Urteil vom 02.04.2008 -
BVerwG 8 C 7.07ECLI:DE:BVerwG:2008:020408U8C7.07.0
Leitsatz:
Eine Bruchteilsrestitution nach § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG scheidet aus, wenn die zu restituierenden Vermögensgegenstände nicht mit Mitteln des Unternehmens erworben wurden. Um solche (ursprünglichen) Mittel des Unternehmens handelt es sich nicht, wenn eine wesentliche Änderung der Kapitalstruktur des Unternehmens durch eine erhebliche Aufstockung des Grundkapitals erfolgt ist.
Urteil
BVerwG 8 C 7.07
- VG Gera - 11.10.2005 - AZ: VG 3 K 791/02 GE
In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 2. April 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf,
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg und
Dr. Hauser und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Guttenberger
für Recht erkannt:
- Das Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 11. Oktober 2005 wird aufgehoben.
- Die Klage wird abgewiesen.
- Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Von den Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens hat die Beigeladene die Hälfte zu tragen.
II
18 1. Die Revision ist zulässig. Das die Beklagte belastende Urteil des Verwaltungsgerichts ist trotz der im Mai 2006 erfolgten gütlichen Einigung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen noch rechtswirksam. Der das ursprüngliche Leistungsbegehren versagende Verwaltungsakt des Rechtsvorgängers der Beklagten ist damit nach wie vor wirksam aufgehoben worden. Die gütliche Einigung hat nur Auswirkungen auf das Rechtsschutzinteresse für die Klägerseite. Die Klägerin war deshalb gehalten, das ursprüngliche Verpflichtungsbegehren auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umzustellen. Gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog konnte sie auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag übergehen. Es handelt sich dabei um keine Klageänderung. Die Umstellung des Antrags ist gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO unabhängig von einer Zustimmung der Beklagten auch noch in der Revisionsinstanz zulässig (vgl. Urteil vom 22. Januar 1998 - BVerwG 2 C 4.97 - Buchholz 310 § 161 VwGO Nr. 113).
19 Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist durch die bestehende Wiederholungsgefahr begründet. Die Klägerin verlangt von der Beklagten die Rückübertragung von Bruchteilseigentum an weiteren Grundstücken mit dem gleichen rechtlichen Hintergrund. Es liegen insoweit schon Ablehnungsbescheide der Beklagten mit derselben rechtlichen Argumentation wie im Streitverfahren vor.
20 2. Die Revision der Beklagten ist begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO), da nach der feststehenden Tatsachenlage die Klage der Klägerin unbegründet ist.
21 Das Verwaltungsgericht hat gegen die Regelung des § 3 Abs. 1 Satz 4 bis 6 VermG verstoßen. Es hat den gesetzlichen Begriff des Erwerbs „mit Mitteln des Unternehmens“ nicht näher bestimmt und inhaltlich die Bedeutung dieser Merkmale verkannt.
22 Zwar ist das Verwaltungsgericht zutreffend von der Gültigkeit der Rechtsgrundlage des § 3 Abs. 1 Satz 4 bis 6 VermG für die geltend gemachte Einräumung von Bruchteilseigentum ausgegangen. Es hat zu Recht einen Verstoß gegen Verfassungsrecht, insbesondere gegen Art. 14 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG und gegen das Rückwirkungsgebot unter Hinweis auf die einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung verneint.
23 Zu Unrecht hat das Verwaltungsgericht aber die Voraussetzungen einer Bruchteilsrestitution gemäß § 3 Abs. 1 Satz 4 bis 6 VermG bejaht. Als Anspruchsgrundlage für das klägerische Begehren kommt nur § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG in Betracht. Danach kann der Berechtigte verlangen, dass ihm an den in dieser Norm näher bezeichneten Vermögensgegenständen im Wege der Einzelrestitution in Höhe der ihm entzogenen Beteiligung Bruchteilseigentum eingeräumt wird. Voraussetzung ist dabei, dass diese Vermögensgegenstände mit einem nach § 1 Abs. 6 i.V.m. § 6 VermG zurückzugebenden oder einem nach diesem oder einem anderen nach dem 8. Mai 1945 ergangenen Gesetz bereits zurückgegebenen Unternehmen entzogen oder von ihm später angeschafft worden sind. Der Anspruch auf Bruchteilsrestitution besteht auch, wenn - wie hier - eine Beteiligung an einem Unternehmen Gegenstand der Schädigung nach § 1 Abs. 6 VermG ist und das Unternehmen zum Zeitpunkt der Schädigung nicht von Maßnahmen nach § 1 VermG betroffen war (§ 3 Abs. 1 Satz 4 Halbs. 2 VermG). Weiterhin müssen diese Gegenstände aus irgendwelchen Gründen nicht mehr zum Vermögen des Unternehmens gehören. Zudem müssen die Gegenstände, die von einem dieser Unternehmen bis zum 8. Mai 1945 angeschafft worden sind, mit Mitteln des Unternehmens erworben worden sein.
24 Diese letzte Voraussetzung geht unmittelbar aus § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG hervor, der zum Zwecke der Beweiserleichterung eine Vermutungsregelung aufstellt und zugleich das Tatbestandsmerkmal, dessen tatsächliches Vorliegen vermutet werden soll, näher umschreibt, nämlich den Erwerb „mit Mitteln des Unternehmens“. Aus der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG folgt somit, dass in der materiellrechtlichen Anspruchsnorm in § 3 Abs. 1 Satz 4 bereits das Merkmal des Erwerbs mit Mitteln des Unternehmens mit enthalten ist. Für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzung des § 3 Abs. 1 Satz 4 VermG hat das zur Folge, dass schon bei Fehlen eines Erwerbs „mit Mitteln des Unternehmens“ ein Anspruch nach dieser Norm ausscheidet. Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen.
25 Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ist kein Erwerb mit Mitteln des Unternehmens gegeben. „Mittel des Unternehmens“ sind die im Zeitpunkt der Entziehung der Beteiligung vorhandenen Mittel und die finanziellen Möglichkeiten, die sich auf der Grundlage dieses Kapitals im Rahmen eines organischen Zuwachses des Unternehmens (z.B. Gewinne) ergeben haben (a). Eine wesentliche Änderung der Kapitalstruktur des Unternehmens, wie sie hier durch die Verdreifachung des Grundkapitals der Aktiengesellschaft durch den neuen Gesellschafter RfA bis zum Erwerb der Grundstücke bewirkt wurde, führte dazu, dass der Erwerb nicht mehr mit den ursprünglichen Mitteln des Unternehmens vorgenommen wurde (b). Dies gilt auch für den Erwerb im Wege eines Kredits, wie es hier nach dem Vortrag der Klägerin der Fall war. Maßgebend ist, dass Grundlage für die Gewährung des Kredits die wesentlich erhöhte Kapitalausstattung des Unternehmens war (c).
26 a) Eine Klärung des Begriffs „Mittel des Unternehmens“ ergibt sich zwar weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Begründung des Gesetzentwurfs. Für die Auslegung, dass maßgebend die ursprünglichen Mittel im Zeitpunkt der Entziehung der Unternehmensbeteiligung sind, sprechen aber der systematische Zusammenhang und der Zweck der Vorschrift. § 3 Abs. 1 Satz 4 ff. VermG hat zum Ziel, erlittenes Unrecht in der Form von Vermögensverlusten wiedergutzumachen und dem früheren Anteilsinhaber durch die ergänzende Singularrestitution die „wirtschaftliche Eigentümerstellung“ möglichst wieder einzuräumen. Entsprechend dem Zweck der Wiedergutmachung ist dies die „wirtschaftliche Eigentümerstellung“, wie sie zum Zeitpunkt der Schädigung bestand (ähnlich Redeker/Hirtschulz/Tank, in: Fieberg/Reichenbach, VermG, § 3 Rn. 117 und 117a). Dementsprechend stellen auch die Einzelregelungen zur Unternehmensrückgabe auf den Zustand im Zeitpunkt der Unternehmensschädigung ab. So ist z.B. für die Verpflichtung zum Ausgleich wesentlicher Verschlechterungen oder Verbesserungen der Vermögens- oder Ertragslage eines zurückzugebenden Unternehmens auf das Eigenkapital im Zeitpunkt der Enteignung (§ 6 Abs. 2 Satz 4 und Abs. 3 Satz 1 VermG) oder für die Vergleichbarkeit des Unternehmens nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VermG auf das „enteignete Unternehmen im Zeitpunkt der Enteignung“ abzustellen (weitere Beispiele: § 6 Abs. 6a Satz 1, § 3 Abs. 1a VermG: Begründung des Rechts, das dem früheren Recht am ehesten entspricht).
27 Die Auslegung, dass auf die ursprünglichen Mittel im Zeitpunkt der Entziehung der Beteiligung abzustellen ist, wird durch die Rückerstattungsgesetze der Alliierten und die dazu ergangene Rechtsprechung der Rückerstattungsgerichte bestätigt, die bei der Auslegung der Vorschriften des Vermögensgesetzes, die die Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts regeln, heranzuziehen sind (stRspr; z.B. Urteil vom 22. Februar 2001 - BVerwG 7 C 12.00 - BVerwGE 114, 68 <70> = Buchholz 428 § 1 Abs. 6 VermG Nr. 10). § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG knüpft an den Wortlaut der Art. 29 Abs. 3 Satz 1 USREG und Art. 25 Abs. 3 Satz 1 BrREG an. Danach erstreckt sich bei ungerechtfertigter Entziehung eines geschäftlichen Unternehmens der Rückerstattungsanspruch auch auf die nach der Entziehung für das Unternehmen beschafften Vermögensgegenstände, falls nicht der Rückerstattungspflichtige nachweist, dass zur Neubeschaffung keine Mittel des Unternehmens verwendet worden sind (Art. 25 Abs. 3 Satz 1 BrREG). Die Rechtsprechung und die Literatur zum Rückerstattungsrecht vertraten die Auffassung, dass mit Mitteln des Unternehmens nur solche Gegenstände beschafft worden sind, die aus den ursprünglichen, bei der Entziehung vorhanden gewesenen Mitteln oder deren Umschlag bezahlt worden sind (OLG Celle, Beschluss vom 24. Mai 1954 - 2 W 108/54 - RzW 1954, 350 <351>; ähnlich OLG Neustadt, Beschluss vom 14. Juni 1951 - 1 U 23/51 (RE) - RzW 1951, 273 <274>; Harmening/Hartenstein/Osthoff, Rückerstattungsgesetz, 1950, Anm. IV 3c zu Art. 25 BrREG; von Godin, Rückerstattung feststellbarer Vermögensgegenstände, 1950, Anm. 12 zu Art. 29 USREG; vgl. auch Kubuschok/Weißstein, Rückerstattungsrecht, 1950, Anm. 21 zu Art. 25 BrREG).
28 b) Wenn die im Zeitpunkt der Schädigung vorhandenen Mittel und der sich auf dieser finanziellen Grundlage ergebende organische Zuwachs die Maßstäbe sind, führen wesentliche Änderungen der Kapitalstruktur dazu, dass die Verbindung zu den ursprünglichen Mitteln des Unternehmens gelöst wird. Mit einer wesentlichen Änderung der Kapitalgrundlage wie hier der Verdreifachung des Grundkapitals, die nicht mehr aus dem ursprünglichen Vermögen des Unternehmens herzuleiten ist, tritt eine qualitative Veränderung ein, die eine Zurechnung zu den ursprünglichen Mitteln des Unternehmens ausschließt (ähnlich Redeker/Hirtschulz/Tank, a.a.O. § 3 VermG Rn. 117a).
29 Auch für eine solche Eingrenzung bieten die Rückerstattungsgesetze, die im Fall der Entziehung einer Unternehmensbeteiligung anders als bei der Entziehung des Unternehmens selbst (Art. 25 Abs. 3 BrREG, Art. 29 Abs. 3 USREG) keinen Durchgriff auf später angeschaffte Vermögenswerte des Unternehmens vorsahen, in Art. 18 BrREG, Art. 22 USREG Anhaltspunkte. Sofern sich nach dem Entzug der Anteile die Rechts- oder Kapitalstruktur des Unternehmens geändert hatte, konnte es nach diesen Bestimmungen nicht mehr bei der Rückerstattung der Anteile bleiben, sondern bedurfte es z.B. bei einer wesentlichen Erhöhung des Gesellschaftskapitals einer Anpassung, die verhinderte, dass der geschädigte Anteilsinhaber mehr erhielt, als ihm entzogen wurde. Insofern räumten Art. 18 BrREG, Art. 22 USREG den Wiedergutmachungskammern eine weitgehende gesetzliche Ermächtigung zu schöpferischer Rechtsgestaltung ein, um, soweit möglich, seine ursprüngliche Beteiligung und die aus ihr fließenden Rechte wiederherzustellen. Ebenso konnten nach Art. 22 BrREG, Art. 26 USREG die Wiedergutmachungskammern anstelle der Rückerstattung eine angemessene Ersatzleistung anordnen, wenn ein entzogener Vermögensgegenstand nach der Entziehung wesentlich verändert und sein Wert dadurch erheblich gesteigert worden war (vgl. aber Art. 26 Abs. 1 Satz 3 USREG). Diese Vorschriften sind von der Rechtsprechung auch bei der Entziehung von Unternehmen angewandt worden, wenn die Vorschriften über neu angeschaffte Vermögensgegenstände oder das Abtrennungsrecht (Art. 25 Abs. 3 BrREG, Art. 29 Abs. 3 USREG) keine dem Rückerstattungszweck entsprechende Lösung ermöglichten (CoRA, Entscheidung vom 2. August 1955, RzW 1955, 313 <314 unter 4.>; Harmening/Hartenstein/Osthoff, a.a.O. Art. 22 BrREG Anm. III 1b; von Godin, a.a.O. Art. 26 USREG Anm. 2). Die angeführten Vorschriften der Rückerstattungsgesetze lassen folgenden Befund zu: Die rückerstattungsrechtlichen Vorschriften sollten in ihrem Zusammenwirken zum einen eine Rückgabe der entzogenen Unternehmenssubstanz einschließlich etwaiger Surrogate und des daraus erwirtschafteten Ertrags sicherstellen, dem Berechtigten aber auf der anderen Seite keine Wertsteigerungen zukommen lassen, die durch Kapitalzufuhr „von Außen“ oder nach Veränderung der finanziellen Unternehmensstruktur herbeigeführt wurden. Dies deckt sich mit der Zielsetzung, die der Einführung des § 3 Abs. 1 Satz 4 ff. VermG zugrunde lag. Der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat zutreffend unter Hinweis auf die Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses zum Entwurf des Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetzes (BTDrucks 12/2944 S. 50) hervorgehoben, dass die Bestimmung dazu dient, „die NS-Verfolgten nicht schlechter zu stellen als sie bei Anwendung des Alliierten Rückerstattungsrechts gestellt wären“ (Urteil vom 26. Juni 1997 - BVerwG 7 C 53.96 - Buchholz 428 § 3 VermG Nr. 18). Diesen Grundgedanken hat der erkennende Senat ebenfalls unterstrichen und zugleich darauf hingewiesen, dass der wiedergutmachungsrechtliche Grundsatz zu beachten ist, „dass der Geschädigte nicht mehr zurückerhalten darf, als ihm entzogen wurde“ (Urteil vom 24. September 2003 - BVerwG 8 C 8.03 - Buchholz 428 § 18 VermG Nr. 18). Mithin kommt es entscheidend darauf an, dass die NS-Verfolgten zur Schließung der in der ehemaligen DDR vorhandenen Wiedergutmachungslücke weder besser noch schlechter gestellt werden sollten, als sie bei Anwendung der alliierten Rückerstattungsregelungen gestellt wären, wenn diese bereits in der ehemaligen sowjetisch besetzten Zone gegolten hätten.
30 Für die Auslegung nach Sinn und Zweck führt der obige Befund des alliierten Rückerstattungsrechts dazu, dass auch nach dem Vermögensrecht und dem es beherrschenden Grundsatz des Wiedergutmachungsrechts ein Anspruchsteller nicht ein Mehr an Rückerstattung erhalten darf, als das aufgrund des Schädigungstatbestandes unmittelbar Verlorene. Es stellt keinen entschädigungspflichtigen Verlust dar, was über die ursprünglichen Mittel des Unternehmens hinausgeht. Mit den ursprünglichen Mitteln haben solche Betriebsvermögensbestandteile nichts mehr zu tun, die durch eine erhebliche Fremdmittelzuführung und durch Änderung der Unternehmensstruktur bedingt sind.
31 Der Orientierung am Rückerstattungsrecht steht nicht entgegen, dass dieses bei wesentlicher Änderung der Kapitalstruktur eine Anpassung der Rückerstattung der Unternehmensbeteiligung oder Ersatzleistungen vorsah, während eine wesentliche Änderung der Kapitalstruktur nach § 3 Abs. 1 Satz 4 ff. VermG zur Ablehnung der Bruchteilsrestitution führt. Sowohl das Rückerstattungsrecht als auch das Vermögensrecht verfolgen, wenn auch auf unterschiedlichem Weg, dasselbe Regelungsziel. Nach dem Vermögensgesetz bleibt der Anspruch auf Bruchteilsrestitution der bis zur Änderung der Kapitalstruktur angeschafften Vermögensgegenstände unberührt. Insofern erreicht das Vermögensgesetz das Ziel, die wirtschaftliche Eigentümerstellung wiederherzustellen, wie sie im Zeitpunkt der Schädigung bestand, bereits durch die bis zu diesem Zeitpunkt mögliche Bruchteilsrestitution; das Rückerstattungsrecht, das eine Bruchteilsrestitution nicht kannte, musste diesem Regelungsziel durch eine Anpassung der Rückerstattung des entzogenen Anteils oder durch eine Ersatzleistung Rechnung tragen.
32 Eine wesentliche Änderung der Kapitalstruktur der GAGFAH ist dadurch eingetreten, dass die RfA als neu eingetretener Gesellschafter das Grundkapital der Aktiengesellschaft von 6 Mio. RM im Jahr 1933 auf 18 Mio. RM vor dem Erwerb der Grundstücke im Jahr 1938 verdreifacht hat. Eine erhebliche Erhöhung des Grund- oder Stammkapitals einer Gesellschaft ist auch in der Rechtsprechung der Rückerstattungsgerichte als wesentliche Änderung der Kapitalstruktur eines Unternehmens angesehen worden. Diese hat das BoR Herford in einer Entscheidung vom 21. Juli 1954 angenommen, wenn „neues Kapital in eine Gesellschaft eingebracht wird, um ihr Stammkapital zu erhöhen oder um Vorzugsaktien auszugeben, so dass die Geschäftsanteile des Berechtigten ihn nicht mehr an erster Stelle zur Teilnahme am Gewinn berechtigen würden“ (BoR Herford, RzW 1954, 323 <324 f.>; vgl. auch OLG Celle, a.a.O.; OLG Neustadt, a.a.O.).
33 c) Die Klägerin hat vorgetragen, dass der Erwerb und/oder die Bebauung der Grundstücke durch einen von der GAGFAH aufgenommenen Kredit finanziert worden seien. Dies würde an dem Ergebnis nichts ändern. Der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat zwar in einem Beschluss vom 21. Februar 2006 - BVerwG 7 B 78.05 - (ZOV 2006, 181 <182>) die Auffassung vertreten, dass aufgenommene Kredite zu den Mitteln des Unternehmens im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 6 VermG zu rechnen sind, soweit Kreditgrundlage das Unternehmensvermögen ist. Aber auch insoweit ist die nach der Entziehung der Unternehmensbeteiligung vorgenommene erhebliche Veränderung der finanziellen Verfassung des Unternehmens zu berücksichtigen. Wenn das Unternehmenskapital bei der Aufnahme des Kredits durch die Zuführung neuer finanzieller Mittel erheblich erhöht worden war, bildeten das erhöhte Unternehmenskapital und nicht die ursprünglichen Mittel die Kreditgrundlage.
34 Der Senat braucht weiterhin nicht zu klären, ob darüber hinaus bei der Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 4 bis 6 VermG der Beweis des Gegenteils unter bestimmten Umständen im Einzelfall in Betracht kommt. Denn diese Frage stellt sich bei dem hier zu entscheidenden Sachverhalt nicht.
35 Es sind zudem keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich, dass sich das Urteil aus anderen Gesichtspunkten als richtig darstellen könnte (§ 144 Abs. 4 VwGO).
36 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO.