Verfahrensinformation
Der Rechtsstreit betrifft die Saccharose-Zugabe bei der Erzeugung von Qualitätsweinen.
Der Kläger ist Inhaber eines Weinguts, er erhielt für einen Rieslingwein aus dem Jahrgang 2014 eine Prüfnummer für Qualitätswein. Nachdem die Untersuchung im Rahmen einer Betriebskontrolle einen Restzuckergehalt von 17,1 g/l bei einem Glucose-Fructose-Verhältnis 47 zu 53 ergeben hatte, nahm die Beklagte den erteilten Prüfungsbescheid zurück. Das ermittelte Glucose-Fructose-Verhältnis belege eine unzulässige Süßung des Weins.
Die hiergegen erhobene Klage blieb in den Vorinstanzen erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz hat zur Begründung insbesondere darauf verwiesen, dass die im Wein vorhandene Rest-Süße nur von frischen Weintrauben und von Traubenmost, nicht aber von Saccharose-Zugaben herrühren dürfe. Mit der zulässigen Saccharose-Zugabe werde nur die Erhöhung des Alkoholgehalts, nicht aber des Restzuckergehalts im Wein bezweckt. Die Annahme des Klägers, dass jegliche Zuckerzugabe, die während der Gärphase nach den gesetzlichen Bestimmungen erfolge, auch im Hinblick auf den im Wein verbleibenden Restzuckergehalt unbedenklich sein müsse, treffe nicht zu. Da der vom Kläger zur Anreicherung zugegebene Kristallzucker nur zu 10 % vergoren sei, liege mit dem verbleibenden Restzucker eine unzulässige Süßung vor. Der Wein entspreche nicht den maßgeblichen Rechtsvorschriften, sodass die Beklagte die erteilte Prüfungsnummer zu Recht zurückgenommen habe.
Mit der bereits vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Pressemitteilung Nr. 6/2020 vom 30.01.2020
Zuckerung bei der Weinherstellung
Die Zuckerung eines Weinerzeugnisses in der Gärphase darf nur der Erhöhung des Alkoholgehalts dienen und nicht zu einer Umgehung des Verbots führen, den Wein mit Zucker (Saccharose) zu süßen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Der Kläger ist Inhaber eines Weinguts. Er erhielt für seinen Rieslingwein aus dem Jahrgang 2014 eine amtliche Prüfungsnummer für Qualitätswein. Nachdem die Untersuchung der im Rahmen einer Betriebskontrolle entnommenen Proben einen Restzuckergehalt von 17,1 g/l bei einem Glucose-Fructose-Verhältnis von 47 zu 53 ergeben hatte, gab der Kläger an, bei der zweiten Anreicherung vom März 2015 sei der zugegebene Zucker offenbar nicht vollständig vergoren. Mit Bescheid vom 24. September 2015 nahm die Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz den Prüfungsbescheid zurück. Entgegen den im Antragsverfahren gemachten Angaben sei der Wein gesüßt und damit unter Anwendung eines nicht zugelassenen önologischen Verfahrens hergestellt worden. Die Zugabe von Saccharose im Rahmen der Anreicherung bewirke eine unzulässige Süßung, wenn eine ausreichende Vergärung des Zuckers nicht stattgefunden habe.
Widerspruch, Klage und Berufung sind erfolglos geblieben. Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz darf die im Wein vorhandene Restsüße nur von frischen Weintrauben und von Traubenmost, nicht aber von Saccharose-Zugaben herrühren. Die Annahme des Klägers, jegliche Zuckerzugabe, die während der Gärphase nach den gesetzlichen Bestimmungen erfolge, müsse auch im Hinblick auf den im Wein verbleibenden Restzuckergehalt unbedenklich sein, treffe nicht zu. Der vom Kläger noch im März zur Anreicherung zugegebene Kristallzucker sei nur zu 10 % vergoren. Damit liege eine unzulässige Süßung vor.
Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Nach den maßgeblichen Vorschriften des europäischen Weinrechts (Art. 3 Abs. 5 i.V.m. Anhang I D Nr. 1 der Verordnung 606/2009/EG) darf Qualitätswein nicht mit Zucker gesüßt werden. In der Gärphase darf dem Erzeugnis zur Erhöhung des natürlichen Alkoholgehalts nach Maßgabe näherer Bestimmungen (Art. 80 Abs. 1 i.V.m. Anhang VIII Teil 1 der Verordnung 1308/2013/EU) Saccharose zugesetzt werden. Sinn und Zweck dieser sogenannten Anreicherung ist die Erhöhung des vorhandenen Alkoholgehalts und nicht der Restsüße; sie darf nicht zu einer Umgehung des Verbots führen, den Wein mit Zucker zu süßen. Von einer Umgehung ist hier auszugehen. Nach den bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts waren nur 10 % der im März 2015 zugegebenen Saccharose zu Alkohol vergoren. Eine Prüfungsnummer darf einem solchen Wein nicht erteilt werden.
