Ver­fah­rens­in­for­ma­ti­on

In mehr als 20 Re­vi­si­ons­ver­fah­ren aus Nord­rhein-West­fa­len, dem Frei­staat Bay­ern und dem Land Rhein­land-Pfalz wen­den die Klä­ger sich ge­gen das Ver­bot, Sport­wet­ten an EU-aus­län­di­sche Wett­an­bie­ter zu ver­mit­teln. Die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gun­gen stüt­zen sich auf Vor­schrif­ten des all­ge­mei­nen Ord­nungs­rechts oder - seit 2008 - des Glücks­spiel­staats­ver­trags der Län­der. Da­nach kann das un­er­laub­te Ver­an­stal­ten und Ver­mit­teln von Sport­wet­ten un­ter­sagt wer­den. Die Ver­bo­te wur­den re­gel­mä­ßig da­mit be­grün­det, dass die er­for­der­li­che in­län­di­sche Er­laub­nis feh­le und we­gen des staat­li­chen Sport­wet­ten­mo­no­pols auch nicht er­teilt wer­den kön­ne.


Im Sep­tem­ber 2010 ent­schied der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on, das Sport­wet­ten­mo­no­pol sei mit der Dienst­leis­tungs­frei­heit nur ver­ein­bar, wenn es ko­hä­rent und sys­te­ma­tisch zur Ver­wirk­li­chung des mit ihm ver­folg­ten Ziels der Sucht­be­kämp­fung bei­tra­ge. Dar­an feh­le es, wenn ge­gen­läu­fi­ge Re­ge­lun­gen - auch in an­de­ren Glücks­spiel­be­rei­chen - die Eig­nung des Mo­no­pols zur Sucht­be­kämp­fung ent­fal­len lie­ßen. Die Be­klag­ten führ­ten zur Be­grün­dung der Ver­bo­te dar­auf­hin zu­sätz­lich an, das Ver­mit­teln von Sport­wet­ten be­dür­fe selbst bei Rechts­wid­rig­keit des Mo­no­pols ei­ner Er­laub­nis und dür­fe je­den­falls ver­bo­ten wer­den, wenn die üb­ri­gen Er­laub­nis­vor­aus­set­zun­gen nicht be­hörd­lich fest­ge­stellt oder of­fen­sicht­lich sei­en. Die Ver­mitt­lung von In­ter­net- und Live-Wet­ten sei je­den­falls un­zu­läs­sig und müs­se schon des­halb un­ter­sagt wer­den.


Die Kla­gen ge­gen die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gun­gen hat­ten je­weils - spä­tes­tens - im Be­ru­fungs­ver­fah­ren Er­folg. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Rhein­land-Pfalz hat das Sport­wet­ten­mo­no­pol für uni­ons­rechts­wid­rig ge­hal­ten und da­zu auf die Wer­be­pra­xis des Mo­no­pol­trä­gers ver­wie­sen, die der Sucht­be­kämp­fung zu­wi­der­lau­fe und zum Wet­ten an­rei­ze. Der Baye­ri­sche Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat an­ge­nom­men, die Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich der Geld­spiel­au­to­ma­ten sei auf Ex­pan­si­on an­ge­legt und wi­der­spre­che dem Ziel der Sucht­be­kämp­fung. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt für das Land Nord­rhein-West­fa­len hat auf bei­de Ge­sichts­punk­te ab­ge­stellt. Al­le ge­nann­ten Be­ru­fungs­ge­rich­te sind da­von aus­ge­gan­gen, dass die nach­ge­scho­be­nen Be­grün­dun­gen die Ver­bo­te nicht recht­fer­ti­gen könn­ten, da die Grün­de für ei­ne Er­mes­sens­aus­übung nach­träg­lich nur er­gänzt, aber nicht aus­ge­tauscht wer­den dürf­ten. So­weit die Un­ter­sa­gun­gen sich für die Ver­gan­gen­heit be­reits er­le­digt hät­ten, könn­ten die Klä­ger die Fest­stel­lung der Rechts­wid­rig­keit ver­lan­gen.


In ei­ni­gen Re­vi­si­ons­ver­fah­ren stellt sich die Fra­ge, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se an der Fest­stel­lung der Rechts­wid­rig­keit er­le­dig­ter Ver­bo­te be­steht. Dar­über hin­aus wird u. a. zu klä­ren sein, ob ei­ne der Sucht­be­kämp­fung wi­der­spre­chen­de Po­li­tik in ei­nem an­de­ren, bun­des­recht­lich ge­re­gel­ten Glücks­spiel­be­reich stets zur Rechts­wid­rig­keit des lan­des­recht­li­chen Sport­wet­ten­mo­no­pols führt oder nur dann, wenn die ge­gen­läu­fi­ge Po­li­tik sich auf den Mo­no­pol­be­reich aus­wirkt. Da­bei stellt sich das Pro­blem, in­wie­weit das Bun­des­staats­prin­zip ei­ne Be­rück­sich­ti­gung von Re­ge­lun­gen an­de­rer Kom­pe­tenz­trä­ger bei der Ko­hä­renz­prü­fung zu­lässt. Schlie­ß­lich sind die recht­li­chen Bin­dun­gen des Un­ter­sa­gungs­er­mes­sens nä­her zu be­stim­men, ins­be­son­de­re die Gren­zen zu­läs­si­gen Nach­schie­bens von Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen bei Dau­er­ver­wal­tungs­ak­ten wie den Ver­bots­ver­fü­gun­gen.



In wei­te­ren Ver­fah­ren wird am 16./17. April 2013 und am 14./15. Mai 2013 ver­han­delt.


Ver­fah­rens­in­for­ma­ti­on

In mehr als 20 Re­vi­si­ons­ver­fah­ren aus Nord­rhein-West­fa­len, dem Frei­staat Bay­ern und dem Land Rhein­land-Pfalz wen­den die Klä­ger sich ge­gen das Ver­bot, Sport­wet­ten an EU-aus­län­di­sche Wett­an­bie­ter zu ver­mit­teln. Die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gun­gen stüt­zen sich auf Vor­schrif­ten des all­ge­mei­nen Ord­nungs­rechts oder - seit 2008 - des Glücks­spiel­staats­ver­trags der Län­der. Da­nach kann das un­er­laub­te Ver­an­stal­ten und Ver­mit­teln von Sport­wet­ten un­ter­sagt wer­den. Die Ver­bo­te wur­den re­gel­mä­ßig da­mit be­grün­det, dass die er­for­der­li­che in­län­di­sche Er­laub­nis feh­le und we­gen des staat­li­chen Sport­wet­ten­mo­no­pols auch nicht er­teilt wer­den kön­ne.


Im Sep­tem­ber 2010 ent­schied der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on, das Sport­wet­ten­mo­no­pol sei mit der Dienst­leis­tungs­frei­heit nur ver­ein­bar, wenn es ko­hä­rent und sys­te­ma­tisch zur Ver­wirk­li­chung des mit ihm ver­folg­ten Ziels der Sucht­be­kämp­fung bei­tra­ge. Dar­an feh­le es, wenn ge­gen­läu­fi­ge Re­ge­lun­gen - auch in an­de­ren Glücks­spiel­be­rei­chen - die Eig­nung des Mo­no­pols zur Sucht­be­kämp­fung ent­fal­len lie­ßen. Die Be­klag­ten führ­ten zur Be­grün­dung der Ver­bo­te dar­auf­hin zu­sätz­lich an, das Ver­mit­teln von Sport­wet­ten be­dür­fe selbst bei Rechts­wid­rig­keit des Mo­no­pols ei­ner Er­laub­nis und dür­fe je­den­falls ver­bo­ten wer­den, wenn die üb­ri­gen Er­laub­nis­vor­aus­set­zun­gen nicht be­hörd­lich fest­ge­stellt oder of­fen­sicht­lich sei­en. Die Ver­mitt­lung von In­ter­net- und Live-Wet­ten sei je­den­falls un­zu­läs­sig und müs­se schon des­halb un­ter­sagt wer­den.


Die Kla­gen ge­gen die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gun­gen hat­ten je­weils - spä­tes­tens - im Be­ru­fungs­ver­fah­ren Er­folg. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Rhein­land-Pfalz hat das Sport­wet­ten­mo­no­pol für uni­ons­rechts­wid­rig ge­hal­ten und da­zu auf die Wer­be­pra­xis des Mo­no­pol­trä­gers ver­wie­sen, die der Sucht­be­kämp­fung zu­wi­der­lau­fe und zum Wet­ten an­rei­ze. Der Baye­ri­sche Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat an­ge­nom­men, die Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich der Geld­spiel­au­to­ma­ten sei auf Ex­pan­si­on an­ge­legt und wi­der­spre­che dem Ziel der Sucht­be­kämp­fung. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt für das Land Nord­rhein-West­fa­len hat auf bei­de Ge­sichts­punk­te ab­ge­stellt. Al­le ge­nann­ten Be­ru­fungs­ge­rich­te sind da­von aus­ge­gan­gen, dass die nach­ge­scho­be­nen Be­grün­dun­gen die Ver­bo­te nicht recht­fer­ti­gen könn­ten, da die Grün­de für ei­ne Er­mes­sens­aus­übung nach­träg­lich nur er­gänzt, aber nicht aus­ge­tauscht wer­den dürf­ten. So­weit die Un­ter­sa­gun­gen sich für die Ver­gan­gen­heit be­reits er­le­digt hät­ten, könn­ten die Klä­ger die Fest­stel­lung der Rechts­wid­rig­keit ver­lan­gen.


In ei­ni­gen Re­vi­si­ons­ver­fah­ren stellt sich die Fra­ge, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se an der Fest­stel­lung der Rechts­wid­rig­keit er­le­dig­ter Ver­bo­te be­steht. Dar­über hin­aus wird u. a. zu klä­ren sein, ob ei­ne der Sucht­be­kämp­fung wi­der­spre­chen­de Po­li­tik in ei­nem an­de­ren, bun­des­recht­lich ge­re­gel­ten Glücks­spiel­be­reich stets zur Rechts­wid­rig­keit des lan­des­recht­li­chen Sport­wet­ten­mo­no­pols führt oder nur dann, wenn die ge­gen­läu­fi­ge Po­li­tik sich auf den Mo­no­pol­be­reich aus­wirkt. Da­bei stellt sich das Pro­blem, in­wie­weit das Bun­des­staats­prin­zip ei­ne Be­rück­sich­ti­gung von Re­ge­lun­gen an­de­rer Kom­pe­tenz­trä­ger bei der Ko­hä­renz­prü­fung zu­lässt. Schlie­ß­lich sind die recht­li­chen Bin­dun­gen des Un­ter­sa­gungs­er­mes­sens nä­her zu be­stim­men, ins­be­son­de­re die Gren­zen zu­läs­si­gen Nach­schie­bens von Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen bei Dau­er­ver­wal­tungs­ak­ten wie den Ver­bots­ver­fü­gun­gen.



Die wei­te­ren Ver­fah­ren wer­den je­weils am 16./17. April 2013 und am 14./15. Mai 2013 ver­han­delt.


Ver­fah­rens­in­for­ma­ti­on

In mehr als 20 Re­vi­si­ons­ver­fah­ren aus Nord­rhein-West­fa­len, dem Frei­staat Bay­ern und dem Land Rhein­land-Pfalz wen­den die Klä­ger sich ge­gen das Ver­bot, Sport­wet­ten an EU-aus­län­di­sche Wett­an­bie­ter zu ver­mit­teln. Die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gun­gen stüt­zen sich auf Vor­schrif­ten des all­ge­mei­nen Ord­nungs­rechts oder - seit 2008 - des Glücks­spiel­staats­ver­trags der Län­der. Da­nach kann das un­er­laub­te Ver­an­stal­ten und Ver­mit­teln von Sport­wet­ten un­ter­sagt wer­den. Die Ver­bo­te wur­den re­gel­mä­ßig da­mit be­grün­det, dass die er­for­der­li­che in­län­di­sche Er­laub­nis feh­le und we­gen des staat­li­chen Sport­wet­ten­mo­no­pols auch nicht er­teilt wer­den kön­ne.


Im Sep­tem­ber 2010 ent­schied der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on, das Sport­wet­ten­mo­no­pol sei mit der Dienst­leis­tungs­frei­heit nur ver­ein­bar, wenn es ko­hä­rent und sys­te­ma­tisch zur Ver­wirk­li­chung des mit ihm ver­folg­ten Ziels der Sucht­be­kämp­fung bei­tra­ge. Dar­an feh­le es, wenn ge­gen­läu­fi­ge Re­ge­lun­gen - auch in an­de­ren Glücks­spiel­be­rei­chen - die Eig­nung des Mo­no­pols zur Sucht­be­kämp­fung ent­fal­len lie­ßen. Die Be­klag­ten führ­ten zur Be­grün­dung der Ver­bo­te dar­auf­hin zu­sätz­lich an, das Ver­mit­teln von Sport­wet­ten be­dür­fe selbst bei Rechts­wid­rig­keit des Mo­no­pols ei­ner Er­laub­nis und dür­fe je­den­falls ver­bo­ten wer­den, wenn die üb­ri­gen Er­laub­nis­vor­aus­set­zun­gen nicht be­hörd­lich fest­ge­stellt oder of­fen­sicht­lich sei­en. Die Ver­mitt­lung von In­ter­net- und Live-Wet­ten sei je­den­falls un­zu­läs­sig und müs­se schon des­halb un­ter­sagt wer­den.


Die Kla­gen ge­gen die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gun­gen hat­ten je­weils - spä­tes­tens - im Be­ru­fungs­ver­fah­ren Er­folg. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Rhein­land-Pfalz hat das Sport­wet­ten­mo­no­pol für uni­ons­rechts­wid­rig ge­hal­ten und da­zu auf die Wer­be­pra­xis des Mo­no­pol­trä­gers ver­wie­sen, die der Sucht­be­kämp­fung zu­wi­der­lau­fe und zum Wet­ten an­rei­ze. Der Baye­ri­sche Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat an­ge­nom­men, die Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich der Geld­spiel­au­to­ma­ten sei auf Ex­pan­si­on an­ge­legt und wi­der­spre­che dem Ziel der Sucht­be­kämp­fung. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt für das Land Nord­rhein-West­fa­len hat auf bei­de Ge­sichts­punk­te ab­ge­stellt. Al­le ge­nann­ten Be­ru­fungs­ge­rich­te sind da­von aus­ge­gan­gen, dass die nach­ge­scho­be­nen Be­grün­dun­gen die Ver­bo­te nicht recht­fer­ti­gen könn­ten, da die Grün­de für ei­ne Er­mes­sens­aus­übung nach­träg­lich nur er­gänzt, aber nicht aus­ge­tauscht wer­den dürf­ten. So­weit die Un­ter­sa­gun­gen sich für die Ver­gan­gen­heit be­reits er­le­digt hät­ten, könn­ten die Klä­ger die Fest­stel­lung der Rechts­wid­rig­keit ver­lan­gen.


In ei­ni­gen Re­vi­si­ons­ver­fah­ren stellt sich die Fra­ge, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se an der Fest­stel­lung der Rechts­wid­rig­keit er­le­dig­ter Ver­bo­te be­steht. Dar­über hin­aus wird u. a. zu klä­ren sein, ob ei­ne der Sucht­be­kämp­fung wi­der­spre­chen­de Po­li­tik in ei­nem an­de­ren, bun­des­recht­lich ge­re­gel­ten Glücks­spiel­be­reich stets zur Rechts­wid­rig­keit des lan­des­recht­li­chen Sport­wet­ten­mo­no­pols führt oder nur dann, wenn die ge­gen­läu­fi­ge Po­li­tik sich auf den Mo­no­pol­be­reich aus­wirkt. Da­bei stellt sich das Pro­blem, in­wie­weit das Bun­des­staats­prin­zip ei­ne Be­rück­sich­ti­gung von Re­ge­lun­gen an­de­rer Kom­pe­tenz­trä­ger bei der Ko­hä­renz­prü­fung zu­lässt. Schlie­ß­lich sind die recht­li­chen Bin­dun­gen des Un­ter­sa­gungs­er­mes­sens nä­her zu be­stim­men, ins­be­son­de­re die Gren­zen zu­läs­si­gen Nach­schie­bens von Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen bei Dau­er­ver­wal­tungs­ak­ten wie den Ver­bots­ver­fü­gun­gen.


Die wei­te­ren Ver­fah­ren wer­den je­weils am 16./17. April 2013 und am 14./15. Mai 2013 ver­han­delt.


Ver­fah­rens­in­for­ma­ti­on

In mehr als 20 Re­vi­si­ons­ver­fah­ren aus Nord­rhein-West­fa­len, dem Frei­staat Bay­ern und dem Land Rhein­land-Pfalz wen­den die Klä­ger sich ge­gen das Ver­bot, Sport­wet­ten an EU-aus­län­di­sche Wett­an­bie­ter zu ver­mit­teln. Die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gun­gen stüt­zen sich auf Vor­schrif­ten des all­ge­mei­nen Ord­nungs­rechts oder - seit 2008 - des Glücks­spiel­staats­ver­trags der Län­der. Da­nach kann das un­er­laub­te Ver­an­stal­ten und Ver­mit­teln von Sport­wet­ten un­ter­sagt wer­den. Die Ver­bo­te wur­den re­gel­mä­ßig da­mit be­grün­det, dass die er­for­der­li­che in­län­di­sche Er­laub­nis feh­le und we­gen des staat­li­chen Sport­wet­ten­mo­no­pols auch nicht er­teilt wer­den kön­ne.


Im Sep­tem­ber 2010 ent­schied der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on, das Sport­wet­ten­mo­no­pol sei mit der Dienst­leis­tungs­frei­heit nur ver­ein­bar, wenn es ko­hä­rent und sys­te­ma­tisch zur Ver­wirk­li­chung des mit ihm ver­folg­ten Ziels der Sucht­be­kämp­fung bei­tra­ge. Dar­an feh­le es, wenn ge­gen­läu­fi­ge Re­ge­lun­gen - auch in an­de­ren Glücks­spiel­be­rei­chen - die Eig­nung des Mo­no­pols zur Sucht­be­kämp­fung ent­fal­len lie­ßen. Die Be­klag­ten führ­ten zur Be­grün­dung der Ver­bo­te dar­auf­hin zu­sätz­lich an, das Ver­mit­teln von Sport­wet­ten be­dür­fe selbst bei Rechts­wid­rig­keit des Mo­no­pols ei­ner Er­laub­nis und dür­fe je­den­falls ver­bo­ten wer­den, wenn die üb­ri­gen Er­laub­nis­vor­aus­set­zun­gen nicht be­hörd­lich fest­ge­stellt oder of­fen­sicht­lich sei­en. Die Ver­mitt­lung von In­ter­net- und Live-Wet­ten sei je­den­falls un­zu­läs­sig und müs­se schon des­halb un­ter­sagt wer­den.


Die Kla­gen ge­gen die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gun­gen hat­ten je­weils - spä­tes­tens - im Be­ru­fungs­ver­fah­ren Er­folg. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Rhein­land-Pfalz hat das Sport­wet­ten­mo­no­pol für uni­ons­rechts­wid­rig ge­hal­ten und da­zu auf die Wer­be­pra­xis des Mo­no­pol­trä­gers ver­wie­sen, die der Sucht­be­kämp­fung zu­wi­der­lau­fe und zum Wet­ten an­rei­ze. Der Baye­ri­sche Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat an­ge­nom­men, die Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich der Geld­spiel­au­to­ma­ten sei auf Ex­pan­si­on an­ge­legt und wi­der­spre­che dem Ziel der Sucht­be­kämp­fung. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt für das Land Nord­rhein-West­fa­len hat auf bei­de Ge­sichts­punk­te ab­ge­stellt. Al­le ge­nann­ten Be­ru­fungs­ge­rich­te sind da­von aus­ge­gan­gen, dass die nach­ge­scho­be­nen Be­grün­dun­gen die Ver­bo­te nicht recht­fer­ti­gen könn­ten, da die Grün­de für ei­ne Er­mes­sens­aus­übung nach­träg­lich nur er­gänzt, aber nicht aus­ge­tauscht wer­den dürf­ten. So­weit die Un­ter­sa­gun­gen sich für die Ver­gan­gen­heit be­reits er­le­digt hät­ten, könn­ten die Klä­ger die Fest­stel­lung der Rechts­wid­rig­keit ver­lan­gen.


In ei­ni­gen Re­vi­si­ons­ver­fah­ren stellt sich die Fra­ge, un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se an der Fest­stel­lung der Rechts­wid­rig­keit er­le­dig­ter Ver­bo­te be­steht. Dar­über hin­aus wird un­ter an­de­rem zu klä­ren sein, ob ei­ne der Sucht­be­kämp­fung wi­der­spre­chen­de Po­li­tik in ei­nem an­de­ren, bun­des­recht­lich ge­re­gel­ten Glücks­spiel­be­reich stets zur Rechts­wid­rig­keit des lan­des­recht­li­chen Sport­wet­ten­mo­no­pols führt oder nur dann, wenn die ge­gen­läu­fi­ge Po­li­tik sich auf den Mo­no­pol­be­reich aus­wirkt. Da­bei stellt sich das Pro­blem, in­wie­weit das Bun­des­staats­prin­zip ei­ne Be­rück­sich­ti­gung von Re­ge­lun­gen an­de­rer Kom­pe­tenz­trä­ger bei der Ko­hä­renz­prü­fung zu­lässt. Schlie­ß­lich sind die recht­li­chen Bin­dun­gen des Un­ter­sa­gungs­er­mes­sens nä­her zu be­stim­men, ins­be­son­de­re die Gren­zen zu­läs­si­gen Nach­schie­bens von Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen bei Dau­er­ver­wal­tungs­ak­ten wie den Ver­bots­ver­fü­gun­gen.


Die münd­li­che Ver­hand­lung wird, falls es sich als not­wen­dig er­wei­sen soll­te, am 19. Ju­ni 2013, 10.00 Uhr, fort­ge­setzt.


In wei­te­ren Ver­fah­ren wur­de be­reits am 20./21. März 2013 und am 16. April 2013 ver­han­delt.


Pres­se­mit­tei­lung Nr. 38/2013 vom 20.06.2013

Sport­wet­ten­mo­no­pol in Nord­rhein-West­fa­len war eu­ro­pa­rechts­wid­rig

Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leip­zig hat heu­te in drei Re­vi­si­ons­ver­fah­ren ent­schie­den, dass das Sport­wet­ten­mo­no­pol in Nord­rhein-West­fa­len im Zeit­raum von 2006 bis 2012 die eu­ro­pa­recht­li­che Nie­der­las­sungs- und Dienst­leis­tungs­frei­heit ver­letz­te.


Die Klä­ger ver­mit­tel­ten in Mön­chen­glad­bach, Mül­heim an der Ruhr und Bo­chum Sport­wet­ten an pri­va­te Wett­an­bie­ter im EU-Aus­land. We­der die­se noch die Klä­ger ver­füg­ten über ei­ne im In­land gül­ti­ge Er­laub­nis. Die Städ­te un­ter­sag­ten die un­er­laub­te Ver­mitt­lung in den Jah­ren 2006 und 2007 mit der Be­grün­dung, ei­ne Er­laub­nis kön­ne we­gen des da­mals im Lot­te­rie­staats­ver­trag und seit 2008 im Glücks­spiel­staats­ver­trag ge­re­gel­ten Sport­wet­ten­mo­no­pols nicht er­teilt wer­den. Die Kla­gen der Ver­mitt­ler wur­den von den Ver­wal­tungs­ge­rich­ten ab­ge­wie­sen, hat­ten aber im Be­ru­fungs­ver­fah­ren vor dem Ober­ver­wal­tungs­ge­richt Müns­ter Er­folg. Wäh­rend des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens hat das Land Nord­rhein-West­fa­len zum De­zem­ber 2012 den neu­en Glücks­spiel­staats­ver­trag um­ge­setzt, der an­stel­le des Sport­wet­ten­mo­no­pols ein Kon­zes­si­ons­sys­tem vor­sieht.


Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Re­vi­sio­nen der be­klag­ten Städ­te be­züg­lich der Zeit bis No­vem­ber 2012 zu­rück­ge­wie­sen. Für die­se Zeit ist das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass das Sport­wet­ten­mo­no­pol in Nord­rhein-West­fa­len ge­gen die eu­ro­pa­recht­li­che Nie­der­las­sungs- und Dienst­leis­tungs­frei­heit ver­stieß. Es schränk­te die Frei­hei­ten un­ver­hält­nis­mä­ßig ein, weil es nicht ko­hä­rent und sys­te­ma­tisch da­zu bei­trug, die ge­setz­li­chen Mo­no­pol­zie­le der Sucht­be­kämp­fung und des Ju­gend- und Spiel­er­schut­zes zu ver­wirk­li­chen. Al­ler­dings folgt dies nicht schon aus den Fest­stel­lun­gen des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts zur ge­gen­läu­fi­gen Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich des ge­werb­li­chen Au­to­ma­ten­spiels. Nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on ließ die­se Po­li­tik die Eig­nung des Sport­wet­ten­mo­no­pols zur Sucht­be­kämp­fung nur ent­fal­len, wenn sie zur Fol­ge hat­te, dass das Ziel der Spiel­sucht­be­kämp­fung mit dem Mo­no­pol nicht mehr wirk­sam ver­folgt wer­den konn­te. Tat­sa­chen, die ei­ne so er­heb­li­che Be­ein­träch­ti­gung der Wirk­sam­keit der Mo­no­pol­re­ge­lung be­le­gen, hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt nicht fest­ge­stellt. Es hat aber zu­tref­fend an­ge­nom­men, dass de­ren Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keit sich je­den­falls aus ei­ner sys­te­ma­tisch zum Glücks­spiel an­rei­zen­den Wer­bung der Mo­no­pol­trä­ger - der staat­li­chen Lot­to- und To­to­ge­sell­schaf­ten - er­gibt. Die Wer­be­pra­xis deu­tet dar­auf hin, dass das Mo­no­pol tat­säch­lich nicht der Sucht­be­kämp­fung, son­dern an­de­ren, ins­be­son­de­re fis­ka­li­schen Zwe­cken dien­te. Da­bei ist nicht nur die nord­rhein-west­fä­li­sche Wer­bung für Sport­wet­ten, son­dern auch die Wer­bung für das Lot­to-An­ge­bot zu be­rück­sich­ti­gen. We­gen der im Deut­schen Lot­to- und To­to­block ab­ge­stimm­ten Dach­mar­ken­stra­te­gie und der ge­mein­sa­men Wer­be­richt­li­ni­en ist dar­über hin­aus die Wer­bung in an­de­ren Bun­des­län­dern in die Be­ur­tei­lung ein­zu­be­zie­hen. Un­zu­läs­sig wa­ren ins­be­son­de­re die „Lot­to-hilft“-Kam­pa­gne, die das Glücks­spiel zum so­zi­al ver­ant­wort­li­chen Han­deln auf­wer­te­te, und die mas­si­ve Jack­pot-Wer­bung, die be­deu­ten­de Ge­win­ne ver­füh­re­risch in Aus­sicht stell­te. Sie wur­de fort­ge­setzt, ob­wohl sie nach der ei­ge­nen Ein­schät­zung ei­nes Mo­no­pol­trä­gers sonst nicht Spiel­wil­li­ge zur Teil­nah­me am Glücks­spiel be­weg­te.


BVer­wG 8 C 10.12 - Ur­teil vom 20. Ju­ni 2013

Vor­in­stan­zen:

OVG Müns­ter, 4 A 17/08 - Ur­teil vom 07. No­vem­ber 2011 -

VG Düs­sel­dorf, 3 K 162/07 - Ur­teil vom 16. No­vem­ber 2007 -

BVer­wG 8 C 12.12 - Ur­teil vom 20. Ju­ni 2013

Vor­in­stan­zen:

OVG Müns­ter, 4 A 3362/07 - Ur­teil vom 10. Ja­nu­ar 2012 -

VG Düs­sel­dorf, 3 K 2865/07 - Ur­teil vom 19. No­vem­ber 2007 -

BVer­wG 8 C 17.12 - Ur­teil vom 20. Ju­ni 2013

Vor­in­stan­zen:

OVG Müns­ter, 4 A 2847/08 - Ur­teil vom 21. Fe­bru­ar 2012 -

VG Gel­sen­kir­chen, 7 K 2474/07 - Ur­teil vom 17. Sep­tem­ber 2008 -


Be­schluss vom 16.02.2012 -
BVer­wG 8 B 91.11ECLI:DE:BVer­wG:2012:160212B8B91.11.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Be­schluss

BVer­wG 8 B 91.11

  • VG Düs­sel­dorf - 16.11.2007 - AZ: VG 3 K 162/07
  • OVG für das Land Nord­rhein-West­fa­len - 29.09.2011 - AZ: OVG 4 A 17/08

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 8. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 16. Fe­bru­ar 2012
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt
Prof. Dr. Dr. h.c. Ren­nert
und die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Hau­ser und
Dr. Held-Daab
be­schlos­sen:

  1. Die Ent­schei­dung des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 29. Sep­tem­ber 2011 wird auf­ge­ho­ben.
  2. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.
  3. Die Ent­schei­dung über die Kos­ten des Be­schwer­de­ver­fah­rens folgt der Kos­ten­ent­schei­dung in der Haupt­sa­che.
  4. Der Wert des Streit­ge­gen­stan­des wird für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren vor­läu­fig auf 60 000 € fest­ge­setzt.

Grün­de

1 Die Be­schwer­de der Be­klag­ten hat Er­folg. Der Rechts­sa­che kommt grund­sätz­li­che Be­deu­tung im Sin­ne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 Vw­GO zu. Die Be­schwer­de­be­grün­dung führt auf die klä­rungs­be­dürf­ti­gen Fra­gen,
ob die Prü­fung der tat­säch­li­chen Aus­ge­stal­tung des staat­li­chen Sport­wet­ten­mo­no­pols hin­sicht­lich der Wer­bung am Maß­stab des uni­ons­recht­li­chen Ko­hä­renzer­for­der­nis­ses bun­des­ein­heit­lich oder we­gen der vom Grund­ge­setz ge­währ­leis­te­ten Ei­gen­stän­dig­keit der Län­der (Art. 20 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG) län­der­spe­zi­fisch zu er­fol­gen hat, und
ob die Ver­ein­bar­keit des staat­li­chen Sport­wet­ten­mo­no­pols mit dem uni­ons­recht­li­chen Ko­hä­renzer­for­der­nis von ei­ner Fol­gen­ab­schät­zung im Sin­ne ei­ner Wan­der­be­we­gung hin zu li­be­ra­ler ge­re­gel­ten an­de­ren Glücks­spiel­be­rei­chen ab­hängt.

2 Auf die Zu­las­sungs­grün­de des § 132 Abs. 2 Nr. 2 und 3 Vw­GO kommt es im Hin­blick auf die er­folg­rei­che Grund­satz­rü­ge nicht an.

Rechts­be­helfs­be­leh­rung


Das Be­schwer­de­ver­fah­ren wird als Re­vi­si­ons­ver­fah­ren un­ter dem Ak­ten­zei­chen BVer­wG 8 C 10.12 fort­ge­setzt. Der Ein­le­gung ei­ner Re­vi­si­on durch den Be­schwer­de­füh­rer be­darf es nicht.
Die Re­vi­si­on ist in­ner­halb ei­nes Mo­nats nach Zu­stel­lung die­ses Be­schlus­ses zu be­grün­den. Die Be­grün­dung ist bei dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt, Sim­son­platz 1, 04107 Leip­zig, schrift­lich oder in elek­tro­ni­scher Form (Ver­ord­nung vom 26. No­vem­ber 2004, BGBl I S. 3091) ein­zu­rei­chen.
Für die Be­tei­lig­ten be­steht Ver­tre­tungs­zwang; dies gilt auch für die Be­grün­dung der Re­vi­si­on. Die Be­tei­lig­ten müs­sen sich durch Be­voll­mäch­tig­te im Sin­ne von § 67 Abs. 4 Satz 3 bis 6 Vw­GO ver­tre­ten las­sen.

Be­schluss vom 04.12.2012 -
BVer­wG 8 C 12.12ECLI:DE:BVer­wG:2012:041212B8C12.12.0

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Be­schluss

BVer­wG 8 C 12.12

  • VG Düs­sel­dorf - 19.11.2007 - AZ: VG 3 K 2865/07
  • OVG für das Land Nord­rhein-West­fa­len - 10.01.2012 - AZ: OVG 4 A 3362/07

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 8. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 4. De­zem­ber 2012
durch den Vi­ze­prä­si­den­ten des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
Prof. Dr. Dr. h.c. Ren­nert
und die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Held-Daab
und Dr. Ru­dolph
be­schlos­sen:

So­weit das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren den Un­ter­sa­gungs­zeit­raum ab dem 1. De­zem­ber 2012 be­trifft, wird es ab­ge­trennt und un­ter dem Ak­ten­zei­chen BVer­wG 8 C 51.12 fort­ge­führt.

Grün­de

1 Die Ver­fah­ren­s­tren­nung ge­mäß § 93 Satz 2 i.V.m. § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Vw­GO ist zu­läs­sig, weil der Streit­ge­gen­stand in zeit­li­cher Hin­sicht teil­bar ist. Da die an­ge­grif­fe­ne Un­ter­sa­gung ei­nen Ver­wal­tungs­akt mit Dau­er­wir­kung dar­stellt, ist ih­re Recht­mä­ßig­keit zeit­raum­be­zo­gen nach der je­weils gel­ten­den Rechts­la­ge zu be­ur­tei­len.

2 Die ma­ß­geb­li­che Rechts­la­ge hat sich in Nord­rhein-West­fa­len am 1. De­zem­ber 2012 mit dem In­kraft­tre­ten des Ge­set­zes zum Ers­ten Staats­ver­trag zur Än­de­rung des Staats­ver­tra­ges zum Glücks­spiel­we­sen in Deutsch­land (Ers­ter Glücks­spiel­än­de­rungs­staats­ver­tr­ag - Ers­ter GlüÄndStV) vom 13. No­vem­ber 2012 (GV.​NRW. S. 524) ge­än­dert. Die Tren­nung des Ver­fah­rens in zeit­li­cher Hin­sicht dient der Ver­fah­rens­be­schleu­ni­gung. Sie stellt si­cher, dass recht­li­ches Ge­hör zur Fra­ge, in­wie­weit die Rechts­än­de­rung für die Be­ur­tei­lung der Un­ter­sa­gung er­heb­lich ist, ge­währt wer­den kann, oh­ne die Ent­schei­dung über den­je­ni­gen Teil des Streit­ge­gen­stan­des zu ver­zö­gern, für den die bis­he­ri­ge, von den Be­tei­lig­ten be­reits um­fas­send er­ör­ter­te Rechts­la­ge ma­ß­geb­lich ist.

Be­schluss vom 04.12.2012 -
BVer­wG 8 C 17.12ECLI:DE:BVer­wG:2012:041212B8C17.12.0

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Be­schluss

BVer­wG 8 C 17.12

  • VG Gel­sen­kir­chen - 17.09.2008 - AZ: VG 7 K 2474/07
  • OVG für das Land Nord­rhein-West­fa­len - 21.02.2012 - AZ: OVG 4 A 2847/08

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 8. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 4. De­zem­ber 2012
durch den Vi­ze­prä­si­den­ten des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
Prof. Dr. Dr. h.c. Ren­nert
und die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Held-Daab
und Dr. Ru­dolph
be­schlos­sen:

So­weit das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren den Un­ter­sa­gungs­zeit­raum ab dem 1. De­zem­ber 2012 be­trifft, wird es ab­ge­trennt und un­ter dem Ak­ten­zei­chen BVer­wG 8 C 53.12 fort­ge­führt.

Grün­de

1 Die Ver­fah­ren­s­tren­nung ge­mäß § 93 Satz 2 i.V.m. § 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Vw­GO ist zu­läs­sig, weil der Streit­ge­gen­stand in zeit­li­cher Hin­sicht teil­bar ist. Da die an­ge­grif­fe­ne Un­ter­sa­gung ei­nen Ver­wal­tungs­akt mit Dau­er­wir­kung dar­stellt, ist ih­re Recht­mä­ßig­keit zeit­raum­be­zo­gen nach der je­weils gel­ten­den Rechts­la­ge zu be­ur­tei­len.

2 Die ma­ß­geb­li­che Rechts­la­ge hat sich in Nord­rhein-West­fa­len am 1. De­zem­ber 2012 mit dem In­kraft­tre­ten des Ge­set­zes zum Ers­ten Staats­ver­trag zur Än­de­rung des Staats­ver­tra­ges zum Glücks­spiel­we­sen in Deutsch­land (Ers­ter Glücks­spiel­än­de­rungs­staats­ver­tr­ag - Ers­ter GlüÄndStV) vom 13. No­vem­ber 2012 (GV.​NRW. S. 524) ge­än­dert. Die Tren­nung des Ver­fah­rens in zeit­li­cher Hin­sicht dient der Ver­fah­rens­be­schleu­ni­gung. Sie stellt si­cher, dass recht­li­ches Ge­hör zur Fra­ge, in­wie­weit die Rechts­än­de­rung für die Be­ur­tei­lung der Un­ter­sa­gung er­heb­lich ist, ge­währt wer­den kann, oh­ne die Ent­schei­dung über den­je­ni­gen Teil des Streit­ge­gen­stan­des zu ver­zö­gern, für den die bis­he­ri­ge, von den Be­tei­lig­ten be­reits um­fas­send er­ör­ter­te Rechts­la­ge ma­ß­geb­lich ist.

Ur­teil vom 20.06.2013 -
BVer­wG 8 C 10.12ECLI:DE:BVer­wG:2013:200613U8C10.12.0

Leit­sät­ze:

1. Das in Nord­rhein-West­fa­len un­ter dem Lot­te­rie­staats­ver­trag und dem Glücks­spiel­staats­ver­trag (a.F.) bis zum 30. No­vem­ber 2012 be­stehen­de staat­li­che Sport­wet­ten­mo­no­pol ver­letz­te die uni­ons­recht­li­che Nie­der­las­sungs- und Dienst­leis­tungs­frei­heit. In die­sem Zeit­raum durf­te die nord­rhein-west­fä­li­sche Mo­no­pol­re­ge­lung we­gen des Uni­ons­rechts­ver­sto­ßes auch nicht über­gangs­wei­se an­ge­wen­det wer­den.

2. Ei­ne In­ko­hä­renz des staat­li­chen Sport­wet­ten­mo­no­pols we­gen ei­ner sei­nen (vor­geb­li­chen) Zie­len wi­der­spre­chen­den Wer­be­pra­xis kann sich auch aus der Wer­bung des Mo­no­pol­trä­gers für an­de­re Mo­no­pol­an­ge­bo­te als die Sport­wet­ten und dar­über hin­aus auch aus der im Deut­schen Lot­to- und To­to­block ko­or­di­nier­ten, von den Mo­no­pol­trä­gern lan­des­gren­zen­über­grei­fend ab­ge­stimm­ten Wer­bung er­ge­ben.

3. Ei­ne In­ko­hä­renz we­gen ei­ner das Mo­no­pol kon­ter­ka­rie­ren­den Glücks­spiel­po­li­tik in ei­nem an­de­ren Glücks­spiel­be­reich mit min­des­tens gleich ho­hem Sucht­po­ten­zi­al setzt vor­aus, dass die­se Po­li­tik zur Fol­ge hat, dass das Mo­no­pol nicht mehr wirk­sam zum Er­rei­chen der mit ihm ver­folg­ten Zie­le bei­tra­gen kann; dies ist in ei­ner Fol­gen­be­trach­tung zu er­mit­teln, die sich nicht auf die ak­tu­el­len Spie­ler be­schränkt, son­dern die po­ten­zi­el­le Nach­fra­ge ein­be­zieht.

4. Ei­ne we­gen der An­wen­dung der rechts­wid­ri­gen Mo­no­pol­re­ge­lung er­mes­sens­feh­ler­haf­te Un­ter­sa­gung un­er­laub­ter Sport­wet­ten­ver­mitt­lung kann nicht rück­wir­kend durch ein Nach­schie­ben mo­no­pol­un­ab­hän­gi­ger Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen ge­heilt wer­den.

  • Rechts­quel­len
  • Zi­tier­vor­schlag

Ur­teil

BVer­wG 8 C 10.12

  • VG Düs­sel­dorf - 16.11.2007 - AZ: VG 3 K 162/07
  • OVG für das Land Nord­rhein-West­fa­len - 29.09.2011 - AZ: OVG 4 A 17/08

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 8. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 20. und 21. März 2013
durch den Vi­ze­prä­si­den­ten des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
Prof. Dr. Dr. h.c. Ren­nert,
den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Dei­seroth
und die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Hau­ser, Dr. Held-Daab
und Dr. Ru­dolph
am 20. Ju­ni 2013 für Recht er­kannt:

  1. Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 29. Sep­tem­ber 2011 wird zu­rück­ge­wie­sen.
  2. Die Be­klag­te trägt die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens.

Grün­de

I

1 Die Klä­ge­rin be­gehrt die Fest­stel­lung der Rechts­wid­rig­keit ei­ner Ord­nungs­ver­fü­gung, mit der ihr die Ver­mitt­lung von Sport­wet­ten an ei­nen pri­va­ten Wett­an­bie­ter un­ter­sagt wor­den war.

2 In ih­rer frü­he­ren Be­triebs­stät­te in der H...​straße ... in M. ver­mit­tel­te die Klä­ge­rin Sport­wet­ten an die I. ... Ltd. (I... Ltd.) mit Sitz in Gi­bral­tar, die eben­so wie die Klä­ge­rin nicht über ei­ne im In­land er­teil­te Er­laub­nis ver­füg­te. Mit so­fort voll­zieh­ba­rer Ord­nungs­ver­fü­gung vom 18. April 2006 un­ter­sag­te die Be­klag­te der Klä­ge­rin die­se Tä­tig­keit und gab ihr auf, den Be­trieb bis zum 30. April 2006 ein­zu­stel­len. Zu­gleich droh­te sie ihr un­mit­tel­ba­ren Zwang an. Die Be­klag­te stütz­te die Un­ter­sa­gung auf § 14 des Ord­nungs­be­hör­den­ge­set­zes (OBG NW) i.V.m. § 284 StGB und führ­te aus, die er­for­der­li­che Er­laub­nis kön­ne we­gen des staat­li­chen Sport­wet­ten­mo­no­pols nicht er­teilt wer­den. Ein Eil­an­trag der Klä­ge­rin blieb er­folg­los. Um Zwangs­maß­nah­men ab­zu­wen­den, stell­te sie die Wett­an­nah­me am 6. Ju­li 2006 ein und schloss die Be­triebs­stät­te am 12. Ju­li 2006. Ih­ren Wi­der­spruch ge­gen die Ord­nungs­ver­fü­gung wies die Be­zirks­re­gie­rung D... mit Wi­der­spruchs­be­scheid vom 11. De­zem­ber 2006 zu­rück. Die da­ge­gen er­ho­be­ne An­fech­tungs­kla­ge wur­de mit Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Düs­sel­dorf vom 6. No­vem­ber 2007 ab­ge­wie­sen. Ei­ne Kla­ge auf Ent­schä­di­gung und Scha­dens­er­satz wies das Land­ge­richt Mön­chen­glad­bach mit Ur­teil vom 4. De­zem­ber 2007 eben­falls ab. Zur Be­grün­dung führ­te es aus, nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts dürf­ten die Ord­nungs­be­hör­den die Mo­no­pol­re­ge­lung trotz de­ren Ver­fas­sungs- und Uni­ons­rechts­wid­rig­keit wäh­rend ei­ner Über­gangs­zeit bis zum 31. De­zem­ber 2007 wei­ter an­wen­den. Das Be­ru­fungs­ver­fah­ren vor dem Ober­lan­des­ge­richt Düs­sel­dorf wur­de we­gen des vor­lie­gen­den Ver­fah­rens aus­ge­setzt.

3 Wäh­rend des Be­ru­fungs­ver­fah­rens vor dem Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Klä­ge­rin am 27. Au­gust 2010 ihr La­den­lo­kal nach Kün­di­gung des Miet­ver­hält­nis­ses zum 30. Sep­tem­ber 2010 ge­räumt. An­schlie­ßend hat sie ih­re Kla­ge - sinn­ge­mäß - auf ei­nen Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­an­trag für die Zeit vom 18. April 2006 bis zum 27. Au­gust 2010 um­ge­stellt.

