Verfahrensinformation

Der Kläger begehrt die Gewährung von Wohngeld ohne Berücksichtigung von Zinseinkünften aus einem Bankguthaben, das aus ihm zugeflossenem Schmerzensgeld besteht. Er hatte wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers Schmerzensgeld in Höhe von etwa 107 000 € erhalten. Seinen Antrag auf Wohngeld lehnte die Beklagte unter Hinweis auf diesen Betrag ab. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben und hinsichtlich der Höhe des Wohngelds die Zinseinkünfte aus dem angelegten Schmerzensgeld mindernd berücksichtigt. Das Oberverwaltungsgericht hat sich dem angeschlossen. Im Revisionsverfahren wird zu klären sein, ob diese Auffassung mit Bundesrecht vereinbar ist.


Pressemitteilung Nr. 12/2012 vom 09.02.2012

Zinseinkünfte aus Schmerzensgeld sind bei der Wohngeldberechnung als Einkommen zu berücksichtigen

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass bei der Berechnung, ob und wie viel Wohngeld einem Antragsteller zusteht, dessen Zinseinkünfte auch dann als Einkommen zu berücksichtigen sind, wenn sie aus angelegtem Schmerzensgeld erzielt wurden.


Der Kläger, der eine monatliche Erwerbsunfähigkeitsrente von 698 € erhält, beantragte bei der Beklagten die Gewährung von Wohngeld. Diese lehnte den Antrag unter Hinweis darauf ab, dass der Kläger wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers ein Schmerzensgeld in Höhe von 107 500 € erhalten habe. Der hiergegen erhobenen Klage haben das Verwaltungs- und das Oberverwaltungsgericht teilweise stattgegeben. Das Schmerzensgeld sei bei der Berechnung von Wohngeld weder als Einkommen noch als Vermögen des Klägers zu berücksichtigen. Anders verhalte es sich aber für die Zinserträge, die der Kläger aus der Anlage des Schmerzensgeldes auf einem Bankkonto erzielt und die er für das Jahr 2009 mit 2 400 € beziffert habe. Diese seien als sein Einkommen zu berücksichtigen. Deshalb stehe ihm ein geringerer Betrag an Wohngeld zu (nämlich 33 € monatlich), als er ohne Berücksichtigung der Zinserträge hätte beanspruchen können (nämlich 111 € monatlich).


Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf höheres Wohngeld, weil die von ihm erzielten Zinseinkünfte mindernd zu berücksichtigen sind. Nach dem Wohngeldgesetz sind bei der Berechnung des Wohngeldes die der Einkommensteuer unterfallenen Einkünfte in Ansatz zu bringen. Danach ist das Schmerzensgeld als solches zu vernachlässigen, weil es nicht der Einkommensteuerpflicht unterliegt. Dies gilt jedoch nicht für Zinsen, die aus der Anlage von Schmerzensgeld erzielt werden. Diese sind nämlich einkommensteuerpflichtig. Auch der Zweck des Schmerzensgeldes rechtfertigt keine Privilegierung der Zinsen. Insbesondere wird der Kläger durch die Berücksichtigung der Zinsen nicht daran gehindert, frei über die Verwendung des Schmerzensgeldes zu verfügen. Auf Härtefallregelungen aus dem Recht der Grundsicherung und der Sozialhilfe kann sich der Kläger nicht berufen, weil diese im Wohngeldrecht grundsätzlich nicht entsprechend anwendbar sind.


BVerwG 5 C 10.11 - Urteil vom 09. Februar 2012

Vorinstanzen:

OVG Lüneburg, 4 LC 151/09 - Beschluss vom 07. Februar 2010 -

VG Osnabrück, 4 A 29/09 - Beschluss vom 23. April 2009 -


Beschluss vom 26.05.2011 -
BVerwG 5 B 26.11ECLI:DE:BVerwG:2011:260511B5B26.11.0

Leitsatz:

Schmerzensgeld ist im Rahmen der Prozesskostenhilfe grundsätzlich nicht als Vermögen einzusetzen.

  • Rechtsquellen
    VwGO § 132 Abs. 2 Nr. 1, § 166
    WoGG § 14
    ZPO § 114 Satz 1, §§ 115, 117, 121 Abs. 1

  • Niedersächsisches OVG - 07.02.2011 - AZ: OVG 4 LC 151/09
    VG Osnabrück - 23.04.2009 - AZ: VG 4 A 29.09

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.05.2011 - 5 B 26.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:260511B5B26.11.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 26.11

  • Niedersächsisches OVG - 07.02.2011 - AZ: OVG 4 LC 151/09
  • VG Osnabrück - 23.04.2009 - AZ: VG 4 A 29.09

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. Mai 2011
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hund
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer und Dr. Häußler
beschlossen:

  1. Die Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts über die Nichtzulassung der Revision in seinem Beschluss vom 7. Februar 2011 wird aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
  4. Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt ..., ..., beigeordnet.

Gründe

1 Die Beschwerde des Klägers ist zulässig und begründet. Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

2 Die Revision kann dem Senat Gelegenheit zur Klärung der Rechtsfrage geben, ob bei der Berechnung von Wohngeld (§ 14 WoGG) Zinseinnahmen aus angelegtem Schmerzensgeld als Einkommen berücksichtigt werden dürfen.

3 Dem Kläger ist Prozesskostenhilfe zu bewilligen und ein Anwalt beizuordnen. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet - was hier bereits aus der Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache folgt (vgl. Beschluss vom 26. März 2009 - BVerwG 2 PKH 1.09 <BVerwG 2 C 83.08 > - juris) - hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist nicht mutwillig (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Satz 1 ZPO).

4 Auch die übrigen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts liegen vor (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 115, 117 und 121 Abs. 1 ZPO). Nach der Erklärung des Klägers über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (§ 166 VwGO i.V.m. § 117 Abs. 2 ZPO) ist sein um die monatlichen Ausgaben bereinigtes Einkommen so gering, dass ihm Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung zu gewähren ist.

5 Zwar verfügt der Kläger über ein nicht unbeträchtliches Bankguthaben (ca. 97 000 €), das nach seinen Angaben wie auch den zwischen den Beteiligten nicht im Streit stehenden Feststellungen der Vorinstanzen aus einer Schmerzensgeldzahlung wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers stammt. Der Einsatz dieses Vermögens ist dem Kläger aber nicht zumutbar (§ 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO), weil dies für ihn eine Härte bedeuten würde (§ 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO i.V.m. § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB XII entsprechend).

6 Die einen Härtefall begründende Atypik der Fallgestaltung ergibt sich daraus, dass der Einsatz des Schmerzensgeldes im Rahmen der Prozesskostenhilfe seiner besonderen Zwecksetzung zuwider liefe; das Schmerzensgeld stünde dem Betroffenen nicht mehr zu den Zwecken zur Verfügung, für die es bestimmt ist (Urteil vom 18. Mai 1995 - BVerwG 5 C 22.93 - BVerwGE 98, 256 <258 f.> zur sozialhilferechtlichen Freistellung des Schmerzensgeldes durch die Härtefallregelung des § 88 Abs. 3 BSHG <heute: § 90 Abs. 3 SGB XII>). Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 253 Abs. 2 BGB) handelt es sich bei dem Schmerzensgeld um eine Geldleistung zur Abdeckung eines immateriellen Schadens. Es dient vor allem dem Ausgleich erlittener oder andauernder Beeinträchtigungen der körperlichen und seelischen Integrität, insbesondere auch dem Ausgleich von Erschwernissen, Nachteilen und Leiden, die über den Schadensfall hinaus anhalten und die durch die materielle Schadensersatzleistung nicht abgedeckt sind, und trägt zugleich dem Gedanken Rechnung, dass der Schädiger dem Geschädigten für das, was er ihm angetan hat, Genugtuung schuldet (BVerfG, Beschluss vom 11. Juli 2006 - 1 BvR 293/05 - BVerfGE 116, 229 <240> m.w.N.). Der Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes entspricht es, dass das Leben des Geschädigten dadurch in gewissem Umfang erleichtert werden soll. Dies alles ist aber nur gewährleistet, wenn der Geschädigte das Schmerzensgeld zur freien Verfügung behält und nicht für Prozesskosten oder seinen notwendigen Lebensunterhalt aufwenden muss (BGH, Beschluss vom 10. Januar 2006 - VI ZB 26/05 - VersR 2006, 673 f.). Schmerzensgeld ist deshalb im Rahmen der Prozesskostenhilfe regelmäßig nicht als Vermögen einzusetzen (so auch OLG Köln, Beschluss vom 8. November 1993 - 27 W 20/93 - FamRZ 1994, 1127; OLG Koblenz, Beschluss vom 10. Februar 1999 - 12 W 64/99 - NJW-RR 1999, 1228; OLG Stuttgart, Beschluss vom 18. Juni 2007 - 18 WF 112/07 - FamRZ 2007, 1661; Geimer, in: Zöller, ZPO, 28. Aufl., Stand 2010, § 115 Rn. 61 jeweils m.w.N.).

