kompensieren, vor allem wenn er es unterlassen hat, einen Beweisantrag zu stellen. Deshalb muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (BVerwG, Urteil vom 22. Januar 1969 - 6 C 52.65 - BVerwGE 31, 212 <217 f.>; Beschlüsse vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 (n.F.) VwGO Nr. 26 S. 14, vom 13. Juli 2007 - 9 B 1.07 - juris Rn. 2 und vom 29. Juli 2015 - 5 B 36.14 - juris Rn. 7).

18 Das Recht auf Gewährung rechtlichen Gehörs gewährleistet jedem Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit, zu dem gesamten Stoff des gerichtlichen Verfahrens in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht Stellung zu nehmen. Das Gericht darf bei seiner Entscheidung nur solche Teile des Prozessstoffes berücksichtigen, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Dies setzt deren Kenntnis vom Prozessstoff voraus (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. Februar 1994 - 1 BvR 765, 766/89 - BVerfGE 89, 381<392> und vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 - BVerfGE 101, 106 <129>). Darüber hinaus darf das Gericht seine Entscheidung nicht ohne vorherigen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützen, mit dem auch ein sorgfältiger Verfahrensbeteiligter nicht zu rechnen brauchte (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 29. Mai 1991 - 1 BvR 1383/90 -BVerfGE 84, 188 <190> und vom 19. Mai 1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133 <144 f.>).

19 Diese Grundsätze sind nicht verletzt. Im Einzelnen:

20 Die Beschwerde beanstandet zunächst, dass das Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigt habe, dass sich der Kläger auf die latente Gefahr der Herbeiführung einer wirtschaftlichen Notlage durch die getroffene Stundungsregelung berufen habe. Hierdurch habe das Gericht gegen seine Verpflichtung zur Gewährung rechtlichen Gehörs sowie gegen seine Aufklärungspflicht verstoßen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers ist indes nicht gegeben, weil sich das Berufungsgericht intensiv mit der sogenannten Härtefallklausel und der darauf beruhenden Stundungsregelung auseinander gesetzt hat. Insbesondere ist es dabei auch auf Umstände der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eingegangen. Im Hinblick auf die geltend gemachte Verletzung der Aufklärungspflicht lässt die Beschwerde nicht erkennen, welche konkreten Tatsachen das Ergebnis weiterer Ermittlungen hätten sein können. Das insoweit genannte mögliche Ergebnis einer Beweisaufnahme, "dass die Beklagte selbst in laufenden Verfahren, zur Vermeidung einer besonderen Härte gemäß § 56 SG, laufend eine Stundungsregelung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Beamtenrecht einsetzt", lässt völlig im Unklaren, worauf die Beschwerde sich stützt.

21 Soweit die Beschwerde beanstandet, dass das Berufungsgericht die progressiv gestaltete Abdienquote für rechtmäßig erachtet hat, legt sie keinerlei Verfahrensfehler dar (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Sie setzt vielmehr ihre Rechtsauffassung im Stil der Begründung eines bereits zugelassenen Rechtsmittels der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts entgegen.

22 Soweit die Beschwerde einen Verfahrensfehler des Weiteren darin sieht, dass das Berufungsgericht die Zeiten nach der Approbation des Klägers nicht hinreichend als Zeiten gewürdigt habe, in denen er zugunsten der Beklagten den Arztberuf ausgeübt habe, legt sie ebenfalls nicht hinreichend dar, welches Verfahrensrecht sie hierdurch als verletzt ansieht. Die Berufung auf eine nicht ordnungsgemäße Feststellung des Sachverhalts, überzeugt nicht. Denn das Berufungsgericht hat zugunsten des Klägers unterstellt, dass er in dieser Zeit "den üblichen Dienst eines Klinikarztes verrichtet hat". Damit wendet sich die Beschwerde auch in diesem Punkt nur gegen die rechtliche Bewertung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht. Ein Verfahrensfehler ist nicht hierauf zu begründen.