BVerwG 3 C 6.18 - Urteil vom 30. Januar 2020
Vorinstanzen:
OVG Koblenz, 8 A 11751/17 - Urteil vom 27. Februar 2018 -
VG Mainz, 1 K 611/16.MZ - Urteil vom 23. Februar 2017 -
Urteil vom 30.01.2020 -
BVerwG 3 C 6.18ECLI:DE:BVerwG:2020:300120U3C6.18.0
Saccharose-Zugabe bei der Weinherstellung
Leitsatz:
Die Zuckerung eines Weinerzeugnisses in der Gärphase darf nur der Erhöhung des Alkoholgehalts dienen und nicht zu einer Umgehung des Verbots führen, den Wein mit Saccharose zu süßen.
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Rechtsquellen
VO (EU) 1308/2013 Art. 80 Abs. 1, Anh. II Teil IV, Anh. VIII Teil I VO (EG) 606/2009 Art. 3 Abs. 5, Anh. I Teil D WeinG § 13 Abs. 1, § 15 Nr. 1 und 3, § 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 21 Abs. 1 Nr. 5 WeinV § 15 Abs. 1 Satz 1, § 16 Abs. 1, § 18 Abs. 15 Nr. 1, § 26 Abs. 1 Satz 1, § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 -
Instanzenzug
VG Mainz - 23.02.2017 - AZ: VG 1 K 611/16.MZ
OVG Koblenz - 27.02.2018 - AZ: OVG 8 A 11751/17
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Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 30.01.2020 - 3 C 6.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:300120U3C6.18.0]
Urteil
BVerwG 3 C 6.18
- VG Mainz - 23.02.2017 - AZ: VG 1 K 611/16.MZ
- OVG Koblenz - 27.02.2018 - AZ: OVG 8 A 11751/17
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 30. Januar 2020
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann sowie
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß und Dr. Kenntner
für Recht erkannt:
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Februar 2018 wird zurückgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe
I
1 Der Rechtsstreit betrifft die Saccharose-Zugabe bei der Erzeugung von Qualitätsweinen.
2 Der Kläger ist Inhaber eines Weinguts, er erhielt für seinen Rieslingwein "Bacharacher Insel Heyles'en Werth" aus dem Jahrgang 2014 eine amtliche Prüfungsnummer für Qualitätswein. Nachdem die Untersuchung der im Rahmen einer Betriebskontrolle entnommenen Weinproben einen Restzuckergehalt von 17,1 g/l bei einem Glucose-Fructose-Verhältnis von 47 : 53 ergeben hatte, gab der Kläger an, bei der zweiten Anreicherung vom März 2015 sei der zugegebene Zucker offenbar nicht vollständig vergoren. Mit Bescheid vom 24. September 2015 nahm die beklagte Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz den Prüfungsbescheid daraufhin zurück. Entgegen den im Antragsverfahren gemachten Angaben sei der Wein gesüßt und damit unter Anwendung eines für die Vergabe einer Prüfungsnummer nicht zugelassenen önologischen Verfahrens hergestellt worden. Auch die Zugabe von Saccharose im Rahmen der Anreicherung bewirke eine Süßung, wenn eine ausreichende Vergärung des Zuckers nicht stattgefunden habe. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte zurück.
3 Die Klage gegen den Rücknahmebescheid ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die im Wein vorhandene Rest-Süße dürfe nur von frischen Weintrauben und von Traubenmost, nicht aber von Saccharose-Zugaben herrühren. Mit der Zulassung von Saccharose-Zugaben im Rahmen der Anreicherung werde nur die Erhöhung des Alkoholgehalts, nicht aber diejenige des Restzuckergehalts im Wein bezweckt. Die Annahme des Klägers, jegliche Zuckerzugabe, die während der Gärphase nach den gesetzlichen Bestimmungen erfolge, müsse auch im Hinblick auf den im Wein verbleibenden Restzuckergehalt unbedenklich sein, treffe daher nicht zu. Da der vom Kläger im März 2015 zur Anreicherung zugegebene Kristallzucker nur zu 10 % vergoren sei, liege mit dem verbliebenen Restzucker eine unzulässige Süßung vor. Der Wein entspreche nicht den maßgeblichen Rechtsvorschriften, was der Beklagten erst nachträglich durch die Analysen des Landesuntersuchungsamts bekannt geworden sei. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich, sodass der Rücknahmebescheid der Beklagten rechtmäßig ergangen sei.
4 Mit der bereits vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er macht insbesondere geltend, das Berufungsgericht habe verkannt, dass eine vollständige oder weit überwiegende Zucker-Vergärung nach den maßgeblichen Rechtsvorschriften nicht erforderlich sei. Während der Gärphase sei eine Saccharose-Zugabe erlaubt. Soweit eine Vergärung nicht erfolge, verbleibe der Restzucker als zulässiger potenzieller Alkoholgehalt im Wein.
5 Die Beklagte verteidigt das Berufungsurteil und bekräftigt ihre Auffassung, dass bei einer zulässigen Anreicherung im Jungweinstadium darauf geachtet werden müsse, dass die Gärung weiterhin stattfinde. Die vom Kläger vertretene Meinung führe zu einer Aushebelung des Verbots der Süßung von Weinen mit Saccharose.
6 Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht hält die Revision in Übereinstimmung mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft für unbegründet. Auch die zulässige Anreicherung eines Jungweins mit Saccharose dürfe nicht zu einer Süßung des Weins mit Saccharose führen. Die Anreicherung sei daher stets mit einem Risiko behaftet, das der Erzeuger zu tragen habe. Zwar könne eine vollständige Vergärung der zugesetzten Saccharose nicht in jedem Fall garantiert werden; zumindest der überwiegende Teil der zugesetzten Saccharose müsse nach Ende des Gärprozesses aber in Alkohol umgewandelt sein.
II
7 Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das angegriffene Berufungsurteil verstößt nicht gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der angefochtene Rücknahmebescheid findet seine Rechtsgrundlage in § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Weinverordnung - WeinV - in der zum maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids geltenden Fassung vom 4. Januar 2016 (BGBl. I S. 2) i.V.m. § 21 Abs. 1 Nr. 5 des Weingesetzes - WeinG - in der Fassung vom 16. Januar 2016 (BGBl. I S. 52). Die Vorschrift ermächtigt auch zur Rücknahme des Prüfungsbescheids (1.). Sie erlaubt die Rücknahme der Entscheidung über die Erteilung einer Prüfungsnummer, wenn nachträglich ein Umstand bekannt wird, der der Erteilung einer Prüfungsnummer entgegengestanden hätte (2.). Die Süßung eines Weins, die auf dem Restzucker einer nicht vollständig vergorenen Saccharose-Zugabe im Rahmen der Anreicherung beruht, kann einen derartigen Umstand begründen. Die Zuckerung eines Weinerzeugnisses in der Gärphase darf nur der Erhöhung des Alkoholgehalts dienen und nicht zu einer Umgehung des Verbots führen, den Wein mit Saccharose zu süßen (3.). Der hier nach Abschluss der Anreicherung im Erzeugnis verbliebene Rest-Zucker liegt jenseits einer bei der Feststellung einer verbotenen Süßung möglicherweise hinzunehmenden Toleranzschwelle (4.).
8 1. Die in § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WeinV enthaltene Ermächtigung zur Rücknahme der Entscheidung über die Erteilung der Prüfungsnummer umfasst auch die Rücknahme des streitgegenständlichen Prüfungsbescheids.
9 Da die Prüfungsnummer gemäß § 26 Abs. 1 Satz 1 WeinV im Prüfungsbescheid erteilt wird, kann die Prüfungsnummer nicht ohne Änderung des Prüfungsbescheids zurückgenommen werden. Die Erteilung der Prüfungsnummer ist Gegenstand des Prüfungsbescheids; sie ist das (positive) Ergebnis der Prüfung. Dies spiegelt die in § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 WeinV enthaltene Ermächtigung zur Rücknahme als actus contrarius wider. Anhaltspunkte dafür, dass die Rücknahme von Prüfungsbescheid und Prüfungsnummer in einem formal zweiaktigen Verfahren geschehen müsste, sind weder der Weinverordnung zu entnehmen noch sind Sachgründe hierfür ersichtlich.
10 2. Der angefochtene Rücknahmebescheid nimmt mit der angenommenen Süßung des Weins auf einen der Beklagten nachträglich bekannt gewordenen Umstand Bezug.
11 In seinem Antrag vom 1. Juni 2015 hatte der Kläger eine Süßung des Weins verneint. Anhaltspunkte dafür, dass der Wein gleichwohl gesüßt sein könnte, sind der Beklagten erstmals durch die Analyse der am 13. Juli 2015 entnommenen Proben - und damit nach Erteilung der Prüfungsnummer - bekannt geworden.