7 Der Senat folgt nicht der hiervon abweichenden Auffassung, bei hohen Schmerzensgeldzahlungen und geringem Streitwert könne der teilweise Einsatz zumutbar sein, wenn der Partei der wesentliche Teil des Schmerzensgeldes verbliebe bzw. die Funktion des Schmerzensgeldes nicht wesentlich beeinträchtigt werde (so OLG Hamm, Beschluss vom 16. Juni 1987 - 10 WF 278/87 - FamRZ 1987, 1283; OLG Jena, Beschluss vom 29. Februar 2000 - 4 W 81/00 - OLGR Jena 2000, 185; vgl. auch OLG Zweibrücken, Beschluss vom 30. Dezember 1998 - 2 WF 139/97 - FamRZ 1998, 758 f.; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 5. März 2010 - 14 W 85/09 - VersR 2011, 88 f.; offenlassend LSG München, Beschluss vom 30. September 2008 - L 13 B 657/08 R - juris). Das Schmerzensgeld ist nämlich - um zur Erreichung der mit ihm verfolgten Zwecke weiterhin zur Verfügung zu stehen - nicht nur mit einem bestimmten Anteil, sondern in seiner ganzen noch vorhandenen Höhe geschützt. Weil seine Höhe von der Schwere der Schädigung und dem Gewicht des erlittenen Unrechts abhängt, ist es nicht gerechtfertigt, die freie Verfügbarkeit des zu deren Ausgleich und Genugtuung erhaltenen Schmerzensgeldes in Teilen einzuschränken (Urteil vom 18. Mai 1995 a.a.O. <260>).

8 Demgegenüber bedarf es hier im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe keiner Entscheidung darüber, ob Zinseinnahmen aus angelegtem Schmerzensgeld als Einkommen im Sinne von § 115 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO einzusetzen sind. Auch wenn die diesbezüglichen Zinseinkünfte des Klägers, die er mit monatlich ca. 135 € angegeben hat, als Einkommen berücksichtigt werden, liegt sein nach den Abzügen verbleibendes und insgesamt einzusetzendes Einkommen unter 15 €, so dass dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungen zu bewilligen ist (vgl. § 115 Abs. 2 ZPO).

Rechtsbehelfsbelehrung


Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 5 C 10.11 fortgesetzt. Der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091) einzureichen.
Für die Beteiligten besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Die Beteiligten müssen sich durch Bevollmächtigte im Sinne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 VwGO vertreten lassen.

Urteil vom 09.02.2012 -
BVerwG 5 C 10.11ECLI:DE:BVerwG:2012:090212U5C10.11.0

Leitsatz:

Bei der Berechnung von Wohngeld sind Zinseinkünfte auch dann als Einkommen zu berücksichtigen, wenn sie aus angelegtem Schmerzensgeld hervorgehen.

  • Rechtsquellen
    BGB § 253 Abs. 2; § 847 (a.F.)
    BSHG § 88 Abs. 3 Satz 1
    EStG § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5; § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2;
    §§ 3; 20 Abs. 1 Nr. 7
    SGB II § 11 Abs. 1; § 11a; § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6
    SGB XII § 82 Abs. 1; § 83 Abs. 2; § 90 Abs. 3 Satz 1
    WoGG § 4 Nr. 3; §§ 7, 14 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 15;
    § 21 Nr. 3
    Stichworte:
    Ausgleichsfunktion; Bewilligung; Einkommen; Einkommensfreistellung; Einkommensteuer; Einkünfte; Genugtuungsfunktion; Gesamteinkommen; Härte; Härtefall; Härtefallregelung; Jahreseinkommen; Kapitalanlage; Kapitaleinkünfte; Kapitalerträge; Schmerzensgeld; Schmerzensgeldrente; teleologische Reduktion; Vermögen; Einsatz des Vermögens; Vermögensanrechnung; Vermögensfreistellung; Wohngeld; Wohngeldrecht, Zinseinkünfte; Zinseinnahmen; Zinsen.

  • VG Osnabrück - 23.04.2009 - AZ: VG 4 A 29/09
    Niedersächsisches OVG - 07.02.2011 - AZ: OVG 4 LC 151/09

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 09.02.2012 - 5 C 10.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:090212U5C10.11.0]

Urteil

BVerwG 5 C 10.11

  • VG Osnabrück - 23.04.2009 - AZ: VG 4 A 29/09
  • Niedersächsisches OVG - 07.02.2011 - AZ: OVG 4 LC 151/09

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 9. Februar 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Vormeier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer, Dr. Häußler
und Dr. Fleuß
für Recht erkannt:

  1. Die Revision des Klägers gegen den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 7. Februar 2010 (4 LC 151/09) wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Die Beteiligten streiten darüber, ob bei der Berechnung von Wohngeld Zinseinkünfte, die aus der Anlage von Schmerzensgeld auf einem Bankkonto erzielt wurden, als Einkommen zu berücksichtigen sind.

