Rechtmäßigkeit der bayerischen Einreise-Quarantäneverordnung zur Bekämpfung des Coronoavirus vom 5. November 2020
Die Antragsteller begehren die Feststellung, dass § 1 der bayerischen Verordnung über Quarantänemaßnahmen für Einreisende zur Bekämpfung des Coronavirus vom 5. November 2020 (EQV) unwirksam war. Nach Absatz 1 der Vorschrift waren Personen, die in den Freistaat Bayern einreisten und sich innerhalb von zehn Tagen vor der Einreise in einem Risikogebiet aufgehalten hatten, verpflichtet, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in die eigene Wohnung zu begeben und sich für einen Zeitraum von zehn Tagen nach ihrer Einreise ständig dort abzusondern. Risikogebiet war nach Absatz 5 ein Staat oder eine Region außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, für welche zum Zeitpunkt der Einreise nach Deutschland ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 bestand. Maßgeblich war die jeweils aktuelle Veröffentlichung des Robert Koch-Instituts (RKI) über die Einstufung als Risikogebiet. Die Antragsteller hielten sich ihren Angaben zufolge vom 4. bis 10. Januar in Dubai auf, das in jenem Zeitraum durch das RKI als Risikogebiet eingestuft war.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat festgestellt, dass § 1 EQV unwirksam war. Die Norm habe nicht auf die Ermächtigung zur Regelung von Absonderungen in § 32 i. V. m. § 30 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) gestützt werden können. Die Einreise aus einem ausländischen Risikogebiet sei grundsätzlich nicht geeignet gewesen, den von der Ermächtigungsgrundlage vorausgesetzten Ansteckungsverdacht im Sinne des § 2 Nr. 7 IfSG zu begründen. Der Antragsgegner habe auch keine hinreichenden Tatsachen benennen können, die − unabhängig von der Anknüpfung des § 1 Abs. 1 EQV an den Begriff "Risikogebiet" − die Annahme eines tatsächlichen Ansteckungsverdachts hätten rechtfertigen können. Auf die infektionsschutzrechtliche Generalklausel habe die Verordnung nicht gestützt werden können, weil ihre Anwendung durch die spezielle Regelung von Absonderungen in § 30 IfSG ausgeschlossen sei. Im Übrigen habe der Verordnungsgeber eine Regelung nach § 30 IfSG getroffen. § 1 Abs. 5 Satz 2 EQV sei auch deshalb unwirksam gewesen, weil der Verweis auf die jeweils aktuelle Veröffentlichung des RKI über die Einstufung als Risikogebiet gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoße. Die Bundesbehörden hätten bis zur Einfügung des § 2 Nr. 17 IfSG mit Wirkung vom 19. November 2020 nicht über die erforderliche Befugnis zur Feststellung von Risikogebieten in Form einer Allgemeinverfügung verfügt.
Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision des Antragsgegners.
Pressemitteilung Nr. 36/2023 vom 15.05.2023
Verkündungstermin in den Verwaltungsstreitsachen BVerwG 3 CN 4.22, 3 CN 5.22 und 3 CN 6.22
Der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig wird am 16. Mai 2023, 10.00 Uhr, im Großen Sitzungssaal in den Verwaltungsstreitsachen BVerwG 3 CN22, 3 CN 5.22 und 3 CN 6.22 aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. Mai 2023 eine Entscheidung verkünden.
Anmeldeverfahren für interessierte Zuschauerinnen und Zuschauer
Die Anzahl der Plätze für Zuschauerinnen und Zuschauer ist begrenzt. Eine Anmeldung zur Teilnahme an der mündlichen Verhandlung ist daher erforderlich. Hierfür ist ausschließlich das Anmeldeformular auf der Website des Bundesverwaltungsgerichts zu nutzen. Gruppen werden nur bis zu einer Größe von zehn Personen berücksichtigt.
Die zur Verfügung stehenden Plätze werden nach der Reihenfolge der eingegangenen Anmeldungen vergeben. Anmeldungen von Einzelpersonen, die vor dieser Pressemitteilung eingegangen sind, werden berücksichtigt; die erneute Anmeldung ist nicht erforderlich. Eine Rückantwort auf die Anmeldung erfolgt nur, wenn die Platzkapazität erschöpft ist und die Anmeldung deshalb nicht mehr berücksichtigt werden kann.
Akkreditierungsbedingungen und Hinweise für Medienvertreterinnen und Medienvertreter
Die Plätze für Medienvertreterinnen und -vertreter werden in einem Akkreditierungsverfahren vergeben. Das Akkreditierungsverfahren beginnt mit Veröffentlichung der Pressemitteilung und endet am Montag, den 15. Mai 2023 um 17.15 Uhr .
Für Akkreditierungsgesuche ist ausschließlich das bereitgestellte Anmeldeformular auf der Website des Bundesverwaltungsgerichts zu nutzen. Dieses muss vollständig ausgefüllt sein. Das Akkreditierungsgesuch kann auch unter Verwendung des Formulars per E-Mail an die Adresse pressestelle@bverwg.bund.de übermittelt werden. Akkreditierungsgesuche an sonstige E-Mail-Adressen oder Telefaxanschlüsse des Gerichts werden nicht berücksichtigt.
Der gültige Presseausweis ist vor Ort vorzulegen.
Akkreditierungsgesuche werden in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt; bei etwaiger Zeitgleichheit entscheidet das Los. Nach Ablauf der Frist versendet die Pressestelle des Bundesverwaltungsgerichts eine Benachrichtigung über die erfolgreiche bzw. nicht erfolgreiche Akkreditierung.
Für Medienvertreterinnen und -vertreter stehen im Sitzungssaal 16 Sitzplätze zur Verfügung.
Die Plätze werden nach der Reihenfolge des Akkreditierungseingangs vergeben. Aufgrund der begrenzten Kapazität steht nur ein Sitzplatz je Medienorgan zur Verfügung.
Ein gesonderter Medienarbeitsraum steht nicht zur Verfügung.
Foto- und Fernsehaufnahmen; Pool-Bildung
1. Gemäß den Regelungen des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) sind Foto-, Film- und Tonaufnahmen im Sitzungssaal nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zulässig.
Danach haben Fotografinnen und Fotografen und Kamerateams den Sitzungssaal zu verlassen.
2. Für Foto- und Filmaufnahmen im Sitzungssaal werden Medienpools gebildet. Zugelassen werden zwei Fernsehteams (ein öffentlich-rechtlicher und ein privat-rechtlicher inländischer Sender mit jeweils einer Kamera) sowie sechs Fotografinnen und Fotografen. Übersteigt die Anzahl der Anmeldungen die Zahl der im jeweiligen Medienpool zur Verfügung stehenden Plätze, ist Voraussetzung für eine Zulassung die im Akkreditierungsgesuch erklärte Bereitschaft zur Übernahme der Poolführung. Medienvertreterinnen und -vertreter, die die entsprechenden technischen Voraussetzungen nicht erfüllen, können die Poolführung nicht übernehmen. Die Poolführung ist verpflichtet, abgelehnten Bewerbern des Medienpools die gefertigten Aufnahmen auf Anfrage unverzüglich in geeigneter Form zur Verfügung zu stellen. Die Zulassung zum jeweiligen Medienpool und ggfs. die Vergabe der Poolführung erfolgen nach der Reihenfolge des Akkreditierungseingangs; bei etwaiger Zeitgleichheit entscheidet das Los.
Die Bestimmung der konkret mitwirkenden Personen bleibt den Fernsehsendern bzw. den
Agenturen und Fotografinnen und Fotografen selbst überlassen.
3. Der Aufenthalt hinter der Richterbank ist nicht gestattet. Entsprechenden Anweisungen der Wachtmeisterinnen und Wachtmeister und der Pressestelle ist Folge zu leisten. Foto- und Filmaufnahmen sind ausschließlich mit geräuscharmen Apparaten ohne Blitzlicht gestattet.
4. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung sowie in den Pausen sind Interviews sowie Fernseh- und Fotoaufnahmen mit Verfahrensbeteiligten oder sonstigen Personen lediglich außerhalb des Sitzungssaals zugelassen.
Ergänzende Regelungen für den Sitzungssaal
Einlass in den Sitzungssaal wird ab eine Stunde vor Beginn der Verhandlung gewährt. Medienvertreterinnen und -vertreter dürfen nur die zur Ausübung ihrer Tätigkeit erforderlichen Geräte und Taschen mit sich führen.
Foto- und Filmaufnahmen sowie das Telefonieren, Twittern und sonstige Versenden von Nachrichten, das Abrufen von Daten sowie jegliche Nutzung des Internets im bzw. aus dem Sitzungssaal sind nicht gestattet. Für diese Zwecke nutzbare elektronische Geräte, insbesondere Mobiltelefone, Laptop-Computer oder Tablet-Computer, dürfen im Sitzungssaal nicht verwendet werden. Medienvertreterinnen und -vertretern wird während der mündlichen Verhandlung die Nutzung dieser Geräte im Offline-Betrieb zur Eingabe von Text, nicht aber für Ton- und Bildaufnahmen sowie Datenübermittlungen gestattet. Der Betrieb der Geräte ist nur im Flugzeug- und Lautlosmodus zulässig. In den Sitzungspausen und nach Schließung der Sitzung dürfen Medienvertreterinnen und -vertreter diese Geräte im bzw. aus dem Sitzungssaal zum Telefonieren, zur sonstigen Kommunikation, zum Abrufen von Daten sowie zu jeglicher sonstigen Nutzung des Internets verwenden.