23 Schließlich stellt auch die Rüge, das Berufungsgericht habe verkannt, dass der Kläger bereits seit dem 13. Juli 2004 der Beklagten seine uneingeschränkte Arbeitskraft zur Verfügung gestellt habe, nur einen weiteren Versuch dar, der Rechtsansicht des Berufungsgerichts, wonach die Zeit während der Fachausbildung und während des "Arztes im Praktikum" nicht als Abdienzeit anzuerkennen sei, die eigene, abweichende Rechtsauffassung entgegenzustellen. Dass der Kläger bereits nach der Beendigung des Studiums ab Juli 2004 als Arzt (im Praktikum) bei der Beklagten tätig war, hat das Berufungsgericht erkannt, in Tatbestand und Entscheidungsgründen kenntlich gemacht, jedoch rechtlich anders gewürdigt als der Kläger.

24 4. Die Kostenentscheidung folgt, soweit die Beschwerde zurückgewiesen wird, aus § 154 Abs. 2 VwGO. Soweit die Revision zugelassen wird (hinsichtlich der Höhe der Stundungszinsen), bleibt die Entscheidung über die Kosten der Schlussentscheidung in der Hauptsache vorbehalten.

25 Bei einer Nichtzulassungsbeschwerde, die nur hinsichtlich eines Teils eines (teilbaren) Streitgegenstandes Erfolg hat, bedarf es einer Aufspaltung des Kostenausspruchs hinsichtlich der Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen, vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 <a.E.> i.V.m. Abs. 2 Nr. 1 GKG) einerseits und der außergerichtlichen Kosten andererseits. Dies beruht darauf, dass die erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde (teilweise) gesonderte Kosten auslöst: Für die Rechtsanwaltsgebühren ergibt sich dies aus § 16 Nr. 11 RVG. Diese außergerichtlichen Kosten können im Streitfall derzeit noch nicht verteilt werden, weil über diesen Teil des Streitgegenstandes noch nicht entschieden ist. Eine Gerichtsgebühr fällt dagegen für die erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde nicht an (vgl. die Anmerkung nach Nr. 5501 des Kostenverzeichnisses der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG). Daher kann der Senat als Beschwerdegericht derzeit nur aussprechen, dass der Kläger die Gerichtsgebühren für den erfolglosen Teil der Beschwerde - insoweit abschließend und zur Gänze - und hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens anteilig zu tragen hat, wobei sich insoweit die Quote ihrer Kostentragungslast nach dem Wert des erfolglosen Teils der Beschwerde im Verhältnis zum Gesamtwert des Beschwerdegegenstandes richtet. Dieser beträgt hier 96 v.H. oder 24/25. Zwar sind die Stundungszinsen, wegen deren Höhe die Revision zugelassen wird, eine Nebenforderung, die neben dem Hauptanspruch (dem geltend gemachten Rückforderungsbetrag gemäß § 56 Abs. 4 SG) nicht streitwerterhöhend wirkt (§ 43 Abs. 1 GKG); im Revisionsverfahren dagegen ist diese Nebenforderung, weil der Hauptanspruch nicht betroffen ist, die maßgebliche Größe für die Bemessung des Streitwerts (§ 43 Abs. 2 GKG). Dies führt zu einer Kostenquotelung trotz vollständigen Unterliegens hinsichtlich des Hauptanspruches.

26 Soweit die Beschwerde Erfolg hat und die Revision zugelassen wird, bleibt die Entscheidung über die Kosten, also hinsichtlich der restlichen (außergerichtlichen) Kosten des Beschwerdeverfahrens, der Schlussentscheidung vorbehalten (vgl. zum Ganzen BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2003 - V ZR 343/02 - NJW 2004, 1048 f. = juris Rn. 6; BFH, Beschluss vom 13. Januar 2005 - VII B 147/04 - BFHE 208, 404 <401> = juris Rn. 20; BAG, Beschluss vom 23. März 2010 - 9 AZN 979/09 - NJW 2010, 1625 <1627> = juris Rn. 33 f.; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 154 Rn. 52 m.w.N. in Fn. 21).

27 Die Entscheidung über die Streitwertfestsetzung beruht für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 43 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 3 GKG und für das Revisionsverfahren auf § 43 Abs. 2, § 52 Abs. 3 und § 63 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Rechtsbehelfsbelehrung


Soweit die Revision zugelassen worden ist, wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 2 C 3.17 fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004, BGBl. I S. 3091, zuletzt geändert durch die Verordnung vom 10. Dezember 2015, BGBl. I S. 2207) einzureichen.
Für die Beteiligten besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Die Beteiligten müssen sich durch Bevollmächtigte im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwGO, § 5 Nr. 6 Alt. 2 RDGEG vertreten lassen.

Urteil vom 12.04.2017 -
BVerwG 2 C 3.17ECLI:DE:BVerwG:2017:120417U2C3.17.0

Urteil

BVerwG 2 C 3.17

  • VG Schleswig - 04.12.2014 - AZ: VG 12 A 26/13
  • OVG Schleswig - 10.03.2016 - AZ: OVG 2 LB 13/15

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 6. April 2017
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Domgörgen
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. von der Weiden, Dr. Hartung, Dollinger und Dr. Günther
am 12. April 2017 für Recht erkannt:

  1. Der Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 21. Juni 2010 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheids vom 7. Dezember 2012 wird insoweit aufgehoben, als darin Zinsen von mehr als 2 % festgesetzt werden.
  2. Die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. März 2016 und des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 4. Dezember 2014 werden aufgehoben, soweit sie dem entgegenstehen.
  3. Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.

Gründe

I

1 Die Beteiligten streiten um die Frage, ob bei der Rückforderung der Kosten des Studiums und der Fachausbildung nach vorzeitiger Beendigung des Soldatenverhältnisses auf Zeit Zinsen für gestundete Beträge erhoben werden dürfen.

2 Der Kläger wurde 1997 als Anwärter für die Laufbahn der Offiziere des Sanitätsdienstes in die Bundeswehr eingestellt und in das Soldatenverhältnis auf Zeit berufen. Das Dienstzeitende wurde für das Jahr 2013 festgesetzt. Von 1998 bis 2004 absolvierte er unter Beurlaubung vom militärischen Dienst erfolgreich ein Studium der Humanmedizin.

3 Am 15. Mai 2008 wurde der Kläger unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Zeit zum Akademischen Rat einer deutschen Universität ernannt. Damit endete zugleich das Soldatenverhältnis auf Zeit.

4 Mit Leistungsbescheid vom 21. Juni 2010 forderte die Beklagte den Kläger nach Anhörung zur Erstattung des ihm gewährten Ausbildungsgeldes sowie der entstandenen Fachausbildungskosten in Höhe von insgesamt 99 304,58 € unter Gewährung einer verzinslichen Stundung durch Einräumung von Ratenzahlung auf. Die Stundungszinsen in Höhe von 4 % sollten mit der Bestandskraft des Bescheids erhoben werden.

5 Der hiergegen gerichtete Widerspruch ist erfolglos geblieben. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht das erstinstanzliche Urteil geändert und die angefochtenen Bescheide im Hinblick auf einen Teilbetrag aufgehoben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung u.a. ausgeführt, dass die Erhebung von Stundungszinsen bereits vor Bestandskraft in Höhe von 4 % nicht zu beanstanden sei.

6 Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision zugelassen, soweit in dem Berufungsurteil die Klage bezüglich des festgesetzten jährlichen Zinssatzes von 4 % für die gestundete Forderung abgewiesen worden ist. Im Übrigen hat es die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision zurückgewiesen.

7 Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Personalamts der Bundeswehr vom 21. Juni 2010 in der Gestalt seines Widerspruchsbescheids vom 7. Dezember 2012 aufzuheben, soweit darin ein jährlicher Zinssatz von mehr als 2 % für die gestundete Forderung festgesetzt wird, und die Urteile des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 10. März 2016 und des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 4. Dezember 2014 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.

8 Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

II

9 Die Revision ist zulässig und begründet. Das Urteil des Berufungsgerichts verletzt Bundesrecht insoweit, als es für rechtens angesehen hat, dass Zinsen in Bezug auf die Rückforderungssumme erhoben werden.

10 Die Forderung von Zinsen ist rechtswidrig. Wegen ihres Eingriffscharakters bedarf es für ihre Erhebung einer gesetzlichen Grundlage (1.). Eine solche ist hier nicht gegeben (2.). Die Zinshöhe von 4 % als solche ist nicht zu beanstanden (3.).

