Verfahrensinformation

Sonntagsöffnung öffentlicher Bibliotheken


Die Antragstellerin, eine bundesweit tätige Dienstleistungsgewerkschaft, wendet sich gegen die Sonn- und Feiertagsöffnung von öffentlichen Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen. Dort erlaubt § 1 Abs. 1 Nr. 11 Bedarfsgewerbeverordnung NRW seit 2019, an Sonn- und Feiertagen Arbeitnehmer in öffentlichen Bibliotheken zu beschäftigen, soweit diese Bibliotheken bestimmte kulturelle Funktionen erfüllen.


Die Antragstellerin hat im Jahre 2020 einen Normenkontrollantrag gegen die ursprüngliche Regelung gestellt. Nach deren Anpassung an das Kulturfördergesetzbuch NRW mit Gesetz vom 1. Dezember 2021 hat sie die Neufassung im Jahr 2023 in das Verfahren einbezogen. Sie meint, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien die strengen bundesrechtlichen Anforderungen an eine sonn- und feiertägliche Bibliotheksöffnung nicht erfüllt.


Das Oberverwaltungsgericht hat den Normenkontrollantrag abgelehnt. Zwar sei seine Erweiterung auf die Neufassung der Vorschrift auch nach mehr als einem Jahr zulässig. Der Antrag sei jedoch unbegründet. Der Gesetzgeber habe die Landesverordnung durch ein Parlamentsgesetz ändern dürfen. Die aktuelle Regelung sei verfassungskonform. Sie werde von der Einschätzung getragen, dass ein Bedürfnis für die Nutzung öffentlicher Bibliotheken als niederschwellig zugänglicher, nichtkommerzieller Orte der Kultur und als Stätten der Familie auch an Sonn- und Feiertagen bestehe. Bibliotheken mit solcher Funktion dienten der Kommunikation, der gesellschaftlichen Integration, der Information und der Bildung. Der Normgeber gehe davon aus, dass dazu eine Beschäftigung von Arbeitnehmern auch an Sonn- und Feiertagen erforderlich sei. Seine Einschätzung sei gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar. Sie müsse sich nur als schlüssig und vertretbar erweisen. Das sei hier der Fall. Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision.


Pressemitteilung Nr. 65/2024 vom 11.12.2024

Normenkontrollantrag gegen Sonntagsöffnung von Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen verfristet

Wird eine Rechtsnorm, deren Gültigkeit in einem Normenkontrollverfahren überprüft wird, während der Dauer dieses Verfahrens inhaltlich geändert, kann der Antragsteller die geänderte Vorschrift nur innerhalb eines Jahres in das Verfahren einbeziehen. Anderenfalls ist der Normenkontrollantrag hinsichtlich der geänderten Vorschrift unzulässig. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Die Antragstellerin, eine bundesweit tätige Dienstleistungsgewerkschaft, wendet sich gegen die Sonn- und Feiertagsöffnung von öffentlichen Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen. Dort erlaubt § 1 Abs. 1 Nr. 11 Bedarfsgewerbeverordnung NRW seit 2019, an Sonn- und Feiertagen Arbeitnehmer in öffentlichen Bibliotheken zu beschäftigen, soweit diese Bibliotheken bestimmte kulturelle Funktionen erfüllen. Die Antragstellerin hat gegen diese Regelung fristgerecht einen Normenkontrollantrag gestellt. Nach deren Anpassung an das Kulturfördergesetzbuch NRW mit Gesetz vom 1. Dezember 2021 hat sie im Januar 2023 ihren Antrag auf die geänderte Fassung der Vorschrift umgestellt. Sie meint, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts seien die strengen bundesrechtlichen Anforderungen an eine sonn- und feiertägliche Bibliotheksöffnung nicht erfüllt. Das Oberverwaltungsgericht hat den Normenkontrollantrag abgelehnt. Der Antrag sei zulässig. Die gesetzliche Frist habe nach der Änderung der Vorschrift nicht nochmals eingehalten werden müssen. Der Antrag sei jedoch unbegründet. Die Sonntagsöffnung von öffentlichen Bibliotheken zuzulassen, sei mit höherrangigem Recht und insbesondere dem Sonntagsschutz des Grundgesetzes vereinbar.


Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision gegen dieses Urteil zurückgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat den Antrag im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Er ist allerdings unzulässig, so dass die Rechtmäßigkeit der Sonntagsöffnung nicht mehr zu prüfen war. Wird eine Rechtsnorm, deren Gültigkeit in einem gerichtlichen Verfahren nach § 47 VwGO überprüft wird, während der Dauer dieses Verfahrens inhaltlich geändert, kann der Antragsteller die geänderte Vorschrift nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nur innerhalb eines Jahres ab ihrer Bekanntmachung in das Verfahren einbeziehen. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift und ihrem Regelungszweck. Sie dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Deshalb lässt sie Anträge Einzelner auf allgemeingültige Verwerfung einer Rechtsnorm nur für einen beschränkten Zeitraum zu. Das gilt bei einer inhaltlichen Änderung ebenso wie bei erstmaligem Erlass einer Vorschrift. Eine inhaltliche Änderung lag hier in der Zuweisung neuer Funktionen an öffentliche Bibliotheken. Die danach zu beachtende Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO war hinsichtlich der Neufassung der Vorschrift bei deren Einbeziehung in das Normenkontrollverfahren abgelaufen, so dass der Normenkontrollantrag unzulässig ist. Eine inhaltliche Entscheidung über die Vereinbarkeit der Sonntagsöffnung von Bibliotheken mit dem grundgesetzlichen Sonntagsschutz konnte deshalb nicht ergehen.


BVerwG 8 CN 2.23 - Urteil vom 11. Dezember 2024

Vorinstanz:

OVG Münster, OVG 4 D 94/20.NE - Urteil vom 01. Juni 2023 -