2 Der Kläger beantragte bei der beklagten Stadt die Gewährung von Wohngeld für das Jahr 2009. Für seine Wohnung hatte er eine monatliche Miete einschließlich Nebenkosten in Höhe von 320 € aufzuwenden. Er bezog eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, die monatlich 638,11 € betrug. Anfang Januar 2009 wurde ihm wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers ein Schmerzensgeld in Höhe von 107 500 € auf der Grundlage einer Abfindungsvereinbarung gezahlt. Der Kläger gab an, dass er Zinseinnahmen aus dem Schmerzensgeld für das Jahr 2009 in Höhe von 2 400 € erwarte.

3 Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers mit Bescheid vom 22. Januar 2009 ab. Die Inanspruchnahme von Wohngeld sei wegen des nunmehr erheblichen Vermögens des Klägers missbräuchlich im Sinne von § 21 Nr. 3 Wohngeldgesetz (WoGG).

4 Mit seiner Klage hat der Kläger die Gewährung von Wohngeld ohne Berücksichtigung des Schmerzensgeldes und der daraus erzielten Zinsen begehrt. Das Verwaltungsgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Es hat die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides verpflichtet, dem Kläger in der Zeit vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2009 Wohngeld in Höhe von monatlich 33 € zu gewähren. Zwar sei die Inanspruchnahme von Wohngeld nicht missbräuchlich, weil das an den Kläger gezahlte Schmerzensgeld nicht als Vermögen anzurechnen sei. Die Zinseinnahmen aus dem angelegten Schmerzensgeld seien aber bei der Berechnung des Wohngeldes als Einkommen zu berücksichtigen.

5 Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dem Kläger stehe ein höheres Wohngeld nicht zu. Zwar dürfe bei der Berechnung des Wohngeldes das Schmerzensgeld als solches weder zum Gesamteinkommen des Klägers gerechnet noch als dessen Vermögen berücksichtigt werden. Allerdings gehörten die Zinserträge aus dem angelegten Schmerzensgeld nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WoGG zum Jahreseinkommen, weil diese Vorschrift auf das Steuerrecht verweise und Zinserträge nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, § 20 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) als Einkünfte aus Kapitalvermögen der Einkommensteuer unterlägen. Entgegen der Ansicht des Klägers finde der Rechtsgedanke der Härtefallregelung des § 88 Abs. 3 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) bei der Berechnung von Wohngeld keine Anwendung. Während Vermögen wohngeldrechtlich nur ausnahmsweise im Falle einer rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme zu berücksichtigen sei, seien Kapitalerträge grundsätzlich als Einkommen in Ansatz zu bringen.

6 Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er rügt eine Verletzung des § 88 Abs. 3 Satz 1 BSHG (jetzt: § 90 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - SGB XII). Diese Vorschrift müsse ihrem Rechtsgedanken nach auch auf die Zinsen aus angelegtem Schmerzensgeld angewendet werden. Dem Betroffenen müsse es wegen der Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes möglich sein, auch dessen Früchte zu ziehen. Von dieser Funktion sei auch die freie Verfügung über das Schmerzensgeld umfasst. Würde man die Zinsen als Einkommen anrechnen, hätte er, der Kläger, letztlich nur die Wahl, entweder das Schmerzensgeld zu verbrauchen oder einen erheblichen Wertverlust durch Inflation oder Anrechnung im Leistungsfall in Kauf zu nehmen. Von einer freien Verfügung über das Schmerzensgeld könne dann nicht mehr die Rede sein.

7 Die Beklagte und der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht verteidigen den angegriffenen Beschluss.

II

8 Die Revision des Klägers ist unbegründet. Der angefochtene Beschluss des Oberverwaltungsgerichts steht mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) in Einklang.

9 Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Zinseinkünfte des Klägers, die er aus der Anlage des Schmerzensgeldes auf einem Bankkonto erzielt hat, bei der Berechnung des Wohngeldes als Einkommen zu berücksichtigen sind.

10 Das Wohngeldgesetz (WoGG) vom 24. September 2008 (BGBl S. 1856) verweist hinsichtlich des zu berücksichtigenden Einkommens auf die nach dem Einkommensteuergesetz (EStG) steuerpflichtigen Einkünfte. Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 WoGG ist das Jahreseinkommen eines zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieds grundsätzlich die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 EStG zuzüglich der Einnahmen nach § 14 Abs. 2 WoGG abzüglich der Abzugsbeträge für Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Zinsen, die aus der Anlage eines Schmerzensgeldbetrages erzielt werden, sind einkommensteuerpflichtige Einkünfte (1.). Aus dem Wohngeldgesetz ergibt sich nicht, dass solche Zinserträge bei der Berechnung des Wohngeldes außer Acht gelassen werden dürfen (2.).