11 1. Die Erhebung von Zinsen stellt einen zusätzlichen erheblichen Eingriff in die Rechtsstellung des Rückzahlungsverpflichteten dar. Durch die Erhebung von Zinsen bei eingeräumter Ratenzahlung steigt die Gesamtrückzahlungssumme wie auch die Rückzahlungsdauer in wesentlichem Umfang. Der ehemalige Soldat wird hierdurch nicht selten über Jahre hinweg zu weiteren monatlichen Zahlungen im dreistelligen Bereich gezwungen. Für einen solchen Eingriff in das Eigentumsrecht des Art. 14 Abs. 1 GG bedarf es einer gesetzlichen Grundlage. In der Regel wird hierfür sogar ein förmliches Parlamentsgesetz erforderlich sein. Denn die Pflicht des Gesetzgebers, Eingriffsregelungen selbst zu regeln, steigt mit der Wesentlichkeit des Eingriffs (BVerfG, Beschluss vom 21. April 2015 - 2 BvR 1322/12 u.a. - BVerfGE 139, 19 Rn. 52 ff. m.w.N.). Entsprechend hat der Gesetzgeber in anderen Konstellationen, in denen der Staat dem Bürger Zahlungsverpflichtungen gegen Ratenzahlung stundet, Regelungen getroffen, die ausdrücklich zur Erhebung von Zinsen ermächtigen, wobei auch die Zinshöhe gesetzlich bestimmt wird. Exemplarisch kann auf die Regelungen in § 234 Abs. 1 und § 238 Abs. 1 Satz 1 AO, § 18 Abs. 2 Satz 2 BAföG oder § 50 Abs. 2a Satz 1 SGB X verwiesen werden.

12 2. Im Bereich des Soldatenrechts fehlt eine entsprechende gesetzliche Grundlage. Die Forderung von Zinsen kann nicht auf § 56 Abs. 4 Satz 3 SG 1995 gestützt werden. Diese Norm zielt allein darauf, die Rückzahlungsverpflichtung für den ehemaligen Soldaten in Fällen besonderer Härte zu erleichtern. Dem Wortlaut nach ermöglicht sie allein den vollständigen oder teilweisen Verzicht auf die Forderung. Zu Recht wird die Norm jedoch so ausgelegt, dass sie auch zu einer Stundung unter Einräumung von Ratenzahlung ermächtigt. Denn auch hierbei verzichtet der Dienstherr teilweise auf den vollständigen ökonomischen Wert der Forderung, welche dem Grunde nach sofort und vollständig zu befriedigen ist. Die Erhebung von Zinsen stellt demgegenüber eine zusätzliche und eigenständige Belastung des ehemaligen Soldaten dar. Sie liegt außerhalb von Sinn und Zweck der Norm, der allein in der Entlastung des ehemaligen Soldaten, nicht aber in seiner zusätzlichen Belastung besteht.

13 Die Zinsforderung kann auch nicht auf § 59 BHO gestützt werden. Nach dieser Vorschrift darf das zuständige Bundesministerium bei der Ausführung des Haushaltsplans Ansprüche stunden, wenn die sofortige Einziehung mit erheblichen Härten für den Anspruchsgegner verbunden wäre und der Anspruch durch Stundung nicht gefährdet wird. Die Stundung soll gemäß Satz 2 dieser Vorschrift gegen angemessene Verzinsung und in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung gewährt werden. Gemäß Ziffer 1.4.1 der Verwaltungsvorschrift zu § 59 BHO sind als angemessene Verzinsung regelmäßig zwei Prozentpunkte über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 247 BGB anzusehen. Die Vorschrift findet auf den hier relevanten Sachverhalt keine Anwendung, weil es sich bei dem Erstattungsanspruch nicht um eine "zu erwartende Einnahme" des Haushaltsplans im Sinne des § 11 Abs. 2 Nr. 1 BHO handelt. Solche sind nur bei denjenigen Haushaltsmitteln gegeben, von den zu erwarten ist, dass sie in der Haushaltsperiode tatsächlich kassenwirksam werden (vgl. Aprill, in: Engels/Eibelshäuser, Kommentar zum Haushaltsrecht, Stand Juni 2016, § 11 BHO, Rn. 5; Gröpl, BHO/LHO, 2011, § 11 BHO Rn. 32). Naturgemäß können Rückforderungen, welche ihren Sachgrund in der außerordentlichen, vorzeitigen Beendigung des Soldatenverhältnisses haben, nicht vom Haushaltsgesetzgeber schon im Haushaltsplan berücksichtigt worden sein.

14 Die Regelungen der Bundeshaushaltsordnung können auch nicht entsprechend angewendet werden, da eine Vergleichbarkeit der Sachverhalte nicht gegeben ist. § 59 BHO geht davon aus, dass eine Stundung regelmäßig nur gegen Sicherheitsleistung erfolgt, die im Bereich des § 56 Abs. 4 SG 1995 nicht vorgesehen ist. Außerdem ist bei § 56 Abs. 4 SG 1995 zu berücksichtigen, dass der Rückforderung nicht allein fiskalische, sondern auch verhaltenslenkende Motive des Gesetzgebers zugrunde liegen (BVerwG, Beschluss vom 14. Mai 2014 - 2 B 96.13 - Buchholz 449 § 46 SG Nr. 22 Rn. 7 f. m.w.N.).

15 3. Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die von der Revision angegriffene Zinshöhe unbedenklich ist.

16 Sie bewegt sich mit vier % im Rahmen dessen, was auch andere gesetzliche Regelungen bei der Stundung durch die öffentliche Hand vorsehen. Die Zinsen gemäß § 238 Abs. 1 Satz 1 AO betragen für jeden Monat einhalb %, jährlich also 6,0 %. Denselben Wert sieht § 18 Abs. 2 Satz 2 BAföG bei Überschreiten des Zahlungstermins um mehr als 45 Tage vor. Zinsen nach § 50 Abs. 2a Satz 1 SGB X wie auch Verzugs- und Prozesszinsen gemäß § 288 Abs. 1 Satz 2, § 291 Satz 1 und 2 BGB liegen bei fünf % über dem Basiszinssatz. Dieser betrug zum hier maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids - 0,13 %, was zu einer Zinshöhe von 4,87 % führte. Lediglich der bereits angesprochene Zinssatz gemäß § 59 Abs. 1 Satz 2 BHO führte zu einem deutlich niedrigeren Zinssatz von 1,87 %. Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass die genannten gesetzlichen Vorschriften die Stundung nur gegen Sicherheitsleistung kennen, was den wirtschaftlichen Wert der Forderung für den Gläubiger erheblich steigert.

17 Der Gesetzgeber wäre bei der Regelung der Zinshöhe keineswegs gehalten, sich an den gegenwärtig sehr günstigen Zinsen für Baufinanzierungsdarlehen zu orientieren. Denn für diese besteht regelmäßig eine dingliche Sicherheit, die bei der Rückforderung der Ausbildungskosten nicht gegeben ist. Soweit überhaupt eine Orientierung an Marktzinsen angemessen sein sollte, erscheint der Bezug zu ungesicherten Verbraucherkrediten oder Ausbildungsdarlehen - etwa der Kreditanstalt für Wiederaufbau - eher sachgerecht (vgl. OVG Münster, Urteil vom 1. Juni 2015 - 1 A 930/14 - juris Rn. 65 ff.).

18 Eine Orientierung des Zinsniveaus an den Refinanzierungskosten des Bundes (so OVG Weimar, Urteil vom 12. November 2015 - 2 KO 171/15 - juris Rn. 33; VG Münster, Urteil vom 21. August 2014 - 5 K 2265/12 - juris Rn. 97) erscheint denkbar, aber gerade vor dem Hintergrund der auch verhaltenslenkenden Funktion der Rückzahlungsverpflichtung keinesfalls zwingend. Der Gesetzgeber hätte bei der Regelung der Zinshöhe zudem zu beachten, dass diese - anders als die Höhe der monatlichen Rate - nicht der ständigen Anpassung unterliegt und damit auch für längerfristige Rückzahlungsphasen geeignet sein muss.

19 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.