Beschluss vom 01.04.2005 -
BVerwG 9 VR 5.05ECLI:DE:BVerwG:2005:010405B9VR5.05.0
Beschluss
BVerwG 9 VR 5.05
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 1. April 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S t o r o s t und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. R u b e l und
Dr. N o l t e
beschlossen:
- Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Leipzig vom 17. Dezember 2004 wird abgelehnt.
- Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
- Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 7 500 € festgesetzt.
Der Antrag, mit dem die Antragstellerin die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Regierungspräsidiums Leipzig für das Vorhaben B 87 - Jahnallee (von Zeppelinbrücke bis Elsterstraße und von Leibnizstraße bis Rosentalgasse) begehrt, ist zulässig. Der angegriffene Planfeststellungsbeschluss betrifft ein Vorhaben nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VerkPBG. Die hiergegen von der Antragstellerin erhobene Klage entfaltet daher keine aufschiebende Wirkung (§ 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG). Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten gegen einen solchen Planfeststellungsbeschluss (§ 5 Abs. 1 VerkPBG) und ist folglich auch nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO als Gericht der Hauptsache für die Entscheidung über den beantragten vorläufigen Rechtsschutz zuständig.
Der Antrag ist jedoch unbegründet. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses überwiegt die Interessen der Antragstellerin an der Beibehaltung des bisherigen Zustandes bis zur endgültigen Entscheidung der Hauptsache. Denn ihre auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses gerichtete Klage wird nach der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage voraussichtlich keinen Erfolg haben.
Ein Aufhebungsanspruch gegen den Planfeststellungsbeschluss steht der Antragstellerin schon deswegen nicht zu, weil sie mit Einwendungen gegen den Plan nach der - grundgesetzgemäßen (BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1996 - BVerwG 4 A 38.95 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 119 S. 137) - Vorschrift des § 17 Abs. 4 FStrG ausgeschlossen ist.
Innerhalb der Einwendungsfrist (§ 73 Abs. 4 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 1 SächsVwVfG) hat die Antragstellerin Einwendungen nicht erhoben. Die weiteren Präklusionsvoraussetzungen des § 17 Abs. 4 Satz 2 FStrG, wonach der Einwendungsausschluss nur eintritt, wenn in der Bekanntmachung der Auslegung oder der Einwendungsfrist auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde und diese Bekanntmachung ihrerseits ordnungsgemäß war, sind gegeben. Die Planunterlagen lagen in der Stadt Leipzig vom 5. April 2004 bis einschließlich 4. Mai 2004 und mithin während des von § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG geforderten Zeitraums aus. Die Stadt Leipzig hat die Auslegung des Planes gemäß § 17 Abs. 3 b Satz 3 FStrG ortsüblich im Amtsblatt bekannt gemacht (vgl. § 4 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 der Bekanntmachungssatzung der Stadt Leipzig vom 15. März 2000). Von der Bekanntmachung ging auch die erforderliche "Anstoßwirkung" aus. Denn sie war geeignet, die im Veröffentlichungsgebiet Betroffenen zu ermuntern, sich für die Planung zu interessieren und nach Bedarf hieran als Einwender mitzuwirken (vgl. zu diesen Anforderungen etwa BVerwG, Urteil vom 16. August 1995 - BVerwG 11 A 2.95 - Buchholz 407.3 § 3 VerkPBG Nr. 1 S. 5). Die vom Planfeststellungsbeschluss betroffenen Abschnitte der B 87 werden in der Bekanntmachung konkret und zutreffend bezeichnet. Der Einwand der Antragstellerin, für sie habe danach als Anliegerin der nicht in das Planfeststellungsverfahren einbezogenen, zwischen den beiden planfestgestellten Teilabschnitten gelegenen "inneren Jahnallee" kein Anlass bestanden, Einwendungen zu erheben, so dass ihr Präklusion nicht entgegen gehalten werden könne, greift nicht durch. Zu ihrer Annahme, sie habe davon ausgehen müssen, "dass die Behörden sie mit Einwendungen gerade bezogen auf die innere Jahnallee nicht hören wollten", gab der Text der Bekanntmachung keine Veranlassung. Weder verweist er mögliche Einwender auf andere Einwendungsgelegenheiten noch enthält er - etwa durch die Kennzeichnung der planfestzustellenden Abschnitte als "1. Planfeststellungsabschnitt" - überhaupt Hinweise auf ein weiteres, die (innere) Jahnallee betreffendes Planfeststellungsverfahren, das Gegenstand etwaiger Einwendungen der Antragstellerin hätte sein können. Vielmehr musste auch Anliegern der inneren Jahnallee wegen ihrer Einschlusslage zwischen den planfestgestellten Straßenabschnitten der B 87 deutlich werden, dass ihre Belange, und zwar unabhängig davon, ob auch ein Planfeststellungsverfahren für die innere Jahnallee stattfinden würde, durch das Vorhaben betroffen sein können. Denn durch den Ausbau der jeweils an die innere Jahnallee anschließenden Teile der B 87 können - wie die Antragstellerin gegen den angefochtenen Planfeststellungsbeschluss im Klageverfahren selbst geltend macht - für den inneren Teil der Jahnallee vollendete Tatsachen entstehen, die sich auch bei Durchführung eines die innere Jahnallee betreffenden Planfeststellungsverfahrens durch hiergegen gerichtete Rechtsmittel nicht mehr abwenden lassen. Deswegen kommt es nicht darauf an, ob aus Sicht der Antragstellerin eine "undurchsichtige Situation" im Hinblick darauf bestand, ob die Beigeladene noch ein Planfeststellungsverfahren für die innere Jahnallee beantragen würde. Ebenso wenig ist insoweit von Bedeutung, ob die "Aussparung" der inneren Jahnallee aus der die B 87 betreffenden Planfeststellung rechtmäßig gewesen ist.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin erstreckt sich der Eintritt der Präklusion auch auf solche rechtlichen oder tatsächlichen Umstände, die die Planfeststellungsbehörde unabhängig von etwaigen Einwendungen Betroffener von Amts wegen zu berücksichtigen hatte. Denn § 17 Abs. 4 Satz 1 FStrG schränkt zwar nicht die objektivrechtliche Verpflichtung der Behörde zur Ermittlung des Sachverhaltes und zu ordnungsgemäßer Abwägung ein. Die Vorschrift will aber gerade das Recht des Betroffenen ausschließen, diesbezügliche Mängel im Klagewege geltend zu machen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf § 53 Abs. 3 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 34.2, 2.2.2 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Fassung Juli 2004, abgedruckt u.a. in NVwZ 2004, 1327).