11 1. Bei den hier in Rede stehenden Zinsen handelt es sich einkommensteuerrechtlich um steuerbare Einkünfte.

12 a) Dies folgt bereits aus dem Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG unterliegen Einkünfte aus Kapitalvermögen der Einkommensteuer. Zu diesen Einkünften gehören Erträge aus (sonstigen) Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder geleistet worden ist, auch wenn die Höhe der Rückzahlung oder des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt; dies gilt unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Hiervon werden Zinsen aus Kapitalforderungen erfasst (vgl. BFH, Urteil vom 13. November 2007 - VIII R 36/05 - BFHE 220, 35 <36 f.> m.w.N.). Nach dem Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG und des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind Zinsen unabhängig von dem Ursprung des ihnen zugrunde liegenden Kapitalvermögens steuerbar. Eine Ausnahme für Kapitalerträge, die aus der Anlage von Schmerzensgeld erzielt werden, lässt der Wortsinn der Bestimmungen nicht zu.

13 b) Der aus der grammatikalischen Auslegung gewonnene Befund wird bestätigt durch die Systematik des Einkommensteuergesetzes. Dieses begründet für die Erzielung von Kapitalerträgen - losgelöst vom Kapital und dessen Steuerbarkeit - einen eigenen Steuertatbestand, der bei den (Überschuss-)Einkünften (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG) mit dem Zufluss der Kapitalerträge im Besteuerungszeitraum verwirklicht wird; es lässt dessen Verwirklichung unabhängig von der Herkunft des Hauptkapitals eintreten. Dem ist auch zu entnehmen, dass es für die Steuerbarkeit von Zinsen nicht auf die Herkunft des ihnen zugrunde liegenden Kapitalvermögens ankommt.

14 c) Die aus dem von der Gesetzessystematik bestätigten Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen des Einkommensteuergesetzes folgende Steuerbarkeit von Zinsen kann nicht im Wege einer teleologischen Reduktion dahin eingeschränkt werden, dass aus der Anlage von Schmerzensgeld stammende Zinsen steuerfrei zu stellen sind.

15 Die Befugnis zur Korrektur des Wortlauts einer Vorschrift steht den Gerichten nur begrenzt zu. Sie ist unter anderem dann gegeben, wenn die Beschränkung des Wortsinns einer gesetzlichen Regelung aufgrund des vom Gesetzgeber mit ihr verfolgten Regelungsziels geboten ist, die gesetzliche Regelung also nach ihrem Wortlaut, Sachverhalte erfasst, die sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfassen soll. In einem solchen Fall ist eine zu weit gefasste Regelung im Wege der sogenannten teleologischen Reduktion auf den ihr nach Sinn und Zweck zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen (Urteil vom 27. Juni 1995 - BVerwG 9 C 8.95 - DVBl 1995, 1308 <1309>; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. April 1997 - 1 BvL 11/96 - NJW 1997, 2230 f.). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

16 Zwar sind Zahlungen von Schmerzensgeld nach § 253 Abs. 2 BGB (früher: § 847 BGB) unabhängig davon, ob sie als einmalige Kapitalabfindung oder als Schmerzensgeldrente gezahlt werden, als solche grundsätzlich nicht einkommensteuerpflichtig (vgl. BFH, Urteile vom 29. Oktober 1963 - VI 290/62 U - BFHE 78, 32 und vom 25. Oktober 1994 - VIII R 79/91 - BFHE 175, 439 <448>; vgl. auch Bundesministerium der Finanzen, Schreiben vom 8. November 1995 - IV B 3-S 2255-22/95 - BStBl I 1995, 705 und vom 15. Juli 2009 - IV C 3-S 2255/08/10012 - BStBl I 2009, 836). Weder der Zweck der Steuerfreiheit des Schmerzensgeldes (aa) noch derjenige des Schmerzensgeldes selbst (bb) lassen jedoch die steuerliche Freistellung der aus der Anlage von Schmerzensgeld gewonnenen Zinsen zu.

17 aa) Sinn und Zweck der steuerlichen Privilegierung von Schmerzensgeld rechfertigen es nicht, die Zinsen von der Steuerpflicht auszunehmen.