12 Darauf, dass aus den Unterlagen über die Anreicherung des Weins möglicherweise schon im Zeitpunkt der Entscheidung über die Erteilung einer Prüfungsnummer auf eine nicht vollständige Vergärung der zugegebenen Saccharose hätte geschlossen werden können, kommt es nicht an. Die Möglichkeit einer Kenntniserlangung steht einer Kenntnis nicht gleich (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Januar 2001 - 8 C 8.00 - BVerwGE 112, 360 <363>). Die Beklagte war zu den Berechnungen und Analysen, die einen entsprechenden Rückschluss aus den vorgelegten Unterlagen möglicherweise erlaubt hätten, im Rahmen der Entscheidung über die Erteilung der Prüfungsnummer auch nicht verpflichtet.
13 3. Die Süßung eines Weins, die auf dem Restzucker einer nicht vollständig vergorenen Saccharose-Zugabe im Rahmen der Anreicherung beruht, begründet einen Umstand, der der Erteilung einer Prüfungsnummer entgegengestanden hätte.
14 a) Nach § 19 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 WeinG darf eine amtliche Prüfungsnummer nur für ein Erzeugnis erteilt werden, das den unionsrechtlichen und nationalen Vorschriften entspricht.
15 Das Anwenden von Behandlungsverfahren und das Zusetzen von Stoffen sind gemäß § 13 Abs. 1 WeinG nur zulässig, soweit dies zugelassen oder geregelt ist. Die Süßung eines Qualitätsweins darf gemäß § 16 Abs. 1 WeinV nach Maßgabe des Anhangs I D Nr. 1 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 606/2009 der Kommission vom 10. Juli 2009 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 479/2008 des Rates hinsichtlich der Weinbauerzeugniskategorien, der önologischen Verfahren und der diesbezüglichen Einschränkungen (ABl. L 193 S. 1) nur mit Traubenmost erfolgen. Durch diese Verweisung ist sichergestellt, dass die nationalen Vorgaben denjenigen des maßgeblichen Unionsrechts entsprechen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Mai 2007 - 3 C 8.06 - BVerwGE 129, 27 Rn. 23; Eichele, ZLR 2018, 571 <573>; Boch, ZLR 2018, 706 <710>). Auch Art. 3 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 606/2009 verweist hinsichtlich der Bedingungen für die Süßung auf Anhang I D. Eine inhaltlich entsprechende Vorgabe sieht auch die ab dem 7. Dezember 2019 - und damit nach dem hier maßgeblichen Zeitpunkt - geltende Delegierte Verordnung (EU) 2019/934 der Kommission vom 12. März 2019 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anbauflächen, auf denen der Alkoholgehalt der Weine erhöht werden darf, der zugelassenen önologischen Verfahren und der Einschränkungen für die Erzeugung und Haltbarmachung von Weinbauerzeugnissen, des Mindestalkoholgehalts von Nebenerzeugnissen und deren Beseitigung sowie der Veröffentlichung von OIV-Dossiers (ABl. L 149 S. 1) vor (vgl. Art. 3 Abs. 5 i.V.m. Anhang I D dieser Verordnung). Die Süßung eines Qualitätsweins durch die Zugabe von Saccharose entspricht diesen Anforderungen nicht.
16 b) Aus der Zulässigkeit einer Anreicherung folgt nichts Anderes: Diese erlaubt nur eine Erhöhung des Alkoholgehalts (vgl. § 15 Nr. 1 und 3 WeinG).
17 Der im gärfähig befüllten Behältnis festgestellte natürliche Alkoholgehalt u.a. von Jungwein darf - von weiteren Anforderungen abgesehen - nur nach Maßgabe des Anhangs VIII Teil I Abschnitt A und B der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über eine gemeinsame Marktorganisation für landwirtschaftliche Erzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 922/72, (EWG) Nr. 234/79, (EG) Nr. 1037/2001 und (EG) Nr. 1234/2007 des Rates (ABl. L 347 S. 671) erhöht werden (§ 15 Abs. 1 und 2 WeinV). Auch insoweit gewährleistet die Verweisung einen Gleichlauf mit den unmittelbar anwendbaren Vorgaben der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, die in Art. 80 Abs. 1 ebenfalls auf den Anhang VIII der Verordnung verweist. Die danach zulässige Erhöhung des natürlichen Alkoholgehalts von Jungwein darf durch die Zugabe von Saccharose vorgenommen werden (vgl. Anhang VIII Teil I Abschnitt B Nr. 1 Buchst. a der Verordnung <EU> Nr. 1308/2013). Die Zugabe kann gemäß § 18 Abs. 15 Nr. 1 WeinV zwar "gestaffelt" in mehreren Arbeitsgängen erfolgen; sie bleibt aber stets auf das Stadium bezogen, in dem die alkoholische Gärung des Erzeugnisses noch nicht beendet ist.
18 Die Zugabe von Saccharose ist damit nur zur Erhöhung des natürlichen Alkoholgehalts zugelassen. Mit ihr soll Weinerzeugern in klimatisch ungünstigen Weinbauzonen die Möglichkeit gegeben werden, den nach der Gärung vorhandenen Alkoholgehalt ihrer Weine innerhalb der vorgegebenen Margen gegenüber dem vorhandenen Alkoholgehalt zu erhöhen, der ohne die Anreicherung allein auf der Grundlage des natürlichen Alkoholgehalts erreicht werden könnte (vgl. Anhang VIII Teil I Abschnitt B Nr. 6 und 7 der VO <EU> Nr. 1308/2013). Der zugegebene Zucker muss zusammen mit dem natürlichen Zucker vergoren werden (vgl. Boch, in: Zipfel/Rathke <Hrsg.>, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2019, C 400 WeinG § 15 Rn. 9); allein zu diesem Zweck ist die Zugabe von Saccharose zugelassen.
19 Saccharose-Zugaben, die nicht vergoren werden und nach Abschluss der Gärphase als Rest-Zucker im Erzeugnis verbleiben, sind zwar begrifflich von der Definition des "potenziellen" Alkoholgehalts umfasst (vgl. Anhang II Teil IV Nr. 14 der Verordnung <EU> Nr. 1308/2013). Die Anreicherung mit Saccharose soll aber nicht den potenziellen Alkoholgehalt, also die sogenannte Restsüße, sondern den tatsächlich vorhandenen Alkoholgehalt im Sinne von Anhang II Teil IV Nr. 13 der VO (EU) Nr. 1308/2013 erhöhen. Die Vorschriften über die Anreicherung dürfen nicht so ausgelegt werden, dass sie eine Umgehung des Verbots ermöglichen, Wein mit Saccharose zu süßen (vgl. zum Problem der Süßung durch missbräuchliche Anreicherung bereits Erwägungsgrund 16 der Verordnung <EWG> Nr. 816/70 des Rates vom 28. April 1970 zur Festlegung ergänzender Vorschriften für die gemeinsame Marktorganisation für Wein <ABl. L 99 S. 1> sowie Boch, ZLR 2018, 706 <712 f.>). Saccharose-Zugaben zu einem Zeitpunkt und in einer Menge, die eine vollständige Gärung nicht mehr erwarten lassen, dienen hinsichtlich ihres "überschießenden Teils" objektiv nicht der Erhöhung des vorhandenen Alkoholgehalts, sondern der Süßung des Weins. Sie verbleiben auch nach der Gärphase als Zusatz im Wein und verstoßen damit gegen das Verbot, Wein mit Saccharose zu süßen.
20 Die allein auf den Begriff des Alkoholgehalts abstellende Auffassung der Revision trägt weder Systematik noch Sinn und Zweck des Regelungsgefüges hinreichend Rechnung. Zwar handelte es sich bei dem Erzeugnis des Klägers im Zeitpunkt der Saccharose-Zugabe um einen Jungwein, weil dessen alkoholische Gärung noch nicht beendet und er noch nicht von seiner Hefe getrennt war (Anhang VII Teil II Nr. 2 der Verordnung <EU> Nr. 1308/2013). Hieraus folgt indes nicht, dass jedwede Zuckerzugabe in diesem Stadium unschädlich für die Beurteilung der Süßung sein müsste. Zulässig sind vielmehr nur geregelte Behandlungsverfahren (vgl. § 13 Abs. 1 WeinG). Zweck und Umfang der Zugabe von Saccharose zu Jungwein werden durch die Anreicherungsvorschriften begrenzt. Deren Sinn und Zweck sowie die systematische Abgrenzung von Anreicherung einerseits und Süßung andererseits erfordern ein Verständnis der Anreicherungsvorschriften, mit dem das Süßungsverbot nicht ausgehebelt wird.
21 4. Ob der Weinerzeuger in jedem Fall eine vollständige Vergärung der zugegebenen Saccharose gewährleisten kann und mit welcher Genauigkeit sich feststellen lässt, inwieweit die zugegebene Saccharose vergoren ist, braucht nicht geklärt zu werden. Sollten insoweit in tatsächlicher Hinsicht Unsicherheiten bestehen, mögen sie dazu führen, dass eine gewisse Toleranzschwelle für anreicherungsbedingten Restzucker hinzunehmen ist. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, an die das Bundesverwaltungsgericht gebunden ist (§ 137 Abs. 2 VwGO), lag hier das Glucose-Fructose-Verhältnis bei 47 : 53; der vom Kläger im März 2015 zugegebene Kristallzucker war nur zu 10 % vergoren (UA S. 3, 9). Damit war eine möglicherweise hinzunehmende Toleranzschwelle weit überschritten.
22 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Beschluss vom 03.06.2020 -
BVerwG 3 C 6.18ECLI:DE:BVerwG:2020:030620B3C6.18.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 03.06.2020 - 3 C 6.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:030620B3C6.18.0]
Beschluss
BVerwG 3 C 6.18
- VG Mainz - 23.02.2017 - AZ: VG 1 K 611/16.MZ
- OVG Koblenz - 27.02.2018 - AZ: OVG 8 A 11751/17
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 3. Juni 2020
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann sowie
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß und Dr. Kenntner
beschlossen:
Der Antrag des Klägers, den Tatbestand im Urteil des Senats vom 30. Januar 2020 zu berichtigen, wird abgelehnt.
Gründe
1 Der Antrag, über den der Senat gemäß § 119 Abs. 2 Satz 3 VwGO in der Besetzung der Entscheidung vom 30. Januar 2020 befindet, ist unzulässig. Ihm fehlt jedenfalls das Rechtsschutzinteresse.
2 Nach § 119 Abs. 1 VwGO kann die Berichtigung beantragt werden, wenn der Tatbestand eines Urteils Unrichtigkeiten oder Unklarheiten enthält. Die Tatbestandsberichtigung soll verhindern, dass unrichtig beurkundeter Prozessstoff wegen der urkundlichen Beweiskraft des Tatbestands nach § 173 VwGO i.V.m. § 314 ZPO bzw. § 98 VwGO i.V.m. § 417 ZPO Grundlage nachfolgender Entscheidungen wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. März 2014 - 8 C 16.12 - juris Rn. 9). Der Tatbestand eines Revisionsurteils unterliegt der Tatbestandsberichtigung deshalb nur bezüglich eigener Feststellungen, auf die sich die Beweiskraft des Urteils erstrecken würde; dies sind insbesondere Feststellungen zu den Revisionsanträgen und sonstigen Prozesserklärungen in der Revisionsinstanz. Für die Berichtigung darüberhinausgehender Ausführungen fehlt jedenfalls das Rechtsschutzbedürfnis (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 12. März 2014 a.a.O. Rn. 20 sowie vom 10. Oktober 2018 - 6 A 3.16 [ECLI:DE:BVerwG:2018:101018B6A3.16.0] - Buchholz 402.9 G 10 Nr. 7 Rn. 2).
3 Die vom Kläger beanstandeten Textpassagen betreffen keine derartigen, der Bindungswirkung des Tatbestands des Revisionsurteils unterliegenden Feststellungen, sondern allein die gedrängte informatorische Wiedergabe der wesentlichen tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. April 2018 - 2 C 36.16 [ECLI:DE:BVerwG:2018:240418B2C36.16.0] - Buchholz 310 § 119 VwGO Nr. 12 Rn. 7) oder die rechtliche Würdigung durch das Revisionsgericht.
4 Unabhängig hiervon sind die vom Kläger beanstandeten Formulierungen weder unrichtig noch unklar.
5 Soweit der Kläger die Ersetzung des in Rn. 2 Zeile 6 enthaltenen Wortes "Anreicherung" durch das Wort "Zugabe" begehrt, ist im Revisionsurteil wörtlich die Formulierung aus dem Tatbestand des Berufungsurteils übernommen. Im Übrigen hat der Kläger selbst von einer "Anreicherung" gesprochen, die gestaffelt am 25. Februar und am 13. März stattgefunden habe (Schreiben vom 22. Oktober 2015, Blatt 18 der Behördenakte).
6 Soweit der Kläger wiederholt eine Ergänzung des Worts "Alkoholgehalts" durch die Zusätze "vorhandenen" oder "natürlichen" begehrt, betrifft dies - abgesehen von einer Ausnahme - nicht den Tatbestand, sondern die Entscheidungsgründe des Urteils vom 30. Januar 2020; entsprechendes gilt für den Antrag, die Formulierung "Qualitätsweins" in Rn. 15 durch "Jungweins" zu ersetzen. Unabhängig von der formalen Einordnung unter die Entscheidungsgründe betreffen diese Passagen auch in der Sache keine Feststellungen zum konkreten Sachverhalt, sondern die rechtliche Würdigung.
7 Die in Rn. 3 Zeile 6 benannte Passage betrifft zwar den Tatbestand des Urteils vom 30. Januar 2020; sie gibt wörtlich die entsprechende Passage im Berufungsurteil wieder (UA S. 11). Mit ihr wird gerade die rechtliche Einordnung des "Alkoholgehalts", die den Entscheidungsgründen vorbehalten ist, vermieden.
8 Der Kläger verkennt, dass das Gericht nicht verpflichtet ist, bei der Abfassung seines Urteils die Diktion der Beteiligten zu übernehmen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Oktober 2018 - 6 A 3.16 - Buchholz 402.9 G 10 Nr. 7 Rn. 10). Auch der Tatbestandsberichtigungsantrag gibt ihm daher nicht die Möglichkeit, seine redaktionellen Vorstellungen durchzusetzen und das Urteil entsprechend zu "korrigieren".
9 Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat bereits im Hauptsacheverfahren den Versuch unternommen, seine Interpretation der maßgeblichen Rechtsvorschriften als die allein mögliche Auslegung darzustellen. Für dieses Anliegen bietet auch der Tatbestandsberichtigungsantrag nach § 119 Abs. 1 VwGO keine Grundlage (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. April 2018 - 2 C 36.16 - Buchholz 310 § 119 VwGO Nr. 12 Rn. 8).
Beschluss vom 24.06.2020 -
BVerwG 3 C 12.20ECLI:DE:BVerwG:2020:240620B3C12.20.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 24.06.2020 - 3 C 12.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:240620B3C12.20.0]
Beschluss
BVerwG 3 C 12.20
- VG Mainz - 23.02.2017 - AZ: VG 1 K 611/16.MZ
- OVG Koblenz - 27.02.2018 - AZ: OVG 8 A 11751/17
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Juni 2020
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Dr. Kenntner
beschlossen:
- Die Anhörungsrüge des Klägers gegen das Urteil des Senats vom 30. Januar 2020 - BVerwG 3 C 6.18 - wird verworfen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
1 Die vom Kläger erhobene Anhörungsrüge ist unstatthaft, weil sie die für eine Fortführung des Verfahrens erforderliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO) nicht darlegt.
2 Der in Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete Anspruch auf rechtliches Gehör verbürgt als "prozessuales Urrecht" den Beteiligten eines Gerichtsverfahrens, vor Erlass einer Entscheidung, die ihre Rechte betrifft, zu Wort kommen und mit ihren Ausführungen und Anträgen Einfluss auf das Verfahren nehmen zu können (vgl. BVerfG, Plenumsbeschluss vom 30. April 2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395 <408 f.>). Diese Ausführungen hat das Gericht zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. August 2018 - 3 BN 1.18 [ECLI:DE:BVerwG:2018:020818B3BN1.18.0] - juris Rn. 2).
3 Einen entscheidungserheblichen Verstoß gegen diese Verpflichtung hat die Anhörungsrüge nicht aufgezeigt. Sie wendet sich vielmehr in der Sache gegen die vom Senat für richtig befundene Abgrenzung von Anreicherung und Süßung. Dass sich der Senat mit der vom Kläger vertretenen Auffassung nicht hinreichend auseinandergesetzt hätte, behauptet die Rüge dagegen bereits nicht. Ein derartiger Vortrag träfe auch nicht zu: Die abweichende Meinung der Revision ist im Urteil vom 30. Januar 2020 vielmehr ausdrücklich benannt (Rn. 20). Ausgeführt ist dort auch, warum der Senat die vom Kläger geforderte strikte Beachtung seines Wortlautverständnisses nicht für maßgeblich befunden hat.
4 Daraus, dass der Senat der Sichtweise des Klägers nicht gefolgt ist, lässt sich nicht auf eine mangelnde Berücksichtigung seines Vorbringens schließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2. September 2019 - 8 B 19.19 [ECLI:DE:BVerwG:2019:020919B8B19.19.0] - juris Rn. 4). Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet das Gericht nicht, der Rechtsansicht des Klägers zu folgen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. April 1983 - 2 BvR 678/81 u.a. - BVerfGE 64, 1 <12>). Dementsprechend gewährleistet § 152a VwGO auch nicht eine wiederholte inhaltliche Überprüfung der Entscheidung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. Oktober 2014 - 2 B 59.14 - juris Rn. 3).
5 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Streitwertfestsetzung erfolgt nicht, weil die Gerichtskosten für die Anhörungsrüge streitwertunabhängig bestimmt sind (vgl. Anlage 1 Nr. 5400 des GKG).
6 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).
Beschluss vom 15.07.2020 -
BVerwG 3 C 15.20ECLI:DE:BVerwG:2020:150720B3C15.20.0
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 15.07.2020 - 3 C 15.20 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:150720B3C15.20.0]
Beschluss
BVerwG 3 C 15.20
- VG Mainz - 23.02.2017 - AZ: VG 1 K 611/16.MZ
- OVG Koblenz - 27.02.2018 - AZ: OVG 8 A 11751/17
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. Juli 2020
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler und Dr. Kenntner
beschlossen:
- Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Senats vom 3. Juni 2020 - BVerwG 3 C 6.18 - wird verworfen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
1 Die vom Kläger erhobene Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Senats vom 3. Juni 2020, mit dem sein Antrag auf Berichtigung des Tatbestands im Urteil des Senats vom 30. Januar 2020 abgelehnt wurde, ist unstatthaft, weil sie die für eine Fortführung des Verfahrens erforderliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO) nicht darlegt.
2 Mit der Anhörungsrüge vom 28. Juni 2020 rügt der Kläger verschiedene Fehler, die dem Beschluss vom 3. Juni 2020 und insbesondere dem diesem zugrunde liegenden Urteil vom 30. Januar 2020 nach seiner Meinung anhaften. In der Sache geht es ihm weiterhin darum, dass die vom Senat zur Entscheidung seines Begehrens herangezogenen Rechtsvorschriften "wegen der in ihnen enthaltenen gesetzlichen Begriffsbestimmungen gar nicht auslegungsfähig" seien (S. 3 des Schriftsatzes vom 28. Juni 2020). Selbst wenn man dies unterstellte, läge weder in dem Urteil vom 30. Januar 2020 noch im Beschluss über die Ablehnung des Tatbestandsberichtigungsantrags ein Verstoß gegen die Gewährung rechtlichen Gehörs. Dass das Gericht die Auffassung des Klägers nicht zur Kenntnis genommen hätte, behauptet die Rüge bereits nicht.
3 Entsprechendes gilt für die Rüge, die Ausführungen des Senats würden "sprachlichen und verfahrensrechtlichen Regeln nicht gerecht" und seien deshalb unverständlich. Auch damit ist eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs nicht schlüssig dargelegt. Weder der Tatbestandsberichtigungsantrag noch die Anhörungsrüge bieten ein Instrument für den Kläger, das Gericht zur Übernahme seiner sprachlichen oder verfahrensrechtlichen Vorstellungen zu zwingen.
4 Soweit der Kläger beanstandet, das Gericht habe verkannt, dass es sich bei den in der rechtlichen Würdigung beanstandeten Textpassagen der Sache nach um eigene Feststellungen des Revisionsgerichts gehandelt habe, und dass bereits die tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts unzutreffend gewesen seien, betrifft auch dies die rechtliche Würdigung des Berichtigungsantrags. Anhaltspunkte für eine Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs zeigt die Rüge nicht auf. Dass der Senat den Sachverhalt anders bewertet, als dies der Kläger wünscht, reicht hierfür nicht aus. Selbst wenn dabei der reklamierte "Denkfehler" gegeben wäre, läge hierin nicht die gemäß § 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO im Anhörungsrügeverfahren allein statthafte Behauptung einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör.
5 Hinsichtlich der beanstandeten Wortwahl "zweite Anreicherung" ist bereits in dem angegriffenen Beschluss vom 3. Juni 2020 darauf verwiesen worden, dass der Kläger selbst von einer Anreicherung gesprochen hatte, die gestaffelt am 25. Februar und am 13. März stattgefunden habe. Diesen Sachverhalt der in zwei Schritten gestaffelten Anreicherung hat der Senat im Tatbestand des Urteils vom 30. Januar 2020 mit der Bezugnahme auf eine "zweite Anreicherung" im März 2015 zusammengefasst. Das Vorbringen im Berichtigungsantrag ist daher erfasst und ausdrücklich beschieden worden. Im Übrigen hat der Kläger weder im Berichtigungsantrag noch in der Anhörungsrüge vorgetragen, inwieweit die beanstandete Formulierung entscheidungserheblich sein könnte.
6 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Streitwertfestsetzung erfolgt nicht, weil die Gerichtskosten für die Anhörungsrüge streitwertunabhängig bestimmt sind (vgl. Anlage 1 Nr. 5400 des GKG).
7 Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).