Beschluss vom 02.10.2007 -
BVerwG 8 B 78.07ECLI:DE:BVerwG:2007:021007B8B78.07.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 02.10.2007 - 8 B 78.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:021007B8B78.07.0]
Beschluss
BVerwG 8 B 78.07
In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 2. Oktober 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf und die Richterin
am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg
beschlossen:
- Die Anhörungsrüge der Kläger gegen den Beschluss vom 4. Juli 2007 - BVerwG 8 B 8.07 - wird zurückgewiesen.
- Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Gründe
1 Die Anhörungsrüge ist zwar zulässig. Sie ist entgegen der Ansicht der Beklagten fristgerecht erhoben worden. Der Beschluss vom 4. Juli 2007 ist am 16. Juli 2007 zur Absendung gegeben worden. Er gilt mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekanntgegeben (§ 152a Abs. 2 Satz 3 VwGO). Die Anhörungsrüge ist innerhalb von zwei Wochen mit Schriftsatz vom 31. Juli 2007, der am selben Tag per Fax beim Bundesverwaltungsgericht eingegangen ist, erhoben worden.
2 Der Antrag, das Verfahren gemäß § 152a Abs. 5 VwGO fortzuführen, ist jedoch nicht begründet. Das rechtliche Gehör der Kläger ist nicht verletzt worden. Sie wenden sich unter dem Aspekt der Verletzung des rechtlichen Gehörs gegen die rechtliche Würdigung des Senats.
3 1. Die Kläger machen geltend, dass der Senat ihre Begründung der Grundsatzrüge, dass nach der Rechtsprechung der alliierten Rückerstattungsgerichte mit erfolgter Pfändung der Entziehungstatbestand vollendet sei und es auf eine nachfolgende Verwertung oder auch die Vereinbarung vom 6. Juli 1943 nicht ankomme, weder zur Kenntnis genommen noch sich mit dieser auseinander gesetzt habe.
4 Die Rüge geht fehl. Der Senat hat in dem Beschluss vom 4. Juli 2007 (Rn. 7) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine dauerhafte staatliche Beschlagnahme und eine Pfändung von Aktien einen Vermögensverlust auf andere Weise im Sinne des § 1 Abs. 6 VermG hätten herbeiführen können, wenn die Maßnahmen nicht nur der vorläufigen Sicherung dienten bzw. sich nicht in Verwaltungs- und Verfügungsbeschränkungen erschöpften, sondern den Berechtigten zumindest faktisch vollständig und endgültig aus seiner Rechtsstellung verdrängten, indem der Staat sich eigentümergleiche Verfügungsbefugnisse angemaßt habe. In dem Beschluss ist ferner ausgeführt worden, warum diese Voraussetzungen hier nicht erfüllt seien. Der Senat hat darauf hingewiesen, dass auf Grund der Besonderheiten des Falles nicht allein auf die Beschlagnahme und die Pfändung der Aktien abgestellt werden könne, sondern diese vielmehr im Zusammenhang mit der Anordnung der Feindvermögensverwaltung vom 24. April 1942 und der auf frühzeitige Intervention der Anteilsinhaberin erfolgten Vereinbarung vom 6. Juli 1943 zu sehen seien.
5 2. Die Kläger sehen ferner ihren Vortrag als übergangen an, dass eine Vereinbarung des Deutschen Reiches mit intervenierenden Dritten keinesfalls Rechte des durch die Pfändung der Aktien geschädigten Eigentümers bzw. Schuldners habe schützen oder begründen können. Der Senat habe übersehen, dass die Vereinbarung vom 6. Juli 1943 nicht eine Verfügungsbefugnis zu Gunsten Jakob M. gesichert, sondern lediglich Phelan B. ermöglicht habe, dessen Eigentumsrecht an den Aktien bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Friedensschluss den zuständigen deutschen Behörden gegenüber darzulegen.
6 Diese Einwände können der Anhörungsrüge nicht zum Erfolg verhelfen. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts handelte es sich bei der 1936 gegründeten „Phelan B. I. S. C. New York“, in die im Dezember 1936 die K.-Aktien eingebracht worden waren, um ein von Jakob M. beherrschtes Unternehmen (UA S. 3). Insofern kann nicht - wie die Kläger meinen - davon gesprochen werden, dass sich die „Phelan B. I. S. C. New York“ im Verhältnis eines Dritten zu Jakob M. befunden habe. Vielmehr wurden mit der Vereinbarung vom 6. Juli 1943 zugleich auch die - wirtschaftlichen - Rechte des Jakob Michael geschützt.
7 3. Nach Auffassung der Kläger hat die Annahme des Senats, die Aktien seien in einem Wertpapierdepot der Deutschen Bank verwahrt worden, ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt. Tatsächlich seien die Aktien im Tresor der Deutschen Reichsbank hinterlegt worden und hätten zur Sicherung von Ansprüchen des Deutschen Reiches gegen Jakob M. gedient. Die Verwahrung der gepfändeten Aktien in der Wertpapierabteilung der Deutschen Reichsbank habe den Entziehungstatbestand vollendet.
8 Auch diese Einwände können die Anhörungsrüge nicht begründen. Richtig ist zwar der Hinweis der Kläger, dass nach den bindenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts die Aktien an die Wertpapierabteilung der Deutschen Reichsbank übergeben worden waren (UA S. 4). Für den Senat war aber nicht erheblich, an welchem Ort die Aktien verwahrt wurden, sondern welchem Zweck die Übergabe diente. Dementsprechend heißt es in dem Beschluss (Rn. 9 a.E.), dass die Übergabe der Aktien in ein Wertpapierdepot der Deutschen Bank (richtig: Deutschen Reichsbank) zum „Zweck der Aufbewahrung“ angeordnet worden sei. Damit hat der Senat zum Ausdruck gebracht, dass das Reich während des gesamten nach § 1 Abs. 6 Satz 1 VermG maßgeblichen Zeitraums keine Verwertungsbefugnis für sich in Anspruch genommen habe und die Übergabe an die Wertpapierabteilung nicht als den Berechtigten verdrängende Anmaßung von Eigentümerverhältnissen verstanden werden könne.
9 Der nach Ablauf der Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO eingegangene Schriftsatz der Kläger vom 21. August 2007 gibt zu einer abweichenden Beurteilung keinen Anlass.
10 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.