18 Die Erhebung von Einkommensteuer beruht auf der Erwägung, dass derjenige, der den von der Rechtsgemeinschaft bereitgestellten Markt genutzt und dadurch seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöht hat, die Rechtsgemeinschaft an diesem Markterfolg steuerlich teilhaben lassen muss. Deshalb unterliegt der Einkommensteuerpflicht nur das Einkommen, das durch die Nutzung der in § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG genannten Erwerbsgrundlagen am Markt erzielt wurde. Das Schmerzensgeld ist einkommensteuerfrei, weil es nicht durch die Teilnahme am Marktgeschehen erlangt wird, sondern seinen Grund in der Privatsphäre des Geschädigten findet (vgl. Kirchhof, EStG, 10. Aufl. 2011, Einl. Rn. 5 und § 2 Rn. 56). Dies ist bei Zinserträgen nicht der Fall. Sie werden unter Nutzung des Marktes erzielt. Deshalb rechtfertigt der Zweck der Steuerfreiheit von Schmerzensgeld nicht die steuerliche Freistellung der Zinsen. Dies entspricht der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, nach der die fehlende Steuerbarkeit der Hauptleistung sich im Hinblick auf die unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen und Steuertatbestände nicht zugleich auf die Zinsen erstreckt (stRspr des BFH, vgl. Urteile vom 25. Oktober 1994 a.a.O. <S. 448> und vom 13. November 2007 a.a.O. <S. 37> jeweils m.w.N.).

19 bb) Der Zweck des Schmerzensgeldes führt zu keiner anderen Bewertung.

20 Das Schmerzensgeld dient seiner gesetzlichen Funktion nach ausschließlich zur Abdeckung eines Schadens immaterieller Art. Es soll insbesondere Erschwernisse, Nachteile und Leiden, die über den Schadensfall hinaus anhalten und die nicht durch die materielle Schadensersatzleistung abgedeckt sind, ausgleichen. Zugleich trägt es dem Gedanken Rechnung, dass der Schädiger dem Geschädigten für das, was er ihm angetan hat, Genugtuung schuldet (stRspr, vgl. z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 16. März 2011 - 1 BvR 591/08 - NZS 2011, 895 <898> und Urteil vom 11. Juli 2006 - 1 BvR 293/05 - BVerfGE 116, 229 <240> m.w.N).

21 Entgegen der Rechtsansicht des Klägers kann aus dieser Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion nicht geschlossen werden, dass die aus dem Schmerzensgeld erzielten Kapitalerträge hinsichtlich der Steuerbarkeit genauso wie der Kapitalstock behandelt werden müssten, weil es dem Betroffenen ohne für ihn negative steuerliche Folgen möglich sein müsse, die „Früchte“ des Schmerzensgeldkapitals zu ziehen. Die Steuerfreiheit des Kapitalvermögens setzt sich nämlich - wie aufgezeigt - nicht bei den daraus erzielten Kapitaleinkünften fort. Das gilt auch dann, wenn diese Einkünfte einem sozialen oder sozialrechtlichen Zweck dienen (vgl. BFH, Urteil vom 13. November 2007 a.a.O. <S. 37>).

22 Selbst wenn mit der Anlage des Schmerzensgeldes bei einer Bank - wie der Kläger sinngemäß geltend macht - nur oder in erster Linie erreicht werden soll, dass kein Wertverzehr des (Schmerzensgeld-)Kapitals durch Inflation eintritt und das Schmerzensgeld für seine Zwecke erhalten bleibt, ändert dies nichts an der steuerrechtlich maßgebenden Funktion der Zinsen als Entgelt für die Nutzung des Kapitals. Eine abweichende Beurteilung würde voraussetzen, dass der Gesetzgeber von der ihm zustehenden Befugnis Gebrauch gemacht hätte, die Erfassung derartiger Zinsen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen von vornherein auszuschließen, z.B. durch Aufnahme in den Katalog der steuerfreien Einnahmen nach § 3 EStG (BFH, Urteil vom 13. November 2007 a.a.O. <S. 38>). Das ist jedoch nicht der Fall. Anders als etwa in § 3 Nr. 21 EStG (in der bis zum 4. November 2011 gültigen Fassung der Bekanntmachung vom 8. Oktober 2009, BGBl I 2009, 3366), der die Steuerfreiheit von Zinsen aus Schuldbuchforderungen im Sinne des § 35 Abs. 1 des Allgemeinen Kriegsfolgengesetzes vorsah, ist eine Regelung für Zinsen aus Schmerzensgeld nicht im Katalog des § 3 EStG enthalten.

23 Der Steuerbarkeit von Zinsen aus der Anlage von Schmerzensgeld steht auch nicht entgegen, dass - wie der Kläger meint - die Verwendung des Schmerzensgeldes im autonomen Ermessen des Begünstigten steht. Durch die Besteuerung der Zinserträge wird dem Kläger nicht die Möglichkeit genommen, frei über das Schmerzensgeld zu verfügen. Der Empfänger, der das Schmerzensgeld steuerfrei erhält, trifft die autonome Entscheidung, wie und wofür er diese Mittel verwendet. Er kann sie für Zwecke des Konsums nutzen oder die Mittel ansparen und ggf. gewinnbringend als Kapitalanlage einsetzen. Wenn er das Schmerzensgeld in bestimmter Weise nutzt, muss er auch die daraus erwachsenden steuerrechtlichen Folgen tragen. Der Zweck des Schmerzensgeldes rechtfertigt weder im Fall der Kapitalanlage noch in den Fällen, in denen sich der Betroffene für den Konsum entscheidet, eine steuerrechtliche Privilegierung. Auch im Fall des Einsatzes des Schmerzensgeldes für den Konsum fallen die dafür von der Rechtsordnung vorgesehenen Steuern (z.B. Verbrauchssteuern, Grunderwerbsteuer etc.) an. Erworbene Konsumgüter unterliegen zudem regelmäßig ebenfalls dem Wertverzehr.

24 2. Auch dem Wohngeldgesetz ist nicht zu entnehmen, dass die hier in Rede stehenden Zinserträge bei der Berechnung des Wohngeldes unberücksichtigt bleiben dürfen.

25 a) Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 WoGG sind bei der Berechnung des Wohngeldes alle nach § 2 Abs. 1 und 2 EStG steuerbaren Einkünfte zu berücksichtigen, also - wie aufgezeigt - auch Zinsen aus der Anlage von Schmerzensgeld. Der Wortlaut der Bestimmung lässt es nicht zu, diese Zinserträge zu vernachlässigen.

26 b) Die Systematik des Gesetzes bestätigt das Ergebnis der grammatikalischen Auslegung. Nach § 14 Abs. 2 Nr. 15 WoGG gehören Kapitalerträge - soweit sie 100 € übersteigen - zum Jahreseinkommen. Dadurch hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass bei der Ermittlung des Wohngeldes Kapitalerträge unabhängig von ihrer Herkunft nur bis zu dem dort festgelegten Betrag (von bis zu 100 €) von der Berücksichtigung als Einkommen auszunehmen sind, während alle diesen Betrag übersteigenden Erträge Berücksichtigung zu finden haben. Dafür, dass aus der Anlage von Schmerzensgeld stammende Zinsen nicht als Einkommen anzusetzen sind, fehlt jeglicher Anhaltspunkt.

27 Soweit der Kläger der Auffassung ist, bei der Bemessung des nach dem Wohngeldgesetz zu berücksichtigenden Einkommens seien mit Blick auf den Grundgedanken des früheren § 88 Abs. 3 Satz 1 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und der Härtefallregelungen des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Sozialgesetzbuch (SGB) - Zweites Buch - (II) sowie des § 90 Abs. 3 Satz 1 SGB - Zwölftes Buch - (XII) Zinseinkünfte aus angelegtem Schmerzensgeld zu vernachlässigen, kann dem bereits aus systematischen Gründen nicht gefolgt werden. Nach den genannten Bestimmungen durfte bzw. darf die Gewährung von Hilfe nicht vom Einsatz und der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden bzw. ist Vermögen nicht zu berücksichtigen, soweit dies eine Härte bedeuten würde. Der darin zum Ausdruck kommende Grundgedanke, dass durch die Anrechnung von Vermögen keine Härte für den Betroffenen bewirkt werden soll, kann auf die hier vorliegende Fallgestaltung nicht übertragen werden.

28 Zum einen beziehen sich die genannten Härtefallregelungen des Sozial- und Grundhilferechts nicht auf die hier in Rede stehende Frage der Berücksichtigung von Zinseinkünften als Einkommen, sondern auf das in diesen Rechtsgebieten grundsätzlich einzusetzende Vermögen. Zu der Frage, ob und ab welcher Höhe Vermögen bei der Wohngeldberechnung zu berücksichtigen ist, enthält das Wohngeldgesetz eine eigene spezielle Regelung, nach der Vermögen nur ausnahmsweise und unter engen Voraussetzungen für den Wohngeldanspruch Bedeutung erlangen kann (vgl. § 21 Nr. 3 WoGG).

29 Zum anderen hält das Wohngeldgesetz durch seine Bezugnahme auf das Einkommensteuerrecht und die diese ergänzenden eigenen Bestimmungen einen speziellen Regelungskomplex für die Berücksichtigung von Einkommen bei der Wohngeldberechnung bereit, der auch die Kapitalerträge erfasst. Auch dies schließt insoweit einen Rückgriff auf (Härtefall-)Regelungen des Sozialhilfe- und Grundhilferechts aus. Im Gegensatz zum Sozialhilfe- und Grundsicherungsrecht, das zwar im Grundsatz alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen ausweist (§ 11 Abs. 1 SGB II, § 82 Abs. 1 SGB XII), davon aber zahlreiche Ausnahmen vorsieht und Einschränkungen festlegt (vgl. §§ 11a, 11b SGB II; §§ 82 bis 85 SGB XII), ist nach dem Wohngeldrecht Einkommen nur anzurechnen, wenn es unter eine der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG fällt oder von dem Katalog des § 14 Abs. 2 WoGG erfasst wird und nicht einer der eng begrenzten Ausnahmetatbestände (Abzugs- und Freibeträge gemäß §§ 16 bis 18 WoGG) vorliegt. Die wohngeldrechtliche Einkommensermittlung weist daher gegenüber derjenigen im Sozialhilfe- und Grundsicherungsrecht zahlreiche Unterschiede und Besonderheiten auf. Während etwa im Recht der Grundsicherung und Sozialhilfe die Nichtberücksichtigung von Schmerzensgeld als Einkommen ausdrücklich normiert ist (§ 11a Abs. 2 SGB II, § 83 Abs. 2 SGB XII), findet sich hierzu im Wohngeldgesetz weder eine eigene Regelung noch ein Verweis auf die zuvor genannten Rechtsgebiete. Es beschränkt sich vielmehr auf die allgemeine Bezugnahme (§ 14 Abs. 1 Satz 1 WoGG) auf das Einkommensteuergesetz. Gleiches gilt für die Frage, ob und in welchem Maße Kapitalerträge als Einkommen Berücksichtigung finden.

30 c) Die nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 1 Satz 1 WoGG und der Gesetzessystematik gebotene Berücksichtigung der Zinsen ist keiner Einschränkung dahin zugänglich, dass Kapitalerträge aus der Anlage von Schmerzensgeld zu vernachlässigen sind. Auch insoweit liegen die Voraussetzungen einer teleologischen Reduktion nicht vor. Es fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber entgegen Wortlaut und Gesetzessystematik eine solche Einschränkung, etwa wegen der Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes, vornehmen wollte. Auch der Gesetzesgeschichte ist dafür nichts zu entnehmen (vgl. BTDrucks 14/1636 S. 184 f. zu § 10).

31 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Beschluss vom 12.06.2012 -
BVerwG 5 PKH 7.11ECLI:DE:BVerwG:2012:120612B5PKH7.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 12.06.2012 - 5 PKH 7.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2012:120612B5PKH7.11.0]

Beschluss

BVerwG 5 PKH 7.11

  • Niedersächsisches OVG - 07.02.2011 - AZ: OVG 4 LC 151/09

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Juni 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Vormeier
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer und Dr. Häußler
beschlossen:

Der Beschluss des Senats über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vom 26. Mai 2011 wird dahin abgeändert, dass der Kläger einen Betrag von 764,09 € aus seinem Vermögen an die zuständige Gerichtskasse zu zahlen hat.

Gründe

1 Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung wird abgeändert (§ 166 VwGO i.V.m. § 120 Abs. 4 ZPO).

2 Ändern sich die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe maßgeblichen wirtschaftlichen Verhältnisse, ist entsprechend § 120 Abs. 4 ZPO zwar keine Aufhebung der Bewilligung möglich, weil dies nur bei Vorliegen eines der abschließenden in § 124 ZPO genannten - und hier nicht einschlägigen - Gründe zulässig ist. Erwirbt der Beteiligte jedoch nachträglich Vermögen, aus dem die Kosten der Prozessführung ohne Weiteres aufgebracht werden können, kann die Zahlung eines Betrags aus dem Vermögen angeordnet werden (vgl. etwa OLG Brandenburg, Beschluss vom 12. Juli 2001 - 9 WF 112/01 - FamRZ 2002, 403; OLG Düsseldorf, Beschlüsse vom 11. Dezember 2000 - 9 W 74/00 - AnwBl 2001, 373 f. und vom 18. Juni 2010 - I-4 W 22/10 - juris Rn. 3; Olbertz, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 166 Rn. 58; Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 166 Rn. 172; Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 120 Rn. 13). So verhält es sich hier.

3 Der Senat macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Zahlung der angefallenen und fälligen Kosten der Prozessführung in Höhe von 764,09 € (davon 489,09 € an Vergütung des beigeordneten Rechtsanwalts und 275,00 € Gerichtskosten), deren Tragung dem Kläger angesichts seines nachträglichen Vermögenserwerbs ohne Weiteres möglich und zumutbar ist, anzuordnen. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 2. April 2012 mitgeteilt, durch eine Erbschaft Vermögen in Höhe von ca. 25 000 € erlangt zu haben. Der Schonbetrag für Geldwerte beläuft sich im Rahmen der Prozesskostenhilfe hingegen auf 2 600 € (§ 166 VwGO i.V.m. § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO, § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII).

4 Dem Kläger wird eine gesonderte Zahlungsaufforderung über den von ihm zu leistenden Betrag zugehen.