BVerwG 3 CN 4.23
Vorinstanz:
OVG Saarlouis, OVG 2 C 326/29 - Urteil vom 31. Mai 2022 -
BVerwG 3 CN 5.23
Vorinstanz:
OVG Saarlouis, OVG 2 C 319/20 - Urteil vom 07. Juli 2022 -
BVerwG 3 CN 6.23
Vorinstanz:
OVG Bautzen, OVG 3 C 54/20 - Urteil vom 30. Juni 2022 -
Pressemitteilung Nr. 10/2025 vom 19.02.2025
Corona-Pandemie: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof muss erneut über die Wirksamkeit der Einreise-Quarantäneverordnung vom 5. November 2020 entscheiden
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute ein Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, das die Unwirksamkeit von § 1 der bayerischen Verordnung über Quarantänemaßnahmen für Einreisende zur Bekämpfung des Coronavirus vom 5. November 2020 (EQV) festgestellt hat, aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen.
Nach § 1 Abs. 1 EQV waren Personen, die in den Freistaat Bayern einreisten und sich innerhalb von zehn Tagen vor der Einreise in einem Risikogebiet aufgehalten hatten, verpflichtet, sich unverzüglich nach der Einreise auf direktem Weg in die eigene Wohnung zu begeben und sich für einen Zeitraum von zehn Tagen nach ihrer Einreise ständig dort abzusondern. Risikogebiet war nach § 1 Abs. 5 EQV ein Staat oder eine Region außerhalb der Bundesrepublik Deutschland, für welche zum Zeitpunkt der Einreise nach Deutschland ein erhöhtes Risiko für eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 bestand. Maßgeblich war die jeweils aktuelle Veröffentlichung des Robert Koch-Instituts (RKI) über die Einstufung als Risikogebiet. Die Antragsteller hielten sich vom 4. bis 10. Januar 2021 in Dubai auf, das in jenem Zeitraum als Risikogebiet eingestuft war.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 2. August 2023 festgestellt, dass § 1 EQV unwirksam war. Die Norm habe nicht auf die Ermächtigung zur Regelung von Absonderungen in § 32 i. V. m. § 30 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) gestützt werden können. Die Einreise aus einem ausländischen Risikogebiet sei grundsätzlich nicht geeignet gewesen, den von der Ermächtigungsgrundlage vorausgesetzten Ansteckungsverdacht zu begründen. Der Antragsgegner habe auch keine hinreichenden Tatsachen benennen können, die die Annahme eines tatsächlichen Ansteckungsverdachts hätten rechtfertigen können. Auf die infektionsschutzrechtliche Generalklausel des § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG habe die Verordnung nicht gestützt werden können, weil deren Anwendung durch die spezielle Regelung von Absonderungen in § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG ausgeschlossen sei. Zudem habe der Verweis in § 1 Abs. 5 Satz 2 EQV auf die jeweils aktuelle Veröffentlichung des RKI über die Einstufung als Risikogebiet gegen das Rechtsstaatsprinzip verstoßen. Die Bundesbehörden hätten nicht über die erforderliche Befugnis zur Feststellung von Risikogebieten verfügt.
Auf die Revision des Freistaats Bayern hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil aufgehoben. Der Verwaltungsgerichtshof ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass die Verordnung nicht auf die infektionsschutzrechtliche Generalklausel gestützt werden konnte. Absonderungen dürfen gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG nur gegenüber Personen angeordnet werden, die mindestens ansteckungsverdächtig sind; § 1 Abs. 1 EQV verpflichtete Einreisende aus Risikogebieten zu einer Absonderung im Sinne dieser Vorschrift. Das Urteil verletzt jedoch Bundesrecht, indem es nicht in Betracht zieht, dass die tatsächlichen Umstände, die zur Einstufung eines Gebiets als Risikogebiet führten, in der damaligen Infektions- und Kenntnislage den erforderlichen generellen Ansteckungsverdacht begründen konnten. Der Verweis auf die jeweils aktuelle Veröffentlichung des RKI über die Einstufung als Risikogebiet in § 1 Abs. 5 Satz 2 EQV war mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar. Eine über die Verordnungsermächtigung hinausgehende gesetzliche Grundlage war hierfür nicht erforderlich.
Mangels tatsächlicher Feststellungen konnte das Bundesverwaltungsgericht nicht in der Sache selbst entscheiden. Das hat zur Zurückverweisung des Verfahrens an den Verwaltungsgerichtshof geführt.