Verfahrensinformation

Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Kosten für eine Internatsunterbringung in England im Rahmen der Gewährung von Jugendhilfe. Die beiden 1989 geborenen, seelisch behinderten Klägerinnen, die zunächst eine Schule für Lernhilfe in Deutschland besucht hatten, wurden im Oktober 1998 aufgrund erheblicher Verhaltensauffälligkeiten von ihren Eltern in ein College in England umgeschult. Im Revisionsverfahren soll geklärt werden, ob ein Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII für die Fortsetzung einer Jugendhilfemaßnahme besteht, wenn diese zuvor unabhängig vom Jugendhilfeträger begonnen worden war.


Beschluss vom 30.07.2004 -
BVerwG 5 B 57.03ECLI:DE:BVerwG:2004:300704B5B57.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 30.07.2004 - 5 B 57.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:300704B5B57.03.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 57.03

  • Niedersächsisches OVG - 19.03.2003 - AZ: OVG 4 LB 111/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Juli 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t und
Dr. R o t h k e g e l
beschlossen:

  1. Die Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 19. März 2003 wird aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.

Die Revision gegen das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. März 2003 ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Die Revision kann zur Klärung der Frage beitragen, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Eingliederungshilfe nach § 35a SGB VIII für die Fortsetzung einer konkreten Maßnahme (im vorliegenden Streitfall einer bestimmten Internatsunterbringung) besteht, wenn diese zuvor unabhängig vom Jugendhilfeträger begonnen worden war.
Rechtsmittelbelehrung
Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 5 C 18.04 fortgesetzt; der Einlegung einer Revision durch die Beschwerdeführerin bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, einzureichen.
Für die Revisionsklägerin besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Die Revisionsklägerin muss sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften ferner durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. In derselben Weise muss sich jeder Beteiligte vertreten lassen, soweit er einen Antrag stellt.

Urteil vom 11.08.2005 -
BVerwG 5 C 18.04ECLI:DE:BVerwG:2005:110805U5C18.04.0

Leitsätze:

1. Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe muss für die Kosten der von Dritten durchgeführten Eingliederungshilfemaßnahmen nur aufkommen, wenn der Hilfebedarf rechtzeitig an ihn herangetragen worden ist (wie BVerwGE 112, 98).

2. Die Verpflichtung eines Jugendhilfeträgers zu vorläufigem Tätigwerden nach § 86 d SGB VIII beruht nicht auf einem allgemeinen, auf Fälle ungeklärter sachlicher Zuständigkeit übertragbaren Rechtsgedanken.

3. § 14 SGB IX gilt nicht für die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung im Rahmen der Jugendhilfe.

4. Für den die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Jugendhilfe zu Leistungen an Deutsche im Ausland begründenden tatsächlichen Aufenthalt kommt es nicht auf melderechtliche Eintragungen an.

  • Rechtsquellen
    SGB VIII F. 2001 § 35 a
    BSHG F. 2001 § 39 Abs. 3, § 40 Abs. 1 Nr. 3

  • OVG Lüneburg - 19.03.2003 - AZ: OVG 4 LB 111/02 -
    Niedersächsisches OVG - 19.03.2003 - AZ: OVG 4 LB 111/02

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 11.08.2005 - 5 C 18.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:110805U5C18.04.0]

Urteil

BVerwG 5 C 18.04

  • OVG Lüneburg - 19.03.2003 - AZ: OVG 4 LB 111/02 -
  • Niedersächsisches OVG - 19.03.2003 - AZ: OVG 4 LB 111/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 11. August 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t , Dr. R o t h k e g e l ,
Dr. F r a n k e und Prof. Dr. B e r l i t
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. März 2003 wird aufgehoben. Die Berufung der Klägerinnen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Hannover vom 29. August 2001 wird hinsichtlich des Zeitraums Sommertrimester 1999 bis einschließlich Frühjahrstrimester 2000 zurückgewiesen. Im Übrigen wird der Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
  2. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten, soweit der Rechtsstreit zurückverwiesen worden ist. Im Übrigen tragen die Klägerinnen die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

I


II


Soweit die Kosten des Verfahrens von den Klägerinnen zu tragen sind, beruht die Kostenentscheidung auf §§ 154 ff. VwGO. Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben.