Verfahrensinformation

Die Klägerin betreibt in Schifferstadt eine Verkaufsfiliale für Backwaren, die sie in Ludwigshafen produziert. In der Filiale anfallende Abfälle werden dort vorsortiert, wobei ein so genannter Restabfallsack mit Kehricht, Putzutensilien, Pausenresten der Verkäuferinnen, fettbeschmutztem Backpapier sowie von Kunden zurückgelassenen Abfällen befüllt wird. Sämtliche Abfälle werden täglich zur Produktionsstelle in Ludwigshafen verbracht und dort von einer Entsorgungsfirma mit Sitz in Mannheim übernommen. Die seitens des beklagten Landkreises seit 1998 der Filiale in Schifferstadt zur Verfügung gestellte Restmülltonne wird von der Klägerin nicht genutzt. Eine Klage gegen die für die Restmülltonne erhobene Abfallbeseitigungsgebühr blieb in zwei Instanzen erfolglos. Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, ohne eine tatsächliche Inanspruchnahme der Restmülltonne könne sie nicht zu einer Abfallbeseitigungsgebühr herangezogen werden, die außerdem den im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz sowie im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorrang der Abfallverwertung vor der Abfallbeseitigung missachte. Der Beklagte hält dem entgegen, dass mit dem Restabfallsack Abfall zur Beseitigung anfalle, den die Klägerin ihr zu überlassen habe. Wenn die Klägerin stattdessen eine Eigenentsorgung vornehme, hindere dies nicht die Erhebung einer Mindestgebühr für die Bereitstellung der Restmülltonne, das regelmäßige Anfahren des Grundstücks durch ein Fahrzeug der Müllabfuhr und das Vorhalten der übrigen Abfallentsorgungseinrichtung.


Pressemitteilung Nr. 64/2005 vom 01.12.2005

Mindestgebühr für "Restmülltonne" einer Verkaufsfiliale für Backwaren

Die Klägerin betreibt in Schifferstadt eine Verkaufsfiliale für Backwaren, die sie in Ludwigshafen produziert. In der Filiale anfallende Abfälle werden dort vorsortiert, wobei ein so genannter Restabfallsack mit Kehricht, Putzutensilien, Pausenresten der Verkäuferinnen, fettbeschmutztem Backpapier sowie von Kunden zurückgelassenen Abfällen befüllt wird. Sämtliche Abfälle werden täglich zur Produktionsstelle in Ludwigshafen verbracht und dort von einer Entsorgungsfirma mit Sitz in Mannheim übernommen. Die seitens des beklagten Landkreises seit 1998 der Filiale in Schifferstadt zur Verfügung gestellte Restmülltonne wird von der Klägerin nicht genutzt. Eine Klage gegen die für die Restmülltonne erhobene Abfallbeseitigungsgebühr blieb in zwei Instanzen erfolglos. Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, ohne eine tatsächliche Inanspruchnahme der Restmülltonne könne sie nicht zu einer Abfallbeseitigungsgebühr herangezogen werden, die außerdem den im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz sowie im Gemeinschaftsrecht vorgesehenen Vorrang der Abfallverwertung vor der Abfallbeseitigung missachte.


Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ist dieser Auffassung nicht gefolgt und hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Die Vorinstanzen seien zutreffend davon ausgegangen, dass mit dem Restabfallsack Abfall zur Beseitigung anfalle, den die Klägerin dem kommunalen Entsorgungsträger zu überlassen habe. Wenn die Klägerin diesen Abfall unter Verstoß gegen ihre Überlassungspflicht einem privaten Entsorgungsunternehmen übergebe, hindere dies nicht die Erhebung einer Mindestgebühr, deren Höhe sich am durchschnittlichen Abfallvolumen eines Kleinsthaushalts und an den anteiligen Kosten für die Bereitstellung der Restmülltonne, das regelmäßige Anfahren des Grundstücks durch ein Fahrzeug der Müllabfuhr und das Vorhalten der übrigen Abfallentsorgungseinrichtung orientiere. Weder das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz noch das Gemeinschaftsrecht sähen vor, dass im Bereich der hausmüllähnlichen Gewerbeabfälle eine vollständige Privatisierung der Abfallwirtschaft zu erfolgen habe. Der mit dem Vorrang der Abfallverwertung angestrebte Wirtschaftskreislauf schließe eine verursachernahe Entsorgungszuständigkeit öffentlich-rechtlicher Entsorgungsträger nicht aus, wenn anderenfalls Abfall aus dem Gewerbebetrieb verbracht werde, ohne dass der Weg zu seiner Verwertung sichergestellt sei. Für die Überlassungspflicht handele es sich dann um Abfall zur Beseitigung.


BVerwG 10 C 4.04 - Urteil vom 01.12.2005


Urteil vom 01.12.2005 -
BVerwG 10 C 4.04ECLI:DE:BVerwG:2005:011205U10C4.04.0

Leitsatz:

1. Auch vor In-Kraft-Treten der Gewerbeabfallverordnung stellte der Vorrang der Abfallverwertung, den das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz statuiert, kein rechtliches Hindernis dar, Erzeuger und Besitzer gewerblichen Siedlungsabfalls, der nicht verwertet wird, einer satzungsrechtlichen Behälternutzungspflicht und einer daran anknüpfenden Gebührenregelung zu unterwerfen (im Anschluss an BVerwG, Urteile vom 17. Februar 2005 - BVerwG 7 C 25.03 und 7 CN 6.04 - Buchholz 451.221 § 12 KrW-/AbfG Nr. 2 und 3).

  • Rechtsquellen
    GG Art. 3 Abs. 1; Art. 70; Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 und Nr. 24, Abs. 2;
    Art. 103 Abs. 1
    EWGV Art. 130 r Abs. 2
    EG Art. 174 Abs. 2 Satz 3, Art. 234
    RL 75/442/EWG Art. 3 Abs. 1 lit. b); Art. 5 Abs. 2
    VwGO § 86 Abs. 1; § 108 Abs. 2; § 132 Abs. 2 Nr. 3
    KrW-/AbfG §§ 1; 3 Abs. 1 und 7; § 5 Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 und 5; § 10 Abs. 1;
    § 11 Abs. 1; § 12 Abs. 1; § 13 Abs. 1; § 15 Abs. 1 Satz 1; §§ 22 ff.
    GewAbfV § 7 Abs. 4
    KAG Rhld.-Pf. § 7 Abs. 1 Satz 1

  • OVG Koblenz - 15.03.2004 - AZ: OVG 12 A 11962/03 -
    OVG Rheinland-Pfalz - 15.03.2004 - AZ: OVG 12 A 11962/03

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 01.12.2005 - 10 C 4.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:011205U10C4.04.0]

Urteil

BVerwG 10 C 4.04

  • OVG Koblenz - 15.03.2004 - AZ: OVG 12 A 11962/03 -
  • OVG Rheinland-Pfalz - 15.03.2004 - AZ: OVG 12 A 11962/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 10. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 1. Dezember 2005
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts H i e n
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht V a l l e n d a r , Prof. Dr. R u b e l , Prof. Dr. E i c h b e r g e r und Dr. N o l t e
für Recht erkannt:

  1. Die Revision gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. März 2004 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

I


die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. März 2004 und des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 16. Juli 2003 zu ändern und den Gebührenbescheid des Beklagten vom 2. Februar 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 19. November 2002 aufzuheben.
die Revision zurückzuweisen.

II