4 Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat der Be­ru­fung statt­ge­ge­ben und fest­ge­stellt, die Ord­nungs­ver­fü­gung vom 18. April 2006 in der Ge­stalt des Wi­der­spruchs­be­schei­des vom 11. De­zem­ber 2006 sei im ge­sam­ten von der Kla­ge er­fass­ten Zeit­raum rechts­wid­rig ge­we­sen. Der an­ge­grif­fe­ne Be­scheid ha­be sich mit der Auf­ga­be der Be­triebs­stät­te am 27. Au­gust 2010 end­gül­tig er­le­digt. Ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se der Klä­ge­rin an der Fest­stel­lung der Rechts­wid­rig­keit der Ver­fü­gung fol­ge aus ih­rem Prä­ju­di­z­in­ter­es­se im Hin­blick auf den an­hän­gi­gen Staats­haf­tungs­pro­zess. Im Zeit­punkt der Er­le­di­gung so­wie im vor­her­ge­hen­den Zeit­raum seit In­kraft­tre­ten des Glücks­spiel­staats­ver­tra­ges (Staats­ver­trag zum Glücks­spiel­we­sen in Deutsch­land vom 31. Ju­li 2007 - GlüStV <a.F.>, GV NRW S. 454) und sei­ner Um­set­zung in Nord­rhein-West­fa­len zum 1. Ja­nu­ar 2008 (Ge­setz des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len zum Staats­ver­trag zum Glücks­spiel­we­sen in Deutsch­land vom 30. Ok­to­ber 2007, GV NRW S. 445) sei die Un­ter­sa­gung der Sport­wet­ten­ver­mitt­lung er­mes­sens­feh­ler­haft ge­we­sen. Die Be­klag­te sei zwar zu­tref­fend da­von aus­ge­gan­gen, dass der Tat­be­stand der Un­ter­sa­gungs­er­mäch­ti­gung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV we­gen Feh­lens der nach § 4 Abs. 1 GlüStV er­for­der­li­chen Er­laub­nis er­füllt ge­we­sen sei. Die Be­klag­te ha­be aber ihr Er­mes­sen, die un­er­laub­te Ver­mitt­lung zu un­ter­sa­gen, feh­ler­haft aus­ge­übt. Sie ha­be zu Un­recht an­ge­nom­men, die für die Ver­mitt­lung er­for­der­li­che Er­laub­nis kön­ne schon we­gen des Sport­wet­ten­mo­no­pols nicht er­teilt wer­den. Die Mo­no­pol­re­ge­lung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV sei un­an­wend­bar, weil sie die uni­ons­recht­li­che Nie­der­las­sungs- und Dienst­leis­tungs­frei­heit ver­let­ze. Zwar ver­fol­ge sie mit der Sucht­be­kämp­fung und dem Ju­gend- und Spiel­er­schutz uni­ons­recht­lich le­gi­ti­me Zie­le. Sie sei aber un­ver­hält­nis­mä­ßig, weil sie in­ko­hä­rent und da­her un­ge­eig­net sei, die Ver­wirk­li­chung die­ser Zie­le zu ge­währ­leis­ten. Das er­ge­be sich schon aus der un­zu­läs­si­gen Wer­be­pra­xis, die sys­te­ma­tisch zum Wet­ten an­rei­ze und er­mun­te­re. Aus uni­ons­recht­li­cher Sicht sei­en da­bei auch die nord­rhein-west­fä­li­sche Lot­to-Wer­bung und die im Deut­schen Lot­to- und To­to­block ko­or­di­nier­te Wer­bung an­de­rer Mo­no­pol­trä­ger im Bun­des­ge­biet zu be­rück­sich­ti­gen. Sys­te­ma­tisch un­zu­läs­si­ge Wer­bung wer­de vor al­lem mit den Jack­pot-Wer­be­kam­pa­gnen be­trie­ben. Auch die Hin­wei­se auf ei­ne ge­mein­nüt­zi­ge Ver­wen­dung ei­nes Teils der Wett­ein­sät­ze („Lot­to-Hilft“-Kam­pa­gnen) gin­gen re­gel­mä­ßig über ei­ne zu­läs­si­ge Ka­na­li­sie­rung vor­han­de­ner Wett­lei­den­schaf­ten hin­aus. Eben­so ent­fal­te­ten Pres­se­mit­tei­lun­gen über glück­li­che Lot­to­mil­lio­nä­re, die Art und Wei­se der öf­fent­li­chen Er­mitt­lung von Ge­winn­zah­len vor lau­fen­den Fern­seh­ka­me­ras so­wie die Prä­sen­ta­ti­on der Lot­to-Glücks­spi­ra­le vor der Haupt­aus­ga­be der Ta­ges­schau mit der Wer­bung für ei­ne So­fort­ren­te in Hö­he von 7 500 € un­zu­läs­si­ge An­rei­z­wir­kung. In der Ver­gan­gen­heit hät­ten die Mo­no­pol­an­bie­ter sol­che For­men un­zu­läs­si­ger Wer­bung noch ex­ten­si­ver be­trie­ben. Un­ab­hän­gig da­von füh­re auch die den Mo­no­pol­zie­len zu­wi­der­lau­fen­de Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich des ge­werb­li­chen Au­to­ma­ten­spiels zur In­ko­hä­renz. Die­ser Be­reich sei der wirt­schaft­lich be­deu­tends­te Glücks­spiel­sek­tor und wei­se das höchs­te Sucht­po­ten­zi­al auf. Den­noch wer­de dort seit der 5. No­vel­lie­rung der Spiel­ver­ord­nung (Fünf­te Ver­ord­nung zur Än­de­rung der Spiel­ver­ord­nung vom 17. De­zem­ber 2005, BGBl I S. 3495; vgl. die Be­kannt­ma­chung der seit dem 1. Ja­nu­ar 2006 gel­ten­den Neu­fas­sung der Ver­ord­nung über Spiel­ge­rä­te und an­de­re Spie­le mit Ge­winn­mög­lich­keit <Spiel­ver­ord­nung - SpielV> vom 27. Ja­nu­ar 2006, BGBl I S. 280) ei­ne den Zie­len der Sucht­be­kämp­fung und des Ju­gend- und Spiel­er­schut­zes wi­der­spre­chen­de Ex­pan­si­ons­po­li­tik ver­folgt. Die Neu­fas­sung der Spiel­ver­ord­nung und de­ren Um­set­zung in der Pra­xis hät­ten zu ei­ner er­heb­li­chen Aus­wei­tung der Spiel­ge­le­gen­hei­ten, zu ei­ner zu­neh­men­den An­ony­mi­sie­rung und zur Sen­kung der Hemm­schwel­len ge­führt, oh­ne dass dies durch spiel­er­schüt­zen­de Maß­nah­men aus­rei­chend aus­ge­gli­chen wor­den wä­re. Dar­aus ha­be sich ein be­trächt­li­ches Um­satz­wachs­tum er­ge­ben, das in er­heb­li­chem Maß zu­las­ten der Sucht­ge­fähr­de­ten ge­he. Prä­ven­ti­ve Be­mü­hun­gen blie­ben weit­ge­hend wir­kungs­los. Ob die Mo­no­pol­re­ge­lung zu­min­dest in ih­rem Teil­seg­ment und da­mit teil­wei­se ge­eig­net sei, die Mo­no­pol­zie­le zu ver­wirk­li­chen, kön­ne da­hin­ste­hen. Bei ei­nem so wi­der­sprüch­li­chen Schutz­kon­zept kom­me es dar­auf nicht an. Ei­ne Fol­gen­ab­schät­zung im Sin­ne der Er­mitt­lung von Ab­wan­de­rungs­be­we­gun­gen aus dem Mo­no­pol­be­reich in den Au­to­ma­ten­sek­tor sei eben­falls ent­behr­lich. Selbst wenn sie er­for­der­lich sein soll­te, lie­ßen die vor­lie­gen­den Un­ter­su­chun­gen zu­min­dest er­ken­nen, dass mög­li­che Fol­ge­wir­kun­gen der Li­be­ra­li­sie­rung des ge­werb­li­chen Au­to­ma­ten­spiels auch und ge­ra­de den Markt der Sport­wet­ten be­trä­fen und dass des­sen Um­satz­ein­bu­ße hin­sicht­lich der pro­ble­ma­ti­schen Spie­ler­kli­en­tel zu­las­ten ei­ner wach­sen­den Ab­wan­de­rung in den „il­le­ga­len“ An­bie­ter­be­reich und das zu­neh­mend ex­pan­die­ren­de Seg­ment der ge­werb­li­chen Geld­spiel­au­to­ma­ten ge­he. Dies be­stä­ti­ge, dass sich Spiel­sucht nur als sol­che, al­so auf den ge­sam­ten Glücks­spiel­markt be­zo­gen, be­kämp­fen las­se. Ver­fas­sungs­recht ste­he der nach dem Uni­ons­recht er­for­der­li­chen kom­pe­tenz- und län­der­über­grei­fen­den Be­trach­tung nicht ent­ge­gen. Der Er­mes­sens­feh­ler der an­ge­grif­fe­nen Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung sei we­der un­be­acht­lich, noch kön­ne er im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren ge­heilt wer­den. Der glücks­spiel­recht­li­che Er­laub­nis­vor­be­halt sei zwar wirk­sam und an­wend­bar. Er recht­fer­ti­ge ei­ne voll­stän­di­ge Un­ter­sa­gung aber nur bei Feh­len der Er­laub­nis­fä­hig­keit. Die Er­le­di­gung der Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung und das Ver­bot ei­nes nach­träg­li­chen Aus­tauschs der Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen im ge­richt­li­chen Ver­fah­ren nach § 114 Satz 2 Vw­GO schlös­sen ei­ne Hei­lung des Er­mes­sens­feh­lers aus.

5 Im Zeit­raum bis zum 31. De­zem­ber 2007 sei die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung eben­falls rechts­wid­rig ge­we­sen. Das Sport­wet­ten­mo­no­pol ha­be schon nach der da­ma­li­gen Rechts­la­ge un­ter dem Lot­te­rie­staats­ver­trag (Staats­ver­trag zum Lot­te­rie­we­sen in Deutsch­land vom 13. Fe­bru­ar 2004 <Lot­te­rie­staats­ver­trag - LoStV> GV NRW S. 315) die Nie­der­las­sungs- und Dienst­leis­tungs­frei­heit ver­letzt. Das er­ge­be sich aus den Aus­füh­run­gen des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts zu den par­al­le­len ver­fas­sungs­recht­li­chen An­for­de­run­gen in Be­zug auf das baye­ri­sche Sport­wet­ten­mo­no­pol. Sie sei­en auf die Rechts­la­ge in Nord­rhein-West­fa­len über­trag­bar. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ha­be zwar ei­ne über­gangs­wei­se An­wen­dung der Mo­no­pol­re­ge­lung bis En­de 2007 zu­ge­las­sen. Das schlie­ße den uni­ons­recht­li­chen An­wen­dungs­vor­rang je­doch nicht aus. Ei­ne uni­ons­recht­li­che Über­gangs­re­ge­lung feh­le.

6 Die Be­klag­te macht mit ih­rer Re­vi­si­on gel­tend, das Be­ru­fungs­ge­richt sei ver­fah­rens­feh­ler­haft von ei­ner Er­le­di­gung der Un­ter­sa­gung am 27. Au­gust 2010 aus­ge­gan­gen und ha­be zu Un­recht ein Prä­ju­di­z­in­ter­es­se be­jaht. Ei­ne Haf­tung nach §§ 39 ff. OBG NW schei­de of­fen­sicht­lich aus, da sie auf Fäl­le des ent­eig­nungs­glei­chen Ein­griffs be­schränkt sei und kein er­satz­fä­hi­ger Scha­den vor­lie­ge. Das Sport­wet­ten­mo­no­pol ent­spre­che dem uni­ons­recht­li­chen Ko­hä­renzer­for­der­nis. Das gel­te so­wohl in Be­zug auf die Wer­bung als auch hin­sicht­lich der Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich des ge­werb­li­chen Au­to­ma­ten­spiels. Das Be­ru­fungs­ur­teil fas­se den Wer­be­be­griff zu eng. Sei­ne Auf­fas­sung, die Mo­no­pol­wer­bung dür­fe nur die Nach­fra­ge der be­reits zum Glücks­spiel Ent­schlos­se­nen ka­na­li­sie­ren, tref­fe nicht zu. We­gen des Bun­des­staats­prin­zips und der Ge­setz­ge­bungs­au­to­no­mie der Län­der kom­me es nur auf die Re­ge­lung und die Um­set­zung des Mo­no­pols im je­wei­li­gen Bun­des­land an. Aus ob­jek­ti­ven Um­set­zungs­de­fi­zi­ten kön­ne we­gen des Rechts­staats­ge­bots kei­ne sub­jek­tiv-recht­li­che Be­güns­ti­gung der Be­trof­fe­nen her­ge­lei­tet wer­den. In tat­säch­li­cher Hin­sicht ha­be das Be­ru­fungs­ge­richt die Wer­be­pra­xis nicht ge­nü­gend auf­ge­klärt und die her­an­ge­zo­ge­nen Wer­be­bei­spie­le man­gels aus­rei­chen­der Sach­kun­de un­zu­tref­fend ge­wür­digt. In­so­weit sei auch der Über­zeu­gungs­grund­satz ver­letzt. Dar­über hin­aus ha­be es das Recht der Be­klag­ten auf recht­li­ches Ge­hör miss­ach­tet, weil es erst kurz vor der Be­ru­fungs­ver­hand­lung - über­dies un­voll­stän­dig - auf die spä­ter im Ur­teil zi­tier­ten Ver­öf­fent­li­chun­gen hin­ge­wie­sen ha­be. Mit den Be­tei­lig­ten ha­be es auch nicht er­ör­tert, dass es von ei­nem bun­des­weit un­zu­läs­si­gen Wer­be­ver­hal­ten, ins­be­son­de­re durch die bis­her all­seits ge­bil­lig­te Fern­seh­wer­bung, aus­ge­he. Da­mit ha­be es der Be­klag­ten die Mög­lich­keit ge­nom­men, zu die­ser Ein­schät­zung Stel­lung zu neh­men und vor­zu­schla­gen, zur Be­ur­tei­lung der An­rei­z­wir­kung ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten ein­zu­ho­len. Fer­ner ge­he das Be­ru­fungs­ge­richt ver­fah­rens­feh­ler­haft da­von aus, das ge­werb­li­che Au­to­ma­ten­spiel ha­be ein hö­he­res Sucht­po­ten­zi­al als die Sport­wet­ten und sei von ei­ner Ex­pan­si­ons­po­li­tik ge­prägt, die den Mo­no­pol­zie­len zu­wi­der­lau­fe. Selbst wenn sei­ne Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen zu­trä­fen, fol­ge dar­aus noch kei­ne In­ko­hä­renz des Mo­no­pols. Viel­mehr sei ei­ne Fol­gen­be­trach­tung er­for­der­lich, die klä­ren müs­se, ob die Aus­wir­kun­gen der ge­gen­läu­fi­gen Glücks­spiel­po­li­tik auf den Mo­no­pol­be­reich die Wirk­sam­keit und da­mit die Eig­nung des Mo­no­pols zur Ziel­ver­wirk­li­chung auf­hö­ben. Dar­an feh­le es hier. Das Be­ru­fungs­ge­richt ha­be die Mo­no­pol­re­ge­lung nach dem Rechts­staats­ge­bot auch nicht oh­ne ei­ne kon­kre­te Nor­men­kon­trol­le nach Art. 100 GG für ob­so­let hal­ten dür­fen. Es ha­be fer­ner zu Un­recht ei­ne Er­mes­sens­re­du­zie­rung auf Null ver­neint. Die On­line-Über­mitt­lung von Wett­da­ten ver­sto­ße ge­gen das In­ter­net­ver­bot. Das Be­ru­fungs­ge­richt ha­be auch die Rechts­fi­gur des in­ten­dier­ten Er­mes­sens ver­kannt. Je­den­falls sei die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung recht­mä­ßig, weil die Durch­set­zung des Er­laub­nis­vor­be­halts uni­ons­recht­lich zu­läs­sig sei und die Er­laub­nis­vor­aus­set­zun­gen zu kei­nem Zeit­punkt vor­ge­le­gen hät­ten. § 114 Satz 2 Vw­GO schlie­ße ein Nach­schie­ben von Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen bei Dau­er­ver­wal­tungs­ak­ten nicht aus. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hät­te des­halb die mit Schrift­satz vom 19. (rich­tig: 21.) Sep­tem­ber 2011 (Bl. 324 <332 ff.>) er­gänz­ten Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen bei sei­ner Ent­schei­dung be­rück­sich­ti­gen müs­sen.

7 Die Be­klag­te be­an­tragt,
das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 29. Sep­tem­ber 2011 zu än­dern und die Be­ru­fung der Klä­ge­rin ge­gen das auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 6. No­vem­ber 2007 er­gan­ge­ne Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Düs­sel­dorf zu­rück­zu­wei­sen.

8 Die Klä­ge­rin be­an­tragt,
die Re­vi­si­on zu­rück­zu­wei­sen.

9 Sie ver­tei­digt das an­ge­grif­fe­ne Ur­teil.

II

10 Die Re­vi­si­on ist zu­läs­sig, aber nach § 137 Abs. 1 Vw­GO nicht be­grün­det, weil das an­ge­grif­fe­ne Ur­teil nicht auf der Ver­let­zung re­vi­si­blen Rechts be­ruht. Es hat die Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­kla­ge zu Recht für zu­läs­sig ge­hal­ten und die Rechts­wid­rig­keit der Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei da­mit be­grün­det, dass die­se ma­ß­geb­lich auf das staat­li­che Sport­wet­ten­mo­no­pol ge­stützt wur­de, ob­wohl die Mo­no­pol­re­ge­lung uni­ons­rechts­wid­rig und da­mit un­an­wend­bar war, weil sie dem uni­ons­recht­li­chen Ko­hä­renzer­for­der­nis schon we­gen der sys­te­ma­tisch zum Glücks­spiel an­rei­zen­den Wer­be­pra­xis der Mo­no­pol­trä­ger nicht ge­nüg­te. So­weit das Be­ru­fungs­ur­teil ei­ne In­ko­hä­renz nicht nur we­gen der Aus­ge­stal­tung des Mo­no­pol­sek­tors, son­dern un­ab­hän­gig da­von auch we­gen ei­ner der Sucht­be­kämp­fung zu­wi­der­lau­fen­den Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich des ge­werb­li­chen Au­to­ma­ten­spiels be­jaht, wen­det es das Ko­hä­renzer­for­der­nis zwar teil­wei­se un­zu­tref­fend an. Es be­ruht aber nicht auf die­sem Feh­ler, weil es un­ab­hän­gig da­von selbst­stän­dig von der zu­vor dar­ge­stell­ten Haupt­be­grün­dung ge­tra­gen wird.

11 1. Die Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­kla­ge der Klä­ge­rin ist nach § 113 Abs. 1 Satz 4 Vw­GO zu­läs­sig.

12 a) Die Statt­haf­tig­keit der Kla­ge er­gibt sich dar­aus, dass die an­ge­grif­fe­ne Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung sich seit ih­rem Er­lass fort­lau­fend und - erst - mit der Räu­mung der Be­triebs­stät­te durch die Klä­ge­rin am 27. Au­gust 2010 end­gül­tig er­le­digt hat.

13 Ei­ne glücks­spiel­recht­li­che Un­ter­sa­gung er­le­digt sich von Tag zu Tag für die je­weils ver­stri­che­ne Zeit und da­mit fort­lau­fend, wenn sie nicht für den ab­ge­lau­fe­nen Zeit­raum ge­gen­wär­tig noch nach­tei­li­ge Rechts­wir­kun­gen für den Be­trof­fe­nen ent­fal­tet (vgl. Ur­tei­le vom 11. Ju­li 2011 - BVer­wG 8 C 11.10 - ju­ris Rn. 15 und vom 16. Mai 2013 - BVer­wG 8 C 14.12 - ju­ris Rn. 18, Be­schluss vom 5. Ja­nu­ar 2012 - BVer­wG 8 B 62.11 - NVwZ 2012, 510 Rn. 13). Als Ver­hal­tens­an­ord­nung wird das Ver­bot durch Zeit­ab­lauf ge­gen­stands­los, da es nicht rück­wir­kend be­folgt oder durch­ge­setzt wer­den kann. Al­ler­dings ent­fal­tet die Un­ter­sa­gung wei­ter­hin Rechts­wir­kun­gen für den ver­gan­ge­nen Zeit­raum, wenn sie die Rechts­grund­la­ge ei­ner noch rück­gän­gig zu ma­chen­den Ver­wal­tungs­voll­stre­ckung bil­det. Ein sol­cher Fall liegt hier je­doch nicht vor.

14 Ei­ne end­gül­ti­ge Er­le­di­gung der Un­ter­sa­gung - nicht nur für die Ver­gan­gen­heit, son­dern auch für die Zu­kunft - ist mit der end­gül­ti­gen Auf­ga­be der Be­triebs­stät­te der Klä­ge­rin am 27. Au­gust 2010 ein­ge­tre­ten. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten ist die­se Er­le­di­gung nicht schon frü­her zu da­tie­ren. Nach der re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei­en Aus­le­gung der an­ge­grif­fe­nen Ver­fü­gung durch das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt han­del­te es sich um ei­ne be­triebs­stät­ten­be­zo­ge­ne Un­ter­sa­gung. Sie er­le­digt sich end­gül­tig erst, wenn die Be­triebs­stät­te end­gül­tig auf­ge­ge­ben wird (Ur­teil vom 15. No­vem­ber 1990 - BVer­wG 3 C 49.87 - Buch­holz 310 § 113 Vw­GO Nr. 224 = ju­ris Rn. 22). Nach den Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts ge­schah dies erst nach der Kün­di­gung des Miet­ver­tra­ges der Klä­ge­rin mit der Räu­mung des Wett­lo­kals und nicht schon zu­vor mit des­sen Un­ter­ver­mie­tung, weil die Klä­ge­rin sich da­bei ein ver­trag­li­ches Zu­griffs­recht vor­be­hal­ten hat­te.

15 Die­se Fest­stel­lun­gen bin­den die re­vi­si­ons­ge­richt­li­che Be­ur­tei­lung nach § 137 Abs. 2 Vw­GO, da sie nicht mit wirk­sa­men Ver­fah­rens­rü­gen an­ge­grif­fen wur­den. Die Rü­ge, die Pflicht zur Amts­auf­klä­rung ge­mäß § 86 Abs. 1 Vw­GO sei ver­letzt, greift nicht durch. Oh­ne ei­nen ent­spre­chen­den Be­weis­an­trag der be­reits in der Vor­in­stanz an­walt­lich ver­tre­te­nen Be­klag­ten muss­te es sich dem Ober­ver­wal­tungs­ge­richt nicht auf­drän­gen, wei­te­re Er­mitt­lun­gen zur Ver­ein­ba­rung ei­nes Zu­griffs­rechts im Un­ter­miet­ver­trag an­zu­stel­len. Der Vor­trag der Klä­ge­rin da­zu blieb nach der Sit­zungs­nie­der­schrift der Be­ru­fungs­ver­hand­lung un­be­strit­ten. Ge­gen­tei­li­ges er­gab sich ins­be­son­de­re nicht aus den An­ga­ben des Stadt­amt­manns W. Sei­ne Mit­tei­lung, nach Er­lass der an­ge­grif­fe­nen Ord­nungs­ver­fü­gung sei es noch vor 2008 und spä­ter noch ein wei­te­res Mal zu ei­ner Neu­eröff­nung des Wett­bü­ros durch an­de­re Ge­wer­be­trei­ben­de ge­kom­men, schlie­ßt ei­ne Un­ter­ver­mie­tung nicht aus und wi­der­spricht nicht dem Vor­brin­gen der Klä­ge­rin zu de­ren Aus­ge­stal­tung. Ei­ne Ver­let­zung des Über­zeu­gungs­grund­sat­zes ge­mäß § 108 Abs. 1 Vw­GO ist nicht sub­stan­ti­iert nach § 139 Abs. 3 Satz 4 Vw­GO ge­rügt. Der Ein­wand der Be­klag­ten, die Stel­lung­nah­men in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung recht­fer­tig­ten nicht die vom Be­ru­fungs­ge­richt ge­zo­ge­nen Schluss­fol­ge­run­gen, ge­nügt da­zu nicht. Ein Tat­sa­chen­ge­richt ver­stö­ßt nicht schon dann ge­gen die Denk­ge­set­ze, wenn es nach der Auf­fas­sung ei­nes Be­tei­lig­ten un­rich­ti­ge oder fern lie­gen­de Schlüs­se ge­zo­gen hat. Es muss sich viel­mehr um ei­ne Schluss­fol­ge­rung han­deln, die aus Grün­den der Lo­gik schlech­ter­dings nicht ge­zo­gen wer­den kann und des­halb will­kür­lich ist (stRspr, Be­schlüs­se vom 10. De­zem­ber 2003 - BVer­wG 8 B 154.03 - NVwZ 2004, 627 und vom 6. März 2008 - BVer­wG 7 B 13.08 - Buch­holz 310 § 108 Abs. 1 Vw­GO Nr. 54 Rn. 8). Das ist hier nicht der Fall.

16 b) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat auch ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se der Klä­ge­rin an der Fest­stel­lung der Rechts­wid­rig­keit der Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung feh­ler­frei be­jaht.

17 Ein Prä­ju­di­z­in­ter­es­se liegt vor, wenn die Gel­tend­ma­chung von Staats­haf­tungs­an­sprü­chen im hier be­reits an­hän­gi­gen Zi­vil­pro­zess nicht of­fen­sicht­lich aus­sichts­los ist. Bei der Prü­fung die­ses Aus­schluss­kri­te­ri­ums ist ein stren­ger Maß­stab an­zu­le­gen. Of­fen­sicht­lich aus­sichts­los ist ei­ne Staats­haf­tungs­kla­ge, wenn der gel­tend ge­mach­te An­spruch un­ter kei­nem denk­ba­ren recht­li­chen Ge­sichts­punkt be­steht und dies sich oh­ne ei­ne ins Ein­zel­ne ge­hen­de Wür­di­gung auf­drängt (Ur­tei­le vom 14. Ja­nu­ar 1980 - BVer­wG 7 C 92.79 - Buch­holz 310 § 113 Vw­GO Nr. 95 S. 27, vom 29. April 1992 - BVer­wG 4 C 29.90 - Buch­holz 310 § 113 Vw­GO Nr. 247 S. 90 und vom 8. De­zem­ber 1995 - BVer­wG 8 C 37.93 - BVer­w­GE 100, 83 <92> = Buch­holz 454.11 WEG Nr. 7). Die Wahr­schein­lich­keit ei­nes Miss­er­folgs ge­nügt nicht.

18 Of­fen­blei­ben kann, ob ein - ver­schul­dens­ab­hän­gi­ger - Amts­haf­tungs­an­spruch nach Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder ein uni­ons­recht­li­cher Staats­haf­tungs­an­spruch in Be­tracht kommt. Je­den­falls ist das Be­stehen ei­nes Haf­tungs­an­spruchs nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW nicht von vorn­her­ein of­fen­sicht­lich aus­ge­schlos­sen. Da­bei muss nicht ge­klärt wer­den, ob die An­wen­dung der im Zi­vil­pro­zess re­vi­si­blen Vor­schrift (§§ 545, 560 ZPO) auch im Ver­wal­tungs­pro­zess re­vi­si­ons­ge­richt­lich über­prüft wer­den darf oder ob dies we­gen § 137 Abs. 1 Vw­GO nicht in Be­tracht kommt (vgl. Be­schlüs­se vom 17. Ok­to­ber 2012 - BVer­wG 8 B 47.12 - Buch­holz 11 Art. 20 GG Nr. 208 Rn. 22 und - BVer­wG 8 B 62.12 - ju­ris Rn. 17). Selbst wenn ei­ne re­vi­si­ons­ge­richt­li­che Über­prü­fung der Aus­le­gung der Vor­schrift zu­läs­sig sein soll­te, wä­ren de­ren Vor­aus­set­zun­gen hier nicht of­fen­sicht­lich und oh­ne ei­ne ins Ein­zel­ne ge­hen­de Prü­fung zu ver­nei­nen.

19 § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW be­grün­det ei­nen ver­schul­dens­un­ab­hän­gi­gen Er­satz­an­spruch für Schä­den, die je­man­dem durch ei­ne rechts­wid­ri­ge Maß­nah­me der Ord­nungs­be­hör­den ent­stan­den sind. Bei Er­lass der Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung han­del­te die Be­klag­te nach § 14 Abs. 1 OBG NW als Ord­nungs­be­hör­de.

20 Ob ei­ne Haf­tung nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW aus­ge­schlos­sen ist, weil die Norm nur die Haf­tung für ent­eig­nungs­glei­che Ein­grif­fe re­geln soll und da­mit kei­ne Ent­schä­di­gung für le­gis­la­ti­ves Un­recht ein­schlie­ß­lich der An­wen­dung rechts­wid­ri­ger Nor­men (sog. Be­ru­hens­fäl­le) ge­währt, muss ge­ge­be­nen­falls im zi­vil­ge­richt­li­chen Staats­haf­tungs­pro­zess ge­klärt wer­den. Von ei­ner sol­chen An­spruchs­be­gren­zung kann nicht mit der er­for­der­li­chen Of­fen­sicht­lich­keit aus­ge­gan­gen wer­den. Al­ler­dings ge­ben die Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en deut­li­che Hin­wei­se für ei­ne ent­spre­chen­de Be­schrän­kung. So wur­de die vom Aus­schuss für In­ne­re Ver­wal­tung vor­ge­schla­ge­ne Aus­wei­tung der Haf­tung auf die Schä­di­gung von Per­so­nen, die als Stö­rer in An­spruch ge­nom­men wur­den (Be­schluss­vor­schlag des Aus­schus­ses vom 11. Ok­to­ber 1955, LT­Drucks 3/243), im Land­tags­ple­num da­hin er­läu­tert, dass in An­leh­nung an das in der Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs ent­wi­ckel­te In­sti­tut des ent­eig­nungs­glei­chen Ein­griffs ei­ne Haf­tung auch für rechts­wid­rig-schuld­lo­se Ver­wal­tungs­maß­nah­men ein­ge­führt wer­den sol­le (vgl. das Pro­to­koll der 2. Le­sung des Ent­wurfs des Ord­nungs­be­hör­den­ge­set­zes, LT-Pro­to­kol­le 3. Wahl­pe­ri­ode Bd. 1 S. 822 <825, 827 f. und 837 un­ter C und D>). Auch die Ab­leh­nung ei­nes An­trags der Frak­ti­on des Zen­trums, den Haf­tungs­um­fang auf ent­gan­ge­nen Ge­winn zu er­stre­cken (LT­Drucks 3/273 S. 3 zu § 48), und die Ab­leh­nung ei­ner Haf­tung für im­ma­te­ri­el­le Schä­den wur­den auf die rich­ter­recht­lich kon­kre­ti­sier­ten An­for­de­run­gen aus Art. 14 GG zu­rück­ge­führt (LT-Pro­to­kol­le a.a.O. S. 827 f. und 837 un­ter C und D). Die Sys­te­ma­tik des § 39 Abs. 1 OBG NW voll­zieht eben­falls den Erst-recht-Schluss von der Staats­haf­tung für recht­mä­ßi­ge ent­eig­nen­de Ein­grif­fe auf die Haf­tung für ent­eig­nungs­glei­che Ein­grif­fe nach (Drews/Wa­cke/Vo­gel/Mar­tens, Ge­fah­ren­ab­wehr, 9. Aufl. 1986, S. 664 f.). Al­ler­dings hat der Bun­des­ge­richts­hof erst nach Er­lass des § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW ent­schie­den, dass die Haf­tung aus ent­eig­nungs­glei­chem Ein­griff sich nicht auf le­gis­la­ti­ves Un­recht ein­schlie­ß­lich der Be­ru­hens­fäl­le er­streckt (vgl. BGH, Ur­tei­le vom 12. März 1987 - III ZR 216/85 - BGHZ 100, 136 <145 ff.> und vom 27. Ja­nu­ar 1994 - III ZR 42/92 - BGHZ 125, 27 <38>). Dies än­dert aber nichts dar­an, dass die Haf­tungs­be­gren­zung im Rechts­in­sti­tut des ent­eig­nungs­glei­chen Ein­griffs be­reits an­ge­legt war. Nach der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung ist auch nicht evi­dent, dass ein Be­ru­hens­fall - wie die Klä­ge­rin meint - nur bei ge­bun­de­nen Ent­schei­dun­gen vor­lie­gen könn­te. Bis­lang gibt es da­zu nur ver­ein­zelt zi­vil­ge­richt­li­che Recht­spre­chung (OLG Köln, Ur­teil vom 3. Mai 2012 - 7 U 194/11 - ju­ris Rn. 30 f.); ei­ne höchst­rich­ter­li­che Klä­rung steht noch aus.

21 Ein Er­satz­an­spruch nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW ist auch nicht schon of­fen­sicht­lich zu ver­nei­nen, weil die et­wai­ge Rechts­ver­let­zung nicht kau­sal für den gel­tend ge­mach­ten Scha­den wä­re. Die lan­des­recht­li­che Re­ge­lung ver­hält sich nicht zu den An­for­de­run­gen, die an die Scha­dens­ver­ur­sa­chung zu stel­len sind. Auch in­so­weit fehlt ei­ne ge­fes­tig­te zi­vil­ge­richt­li­che Kon­kre­ti­sie­rung. Zwar mag na­he­lie­gen, die für re­vi­si­ble Haf­tungs­nor­men ent­wi­ckel­ten An­for­de­run­gen an die Kau­sa­li­tät bei Er­mes­sens­ak­ten auch auf die lan­des­recht­li­che Haf­tungs­re­ge­lung des Po­li­zei- und Ord­nungs­rechts zu über­tra­gen und die Ur­säch­lich­keit zu ver­nei­nen, wenn nicht aus­ge­schlos­sen wer­den kann, dass auch bei feh­ler­frei­er Rechts­an­wen­dung die­sel­be zum Scha­den füh­ren­de Ent­schei­dung ge­trof­fen wor­den wä­re (BGH, Be­schlüs­se vom 21. Ja­nu­ar 1982 - III ZR 37/81 - VersR 1982, 275 und vom 30. Mai 1985 - III ZR 198/84 - VersR 1985, 887 f.; Vin­ke, in: So­er­gel, Bür­ger­li­ches Ge­setz­buch, Bd. 12, 13. Aufl. 2005, § 839 Rn. 176, zur Un­ter­schei­dung von der Fi­gur recht­mä­ßi­gen Al­ter­na­tiv­ver­hal­tens vgl. ebd. Rn. 178). Of­fen­sicht­lich ist ei­ne sol­che Par­al­le­li­tät aber nicht. Ins­be­son­de­re steht es dem Lan­des­ge­setz­ge­ber frei, die Haf­tung gro­ß­zü­gi­ger zu re­geln. Ob dies hier ge­sche­hen ist, be­darf ge­ge­be­nen­falls ei­ner nä­he­ren Prü­fung im an­hän­gi­gen Staats­haf­tungs­ver­fah­ren.

22 Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten ist ein er­satz­fä­hi­ger Scha­den eben­falls nicht of­fen­sicht­lich zu ver­nei­nen. Auf die Fra­ge, ob ei­gen­tums­fä­hi­ge Po­si­tio­nen be­trof­fen sind, kommt es nur bei ei­ner ent­spre­chen­den, hier ge­ra­de nicht of­fen­sicht­li­chen Be­schrän­kung der Haf­tung an. Ob Ver­mö­gens­ein­bu­ßen we­gen recht­li­cher Miss­bil­li­gung der un­ter­sag­ten Tä­tig­keit nicht er­satz­fä­hig sind, lässt sich nur auf der Grund­la­ge ei­ner ins Ein­zel­ne ge­hen­den ver­fas­sungs- und uni­ons­recht­li­chen Prü­fung der die Tä­tig­keit be­schrän­ken­den oder miss­bil­li­gen­den Vor­schrif­ten be­ant­wor­ten, so dass auch in­so­weit kei­ne Of­fen­sicht­lich­keit vor­liegt.

23 Man­gels ent­spre­chen­den sub­stan­ti­ier­ten Vor­brin­gens der Be­tei­lig­ten gibt es schlie­ß­lich kei­ne zu­rei­chen­den An­halts­punk­te da­für, dass die Be­klag­te sei­ner­zeit durch ei­ne kom­mu­nal­auf­sicht­li­che Wei­sung oder ei­nen mi­nis­te­ri­el­len Er­lass zum Er­lass der hier an­ge­grif­fe­nen Ver­fü­gung ver­pflich­tet ge­we­sen und ih­re Pas­siv­le­gi­ti­ma­ti­on im Staats­haf­tungs­pro­zess schon des­halb zu ver­nei­nen wä­re.

24 2. Die An­nah­me des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts, die an­ge­grif­fe­ne Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung sei im Zeit­punkt ih­rer Er­le­di­gung so­wie im ge­sam­ten vor­he­ri­gen Zeit­raum seit ih­rem Er­lass rechts­wid­rig ge­we­sen, hält der re­vi­si­ons­recht­li­chen Prü­fung stand.

25 Für die ma­te­ri­ell-recht­li­che Be­ur­tei­lung ist die Rechts­la­ge in der Zeit vom Er­lass der an­ge­grif­fe­nen Ver­fü­gung bis zu ih­rer end­gül­ti­gen Er­le­di­gung am 27. Au­gust 2010 ma­ß­geb­lich. Als Ver­wal­tungs­akt mit Dau­er­wir­kung ist die glücks­spiel­recht­li­che Un­ter­sa­gung wäh­rend ih­res Wir­kungs­zeit­raums an der je­weils ak­tu­el­len Rechts­la­ge zu mes­sen. Da die vom Ober­ver­wal­tungs­ge­richt her­an­ge­zo­ge­nen Er­mäch­ti­gungs­grund­la­gen des § 14 OBG NW und des zum 1. Ja­nu­ar 2008 in Kraft ge­tre­te­nen § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV (a.F.) nicht zum re­vi­si­blen Recht ge­hö­ren (§ 137 Abs. 1 Vw­GO), hat das Re­vi­si­ons­ge­richt von der be­ru­fungs­ge­richt­li­chen Aus­le­gung und An­wen­dung bei­der Vor­schrif­ten aus­zu­ge­hen und nach § 173 Vw­GO i.V.m. § 560 ZPO nur zu prü­fen, ob die­se re­vi­si­bles Recht ver­letzt.

26 Die Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen ei­ner Un­ter­sa­gung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV hat das Be­ru­fungs­ge­richt für den Zeit­raum seit In­kraft­tre­ten des Glücks­spiel­staats­ver­tra­ges zum 1. Ja­nu­ar 2008 re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei be­jaht. We­der die Klä­ge­rin noch das Wett­un­ter­neh­men, an das sie Sport­wet­ten ver­mit­tel­te, ver­füg­ten über die je­weils nach § 4 Abs. 1 GlüStV er­for­der­li­che Er­laub­nis. Man­gels eu­ro­pa­recht­li­cher Har­mo­ni­sie­rung muss­te die Be­klag­te die dem Wett­un­ter­neh­men im EU-Aus­land er­teil­te Kon­zes­si­on nicht als sol­che Er­laub­nis an­er­ken­nen (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Mar­kus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 112). Das da­mit er­öff­ne­te Un­ter­sa­gungs­er­mes­sen hat die Be­klag­te je­doch ge­mäß § 40 VwVfG NW feh­ler­haft aus­ge­übt (a). Ei­ne Er­mes­sens­aus­übung war nicht et­wa ent­behr­lich, weil der Er­mes­sens­spiel­raum der Be­klag­ten auf Null re­du­ziert und die­se zu ei­ner Un­ter­sa­gung ver­pflich­tet ge­we­sen wä­re (b). Die Be­klag­te hat die De­fi­zi­te ih­rer Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen auch nicht nach­träg­lich ge­heilt (c). Für die Zeit vor dem In­kraft­tre­ten des Glücks­spiel­staats­ver­tra­ges gilt nichts an­de­res. In­so­weit kann of­fen­blei­ben, ob die Tä­tig­keit der Klä­ge­rin die öf­fent­li­che Si­cher­heit ge­mäß § 14 OBG NW ge­fähr­de­te, weil sie den ob­jek­ti­ven Tat­be­stand des § 284 Abs. 1 i.V.m. § 27 StGB er­füll­te. Je­den­falls war die Er­mes­sens­ent­schei­dung für den Er­lass der Un­ter­sa­gung nach § 14 OBG NW eben­so feh­ler­haft wie de­ren Auf­recht­erhal­ten un­ter der Gel­tung des Glücks­spiel­staats­ver­tra­ges (d).

27 a) Die Be­klag­te hat ih­re Er­mes­sens­ent­schei­dung im an­ge­grif­fe­nen Be­scheid ma­ß­geb­lich da­mit be­grün­det, dass ei­ne Er­laub­nis we­gen des staat­li­chen Sport­wet­ten­mo­no­pols (vgl. § 5 Abs. 2 und 4 LoStV, § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV) we­der der Klä­ge­rin noch dem pri­va­ten Wett­un­ter­neh­men, an das sie Sport­wet­ten ver­mit­tel­te, er­teilt wer­den kön­ne. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat die­se Er­mes­sens­aus­übung zu­tref­fend für rechts­wid­rig ge­hal­ten. Die Be­klag­te hät­te die Mo­no­pol­re­ge­lung nicht an­wen­den dür­fen, weil die­se die uni­ons­recht­li­che Nie­der­las­sungs- und Dienst­leis­tungs­frei­heit un­ver­hält­nis­mä­ßig be­schränk­te. Wie das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt aus­führt, er­gab sich schon aus den sys­te­ma­ti­schen Ver­stö­ßen der Mo­no­pol­trä­ger ge­gen die Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung, dass das staat­li­che Sport­wet­ten­mo­no­pol nicht den uni­ons­recht­li­chen Ko­hä­renz­an­for­de­run­gen ge­nüg­te.

28 aa) Der per­sön­li­che An­wen­dungs­be­reich der Nie­der­las­sungs- wie der Dienst­leis­tungs­frei­heit ist er­öff­net, da die Klä­ge­rin nach deut­schem Recht ge­grün­det wur­de und ih­ren Sitz im In­land hat. Ob der sach­li­che An­wen­dungs­be­reich der Nie­der­las­sungs­frei­heit nach Art. 49 Abs. 1 des Ver­tra­ges über die Ar­beits­wei­se der Eu­ro­päi­schen Uni­on (AEUV, ABl C 115, 47) ein­schlä­gig ist oder - so­fern das Wett­bü­ro der Klä­ge­rin nicht als in­län­di­sche Prä­senz des Wett­un­ter­neh­mers an­zu­se­hen war - sub­si­di­är die Dienst­leis­tungs­frei­heit nach Art. 56 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 und 3 AEUV ein­greift, kann of­fen­blei­ben. Die Mo­no­pol­re­ge­lung be­schränkt bei­de Frei­hei­ten. In ih­rem räum­li­chen, in­län­di­schen Gel­tungs­be­reich schlie­ßt sie das Ver­an­stal­ten von Wet­ten durch an­de­re als den Mo­no­pol­trä­ger aus. Dar­über hin­aus lässt sie ei­ne Wett­ver­mitt­lung an an­de­re Wett­un­ter­neh­men als den Mo­no­pol­an­bie­ter nicht zu. Die uni­ons­recht­li­chen An­for­de­run­gen an die Recht­fer­ti­gung der Be­schrän­kung sind eben­falls für bei­de Grund­frei­hei­ten de­ckungs­gleich. Die Be­schrän­kung muss das Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot be­ach­ten so­wie nach Art. 51 f. i.V.m. Art. 62 AEUV oder aus zwin­gen­den Grün­den des All­ge­mein­in­ter­es­ses ge­recht­fer­tigt und ge­eig­net sein, die Ver­wirk­li­chung des mit ihr ver­folg­ten, uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Ziels zu ge­währ­leis­ten. Au­ßer­dem darf sie nicht über das hin­aus­ge­hen, was zur Er­rei­chung die­ses Ziels er­for­der­lich ist (Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 - BVer­wG 8 C 14.09 - BVer­w­GE 138, 201 Rn. 62).

29 Für die Recht­fer­ti­gung glücks­spiel­recht­li­cher Mo­no­pol­re­ge­lun­gen stellt der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on in stän­di­ger Recht­spre­chung auf die zwin­gen­den Grün­de des All­ge­mein­in­ter­es­ses ab, zu de­nen die Zie­le des Ver­brau­cher­schut­zes, der Be­trugs­vor­beu­gung, der Ver­mei­dung von An­rei­zen für die Bür­ger zu über­höh­ten Aus­ga­ben für das Spie­len und der Ver­hü­tung von Stö­run­gen der so­zia­len Ord­nung im All­ge­mei­nen ge­hö­ren (Eu­GH, Ur­tei­le vom 6. No­vem­ber 2003 - Rs. C-243/01, Gam­bel­li u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 60, 64, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Pla­ca­ni­ca u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 45, vom 8. Sep­tem­ber 2009 - Rs. C-42/07, Li­ga Por­tu­gue­sa de Fu­te­bol Pro­fis­sio­nal - NJW 2009, 3221 Rn. 56 und vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-46/08, Car­men Me­dia - Slg. 2010, I-8149 Rn. 45). Dies schlie­ßt die in § 1 GlüStV ge­nann­ten Zie­le der Sucht­be­kämp­fung und des Ju­gend- und Spiel­er­schut­zes ein (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 79).

30 Man­gels uni­ons­recht­li­cher Har­mo­ni­sie­rung des Glücks­spiel­be­reichs steht den Mit­glied­staa­ten bei der Fest­le­gung der um­zu­set­zen­den Zie­le ein wei­ter Ge­stal­tungs­spiel­raum („aus­rei­chen­des Er­mes­sen“) zu. Sie dür­fen ih­re Glücks­spiel­po­li­tik ih­rer ei­ge­nen Wert­ord­nung ent­spre­chend aus­rich­ten und das an­ge­streb­te Schutz­ni­veau selbst be­stim­men. Die Not­wen­dig­keit und die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der er­las­se­nen Maß­nah­men sind al­lein im Hin­blick auf die ver­folg­ten Zie­le und das an­ge­streb­te Schutz­ni­veau zu be­ur­tei­len. Da­bei ist je­de be­schrän­ken­de Re­ge­lung ge­son­dert zu prü­fen (Eu­GH, Ur­tei­le vom 6. März 2007 a.a.O. Rn. 49 und vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 46 m.w.N). Ei­ne Mo­no­pol­re­ge­lung, die auf die Be­kämp­fung der Spiel­sucht und den Spiel­er­schutz als zwin­gen­de Grün­de des All­ge­mein­in­ter­es­ses ge­stützt wird, ist nur ver­hält­nis­mä­ßig, wenn sie eben­so wie ih­re An­wen­dung in der Pra­xis ge­eig­net ist, die Ver­wirk­li­chung die­ser Zie­le in dem Sin­ne zu ge­währ­leis­ten, dass sie ko­hä­rent und sys­te­ma­tisch zur Be­gren­zung der Wett­tä­tig­kei­ten bei­trägt (vgl. Eu­GH, Ur­tei­le vom 6. No­vem­ber 2003 a.a.O. Rn. 67, vom 3. Ju­ni 2010 - Rs. C-258/08, Lad­bro­kes u.a. - Slg. 2010, I-4757 Rn. 21 so­wie vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 64 und - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 98; BVer­wG, Ur­tei­le vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 77 und vom 1. Ju­ni 2011 - BVer­wG 8 C 2.10 - Buch­holz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 45).

31 Das Ko­hä­renz­ge­bot prä­zi­siert die Vor­aus­set­zun­gen der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der be­schrän­ken­den Re­ge­lung in zwei­fa­cher Hin­sicht. Zum ei­nen ver­langt es, dass der Mit­glied­staat die uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Zie­le im An­wen­dungs­be­reich der Mo­no­pol­re­ge­lung tat­säch­lich ver­folgt. Er darf nicht schein­hei­lig le­gi­ti­me Zie­le vor­ge­ben, in Wahr­heit aber an­de­re - na­ment­lich fis­ka­li­sche - Zie­le an­stre­ben, die die Be­schrän­kung nicht le­gi­ti­mie­ren kön­nen (Eu­GH, Ur­tei­le vom 21. Ok­to­ber 1999 - Rs. C-67/98, Zen­at­ti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 35 ff., vom 6. No­vem­ber 2003 a.a.O. Rn. 67 ff. und vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 88 ff. so­wie - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 55, 64 ff.; BVer­wG, Ur­teil vom 1. Ju­ni 2011 a.a.O. Rn. 45). Die­se An­for­de­rung be­zieht sich al­lein auf den Mo­no­pol­sek­tor und ge­bie­tet, die nor­ma­ti­ve Aus­ge­stal­tung und die prak­ti­sche Hand­ha­bung des Mo­no­pols kon­se­quent an den uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Zie­len aus­zu­rich­ten (vgl. Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 83 und 98 f.). Sie lässt sich des­halb als Er­for­der­nis der Bin­nen­ko­hä­renz um­schrei­ben und trifft sich mit dem ver­fas­sungs­recht­li­chen Er­for­der­nis ei­ner nor­ma­ti­ven Aus­ge­stal­tung und Pra­xis, die kon­se­quent an den über­ra­gend wich­ti­gen Ge­mein­wohl­zie­len des Mo­no­pols aus­ge­rich­tet ist (da­zu vgl. BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerf­GE 115, 276 <309 ff.>; BVer­wG, Ur­teil vom 24. No­vem­ber a.a.O. Rn. 32).

32 Die zwei­te aus dem Ko­hä­renz­ge­bot ab­ge­lei­te­te An­for­de­rung greift da­ge­gen über den Mo­no­pol­sek­tor hin­aus und trägt dem Um­stand Rech­nung, dass die Ge­eig­net­heit der Mo­no­pol­re­ge­lung zur Ver­wirk­li­chung ei­nes mit ihr (tat­säch­lich) ver­folg­ten, uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Ziels durch ei­ne ge­gen­läu­fi­ge Glücks­spiel­po­li­tik in an­de­ren Glücks­spiel­be­rei­chen be­ein­träch­tigt wer­den kann. Die Mo­no­pol­re­ge­lung darf des­halb nicht durch die mit­glied­staat­li­che Po­li­tik in an­de­ren Glücks­spiel­be­rei­chen kon­ter­ka­riert wer­den. Da­mit ver­langt das Ko­hä­renz­ge­bot we­der ei­ne Uni­for­mi­tät der Re­ge­lun­gen noch ei­ne Op­ti­mie­rung der Ziel­ver­wirk­li­chung (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 95 f. und - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 62 f.; BVer­wG, Ur­teil vom 1. Ju­ni 2011 a.a.O. Rn. 45 m.w.N.). Das ge­winnt Be­deu­tung na­ment­lich in Mit­glied­staa­ten wie Deutsch­land, zu de­ren Ver­fas­sungs­grund­sät­zen ei­ne bun­des­staat­li­che Glie­de­rung in Bund und meh­re­re Län­der mit je ei­ge­ner Ge­setz­ge­bungs­au­to­no­mie ge­hört (vgl. Art. 28 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG). Doch führt es zur In­ko­hä­renz der Mo­no­pol­re­ge­lung, wenn die zu­stän­di­gen Be­hör­den in ei­nem an­de­ren Glücks­spiel­be­reich ei­ne den Mo­no­pol­zie­len zu­wi­der­lau­fen­de Po­li­tik be­trei­ben oder dul­den und dies zur Fol­ge hat, dass das der Er­rich­tung des Mo­no­pols zu­grun­de lie­gen­de Ziel mit ihm nicht mehr wirk­sam ver­folgt wer­den kann (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 106 und - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 68 f.). Da­von ist bei ei­nem zur Spiel­sucht­be­kämp­fung ge­schaf­fe­nen Mo­no­pol aus­zu­ge­hen, wenn in an­de­ren Glücks­spiel­sek­to­ren mit gleich ho­hem oder hö­he­rem Sucht­po­ten­zi­al - auch wenn für sie an­de­re Ho­heits­trä­ger des­sel­ben Mit­glied­staa­tes zu­stän­dig sind (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 69 f.) - Um­stän­de durch ent­spre­chen­de Vor­schrif­ten her­bei­ge­führt oder, wenn sie vor­schrifts­wid­rig be­stehen, struk­tu­rell ge­dul­det wer­den, die - sek­to­ren­über­grei­fend - zur Fol­ge ha­ben, dass die in Re­de ste­hen­de Re­ge­lung zur Ver­wirk­li­chung der mit ihr ver­folg­ten Zie­le tat­säch­lich nicht bei­tra­gen kann, so dass ih­re Eig­nung zur Ziel­er­rei­chung auf­ge­ho­ben wird (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 je­weils a.a.O.; BVer­wG, Ur­tei­le vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 82, vom 1. Ju­ni 2011 a.a.O. Rn. 45 und vom 11. Ju­li 2011 - BVer­wG 8 C 11.10 - ju­ris Rn. 43).

33 bb) Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat die ers­te, die Bin­nen­ko­hä­renz be­tref­fen­de An­for­de­rung des Ko­hä­renz­ge­bots in Be­zug auf die Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung für das Mo­no­pol­an­ge­bot zu­tref­fend kon­kre­ti­siert und ist re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei da­von aus­ge­gan­gen, dass die Mo­no­pol­re­ge­lung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV (a.F.) we­gen sys­te­ma­ti­scher Miss­ach­tung die­ser Gren­zen durch die Mo­no­pol­trä­ger dem Ko­hä­renz­ge­bot nicht ge­nügt.

34 (1) Dem uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Ziel der Sucht­be­kämp­fung und des Ju­gend- und Spiel­er­schut­zes ent­spricht nur ei­ne Wer­bung, die ma­ß­voll und strikt auf das be­grenzt bleibt, was er­for­der­lich ist, um die Ver­brau­cher zum le­ga­len Glücks­spiel­an­ge­bot hin­zu­len­ken (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 103). Dies kann das An­ge­bot ei­ner brei­ten Pa­let­te von Spie­len, ei­nen ge­wis­sen Wer­be­um­fang und den Ein­satz neu­er Ver­triebs­tech­ni­ken im­pli­zie­ren (vgl. Eu­GH, Ur­teil vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Pla­ca­ni­ca u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 55). Ei­ne sol­che Wer­bung darf aber nicht dar­auf ab­zie­len, den na­tür­li­chen Spiel­trieb der Ver­brau­cher da­durch zu för­dern, dass sie zu ak­ti­ver Teil­nah­me am Spiel an­ge­regt wer­den, et­wa in­dem das Spiel ver­harm­lost oder ihm ein po­si­ti­ves Image ver­lie­hen wird, das dar­an an­knüpft, dass die Ein­nah­men für Ak­ti­vi­tä­ten im All­ge­mein­in­ter­es­se ver­wen­det wer­den. Un­zu­läs­sig ist es auch, die An­zie­hungs­kraft des Spiels durch zug­kräf­ti­ge Wer­be­bot­schaf­ten zu er­hö­hen, die be­deu­ten­de Ge­win­ne ver­füh­re­risch in Aus­sicht stel­len. Die Fi­nan­zie­rung un­ei­gen­nüt­zi­ger oder im All­ge­mein­in­ter­es­se lie­gen­der Ak­ti­vi­tä­ten darf nur ei­ne er­freu­li­che Ne­ben­fol­ge, aber nicht der ei­gent­li­che Grund der be­trie­be­nen re­strik­ti­ven Po­li­tik sein (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 104). So­weit die Be­hör­den ei­nes Mit­glied­staa­tes den Ver­brau­chern An­rei­ze ge­ben und sie da­zu er­mun­tern, an Lot­te­ri­en, Glücks­spie­len oder Wet­ten teil­zu­neh­men, da­mit der Staats­kas­se dar­aus Ein­nah­men zu­flie­ßen, kön­nen sie sich zur Recht­fer­ti­gung be­schrän­ken­der Maß­nah­men nicht auf die öf­fent­li­che So­zi­al­ord­nung und die aus ihr fol­gen­de Not­wen­dig­keit be­ru­fen, die Ge­le­gen­hei­ten zum Spiel zu ver­rin­gern (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-46/08, Car­men Me­dia - Slg. 2010, I-8149 Rn. 66).

35 Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on liegt in der Über­nah­me und An­wen­dung die­ser Grund­sät­ze durch das Be­ru­fungs­ur­teil kei­ne un­zu­läs­si­ge Ver­en­gung des Wer­be­be­griffs, wie er sich aus § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV oder an­de­ren mit­glied­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten er­gibt. Die dar­ge­leg­ten Grund­sät­ze schrän­ken nicht den Be­griff der Wer­bung ein, son­dern nur den Rah­men, in dem Wer­bung für das Mo­no­pol­an­ge­bot uni­ons­recht­lich zu­läs­sig ist. Der Rah­men wird auch nicht so eng ge­zo­gen, dass die noch zu­läs­si­gen Maß­nah­men nicht mehr als Wer­bung im Wort­sin­ne zu be­zeich­nen wä­ren. Der Be­griff wird durch je­den an das Pu­bli­kum ge­rich­te­ten Hin­weis ei­nes An­bie­ters auf ein ei­ge­nes ent­gelt­li­ches An­ge­bot er­füllt (Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 - BVer­wG 8 C 14.09 - BVer­w­GE 138, 201 Rn. 50). We­gen des An­wen­dungs­vor­rangs des Uni­ons­rechts las­sen sich ge­gen des­sen Wer­be­be­schrän­kun­gen auch kei­ne gro­ß­zü­gi­ge­ren mit­glied­staat­li­chen Vor­schrif­ten an­füh­ren. Viel­mehr ist § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüStV, so­weit er aus­drück­lich den ge­ziel­ten An­reiz zum Wet­ten ver­bie­tet, im Hin­blick auf Art. 49 Abs. 1, Art. 56 Abs. 1 AEUV uni­ons­rechts­kon­form aus­zu­le­gen. Ver­fas­sungs­recht­li­che Be­den­ken sind da­ge­gen - auch un­ab­hän­gig von der Reich­wei­te des An­wen­dungs­vor­rangs des Uni­ons­rechts - nicht gel­tend zu ma­chen. Viel­mehr stim­men die ver­fas­sungs­recht­li­chen Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung, die sich aus Art. 12 GG i.V.m. dem Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­ge­bot er­ge­ben und de­nen durch ver­fas­sungs­kon­for­me Aus­le­gung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV Rech­nung zu tra­gen ist, mit den uni­ons­recht­li­chen An­for­de­run­gen im We­sent­li­chen über­ein. Ver­fas­sungs­recht­lich hat die Wer­bung für das Mo­no­pol­an­ge­bot sich kon­se­quent am Ziel der Be­gren­zung der Spiel­sucht aus­zu­rich­ten und auf ei­ne sach­li­che In­for­ma­ti­on und Auf­klä­rung über die Mög­lich­keit zum le­ga­len Wet­ten zu be­schrän­ken. Sie darf nicht zum Wet­ten auf­for­dern, an­rei­zen oder er­mun­tern (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318; BVer­wG, Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 34, 46 ff.). Ent­schei­dend da­für ist nicht die In­ten­ti­on, son­dern der nach dem Ho­ri­zont des durch­schnitt­li­chen Emp­fän­gers zu be­stim­men­de Aus­sa­ge­ge­halt (Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 48 f.). Ins­be­son­de­re darf die Teil­nah­me an Wet­ten nicht als so­zi­al­ad­äqua­te oder gar po­si­tiv be­wer­te­te Un­ter­hal­tung dar­ge­stellt wer­den. Das schlie­ßt auch ei­ne Wer­bung mit dem Hin­weis auf die ge­mein­nüt­zi­ge Ver­wen­dung der Ein­nah­men aus (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 316 ff.; BVer­wG, Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 52).

36 Die Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung müs­sen auch nicht we­gen des uni­ons- wie ver­fas­sungs­recht­lich le­gi­ti­men Ziels der Ka­na­li­sie­rung der Wett­lei­den­schaft „dy­na­mi­siert“ wer­den, um ei­ne von der Be­klag­ten ge­for­der­te „Waf­fen­gleich­heit“ mit sol­chen pri­va­ten An­bie­tern her­zu­stel­len, die ge­rin­ge­ren Be­schrän­kun­gen un­ter­wor­fen sind als die Mo­no­pol­trä­ger oder sich gel­ten­den Be­schrän­kun­gen ent­zie­hen. Eben­so we­nig ist es uni­ons­recht­lich ge­bo­ten oder auch nur zu­läs­sig, ei­ne Wer­bung zu ge­stat­ten, die nicht nur die be­reits zur Teil­nah­me am Glücks­spiel Ent­schlos­se­nen zum le­ga­len An­ge­bot hin­lenkt, son­dern auch die noch Un­ent­schlos­se­nen zur Teil­nah­me mo­ti­viert. Der da­zu an­ge­reg­ten Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen an den Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on be­darf es nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht. Die­se Fra­gen sind in sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung be­reits ein­deu­tig ge­klärt, so dass für ver­nünf­ti­ge Zwei­fel kein Raum mehr bleibt. Ent­ge­gen der An­nah­me der Be­klag­ten hält die Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs sich auch in­ner­halb der ihm zu­ge­wie­se­nen Kom­pe­tenz (Art. 276 AEUV). Sie ent­schei­det nicht über das Si­cher­heits- und Ord­nungs­recht, son­dern le­dig­lich über die Reich­wei­te der Grund­frei­hei­ten, die die mit­glied­staat­li­chen Ge­rich­te bei ih­rer Prü­fung si­cher­heits- und ord­nungs­recht­li­cher Maß­nah­men zu be­ach­ten ha­ben.

37 Ei­ne Po­li­tik der kon­trol­lier­ten Ex­pan­si­on mit ei­nem „ge­wis­sen Wer­be­um­fang“ hat der Ge­richts­hof in Be­zug auf das Mo­no­pol­an­ge­bot nur für zu­läs­sig er­klärt, so­weit dies er­for­der­lich ist, um Spie­ler, die ver­bo­te­nen ge­hei­men Spiel- oder Wett­tä­tig­kei­ten nach­ge­hen, zum le­ga­len An­ge­bot hin­zu­len­ken (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Mar­kus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 101 f.). Schon dar­aus er­gibt sich un­zwei­fel­haft, dass die Wer­bung nur die be­reits zur Teil­nah­me am Glücks­spiel Ent­schlos­se­nen zum le­ga­len An­ge­bot hin­len­ken, aber nicht die noch Un­ent­schlos­se­nen zur Teil­nah­me mo­ti­vie­ren darf. Die Ka­na­li­sie­rung der Spiel­lei­den­schaft durch Wer­bung darf sich nur dar­auf rich­ten, die be­reits vor­han­de­ne und bis­lang il­le­gal ge­deck­te Nach­fra­ge um­zu­len­ken und so den Markt­an­teil des le­ga­len An­bie­ters zu­las­ten des Markt­an­teils der il­le­ga­len An­bie­ter zu er­hö­hen. Der Ge­richts­hof un­ter­schei­det des­halb zwi­schen ei­ner - zu­läs­si­gen - re­strik­ti­ven Ge­schäfts­po­li­tik, die nur den vor­han­de­nen Markt für den Mo­no­po­l­in­ha­ber ge­win­nen oder die Kun­den an ihn bin­den soll, und ei­ner - un­zu­läs­si­gen - ex­pan­sio­nis­ti­schen Ge­schäfts­po­li­tik, die auf das Wachs­tum des ge­sam­ten Mark­tes für Spiel­tä­tig­kei­ten ab­zielt (Eu­GH, Ur­teil vom 15. Sep­tem­ber 2011 - Rs. C-347/09, Di­ckin­ger und Ömer - Slg. 2011, I-8185 Rn. 69). Gleich­zei­tig wird klar­ge­stellt, dass das Ziel der Len­kung der vor­han­de­nen Nach­fra­ge es nicht recht­fer­ti­gen kann, die Ver­brau­cher zur Teil­nah­me am Glücks­spiel an­zu­rei­zen oder zu er­mun­tern. Nur vor­be­halt­lich der Er­for­der­nis­se, die sich aus dem Ver­bot sol­cher Maß­nah­men er­gä­ben, kön­ne ei­ne ge­wis­se Wer­bung zur le­gi­ti­men Len­kung bei­tra­gen (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 102 mit Ver­weis auf Rn. 97 ff.). Die ka­na­li­sie­ren­de Wer­bung muss des­halb nicht nur streng auf das zur Len­kung der Ver­brau­cher Er­for­der­li­che be­grenzt blei­ben. Auch ei­ne sol­che, der Len­kung die­nen­de Wer­bung darf nicht zur ak­ti­ven Teil­nah­me am Spiel an­re­gen, son­dern nur über die Exis­tenz der Pro­duk­te in­for­mie­ren. Da­bei muss sie die be­reits im Ein­zel­nen dar­ge­stell­ten Ver­bo­te be­ach­ten (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 103 und vom 15. Sep­tem­ber 2011 a.a.O. Rn. 68). Ei­ne Dy­na­mi­sie­rung der Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung ist da­mit nicht zu ver­ein­ba­ren. „Waf­fen­gleich­heit“ mit pri­va­ten An­bie­tern kön­nen die staat­li­chen Mo­no­pol­trä­ger we­gen ih­rer Bin­dung an die Grund­frei­hei­ten nicht ver­lan­gen. Nichts an­de­res er­gibt sich aus ver­fas­sungs­recht­li­cher Sicht. Die Län­der, die ein Mo­no­pol er­rich­tet und aus­ge­stal­tet ha­ben, sind nicht Grund­rechts­trä­ger, son­dern Grund­rechts­ver­pflich­te­te und un­ter­lie­gen nach Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3 GG ei­ner Rechts­bin­dung, die nicht aus Zweck­mä­ßig­keits­er­wä­gun­gen ge­lo­ckert wer­den kann.

38 Der Ein­wand der Be­klag­ten, un­ter die­sen recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen sei es den Mo­no­pol­trä­gern un­mög­lich, die Glücks­spiel­nach­fra­ge ent­spre­chend ih­rem Auf­trag zu len­ken und zu ka­na­li­sie­ren, recht­fer­tigt kei­ne an­de­re Aus­le­gung. Die Ka­na­li­sie­rung ist kein uni­ons­recht­li­cher Auf­trag, son­dern nur ei­ne Recht­fer­ti­gung für ge­wis­se Wer­be­maß­nah­men in den dar­ge­leg­ten recht­li­chen Gren­zen. Mit­glied­staat­lich-ein­fach­recht­li­che Auf­ga­ben­zu­wei­sun­gen kön­nen die uni­ons­recht­li­che Ein­griffs­recht­fer­ti­gung nicht be­ein­flus­sen.

39 (2) Zu Recht hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt bei der Prü­fung, ob die uni­ons­recht­li­chen Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung im ma­ß­geb­li­chen Zeit­raum be­ach­tet wur­den, nicht al­lein auf die Sport­wet­ten-Wer­bung des nord­rhein-west­fä­li­schen Mo­no­pol­trä­gers ab­ge­stellt, son­dern des­sen Wer­bung für an­de­re Mo­no­pol­an­ge­bo­te wie Lot­te­rie­spie­le in die Be­ur­tei­lung mit ein­be­zo­gen. Da es für die Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­prü­fung auf die tat­säch­li­chen Zie­le der Mo­no­pol­re­ge­lung an­kommt, ist auf ih­ren ge­sam­ten An­wen­dungs­be­reich und da­mit auf al­le mo­no­po­li­sier­ten An­ge­bo­te ab­zu­stel­len. Ei­ne In­ko­hä­renz ist schon an­zu­neh­men, wenn der In­ha­ber des Sport­wet­ten­mo­no­pols in Be­zug auf die eben­falls dem Mo­no­pol un­ter­lie­gen­den Lot­te­rie­spie­le uni­ons­recht­lich un­zu­läs­si­ge, die Wer­be­be­schrän­kun­gen miss­ach­ten­de Wer­be­kam­pa­gnen durch­führt (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Leit­satz 1 d) 1. Spie­gel­strich Rn. 100, 103 f.; BVer­wG, Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 - BVer­wG 8 C 14.09 - BVer­w­GE 138, 201 Rn. 77). Die ein­deu­ti­ge uni­ons­ge­richt­li­che An­knüp­fung an das ge­sam­te Ver­hal­ten des Mo­no­pol­trä­gers lässt in Ver­bin­dung mit den eben­falls un­miss­ver­ständ­li­chen, stren­gen und nicht dy­na­mi­sier­ba­ren Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung auch kei­ne Dif­fe­ren­zie­rung der Wer­be­gren­zen nach dem Grad der Sucht­ge­fähr­lich­keit des je­weils be­wor­be­nen Glücks­spiels zu. Ei­ne Vor­la­ge an den Ge­richts­hof ge­mäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist we­gen der Un­miss­ver­ständ­lich­keit sei­ner Recht­spre­chung in die­ser Fra­ge nicht ge­bo­ten.

40 Re­vi­si­ons­recht­lich ist auch nicht zu be­an­stan­den, dass das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ne­ben der Wer­bung des nord­rhein-west­fä­li­schen Mo­no­pol­trä­gers auch die im Deut­schen Lot­to- und To­to­block ko­or­di­nier­te Wer­bung an­de­rer Mo­no­pol­trä­ger un­ter der ge­mein­sa­men Dach­mar­ke Lot­to be­rück­sich­tigt hat. Der nord­rhein-west­fä­li­sche Mo­no­pol­trä­ger muss sich die­se Wer­be­maß­nah­men al­ler­dings nicht schon zu­rech­nen las­sen, weil uni­ons­recht­lich der Mit­glied­staat ver­pflich­tet ist, die Grund­frei­hei­ten zu wah­ren, und in­ner­staat­li­che Kom­pe­tenz­re­ge­lun­gen kei­ne Ver­let­zung die­ser Pflicht recht­fer­ti­gen kön­nen. Die Zu­rech­nung wie ei­ne ei­ge­ne Wer­be­maß­nah­me ist viel­mehr ge­recht­fer­tigt, weil die im Be­ru­fungs­ur­teil ge­wür­dig­te Wer­bung der Mo­no­pol­trä­ger an­de­rer Bun­des­län­der nach den Fest­stel­lun­gen der Vor­in­stanz Aus­druck ei­ner lan­des­gren­zen­über­grei­fend ab­ge­stimm­ten und um­ge­setz­ten Ver­triebs­stra­te­gie al­ler Mo­no­pol­trä­ger ist. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ist in tat­säch­li­cher Hin­sicht da­von aus­ge­gan­gen, dass die im Deut­schen Lot­to- und To­to­block zu­sam­men­ge­schlos­se­nen Mo­no­pol­trä­ger ih­re An­ge­bo­te im Rah­men ei­ner ge­mein­sa­men, lan­des­gren­zen­über­grei­fen­den Dach­mar­ken­stra­te­gie ver­trei­ben. Da­mit hat es ein von al­len Mo­no­pol­trä­gern mit­ge­tra­ge­nes, ko­or­di­nier­tes und plan­mä­ßi­ges Vor­ge­hen für den Ver­trieb der An­ge­bo­te an­ge­nom­men, das ver­triebs­för­dern­de Wir­kun­gen der Wer­bung für ein Dach­mar­ken­pro­dukt auch der Ver­mark­tung an­de­rer Pro­duk­te un­ter der­sel­ben Dach­mar­ke zu­gu­te kom­men lässt. Mit dem Er­lass ge­mein­sa­mer Wer­be­richt­li­ni­en setz­te die län­der­gren­zen­über­grei­fen­de Ko­or­di­na­ti­on sich so­gar im Be­reich der Auf­sicht fort.

41 An die be­ru­fungs­ge­richt­li­chen Fest­stel­lun­gen ist der Se­nat nach § 137 Abs. 2 Vw­GO ge­bun­den, weil in­so­weit kei­ne wirk­sa­men Ver­fah­rens­rü­gen er­ho­ben wur­den. Die ge­rüg­ten Män­gel be­tref­fen die Be­weis­wür­di­gung ein­zel­ner Wer­be­maß­nah­men, je­doch nicht die Fest­stel­lun­gen zur Dach­mar­ken­stra­te­gie selbst. Die Be­klag­te hat auch nicht gel­tend ge­macht, die im Be­ru­fungs­ur­teil ver­wer­te­ten Wer­be­maß­nah­men an­de­rer Mo­no­pol­trä­ger sei­en nicht der ge­mein­sa­men Dach­mar­ken­stra­te­gie zu­zu­ord­nen ge­we­sen.

42 Ihr recht­li­cher Ein­wand, die Ein­be­zie­hung der im Deut­schen Lot­to- und To­to­block ko­or­di­nier­ten Wer­bung ver­let­ze das Bun­des­staats­prin­zip (Art. 20 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG), trifft nicht zu. Die vom Be­ru­fungs­ge­richt vor­ge­nom­me­ne fak­ti­sche Zu­rech­nung von Wer­be­maß­nah­men im Rah­men der von den Mo­no­pol­an­bie­tern ab­ge­stimm­ten Dach­mar­ken­wer­bung ist ver­fas­sungs­recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Auch das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat für die ver­fas­sungs­recht­li­che Be­ur­tei­lung des baye­ri­schen Sport­wet­ten­mo­no­pols un­ter dem Lot­te­rie­staats­ver­trag un­ter an­de­rem auf die sei­ner­zeit bun­des­weit im Deut­schen Lot­to- und To­to­block ko­or­di­nier­te Wer­bung ab­ge­stellt (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerf­GE 115, 276 <309 ff., 314>). Dies steht nicht im Wi­der­spruch zur bun­des­staat­li­chen Kom­pe­tenz­ver­tei­lung und der Ei­gen­staat­lich­keit der Län­der, son­dern zieht nur recht­li­che Kon­se­quen­zen aus ei­ner be­stimm­ten Art und Wei­se des ge­mein­sam ab­ge­stimm­ten und ver­ant­wor­te­ten, ko­or­di­nier­ten Ge­brauchs der je­wei­li­gen Kom­pe­tenz.

43 (3) Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ist zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass die von ihm an­ge­führ­te Image­wer­bung für das West-Lot­to, die Prä­sen­ta­ti­on der Glücks­spi­ra­le vor der Haupt­aus­ga­be der Ta­ges­schau und die Jack­pot-Wer­bung die uni­ons­recht­li­chen Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung miss­ach­ten.

44 Den von West-Lot­to ver­wen­de­ten Wer­be­slo­gan „Glück ist, wenn man sei­nen Mit­men­schen hel­fen kann“ hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei da­hin in­ter­pre­tiert, dass er die Teil­nah­me am Lot­to zum so­zia­len Han­deln in Form der Hil­fe­leis­tung auf­wer­tet. Da­mit wi­der­spricht der Slo­gan dem an den Mo­no­pol­trä­ger ge­rich­te­ten Ver­bot, der Teil­nah­me am Glücks­spiel ein po­si­ti­ves Image zu ver­lei­hen (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Mar­kus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 103 f.). Das un­zu­läs­si­ge mo­ra­li­sche Auf­wer­ten der Teil­nah­me am Glücks­spiel kann auch durch sucht­prä­ven­ti­ve Hin­wei­se nicht kom­pen­siert wer­den (Ur­tei­le vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 51 f. und vom 11. Ju­li 2011 - BVer­wG 8 C 11.10 - ju­ris Rn. 32; zur par­al­le­len ver­fas­sungs­recht­li­chen Wer­tung vgl. BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 14. Ok­to­ber 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 39, 47, 57). Auf­grund des Ver­gleichs mit ähn­li­chen, im an­ge­grif­fe­nen Ur­teil als „Lot­to-Hilft“-Kam­pa­gnen be­zeich­ne­ten Wer­be­stra­te­gi­en hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt die nord­rhein-west­fä­li­sche Wer­bung als Teil ei­ner sys­te­ma­ti­schen Miss­ach­tung des Ver­bots so­zia­ler Auf­wer­tung des Glücks­spiels im Rah­men der Dach­mar­ken­stra­te­gie ein­ge­ord­net.

45 Wirk­sa­me Ver­fah­rens­rü­gen wur­den da­ge­gen nicht er­ho­ben. Die Rü­ge der Be­klag­ten, das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ha­be den Über­zeu­gungs­grund­satz und die ge­richt­li­che Auf­klä­rungs­pflicht durch plan­lo­se, stich­pro­ben­ar­ti­ge Er­mitt­lung der in Be­tracht kom­men­den Wer­be­bei­spie­le ver­letzt, greift nicht durch. Nach § 86 Abs. 1 Vw­GO war das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu wei­te­ren Auf­klä­rungs­maß­nah­men oh­ne ei­nen Be­weis­an­trag der be­reits in der Vor­in­stanz an­walt­lich ver­tre­te­nen Be­klag­ten nicht ver­pflich­tet. Sol­che Er­mitt­lun­gen muss­ten sich ihm nicht auf­drän­gen, nach­dem die Be­tei­lig­ten ein­ge­hend zur Wer­bung vor­ge­tra­gen hat­ten und sich schon aus den fest­ge­stell­ten Wer­be­maß­nah­men nach der für die Prü­fung von Ver­fah­rens­män­geln zu­grun­de zu le­gen­den ma­te­ri­ell-recht­li­chen Rechts­auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts er­gab, dass ei­ne In­ko­hä­renz des Mo­no­pols we­gen sys­te­ma­ti­scher Wer­be­ver­stö­ße vor­lag. Zu wel­chem Er­geb­nis die ge­for­der­te wei­te­re, um­fas­sen­de­re Er­mitt­lung von Wer­be­maß­nah­men ge­führt hät­te und in­wie­weit sie zu ei­ner an­de­ren Be­ur­tei­lung hät­te füh­ren kön­nen, hat die Be­klag­te nicht dar­ge­legt. Der Über­zeu­gungs­grund­satz ge­mäß § 108 Abs. 1 Vw­GO ist eben­falls nicht ver­letzt. Ins­be­son­de­re hat die Be­klag­te kei­ne se­lek­ti­ve Ver­wer­tung und Wür­di­gung des vor­han­de­nen Pro­zess­stoffs durch das Be­ru­fungs­ge­richt dar­ge­tan.

46 Nicht zu be­an­stan­den ist auch des­sen An­nah­me, die Art und Wei­se der Er­mitt­lung der Lot­to­zah­len vor lau­fen­den Fern­seh­ka­me­ras und die Prä­sen­ta­ti­on der Lot­to-Glücks­spi­ra­le mit der Wer­bung für ei­ne „So­fort­ren­te“ in Hö­he von 7 500 € vor der Haupt­aus­ga­be der Ta­ges­schau sei dem nord­rhein-west­fä­li­schen Mo­no­pol­trä­ger als Teil der ge­mein­sa­men Dach­mar­ken­stra­te­gie zu­zu­rech­nen und ent­fal­te ei­ne un­zu­läs­si­ge An­rei­z­wir­kung. Die Er­mitt­lung der Lot­to­zah­len als Teil des Un­ter­hal­tungs­pro­gramms prä­sen­tiert das Glücks­spiel als so­zi­al ad­äqua­te Be­schäf­ti­gung. Die Plat­zie­rung in der Haupt­sen­de­zeit ge­währ­leis­tet, dass ein mög­lichst brei­tes Pu­bli­kum er­reicht wird. Das­sel­be gilt für die Prä­sen­ta­ti­on der Glücks­spi­ra­le in un­mit­tel­ba­rer zeit­li­cher Ver­knüp­fung mit der Haupt­aus­ga­be der Ta­ges­schau. Sie bringt das Glücks­spiel auch de­nen na­he, die bis­lang nicht dar­an in­ter­es­siert sind. Die Wer­bung für ei­ne „So­fort­ren­te“ in Hö­he von 7 500 € wi­der­spricht dem Ver­bot, die An­zie­hungs­kraft des Glücks­spiels durch ei­ne zug­kräf­ti­ge Wer­be­bot­schaft zu er­hö­hen, die be­deu­ten­de Ge­win­ne in Aus­sicht stellt (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 103; BVer­wG, Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 - BVer­wG 8 C 14.09 - BVer­w­GE 138, 201 Rn. 78). Sie er­füllt die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner zug­kräf­ti­gen Wer­be­bot­schaft, da sie dem durch­schnitt­li­chen Emp­fän­ger der Bot­schaft mit der weit über dem Durch­schnitts­ein­kom­men lie­gen­den „So­fort­ren­te“ ei­ne in ma­te­ri­el­ler Hin­sicht dau­er­haft sor­gen­freie Zu­kunft in Aus­sicht stellt. Der mo­nat­li­che Ren­ten­be­trag ad­diert sich im Lauf der in Aus­sicht ge­stell­ten Ren­ten­zah­lung auf ei­ne Sum­me, die als be­deu­ten­der Ge­winn ein­zu­ord­nen ist.

47 Die Auf­klä­rungs­rü­ge, mit der die Be­klag­te gel­tend macht, das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ha­be die An­rei­z­wir­kung der Wer­be­bot­schaft nicht oh­ne Hin­zu­zie­hen ei­nes Sach­ver­stän­di­gen fest­stel­len kön­nen, greift nicht durch. Ob ei­ne Wer­be­bot­schaft zur Teil­nah­me am Glücks­spiel an­reizt oder er­mun­tert, er­gibt sich aus ih­rem Aus­sa­ge­ge­halt, der wie bei an­de­ren Er­klä­run­gen durch Aus­le­gung zu er­mit­teln ist. Da­bei kommt es dar­auf an, ob die Wer­be­aus­sa­ge von ei­nem noch nicht zur Teil­nah­me ent­schlos­se­nen durch­schnitt­li­chen Emp­fän­ger als An­reiz zur Teil­nah­me zu ver­ste­hen ist oder nur als sach­li­che In­for­ma­ti­on über die le­ga­le Mög­lich­keit, ei­nen et­wa vor­han­de­nen Ent­schluss zur Teil­nah­me um­zu­set­zen (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 103 f.; BVer­wG, Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 48 f.). Die er­for­der­li­che Sach­kun­de, ei­nen an das Pu­bli­kum ge­rich­te­ten Wer­be­spot zu ver­ste­hen, durf­te das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt sich zu­er­ken­nen. In­so­weit ist auch der Über­zeu­gungs­grund­satz ge­mäß § 108 Abs. 1 Vw­GO nicht ver­letzt. Wes­halb das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt im kon­kre­ten Fall sach­ver­stän­di­ger Hil­fe zur Aus­le­gung der Wer­be­bot­schaft be­durft hät­te, hat die Be­klag­te nicht pro­zess­ord­nungs­ge­mäß nach § 139 Abs. 3 Satz 4 Vw­GO dar­ge­legt. Ins­be­son­de­re hat sie nicht dar­ge­tan, wel­che Er­kennt­nis­se die Hin­zu­zie­hung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen er­bracht hät­te, und in­wie­weit sie für die be­ru­fungs­ge­richt­li­che Be­ur­tei­lung er­heb­lich ge­we­sen wä­ren.

48 Die wei­ter ge­rüg­te Ver­let­zung des Rechts der Be­klag­ten auf recht­li­ches Ge­hör ge­mäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 Vw­GO liegt eben­falls nicht vor. Da­zu ge­nügt nicht, dass das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ihr ge­gen­über nicht schon vor der Ent­schei­dung of­fen­ge­legt hat, dass es von ei­ner bun­des­weit un­zu­läs­si­gen Wer­bung ins­be­son­de­re durch die bis­her all­seits ge­bil­lig­te Fern­seh­wer­bung aus­ge­he. Die Ge­währ­leis­tung des Rechts auf recht­li­ches Ge­hör ver­pflich­tet das Ge­richt nicht, die Be­tei­lig­ten vor­ab auf sei­ne Rechts­auf­fas­sung oder sei­ne Wür­di­gung des Pro­zess­stoffs hin­zu­wei­sen, weil sich die tat­säch­li­che und recht­li­che Be­ur­tei­lung re­gel­mä­ßig erst aus dem Er­geb­nis der ab­schlie­ßen­den Be­ra­tung er­gibt. Ei­ne un­zu­läs­si­ge Über­ra­schungs­ent­schei­dung we­gen des Un­ter­blei­bens ei­nes sol­chen Hin­wei­ses liegt erst vor, wenn das Ge­richt sei­ne Ent­schei­dung auf recht­li­che Ge­sichts­punk­te stützt, mit de­nen auch ein ge­wis­sen­haf­ter und kun­di­ger Pro­zess­be­tei­lig­ter nach dem bis­he­ri­gen Pro­zess­ver­lauf - selbst un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Viel­falt ver­tret­ba­rer Rechts­auf­fas­sun­gen - nicht zu rech­nen brauch­te (Be­schlüs­se vom 29. Ju­ni 2011 - BVer­wG 6 B 7.11 - Buch­holz 421.0 Prü­fungs­we­sen Nr. 410 Rn. 8 und vom 18. Ok­to­ber 2010 - BVer­wG 9 B 64.10 - ju­ris Rn. 8; vgl. auch BVerfG, Be­schluss vom 7. Mai 1991 - 1 BvL 32/88 - BVerf­GE 84, 188 <190>). We­gen der stren­gen Kon­kre­ti­sie­rung der Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung für das Mo­no­pol­an­ge­bot in der be­reits zi­tier­ten Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs und we­gen de­ren Kon­kre­ti­sie­rung in den eben­falls zi­tier­ten Ent­schei­dun­gen des Se­nats, die von der Un­zu­läs­sig­keit je­der dem ob­jek­ti­ven Aus­sa­ge­ge­halt nach zum Wet­ten an­rei­zen­den oder er­mun­tern­den Wer­bung aus­ge­hen, muss­te die Be­klag­te da­mit rech­nen, dass das Be­ru­fungs­ge­richt auch zu­vor noch nicht be­an­stan­de­te Wer­be­maß­nah­men für un­zu­läs­sig hal­ten wür­de. Dies gilt we­gen § 5 Abs. 3 GlüStV auch und ge­ra­de für die Prä­sen­ta­ti­on und das Be­wer­ben von Glücks­spie­len im Fern­seh­pro­gramm.

49 Die von ihm fest­ge­stell­te Jack­pot-Wer­bung hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt gleich­falls re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei als Ver­stoß ge­gen die uni­ons­recht­li­chen Be­schrän­kun­gen der Wer­bung für das Mo­no­pol­an­ge­bot ein­ge­ord­net. In­so­weit liegt eben­falls ei­ne zug­kräf­ti­ge Wer­be­bot­schaft vor, die die An­zie­hungs­kraft der Lot­te­rie er­höht, in­dem sie ei­nen be­deu­ten­den Ge­winn in Aus­sicht stellt. Für die An­rei­z­wir­kung hat das Be­ru­fungs­ge­richt zwar vor­nehm­lich auf die von ihm zi­tier­te Pres­se­mit­tei­lung des rhein­land-pfäl­zi­schen Mo­no­pol­an­bie­ters vom 11. Au­gust 2011 ver­wie­sen, die her­vor­hebt, we­gen der Hö­he des Jack­pots gä­ben mehr Men­schen ei­nen Lot­to­schein ab, die sonst nicht am Spiel teil­näh­men. In­so­fern rügt die Be­klag­te, die Pres­se­mit­tei­lung sei ihr nicht be­kannt ge­we­sen. Ob des­halb ihr Recht auf recht­li­ches Ge­hör ver­letzt wur­de, kann in­des of­fen­blei­ben. Denn un­ab­hän­gig hier­von konn­te das Be­ru­fungs­ge­richt aus der - all­ge­mein­kun­di­gen - Art und Wei­se des An­prei­sens des Jack­pots auf ei­nen An­reiz zur Teil­nah­me schlie­ßen und auf die Häu­fig­keit der Wer­be­bot­schaf­ten im Rund­funk un­mit­tel­bar vor der Zie­hung ab­stel­len. Da­bei ist es er­sicht­lich da­von aus­ge­gan­gen, dass der wie­der­hol­te Hin­weis auf ei­ne nur am sel­ben Tag noch be­stehen­de Ge­winn­mög­lich­keit Zeit­druck sug­ge­riert und das Her­vor­he­ben des Schei­terns frü­he­rer Ver­su­che, den Jack­pot zu „kna­cken“, so­wie der Hin­weis auf die Hö­he des ak­tu­el­len Jack­pots zur Teil­nah­me an­reizt und er­mun­tert. Hin­sicht­lich der Auf­klä­rungs­rü­ge und der Rü­ge der Ver­let­zung des Über­zeu­gungs­grund­sat­zes kann auf die Aus­füh­run­gen zu den ent­spre­chen­den Rü­gen ge­gen die Wür­di­gung der Fern­seh­wer­bung ver­wie­sen wer­den.

50 (4) Re­vi­si­ons­recht­lich ist nicht zu be­an­stan­den, dass die Vor­in­stanz aus die­sen Wer­be­maß­nah­men auf ei­ne sys­te­ma­ti­sche Miss­ach­tung der Wer­be­be­schrän­kun­gen und dar­aus wie­der­um dar­auf ge­schlos­sen hat, die Mo­no­pol­re­ge­lung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ha­be tat­säch­lich nicht uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Zie­len, son­dern il­le­gi­ti­men fis­ka­li­schen Zie­len ge­dient. Al­len drei Wer­be­maß­nah­men ist ge­mein­sam, dass es sich nicht um Ein­zel­fäl­le, son­dern um Wer­be­stra­te­gi­en han­delt, die re­gel­mä­ßig und über ei­nen er­heb­li­chen Zeit­raum prak­ti­ziert wur­den. Die Auf­sichts­be­hör­den ha­ben die­se sys­te­ma­ti­sche Miss­ach­tung von Wer­be­gren­zen nicht wirk­sam un­ter­bun­den. Aus den im Be­ru­fungs­ur­teil zi­tier­ten ge­mein­sa­men Wer­be­richt­li­ni­en er­gibt sich viel­mehr, dass sie noch im Jahr nach der Prä­zi­sie­rung der uni­ons­recht­li­chen An­for­de­run­gen an ei­ne zu­läs­si­ge Mo­no­pol­wer­bung durch die be­reits zi­tier­ten Ent­schei­dun­gen des Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hofs vom 8. Sep­tem­ber 2010 und die dar­an an­knüp­fen­den Ur­tei­le des Se­nats vom 24. No­vem­ber 2010 feh­ler­haft nur den ge­ziel­ten An­reiz zur Teil­nah­me am Glücks­spiel für rechts­wid­rig hiel­ten, statt auf den ob­jek­ti­ven Aus­sa­ge­ge­halt ab­zu­stel­len. Nach den in­so­weit nicht mit Ver­fah­rens­rü­gen an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts er­klär­ten die Wer­be­richt­li­ni­en der Glücks­spiel­auf­sichts­be­hör­den der Län­der noch nach dem letz­ten ihm vor­lie­gen­den Stand vom Mai 2011 ei­ne Image­wer­bung - ein­schlie­ß­lich der mo­ra­li­schen Auf­wer­tung der Teil­nah­me am Glücks­spiel - un­zu­tref­fend für zu­läs­sig. Dar­aus durf­te das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt auf ein struk­tu­rel­les Voll­zugs­de­fi­zit schlie­ßen, das auf das Ver­fol­gen uni­ons­recht­lich il­le­gi­ti­mer Zie­le hin­deu­tet. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten wi­der­spricht dies we­der der rechts­staat­li­chen Ge­set­zes­bin­dung noch dem We­sen des Ver­wal­tungs­rechts­schut­zes. Selbst im Ver­fas­sungs­recht ist aus struk­tu­rel­len Voll­zugs­de­fi­zi­ten auf die Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keit ei­ner Mo­no­pol­re­ge­lung im en­ge­ren Sin­ne und da­mit auf ei­nen nor­ma­ti­ven Man­gel zu schlie­ßen (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerf­GE 115, 276 <309, 313 ff.>). Die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes sol­chen Rechts­ver­sto­ßes zu prü­fen, ist ei­ne ge­nu­in ver­wal­tungs­ge­richt­li­che Auf­ga­be.

51 cc) Die zwei­te An­for­de­rung des Ko­hä­renz­ge­bots, die Be­ein­träch­ti­gun­gen der Wirk­sam­keit der Mo­no­pol­re­ge­lung durch ei­ne ge­gen­läu­fi­ge Glücks­spiel­po­li­tik in an­de­ren Glücks­spiel­sek­to­ren in den Blick nimmt und sich als Er­for­der­nis in­ter­sek­to­ra­ler Ko­hä­renz um­schrei­ben lässt, wird im an­ge­grif­fe­nen Ur­teil al­ler­dings nicht zu­tref­fend kon­kre­ti­siert. Die Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts rei­chen auch nicht aus, die An­nah­me ei­ner in­ter­sek­to­ra­len In­ko­hä­renz we­gen ei­ner das Mo­no­pol kon­ter­ka­rie­ren­den Po­li­tik im Be­reich des ge­werb­li­chen Au­to­ma­ten­spiels zu tra­gen. Das Be­ru­fungs­ur­teil be­ruht frei­lich nicht auf die­sem Feh­ler, weil sei­ne An­nah­me, die Mo­no­pol­re­ge­lung sei in­ko­hä­rent, be­reits selbst­stän­dig durch sei­ne Er­wä­gun­gen zur Miss­ach­tung der Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung ge­tra­gen wird. We­gen der dies­be­züg­li­chen kon­tro­ver­sen Er­ör­te­rung im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren geht der Se­nat auf die­sen Punkt gleich­wohl nä­her ein.

52 (1) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zu Un­recht an­ge­nom­men, das zwei­te Ko­hä­renzer­for­der­nis ver­lan­ge ei­ne zwi­schen Bund und Län­dern ko­or­di­nier­te, sek­to­ren­über­grei­fen­de, sys­te­ma­tisch und wi­der­spruchs­frei am Mo­no­pol­ziel der Sucht­be­kämp­fung ori­en­tier­te Glücks­spiel­po­li­tik, die ver­gleich­ba­re Ge­fähr­dun­gen glei­cher­ma­ßen er­fas­se. Die­se An­nah­me fin­det in Art. 56 AEUV und des­sen Aus­le­gung durch die ein­schlä­gi­gen Ent­schei­dun­gen des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on kei­ne Grund­la­ge. Zwar reicht nach der neue­ren uni­ons­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung ei­ne sek­to­ra­le, auf den Mo­no­pol­be­reich be­schränk­te Ko­hä­renz­prü­fung zur Über­prü­fung der Ge­eig­net­heit des Mo­no­pols nicht aus. Viel­mehr sind auch die Aus­wir­kun­gen ei­ner et­wa ge­gen­läu­fi­gen Re­ge­lung an­de­rer Glücks­spiel­sek­to­ren mit hö­he­rem oder gleich ho­hem Sucht­po­ten­zi­al zu be­rück­sich­ti­gen. Da­mit wird der Prü­fungs­ge­gen­stand je­doch we­der von der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der Mo­no­pol­re­ge­lun­gen auf die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der an­de­ren Re­ge­lun­gen er­wei­tert, noch setzt die Ko­hä­renz des Mo­no­pols ei­ne ko­hä­ren­te Re­ge­lung der an­de­ren Be­rei­che vor­aus. Erst recht be­darf es kei­nes ge­biets- und zu­stän­dig­keits­über­grei­fend kon­zi­pier­ten Sys­tems auf­ein­an­der ab­ge­stimm­ter Re­ge­lun­gen im Sin­ne ei­ner sämt­li­che Glücks­spiel­be­rei­che über­span­nen­den Ge­samt­ko­hä­renz. Ei­ne sol­che Kon­kre­ti­sie­rung lie­ße un­be­rück­sich­tigt, dass die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit für je­de Be­schrän­kung ge­son­dert zu prü­fen ist (Eu­GH, Ur­tei­le vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Pla­ca­ni­ca u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 49 und vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Mar­kus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 93), und ver­lö­re den Ge­gen­stand der Prü­fung - die Ge­eig­net­heit der Mo­no­pol­re­ge­lung zur Ver­wirk­li­chung der mit ihr ver­folg­ten le­gi­ti­men Zie­le - aus dem Blick. Au­ßer­dem stie­ße sie auf ver­fas­sungs- und uni­ons­recht­li­che Be­den­ken. We­gen des Grund­sat­zes der be­grenz­ten Ein­zel­er­mäch­ti­gung der Eu­ro­päi­schen Uni­on ist der de­mo­kra­tisch le­gi­ti­mier­te, mit­glied­staat­li­che Ge­setz­ge­ber im nicht har­mo­ni­sier­ten Glücks­spiel­recht grund­sätz­lich frei, das an­ge­streb­te Schutz­ni­veau zu be­stim­men, die mit der Glücks­spiel­po­li­tik ver­folg­ten Zie­le fest­zu­le­gen und ein­zel­ne Glücks­spiel­be­rei­che auf­grund sei­ner par­la­men­ta­ri­schen Ein­schät­zungs­prä­ro­ga­ti­ve ent­spre­chend aus­zu­ge­stal­ten (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 76 f. und - Rs. C-46/08, Car­men Me­dia - Slg. 2010, I-8149 Rn. 45 f., 58). Das gilt bei bun­des­staat­lich ver­fass­ten Mit­glied­staa­ten im Rah­men ih­rer fö­de­ra­len Kom­pe­tenz­ord­nung für je­den im Mit­glied­staat tä­ti­gen Ge­setz­ge­ber. Die uni­ons­recht­li­chen Grund­frei­hei­ten be­gren­zen die­se Re­ge­lungs­be­fug­nis und ver­bie­ten un­ver­hält­nis­mä­ßi­ge Be­schrän­kun­gen. Sie ver­pflich­ten den Mit­glied­staat je­doch nicht da­zu, ein sämt­li­che Glücks­spiel­sek­to­ren und fö­de­ra­le Zu­stän­dig­kei­ten über­grei­fen­des, in sei­ner Ge­samt­heit stim­mi­ges Schutz­kon­zept auf­zu­stel­len und um­zu­set­zen.

53 Nach der uni­ons­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung liegt ei­ne In­ko­hä­renz we­gen kon­ter­ka­rie­ren­der Re­ge­lun­gen nicht schon vor, wenn in ei­nem an­de­ren Glücks­spiel­be­reich mit glei­chem oder hö­he­rem Sucht­po­ten­zi­al ei­ne den Mo­no­pol­zie­len zu­wi­der­lau­fen­de Po­li­tik ver­folgt wird, son­dern aus­drück­lich nur, wenn dies zur Fol­ge hat, dass das der Er­rich­tung des Mo­no­pols zu­grun­de lie­gen­de Ziel mit die­sem nicht mehr wirk­sam ver­folgt wer­den kann (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 106 und - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 68). Ent­ge­gen der An­nah­me des Be­ru­fungs­ur­teils und der Auf­fas­sung der Klä­ge­rin ist ei­ne Fol­gen­be­trach­tung al­so nicht ent­behr­lich. Da die Mo­no­pol­re­ge­lung al­lein in ih­rem An­wen­dungs­be­reich wirk­sam wer­den kann, kön­nen Be­ein­träch­ti­gun­gen ih­rer Wirk­sam­keit nur dort er­mit­telt wer­den. Da­nach kommt es auf die Rück­wir­kun­gen der ge­gen­läu­fi­gen Glücks­spiel­po­li­tik im an­de­ren Glücks­spiel­sek­tor auf den Mo­no­pol­be­reich an. Fest­ge­stellt wer­den muss, in­wie­weit die­se Glücks­spiel­po­li­tik die Wirk­sam­keit der Mo­no­pol­re­ge­lung und de­ren Bei­trag zur Ver­wirk­li­chung der mit ihr ver­folg­ten Zie­le be­ein­träch­tigt. Dar­in liegt kei­ne Rück­kehr zu ei­ner un­zu­rei­chen­den sek­to­ra­len Ko­hä­renz­prü­fung. Die­se blen­de­te mög­li­che Fol­gen ei­ner Ex­pan­si­ons­po­li­tik in an­de­ren Glücks­spiel­be­rei­chen für den Be­reich der Sport­wet­ten aus; die in­ter­sek­to­ra­le Ko­hä­renz­prü­fung be­zieht sie da­ge­gen mit ein. Sie lehnt nur die wei­ter­ge­hen­de For­de­rung nach ei­ner al­le Glücks­spiel­be­rei­che über­span­nen­den Ge­samt­ko­hä­renz ab, da für die Ge­eig­net­heit der Mo­no­pol­re­ge­lung nur ihr ei­ge­ner Bei­trag zur Ziel­ver­wirk­li­chung ma­ß­geb­lich ist.

54 Zur Wi­der­le­gung die­ser spe­zi­ell zum Glücks­spiel­recht ent­wi­ckel­ten Kon­kre­ti­sie­rung des Ko­hä­renz­ge­bots ist die im an­ge­grif­fe­nen Ur­teil zi­tier­te äl­te­re Recht­spre­chung zur Dienst­leis­tungs­frei­heit nicht ge­eig­net. Auch auf den Vor­trag der Klä­ge­rin, der Pres­se­mit­tei­lung des Ge­richts­hofs sei Ge­gen­tei­li­ges zu ent­neh­men, kommt es man­gels recht­li­cher Ver­bind­lich­keit sol­cher Mit­tei­lun­gen nicht an. Ma­ß­ge­bend sind die ein­schlä­gi­gen Ent­schei­dun­gen selbst. Ih­re Te­norie­rung lässt kei­nen Zwei­fel dar­an, dass aus der Fest­stel­lung ei­ner ge­gen­läu­fi­gen Glücks­spiel­po­li­tik in ei­nem an­de­ren Be­reich mit glei­chem oder hö­he­rem Sucht­po­ten­zi­al noch kei­ne In­ko­hä­renz der Mo­no­pol­re­ge­lung folgt. Den Ent­schei­dungs­for­meln zu­fol­ge kann das vor­le­gen­de Ge­richt, wenn es ei­ne den Mo­no­pol­zie­len zu­wi­der­lau­fen­de Ex­pan­si­ons­po­li­tik im Be­reich an­de­rer, nicht mo­no­po­li­sier­ter Glücks­spie­le mit hö­he­rem Sucht­po­ten­zi­al fest­stellt, be­rech­tig­ten An­lass zur Schluss­fol­ge­rung ha­ben, das Mo­no­pol sei nicht mehr ge­eig­net, das Er­rei­chen des mit ihm ver­folg­ten Ziels da­durch zu ge­währ­leis­ten, dass es da­zu bei­trägt, die Ge­le­gen­hei­ten zum Spiel zu ver­rin­gern und die Tä­tig­kei­ten in die­sem Be­reich in ko­hä­ren­ter und sys­te­ma­ti­scher Wei­se zu be­gren­zen (je­weils Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Leit­satz 1 d) bzw. - Car­men Me­dia - a.a.O. Leit­satz 2). Da­nach ist die­se Schluss­fol­ge­rung nicht zwin­gend, son­dern nur mög­li­cher­wei­se ge­recht­fer­tigt. Ob sie zu zie­hen ist, er­gibt sich nach den Ent­schei­dungs­grün­den erst aus der Prü­fung, ob das Mo­no­pol trotz der ge­gen­läu­fi­gen Re­ge­lung des an­de­ren Glücks­spiel­be­reichs noch wirk­sam zur Ver­wirk­li­chung der mit ihm ver­folg­ten Zie­le bei­tra­gen kann. Dies fest­zu­stel­len, hat der Ge­richts­hof den mit­glied­staat­li­chen Ge­rich­ten über­las­sen (vgl. Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 98, 106 f. und - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 65, 68, 71).

55 Ei­ne Vor­la­ge an den Ge­richts­hof wä­re auch in­so­weit nicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ge­bo­ten. Die von der Klä­ge­rin be­strit­te­ne Er­for­der­lich­keit ei­ner Fol­gen­be­trach­tung er­gibt sich, wie be­reits dar­ge­legt, klar und ein­deu­tig aus dem Wort­laut der bei­den ein­schlä­gi­gen, zur Ko­hä­renz der deut­schen Sport­wet­ten­mo­no­po­le er­gan­ge­nen Ent­schei­dun­gen des Ge­richts­hofs. Auch die dog­ma­ti­sche Ein­ord­nung als Ele­ment der Ge­eig­net­heit der Mo­no­pol­re­ge­lung, die durch die Aus­wir­kun­gen ei­ner ge­gen­läu­fi­gen Po­li­tik in an­de­ren Sek­to­ren be­ein­träch­tigt wer­den kann, lässt kei­nen an­de­ren Schluss zu. Der Mit­tel­weg der in­ter­sek­to­ra­len Ko­hä­renz, die sich we­der auf ei­ne Be­trach­tung des Mo­no­pol­sek­tors be­schränkt, noch ei­ne in fö­de­ra­len Mit­glied­staa­ten kaum zu leis­ten­de Ge­samt­ko­hä­renz for­dert, ist da­mit un­miss­ver­ständ­lich vor­ge­ge­ben. Die spä­te­re Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs zum Glücks­spiel­recht stellt den ein­ge­schla­ge­nen Mit­tel­weg nicht in Fra­ge. Erst recht lässt sich aus der frü­he­ren, das Kas­sen­zahn­arzt­recht be­tref­fen­den Ent­schei­dung in der Rechts­sa­che Pe­ter­sen (Eu­GH, Ur­teil vom 12. Ja­nu­ar 2010 - Rs. C-341/08, Pe­ter­sen - Slg. 2010, I-47 Rn. 53 ff., 58 ff.) nichts für die Er­for­der­lich­keit ei­ner glücks­spiel­recht­li­chen Ge­samt­ko­hä­renz her­lei­ten. Dort ver­steht der Ge­richts­hof den Be­reich der kas­sen­zahn­ärzt­li­chen Tä­tig­keit, für den ei­ne Al­ters­gren­ze ge­re­gelt wur­de, und den von die­ser Re­ge­lung nicht er­fass­ten Be­reich pri­vat­zahn­ärzt­li­cher Tä­tig­keit nicht als zwei ver­schie­de­ne Sek­to­ren. Viel­mehr in­ter­pre­tiert er das Feh­len ei­ner Al­ters­gren­ze für Pri­vat­zahn­ärz­te als Aus­nah­me von der Re­ge­lung der Al­ters­gren­ze, die man­gels trag­fä­hi­ger Be­grün­dung für die­se Un­gleich­be­hand­lung nicht ge­recht­fer­tigt sei.

56 (2) So­weit das an­ge­grif­fe­ne Ur­teil in ei­ner Hilfs­er­wä­gung die Not­wen­dig­keit ei­ner Fol­gen­be­trach­tung un­ter­stellt, ver­engt es den Blick un­zu­läs­sig auf ak­tu­el­le Spie­ler­grup­pen, so dass sei­ne tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen die An­nah­me, die Mo­no­pol­re­ge­lung ha­be ih­re Wirk­sam­keit in­fol­ge ei­ner ge­gen­läu­fi­gen Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich des ge­werb­li­chen Au­to­ma­ten­spiels ver­lo­ren, nicht zu tra­gen ver­mö­gen.

57 Rich­tig ist der Aus­gangs­punkt des Be­ru­fungs­ge­richts, dass die Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich des Au­to­ma­ten­spiels nur dann zu Fol­ge­wir­kun­gen im Mo­no­pol­be­reich füh­ren kön­ne, wenn sich die Krei­se der po­ten­zi­el­len Kun­den über­schnei­den (vgl. § 21 Abs. 2 GlüStV n.F.). Dies ist al­ler­dings nur ei­ne not­wen­di­ge und noch kei­ne hin­rei­chen­de Vor­aus­set­zung für das Ent­ste­hen pro­ble­ma­ti­scher Fol­ge­wir­kun­gen. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat ei­ne Über­schnei­dung von Kun­den­krei­sen ins­be­son­de­re in der Teil­grup­pe be­son­ders sucht­ge­fähr­de­ter jun­ger männ­li­cher Er­wach­se­ner aus­ge­macht. Es hat sich je­doch mit der wei­te­ren Fest­stel­lung be­gnügt, die ex­pan­si­ve Po­li­tik im Be­reich des Au­to­ma­ten­spiels ha­be zu ei­ner Wan­de­rung ei­nes ho­hen An­teils von Spie­lern die­ser Teil­grup­pe vom Be­reich der Sport­wet­ten zu dem des Au­to­ma­ten­spiels ge­führt. Die­se Fest­stel­lung ist in zwei­fa­cher Hin­sicht un­zu­rei­chend. Zum ei­nen ist da­mit noch nicht ge­klärt, ob die Ab­wan­de­rung prak­tisch ei­nen Leer­lauf der Mo­no­pol­re­ge­lung zur Fol­ge hat oder die­se auf ei­ne Ali­bi­funk­ti­on re­du­ziert. Zum an­de­ren lässt die auf ei­ne Ab­wan­de­rung von (ak­tu­el­len) Spie­lern be­schränk­te Be­trach­tung un­be­rück­sich­tigt, dass es für die Wirk­sam­keit des Bei­trags der Mo­no­pol­re­ge­lung zur Sucht­be­kämp­fung nicht nur auf die be­reits ak­ti­ven, sucht­ge­fähr­de­ten oder gar spiel­süch­ti­gen Spie­ler an­kom­men kann. Sucht­be­kämp­fung schlie­ßt auch die Sucht­prä­ven­ti­on mit ein, die po­ten­zi­el­le Kun­den bei ei­ner Teil­nah­me am Glücks­spiel vor ei­ner sol­chen Ge­fähr­dung schützt. Er­for­der­lich ist des­halb ei­ne Fol­gen­be­trach­tung, die nicht nur die ak­tu­el­le, son­dern auch die po­ten­zi­el­le Nach­fra­ge nach bei­den Glücks­spiel­ar­ten und die Aus­wir­kun­gen der ge­gen­läu­fi­gen Glücks­spiel­po­li­tik im an­de­ren Sek­tor auf die Nach­fra­ge im Mo­no­pol­be­reich er­mit­telt.

58 dd) Zu Recht hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt die Mo­no­pol­re­ge­lung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV we­gen ih­res Ver­sto­ßes ge­gen Uni­ons­recht für un­an­wend­bar ge­hal­ten. Als pri­mär­recht­li­che Ge­währ­leis­tun­gen bin­den die Grund­frei­hei­ten die Mit­glied­staa­ten der Uni­on im je­wei­li­gen An­wen­dungs­be­reich un­mit­tel­bar, und zwar auch au­ßer­halb der be­reits durch se­kun­dä­res Uni­ons­recht har­mo­ni­sier­ten Re­ge­lungs­be­rei­che. Ihr An­wen­dungs­vor­rang schlie­ßt ei­ne An­wen­dung grund­frei­heits­wid­ri­ger Re­ge­lun­gen prin­zi­pi­ell aus (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-409/06, Win­ner Wet­ten - Slg. 2010, I-8015 Rn. 53 ff.).

59 Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten hält sich die­se Recht­spre­chung im Rah­men der uni­ons­recht­li­chen Kom­pe­ten­zen und ist auch nicht mit ver­fas­sungs­recht­li­chen Er­wä­gun­gen in Zwei­fel zu zie­hen. Art. 5 des Ver­tra­ges über die Eu­ro­päi­sche Uni­on i.d.F. des Ver­tra­ges von Lis­sa­bon - EUV (ABl C 306, 1, ber. ABl 2008, C 111, 56) ver­bie­tet der Uni­on zwar, ih­re Kom­pe­ten­zen über den Kreis der ihr je­weils nach Art. 23 Abs. 1 GG über­tra­ge­nen Ho­heits­rech­te hin­aus aus­zu­deh­nen. Die ver­trag­lich be­grün­de­te Recht­spre­chungs­kom­pe­tenz des Ge­richts­hofs nach Art. 267 AEUV schlie­ßt je­doch die Be­fug­nis ein, den An­wen­dungs­vor­rang der Grund­frei­hei­ten zu kon­kre­ti­sie­ren. Dass der An­wen­dungs­vor­rang von den mit­glied­staat­li­chen Ge­rich­ten al­ler In­stan­zen zu be­ach­ten ist, er­gibt sich aus der Bin­dung der Mit­glied­staa­ten an den Ver­trag, der als su­pra­na­tio­na­les Pri­mär­recht kei­ner Trans­for­ma­ti­on be­darf, und aus der Bin­dung der Ge­rich­te an das gel­ten­de Recht, zu dem auch das Uni­ons­recht zählt. Art. 100 GG greift nicht ein, da we­der die Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit der Norm noch das Ver­wer­fungs­mo­no­pol des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts in Fra­ge steht. Ei­ne uni­ons­rechts­wid­ri­ge und des­halb im kon­kre­ten Fall un­an­wend­ba­re Norm wird we­gen des Uni­ons­rechts­ver­sto­ßes nicht für nich­tig er­klärt.

60 Das Rechts­staats­ge­bot ist auch nicht et­wa ver­letzt, weil aus ei­nem ob­jek­tiv-recht­li­chen Ver­stoß ei­ne sub­jek­tiv-recht­li­che Be­güns­ti­gung her­ge­lei­tet wür­de. Die sub­jek­tiv-recht­li­che Ge­währ­leis­tung er­gibt sich aus Art. 49 oder 56 AEUV. Ein­grif­fe in das sub­jek­ti­ve Recht sind - wie im mit­glied­staat­li­chen Recht - im Ein­klang mit dem Rechts­staats­ge­bot nur ge­recht­fer­tigt, wenn sie recht­mä­ßig sind. Dar­an kann es auch we­gen ei­ner Ver­let­zung ob­jek­tiv-recht­li­cher An­for­de­run­gen feh­len.

61 b) Die Be­klag­te meint, auf et­wai­ge Feh­ler ih­rer Er­mes­sens­aus­übung kom­me es nicht an, weil ihr Er­mes­sens­spiel­raum oh­ne­hin da­hin ein­ge­schränkt ge­we­sen sei, dass nur ei­ne Un­ter­sa­gung recht­mä­ßig ge­we­sen wä­re. Die­ser Vor­trag kann der Re­vi­si­on nicht zum Er­folg ver­hel­fen.

62 aa) Ei­ne Er­mes­sens­re­du­zie­rung auf Null zu­las­ten der Klä­ge­rin hat das Be­ru­fungs­ge­richt re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei ver­neint. Sie könn­te sich aus § 284 Abs. 1 StGB nur er­ge­ben, wenn der Klä­ge­rin das Feh­len ei­ner Er­laub­nis ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den könn­te. Das setzt vor­aus, dass ihr die Er­laub­nis nicht uni­ons­rechts­wid­rig vor­ent­hal­ten oder ver­wei­gert wur­de. Zwar ist der Er­laub­nis­vor­be­halt ge­mäß § 4 Abs. 1 GlüStV ver­fas­sungs- und uni­ons­rechts­kon­form. We­gen der Uni­ons­rechts­wid­rig­keit des Mo­no­pols durf­te ei­ne Er­laub­nis aber nicht schon sei­net­we­gen, son­dern nur nach Prü­fung der uni­ons­rechts­kon­for­men, mo­no­pol­un­ab­hän­gi­gen Er­laub­nis­vor­aus­set­zun­gen aus­ge­schlos­sen wer­den (Eu­GH, Ur­teil vom 24. Ja­nu­ar 2013 - Rs. C-186/11 u.a., Stan­ley­bet Int. Ltd. u.a. - NVwZ 2013, 785 Rn. 38 f., 48). Die­se Vor­aus­set­zung war im ma­ß­geb­li­chen Zeit­raum in Nord­rhein-West­fa­len nicht er­füllt, weil dort das Er­laub­nis­ver­fah­ren - im Ge­gen­satz zu an­de­ren Bun­des­län­dern wie et­wa dem Frei­staat Bay­ern oder Rhein­land-Pfalz - nicht für Pri­va­te ge­öff­net wur­de. Aus den Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts er­gibt sich auch nicht, dass die Ver­mitt­lungs­tä­tig­keit der Klä­ge­rin aus mo­no­pol­un­ab­hän­gi­gen Grün­den ma­te­ri­ell-recht­lich nicht er­laub­nis­fä­hig ge­we­sen wä­re. Das gilt auch in An­se­hung der Fest­stel­lung, dass die Klä­ge­rin die ge­tä­tig­ten Wet­ten per In­ter­net an den Wett­an­bie­ter wei­ter­ge­lei­tet ha­be. Die Vor­in­stanz konn­te oh­ne re­vi­si­blen Rechts­ver­stoß da­von aus­ge­hen, dass ein Ver­stoß ge­gen das In­ter­net-Ver­bot des § 4 Abs. 4 GlüStV nicht schon bei der On­line-Über­mitt­lung zu­vor ter­res­trisch ver­mit­tel­ter Wet­ten an den Wett­an­bie­ter vor­liegt, son­dern nur, wenn die Wet­ten selbst im In­ter­net ab­ge­schlos­sen wur­den.

63 bb) Die An­nah­me des Be­ru­fungs­ge­richts, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV räu­me kein in­ten­dier­tes Er­mes­sen ein, ist re­vi­si­ons­recht­lich eben­falls nicht zu be­an­stan­den. Die Vor­schrift ist nach § 137 Abs. 2 Vw­GO nicht re­vi­si­bel. Ih­re An­wen­dung durch das Be­ru­fungs­ge­richt ver­kennt auch nicht die Rechts­fi­gur des in­ten­dier­ten Er­mes­sens, die als Fra­ge der An­wen­dung des § 40 VwVfG NW ge­mäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 Vw­GO der re­vi­si­ons­recht­li­chen Prü­fung un­ter­liegt. Schlie­ß­lich be­rück­sich­tigt die Be­klag­te nicht, dass ein in­ten­dier­tes Er­mes­sen zwar ei­ne nä­he­re Be­grün­dung der Er­mes­sens­aus­übung er­üb­ri­gen, aber kei­ne feh­ler­haf­te Be­grün­dung hei­len kann.

64 c) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten wur­de der Er­mes­sens­feh­ler schlie­ß­lich nicht durch die mit Schrift­satz vom 21. Sep­tem­ber 2011 nach­ge­scho­be­nen Er­wä­gun­gen ge­heilt. Der an­ge­grif­fe­ne Be­scheid konn­te schon we­gen sei­ner end­gül­ti­gen Er­le­di­gung vor Ab­fas­sung des Schrift­sat­zes nicht mehr rück­wir­kend ge­än­dert wer­den. Im Üb­ri­gen wä­re die rück­wir­ken­de Än­de­rung auch ver­wal­tungs­ver­fah­rens­recht­lich un­zu­läs­sig ge­we­sen, da sie die we­sent­li­chen Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen aus­wech­sel­te und die Klä­ge­rin da­durch in ih­rer Rechts­ver­tei­di­gung er­heb­lich be­ein­träch­tig­te (vgl. hier­zu Ur­tei­le vom 14. Ok­to­ber 1965 - BVer­wG 2 C 3.63 - BVer­w­GE 22, 215 <217 f.>, vom 16. Ju­ni 1997 - BVer­wG 3 C 22.96 - BVer­w­GE 105, 55 <59> und vom 29. Ja­nu­ar 2001 - BVer­wG 11 C 3.00 - Buch­holz 401.64 § 6 Ab­wAG Nr. 3). Die Un­ter­sa­gung war ur­sprüng­lich auf die Mo­no­pol­wid­rig­keit der ge­werb­li­chen Tä­tig­keit der Klä­ge­rin und dar­auf ge­stützt, dass das Sport­wet­ten­mo­no­pol recht­mä­ßig sei. Die­ser Ge­sichts­punkt war für die nach­ge­scho­be­ne Be­grün­dung un­er­heb­lich; nun­mehr wur­de die Un­ter­sa­gung al­lein mit der for­mel­len und ma­te­ri­el­len Il­le­ga­li­tät der Wett­ver­mitt­lung oh­ne Rück­sicht auf das Sport­wet­ten­mo­no­pol ge­recht­fer­tigt. Ge­gen ei­nen Aus­tausch der we­sent­li­chen Er­wä­gun­gen spricht auch nicht, dass bei­de Be­grün­dun­gen an das Feh­len ei­ner Er­laub­nis an­knüp­fen. Die for­mel­le Il­le­ga­li­tät er­füllt den Tat­be­stand der Un­ter­sa­gungs­er­mäch­ti­gung und er­öff­net da­mit nur das Er­mes­sen. Des­sen Aus­übung muss sich da­her nach an­de­ren Kri­te­ri­en rich­ten. Ob im Aus­tausch der we­sent­li­chen Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen schon ei­ne We­sens­än­de­rung der Un­ter­sa­gung selbst liegt, kann da­hin­ste­hen. Je­den­falls wird die Rechts­ver­tei­di­gung des Be­trof­fe­nen durch das Aus­wech­seln der we­sent­li­chen Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen er­heb­lich be­ein­träch­tigt. Die neue Be­grün­dung der Un­ter­sa­gung stellt erst­mals auf die mo­no­pol­un­ab­hän­gi­gen An­for­de­run­gen an die Ver­mitt­lung und das Wett­an­ge­bot ab. Dem Be­trof­fe­nen bleibt nur, die­se An­for­de­run­gen zu prü­fen und für den be­reits ab­ge­lau­fe­nen Zeit­raum ent­we­der dar­zu­le­gen, dass sie rechts­wid­rig wa­ren, oder dar­zu­tun, dass sei­ne Tä­tig­keit mit ih­nen über­ein­stimm­te. So­weit die rück­wir­ken­de Än­de­rung der Be­grün­dung die Er­folgs­aus­sich­ten der Kla­ge ent­fal­len lässt, kann er dar­auf nur nach­träg­lich re­agie­ren.

65 d) Oh­ne re­vi­si­blen Rechts­ver­stoß hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt die an­ge­grif­fe­ne Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung auch im Zeit­raum von ih­rem Er­lass bis zum 31. De­zem­ber 2007 für rechts­wid­rig ge­hal­ten. Die Aus­übung des durch § 14 OBG NW er­öff­ne­ten Er­mes­sens war feh­ler­haft, weil das Sport­wet­ten­mo­no­pol, mit dem die Un­ter­sa­gung be­grün­det wur­de, be­reits da­mals ge­gen das uni­ons­recht­li­che Ko­hä­renz­ge­bot ver­stieß.

66 Zur Be­grün­dung hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei dar­auf ab­ge­stellt, dass das nord­rhein-west­fä­li­sche Sport­wet­ten­mo­no­pol un­ter dem da­mals gel­ten­den Lot­te­rie­staats­ver­trag schon die ers­te der bei­den Ko­hä­renz­an­for­de­run­gen nicht er­füll­te, weil es nach sei­ner nor­ma­ti­ven Aus­ge­stal­tung und der da­ma­li­gen Pra­xis nicht die vor­geb­li­chen, uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Zie­le der Sucht­be­kämp­fung und des Spie­ler- und Ju­gend­schut­zes ver­folg­te. Zwar nah­men § 1 Nr. 1 und 2, § 4 LoStV die­se Zie­le auf. Es fehl­ten je­doch Re­ge­lun­gen, die ge­währ­leis­te­ten, dass das Mo­no­pol auch in der Pra­xis kon­se­quent an die­sen le­gi­ti­men Zie­len aus­ge­rich­tet wur­de. In­so­weit durf­te das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt auf die ent­spre­chen­de bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt­li­che Wür­di­gung ver­wei­sen (zum nord­rhein-west­fä­li­schen Recht vgl. BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 7. De­zem­ber 2006 - 2 BvR 2428/06 - NJW 2007, 1521 = ju­ris Rn. 26 f. mit Ver­weis auf das Ur­teil zum baye­ri­schen Sport­wet­ten­mo­no­pol vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerf­GE 115, 276) und da­von aus­ge­hen, dass die ver­fas­sungs­recht­li­chen An­for­de­run­gen an ei­ne kon­se­quent am Ziel der Sucht­be­kämp­fung ori­en­tier­te Aus­ge­stal­tung des Mo­no­pol­be­reichs sich mit den uni­ons­recht­li­chen de­cken. Uni­ons­recht­lich muss die Schaf­fung ei­nes Mo­no­pols mit der Er­rich­tung ei­nes nor­ma­ti­ven Rah­mens ein­her­ge­hen, mit dem sich ge­währ­leis­ten lässt, dass der In­ha­ber des Mo­no­pols tat­säch­lich in der La­ge sein wird, das fest­ge­leg­te Ziel mit ei­nem An­ge­bot, das nach Ma­ß­ga­be die­ses Ziels quan­ti­ta­tiv be­mes­sen und qua­li­ta­tiv aus­ge­stal­tet ist und ei­ner strik­ten be­hörd­li­chen Kon­trol­le un­ter­liegt, in ko­hä­ren­ter und sys­te­ma­ti­scher Wei­se zu ver­fol­gen (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Mar­kus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 83). Dar­an fehl­te es nach den in­so­weit nicht mit wirk­sa­men Ver­fah­rens­rü­gen an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts, nach de­nen die - ir­re­vi­si­ble - Rechts­la­ge in Nord­rhein-West­fa­len im Zeit­raum bis zum 31. De­zem­ber 2007 der be­an­stan­de­ten Rechts­la­ge in Bay­ern ent­sprach. Ins­be­son­de­re fehl­ten auch in Nord­rhein-West­fa­len Vor­schrif­ten, die ei­ne Be­ach­tung der Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung ge­währ­leis­te­ten. Die ein­schlä­gi­gen Re­ge­lun­gen in § 4 Abs. 3 LoStV ver­bo­ten zwar ir­re­füh­ren­de und un­an­ge­mes­se­ne Wer­bung, schlos­sen ei­ne aus­schlie­ß­lich am Ziel ex­pan­si­ver Ver­mark­tung ori­en­tier­te Wer­bung je­doch nicht aus. Dar­über hin­aus war man­gels ei­ner neu­tra­len Kon­troll­in­stanz nicht ge­währ­leis­tet, dass fis­ka­li­sche In­ter­es­sen hin­ter das Ziel der Sucht­be­kämp­fung zu­rück­tra­ten (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 312 f.; vgl. Kam­mer­be­schluss vom 7. De­zem­ber 2006 a.a.O.).

67 Dass das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die An­wen­dung der ver­fas­sungs­wid­ri­gen baye­ri­schen Mo­no­pol­re­ge­lung für ei­ne Über­gangs­zeit bis längs­tens zum 31. De­zem­ber 2007 un­ter be­stimm­ten Ma­ß­ga­ben zu­ge­las­sen hat (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 319), kann die An­wen­dung der uni­ons­rechts­wid­ri­gen nord­rhein-west­fä­li­schen Mo­no­pol­re­ge­lung un­ter dem Lot­te­rie­staats­ver­trag nicht recht­fer­ti­gen. Auf die Um­set­zung der bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt­li­chen Ma­ß­ga­ben kommt es da­bei nicht an, weil sie die De­fi­zi­te der nor­ma­ti­ven Aus­ge­stal­tung des Mo­no­pols we­der be­he­ben noch voll­stän­dig kom­pen­sie­ren konn­te. Die Ma­ß­ga­ben ziel­ten al­lein dar­auf, ein Min­dest­maß an Kon­sis­tenz zwi­schen le­gi­ti­men ge­setz­li­chen Zie­len und tat­säch­li­cher Aus­übung des Mo­no­pols her­zu­stel­len. Im Üb­ri­gen be­schränk­ten sie sich auf die For­de­rung, in der Über­gangs­zeit be­reits mit ei­ner kon­se­quen­ten Aus­rich­tung des Mo­no­pols an der Sucht­be­kämp­fung zu be­gin­nen (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 a.a.O.). Das lässt er­ken­nen, dass ih­re Er­fül­lung auch nach der Ein­schät­zung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts noch kei­nen ver­fas­sungs­mä­ßi­gen Zu­stand her­stell­te. Sie ließ nur ei­ne be­fris­te­te wei­te­re An­wen­dung der ver­fas­sungs­wid­ri­gen Norm als ver­fas­sungs­recht­lich hin­nehm­bar er­schei­nen (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 317, 319; vgl. Kam­mer­be­schluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 Rn. 24).

68 Uni­ons­recht­lich war die über­gangs­wei­se An­wen­dung der un­ver­hält­nis­mä­ßi­gen Mo­no­pol­re­ge­lung oh­ne­dies nicht ge­recht­fer­tigt. Die An­ord­nung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts reich­te da­zu nicht aus. Die über­gangs­wei­se An­wen­dung uni­ons­rechts­wid­ri­ger Vor­schrif­ten kann nur nach Ma­ß­ga­be des Uni­ons­rechts le­gi­ti­miert wer­den. Die Vor­aus­set­zun­gen da­für la­gen nicht vor (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-409/06, Win­ner Wet­ten - Slg. 2010, I-8015 Rn. 60 ff., 67 ff.). Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten er­gibt sich aus dem Ur­teil des Ge­richts­hofs vom 24. Ja­nu­ar 2013 (- Rs. C-186/11 u.a., Stan­ley­bet Int. Ltd. u.a. - NVwZ 2013, 785 Rn. 38 f., 46 ff.) kei­ne sol­che uni­ons­recht­li­che Recht­fer­ti­gung. Die­se Ent­schei­dung be­stä­tigt viel­mehr un­ter Hin­weis auf das zi­tier­te Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 aus­drück­lich, dass ein uni­ons­rechts­wid­ri­ges Glücks­spiel­mo­no­pol auch nicht über­gangs­wei­se wei­ter an­ge­wen­det wer­den darf (Eu­GH, Ur­teil vom 24. Ja­nu­ar 2013 a.a.O. Rn. 38 f., 42). Der Mit­glied­staat ist al­ler­dings nicht zu ei­ner Li­be­ra­li­sie­rung ver­pflich­tet. Er kann sich auch da­für ent­schei­den, das Mo­no­pol uni­ons­rechts­kon­form zu re­for­mie­ren (Eu­GH, Ur­teil vom 24. Ja­nu­ar 2013 a.a.O. Rn. 46). Je­den­falls ist er aber bei Uni­ons­rechts­wid­rig­keit des Mo­no­pols ver­pflich­tet, Er­laub­nis­an­trä­ge an­de­rer Glücks­spiel­an­bie­ter auch wäh­rend der Über­gangs­zeit bis zu ei­ner Neu­re­ge­lung zu prü­fen und ge­ge­be­nen­falls nach uni­ons­rechts­kon­for­men Maß­stä­ben zu be­schei­den (Eu­GH, Ur­teil vom 24. Ja­nu­ar 2013 a.a.O. Rn. 39, 48).

69 Die Fra­ge, ob die Nie­der­las­sungs­frei­heit ei­ne Durch­set­zung des Er­laub­nis­vor­be­halts in der Über­gangs­zeit bis zum 31. De­zem­ber 2007 ver­bo­ten ha­be, ist dem Ge­richts­hof nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vor­zu­le­gen, weil sie nicht ent­schei­dungs­er­heb­lich ist. Die an­ge­grif­fe­ne Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung wur­de im hier ma­ß­geb­li­chen Zeit­raum En­de 2007 nicht mit der Durch­set­zung des Er­laub­nis­vor­be­halts, al­so der for­mel­len und ma­te­ri­el­len Il­le­ga­li­tät der kon­kre­ten Tä­tig­keit be­grün­det, son­dern mit dem ver­fas­sungs- und uni­ons­rechts­wid­ri­gen Sport­wet­ten­mo­no­pol. So­fern die Be­klag­te die Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen mit Schrift­satz vom 21. Sep­tem­ber 2011 rück­wir­kend aus­wech­seln woll­te, war dies aus den oben dar­ge­leg­ten Grün­den ver­wal­tungs­ver­fah­rens­recht­lich un­zu­läs­sig. Auf Be­den­ken, ob die Un­ter­sa­gung bei Ver­fas­sungs- und Uni­ons­rechts­wid­rig­keit des Mo­no­pols trotz Feh­lens ei­nes uni­ons­rechts­kon­for­men Er­laub­nis­ver­fah­rens für Pri­va­te im Über­gangs­zeit­raum mit der Durch­set­zung des Er­laub­nis­vor­be­halts hät­te be­grün­det wer­den dür­fen, kommt es nicht an. Selbst wenn ei­ne sol­che Un­ter­sa­gung recht­mä­ßig mög­lich ge­we­sen wä­re, wür­de dies die tat­säch­lich ge­trof­fe­ne, feh­ler­haf­te Er­mes­sens­ent­schei­dung noch nicht recht­mä­ßig ma­chen.

70 Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 154 Abs. 2 Vw­GO.

Ur­teil vom 20.06.2013 -
BVer­wG 8 C 12.12ECLI:DE:BVer­wG:2013:200613U8C12.12.0

Leit­sät­ze:

1. Das in Nord­rhein-West­fa­len un­ter dem Glücks­spiel­staats­ver­trag (a.F.) bis zum 30. No­vem­ber 2012 be­stehen­de staat­li­che Sport­wet­ten­mo­no­pol ver­letz­te die uni­ons­recht­li­che Nie­der­las­sungs- und Dienst­leis­tungs­frei­heit. In die­sem Zeit­raum durf­te die nord­rhein-west­fä­li­sche Mo­no­pol­re­ge­lung we­gen des Uni­ons­rechts­ver­sto­ßes auch nicht über­gangs­wei­se an­ge­wen­det wer­den.

2. Ei­ne In­ko­hä­renz des staat­li­chen Sport­wet­ten­mo­no­pols we­gen ei­ner sei­nen (vor­geb­li­chen) Zie­len wi­der­spre­chen­den Wer­be­pra­xis kann sich auch aus der Wer­bung des Mo­no­pol­trä­gers für an­de­re Mo­no­pol­an­ge­bo­te als die Sport­wet­ten und dar­über hin­aus auch aus der im Deut­schen Lot­to- und To­to­block ko­or­di­nier­ten, von den Mo­no­pol­trä­gern lan­des­gren­zen­über­grei­fend ab­ge­stimm­ten Wer­bung er­ge­ben.

3. Ei­ne In­ko­hä­renz we­gen ei­ner das Mo­no­pol kon­ter­ka­rie­ren­den Glücks­spiel­po­li­tik in ei­nem an­de­ren Glücks­spiel­be­reich mit min­des­tens gleich ho­hem Sucht­po­ten­zi­al setzt vor­aus, dass die­se Po­li­tik zur Fol­ge hat, dass das Mo­no­pol nicht mehr wirk­sam zum Er­rei­chen der mit ihm ver­folg­ten Zie­le bei­tra­gen kann; dies ist in ei­ner Fol­gen­be­trach­tung zu er­mit­teln, die sich nicht auf die ak­tu­el­len Spie­ler be­schränkt, son­dern die po­ten­zi­el­le Nach­fra­ge ein­be­zieht.

  • Rechts­quel­len
  • Zi­tier­vor­schlag

Ur­teil

BVer­wG 8 C 12.12

  • VG Düs­sel­dorf - 19.11.2007 - AZ: VG 3 K 2865/07
  • OVG für das Land Nord­rhein-West­fa­len - 10.01.2012 - AZ: OVG 4 A 3362/07

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 8. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 18. Ju­ni 2013
durch den Vi­ze­prä­si­den­ten des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
Prof. Dr. Dr. h.c. Ren­nert,
den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Dei­seroth
und die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Hau­ser, Dr. Held-Daab
und Dr. Ru­dolph
am 20. Ju­ni 2013 für Recht er­kannt:

Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 10. Ja­nu­ar 2012, so­weit sie den Zeit­raum bis zum 30. No­vem­ber 2012 be­trifft, wird auf Kos­ten der Be­klag­ten mit der Ma­ß­ga­be zu­rück­ge­wie­sen, dass fest­ge­stellt wird, dass die Un­ter­sa­gung der Ver­mitt­lung von Sport­wet­ten im Be­scheid der Be­klag­ten vom 3. April 2007 in der Ge­stalt des Wi­der­spruchs­be­schei­des der Be­zirks­re­gie­rung Düs­sel­dorf vom 28. Ju­ni 2007 in der Zeit vom 10. Ja­nu­ar 2012 bis zum 30. No­vem­ber 2012 rechts­wid­rig war.

Grün­de

I

1 Die Klä­ge­rin wen­det sich ge­gen die Un­ter­sa­gung der Ver­mitt­lung von Sport­wet­ten an ei­nen im EU-Aus­land kon­zes­sio­nier­ten pri­va­ten Wett­ver­an­stal­ter.

2 Un­ter dem 6. März 2007 mel­de­te die Klä­ge­rin bei der Be­klag­ten das Ge­wer­be „An­nah­me und Ver­mitt­lung von Sport­wet­ten“ in der Be­triebs­stät­te O... Stra­ße ... in M. an. Dort ver­mit­tel­te sie Sport­wet­ten an die Fa. T... Ltd. mit Sitz auf Mal­ta. Mit so­fort voll­zieh­ba­rem Be­scheid vom 3. April 2007 un­ter­sag­te die Be­klag­te der Klä­ge­rin die An­nah­me und Ver­mitt­lung von pri­va­ten Sport­wet­ten je­der Art im ge­sam­ten Stadt­ge­biet, setz­te ihr ei­ne Frist zur Be­triebs­ein­stel­lung und droh­te ein Zwangs­geld von 10 000 € für je­den Fall der Zu­wi­der­hand­lung an. Da­zu führ­te sie aus, die Klä­ge­rin er­fül­le min­des­tens den Tat­be­stand der Bei­hil­fe zum un­er­laub­ten öf­fent­li­chen Glücks­spiel nach § 284 Abs. 1 i.V.m. § 27 StGB. Das seit dem 1. Ju­li 2004 im Lot­te­rie­staats­ver­trag ge­re­gel­te Sport­wet­ten­mo­no­pol sei recht­mä­ßig. Die Be­klag­te sei ge­hal­ten, ge­gen die pri­va­te An­nah­me und Ver­mitt­lung von Sport­wet­ten vor­zu­ge­hen.

3 Der Wi­der­spruch der Klä­ge­rin und ein Eil­an­trag blie­ben er­folg­los. Mit Schrei­ben vom 24. April 2007 teil­te die Klä­ge­rin mit, sie ha­be ih­re Ver­mitt­lungs­tä­tig­keit ein­ge­stellt. Zum 31. De­zem­ber 2008 mel­de­te sie ihr Ge­wer­be ab.

4 Ih­re am 3. Ju­li 2007 er­ho­be­ne An­fech­tungs­kla­ge hat das Ver­wal­tungs­ge­richt Düs­sel­dorf mit Ur­teil vom 19. No­vem­ber 2007 ab­ge­wie­sen.

5 Auf die Be­ru­fung der Klä­ge­rin hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt mit Ur­teil vom 10. Ja­nu­ar 2012 die erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung ge­än­dert und den Be­scheid der Be­klag­ten vom 3. April 2007 in der Ge­stalt des Wi­der­spruchs­be­schei­des der Be­zirks­re­gie­rung Düs­sel­dorf vom 28. Ju­ni 2007 auf­ge­ho­ben. Die Recht­mä­ßig­keit der Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung als ei­nes Dau­er­ver­wal­tungs­akts be­ur­tei­le sich nach der ak­tu­el­len Rechts­la­ge und da­mit nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 des Glücks­spiel­staats­ver­tra­ges (Staats­ver­trag zum Glücks­spiel­we­sen in Deutsch­land vom 31. Ju­li 2007 - GlüStV <a.F.>, GV NRW S. 454; in Nord­rhein-West­fa­len zum 1. Ja­nu­ar 2008 um­ge­setzt durch das Ge­setz des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len zum Staats­ver­trag zum Glücks­spiel­we­sen in Deutsch­land vom 30. Ok­to­ber 2007, GV NRW S. 445). Die Klä­ge­rin ver­fü­ge zwar eben­so wie der Wett­an­bie­ter, an den sie Sport­wet­ten ver­mit­tel­te, nicht über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV er­for­der­li­che Er­laub­nis. Die Be­klag­te ha­be aber ihr Er­mes­sen, die un­er­laub­te Ver­mitt­lung zu un­ter­sa­gen, feh­ler­haft aus­ge­übt. Sie ha­be zu Un­recht an­ge­nom­men, die für die Ver­mitt­lung er­for­der­li­che Er­laub­nis kön­ne schon we­gen des Sport­wet­ten­mo­no­pols nicht er­teilt wer­den. Die Mo­no­pol­re­ge­lung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV sei un­an­wend­bar, weil sie die uni­ons­recht­li­che Nie­der­las­sungs- und Dienst­leis­tungs­frei­heit ver­let­ze. Zwar ver­fol­ge sie mit der Sucht­be­kämp­fung und dem Ju­gend- und Spiel­er­schutz uni­ons­recht­lich le­gi­ti­me Zie­le. Sie sei aber un­ver­hält­nis­mä­ßig, weil sie in­ko­hä­rent und da­her un­ge­eig­net sei, die Ver­wirk­li­chung die­ser Zie­le zu ge­währ­leis­ten. Das er­ge­be sich schon aus der un­zu­läs­si­gen Wer­be­pra­xis, die sys­te­ma­tisch zum Wet­ten an­rei­ze und er­mun­te­re. Aus uni­ons­recht­li­cher Sicht sei­en da­bei auch die nord­rhein-west­fä­li­sche Lot­to-Wer­bung und die im Deut­schen Lot­to- und To­to­block ko­or­di­nier­te Wer­bung an­de­rer Mo­no­pol­trä­ger im Bun­des­ge­biet zu be­rück­sich­ti­gen. Sys­te­ma­tisch un­zu­läs­si­ge Wer­bung wer­de vor al­lem mit den Jack­pot-Wer­be­kam­pa­gnen be­trie­ben. Auch die Hin­wei­se auf ei­ne ge­mein­nüt­zi­ge Ver­wen­dung ei­nes Teils der Wett­ein­sät­ze („Lot­to-Hilft“-Kam­pa­gnen) gin­gen re­gel­mä­ßig über ei­ne zu­läs­si­ge Ka­na­li­sie­rung vor­han­de­ner Wett­lei­den­schaf­ten hin­aus. Eben­so ent­fal­te­ten Pres­se­mit­tei­lun­gen über glück­li­che Lot­to­mil­lio­nä­re, die Art und Wei­se der öf­fent­li­chen Er­mitt­lung von Ge­winn­zah­len vor lau­fen­den Fern­seh­ka­me­ras so­wie die Prä­sen­ta­ti­on der Lot­to-Glücks­spi­ra­le vor der Haupt­aus­ga­be der Ta­ges­schau mit der Wer­bung für ei­ne So­fort­ren­te in Hö­he von 7 500 € un­zu­läs­si­ge An­rei­z­wir­kung. In der Ver­gan­gen­heit hät­ten die Mo­no­pol­an­bie­ter sol­che For­men un­zu­läs­si­ger Wer­bung noch ex­ten­si­ver be­trie­ben. Un­ab­hän­gig da­von füh­re auch die den Mo­no­pol­zie­len zu­wi­der­lau­fen­de Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich des ge­werb­li­chen Au­to­ma­ten­spiels zur In­ko­hä­renz. Die­ser Be­reich sei der wirt­schaft­lich be­deu­tends­te Glücks­spiel­sek­tor und wei­se das höchs­te Sucht­po­ten­zi­al auf. Den­noch wer­de dort seit der 5. No­vel­lie­rung der Spiel­ver­ord­nung (Fünf­te Ver­ord­nung zur Än­de­rung der Spiel­ver­ord­nung vom 17. De­zem­ber 2005, BGBl I S. 3495; vgl. die Be­kannt­ma­chung der seit dem 1. Ja­nu­ar 2006 gel­ten­den Neu­fas­sung der Ver­ord­nung über Spiel­ge­rä­te und an­de­re Spie­le mit Ge­winn­mög­lich­keit <Spiel­ver­ord­nung - SpielV> vom 27. Ja­nu­ar 2006, BGBl I S. 280) ei­ne den Zie­len der Sucht­be­kämp­fung und des Ju­gend- und Spiel­er­schut­zes wi­der­spre­chen­de Ex­pan­si­ons­po­li­tik ver­folgt. Die Neu­fas­sung der Spiel­ver­ord­nung und de­ren Um­set­zung in der Pra­xis hät­ten zu ei­ner er­heb­li­chen Aus­wei­tung der Spiel­ge­le­gen­hei­ten, zu ei­ner zu­neh­men­den An­ony­mi­sie­rung und zur Sen­kung der Hemm­schwel­len ge­führt, oh­ne dass dies durch spiel­er­schüt­zen­de Maß­nah­men aus­rei­chend aus­ge­gli­chen wor­den wä­re. Dar­aus ha­be sich ein be­trächt­li­ches Um­satz­wachs­tum er­ge­ben, das in er­heb­li­chem Maß zu­las­ten der Sucht­ge­fähr­de­ten ge­he. Prä­ven­ti­ve Be­mü­hun­gen blie­ben weit­ge­hend wir­kungs­los. Ob die Mo­no­pol­re­ge­lung zu­min­dest in ih­rem Teil­seg­ment und da­mit teil­wei­se ge­eig­net sei, die Mo­no­pol­zie­le zu ver­wirk­li­chen, kön­ne da­hin­ste­hen. Bei ei­nem so wi­der­sprüch­li­chen Schutz­kon­zept kom­me es dar­auf nicht an. Ei­ne Fol­gen­ab­schät­zung im Sin­ne der Er­mitt­lung von Ab­wan­de­rungs­be­we­gun­gen aus dem Mo­no­pol­be­reich in den Au­to­ma­ten­sek­tor sei eben­falls ent­behr­lich. Selbst wenn sie er­for­der­lich sein soll­te, lie­ßen die vor­lie­gen­den Un­ter­su­chun­gen zu­min­dest er­ken­nen, dass mög­li­che Fol­ge­wir­kun­gen der Li­be­ra­li­sie­rung des ge­werb­li­chen Au­to­ma­ten­spiels auch und ge­ra­de den Markt der Sport­wet­ten be­trä­fen und dass des­sen Um­satz­ein­bu­ße hin­sicht­lich der pro­ble­ma­ti­schen Spie­ler­kli­en­tel zu­las­ten ei­ner wach­sen­den Ab­wan­de­rung in den „il­le­ga­len“ An­bie­ter­be­reich und das zu­neh­mend ex­pan­die­ren­de Seg­ment der ge­werb­li­chen Geld­spiel­au­to­ma­ten ge­he. Dies be­stä­ti­ge, dass sich Spiel­sucht nur als sol­che, al­so auf den ge­sam­ten Glücks­spiel­markt be­zo­gen, be­kämp­fen las­se. Ver­fas­sungs­recht ste­he der nach dem Uni­ons­recht er­for­der­li­chen kom­pe­tenz- und län­der­über­grei­fen­den Be­trach­tung nicht ent­ge­gen. Der Er­mes­sens­feh­ler der an­ge­grif­fe­nen Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung sei we­der un­be­acht­lich, noch kön­ne er im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren ge­heilt wer­den. Der glücks­spiel­recht­li­che Er­laub­nis­vor­be­halt sei zwar wirk­sam und an­wend­bar. Er recht­fer­ti­ge ei­ne voll­stän­di­ge Un­ter­sa­gung aber nur bei Feh­len der Er­laub­nis­fä­hig­keit. Die Er­le­di­gung der Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung und das Ver­bot ei­nes nach­träg­li­chen Aus­tauschs der Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen im ge­richt­li­chen Ver­fah­ren nach § 114 Satz 2 Vw­GO schlös­sen ei­ne Hei­lung des Er­mes­sens­feh­lers aus.

6 Die Be­klag­te macht mit ih­rer Re­vi­si­on gel­tend, das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt wen­de das uni­ons­recht­li­che Ko­hä­renz­ge­bot un­zu­tref­fend an und sei feh­ler­haft von ei­ner un­zu­läs­si­gen An­rei­z­wir­kung der Wer­bung für das Mo­no­pol­an­ge­bot aus­ge­gan­gen. Die Wer­bung in an­de­ren Bun­des­län­dern in die Be­ur­tei­lung ein­zu­be­zie­hen, ver­let­ze das Bun­des­staats­prin­zip des Art. 20 Abs. 1 GG. Bei den Hin­wei­sen auf ei­ne ge­mein­nüt­zi­ge Ver­wen­dung der Wett­ein­sät­ze han­de­le es sich le­dig­lich um ei­ne zu­läs­si­ge In­for­ma­ti­on oh­ne Auf­for­de­rungs­cha­rak­ter. Die re­strik­ti­ve Recht­spre­chung las­se ei­ne Ka­na­li­sie­rung der Spiel­lei­den­schaft durch Hin­len­ken zum le­ga­len An­ge­bot nicht mehr zu. Eben­falls zu Un­recht ge­he das Be­ru­fungs­ge­richt von ei­ner In­ko­hä­renz des Mo­no­pols we­gen ei­ner kon­ter­ka­rie­ren­den Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich der ge­werb­li­chen Spiel­au­to­ma­ten aus und ver­säu­me es, die er­for­der­li­che Fol­gen­be­trach­tung an­zu­stel­len. Ins­be­son­de­re ha­be es ei­ne Ab­wan­de­rung von Wett­kun­den zu den Au­to­ma­ten­spie­len nicht aus­rei­chend auf­ge­klärt. Zu­dem dürf­ten rechts­wid­ri­ge Re­ge­lun­gen, die der Bund im Rah­men sei­ner Kom­pe­tenz im Be­reich des Au­to­ma­ten­spiels ge­trof­fen ha­be, nicht den Län­dern zu­ge­rech­net wer­den. An­dern­falls wer­de Art. 20 Abs. 1 i.V.m. Art. 79 Abs. 3 GG ver­letzt. Ei­ne Er­mes­sens­re­du­zie­rung auf Null er­ge­be sich schon aus § 284 Abs. 1 StGB.

7 Mit Be­schluss vom 4. De­zem­ber 2012 hat der Se­nat das Ver­fah­ren, so­weit es den Un­ter­sa­gungs­zeit­raum seit dem 1. De­zem­ber 2012 be­trifft, un­ter dem Ak­ten­zei­chen - BVer­wG 8 C 51.12 - ab­ge­trennt.

8 Die Be­klag­te be­an­tragt,
das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 10. Ja­nu­ar 2012 hin­sicht­lich des Zeit­raums bis zum 30. No­vem­ber 2012 zu än­dern und die Be­ru­fung der Klä­ge­rin ge­gen das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Düs­sel­dorf vom 19. No­vem­ber 2007 in­so­weit zu­rück­zu­wei­sen.

9 Die Klä­ge­rin be­an­tragt,
die Re­vi­si­on der Be­klag­ten hin­sicht­lich des Zeit­raums bis zum 30. No­vem­ber 2012 mit der Ma­ß­ga­be zu­rück­zu­wei­sen, dass fest­ge­stellt wird, dass die Un­ter­sa­gung der Ver­mitt­lung von Sport­wet­ten im Be­scheid der Be­klag­ten vom 3. April 2007 in der Ge­stalt des Wi­der­spruchs­be­schei­des der Be­zirks­re­gie­rung Düs­sel­dorf vom 28. Ju­ni 2007 bis zum 30. No­vem­ber 2012 rechts­wid­rig war.

10 Sie ver­tei­digt das an­ge­grif­fe­ne Ur­teil.

II

11 So­weit die Re­vi­si­on den noch ver­fah­rens­ge­gen­ständ­li­chen Zeit­raum bis zum 30. No­vem­ber 2012 be­trifft, ist sie zu­läs­sig, aber nicht be­grün­det. In­so­weit be­ruht das an­ge­grif­fe­ne Ur­teil nicht auf der Ver­let­zung re­vi­si­blen Rechts.

12 1. Für den hier ver­fah­rens­ge­gen­ständ­li­chen Zeit­raum hat die Klä­ge­rin ihr im Ver­fah­ren - BVer­wG 8 C 51.12 - fort­ge­führ­tes An­fech­tungs­be­geh­ren zu­läs­sig um ei­nen Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­an­trag für den seit der Be­ru­fungs­ent­schei­dung ab­ge­lau­fe­nen Zeit­raum er­gänzt.

13 a) Der im Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung ge­stell­te Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­an­trag zieht die Kon­se­quen­zen dar­aus, dass die glücks­spiel­recht­li­che Un­ter­sa­gung sich grund­sätz­lich fort­lau­fend für den je­weils ab­ge­lau­fe­nen Zeit­raum er­le­digt. Ein Ver­bot wird durch Zeit­ab­lauf ge­gen­stands­los, weil es nicht rück­wir­kend be­folgt oder durch­ge­setzt wer­den kann. Für die Ver­gan­gen­heit an­fecht­bar bleibt es nur, wenn die Un­ter­sa­gung in­so­weit noch nach­tei­li­ge Rechts­wir­kun­gen für den Be­trof­fe­nen ent­fal­tet, et­wa, weil sie die Rechts­grund­la­ge für noch rück­gän­gig zu ma­chen­de Voll­stre­ckungs­maß­nah­men bil­det. An­dern­falls kann Rechts­schutz für die Ver­gan­gen­heit nur auf ei­ne Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­kla­ge hin ge­währt wer­den (Ur­tei­le vom 11. Ju­li 2011 - BVer­wG 8 C 11.10 - ju­ris Rn. 15 und vom 16. Mai 2013 - BVer­wG 8 C 14.12 - ju­ris Rn. 18, Be­schluss vom 5. Ja­nu­ar 2012 - BVer­wG 8 B 62.11 - NVwZ 2012, 510 Rn. 13). Das ist hier der Fall.

14 b) § 142 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO steht der Um­stel­lung ei­nes er­le­dig­ten An­fech­tungs­an­trags auf ein Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­be­gehr­en im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren nicht ent­ge­gen, so­weit der Streit­ge­gen­stand da­durch nicht ver­än­dert wird und der Pro­zess­stoff im We­sent­li­chen der­sel­be bleibt. Dar­an fehlt es, wenn der für die Be­ur­tei­lung ma­ß­geb­li­che Zeit­punkt und die Be­ur­tei­lungs­grund­la­ge sich än­dern (Ur­teil vom 8. De­zem­ber 1995 - BVer­wG 8 C 37.93 - BVer­w­GE 100, 83 <102 f.>). Dem hat die Klä­ge­rin da­durch Rech­nung ge­tra­gen, dass sie ei­ne Fort­set­zungs­fest­stel­lung nur als Ma­ß­ga­be zur Be­stä­ti­gung des be­ru­fungs­ge­richt­li­chen Ur­teils ver­langt, dem nur ein noch nicht um ein Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­be­gehr­en für die Ver­gan­gen­heit er­gänz­ter An­fech­tungs­an­trag zu­grun­de lag. Da­bei ging das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt er­kenn­bar von ei­ner An­fech­tung nur für die Zu­kunft aus und prüf­te die Recht­mä­ßig­keit des an­ge­foch­te­nen Be­schei­des des­halb nur für den da­mals ge­gen­wär­ti­gen Zeit­punkt. Der nun­mehr ge­stell­te Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­an­trag ist da­her - auch un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Stel­lung­nah­men der Klä­ge­rin zur Er­ör­te­rung des § 142 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO im Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung - ge­mäß § 88 Vw­GO sach­ge­recht da­hin aus­zu­le­gen, dass sie die Fest­stel­lung der Rechts­wid­rig­keit des an­ge­grif­fe­nen Be­schei­des - erst - ab dem Zeit­punkt der Be­ru­fungs­ent­schei­dung be­gehrt.

15 c) Ei­ne end­gül­ti­ge Er­le­di­gung der Un­ter­sa­gung, die zur Un­zu­läs­sig­keit auch der Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­kla­ge für den an­schlie­ßen­den Zeit­raum füh­ren wür­de, ist bis zum 30. No­vem­ber 2012 nicht ein­ge­tre­ten. Die Ein­stel­lung der Wett­ver­mitt­lung in der Be­triebs­stät­te der Klä­ge­rin ge­nügt da­zu nicht, da die Un­ter­sa­gung ihr auch ei­ne Wie­der­auf­nah­me die­ser Tä­tig­keit an ei­nem an­de­ren Ort im Stadt­ge­biet ver­bie­tet; in­so­weit be­grün­det die Un­ter­sa­gung wei­ter­hin ei­ne Be­schwer für den je­weils ge­gen­wär­ti­gen Zeit­punkt und für die Zu­kunft.

16 d) Die Klä­ge­rin hat auch ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se an der Fest­stel­lung der Rechts­wid­rig­keit der Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung im ver­fah­rens­ge­gen­ständ­li­chen Zeit­raum.

17 Ein Prä­ju­di­z­in­ter­es­se ist zu be­ja­hen, wenn die Gel­tend­ma­chung von Staats­haf­tungs­an­sprü­chen im hier be­reits an­hän­gi­gen Zi­vil­pro­zess nicht of­fen­sicht­lich aus­sichts­los ist. Bei der Prü­fung die­ses Aus­schluss­kri­te­ri­ums ist ein stren­ger Maß­stab an­zu­le­gen. Of­fen­sicht­lich aus­sichts­los ist ei­ne Staats­haf­tungs­kla­ge, wenn der gel­tend ge­mach­te An­spruch un­ter kei­nem denk­ba­ren recht­li­chen Ge­sichts­punkt be­steht und dies sich oh­ne ei­ne ins Ein­zel­ne ge­hen­de Wür­di­gung auf­drängt (Ur­tei­le vom 14. Ja­nu­ar 1980 - BVer­wG 7 C 92.79 - Buch­holz 310 § 113 Vw­GO Nr. 95 S. 27, vom 29. April 1992 - BVer­wG 4 C 29.90 - Buch­holz 310 § 113 Vw­GO Nr. 247 S. 90 und vom 8. De­zem­ber 1995 - BVer­wG 8 C 37.93 - BVer­w­GE 100, 83 <92> = Buch­holz 454.11 WEG Nr. 7). Die Wahr­schein­lich­keit ei­nes Miss­er­folgs ge­nügt nicht.

18 Of­fen­blei­ben kann, ob ein - ver­schul­dens­ab­hän­gi­ger - Amts­haf­tungs­an­spruch nach Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder ein uni­ons­recht­li­cher Staats­haf­tungs­an­spruch in Be­tracht kommt. Je­den­falls ist das Be­stehen ei­nes Haf­tungs­an­spruchs nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW nicht von vorn­her­ein of­fen­sicht­lich aus­ge­schlos­sen. Da­bei muss nicht ge­klärt wer­den, ob die An­wen­dung der im Zi­vil­pro­zess re­vi­si­blen Vor­schrift (§§ 545, 560 ZPO) auch im Ver­wal­tungs­pro­zess re­vi­si­ons­ge­richt­lich über­prüft wer­den darf oder ob dies we­gen § 137 Abs. 1 Vw­GO nicht in Be­tracht kommt (vgl. Be­schlüs­se vom 17. Ok­to­ber 2012 - BVer­wG 8 B 47.12 - Buch­holz 11 Art. 20 GG Nr. 208 Rn. 22 und - BVer­wG 8 B 62.12 - ju­ris Rn. 17). Selbst wenn ei­ne re­vi­si­ons­ge­richt­li­che Über­prü­fung der Aus­le­gung der Vor­schrift zu­läs­sig sein soll­te, wä­ren de­ren Vor­aus­set­zun­gen hier nicht of­fen­sicht­lich und oh­ne ei­ne ins Ein­zel­ne ge­hen­de Prü­fung zu ver­nei­nen.

19 § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW be­grün­det ei­nen ver­schul­dens­un­ab­hän­gi­gen Er­satz­an­spruch für Schä­den, die je­man­dem durch ei­ne rechts­wid­ri­ge Maß­nah­me der Ord­nungs­be­hör­den ent­stan­den sind. Bei Er­lass der Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung han­del­te die Be­klag­te nach § 14 Abs. 1 OBG NW als Ord­nungs­be­hör­de.

20 Ob ei­ne Haf­tung nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW aus­ge­schlos­sen ist, weil die Norm nur die Haf­tung für ent­eig­nungs­glei­che Ein­grif­fe re­geln soll und da­mit kei­ne Ent­schä­di­gung für le­gis­la­ti­ves Un­recht ein­schlie­ß­lich der An­wen­dung rechts­wid­ri­ger Nor­men (sog. Be­ru­hens­fäl­le) ge­währt, muss ge­ge­be­nen­falls im zi­vil­ge­richt­li­chen Staats­haf­tungs­pro­zess ge­klärt wer­den. Von ei­ner sol­chen An­spruchs­be­gren­zung kann nicht mit der er­for­der­li­chen Of­fen­sicht­lich­keit aus­ge­gan­gen wer­den. Al­ler­dings ge­ben die Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en deut­li­che Hin­wei­se für ei­ne ent­spre­chen­de Be­schrän­kung. So wur­de die vom Aus­schuss für In­ne­re Ver­wal­tung vor­ge­schla­ge­ne Aus­wei­tung der Haf­tung auf die Schä­di­gung von Per­so­nen, die als Stö­rer in An­spruch ge­nom­men wur­den (Be­schluss­vor­schlag des Aus­schus­ses vom 11. Ok­to­ber 1955, LT­Drucks 3/243), im Land­tags­ple­num da­hin er­läu­tert, dass in An­leh­nung an das in der Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs ent­wi­ckel­te In­sti­tut des ent­eig­nungs­glei­chen Ein­griffs ei­ne Haf­tung auch für rechts­wid­rig-schuld­lo­se Ver­wal­tungs­maß­nah­men ein­ge­führt wer­den sol­le (vgl. das Pro­to­koll der 2. Le­sung des Ent­wurfs des Ord­nungs­be­hör­den­ge­set­zes, LT-Pro­to­kol­le 3. Wahl­pe­ri­ode Bd. 1 S. 822 <825, 827 f. und 837 un­ter C und D>). Auch die Ab­leh­nung ei­nes An­trags der Frak­ti­on des Zen­trums, den Haf­tungs­um­fang auf ent­gan­ge­nen Ge­winn zu er­stre­cken (LT­Drucks 3/273 S. 3 zu § 48), und die Ab­leh­nung ei­ner Haf­tung für im­ma­te­ri­el­le Schä­den wur­den auf die rich­ter­recht­lich kon­kre­ti­sier­ten An­for­de­run­gen aus Art. 14 GG zu­rück­ge­führt (LT-Pro­to­kol­le a.a.O. S. 827 f. und 837 un­ter C und D). Die Sys­te­ma­tik des § 39 Abs. 1 OBG NW voll­zieht eben­falls den Erst-recht-Schluss von der Staats­haf­tung für recht­mä­ßi­ge ent­eig­nen­de Ein­grif­fe auf die Haf­tung für ent­eig­nungs­glei­che Ein­grif­fe nach (Drews/Wa­cke/Vo­gel/Mar­tens, Ge­fah­ren­ab­wehr, 9. Aufl. 1986, S. 664 f.). Al­ler­dings hat der Bun­des­ge­richts­hof erst nach Er­lass des § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW ent­schie­den, dass die Haf­tung aus ent­eig­nungs­glei­chem Ein­griff sich nicht auf le­gis­la­ti­ves Un­recht ein­schlie­ß­lich der Be­ru­hens­fäl­le er­streckt (vgl. BGH, Ur­tei­le vom 12. März 1987 - III ZR 216/85 - BGHZ 100, 136 <145 ff.> und vom 27. Ja­nu­ar 1994 - III ZR 42/92 - BGHZ 125, 27 <38>). Dies än­dert aber nichts dar­an, dass die Haf­tungs­be­gren­zung im Rechts­in­sti­tut des ent­eig­nungs­glei­chen Ein­griffs be­reits an­ge­legt war. Nach der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung ist auch nicht evi­dent, dass ein Be­ru­hens­fall - wie die Klä­ge­rin meint - nur bei ei­ner ge­bun­de­nen Ent­schei­dung vor­lie­gen könn­te. An­ge­wen­det wird die rechts­wid­ri­ge Vor­schrift auch, wenn sie Er­mes­sen ein­räumt. Selbst wenn ein Be­ru­hens­fall ei­ne ge­bun­de­ne Ent­schei­dung vor­aus­set­zen soll­te, könn­te über­dies ge­nü­gen, dass die le­gis­la­ti­ve Re­ge­lung das Er­mes­sen der Be­hör­de auf Null re­du­zier­te. Die Fra­ge, ob und in­wie­weit § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW ei­ne Haf­tung für le­gis­la­ti­ves Un­recht und des­halb auch ei­ne Haf­tung in Fäl­len wie dem vor­lie­gen­den aus­schlie­ßt, ist in der zi­vil­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung je­doch noch nicht ge­klärt. Bis­lang lie­gen nur ein­zel­ne Ent­schei­dun­gen vor, die von ei­ner Un­an­wend­bar­keit der Haf­tungs­norm aus­ge­hen (OLG Köln, Ur­teil vom 3. Mai 2012 - 7 U 194/11 - ju­ris Rn. 30 f.; OLG Hamm, Ur­teil vom 3. Mai 2013 - I-11 U 88/11 - ju­ris Rn. 95 ff.). Die neu­es­te, zu­letzt zi­tier­te Ent­schei­dung hat we­gen die­ser Fra­ge die Re­vi­si­on zum Bun­des­ge­richts­hof zu­ge­las­sen, dem die höchst­rich­ter­li­che Klä­rung über­las­sen bleibt.

21 Ein Er­satz­an­spruch nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW ist auch nicht schon of­fen­sicht­lich zu ver­nei­nen, weil die et­wai­ge Rechts­ver­let­zung nicht kau­sal für den gel­tend ge­mach­ten Scha­den wä­re. Die lan­des­recht­li­che Re­ge­lung ver­hält sich nicht zu den An­for­de­run­gen, die an die Scha­dens­ver­ur­sa­chung zu stel­len sind. Auch in­so­weit fehlt ei­ne ge­fes­tig­te zi­vil­ge­richt­li­che Kon­kre­ti­sie­rung. Zwar mag na­he­lie­gen, die für re­vi­si­ble Haf­tungs­nor­men ent­wi­ckel­ten An­for­de­run­gen an die Kau­sa­li­tät bei Er­mes­sens­ak­ten auch auf die lan­des­recht­li­che Haf­tungs­re­ge­lung des Po­li­zei- und Ord­nungs­rechts zu über­tra­gen und die Ur­säch­lich­keit zu ver­nei­nen, wenn nicht aus­ge­schlos­sen wer­den kann, dass auch bei feh­ler­frei­er Rechts­an­wen­dung die­sel­be zum Scha­den füh­ren­de Ent­schei­dung ge­trof­fen wor­den wä­re (BGH, Be­schlüs­se vom 21. Ja­nu­ar 1982 - III ZR 37/81 - VersR 1982, 275 und vom 30. Mai 1985 - III ZR 198/84 - VersR 1985, 887 f.; Vin­ke, in: So­er­gel, Bür­ger­li­ches Ge­setz­buch, Bd. 12, 13. Aufl. 2005, § 839 Rn. 176, zur Un­ter­schei­dung von der Fi­gur recht­mä­ßi­gen Al­ter­na­tiv­ver­hal­tens vgl. ebd. Rn. 178). Of­fen­sicht­lich ist ei­ne sol­che Par­al­le­li­tät aber nicht. Ins­be­son­de­re steht es dem Lan­des­ge­setz­ge­ber frei, die Haf­tung gro­ß­zü­gi­ger zu re­geln. Ob dies hier ge­sche­hen ist, be­darf ge­ge­be­nen­falls ei­ner nä­he­ren Prü­fung im an­hän­gi­gen Staats­haf­tungs­ver­fah­ren.

22 Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten ist ein er­satz­fä­hi­ger Scha­den eben­falls nicht of­fen­sicht­lich zu ver­nei­nen. Auf die Fra­ge, ob ei­gen­tums­fä­hi­ge Po­si­tio­nen be­trof­fen sind, kommt es nur bei ei­ner ent­spre­chen­den, hier ge­ra­de nicht of­fen­sicht­li­chen Be­schrän­kung der Haf­tung an. Ob Ver­mö­gens­ein­bu­ßen we­gen recht­li­cher Miss­bil­li­gung der un­ter­sag­ten Tä­tig­keit nicht er­satz­fä­hig sind, lässt sich nur auf der Grund­la­ge ei­ner ins Ein­zel­ne ge­hen­den ver­fas­sungs- und uni­ons­recht­li­chen Prü­fung der die Tä­tig­keit be­schrän­ken­den oder miss­bil­li­gen­den Vor­schrif­ten be­ant­wor­ten, so dass auch in­so­weit kei­ne Of­fen­sicht­lich­keit vor­liegt.

23 Man­gels ent­spre­chen­den sub­stan­ti­ier­ten Vor­brin­gens der Be­tei­lig­ten gibt es schlie­ß­lich kei­ne zu­rei­chen­den An­halts­punk­te da­für, dass die Be­klag­te sei­ner­zeit durch ei­ne kom­mu­nal­auf­sicht­li­che Wei­sung oder ei­nen mi­nis­te­ri­el­len Er­lass zum Er­lass der hier an­ge­grif­fe­nen Ver­fü­gung ver­pflich­tet ge­we­sen und ih­re Pas­siv­le­gi­ti­ma­ti­on im Staats­haf­tungs­pro­zess schon des­halb zu ver­nei­nen wä­re (zu ei­ner sol­chen Kon­stel­la­ti­on vgl. OLG Hamm, Ur­teil vom 3. Mai 2013 a.a.O. Rn. 121 ff.).

24 2. Be­züg­lich des hier ver­fah­rens­ge­gen­ständ­li­chen Zeit­raums von der Ent­schei­dung des Be­ru­fungs­ge­richts am 10. Ja­nu­ar 2012 bis zum 30. No­vem­ber 2012 ist die Re­vi­si­on nicht be­grün­det. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Rechts­wid­rig­keit der an­ge­grif­fe­nen Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei da­mit be­grün­det, dass die Un­ter­sa­gung ma­ß­geb­lich auf das staat­li­che Sport­wet­ten­mo­no­pol ge­stützt wur­de, ob­wohl die Mo­no­pol­re­ge­lung uni­ons­rechts­wid­rig und da­mit un­an­wend­bar war, weil sie dem uni­ons­recht­li­chen Ko­hä­renzer­for­der­nis schon we­gen der sys­te­ma­tisch zum Glücks­spiel an­rei­zen­den Wer­be­pra­xis der Mo­no­pol­trä­ger nicht ge­nüg­te. So­weit das Be­ru­fungs­ur­teil ei­ne In­ko­hä­renz auch we­gen ei­ner der Sucht­be­kämp­fung zu­wi­der­lau­fen­den Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich des ge­werb­li­chen Au­to­ma­ten­spiels be­jaht, wen­det es das Ko­hä­renzer­for­der­nis frei­lich teil­wei­se un­zu­tref­fend an. Es be­ruht aber nicht auf die­sem Feh­ler, weil es un­ab­hän­gig da­von selbst­stän­dig von der zu­vor dar­ge­stell­ten Be­grün­dung mit der Wer­be­pra­xis ge­tra­gen wird.

25 Zu Recht ist das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt da­von aus­ge­gan­gen, dass ei­ne glücks­spiel­recht­li­che Un­ter­sa­gung als Ver­wal­tungs­akt mit Dau­er­wir­kung wäh­rend ih­res Wir­kungs­zeit­raums an der je­weils ak­tu­el­len Rechts­la­ge zu mes­sen ist. Da die von ihm her­an­ge­zo­ge­ne Er­mäch­ti­gungs­grund­la­ge des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV (a.F.) nicht zum re­vi­si­blen Recht ge­hört (§ 137 Abs. 1 Vw­GO), ist der re­vi­si­ons­ge­richt­li­chen Be­ur­tei­lung die be­ru­fungs­ge­richt­li­che Aus­le­gung und An­wen­dung der Vor­schrift zu­grun­de zu le­gen und nach § 173 Vw­GO i.V.m. § 560 ZPO nur zu prü­fen, ob die­se re­vi­si­bles Recht ver­letzt.

26 § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV i.V.m. Art. 1 §§ 1, 2 Abs. 1 des nord­rhein-west­fä­li­schen Um­set­zungs­ge­set­zes vom 30. Ok­to­ber 2007 ist nicht nur für den Zeit­punkt der Be­ru­fungs­ent­schei­dung, son­dern auch für den an­schlie­ßen­den Zeit­raum bis zum 30. No­vem­ber 2012 als Er­mäch­ti­gungs­grund­la­ge ein­schlä­gig. Die Rechts­la­ge in Nord­rhein-West­fa­len än­der­te sich nicht schon mit dem In­kraft­tre­ten des Ers­ten Glücks­spiel­än­de­rungs­staats­ver­tr­a­g­es zum 1. Ju­li 2012, son­dern ge­mäß Art. 4 des nach Art. 66 Satz 2 der Lan­des­ver­fas­sung (Verf NW) er­for­der­li­chen lan­des­recht­li­chen Zu­stim­mungs­ge­set­zes (Ge­setz zum Ers­ten Staats­ver­trag zur Än­de­rung des Staats­ver­tra­ges zum Glücks­spiel­we­sen in Deutsch­land vom 13. No­vem­ber 2012, GVBl S. 524) erst mit In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes zum 1. De­zem­ber 2012. Das Zu­stim­mungs­ge­setz ord­net auch kei­ne Rück­wir­kung der neu­en Vor­schrif­ten auf den 1. Ju­li 2012 an. Da es nicht Ge­gen­stand der Be­ru­fungs­ent­schei­dung war, ist der Se­nat nicht ge­hin­dert, die ein­schlä­gi­gen Vor­schrif­ten selbst aus­zu­le­gen. Art. 1 § 1 Satz 1 des Zu­stim­mungs­ge­set­zes ist kei­ne Rück­wir­kungs­an­ord­nung zu ent­neh­men. Er ist ent­we­der de­kla­ra­to­risch als Hin­weis auf das In­kraft­tre­ten des Staats­ver­tra­ges und die da­mit ver­bun­de­ne Ent­ste­hung von Ver­trags- und Um­set­zungs­pflich­ten des Lan­des im Au­ßen­ver­hält­nis zu den Ver­trags­part­nern zum 1. Ju­li 2012 zu ver­ste­hen oder als ein Re­dak­ti­ons­ver­se­hen zu er­klä­ren, das sich aus der Ver­zö­ge­rung des Er­las­ses des Zu­stim­mungs­ge­set­zes we­gen der Land­tags­wahl 2012 er­gab. Sys­te­ma­tisch spricht ge­gen die An­nah­me ei­ner Rück­wir­kungs­an­ord­nung schon, dass das als Art. 2 des Zu­stim­mungs­ge­set­zes er­las­se­ne Aus­füh­rungs­ge­setz zur Än­de­rung des Staats­ver­tra­ges nach § 24 Abs. 1 eben­falls zum 1. De­zem­ber 2012 in Kraft trat. Ei­ne rück­wir­ken­de Um­set­zung des Än­de­rungs­staats­ver­tra­ges oh­ne gleich­zei­ti­ges rück­wir­ken­des In­kraft­tre­ten der Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen ist nicht vor­stell­bar.

27 Mit dem Be­ru­fungs­ur­teil ist da­von aus­zu­ge­hen, dass der Tat­be­stand der Un­ter­sa­gungs­er­mäch­ti­gung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV i.V.m. Art. 1 §§ 1, 2 Abs. 1 des nord­rhein-west­fä­li­schen Um­set­zungs­ge­set­zes vom 30. Ok­to­ber 2007 er­füllt war. We­der die Klä­ge­rin noch das Wett­un­ter­neh­men, an das sie Sport­wet­ten ver­mit­tel­te, ver­füg­ten über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV er­for­der­li­che Er­laub­nis. Man­gels uni­ons­recht­li­cher Har­mo­ni­sie­rung muss­te die Be­klag­te die dem Wett­un­ter­neh­men im EU-Aus­land er­teil­te Kon­zes­si­on nicht als sol­che Er­laub­nis an­er­ken­nen (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Mar­kus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 112). Das da­mit er­öff­ne­te Un­ter­sa­gungs­er­mes­sen hat die Be­klag­te je­doch ge­mäß § 40 VwVfG NW feh­ler­haft aus­ge­übt (a). Ei­ne Er­mes­sens­aus­übung war nicht et­wa ent­behr­lich, weil der Er­mes­sens­spiel­raum der Be­klag­ten auf Null re­du­ziert und die­se zu ei­ner Un­ter­sa­gung ver­pflich­tet ge­we­sen wä­re (b). Die Be­klag­te hat die De­fi­zi­te ih­rer Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen auch nicht nach­träg­lich ge­heilt (c).

28 a) Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat den an­ge­grif­fe­nen Be­scheid re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei da­hin aus­ge­legt, dass die Er­mes­sens­ent­schei­dung für die Un­ter­sa­gung ma­ß­geb­lich mit der Er­wä­gung be­grün­det wur­de, ei­ne Er­laub­nis kön­ne we­gen des staat­li­chen Sport­wet­ten­mo­no­pols (vgl. § 5 Abs. 2 und 4 LoStV, § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV) nicht er­teilt wer­den. Die Aus­gangs­ver­fü­gung ver­weist mehr­fach dar­auf, dass Sport­wet­ten nicht durch Pri­va­te ver­an­stal­tet und nicht an die­se ver­mit­telt wer­den dürf­ten. Eben­so ar­gu­men­tiert die Be­grün­dung des Wi­der­spruchs­be­schei­des. Die an­ge­grif­fe­ne Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung wur­de wäh­rend des ge­richt­li­chen Ver­fah­rens auch nicht ge­än­dert.

29 Die ihr zu­grun­de lie­gen­de Er­mes­sens­aus­übung war nach § 40 VwVfG NW im Zeit­punkt der be­ru­fungs­ge­richt­li­chen Ent­schei­dung und dar­über hin­aus bis zum 30. No­vem­ber 2012 rechts­feh­ler­haft, weil sie zu Un­recht von der An­wend­bar­keit der Mo­no­pol­re­ge­lung aus­ging. Die Be­klag­te hät­te die­se Re­ge­lung nicht an­wen­den dür­fen, weil sie die uni­ons­recht­li­che Nie­der­las­sungs- und Dienst­leis­tungs­frei­heit un­ver­hält­nis­mä­ßig be­schränk­te. Wie das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt aus­führt, er­gab sich schon aus den sys­te­ma­ti­schen Ver­stö­ßen der Mo­no­pol­trä­ger ge­gen die Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung, dass das staat­li­che Sport­wet­ten­mo­no­pol nicht den uni­ons­recht­li­chen Ko­hä­renz­an­for­de­run­gen ge­nüg­te.

30 aa) Der per­sön­li­che An­wen­dungs­be­reich der Nie­der­las­sungs- wie der Dienst­leis­tungs­frei­heit ist er­öff­net, da die Klä­ge­rin nach deut­schem Recht ge­grün­det wur­de und ih­ren Sitz im In­land hat. Ob der sach­li­che An­wen­dungs­be­reich der Nie­der­las­sungs­frei­heit nach Art. 49 Abs. 1 des Ver­tra­ges über die Ar­beits­wei­se der Eu­ro­päi­schen Uni­on (AEUV, ABl C 115, 47) ein­schlä­gig ist oder - so­fern das Wett­bü­ro der Klä­ge­rin nicht als in­län­di­sche Prä­senz des Wett­un­ter­neh­mers an­zu­se­hen war - sub­si­di­är die Dienst­leis­tungs­frei­heit nach Art. 56 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 und 3 AEUV ein­greift, kann of­fen­blei­ben. Die Mo­no­pol­re­ge­lung be­schränkt bei­de Frei­hei­ten. In ih­rem räum­li­chen, in­län­di­schen Gel­tungs­be­reich schlie­ßt sie das Ver­an­stal­ten von Wet­ten durch an­de­re als den Mo­no­pol­trä­ger aus. Dar­über hin­aus lässt sie ei­ne Wett­ver­mitt­lung an an­de­re Wett­un­ter­neh­men als den Mo­no­pol­an­bie­ter nicht zu. Die uni­ons­recht­li­chen An­for­de­run­gen an die Recht­fer­ti­gung der Be­schrän­kung sind eben­falls für bei­de Grund­frei­hei­ten de­ckungs­gleich. Die Be­schrän­kung muss das Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot be­ach­ten so­wie nach Art. 51 f. i.V.m. Art. 62 AEUV oder aus zwin­gen­den Grün­den des All­ge­mein­in­ter­es­ses ge­recht­fer­tigt und ge­eig­net sein, die Ver­wirk­li­chung des mit ihr ver­folg­ten, uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Ziels zu ge­währ­leis­ten. Au­ßer­dem darf sie nicht über das hin­aus­ge­hen, was zur Er­rei­chung die­ses Ziels er­for­der­lich ist (Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 - BVer­wG 8 C 14.09 - BVer­w­GE 138, 201 Rn. 62).

31 Für die Recht­fer­ti­gung glücks­spiel­recht­li­cher Mo­no­pol­re­ge­lun­gen stellt der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on in stän­di­ger Recht­spre­chung auf die zwin­gen­den Grün­de des All­ge­mein­in­ter­es­ses ab, zu de­nen die Zie­le des Ver­brau­cher­schut­zes, der Be­trugs­vor­beu­gung, der Ver­mei­dung von An­rei­zen für die Bür­ger zu über­höh­ten Aus­ga­ben für das Spie­len und der Ver­hü­tung von Stö­run­gen der so­zia­len Ord­nung im All­ge­mei­nen ge­hö­ren (Eu­GH, Ur­tei­le vom 6. No­vem­ber 2003 - Rs. C-243/01, Gam­bel­li u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 60, 64, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Pla­ca­ni­ca u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 45, vom 8. Sep­tem­ber 2009 - Rs. C-42/07, Li­ga Por­tu­gue­sa de Fu­te­bol Pro­fis­sio­nal - NJW 2009, 3221 Rn. 56 und vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-46/08, Car­men Me­dia - Slg. 2010, I-8149 Rn. 45). Dies schlie­ßt die in § 1 GlüStV ge­nann­ten Zie­le der Sucht­be­kämp­fung und des Ju­gend- und Spiel­er­schut­zes ein (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Mar­kus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 79).

32 Man­gels uni­ons­recht­li­cher Har­mo­ni­sie­rung des Glücks­spiel­be­reichs steht den Mit­glied­staa­ten bei der Fest­le­gung der um­zu­set­zen­den Zie­le ein wei­ter Ge­stal­tungs­spiel­raum („aus­rei­chen­des Er­mes­sen“) zu. Sie dür­fen ih­re Glücks­spiel­po­li­tik ih­rer ei­ge­nen Wert­ord­nung ent­spre­chend aus­rich­ten und das an­ge­streb­te Schutz­ni­veau selbst be­stim­men. Die Not­wen­dig­keit und die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der er­las­se­nen Maß­nah­men sind al­lein im Hin­blick auf die ver­folg­ten Zie­le und das an­ge­streb­te Schutz­ni­veau zu be­ur­tei­len. Da­bei ist je­de be­schrän­ken­de Re­ge­lung ge­son­dert zu prü­fen (Eu­GH, Ur­tei­le vom 6. März 2007 a.a.O. Rn. 49 und vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 46 m.w.N). Ei­ne Mo­no­pol­re­ge­lung, die auf die Be­kämp­fung der Spiel­sucht und den Spiel­er­schutz als zwin­gen­de Grün­de des All­ge­mein­in­ter­es­ses ge­stützt wird, ist nur ver­hält­nis­mä­ßig, wenn sie eben­so wie ih­re An­wen­dung in der Pra­xis ge­eig­net ist, die Ver­wirk­li­chung die­ser Zie­le in dem Sin­ne zu ge­währ­leis­ten, dass sie ko­hä­rent und sys­te­ma­tisch zur Be­gren­zung der Wett­tä­tig­kei­ten bei­trägt (vgl. Ur­tei­le vom 6. No­vem­ber 2003 a.a.O. Rn. 67, vom 3. Ju­ni 2010 - Rs. C-258/08, Lad­bro­kes u.a. - Slg. 2010, I-4757 Rn. 21 so­wie vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 64 und - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 98; BVer­wG, Ur­tei­le vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 77 und vom 1. Ju­ni 2011 - BVer­wG 8 C 2.10 - Buch­holz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 45).

33 Das Ko­hä­renz­ge­bot prä­zi­siert die Vor­aus­set­zun­gen der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der be­schrän­ken­den Re­ge­lung in zwei­fa­cher Hin­sicht. Zum ei­nen ver­langt es, dass der Mit­glied­staat die uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Zie­le im An­wen­dungs­be­reich der Mo­no­pol­re­ge­lung tat­säch­lich ver­folgt. Er darf nicht schein­hei­lig le­gi­ti­me Zie­le vor­ge­ben, in Wahr­heit aber an­de­re - na­ment­lich fis­ka­li­sche - Zie­le an­stre­ben, die die Be­schrän­kung nicht le­gi­ti­mie­ren kön­nen (Eu­GH, Ur­tei­le vom 21. Ok­to­ber 1999 - Rs. C-67/98, Zen­at­ti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 35 ff., vom 6. No­vem­ber 2003 a.a.O. Rn. 67 ff. und vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 88 ff. so­wie - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 55, 64 ff.; BVer­wG, Ur­teil vom 1. Ju­ni 2011 a.a.O. Rn. 45). Die­se An­for­de­rung be­zieht sich al­lein auf den Mo­no­pol­sek­tor und ge­bie­tet, die nor­ma­ti­ve Aus­ge­stal­tung und die prak­ti­sche Hand­ha­bung des Mo­no­pols kon­se­quent an den uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Zie­len aus­zu­rich­ten (vgl. Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 83 und 98 f.). Sie lässt sich des­halb als Er­for­der­nis der Bin­nen­ko­hä­renz um­schrei­ben und trifft sich mit dem ver­fas­sungs­recht­li­chen Er­for­der­nis ei­ner nor­ma­ti­ven Aus­ge­stal­tung und Pra­xis, die kon­se­quent an den über­ra­gend wich­ti­gen Ge­mein­wohl­zie­len des Mo­no­pols aus­ge­rich­tet ist (da­zu vgl. BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerf­GE 115, 276 <309 ff.>; BVer­wG, Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 32).

34 Die zwei­te aus dem Ko­hä­renz­ge­bot ab­ge­lei­te­te An­for­de­rung greift da­ge­gen über den Mo­no­pol­sek­tor hin­aus und trägt dem Um­stand Rech­nung, dass die Ge­eig­net­heit der Mo­no­pol­re­ge­lung zur Ver­wirk­li­chung ei­nes mit ihr (tat­säch­lich) ver­folg­ten, uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Ziels durch ei­ne ge­gen­läu­fi­ge Glücks­spiel­po­li­tik in an­de­ren Glücks­spiel­be­rei­chen be­ein­träch­tigt wer­den kann. Die Mo­no­pol­re­ge­lung darf des­halb nicht durch die mit­glied­staat­li­che Po­li­tik in an­de­ren Glücks­spiel­be­rei­chen kon­ter­ka­riert wer­den. Da­mit ver­langt das Ko­hä­renz­ge­bot we­der ei­ne Uni­for­mi­tät der Re­ge­lun­gen noch ei­ne Op­ti­mie­rung der Ziel­ver­wirk­li­chung (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 95 f. und - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 62 f.; BVer­wG, Ur­teil vom 1. Ju­ni 2011 a.a.O. Rn. 45 m.w.N.). Das ge­winnt Be­deu­tung na­ment­lich in Mit­glied­staa­ten wie Deutsch­land, zu de­ren Ver­fas­sungs­grund­sät­zen ei­ne bun­des­staat­li­che Glie­de­rung in Bund und meh­re­re Län­der mit je ei­ge­ner Ge­setz­ge­bungs­au­to­no­mie ge­hört (vgl. Art. 28 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG). Doch führt es zur In­ko­hä­renz der Mo­no­pol­re­ge­lung, wenn die zu­stän­di­gen Be­hör­den in ei­nem an­de­ren Glücks­spiel­be­reich ei­ne den Mo­no­pol­zie­len zu­wi­der­lau­fen­de Po­li­tik be­trei­ben oder dul­den und dies zur Fol­ge hat, dass das der Er­rich­tung des Mo­no­pols zu­grun­de lie­gen­de Ziel mit ihm nicht mehr wirk­sam ver­folgt wer­den kann (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 106 und - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 68 f.). Da­von ist bei ei­nem zur Spiel­sucht­be­kämp­fung ge­schaf­fe­nen Mo­no­pol aus­zu­ge­hen, wenn in an­de­ren Glücks­spiel­sek­to­ren mit gleich ho­hem oder hö­he­rem Sucht­po­ten­zi­al - auch wenn für sie an­de­re Ho­heits­trä­ger des­sel­ben Mit­glied­staa­tes zu­stän­dig sind (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 69 f.) - Um­stän­de durch ent­spre­chen­de Vor­schrif­ten her­bei­ge­führt oder, wenn sie vor­schrifts­wid­rig be­stehen, struk­tu­rell ge­dul­det wer­den, die - sek­to­ren­über­grei­fend - zur Fol­ge ha­ben, dass die in Re­de ste­hen­de Re­ge­lung zur Ver­wirk­li­chung der mit ihr ver­folg­ten Zie­le tat­säch­lich nicht bei­tra­gen kann, so dass ih­re Eig­nung zur Ziel­er­rei­chung auf­ge­ho­ben wird (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 je­weils a.a.O.; BVer­wG, Ur­tei­le vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 82, vom 1. Ju­ni 2011 a.a.O. Rn. 45 und vom 11. Ju­li 2011 - BVer­wG 8 C 11.10 - ju­ris Rn. 43).

35 bb) Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat die ers­te, die Bin­nen­ko­hä­renz be­tref­fen­de An­for­de­rung des Ko­hä­renz­ge­bots in Be­zug auf die Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung für das Mo­no­pol­an­ge­bot zu­tref­fend kon­kre­ti­siert und ist re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei da­von aus­ge­gan­gen, dass die Mo­no­pol­re­ge­lung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV (a.F.) we­gen sys­te­ma­ti­scher Miss­ach­tung die­ser Gren­zen durch die Mo­no­pol­trä­ger dem Ko­hä­renz­ge­bot nicht ge­nügt.

36 (1) Dem uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Ziel der Sucht­be­kämp­fung und des Ju­gend- und Spiel­er­schut­zes ent­spricht nur ei­ne Wer­bung, die ma­ß­voll und strikt auf das be­grenzt bleibt, was er­for­der­lich ist, um die Ver­brau­cher zum le­ga­len Glücks­spiel­an­ge­bot hin­zu­len­ken (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 103). Dies kann das An­ge­bot ei­ner brei­ten Pa­let­te von Spie­len, ei­nen ge­wis­sen Wer­be­um­fang und den Ein­satz neu­er Ver­triebs­tech­ni­ken im­pli­zie­ren (vgl. Eu­GH, Ur­teil vom 6. März 2007 a.a.O. Rn. 55). Ei­ne sol­che Wer­bung darf aber nicht dar­auf ab­zie­len, den na­tür­li­chen Spiel­trieb der Ver­brau­cher da­durch zu för­dern, dass sie zu ak­ti­ver Teil­nah­me am Spiel an­ge­regt wer­den, et­wa in­dem das Spiel ver­harm­lost oder ihm ein po­si­ti­ves Image ver­lie­hen wird, das dar­an an­knüpft, dass die Ein­nah­men für Ak­ti­vi­tä­ten im All­ge­mein­in­ter­es­se ver­wen­det wer­den. Un­zu­läs­sig ist es auch, die An­zie­hungs­kraft des Spiels durch zug­kräf­ti­ge Wer­be­bot­schaf­ten zu er­hö­hen, die be­deu­ten­de Ge­win­ne ver­füh­re­risch in Aus­sicht stel­len. Die Fi­nan­zie­rung un­ei­gen­nüt­zi­ger oder im All­ge­mein­in­ter­es­se lie­gen­der Ak­ti­vi­tä­ten darf nur ei­ne er­freu­li­che Ne­ben­fol­ge, aber nicht der ei­gent­li­che Grund der be­trie­be­nen re­strik­ti­ven Po­li­tik sein (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Mar­kus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 104). So­weit die Be­hör­den ei­nes Mit­glied­staa­tes den Ver­brau­chern An­rei­ze ge­ben und sie da­zu er­mun­tern, an Lot­te­ri­en, Glücks­spie­len oder Wet­ten teil­zu­neh­men, da­mit der Staats­kas­se dar­aus Ein­nah­men zu­flie­ßen, kön­nen sie sich zur Recht­fer­ti­gung be­schrän­ken­der Maß­nah­men nicht auf die öf­fent­li­che So­zi­al­ord­nung und die aus ihr fol­gen­de Not­wen­dig­keit be­ru­fen, die Ge­le­gen­hei­ten zum Spiel zu ver­rin­gern (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-46/08, Car­men Me­dia - Slg. 2010, I-8149 Rn. 66).

37 In der Über­nah­me und An­wen­dung die­ser Grund­sät­ze durch das Be­ru­fungs­ur­teil liegt kei­ne un­zu­läs­si­ge Ver­en­gung des Wer­be­be­griffs. Die dar­ge­leg­ten Grund­sät­ze schrän­ken nicht den Be­griff der Wer­bung ein, son­dern nur den Rah­men, in dem Wer­bung für das Mo­no­pol­an­ge­bot uni­ons­recht­lich zu­läs­sig ist. Der Rah­men wird auch nicht so eng ge­zo­gen, dass die noch zu­läs­si­gen Maß­nah­men nicht mehr als Wer­bung im Wort­sin­ne zu be­zeich­nen wä­ren. Der Be­griff wird durch je­den an das Pu­bli­kum ge­rich­te­ten Hin­weis ei­nes An­bie­ters auf ein ei­ge­nes ent­gelt­li­ches An­ge­bot er­füllt (Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 50). We­gen des An­wen­dungs­vor­rangs des Uni­ons­rechts las­sen sich ge­gen des­sen Wer­be­be­schrän­kun­gen auch kei­ne gro­ß­zü­gi­ge­ren mit­glied­staat­li­chen Vor­schrif­ten an­füh­ren. Viel­mehr ist § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüStV, so­weit er aus­drück­lich den ge­ziel­ten An­reiz zum Wet­ten ver­bie­tet, im Hin­blick auf Art. 49 Abs. 1, Art. 56 Abs. 1 AEUV uni­ons­rechts­kon­form aus­zu­le­gen. Ver­fas­sungs­recht­li­che Be­den­ken sind da­ge­gen - auch un­ab­hän­gig von der Reich­wei­te des An­wen­dungs­vor­rangs des Uni­ons­rechts - nicht gel­tend zu ma­chen. Viel­mehr stim­men die ver­fas­sungs­recht­li­chen Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung, die sich aus Art. 12 GG i.V.m. dem Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­ge­bot er­ge­ben und de­nen durch ver­fas­sungs­kon­for­me Aus­le­gung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV Rech­nung zu tra­gen ist, mit den uni­ons­recht­li­chen An­for­de­run­gen im We­sent­li­chen über­ein. Ver­fas­sungs­recht­lich hat die Wer­bung für das Mo­no­pol­an­ge­bot sich kon­se­quent am Ziel der Be­gren­zung der Spiel­sucht aus­zu­rich­ten und auf ei­ne sach­li­che In­for­ma­ti­on und Auf­klä­rung über die Mög­lich­keit zum le­ga­len Wet­ten zu be­schrän­ken. Sie darf nicht zum Wet­ten auf­for­dern, an­rei­zen oder er­mun­tern (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318; BVer­wG, Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 - BVer­wG 8 C 14.09 - BVer­w­GE 138, 201 = Rn. 34, 46 ff.). Ent­schei­dend da­für ist nicht die In­ten­ti­on, son­dern der nach dem Ho­ri­zont des durch­schnitt­li­chen Emp­fän­gers zu be­stim­men­de Aus­sa­ge­ge­halt (Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 48 f.). Ins­be­son­de­re darf die Teil­nah­me an Wet­ten nicht als so­zi­al­ad­äqua­te oder gar po­si­tiv be­wer­te­te Un­ter­hal­tung dar­ge­stellt wer­den. Das schlie­ßt auch ei­ne Wer­bung mit dem Hin­weis auf die ge­mein­nüt­zi­ge Ver­wen­dung der Ein­nah­men aus (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318; BVer­wG, Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 52).

38 Die Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung müs­sen auch nicht we­gen des uni­ons- wie ver­fas­sungs­recht­lich le­gi­ti­men Ziels der Ka­na­li­sie­rung der Wett­lei­den­schaft „dy­na­mi­siert“ wer­den, um ei­ne von der Be­klag­ten ge­for­der­te „Waf­fen­gleich­heit“ mit sol­chen pri­va­ten An­bie­tern her­zu­stel­len, die ge­rin­ge­ren Be­schrän­kun­gen un­ter­wor­fen sind als die Mo­no­pol­trä­ger oder sich gel­ten­den Be­schrän­kun­gen ent­zie­hen. Das er­gibt sich ein­deu­tig aus der ein­schlä­gi­gen Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on. Sie er­klärt ei­ne Po­li­tik der kon­trol­lier­ten Ex­pan­si­on mit ei­nem „ge­wis­sen Wer­be­um­fang“ in Be­zug auf das Mo­no­pol­an­ge­bot nur für zu­läs­sig, so­weit dies er­for­der­lich ist, um Spie­ler, die ver­bo­te­nen ge­hei­men Spiel- oder Wett­tä­tig­kei­ten nach­ge­hen, zum le­ga­len An­ge­bot hin­zu­len­ken (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 101 f.). Die Ka­na­li­sie­rung darf sich al­so nur dar­auf rich­ten, die be­reits vor­han­de­ne und bis­lang il­le­gal ge­deck­te Nach­fra­ge um­zu­len­ken und so den Markt­an­teil des le­ga­len An­bie­ters zu­las­ten des Markt­an­teils der il­le­ga­len An­bie­ter zu er­hö­hen. Der Ge­richts­hof un­ter­schei­det des­halb zwi­schen ei­ner - zu­läs­si­gen - re­strik­ti­ven Ge­schäfts­po­li­tik, die nur den vor­han­de­nen Markt für den Mo­no­po­l­in­ha­ber ge­win­nen oder die Kun­den an ihn bin­den soll, und ei­ner - un­zu­läs­si­gen - ex­pan­sio­nis­ti­schen Ge­schäfts­po­li­tik, die auf das Wachs­tum des ge­sam­ten Mark­tes für Spiel­tä­tig­kei­ten ab­zielt (Eu­GH, Ur­teil vom 15. Sep­tem­ber 2011 - Rs. C-347/09, Di­ckin­ger und Ömer - Slg. 2011, I-8185 Rn. 69). Gleich­zei­tig wird klar­ge­stellt, dass das Ziel der Len­kung der vor­han­de­nen Nach­fra­ge es nicht recht­fer­ti­gen kann, die Ver­brau­cher zur Teil­nah­me am Glücks­spiel an­zu­rei­zen oder zu er­mun­tern. Nur vor­be­halt­lich der Er­for­der­nis­se, die sich aus dem Ver­bot sol­cher Maß­nah­men er­gä­ben, kön­ne ei­ne ge­wis­se Wer­bung zur le­gi­ti­men Len­kung bei­tra­gen (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 102 mit Ver­weis auf Rn. 97 ff.). Die ka­na­li­sie­ren­de Wer­bung muss des­halb nicht nur streng auf das zur Len­kung der Ver­brau­cher Er­for­der­li­che be­grenzt blei­ben. Auch ei­ne sol­che, der Len­kung die­nen­de Wer­bung darf nicht zur ak­ti­ven Teil­nah­me am Spiel an­re­gen, son­dern nur über die Exis­tenz der Pro­duk­te in­for­mie­ren. Da­bei muss sie die be­reits im Ein­zel­nen dar­ge­stell­ten Ver­bo­te be­ach­ten (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 103 und vom 15. Sep­tem­ber 2011 a.a.O. Rn. 68). Ei­ne Dy­na­mi­sie­rung der Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung ist da­mit nicht zu ver­ein­ba­ren. „Waf­fen­gleich­heit“ mit pri­va­ten An­bie­tern kön­nen die staat­li­chen Mo­no­pol­trä­ger we­gen ih­rer Bin­dung an die Grund­frei­hei­ten nicht ver­lan­gen. Nichts an­de­res er­gibt sich aus ver­fas­sungs­recht­li­cher Sicht. Die Län­der, die ein Mo­no­pol er­rich­tet und aus­ge­stal­tet ha­ben, sind nicht Grund­rechts­trä­ger, son­dern Grund­rechts­ver­pflich­te­te und un­ter­lie­gen nach Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3 GG ei­ner Rechts­bin­dung, die nicht aus Zweck­mä­ßig­keits­er­wä­gun­gen ge­lo­ckert wer­den kann.

39 Der Ein­wand der Be­klag­ten, un­ter die­sen recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen sei es den Mo­no­pol­trä­gern un­mög­lich, die Glücks­spiel­nach­fra­ge ent­spre­chend ih­rem Auf­trag zu len­ken und zu ka­na­li­sie­ren, recht­fer­tigt kei­ne an­de­re Aus­le­gung. Die Ka­na­li­sie­rung ist kein uni­ons­recht­li­cher Auf­trag, son­dern nur ei­ne Recht­fer­ti­gung für ge­wis­se Wer­be­maß­nah­men in den dar­ge­leg­ten recht­li­chen Gren­zen. Mit­glied­staat­lich-ein­fach­recht­li­che Auf­ga­ben­zu­wei­sun­gen kön­nen die uni­ons­recht­li­che Ein­griffs­recht­fer­ti­gung nicht be­ein­flus­sen.

40 (2) Zu Recht hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt bei der Prü­fung, ob die uni­ons­recht­li­chen Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung im ma­ß­geb­li­chen Zeit­raum be­ach­tet wur­den, nicht al­lein auf die Sport­wet­ten-Wer­bung des nord­rhein-west­fä­li­schen Mo­no­pol­trä­gers ab­ge­stellt, son­dern des­sen Wer­bung für an­de­re Mo­no­pol­an­ge­bo­te wie Lot­te­rie­spie­le in die Be­ur­tei­lung mit ein­be­zo­gen. Da es für die Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­prü­fung auf die tat­säch­li­chen Zie­le der Mo­no­pol­re­ge­lung an­kommt, ist auf ih­ren ge­sam­ten An­wen­dungs­be­reich und da­mit auf al­le mo­no­po­li­sier­ten An­ge­bo­te ab­zu­stel­len. Ei­ne In­ko­hä­renz ist schon an­zu­neh­men, wenn der In­ha­ber des Sport­wet­ten­mo­no­pols in Be­zug auf die eben­falls dem Mo­no­pol un­ter­lie­gen­den Lot­te­rie­spie­le uni­ons­recht­lich un­zu­läs­si­ge, die Wer­be­be­schrän­kun­gen miss­ach­ten­de Wer­be­kam­pa­gnen durch­führt (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Mar­kus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Leit­satz 1 d) 1. Spie­gel­strich Rn. 100, 103 f.; BVer­wG, Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 - BVer­wG 8 C 14.09 - BVer­w­GE 138, 201 Rn. 77). Die ein­deu­ti­ge uni­ons­ge­richt­li­che An­knüp­fung an das ge­sam­te Ver­hal­ten des Mo­no­pol­trä­gers lässt in Ver­bin­dung mit den eben­falls un­miss­ver­ständ­li­chen, stren­gen und nicht dy­na­mi­sier­ba­ren Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung auch kei­ne Dif­fe­ren­zie­rung der Wer­be­gren­zen nach dem Grad der Sucht­ge­fähr­lich­keit des je­weils be­wor­be­nen Glücks­spiels zu. Ei­ne Vor­la­ge an den Ge­richts­hof ge­mäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist we­gen der Un­miss­ver­ständ­lich­keit sei­ner Recht­spre­chung in die­ser Fra­ge nicht ge­bo­ten.

41 Re­vi­si­ons­recht­lich ist auch nicht zu be­an­stan­den, dass das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ne­ben der Wer­bung des nord­rhein-west­fä­li­schen Mo­no­pol­trä­gers auch die im Deut­schen Lot­to- und To­to­block ko­or­di­nier­te Wer­bung an­de­rer Mo­no­pol­trä­ger un­ter der ge­mein­sa­men Dach­mar­ke Lot­to be­rück­sich­tigt hat. Der nord­rhein-west­fä­li­sche Mo­no­pol­trä­ger muss sich die­se Wer­be­maß­nah­men al­ler­dings nicht schon zu­rech­nen las­sen, weil uni­ons­recht­lich der Mit­glied­staat ver­pflich­tet ist, die Grund­frei­hei­ten zu wah­ren, und in­ner­staat­li­che Kom­pe­tenz­re­ge­lun­gen kei­ne Ver­let­zung die­ser Pflicht recht­fer­ti­gen kön­nen. Die Zu­rech­nung wie ei­ne ei­ge­ne Wer­be­maß­nah­me ist viel­mehr ge­recht­fer­tigt, weil die im Be­ru­fungs­ur­teil ge­wür­dig­te Wer­bung der Mo­no­pol­trä­ger an­de­rer Bun­des­län­der nach den Fest­stel­lun­gen der Vor­in­stanz Aus­druck ei­ner lan­des­gren­zen­über­grei­fend ab­ge­stimm­ten und um­ge­setz­ten Ver­triebs­stra­te­gie al­ler Mo­no­pol­trä­ger ist. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ist in tat­säch­li­cher Hin­sicht da­von aus­ge­gan­gen, dass die im Deut­schen Lot­to- und To­to­block zu­sam­men­ge­schlos­se­nen Mo­no­pol­trä­ger ih­re An­ge­bo­te im Rah­men ei­ner ge­mein­sa­men, lan­des­gren­zen­über­grei­fen­den Dach­mar­ken­stra­te­gie ver­trei­ben. Da­mit hat es ein von al­len Mo­no­pol­trä­gern mit­ge­tra­ge­nes, ko­or­di­nier­tes und plan­mä­ßi­ges Vor­ge­hen für den Ver­trieb der An­ge­bo­te an­ge­nom­men, das ver­triebs­för­dern­de Wir­kun­gen der Wer­bung für ein Dach­mar­ken­pro­dukt auch der Ver­mark­tung an­de­rer Pro­duk­te un­ter der­sel­ben Dach­mar­ke zu­gu­te kom­men lässt. Mit dem Er­lass ge­mein­sa­mer Wer­be­richt­li­ni­en setz­te die län­der­gren­zen­über­grei­fen­de Ko­or­di­na­ti­on sich so­gar im Be­reich der Auf­sicht fort.

42 An die be­ru­fungs­ge­richt­li­chen Fest­stel­lun­gen ist der Se­nat nach § 137 Abs. 2 Vw­GO ge­bun­den, weil in­so­weit kei­ne wirk­sa­men Ver­fah­rens­rü­gen er­ho­ben wur­den. Der recht­li­che Ein­wand, die Ein­be­zie­hung der im Deut­schen Lot­to- und To­to­block ko­or­di­nier­ten Wer­bung ver­let­ze das Bun­des­staats­prin­zip (Art. 20 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG), trifft nicht zu. Die vom Be­ru­fungs­ge­richt vor­ge­nom­me­ne fak­ti­sche Zu­rech­nung von Wer­be­maß­nah­men im Rah­men der von den Mo­no­pol­an­bie­tern ab­ge­stimm­ten Dach­mar­ken­wer­bung ist ver­fas­sungs­recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Auch das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat für die ver­fas­sungs­recht­li­che Be­ur­tei­lung des baye­ri­schen Sport­wet­ten­mo­no­pols un­ter dem Lot­te­rie­staats­ver­trag un­ter an­de­rem auf die sei­ner­zeit bun­des­weit im Deut­schen Lot­to- und To­to­block ko­or­di­nier­te Wer­bung ab­ge­stellt (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerf­GE 115, 276 <309 ff., 314>). Dies steht nicht im Wi­der­spruch zur bun­des­staat­li­chen Kom­pe­tenz­ver­tei­lung und der Ei­gen­staat­lich­keit der Län­der, son­dern zieht nur recht­li­che Kon­se­quen­zen aus ei­ner be­stimm­ten Art und Wei­se des ge­mein­sam ab­ge­stimm­ten und ver­ant­wor­te­ten, ko­or­di­nier­ten Ge­brauchs der je­wei­li­gen Kom­pe­tenz.

43 (3) Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ist zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass die von ihm an­ge­führ­te Image­wer­bung für das West-Lot­to, die Prä­sen­ta­ti­on der Glücks­spi­ra­le vor der Haupt­aus­ga­be der Ta­ges­schau und die Jack­pot-Wer­bung die uni­ons­recht­li­chen Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung miss­ach­ten.

44 Den von West-Lot­to ver­wen­de­ten Wer­be­slo­gan „Glück ist, wenn man sei­nen Mit­men­schen hel­fen kann“ hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei da­hin in­ter­pre­tiert, dass er die Teil­nah­me am Lot­to zum so­zia­len Han­deln in Form der Hil­fe­leis­tung auf­wer­tet. Da­mit wi­der­spricht der Slo­gan dem an den Mo­no­pol­trä­ger ge­rich­te­ten Ver­bot, der Teil­nah­me am Glücks­spiel ein po­si­ti­ves Image zu ver­lei­hen (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 103 f.). Das un­zu­läs­si­ge mo­ra­li­sche Auf­wer­ten der Teil­nah­me am Glücks­spiel kann auch durch sucht­prä­ven­ti­ve Hin­wei­se nicht kom­pen­siert wer­den (Ur­tei­le vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 51 f. und vom 11. Ju­li 2011 - BVer­wG 8 C 11.10 - ju­ris Rn. 32; zur par­al­le­len ver­fas­sungs­recht­li­chen Wer­tung vgl. BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 14. Ok­to­ber 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 39, 47, 57). Auf­grund des Ver­gleichs mit ähn­li­chen, im an­ge­grif­fe­nen Ur­teil als „Lot­to-Hilft“-Kam­pa­gnen be­zeich­ne­ten Wer­be­stra­te­gi­en hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt die nord­rhein-west­fä­li­sche Wer­bung re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei als Teil ei­ner sys­te­ma­ti­schen Miss­ach­tung des Ver­bots so­zia­ler Auf­wer­tung des Glücks­spiels im Rah­men der Dach­mar­ken­stra­te­gie und nicht als blo­ße In­for­ma­ti­on ein­ge­ord­net. Wirk­sa­me Ver­fah­rens­rü­gen wur­den da­ge­gen nicht er­ho­ben. Der Über­zeu­gungs­grund­satz ge­mäß § 108 Abs. 1 Vw­GO ist eben­falls nicht ver­letzt. Ins­be­son­de­re hat die Be­klag­te kei­ne se­lek­ti­ve Ver­wer­tung und Wür­di­gung des vor­han­de­nen Pro­zess­stoffs durch das Be­ru­fungs­ge­richt dar­ge­tan.

45 Nicht zu be­an­stan­den ist auch des­sen An­nah­me, die Art und Wei­se der Er­mitt­lung der Lot­to­zah­len vor lau­fen­den Fern­seh­ka­me­ras und die Prä­sen­ta­ti­on der Lot­to-Glücks­spi­ra­le mit der Wer­bung für ei­ne „So­fort­ren­te“ in Hö­he von 7 500 € vor der Haupt­aus­ga­be der Ta­ges­schau sei dem nord­rhein-west­fä­li­schen Mo­no­pol­trä­ger als Teil der ge­mein­sa­men Dach­mar­ken­stra­te­gie zu­zu­rech­nen und ent­fal­te ei­ne un­zu­läs­si­ge An­rei­z­wir­kung. Die Er­mitt­lung der Lot­to­zah­len als Teil des Un­ter­hal­tungs­pro­gramms prä­sen­tiert das Glücks­spiel als so­zi­al ad­äqua­te Be­schäf­ti­gung. Die Plat­zie­rung in der Haupt­sen­de­zeit ge­währ­leis­tet, dass ein mög­lichst brei­tes Pu­bli­kum er­reicht wird. Das­sel­be gilt für die Prä­sen­ta­ti­on der Glücks­spi­ra­le in un­mit­tel­ba­rer zeit­li­cher Ver­knüp­fung mit der Haupt­aus­ga­be der Ta­ges­schau. Sie bringt das Glücks­spiel auch de­nen na­he, die bis­lang nicht dar­an in­ter­es­siert sind. Die Wer­bung für ei­ne „So­fort­ren­te“ in Hö­he von 7 500 € wi­der­spricht dem Ver­bot, die An­zie­hungs­kraft des Glücks­spiels durch ei­ne zug­kräf­ti­ge Wer­be­bot­schaft zu er­hö­hen, die be­deu­ten­de Ge­win­ne in Aus­sicht stellt (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 103; BVer­wG, Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 78). Sie er­füllt die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner zug­kräf­ti­gen Wer­be­bot­schaft, da sie dem durch­schnitt­li­chen Emp­fän­ger der Bot­schaft mit der weit über dem Durch­schnitts­ein­kom­men lie­gen­den „So­fort­ren­te“ ei­ne in ma­te­ri­el­ler Hin­sicht dau­er­haft sor­gen­freie Zu­kunft in Aus­sicht stellt. Der mo­nat­li­che Ren­ten­be­trag ad­diert sich im Lauf der in Aus­sicht ge­stell­ten Ren­ten­zah­lung auf ei­ne Sum­me, die als be­deu­ten­der Ge­winn ein­zu­ord­nen ist.

46 Ver­fah­rens­rü­gen hat die Be­klag­te da­ge­gen nicht er­ho­ben. Die er­for­der­li­che Sach­kun­de, ei­nen an das Pu­bli­kum ge­rich­te­ten Wer­be­spot zu ver­ste­hen, durf­te das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt sich zu­er­ken­nen. In­so­weit ist auch der Über­zeu­gungs­grund­satz ge­mäß § 108 Abs. 1 Vw­GO nicht ver­letzt.

47 Die von ihm fest­ge­stell­te Jack­pot-Wer­bung hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt gleich­falls re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei als Ver­stoß ge­gen die uni­ons­recht­li­chen Be­schrän­kun­gen der Wer­bung für das Mo­no­pol­an­ge­bot ein­ge­ord­net. Auch in­so­weit liegt ei­ne zug­kräf­ti­ge Wer­be­bot­schaft vor, die die An­zie­hungs­kraft der Lot­te­rie er­höht, in­dem sie ei­nen be­deu­ten­den Ge­winn in Aus­sicht stellt. Für die An­rei­z­wir­kung hat das Be­ru­fungs­ge­richt zwar vor­nehm­lich auf die von ihm zi­tier­te Pres­se­mit­tei­lung des rhein­land-pfäl­zi­schen Mo­no­pol­an­bie­ters vom 11. Au­gust 2011 ver­wie­sen, die her­vor­hebt, we­gen der Hö­he des Jack­pots gä­ben mehr Men­schen ei­nen Lot­to­schein ab, die sonst nicht am Spiel teil­näh­men. In­so­fern rügt die Be­klag­te, die Pres­se­mit­tei­lung sei ihr nicht be­kannt ge­we­sen. Ob des­halb ihr Recht auf recht­li­ches Ge­hör ver­letzt wur­de, kann in­des of­fen­blei­ben. Denn un­ab­hän­gig hier­von konn­te das Be­ru­fungs­ge­richt aus der - all­ge­mein­kun­di­gen - Art und Wei­se des An­prei­sens des Jack­pots auf ei­nen An­reiz zur Teil­nah­me schlie­ßen und auf die Häu­fig­keit der Wer­be­bot­schaf­ten im Rund­funk un­mit­tel­bar vor der Zie­hung ab­stel­len. Da­bei ist es er­sicht­lich da­von aus­ge­gan­gen, dass der wie­der­hol­te Hin­weis auf ei­ne nur am sel­ben Tag noch be­stehen­de Ge­winn­mög­lich­keit Zeit­druck sug­ge­riert und das Her­vor­he­ben des Schei­terns frü­he­rer Ver­su­che, den Jack­pot zu „kna­cken“, so­wie der Hin­weis auf die Hö­he des ak­tu­el­len Jack­pots zur Teil­nah­me an­reizt und er­mun­tert.

48 (4) Re­vi­si­ons­recht­lich ist nicht zu be­an­stan­den, dass die Vor­in­stanz aus die­sen Wer­be­maß­nah­men auf ei­ne sys­te­ma­ti­sche Miss­ach­tung der Wer­be­be­schrän­kun­gen und dar­aus wie­der­um dar­auf ge­schlos­sen hat, die Mo­no­pol­re­ge­lung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ha­be tat­säch­lich nicht uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Zie­len, son­dern il­le­gi­ti­men fis­ka­li­schen Zie­len ge­dient. Al­len drei Wer­be­maß­nah­men ist ge­mein­sam, dass es sich nicht um Ein­zel­fäl­le, son­dern um Wer­be­stra­te­gi­en han­delt, die re­gel­mä­ßig und über ei­nen er­heb­li­chen Zeit­raum prak­ti­ziert wur­den. Die Auf­sichts­be­hör­den ha­ben die­se sys­te­ma­ti­sche Miss­ach­tung von Wer­be­gren­zen nicht wirk­sam un­ter­bun­den. Aus den im Be­ru­fungs­ur­teil zi­tier­ten ge­mein­sa­men Wer­be­richt­li­ni­en er­gibt sich viel­mehr, dass sie noch im Jahr nach der Prä­zi­sie­rung der uni­ons­recht­li­chen An­for­de­run­gen an ei­ne zu­läs­si­ge Mo­no­pol­wer­bung durch die be­reits zi­tier­ten Ent­schei­dun­gen des Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hofs vom 8. Sep­tem­ber 2010 und die dar­an an­knüp­fen­den Ur­tei­le des Se­nats vom 24. No­vem­ber 2010 feh­ler­haft nur den ge­ziel­ten An­reiz zur Teil­nah­me am Glücks­spiel für rechts­wid­rig hiel­ten, statt auf den ob­jek­ti­ven Aus­sa­ge­ge­halt ab­zu­stel­len. Nach den in­so­weit nicht mit Ver­fah­rens­rü­gen an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts er­klär­ten die Wer­be­richt­li­ni­en der Glücks­spiel­auf­sichts­be­hör­den der Län­der noch nach dem letz­ten ihm vor­lie­gen­den Stand vom Mai 2011 ei­ne Image­wer­bung - ein­schlie­ß­lich der mo­ra­li­schen Auf­wer­tung der Teil­nah­me am Glücks­spiel - un­zu­tref­fend für zu­läs­sig. Dar­aus durf­te das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt auf ein struk­tu­rel­les Voll­zugs­de­fi­zit schlie­ßen, das auf das Ver­fol­gen uni­ons­recht­lich il­le­gi­ti­mer Zie­le hin­deu­tet.

49 Da die Mo­no­pol­re­ge­lung tat­säch­lich nicht die zu ih­rer Recht­fer­ti­gung ge­eig­ne­ten, son­dern il­le­gi­ti­me Zie­le ver­folgt, kann sie im ge­sam­ten Zeit­raum ih­rer Gel­tung in Nord­rhein-West­fa­len bis zu ih­rem Au­ßer­kraft­tre­ten mit Ab­lauf des 30. No­vem­ber 2012 nicht zur Ein­griffs­recht­fer­ti­gung her­an­ge­zo­gen wer­den. Die In­ko­hä­renz we­gen der zweck­wid­ri­gen Aus­ge­stal­tung des Mo­no­pols be­steht nicht nur für die Zeit­punk­te oder Zeit­räu­me, für die kon­kre­te, der Ziel­set­zung des Mo­no­pols wi­der­spre­chen­de Wer­be­maß­nah­men der Mo­no­pol­trä­ger als In­diz des Ver­fol­gens il­le­gi­ti­mer Zie­le fest­ge­stellt sind. Ma­ß­geb­lich ist viel­mehr der durch die­se Fest­stel­lun­gen ge­recht­fer­tig­te Schluss, dass die Re­ge­lung als sol­che uni­ons­recht­lich il­le­gi­ti­men Zwe­cken dient.

50 cc) Die zwei­te An­for­de­rung des Ko­hä­renz­ge­bots, die Be­ein­träch­ti­gun­gen der Wirk­sam­keit der Mo­no­pol­re­ge­lung durch ei­ne ge­gen­läu­fi­ge Glücks­spiel­po­li­tik in an­de­ren Glücks­spiel­sek­to­ren in den Blick nimmt und sich als Er­for­der­nis in­ter­sek­to­ra­ler Ko­hä­renz um­schrei­ben lässt, wird im an­ge­grif­fe­nen Ur­teil al­ler­dings nicht zu­tref­fend kon­kre­ti­siert. Die Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts rei­chen auch nicht aus, die An­nah­me ei­ner in­ter­sek­to­ra­len In­ko­hä­renz we­gen ei­ner das Mo­no­pol kon­ter­ka­rie­ren­den Po­li­tik im Be­reich des ge­werb­li­chen Au­to­ma­ten­spiels zu tra­gen. Das Be­ru­fungs­ur­teil be­ruht frei­lich nicht auf die­sem Feh­ler, weil sei­ne An­nah­me, die Mo­no­pol­re­ge­lung sei in­ko­hä­rent, be­reits selbst­stän­dig durch sei­ne Er­wä­gun­gen zur Miss­ach­tung der Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung ge­tra­gen wird. We­gen der dies­be­züg­li­chen kon­tro­ver­sen Er­ör­te­rung im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren geht der Se­nat auf die­sen Punkt gleich­wohl nä­her ein.

51 (1) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zu Un­recht an­ge­nom­men, das zwei­te Ko­hä­renzer­for­der­nis ver­lan­ge ei­ne zwi­schen Bund und Län­dern ko­or­di­nier­te, sek­to­ren­über­grei­fen­de, sys­te­ma­tisch und wi­der­spruchs­frei am Mo­no­pol­ziel der Sucht­be­kämp­fung ori­en­tier­te Glücks­spiel­po­li­tik, die ver­gleich­ba­re Ge­fähr­dun­gen glei­cher­ma­ßen er­fas­se. Die­se An­nah­me fin­det in Art. 56 AEUV und des­sen Aus­le­gung durch die ein­schlä­gi­gen Ent­schei­dun­gen des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on kei­ne Grund­la­ge. Zwar reicht nach der neue­ren uni­ons­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung ei­ne sek­to­ra­le, auf den Mo­no­pol­be­reich be­schränk­te Ko­hä­renz­prü­fung zur Über­prü­fung der Ge­eig­net­heit des Mo­no­pols nicht aus. Viel­mehr sind auch die Aus­wir­kun­gen ei­ner et­wa ge­gen­läu­fi­gen Re­ge­lung an­de­rer Glücks­spiel­sek­to­ren mit hö­he­rem oder gleich ho­hem Sucht­po­ten­zi­al zu be­rück­sich­ti­gen. Da­mit wird der Prü­fungs­ge­gen­stand je­doch we­der von der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der Mo­no­pol­re­ge­lun­gen auf die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der an­de­ren Re­ge­lun­gen er­wei­tert, noch setzt die Ko­hä­renz des Mo­no­pols ei­ne ko­hä­ren­te Re­ge­lung der an­de­ren Be­rei­che vor­aus. Erst recht be­darf es kei­nes ge­biets- und zu­stän­dig­keits­über­grei­fend kon­zi­pier­ten Sys­tems auf­ein­an­der ab­ge­stimm­ter Re­ge­lun­gen im Sin­ne ei­ner sämt­li­che Glücks­spiel­be­rei­che über­span­nen­den Ge­samt­ko­hä­renz. Ei­ne sol­che Kon­kre­ti­sie­rung lie­ße un­be­rück­sich­tigt, dass die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit für je­de Be­schrän­kung ge­son­dert zu prü­fen ist (Eu­GH, Ur­tei­le vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Pla­ca­ni­ca u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 49 und vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Mar­kus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 93), und ver­lö­re den Ge­gen­stand der Prü­fung - die Ge­eig­net­heit der Mo­no­pol­re­ge­lung zur Ver­wirk­li­chung der mit ihr ver­folg­ten le­gi­ti­men Zie­le - aus dem Blick. Au­ßer­dem stie­ße sie auf ver­fas­sungs- und uni­ons­recht­li­che Be­den­ken. We­gen des Grund­sat­zes der be­grenz­ten Ein­zel­er­mäch­ti­gung der Eu­ro­päi­schen Uni­on ist der de­mo­kra­tisch le­gi­ti­mier­te, mit­glied­staat­li­che Ge­setz­ge­ber im nicht har­mo­ni­sier­ten Glücks­spiel­recht grund­sätz­lich frei, das an­ge­streb­te Schutz­ni­veau zu be­stim­men, die mit der Glücks­spiel­po­li­tik ver­folg­ten Zie­le fest­zu­le­gen und ein­zel­ne Glücks­spiel­be­rei­che auf­grund sei­ner par­la­men­ta­ri­schen Ein­schät­zungs­prä­ro­ga­ti­ve ent­spre­chend aus­zu­ge­stal­ten (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 76 f. und - Rs. C-46/08, Car­men Me­dia - Slg. 2010, I-8149 Rn. 45 f., 58). Das gilt bei bun­des­staat­lich ver­fass­ten Mit­glied­staa­ten im Rah­men ih­rer fö­de­ra­len Kom­pe­tenz­ord­nung für je­den im Mit­glied­staat tä­ti­gen Ge­setz­ge­ber. Die uni­ons­recht­li­chen Grund­frei­hei­ten be­gren­zen die­se Re­ge­lungs­be­fug­nis und ver­bie­ten un­ver­hält­nis­mä­ßi­ge Be­schrän­kun­gen. Sie ver­pflich­ten den Mit­glied­staat je­doch nicht da­zu, ein sämt­li­che Glücks­spiel­sek­to­ren und fö­de­ra­le Zu­stän­dig­kei­ten über­grei­fen­des, in sei­ner Ge­samt­heit stim­mi­ges Schutz­kon­zept auf­zu­stel­len und um­zu­set­zen.

52 Nach der uni­ons­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung liegt ei­ne In­ko­hä­renz we­gen kon­ter­ka­rie­ren­der Re­ge­lun­gen nicht schon vor, wenn in ei­nem an­de­ren Glücks­spiel­be­reich mit glei­chem oder hö­he­rem Sucht­po­ten­zi­al ei­ne den Mo­no­pol­zie­len zu­wi­der­lau­fen­de Po­li­tik ver­folgt wird, son­dern aus­drück­lich nur, wenn dies zur Fol­ge hat, dass das der Er­rich­tung des Mo­no­pols zu­grun­de lie­gen­de Ziel mit die­sem nicht mehr wirk­sam ver­folgt wer­den kann (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 106 und - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 68). Ent­ge­gen der An­nah­me des Be­ru­fungs­ur­teils und der Auf­fas­sung der Klä­ge­rin ist ei­ne Fol­gen­be­trach­tung al­so nicht ent­behr­lich. Da die Mo­no­pol­re­ge­lung al­lein in ih­rem An­wen­dungs­be­reich wirk­sam wer­den kann, kön­nen Be­ein­träch­ti­gun­gen ih­rer Wirk­sam­keit nur dort er­mit­telt wer­den. Da­nach kommt es auf die Rück­wir­kun­gen der ge­gen­läu­fi­gen Glücks­spiel­po­li­tik im an­de­ren Glücks­spiel­sek­tor auf den Mo­no­pol­be­reich an. Fest­ge­stellt wer­den muss, in­wie­weit die­se Glücks­spiel­po­li­tik die Wirk­sam­keit der Mo­no­pol­re­ge­lung und de­ren Bei­trag zur Ver­wirk­li­chung der mit ihr ver­folg­ten Zie­le be­ein­träch­tigt. Dar­in liegt kei­ne Rück­kehr zu ei­ner un­zu­rei­chen­den sek­to­ra­len Ko­hä­renz­prü­fung. Die­se blen­de­te mög­li­che Fol­gen ei­ner Ex­pan­si­ons­po­li­tik in an­de­ren Glücks­spiel­be­rei­chen für den Be­reich der Sport­wet­ten aus. Die in­ter­sek­to­ra­le Ko­hä­renz­prü­fung be­zieht sie da­ge­gen mit ein. Sie lehnt nur die wei­ter­ge­hen­de For­de­rung nach ei­ner al­le Glücks­spiel­be­rei­che über­span­nen­den Ge­samt­ko­hä­renz ab, da für die Ge­eig­net­heit der Mo­no­pol­re­ge­lung nur ihr ei­ge­ner Bei­trag zur Ziel­ver­wirk­li­chung ma­ß­geb­lich ist.

53 Zur Wi­der­le­gung die­ser spe­zi­ell zum Glücks­spiel­recht ent­wi­ckel­ten Kon­kre­ti­sie­rung des Ko­hä­renz­ge­bots ist die im an­ge­grif­fe­nen Ur­teil zi­tier­te äl­te­re Recht­spre­chung zur Dienst­leis­tungs­frei­heit nicht ge­eig­net. Auch auf den Vor­trag der Klä­ge­rin, der Pres­se­mit­tei­lung des Ge­richts­hofs sei Ge­gen­tei­li­ges zu ent­neh­men, kommt es man­gels recht­li­cher Ver­bind­lich­keit sol­cher Mit­tei­lun­gen nicht an. Ma­ß­ge­bend sind die ein­schlä­gi­gen Ent­schei­dun­gen selbst. Ih­re Te­norie­rung lässt kei­nen Zwei­fel dar­an, dass aus der Fest­stel­lung ei­ner ge­gen­läu­fi­gen Glücks­spiel­po­li­tik in ei­nem an­de­ren Be­reich mit glei­chem oder hö­he­rem Sucht­po­ten­zi­al noch kei­ne In­ko­hä­renz der Mo­no­pol­re­ge­lung folgt. Den Ent­schei­dungs­for­meln zu­fol­ge kann das vor­le­gen­de Ge­richt, wenn es ei­ne den Mo­no­pol­zie­len zu­wi­der­lau­fen­de Ex­pan­si­ons­po­li­tik im Be­reich an­de­rer, nicht mo­no­po­li­sier­ter Glücks­spie­le mit hö­he­rem Sucht­po­ten­zi­al fest­stellt, be­rech­tig­ten An­lass zur Schluss­fol­ge­rung ha­ben, das Mo­no­pol sei nicht mehr ge­eig­net, das Er­rei­chen des mit ihm ver­folg­ten Ziels da­durch zu ge­währ­leis­ten, dass es da­zu bei­trägt, die Ge­le­gen­hei­ten zum Spiel zu ver­rin­gern und die Tä­tig­kei­ten in die­sem Be­reich in ko­hä­ren­ter und sys­te­ma­ti­scher Wei­se zu be­gren­zen (je­weils Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Leit­satz 1 d) bzw. - Car­men Me­dia - a.a.O. Leit­satz 2). Da­nach ist die­se Schluss­fol­ge­rung nicht zwin­gend, son­dern nur mög­li­cher­wei­se ge­recht­fer­tigt. Ob sie zu zie­hen ist, er­gibt sich nach den Ent­schei­dungs­grün­den erst aus der Prü­fung, ob das Mo­no­pol trotz der ge­gen­läu­fi­gen Re­ge­lung des an­de­ren Glücks­spiel­be­reichs noch wirk­sam zur Ver­wirk­li­chung der mit ihm ver­folg­ten Zie­le bei­tra­gen kann. Dies fest­zu­stel­len, hat der Ge­richts­hof den mit­glied­staat­li­chen Ge­rich­ten über­las­sen (vgl. Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 98, 106 f. und - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 65, 68, 71).

54 Ei­ne Vor­la­ge an den Ge­richts­hof wä­re auch in­so­weit nicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ge­bo­ten. Die von der Klä­ge­rin be­strit­te­ne Er­for­der­lich­keit ei­ner Fol­gen­be­trach­tung er­gibt sich, wie be­reits dar­ge­legt, klar und ein­deu­tig aus dem Wort­laut der bei­den ein­schlä­gi­gen, zur Ko­hä­renz der deut­schen Sport­wet­ten­mo­no­po­le er­gan­ge­nen Ent­schei­dun­gen des Ge­richts­hofs. Auch die dog­ma­ti­sche Ein­ord­nung der Ko­hä­renz als Vor­aus­set­zung der Ge­eig­net­heit der Mo­no­pol­re­ge­lung, die durch die Aus­wir­kun­gen ei­ner ge­gen­läu­fi­gen Po­li­tik in an­de­ren Sek­to­ren be­ein­träch­tigt wer­den kann, lässt kei­nen an­de­ren Schluss zu. Der Mit­tel­weg der in­ter­sek­to­ra­len Ko­hä­renz, die sich we­der auf ei­ne Be­trach­tung des Mo­no­pol­sek­tors be­schränkt, noch ei­ne in fö­de­ra­len Mit­glied­staa­ten kaum zu leis­ten­de Ge­samt­ko­hä­renz for­dert, ist da­mit un­miss­ver­ständ­lich vor­ge­ge­ben. Die spä­te­re Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs zum Glücks­spiel­recht stellt den ein­ge­schla­ge­nen Mit­tel­weg nicht in Fra­ge. Erst recht lässt sich aus der frü­he­ren, das Kas­sen­zahn­arzt­recht be­tref­fen­den Ent­schei­dung in der Rechts­sa­che Pe­ter­sen (Eu­GH, Ur­teil vom 12. Ja­nu­ar 2010 - Rs. C-341/08, Pe­ter­sen - Slg. 2010, I-47 Rn. 53 ff., 58 ff.) nichts für die Er­for­der­lich­keit ei­ner glücks­spiel­recht­li­chen Ge­samt­ko­hä­renz her­lei­ten. Dort ver­steht der Ge­richts­hof den Be­reich der kas­sen­zahn­ärzt­li­chen Tä­tig­keit, für den ei­ne Al­ters­gren­ze ge­re­gelt wur­de, und den von die­ser Re­ge­lung nicht er­fass­ten Be­reich pri­vat­zahn­ärzt­li­cher Tä­tig­keit nicht als zwei ver­schie­de­ne Sek­to­ren. Viel­mehr in­ter­pre­tiert er das Feh­len ei­ner Al­ters­gren­ze für Pri­vat­zahn­ärz­te als Aus­nah­me von der Re­ge­lung der Al­ters­gren­ze, die man­gels trag­fä­hi­ger Be­grün­dung für die­se Un­gleich­be­hand­lung nicht ge­recht­fer­tigt sei.

55 (2) So­weit das an­ge­grif­fe­ne Ur­teil in ei­ner Hilfs­er­wä­gung die Not­wen­dig­keit ei­ner Fol­gen­be­trach­tung un­ter­stellt, ver­engt es den Blick un­zu­läs­sig auf ak­tu­el­le Spie­ler­grup­pen, so dass sei­ne tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen die An­nah­me, die Mo­no­pol­re­ge­lung ha­be ih­re Wirk­sam­keit in­fol­ge ei­ner ge­gen­läu­fi­gen Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich des ge­werb­li­chen Au­to­ma­ten­spiels ver­lo­ren, nicht zu tra­gen ver­mö­gen.

56 Rich­tig ist der Aus­gangs­punkt des Be­ru­fungs­ge­richts, dass die Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich des Au­to­ma­ten­spiels nur dann zu Fol­ge­wir­kun­gen im Mo­no­pol­be­reich füh­ren kön­ne, wenn sich die Krei­se der po­ten­zi­el­len Kun­den über­schnei­den (vgl. § 21 Abs. 2 GlüStV n.F.). Dies ist al­ler­dings nur ei­ne not­wen­di­ge und noch kei­ne hin­rei­chen­de Vor­aus­set­zung für das Ent­ste­hen pro­ble­ma­ti­scher Fol­ge­wir­kun­gen. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat ei­ne Über­schnei­dung von Kun­den­krei­sen ins­be­son­de­re in der Teil­grup­pe be­son­ders sucht­ge­fähr­de­ter jun­ger männ­li­cher Er­wach­se­ner aus­ge­macht. Es hat sich je­doch mit der wei­te­ren Fest­stel­lung be­gnügt, die ex­pan­si­ve Po­li­tik im Be­reich des Au­to­ma­ten­spiels ha­be zu ei­ner Wan­de­rung ei­nes ho­hen An­teils von Spie­lern die­ser Teil­grup­pe vom Be­reich der Sport­wet­ten zu dem des Au­to­ma­ten­spiels ge­führt. Die­se Fest­stel­lung ist in zwei­fa­cher Hin­sicht un­zu­rei­chend. Zum ei­nen ist da­mit noch nicht ge­klärt, ob die Ab­wan­de­rung prak­tisch ei­nen Leer­lauf der Mo­no­pol­re­ge­lung zur Fol­ge hat oder die­se auf ei­ne Ali­bi­funk­ti­on re­du­ziert. Zum an­de­ren lässt die auf ei­ne Ab­wan­de­rung von (ak­tu­el­len) Spie­lern be­schränk­te Be­trach­tung un­be­rück­sich­tigt, dass es für die Wirk­sam­keit des Bei­trags der Mo­no­pol­re­ge­lung zur Sucht­be­kämp­fung nicht nur auf die be­reits ak­ti­ven, sucht­ge­fähr­de­ten oder gar spiel­süch­ti­gen Spie­ler an­kom­men kann. Sucht­be­kämp­fung schlie­ßt auch die Sucht­prä­ven­ti­on mit ein, die po­ten­zi­el­le Kun­den bei ei­ner Teil­nah­me am Glücks­spiel vor ei­ner sol­chen Ge­fähr­dung schützt. Er­for­der­lich ist des­halb ei­ne Fol­gen­be­trach­tung, die nicht nur die ak­tu­el­le, son­dern auch die po­ten­zi­el­le Nach­fra­ge nach bei­den Glücks­spiel­ar­ten und die Aus­wir­kun­gen der ge­gen­läu­fi­gen Glücks­spiel­po­li­tik im an­de­ren Sek­tor auf die Nach­fra­ge im Mo­no­pol­be­reich er­mit­telt.

57 dd) Zu Recht hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt die Mo­no­pol­re­ge­lung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV we­gen ih­res Ver­sto­ßes ge­gen Uni­ons­recht für un­an­wend­bar ge­hal­ten. Als pri­mär­recht­li­che Ge­währ­leis­tun­gen bin­den die Grund­frei­hei­ten die Mit­glied­staa­ten der Uni­on im je­wei­li­gen An­wen­dungs­be­reich un­mit­tel­bar, und zwar auch au­ßer­halb der be­reits durch se­kun­dä­res Uni­ons­recht har­mo­ni­sier­ten Re­ge­lungs­be­rei­che. Ihr An­wen­dungs­vor­rang schlie­ßt ei­ne An­wen­dung grund­frei­heits­wid­ri­ger Re­ge­lun­gen prin­zi­pi­ell aus (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-409/06, Win­ner Wet­ten - Slg. 2010, I-8015 Rn. 53 ff.).

58 Die­se Recht­spre­chung hält sich im Rah­men der uni­ons­recht­li­chen Kom­pe­ten­zen und ist auch nicht mit ver­fas­sungs­recht­li­chen Er­wä­gun­gen in Zwei­fel zu zie­hen. Art. 5 des Ver­tra­ges über die Eu­ro­päi­sche Uni­on i.d.F. des Ver­tra­ges von Lis­sa­bon - EUV (ABl C 306, 1, ber. ABl 2008, C 111, 56) ver­bie­tet der Uni­on, ih­re Kom­pe­ten­zen über den Kreis der ihr je­weils nach Art. 23 Abs. 1 GG über­tra­ge­nen Ho­heits­rech­te hin­aus aus­zu­deh­nen. Die ver­trag­lich be­grün­de­te Recht­spre­chungs­kom­pe­tenz des Ge­richts­hofs nach Art. 267 AEUV schlie­ßt die Be­fug­nis ein, den An­wen­dungs­vor­rang der Grund­frei­hei­ten zu kon­kre­ti­sie­ren. Dass der An­wen­dungs­vor­rang von den mit­glied­staat­li­chen Ge­rich­ten al­ler In­stan­zen zu be­ach­ten ist, er­gibt sich aus der Bin­dung der Mit­glied­staa­ten an den Ver­trag, der als su­pra­na­tio­na­les Pri­mär­recht kei­ner Trans­for­ma­ti­on be­darf, und aus der Bin­dung der Ge­rich­te an das gel­ten­de Recht, zu dem auch das Uni­ons­recht zählt. Art. 100 GG greift nicht ein, da we­der die Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit der Norm noch das Ver­wer­fungs­mo­no­pol des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts in Fra­ge steht. Ei­ne uni­ons­rechts­wid­ri­ge und des­halb im kon­kre­ten Fall un­an­wend­ba­re Norm wird we­gen des Uni­ons­rechts­ver­sto­ßes nicht für nich­tig er­klärt.

59 b) Die Be­klag­te meint, auf et­wai­ge Feh­ler ih­rer Er­mes­sens­aus­übung kom­me es nicht an, weil ihr Er­mes­sens­spiel­raum oh­ne­hin da­hin ein­ge­schränkt ge­we­sen sei, dass nur ei­ne Un­ter­sa­gung recht­mä­ßig ge­we­sen wä­re. Die­ser Vor­trag kann der Re­vi­si­on nicht zum Er­folg ver­hel­fen.

60 Ei­ne Er­mes­sens­re­du­zie­rung auf Null zu­las­ten der Klä­ge­rin hat das Be­ru­fungs­ge­richt re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei ver­neint. Sie könn­te sich aus § 284 Abs. 1 StGB nur er­ge­ben, wenn der Klä­ge­rin das Feh­len ei­ner Er­laub­nis ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den könn­te. Das setzt vor­aus, dass ihr die Er­laub­nis nicht uni­ons­rechts­wid­rig vor­ent­hal­ten oder ver­wei­gert wur­de. Zwar ist der Er­laub­nis­vor­be­halt ge­mäß § 4 Abs. 1 GlüStV ver­fas­sungs- und uni­ons­rechts­kon­form. We­gen der Uni­ons­rechts­wid­rig­keit des Mo­no­pols durf­te ei­ne Er­laub­nis aber nicht schon des­halb, son­dern nur nach Prü­fung der uni­ons­rechts­kon­for­men, mo­no­pol­un­ab­hän­gi­gen Er­laub­nis­vor­aus­set­zun­gen aus­ge­schlos­sen wer­den (Eu­GH, Ur­teil vom 24. Ja­nu­ar 2013 - Rs. C-186/11 u.a., Stan­ley­bet Int. Ltd. u.a. - NVwZ 2013, 785 Rn. 38 f., 48). Die­se Vor­aus­set­zung war im ma­ß­geb­li­chen Zeit­raum in Nord­rhein-West­fa­len nicht er­füllt, weil dort das Er­laub­nis­ver­fah­ren - im Ge­gen­satz zu an­de­ren Bun­des­län­dern wie et­wa dem Frei­staat Bay­ern oder Rhein­land-Pfalz - nicht für Pri­va­te ge­öff­net wur­de. Aus den Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts er­gibt sich auch nicht, dass die Ver­mitt­lungs­tä­tig­keit der Klä­ge­rin aus mo­no­pol­un­ab­hän­gi­gen Grün­den ma­te­ri­ell-recht­lich nicht er­laub­nis­fä­hig ge­we­sen wä­re.

61 c) Die Be­grün­dung der Er­mes­sens­ent­schei­dung wur­de auch nicht nach­träg­lich in ei­ner Wei­se ge­än­dert, die den Er­mes­sens­feh­ler ent­fal­len lie­ße. Ein rück­wir­ken­der Aus­tausch we­sent­li­cher Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen ist oh­ne­dies selbst bei Dau­er­ver­wal­tungs­ak­ten ver­wal­tungs­ver­fah­rens­recht­lich in der Re­gel un­zu­läs­sig. So­weit er das We­sen des Ver­wal­tungs­akts nicht ver­än­dert, be­ein­träch­tigt er den Be­trof­fe­nen zu­min­dest re­gel­mä­ßig er­heb­lich in sei­ner Rechts­ver­tei­di­gung.

62 Der nicht nach­ge­las­se­ne Schrift­satz der Klä­ge­rin vom 19. Ju­ni 2013 gibt kei­nen An­lass, die münd­li­che Ver­hand­lung wie­der zu er­öff­nen.

63 Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 154 Abs. 2 Vw­GO.

Ur­teil vom 20.06.2013 -
BVer­wG 8 C 17.12ECLI:DE:BVer­wG:2013:200613U8C17.12.0

Leit­sät­ze:

1. Die An­fech­tung ei­ner glücks­spiel­recht­li­chen Un­ter­sa­gung für die Ver­gan­gen­heit ist in An­se­hung ei­ner noch rück­gän­gig zu ma­chen­den Voll­stre­ckung nur für den Voll­stre­ckungs­zeit­raum selbst statt­haft; so­weit die Un­ter­sa­gung sich an­schlie­ßend wie­der fort­lau­fend er­le­digt, kommt nur ei­ne Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­kla­ge in Be­tracht.

2. Das in Nord­rhein-West­fa­len un­ter dem Lot­te­rie­staats­ver­trag und dem Glücks­spiel­staats­ver­trag (a.F.) bis zum 30. No­vem­ber 2012 be­stehen­de staat­li­che Sport­wet­ten­mo­no­pol ver­letz­te die uni­ons­recht­li­che Nie­der­las­sungs- und Dienst­leis­tungs­frei­heit. In die­sem Zeit­raum durf­te die nord­rhein-west­fä­li­sche Mo­no­pol­re­ge­lung we­gen des Uni­ons­rechts­ver­sto­ßes auch nicht über­gangs­wei­se an­ge­wen­det wer­den.

3. Ei­ne In­ko­hä­renz des staat­li­chen Sport­wet­ten­mo­no­pols we­gen ei­ner sei­nen (vor­geb­li­chen) Zie­len wi­der­spre­chen­den Wer­be­pra­xis kann sich auch aus der Wer­bung des Mo­no­pol­trä­gers für an­de­re Mo­no­pol­an­ge­bo­te als die Sport­wet­ten und dar­über hin­aus auch aus der im Deut­schen Lot­to- und To­to­block ko­or­di­nier­ten, von den Mo­no­pol­trä­gern lan­des­gren­zen­über­grei­fend ab­ge­stimm­ten Wer­bung er­ge­ben.

4. Ei­ne In­ko­hä­renz we­gen ei­ner das Mo­no­pol kon­ter­ka­rie­ren­den Glücks­spiel­po­li­tik in ei­nem an­de­ren Glücks­spiel­be­reich mit min­des­tens gleich ho­hem Sucht­po­ten­zi­al setzt vor­aus, dass die­se Po­li­tik zur Fol­ge hat, dass das Mo­no­pol nicht mehr wirk­sam zum Er­rei­chen der mit ihm ver­folg­ten Zie­le bei­tra­gen kann; dies ist in ei­ner Fol­gen­be­trach­tung zu er­mit­teln, die sich nicht auf die ak­tu­el­len Spie­ler be­schränkt, son­dern die po­ten­zi­el­le Nach­fra­ge ein­be­zieht.

  • Rechts­quel­len
  • Zi­tier­vor­schlag

Ur­teil

BVer­wG 8 C 17.12

  • VG Gel­sen­kir­chen - 17.09.2008 - AZ: VG 7 K 2474/07
  • OVG für das Land Nord­rhein-West­fa­len - 21.02.2012 - AZ: OVG 4 A 2847/08

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 8. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 18. Ju­ni 2013
durch den Vi­ze­prä­si­den­ten des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
Prof. Dr. Dr. h.c. Ren­nert,
den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Dei­seroth
und die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Hau­ser, Dr. Held-Daab
und Dr. Ru­dolph
am 20. Ju­ni 2013 für Recht er­kannt:

Die Re­vi­si­on der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein West­fa­len vom 21. Fe­bru­ar 2012, so­weit sie den Zeit­raum bis zum 30. No­vem­ber 2012 be­trifft, wird auf Kos­ten der Be­klag­ten mit der Ma­ß­ga­be zu­rück­ge­wie­sen, dass die Ord­nungs­ver­fü­gung der Be­klag­ten vom 20. Ok­to­ber 2006 in der Ge­stalt des Wi­der­spruchs­be­schei­des der Be­zirks­re­gie­rung Arns­berg vom 23. Ju­li 2007 in An­se­hung ih­rer Voll­stre­ckung auf­ge­ho­ben und im Üb­ri­gen die Rechts­wid­rig­keit der Un­ter­sa­gung in der Zeit bis zum 30. No­vem­ber 2012 fest­ge­stellt wird.

Grün­de

I

1 Die Be­tei­lig­ten strei­ten um die Recht­mä­ßig­keit ei­ner Ord­nungs­ver­fü­gung, mit der dem Klä­ger die Ver­mitt­lung von Sport­wet­ten an pri­va­te Wett­an­bie­ter un­ter­sagt wur­de.

2 Der Klä­ger ist seit vie­len Jah­ren als Buch­ma­cher zu­ge­las­sen und un­ter­hält un­ter an­de­rem in B. meh­re­re Be­triebs­stät­ten. Seit 1999 ver­mit­tel­te er auch Sport­wet­ten an ver­schie­de­ne im EU-Aus­land an­säs­si­ge pri­va­te Wett­ver­an­stal­ter. Mit so­fort voll­zieh­ba­rer Ord­nungs­ver­fü­gung vom 20. Ok­to­ber 2006 un­ter­sag­te die Be­klag­te dem Klä­ger die Ver­mitt­lung von Sport­wet­ten, für die kei­ne Er­laub­nis des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len vor­lag, in den Be­triebs­stät­ten S...​straße ..., H...​straße ..., A... ..., A... ... so­wie B... Stra­ße ... und for­der­te ihn auf, die Ver­mitt­lung der Sport­wet­ten in die­sen An­nah­me­stel­len bis zum 28. Ok­to­ber 2006 ein­zu­stel­len. Für den Fall der Zu­wi­der­hand­lung droh­te sie ein Zwangs­geld in Hö­he von 10 000 € an. Die Be­klag­te stütz­te die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung auf § 14 des Ord­nungs­be­hör­den­ge­set­zes (OBG NW) und ver­wies un­ter an­de­rem zu­sätz­lich auf § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Lot­te­rie­staats­ver­tra­ges (Staats­ver­trag zum Lot­te­rie­we­sen in Deutsch­land vom 13. Fe­bru­ar 2004 - LoStV, GV NRW S. 315), des­sen Re­ge­lun­gen in Nord­rhein-West­fa­len zum 1. Ju­li 2004 in Kraft ge­tre­ten wa­ren. We­gen des dar­in ge­re­gel­ten staat­li­chen Mo­no­pols sei ei­ne Er­laub­nis zum Ver­an­stal­ten und Ver­mit­teln von Sport­wet­ten in ab­seh­ba­rer Zeit nicht zu er­lan­gen. Die öf­fent­li­che Si­cher­heit sei schon durch die Ver­wirk­li­chung des ob­jek­ti­ven Tat­be­stands des § 284 Abs. 1 StGB ge­fähr­det.

3 Der Klä­ger mach­te mit sei­nem Wi­der­spruch gel­tend, in drei be­trof­fe­nen Be­triebs­stät­ten sei­en kei­ne Sport­wet­ten ver­mit­telt wor­den. Mit Wi­der­spruchs­be­scheid vom 23. Ju­li 2007, zu­ge­stellt am 25. Ju­li 2007, wies die Be­zirks­re­gie­rung Arns­berg den Wi­der­spruch zu­rück. Ein Eil­an­trag des Klä­gers blieb er­folg­los.

4 Nach­dem die Be­klag­te fest­ge­stellt hat­te, dass der Klä­ger die Sport­wet­ten­ver­mitt­lung fort­führ­te, setz­te sie mit Be­scheid vom 3. No­vem­ber 2006 das an­ge­droh­te Zwangs­geld in Hö­he von 10 000 € un­ter An­dro­hung ei­nes wei­te­ren Zwangs­gel­des in Hö­he von 20 000 € fest. Mit wei­te­ren Be­schei­den vom 16. No­vem­ber, 24. No­vem­ber, 4. De­zem­ber und 13. De­zem­ber 2006 folg­te die Fest­set­zung der je­weils im vo­ri­gen Be­scheid an­ge­droh­ten wei­te­ren Zwangs­gel­der in Hö­he von 20 000 €, 20 000 €, noch­mals 20 000 € und 40 000 €; da­bei mach­te sie je­weils Ver­wal­tungs­aus­la­gen in Hö­he von 5,07 € gel­tend. Der Klä­ger zahl­te dar­auf 10 005,07 € am 9. No­vem­ber 2006, je­weils 20 005,07 € am 22. No­vem­ber, am 5. und am 11. De­zem­ber 2006 so­wie schlie­ß­lich 40 005,07 € am 19. De­zem­ber 2006. Mit Te­le­fax vom 15. De­zem­ber 2006 teil­te er der Be­klag­ten mit, dass er ab dem 18. De­zem­ber 2006 kei­ne Sport­wet­ten mehr an­bie­te, um wei­te­re Zwangs­maß­nah­men zu ver­mei­den.

5 Mit Be­scheid vom 3. De­zem­ber 2010 setz­te die Be­klag­te das im Be­scheid vom 13. De­zem­ber 2006 an­ge­droh­te wei­te­re Zwangs­geld in Hö­he von 50 000 € zu­züg­lich 3,65 € Aus­la­gen fest, weil der Klä­ger im Sep­tem­ber, Ok­to­ber und No­vem­ber 2010 in drei ver­schie­de­nen Wett­an­nah­me­stel­len in B. Sport­wet­ten ver­mit­telt ha­be. Dar­auf­hin zahl­te der Klä­ger 25 000 € am 12. De­zem­ber 2010, 12 500 € am 25. Fe­bru­ar 2011 so­wie 12 503,65 € am 7. März 2011.

6 Das Ver­wal­tungs­ge­richt Gel­sen­kir­chen hat die am Mon­tag, dem 27. Au­gust 2007 er­ho­be­ne An­fech­tungs­kla­ge des Klä­gers mit Ur­teil vom 17. Sep­tem­ber 2008 ab­ge­wie­sen.

7 Im Be­ru­fungs­ver­fah­ren hat der Klä­ger we­gen der Voll­stre­ckungs­maß­nah­men zu­nächst Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­an­trä­ge an­ge­kün­digt. Auf den Hin­weis des Be­ru­fungs­ge­richts, es kom­me ei­ne An­fech­tung auch für die Ver­gan­gen­heit (ex tunc) in Be­tracht, hat er sie nur hilfs­wei­se zum An­fech­tungs­an­trag ge­stellt.

8 Mit Ur­teil vom 21. Fe­bru­ar 2012 hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt das ver­wal­tungs­ge­richt­li­che Ur­teil ge­än­dert und den Be­scheid der Be­klag­ten vom 20. Ok­to­ber 2006 in der Ge­stalt des Wi­der­spruchs­be­schei­des vom 23. Ju­li 2007 auf­ge­ho­ben. Die An­fech­tung ex tunc sei zu­läs­sig, weil die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung sich we­gen der Voll­stre­ckung nicht für die Ver­gan­gen­heit er­le­digt ha­be. Die Kla­ge sei auch be­grün­det, da die an­ge­grif­fe­ne Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung seit ih­rem Er­lass rechts­wid­rig sei.

9 Im Zeit­punkt der Be­ru­fungs­ent­schei­dung sei die Ver­fü­gung an § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV zu mes­sen, der seit Aus­lau­fen des Glücks­spiel­staats­ver­tra­ges zum 31. De­zem­ber 2011 als Lan­des­recht fort­gel­te. Sei­ne Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen lä­gen vor. Die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung sei aber er­mes­sens­feh­ler­haft. Die Be­klag­te ha­be zu Un­recht an­ge­nom­men, die für die Ver­mitt­lung er­for­der­li­che Er­laub­nis kön­ne schon we­gen des Sport­wet­ten­mo­no­pols nicht er­teilt wer­den. Die Mo­no­pol­re­ge­lung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV sei un­an­wend­bar, weil sie die uni­ons­recht­li­che Nie­der­las­sungs- und Dienst­leis­tungs­frei­heit ver­let­ze. Zwar ver­fol­ge sie mit der Sucht­be­kämp­fung und dem Ju­gend- und Spiel­er­schutz uni­ons­recht­lich le­gi­ti­me Zie­le. Sie sei aber un­ver­hält­nis­mä­ßig, weil sie in­ko­hä­rent und da­her un­ge­eig­net sei, die Ver­wirk­li­chung die­ser Zie­le zu ge­währ­leis­ten. Das er­ge­be sich schon aus der un­zu­läs­si­gen Wer­be­pra­xis, die sys­te­ma­tisch zum Wet­ten an­rei­ze und er­mun­te­re. Aus uni­ons­recht­li­cher Sicht sei­en da­bei auch die nord­rhein-west­fä­li­sche Lot­to-Wer­bung und die im Deut­schen Lot­to- und To­to­block ko­or­di­nier­te Wer­bung an­de­rer Mo­no­pol­trä­ger im Bun­des­ge­biet zu be­rück­sich­ti­gen. Sys­te­ma­tisch un­zu­läs­si­ge Wer­bung wer­de vor al­lem mit den Jack­pot-Wer­be­kam­pa­gnen be­trie­ben. Auch die Hin­wei­se auf ei­ne ge­mein­nüt­zi­ge Ver­wen­dung ei­nes Teils der Wett­ein­sät­ze („Lot­to-Hilft“-Kam­pa­gnen) gin­gen re­gel­mä­ßig über ei­ne zu­läs­si­ge Ka­na­li­sie­rung vor­han­de­ner Wett­lei­den­schaf­ten hin­aus. Eben­so ent­fal­te­ten Pres­se­mit­tei­lun­gen über glück­li­che Lot­to­mil­lio­nä­re, die Art und Wei­se der öf­fent­li­chen Er­mitt­lung von Ge­winn­zah­len vor lau­fen­den Fern­seh­ka­me­ras so­wie die Prä­sen­ta­ti­on der Lot­to-Glücks­spi­ra­le vor der Haupt­aus­ga­be der Ta­ges­schau mit der Wer­bung für ei­ne So­fort­ren­te in Hö­he von 7 500 € un­zu­läs­si­ge An­rei­z­wir­kung. In der Ver­gan­gen­heit hät­ten die Mo­no­pol­an­bie­ter sol­che For­men un­zu­läs­si­ger Wer­bung noch ex­ten­si­ver be­trie­ben. Un­ab­hän­gig da­von füh­re auch die den Mo­no­pol­zie­len zu­wi­der­lau­fen­de Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich des ge­werb­li­chen Au­to­ma­ten­spiels zur In­ko­hä­renz. Die­ser Be­reich sei der wirt­schaft­lich be­deu­tends­te Glücks­spiel­sek­tor und wei­se das höchs­te Sucht­po­ten­zi­al auf. Den­noch wer­de dort seit der 5. No­vel­lie­rung der Spiel­ver­ord­nung (Fünf­te Ver­ord­nung zur Än­de­rung der Spiel­ver­ord­nung vom 17. De­zem­ber 2005, BGBl I S. 3495; vgl. die Be­kannt­ma­chung der seit dem 1. Ja­nu­ar 2006 gel­ten­den Neu­fas­sung der Ver­ord­nung über Spiel­ge­rä­te und an­de­re Spie­le mit Ge­winn­mög­lich­keit <Spiel­ver­ord­nung - SpielV> vom 27. Ja­nu­ar 2006, BGBl I S. 280) ei­ne den Zie­len der Sucht­be­kämp­fung und des Ju­gend- und Spiel­er­schut­zes wi­der­spre­chen­de Ex­pan­si­ons­po­li­tik ver­folgt. Die Neu­fas­sung der Spiel­ver­ord­nung und de­ren Um­set­zung in der Pra­xis hät­ten zu ei­ner er­heb­li­chen Aus­wei­tung der Spiel­ge­le­gen­hei­ten, zu ei­ner zu­neh­men­den An­ony­mi­sie­rung und zur Sen­kung der Hemm­schwel­len ge­führt, oh­ne dass dies durch spiel­er­schüt­zen­de Maß­nah­men aus­rei­chend aus­ge­gli­chen wor­den wä­re. Dar­aus ha­be sich ein be­trächt­li­ches Um­satz­wachs­tum er­ge­ben, das in er­heb­li­chem Maß zu­las­ten der Sucht­ge­fähr­de­ten ge­he. Prä­ven­ti­ve Be­mü­hun­gen blie­ben weit­ge­hend wir­kungs­los. Ob die Mo­no­pol­re­ge­lung zu­min­dest in ih­rem Teil­seg­ment und da­mit teil­wei­se ge­eig­net sei, die Mo­no­pol­zie­le zu ver­wirk­li­chen, kön­ne da­hin­ste­hen. Bei ei­nem so wi­der­sprüch­li­chen Schutz­kon­zept kom­me es dar­auf nicht an. Ei­ne Fol­gen­ab­schät­zung im Sin­ne der Er­mitt­lung von Ab­wan­de­rungs­be­we­gun­gen aus dem Mo­no­pol­be­reich in den Au­to­ma­ten­sek­tor sei eben­falls ent­behr­lich. Selbst wenn sie er­for­der­lich sein soll­te, lie­ßen die vor­lie­gen­den Un­ter­su­chun­gen zu­min­dest er­ken­nen, dass mög­li­che Fol­ge­wir­kun­gen der Li­be­ra­li­sie­rung des ge­werb­li­chen Au­to­ma­ten­spiels auch und ge­ra­de den Markt der Sport­wet­ten be­trä­fen und dass des­sen Um­satz­ein­bu­ße hin­sicht­lich der pro­ble­ma­ti­schen Spie­ler­kli­en­tel zu­las­ten ei­ner wach­sen­den Ab­wan­de­rung in den „il­le­ga­len“ An­bie­ter­be­reich und das zu­neh­mend ex­pan­die­ren­de Seg­ment der ge­werb­li­chen Geld­spiel­au­to­ma­ten ge­he. Dies be­stä­ti­ge, dass sich Spiel­sucht nur als sol­che, al­so auf den ge­sam­ten Glücks­spiel­markt be­zo­gen, be­kämp­fen las­se. Ver­fas­sungs­recht ste­he der nach dem Uni­ons­recht er­for­der­li­chen kom­pe­tenz- und län­der­über­grei­fen­den Be­trach­tung nicht ent­ge­gen. Der Er­mes­sens­feh­ler der an­ge­grif­fe­nen Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung sei we­der un­be­acht­lich, noch kön­ne er im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren ge­heilt wer­den. Der glücks­spiel­recht­li­che Er­laub­nis­vor­be­halt sei zwar wirk­sam und an­wend­bar. Er recht­fer­ti­ge ei­ne voll­stän­di­ge Un­ter­sa­gung aber nur bei Feh­len der Er­laub­nis­fä­hig­keit. Die Er­le­di­gung der Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung und das Ver­bot ei­nes nach­träg­li­chen Aus­tauschs der Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen im ge­richt­li­chen Ver­fah­ren nach § 114 Satz 2 Vw­GO schlös­sen ei­ne Hei­lung des Er­mes­sens­feh­lers aus.

10 Die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung sei auch in der Ver­gan­gen­heit rechts­wid­rig ge­we­sen. Be­züg­lich des Sport­wet­ten­mo­no­pols un­ter dem Lot­te­rie­staats­ver­trag in der Zeit bis zum 31. De­zem­ber 2007 fol­ge das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt den Fest­stel­lun­gen und Be­wer­tun­gen des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts zur Rechts­la­ge nach dem Baye­ri­schen Staats­lot­te­rie­ge­setz vom 29. April 1999. Die­se sei­en auf die Rechts­la­ge in Nord­rhein-West­fa­len in al­len we­sent­li­chen Punk­ten über­trag­bar. Da die Vor­ga­ben des Ge­mein­schafts­rechts und des deut­schen Ver­fas­sungs­rechts par­al­lel lie­fen, sei ne­ben der Be­rufs­frei­heit auch die Nie­der­las­sungs- und Dienst­leis­tungs­frei­heit ver­letzt ge­we­sen. Das uni­ons­recht­li­che De­fi­zit ha­be durch die ver­fas­sungs­ge­richt­li­che Über­gangs­an­ord­nung nicht be­sei­tigt wer­den kön­nen. Die Rechts­wid­rig­keit der Un­ter­sa­gung in der Zeit vom 1. Ja­nu­ar 2008 bis zur Be­ru­fungs­ent­schei­dung er­ge­be sich aus den Aus­füh­run­gen zur ge­gen­wär­ti­gen Rechts­la­ge.

11 Die Be­klag­te macht mit ih­rer Re­vi­si­on gel­tend, so­weit die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung sich in der Ver­gan­gen­heit - au­ßer­halb ih­rer Voll­stre­ckung - fort­lau­fend er­le­digt ha­be, kön­ne der Klä­ger sich nicht auf ein Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­in­te­re­s­se be­ru­fen. Ins­be­son­de­re er­ge­be sich aus § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW kein Prä­ju­di­z­in­ter­es­se. Er se­he kei­ne Haf­tung für le­gis­la­ti­ves Un­recht vor. Au­ßer­dem feh­le ein er­satz­fä­hi­ger Scha­den. Im Üb­ri­gen sei das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ak­ten­wid­rig da­von aus­ge­gan­gen, dass der Klä­ger noch auf die Be­triebs­stät­ten H...​straße und A... ... so­wie ... zu­grei­fen kön­ne, ob­wohl er erst­in­stanz­lich de­ren Schlie­ßung im Früh­jahr 2006 vor­ge­tra­gen ha­be. Die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung sei recht­mä­ßig ge­we­sen. Das Sport­wet­ten­mo­no­pol ent­spre­che dem uni­ons­recht­li­chen Ko­hä­renzer­for­der­nis. Das gel­te so­wohl in Be­zug auf die Wer­bung als auch hin­sicht­lich der Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich des ge­werb­li­chen Au­to­ma­ten­spiels. Das Be­ru­fungs­ur­teil ha­be den Wer­be­be­griff ver­kannt und die uni­ons­recht­li­chen Gren­zen ka­na­li­sie­ren­der Wer­bung zu eng ge­zo­gen. Ge­ge­be­nen­falls sei da­zu ei­ne Vor­ab­ent­schei­dung des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on ein­zu­ho­len. Für den Wort­laut der vor­ge­schla­ge­nen Vor­la­ge­fra­gen wird auf die An­la­ge zur Sit­zungs­nie­der­schrift vom 18. Ju­ni 2013 ver­wie­sen. We­gen des Bun­des­staats­prin­zips und der Ge­setz­ge­bungs­au­to­no­mie der Län­der, die uni­ons­recht­lich nach Art. 4 Abs. 2 des Ver­tra­ges über die Eu­ro­päi­sche Uni­on i.d.F. des Ver­tra­ges von Lis­sa­bon - EUV (ABl C 306, 1, ber. ABl 2008, C 111, 56) zu ach­ten sei­en, kom­me es auch nur auf die Re­ge­lung und die Um­set­zung des Mo­no­pols im je­wei­li­gen Bun­des­land an. Struk­tu­rel­le Voll­zugs­de­fi­zi­te könn­ten nicht zur Un­an­wend­bar­keit ei­ner nor­ma­tiv nicht zu be­an­stan­den­den Re­ge­lung füh­ren. We­gen des Rechts­staats­ge­bots kön­ne aus ob­jek­ti­ven Um­set­zungs­de­fi­zi­ten auch kei­ne sub­jek­tiv-recht­li­che Be­güns­ti­gung der Be­trof­fe­nen her­ge­lei­tet wer­den. In tat­säch­li­cher Hin­sicht ha­be das Be­ru­fungs­ge­richt die Wer­be­pra­xis nicht ge­nü­gend auf­ge­klärt und die her­an­ge­zo­ge­nen Wer­be­bei­spie­le man­gels aus­rei­chen­der Sach­kun­de un­zu­tref­fend ge­wür­digt. In­so­weit sei auch der Über­zeu­gungs­grund­satz ver­letzt. Dar­über hin­aus ha­be das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt das Recht der Be­klag­ten auf recht­li­ches Ge­hör miss­ach­tet, weil es erst kurz vor der Be­ru­fungs­ver­hand­lung und über­dies un­voll­stän­dig auf die im Ur­teil zi­tier­ten Ver­öf­fent­li­chun­gen hin­ge­wie­sen ha­be. Mit den Be­tei­lig­ten ha­be es auch nicht er­ör­tert, dass es von ei­nem bun­des­weit un­zu­läs­si­gen Wer­be­ver­hal­ten, ins­be­son­de­re durch die bis­her all­seits ge­bil­lig­te Fern­seh­wer­bung, aus­ge­he. Da­mit ha­be es der Be­klag­ten die Mög­lich­keit ge­nom­men, da­zu Stel­lung zu neh­men und vor­zu­schla­gen, zur Be­ur­tei­lung der An­rei­z­wir­kung ein Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­ten ein­zu­ho­len. Fer­ner ge­he das Be­ru­fungs­ge­richt ver­fah­rens­feh­ler­haft da­von aus, das ge­werb­li­che Au­to­ma­ten­spiel ha­be ein hö­he­res Sucht­po­ten­zi­al als die Sport­wet­ten und sei von ei­ner Ex­pan­si­ons­po­li­tik ge­prägt, die den Mo­no­pol­zie­len zu­wi­der­lau­fe. Selbst wenn sei­ne Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen zu­trä­fen, fol­ge dar­aus noch kei­ne In­ko­hä­renz des Mo­no­pols. Viel­mehr sei ei­ne Fol­gen­be­trach­tung er­for­der­lich, die klä­ren müs­se, ob die Aus­wir­kun­gen der ge­gen­läu­fi­gen Glücks­spiel­po­li­tik auf den Mo­no­pol­be­reich die Wirk­sam­keit und da­mit die Eig­nung des Mo­no­pols zur Ziel­ver­wirk­li­chung auf­hö­ben. Das sei nicht der Fall. Das Be­ru­fungs­ge­richt ha­be den Schutz der mit­glied­staat­li­chen Ver­fas­sungs­ord­nung nach Art. 4 Abs. 2 EUV und die Kom­pe­tenz­gren­zen der Uni­on nach Art. 5 EUV über­gan­gen. Es ha­be die Mo­no­pol­re­ge­lung nach dem Rechts­staats­ge­bot auch nicht oh­ne ei­ne kon­kre­te Nor­men­kon­trol­le nach Art. 100 GG für ob­so­let hal­ten dür­fen. Fer­ner ha­be es zu Un­recht ei­ne Er­mes­sens­re­du­zie­rung auf Null ver­neint und die Rechts­fi­gur des in­ten­dier­ten Er­mes­sens ver­kannt. Je­den­falls sei die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung recht­mä­ßig, weil die Durch­set­zung des Er­laub­nis­vor­be­halts uni­ons­recht­lich zu­läs­sig sei und die Er­laub­nis­vor­aus­set­zun­gen zu kei­nem Zeit­punkt vor­ge­le­gen hät­ten. § 114 Satz 2 Vw­GO schlie­ße ein Nach­schie­ben von Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen bei Dau­er­ver­wal­tungs­ak­ten nicht aus. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ha­be des­halb die im ge­richt­li­chen Ver­fah­ren er­gänz­ten Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen bei sei­ner Ent­schei­dung be­rück­sich­ti­gen müs­sen. So­weit es von der Rechts­wid­rig­keit der Un­ter­sa­gung in der Ver­gan­gen­heit aus­ge­he, sei­en sei­ne Er­wä­gun­gen denk­feh­ler­haft. Ko­hä­renz­fra­gen in sei­nem Sin­ne sei­en erst seit den uni­ons­ge­richt­li­chen Ent­schei­dun­gen vom 8. Sep­tem­ber 2010 er­heb­lich.

12 Mit Be­schluss vom 4. De­zem­ber 2012 hat der Se­nat das Ver­fah­ren, so­weit es den Un­ter­sa­gungs­zeit­raum seit dem 1. De­zem­ber 2012 be­trifft, un­ter dem Ak­ten­zei­chen - BVer­wG 8 C 53.12 - ab­ge­trennt.

13 Die Be­klag­te be­an­tragt,
das Ur­teil des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 21. Fe­bru­ar 2012 hin­sicht­lich des Zeit­raums bis zum 30. No­vem­ber 2012 zu än­dern und die Be­ru­fung des Klä­gers ge­gen das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Gel­sen­kir­chen vom 17. Sep­tem­ber 2008 in­so­weit zu­rück­zu­wei­sen.

14 Der Klä­ger be­an­tragt,
die Re­vi­si­on hin­sicht­lich des Zeit­raums bis zum 30. No­vem­ber 2012 mit der Ma­ß­ga­be zu­rück­zu­wei­sen, dass die Ord­nungs­ver­fü­gung der Be­klag­ten vom 20. Ok­to­ber 2006 in der Ge­stalt des Wi­der­spruchs­be­schei­des der Be­zirks­re­gie­rung Arns­berg vom 23. Ju­li 2007 in An­se­hung sei­ner Voll­stre­ckung auf­ge­ho­ben und im Üb­ri­gen die Rechts­wid­rig­keit der Un­ter­sa­gung in der Zeit bis zum 30. No­vem­ber 2012 fest­ge­stellt wird.

15 Er ver­tei­digt das an­ge­grif­fe­ne Ur­teil.

II

16 Die Re­vi­si­on ist be­züg­lich des hier ver­fah­rens­ge­gen­ständ­li­chen Zeit­raums bis zum 30. No­vem­ber 2012 zu­läs­sig, aber nicht be­grün­det (§ 137 Abs. 1 Vw­GO). Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Kla­ge zu Recht für zu­läs­sig ge­hal­ten, auch wenn die An­fech­tungs­kla­ge nur in An­se­hung der Voll­stre­ckung der Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung statt­haft und im Üb­ri­gen - zu­läs­sig - auf ei­nen Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­an­trag um­zu­stel­len war. Oh­ne Ver­stoß ge­gen re­vi­si­bles Recht hat es fer­ner die Rechts­wid­rig­keit der Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung im ma­ß­geb­li­chen Zeit­raum da­mit be­grün­det, dass die­se ma­ß­geb­lich auf das staat­li­che Sport­wet­ten­mo­no­pol ge­stützt wur­de, ob­wohl die Mo­no­pol­re­ge­lung uni­ons­rechts­wid­rig und da­mit un­an­wend­bar war, weil sie dem uni­ons­recht­li­chen Ko­hä­renzer­for­der­nis schon we­gen der sys­te­ma­tisch zum Glücks­spiel an­rei­zen­den Wer­be­pra­xis der Mo­no­pol­trä­ger nicht ge­nüg­te. So­weit das Be­ru­fungs­ur­teil ei­ne In­ko­hä­renz nicht nur we­gen der Aus­ge­stal­tung des Mo­no­pol­sek­tors, son­dern un­ab­hän­gig da­von auch we­gen ei­ner der Sucht­be­kämp­fung zu­wi­der­lau­fen­den Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich des ge­werb­li­chen Au­to­ma­ten­spiels be­jaht, wen­det es das Ko­hä­renzer­for­der­nis zwar teil­wei­se un­zu­tref­fend an. Es be­ruht aber nicht auf die­sem Feh­ler, weil es un­ab­hän­gig da­von selbst­stän­dig von der zu­vor dar­ge­stell­ten Haupt­be­grün­dung ge­tra­gen wird.

17 1. Die Kla­ge ge­gen die an­ge­grif­fe­ne Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung ist be­züg­lich des ge­sam­ten hier ver­fah­rens­ge­gen­ständ­li­chen Zeit­raums von ih­rem Er­lass bis zum 30. No­vem­ber 2012 zu­läs­sig. An­ge­foch­ten wer­den kann die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung al­ler­dings nur in An­se­hung ih­rer Voll­stre­ckung mit­tels der im No­vem­ber/De­zem­ber 2006 und er­neut im De­zem­ber 2010 fest­ge­setz­ten und an­schlie­ßend ein­ge­zo­ge­nen Zwangs­gel­der. Im Üb­ri­gen hat sie sich fort­lau­fend er­le­digt, so dass in­so­weit die Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­kla­ge ge­mäß § 113 Abs. 1 Satz 4 Vw­GO statt­haft ist.

18 a) Die An­fech­tungs­kla­ge ge­mäß § 42 Abs. 1 Vw­GO ist in An­se­hung der Voll­stre­ckung der Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung mit­tels Zwangs­gel­des statt­haft, weil - nur - in­so­weit noch ei­ne Be­schwer durch das Ver­mitt­lungs­ver­bot be­züg­lich des be­reits ab­ge­lau­fe­nen Zeit­raums vor­liegt.

19 Glücks­spiel­recht­li­che Un­ter­sa­gun­gen er­le­di­gen sich als Ver­wal­tungs­ak­te mit Dau­er­wir­kung grund­sätz­lich von Tag zu Tag fort­lau­fend für den je­weils ab­ge­lau­fe­nen Zeit­raum. Ein Ver­bot wird durch Zeit­ab­lauf ge­gen­stands­los, weil es nicht rück­wir­kend be­folgt oder durch­ge­setzt wer­den kann. Ei­ne Er­le­di­gung tritt al­ler­dings nicht ein, wenn die Un­ter­sa­gung für den ab­ge­lau­fe­nen Zeit­raum ge­gen­wär­tig noch nach­tei­li­ge Rechts­wir­kun­gen für den Be­trof­fe­nen ent­fal­tet (Ur­tei­le vom 11. Ju­li 2011 - BVer­wG 8 C 11.10 - ju­ris Rn. 15 und vom 16. Mai 2013 - BVer­wG 8 C 14.12 - ju­ris Rn. 18, Be­schluss vom 5. Ja­nu­ar 2012 - BVer­wG 8 B 62.11 - NVwZ 2012, 510 Rn. 13). Das ist der Fall, wenn sie die Rechts­grund­la­ge für noch rück­gän­gig zu ma­chen­de Voll­stre­ckungs­maß­nah­men bil­det. Da­zu ge­hört die Voll­stre­ckung mit­tels Zwangs­gel­des, weil sie bei Auf­he­bung der Grund­ver­fü­gung rück­ab­ge­wi­ckelt wer­den kann.

20 Die Rück­zah­lung ei­nes ge­zahl­ten Zwangs­gel­des kann nicht - ähn­lich wie ein Scha­dens­er­satz­ver­lan­gen - auf die Se­kun­därebe­ne ver­scho­ben wer­den, son­dern setzt die Be­sei­ti­gung der Grund­ver­fü­gung vor­aus, die der Voll­stre­ckung zu­grun­de liegt (Ti­tel­funk­ti­on des Ver­wal­tungs­akts). Al­ler­dings be­darf es der Be­sei­ti­gung der Grund­ver­fü­gung auch nur, so­weit sie Grund­la­ge der Voll­stre­ckung war und ist; ei­ne dar­über hin­aus­ge­hen­de An­fech­tung ist zu die­sem Zweck we­der er­for­der­lich noch wä­re sie zu­läs­sig. Das er­langt Be­deu­tung vor al­lem bei den­je­ni­gen Ver­wal­tungs­ak­ten mit Dau­er­wir­kung, die - wie die vor­lie­gen­de Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung - nur in be­stimm­ten Ab­schnit­ten ih­res Gel­tungs­zeit­raums zwangs­wei­se durch­ge­setzt wur­den. In die­sen Fäl­len ge­nügt es zur Rück­ab­wick­lung der Voll­stre­ckung, die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung in An­se­hung des Zeit­raums zu be­sei­ti­gen, in wel­chem sie zwangs­wei­se durch­ge­setzt wur­de. Der Be­trof­fe­ne braucht dem­zu­fol­ge nur dar­zu­le­gen, dass die Ver­fü­gung zu die­ser Zeit rechts­wid­rig war. Ob sie dar­über hin­aus auch in an­de­ren - eben­so ver­gan­ge­nen - Zeit­räu­men rechts­wid­rig war, ist hier­für un­er­heb­lich; auch hier­zu vor­zu­tra­gen, kann vom Be­trof­fe­nen nicht ver­langt wer­den. Will er die Ver­fü­gung hin­ge­gen auch in An­se­hung die­ser an­de­ren - voll­stre­ckungs­frei­en - Zeit­räu­me der ge­richt­li­chen Über­prü­fung zu­füh­ren, in de­nen sich der Ver­wal­tungs­akt wie­der fort­lau­fend er­le­digt hat, so ist er in­so­weit auf die Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­kla­ge zu ver­wei­sen. Er muss dann dar­le­gen, dass er an der ge­richt­li­chen Über­prü­fung auch in­so­weit ein be­rech­tig­tes In­ter­es­se hat (§ 113 Abs. 1 Satz 4 Vw­GO). Die­ses kann sich nicht aus ei­ner Voll­stre­ckung er­ge­ben, die zu die­ser Zeit be­reits ab­ge­schlos­sen oder noch nicht be­gon­nen wor­den war.

21 Im vor­lie­gen­den Fall wur­de die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung vom 20. Ok­to­ber 2006 mit meh­re­ren Zwangs­geld­fest­set­zun­gen in Ge­samt­hö­he von 110 000 € nebst Kos­ten durch­ge­setzt, bis der Klä­ger mit­teil­te, ab dem 18. De­zem­ber 2006 kei­ne Sport­wet­ten mehr an­bie­ten zu wol­len. In An­se­hung die­ser Zwangs­voll­stre­ckung ist die An­fech­tungs­kla­ge statt­haft. Erst Jah­re spä­ter - nach Er­ge­hen der Ent­schei­dun­gen des Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hofs vom 8. Sep­tem­ber 2010 - nahm der Klä­ger die Sport­wet­ten­ver­mitt­lung wie­der auf. Des­halb voll­streck­te die Be­klag­te die Un­ter­sa­gung im De­zem­ber 2010 er­neut mit­tels Zwangs­gel­dern in ei­ner Ge­samt­hö­he von 50 000 € nebst Kos­ten. Auch be­züg­lich die­ser Zwangs­voll­stre­ckung kommt die An­fech­tungs­kla­ge in Be­tracht.

22 b) Hin­sicht­lich der üb­ri­gen ver­gan­ge­nen Zeit­räu­me ist hin­ge­gen die Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­kla­ge ge­mäß § 113 Abs. 1 Satz 4 Vw­GO statt­haft, weil die Un­ter­sa­gung für den be­reits ab­ge­lau­fe­nen Zeit­raum sich in­so­weit - fort­lau­fend - er­le­digt hat.

23 aa) Der Klä­ger konn­te sei­nen An­fech­tungs­an­trag auch im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren noch - teil­wei­se - auf ein Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­be­gehr­en um­stel­len. § 142 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO steht dem nicht ent­ge­gen. Er ver­bie­tet nur ei­ne Än­de­rung des Streit­ge­gen­stan­des. Sie liegt hier nicht vor, weil die Recht­mä­ßig­keit der Un­ter­sa­gung im zu­rück­lie­gen­den Zeit­raum be­reits Ge­gen­stand der Be­ru­fungs­ent­schei­dung war.

24 bb) Ei­ne end­gül­ti­ge Er­le­di­gung der Un­ter­sa­gung, die zur Un­zu­läs­sig­keit der Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­kla­ge für den an­schlie­ßen­den Zeit­raum füh­ren wür­de, ist nicht vor dem 30. No­vem­ber 2012 ein­ge­tre­ten. Die vor­ge­tra­ge­ne Auf­ga­be der Sport­wet­ten­ver­mitt­lung in ei­ni­gen der fünf Be­triebs­stät­ten reicht da­zu nicht aus. Be­triebs­stät­ten­be­zo­ge­ne Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gun­gen er­le­di­gen sich end­gül­tig erst, wenn die Be­triebs­stät­te end­gül­tig auf­ge­ge­ben wird (Ur­teil vom 15. No­vem­ber 1990 - BVer­wG 3 C 49.87 - Buch­holz 310 § 113 Vw­GO Nr. 224 = ju­ris Rn. 22). Das hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt für kei­ne der fünf Be­triebs­stät­ten fest­ge­stellt. Dass sei­ne An­nah­me, der Klä­ger kön­ne die Ver­mitt­lung auch in den Be­triebs­stät­ten A... ... und ... so­wie H...​straße wie­der auf­neh­men, ak­ten­wid­rig wä­re, hat die Be­klag­te nicht dar­ge­legt. Die Kla­ge­be­grün­dung, aus der sie die Ak­ten­kun­dig­keit des Ge­gen­teils her­lei­tet, teilt nur ei­ne Ein­stel­lung der Sport­wet­ten­ver­mitt­lung dort oh­ne Ab­mel­dung des Ge­wer­bes mit. Das ent­spricht den Fest­stel­lun­gen der Vor­in­stanz und schlie­ßt ei­ne er­neu­te Auf­nah­me der Ver­mitt­lungs­tä­tig­keit in die­sen Be­triebs­stät­ten nicht aus. Oh­ne ei­nen Be­weis­an­trag der be­reits in der Vor­in­stanz an­walt­lich ver­tre­te­nen Be­klag­ten be­durf­te es da­nach auch kei­ner wei­te­ren Auf­klä­rung.

25 cc) So­weit die Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung sich - au­ßer­halb der Voll­stre­ckungs­zeit­räu­me - bis zum 30. No­vem­ber 2012 fort­lau­fend er­le­digt hat, kann der Klä­ger sich auf ein Prä­ju­di­z­in­ter­es­se be­ru­fen.

26 Ein Prä­ju­di­z­in­ter­es­se ist zu be­ja­hen, wenn die Gel­tend­ma­chung von Staats­haf­tungs­an­sprü­chen im hier be­reits an­hän­gi­gen Zi­vil­pro­zess nicht of­fen­sicht­lich aus­sichts­los ist. Bei der Prü­fung die­ses Aus­schluss­kri­te­ri­ums ist ein stren­ger Maß­stab an­zu­le­gen. Of­fen­sicht­lich aus­sichts­los ist ei­ne Staats­haf­tungs­kla­ge, wenn der gel­tend ge­mach­te An­spruch un­ter kei­nem denk­ba­ren recht­li­chen Ge­sichts­punkt be­steht und dies sich oh­ne ei­ne ins Ein­zel­ne ge­hen­de Wür­di­gung auf­drängt (Ur­tei­le vom 14. Ja­nu­ar 1980 - BVer­wG 7 C 92.79 - Buch­holz 310 § 113 Vw­GO Nr. 95 S. 27, vom 29. April 1992 - BVer­wG 4 C 29.90 - Buch­holz 310 § 113 Vw­GO Nr. 247 S. 90 und vom 8. De­zem­ber 1995 - BVer­wG 8 C 37.93 - BVer­w­GE 100, 83 <92> = Buch­holz 454.11 WEG Nr. 7). Die Wahr­schein­lich­keit ei­nes Miss­er­folgs ge­nügt nicht.

27 Of­fen­blei­ben kann, ob ein - ver­schul­dens­ab­hän­gi­ger - Amts­haf­tungs­an­spruch nach Art. 34 Satz 1 GG, § 839 BGB oder ein uni­ons­recht­li­cher Staats­haf­tungs­an­spruch in Be­tracht kommt. Je­den­falls ist das Be­stehen ei­nes Haf­tungs­an­spruchs nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW nicht von vorn­her­ein of­fen­sicht­lich aus­ge­schlos­sen. Da­bei muss nicht ge­klärt wer­den, ob die An­wen­dung der im Zi­vil­pro­zess re­vi­si­blen Vor­schrift (§§ 545, 560 ZPO) auch im Ver­wal­tungs­pro­zess re­vi­si­ons­ge­richt­lich über­prüft wer­den darf oder ob dies we­gen § 137 Abs. 1 Vw­GO nicht in Be­tracht kommt (vgl. Be­schlüs­se vom 17. Ok­to­ber 2012 - BVer­wG 8 B 47.12 - Buch­holz 11 Art. 20 GG Nr. 208 Rn. 22 und - BVer­wG 8 B 62.12 - ju­ris Rn. 17). Selbst wenn ei­ne re­vi­si­ons­ge­richt­li­che Über­prü­fung der Aus­le­gung der Vor­schrift zu­läs­sig sein soll­te, wä­ren de­ren Vor­aus­set­zun­gen hier nicht of­fen­sicht­lich und oh­ne ei­ne ins Ein­zel­ne ge­hen­de Prü­fung zu ver­nei­nen.

28 § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW be­grün­det ei­nen ver­schul­dens­un­ab­hän­gi­gen Er­satz­an­spruch für Schä­den, die je­man­dem durch ei­ne rechts­wid­ri­ge Maß­nah­me der Ord­nungs­be­hör­den ent­stan­den sind. Bei Er­lass der Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung han­del­te die Be­klag­te nach § 14 Abs. 1 OBG NW als Ord­nungs­be­hör­de.

29 Ob ei­ne Haf­tung nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW aus­ge­schlos­sen ist, weil die Norm nur die Haf­tung für ent­eig­nungs­glei­che Ein­grif­fe re­geln soll und da­mit kei­ne Ent­schä­di­gung für le­gis­la­ti­ves Un­recht ein­schlie­ß­lich der An­wen­dung rechts­wid­ri­ger Nor­men (sog. Be­ru­hens­fäl­le) ge­währt, muss ge­ge­be­nen­falls im zi­vil­ge­richt­li­chen Staats­haf­tungs­pro­zess ge­klärt wer­den. Von ei­ner sol­chen An­spruchs­be­gren­zung kann nicht mit der er­for­der­li­chen Of­fen­sicht­lich­keit aus­ge­gan­gen wer­den. Al­ler­dings ge­ben die Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en deut­li­che Hin­wei­se für ei­ne ent­spre­chen­de Be­schrän­kung. So wur­de die vom Aus­schuss für In­ne­re Ver­wal­tung vor­ge­schla­ge­ne Aus­wei­tung der Haf­tung auf die Schä­di­gung von Per­so­nen, die als Stö­rer in An­spruch ge­nom­men wur­den (Be­schluss­vor­schlag des Aus­schus­ses vom 11. Ok­to­ber 1955, LT­Drucks 3/243), im Land­tags­ple­num da­hin er­läu­tert, dass in An­leh­nung an das in der Recht­spre­chung des Bun­des­ge­richts­hofs ent­wi­ckel­te In­sti­tut des ent­eig­nungs­glei­chen Ein­griffs ei­ne Haf­tung auch für rechts­wid­rig-schuld­lo­se Ver­wal­tungs­maß­nah­men ein­ge­führt wer­den sol­le (vgl. das Pro­to­koll der 2. Le­sung des Ent­wurfs des Ord­nungs­be­hör­den­ge­set­zes, LT-Pro­to­kol­le 3. Wahl­pe­ri­ode Bd. 1 S. 822 <825, 827 f. und 837 un­ter C und D>). Auch die Ab­leh­nung ei­nes An­trags der Frak­ti­on des Zen­trums, den Haf­tungs­um­fang auf ent­gan­ge­nen Ge­winn zu er­stre­cken (LT­Drucks 3/273 S. 3 zu § 48), und die Ab­leh­nung ei­ner Haf­tung für im­ma­te­ri­el­le Schä­den wur­den auf die rich­ter­recht­lich kon­kre­ti­sier­ten An­for­de­run­gen aus Art. 14 GG zu­rück­ge­führt (LT-Pro­to­kol­le a.a.O. S. 827 f. und 837 un­ter C und D). Die Sys­te­ma­tik des § 39 Abs. 1 OBG NW voll­zieht eben­falls den Erst-recht-Schluss von der Staats­haf­tung für recht­mä­ßi­ge ent­eig­nen­de Ein­grif­fe auf die Haf­tung für ent­eig­nungs­glei­che Ein­grif­fe nach (Drews/Wa­cke/Vo­gel/Mar­tens, Ge­fah­ren­ab­wehr, 9. Aufl. 1986, S. 664 f.). Al­ler­dings hat der Bun­des­ge­richts­hof erst nach Er­lass des § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW ent­schie­den, dass die Haf­tung aus ent­eig­nungs­glei­chem Ein­griff sich nicht auf le­gis­la­ti­ves Un­recht ein­schlie­ß­lich der Be­ru­hens­fäl­le er­streckt (vgl. BGH, Ur­tei­le vom 12. März 1987 - III ZR 216/85 - BGHZ 100, 136 <145 ff.> und vom 27. Ja­nu­ar 1994 - III ZR 42/92 - BGHZ 125, 27 <38>). Dies än­dert aber nichts dar­an, dass die Haf­tungs­be­gren­zung im Rechts­in­sti­tut des ent­eig­nungs­glei­chen Ein­griffs be­reits an­ge­legt war. Nach der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung ist auch nicht evi­dent, dass ein Be­ru­hens­fall - wie der Klä­ger meint - nur bei ei­ner ge­bun­de­nen Ent­schei­dung vor­lie­gen könn­te. An­ge­wen­det wird die rechts­wid­ri­ge Vor­schrift auch, wenn sie Er­mes­sen ein­räumt. Selbst wenn ein Be­ru­hens­fall ei­ne ge­bun­de­ne Ent­schei­dung vor­aus­set­zen soll­te, könn­te über­dies ge­nü­gen, dass die le­gis­la­ti­ve Re­ge­lung das Er­mes­sen der Be­hör­de auf Null re­du­zier­te. Die Fra­ge, ob und in­wie­weit § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW ei­ne Haf­tung für le­gis­la­ti­ves Un­recht und des­halb auch ei­ne Haf­tung in Fäl­len wie dem vor­lie­gen­den aus­schlie­ßt, ist in der zi­vil­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung je­doch noch nicht ge­klärt. Bis­lang lie­gen nur ein­zel­ne Ent­schei­dun­gen vor, die von ei­ner Un­an­wend­bar­keit der Haf­tungs­norm aus­ge­hen (OLG Köln, Ur­teil vom 3. Mai 2012 - 7 U 194/11 - ju­ris Rn. 30 f.; OLG Hamm, Ur­teil vom 3. Mai 2013 - I-11 U 88/11 - ju­ris Rn. 95 ff.). Die neu­es­te, zu­letzt zi­tier­te Ent­schei­dung hat we­gen die­ser Fra­ge die Re­vi­si­on zum Bun­des­ge­richts­hof zu­ge­las­sen, dem die höchst­rich­ter­li­che Klä­rung über­las­sen bleibt.

30 Ein Er­satz­an­spruch nach § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW ist auch nicht schon of­fen­sicht­lich zu ver­nei­nen, weil die et­wai­ge Rechts­ver­let­zung nicht kau­sal für den gel­tend ge­mach­ten Scha­den wä­re. Die lan­des­recht­li­che Re­ge­lung ver­hält sich nicht zu den An­for­de­run­gen, die an die Scha­dens­ver­ur­sa­chung zu stel­len sind. Auch in­so­weit fehlt ei­ne ge­fes­tig­te zi­vil­ge­richt­li­che Kon­kre­ti­sie­rung. Zwar mag na­he­lie­gen, die für re­vi­si­ble Haf­tungs­nor­men ent­wi­ckel­ten An­for­de­run­gen an die Kau­sa­li­tät bei Er­mes­sens­ak­ten auch auf die lan­des­recht­li­che Haf­tungs­re­ge­lung des Po­li­zei- und Ord­nungs­rechts zu über­tra­gen und die Ur­säch­lich­keit zu ver­nei­nen, wenn nicht aus­ge­schlos­sen wer­den kann, dass auch bei feh­ler­frei­er Rechts­an­wen­dung die­sel­be zum Scha­den füh­ren­de Ent­schei­dung ge­trof­fen wor­den wä­re (BGH, Be­schlüs­se vom 21. Ja­nu­ar 1982 - III ZR 37/81 - VersR 1982, 275 und vom 30. Mai 1985 - III ZR 198/84 - VersR 1985, 887 f.; Vin­ke, in: So­er­gel, Bür­ger­li­ches Ge­setz­buch, Bd. 12, 13. Aufl. 2005, § 839 Rn. 176, zur Un­ter­schei­dung von der Fi­gur recht­mä­ßi­gen Al­ter­na­tiv­ver­hal­tens vgl. ebd. Rn. 178). Of­fen­sicht­lich ist ei­ne sol­che Par­al­le­li­tät aber nicht. Ins­be­son­de­re steht es dem Lan­des­ge­setz­ge­ber frei, die Haf­tung gro­ß­zü­gi­ger zu re­geln. Ob dies hier ge­sche­hen ist, be­darf ge­ge­be­nen­falls ei­ner nä­he­ren Prü­fung im an­hän­gi­gen Staats­haf­tungs­ver­fah­ren.

31 Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten ist ein er­satz­fä­hi­ger Scha­den eben­falls nicht of­fen­sicht­lich zu ver­nei­nen. Auf die Fra­ge, ob ei­gen­tums­fä­hi­ge Po­si­tio­nen be­trof­fen sind, kommt es nur bei ei­ner ent­spre­chen­den, hier ge­ra­de nicht of­fen­sicht­li­chen Be­schrän­kung der Haf­tung an. Ob Ver­mö­gens­ein­bu­ßen we­gen recht­li­cher Miss­bil­li­gung der un­ter­sag­ten Tä­tig­keit nicht er­satz­fä­hig sind, lässt sich nur auf der Grund­la­ge ei­ner ins Ein­zel­ne ge­hen­den ver­fas­sungs- und uni­ons­recht­li­chen Prü­fung der die Tä­tig­keit be­schrän­ken­den oder miss­bil­li­gen­den Vor­schrif­ten be­ant­wor­ten, so dass auch in­so­weit kei­ne Of­fen­sicht­lich­keit vor­liegt.

32 Man­gels ent­spre­chen­den sub­stan­ti­ier­ten Vor­brin­gens der Be­tei­lig­ten gibt es schlie­ß­lich kei­ne zu­rei­chen­den An­halts­punk­te da­für, dass die Be­klag­te sei­ner­zeit durch ei­ne kom­mu­nal­auf­sicht­li­che Wei­sung oder ei­nen mi­nis­te­ri­el­len Er­lass zum Er­lass der hier an­ge­grif­fe­nen Ver­fü­gung ver­pflich­tet und ih­re Pas­siv­le­gi­ti­ma­ti­on im Staats­haf­tungs­pro­zess schon des­halb zu ver­nei­nen wä­re (zu ei­ner sol­chen Kon­stel­la­ti­on vgl. OLG Hamm, Ur­teil vom 3. Mai 2013 a.a.O. Rn. 121 ff.).

33 2. Die An­nah­me des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts, die an­ge­grif­fe­ne Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung sei seit ih­rem Er­lass rechts­wid­rig ge­we­sen, hält für den ver­fah­rens­ge­gen­ständ­li­chen Zeit­raum bis zum 30. No­vem­ber 2012 der re­vi­si­ons­recht­li­chen Prü­fung stand.

34 Als Ver­wal­tungs­akt mit Dau­er­wir­kung ist die glücks­spiel­recht­li­che Un­ter­sa­gung wäh­rend ih­res Wir­kungs­zeit­raums an der je­weils ak­tu­el­len Rechts­la­ge zu mes­sen. Da die vom Ober­ver­wal­tungs­ge­richt her­an­ge­zo­ge­nen Er­mäch­ti­gungs­grund­la­gen des § 14 OBG NW und des zum 1. Ja­nu­ar 2008 in Kraft ge­tre­te­nen § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV (a.F.) nicht zum re­vi­si­blen Recht ge­hö­ren (§ 137 Abs. 1 Vw­GO), hat das Re­vi­si­ons­ge­richt von der be­ru­fungs­ge­richt­li­chen Aus­le­gung und An­wen­dung bei­der Vor­schrif­ten aus­zu­ge­hen und nach § 173 Vw­GO i.V.m. § 560 ZPO nur zu prü­fen, ob die­se re­vi­si­bles Recht ver­letzt.

35 Für den Zeit­raum vom 1. Ja­nu­ar 2008 bis zum 30. No­vem­ber 2012 ist § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV i.V.m. Art. 1 §§ 1, 2 Abs. 1 des nord­rhein-west­fä­li­schen Um­set­zungs­ge­set­zes vom 30. Ok­to­ber 2007 als Er­mäch­ti­gungs­grund­la­ge für das Auf­recht­erhal­ten des Ver­mitt­lungs­ver­bots her­an­zu­zie­hen. Aus­ge­lau­fen ist die seit dem 1. Ja­nu­ar 2012 in Nord­rhein-West­fa­len lan­des­recht­lich fort­gel­ten­de Mo­no­pol­re­ge­lung dort erst mit Ab­lauf des 30. No­vem­ber 2012. Die Rechts­la­ge än­der­te sich nicht schon mit dem In­kraft­tre­ten des Ers­ten Glücks­spiel­än­de­rungs­staats­ver­tr­a­g­es zum 1. Ju­li 2012, son­dern ge­mäß Art. 4 des nach Art. 66 Satz 2 der Lan­des­ver­fas­sung (Verf NW) er­for­der­li­chen lan­des­recht­li­chen Zu­stim­mungs­ge­set­zes (Ge­setz zum Ers­ten Staats­ver­trag zur Än­de­rung des Staats­ver­tra­ges zum Glücks­spiel­we­sen in Deutsch­land vom 13. No­vem­ber 2012, GVBl S. 524) erst mit In­kraft­tre­ten die­ses Ge­set­zes zum 1. De­zem­ber 2012. Das Zu­stim­mungs­ge­setz ord­net auch kei­ne Rück­wir­kung der neu­en Vor­schrif­ten auf den 1. Ju­li 2012 an. Da es nicht Ge­gen­stand der Be­ru­fungs­ent­schei­dung war, ist der Se­nat nicht ge­hin­dert, die ein­schlä­gi­gen Vor­schrif­ten selbst aus­zu­le­gen. Art. 1 § 1 Satz 1 des Zu­stim­mungs­ge­set­zes ist kei­ne Rück­wir­kungs­an­ord­nung zu ent­neh­men. Er ist ent­we­der de­kla­ra­to­risch als Hin­weis auf das In­kraft­tre­ten des Staats­ver­tra­ges und die da­mit ver­bun­de­ne Ent­ste­hung von Ver­trags- und Um­set­zungs­pflich­ten des Lan­des im Au­ßen­ver­hält­nis zu den Ver­trags­part­nern zum 1. Ju­li 2012 zu ver­ste­hen oder als ein Re­dak­ti­ons­ver­se­hen zu er­klä­ren, das sich aus der Ver­zö­ge­rung des Er­las­ses des Zu­stim­mungs­ge­set­zes we­gen der Land­tags­wahl 2012 er­gab. Sys­te­ma­tisch spricht ge­gen die An­nah­me ei­ner Rück­wir­kungs­an­ord­nung schon, dass das als Art. 2 des Zu­stim­mungs­ge­set­zes er­las­se­ne Aus­füh­rungs­ge­setz zur Än­de­rung des Staats­ver­tra­ges nach § 24 Abs. 1 eben­falls zum 1. De­zem­ber 2012 in Kraft trat. Ei­ne rück­wir­ken­de Um­set­zung des Än­de­rungs­staats­ver­tra­ges oh­ne gleich­zei­ti­ges rück­wir­ken­des In­kraft­tre­ten der Aus­füh­rungs­be­stim­mun­gen ist nicht vor­stell­bar.

36 Nach den be­ru­fungs­ge­richt­li­chen Fest­stel­lun­gen, die in­so­weit nicht mit Ver­fah­rens­rü­gen an­ge­grif­fen wur­den, la­gen die Tat­be­stands­vor­aus­set­zun­gen des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV vor. We­der der Klä­ger noch die Wett­un­ter­neh­men, an die er Sport­wet­ten ver­mit­tel­te, ver­füg­ten über die nach § 4 Abs. 1 GlüStV er­for­der­li­che Er­laub­nis. Man­gels uni­ons­recht­li­cher Har­mo­ni­sie­rung muss­te die Be­klag­te die den Wett­un­ter­neh­men im EU-Aus­land er­teil­te Kon­zes­si­on nicht als sol­che Er­laub­nis an­er­ken­nen (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Mar­kus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 112). Das da­mit er­öff­ne­te Un­ter­sa­gungs­er­mes­sen hat die Be­klag­te je­doch ge­mäß § 40 VwVfG NW feh­ler­haft aus­ge­übt (a). Ei­ne Er­mes­sens­aus­übung war nicht et­wa ent­behr­lich, weil der Er­mes­sens­spiel­raum der Be­klag­ten auf Null re­du­ziert und die­se zu ei­ner Un­ter­sa­gung ver­pflich­tet ge­we­sen wä­re (b). Die Be­klag­te hat die De­fi­zi­te ih­rer Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen auch nicht nach­träg­lich ge­heilt (c). Für die Zeit vor dem In­kraft­tre­ten des Glücks­spiel­staats­ver­tra­ges gilt nichts an­de­res. In­so­weit kann of­fen­blei­ben, ob die Tä­tig­keit des Klä­gers die öf­fent­li­che Si­cher­heit ge­mäß § 14 OBG NW ge­fähr­de­te, weil sie den ob­jek­ti­ven Tat­be­stand des § 284 Abs. 1 i.V.m. § 27 StGB er­füll­te. Je­den­falls war die Er­mes­sens­ent­schei­dung für den Er­lass der Un­ter­sa­gung nach § 14 OBG NW eben­so feh­ler­haft wie de­ren Auf­recht­erhal­ten un­ter der Gel­tung des Glücks­spiel­staats­ver­tra­ges (d).

37 a) Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat den an­ge­grif­fe­nen Be­scheid re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei da­hin aus­ge­legt, dass die Er­mes­sens­ent­schei­dung für die Un­ter­sa­gung ma­ß­geb­lich mit der Er­wä­gung be­grün­det wur­de, ei­ne Er­laub­nis kön­ne we­gen des staat­li­chen Sport­wet­ten­mo­no­pols (vgl. § 5 Abs. 2 und 4 LoStV, § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV) nicht er­teilt wer­den. Die­se Er­mes­sens­aus­übung war nach § 40 VwVfG NW rechts­feh­ler­haft, weil sie zu Un­recht von der An­wend­bar­keit der Mo­no­pol­re­ge­lung aus­ging. Die Be­klag­te hät­te die­se Re­ge­lung nicht an­wen­den dür­fen, weil sie die uni­ons­recht­li­che Nie­der­las­sungs- und Dienst­leis­tungs­frei­heit un­ver­hält­nis­mä­ßig be­schränk­te. Wie das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt aus­führt, er­gab sich schon aus den sys­te­ma­ti­schen Ver­stö­ßen der Mo­no­pol­trä­ger ge­gen die Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung, dass das staat­li­che Sport­wet­ten­mo­no­pol nicht den uni­ons­recht­li­chen Ko­hä­renz­an­for­de­run­gen ge­nüg­te.

38 aa) Der per­sön­li­che An­wen­dungs­be­reich der Nie­der­las­sungs- wie der Dienst­leis­tungs­frei­heit ist er­öff­net, da der Klä­ger Uni­ons­bür­ger im Sin­ne des Art. 20 Abs. 1 Satz 2 des Ver­tra­ges über die Ar­beits­wei­se der Eu­ro­päi­schen Uni­on (AEUV) ist. Ob der sach­li­che An­wen­dungs­be­reich der Nie­der­las­sungs­frei­heit nach Art. 49 Abs. 1 AEUV ein­schlä­gig ist oder - so­fern die Be­triebs­stät­ten des Klä­gers nicht als in­län­di­sche Prä­senz der Wett­un­ter­neh­men an­zu­se­hen wa­ren - sub­si­di­är die Dienst­leis­tungs­frei­heit nach Art. 56 Abs. 1, Art. 57 Abs. 1 und 3 AEUV ein­greift, kann of­fen­blei­ben. Die Mo­no­pol­re­ge­lung be­schränkt bei­de Frei­hei­ten. In ih­rem räum­li­chen, in­län­di­schen Gel­tungs­be­reich schlie­ßt sie das Ver­an­stal­ten von Wet­ten durch an­de­re als den Mo­no­pol­trä­ger aus. Dar­über hin­aus lässt sie ei­ne Wett­ver­mitt­lung an an­de­re Wett­un­ter­neh­men als den Mo­no­pol­an­bie­ter nicht zu. Die uni­ons­recht­li­chen An­for­de­run­gen an die Recht­fer­ti­gung der Be­schrän­kung sind eben­falls für bei­de Grund­frei­hei­ten de­ckungs­gleich. Die Be­schrän­kung muss das Dis­kri­mi­nie­rungs­ver­bot be­ach­ten so­wie nach Art. 51 f. i.V.m. Art. 62 AEUV oder aus zwin­gen­den Grün­den des All­ge­mein­in­ter­es­ses ge­recht­fer­tigt und ge­eig­net sein, die Ver­wirk­li­chung des mit ihr ver­folg­ten, uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Ziels zu ge­währ­leis­ten. Au­ßer­dem darf sie nicht über das hin­aus­ge­hen, was zur Er­rei­chung die­ses Ziels er­for­der­lich ist (Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 - BVer­wG 8 C 14.09 - BVer­w­GE 138, 201 Rn. 62).

39 Für die Recht­fer­ti­gung glücks­spiel­recht­li­cher Mo­no­pol­re­ge­lun­gen stellt der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on in stän­di­ger Recht­spre­chung auf die zwin­gen­den Grün­de des All­ge­mein­in­ter­es­ses ab, zu de­nen die Zie­le des Ver­brau­cher­schut­zes, der Be­trugs­vor­beu­gung, der Ver­mei­dung von An­rei­zen für die Bür­ger zu über­höh­ten Aus­ga­ben für das Spie­len und der Ver­hü­tung von Stö­run­gen der so­zia­len Ord­nung im All­ge­mei­nen ge­hö­ren (Eu­GH, Ur­tei­le vom 6. No­vem­ber 2003 - Rs. C-243/01, Gam­bel­li u.a. - Slg. 2003, I-13031 Rn. 60, 64, vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Pla­ca­ni­ca u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 45, vom 8. Sep­tem­ber 2009 - Rs. C-42/07, Li­ga Por­tu­gue­sa de Fu­te­bol Pro­fis­sio­nal - NJW 2009, 3221 Rn. 56 und vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-46/08, Car­men Me­dia - Slg. 2010, I-8149 Rn. 45). Dies schlie­ßt die in § 1 GlüStV ge­nann­ten Zie­le der Sucht­be­kämp­fung und des Ju­gend- und Spiel­er­schut­zes ein (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Mar­kus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 79).

40 Man­gels uni­ons­recht­li­cher Har­mo­ni­sie­rung des Glücks­spiel­be­reichs steht den Mit­glied­staa­ten bei der Fest­le­gung der um­zu­set­zen­den Zie­le ein wei­ter Ge­stal­tungs­spiel­raum („aus­rei­chen­des Er­mes­sen“) zu. Sie dür­fen ih­re Glücks­spiel­po­li­tik ih­rer ei­ge­nen Wert­ord­nung ent­spre­chend aus­rich­ten und das an­ge­streb­te Schutz­ni­veau selbst be­stim­men. Die Not­wen­dig­keit und die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der er­las­se­nen Maß­nah­men sind al­lein im Hin­blick auf die ver­folg­ten Zie­le und das an­ge­streb­te Schutz­ni­veau zu be­ur­tei­len. Da­bei ist je­de be­schrän­ken­de Re­ge­lung ge­son­dert zu prü­fen (Eu­GH, Ur­tei­le vom 6. März 2007 a.a.O. Rn. 49 und vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 46 m.w.N). Ei­ne Mo­no­pol­re­ge­lung, die auf die Be­kämp­fung der Spiel­sucht und den Spiel­er­schutz als zwin­gen­de Grün­de des All­ge­mein­in­ter­es­ses ge­stützt wird, ist nur ver­hält­nis­mä­ßig, wenn sie eben­so wie ih­re An­wen­dung in der Pra­xis ge­eig­net ist, die Ver­wirk­li­chung die­ser Zie­le in dem Sin­ne zu ge­währ­leis­ten, dass sie ko­hä­rent und sys­te­ma­tisch zur Be­gren­zung der Wett­tä­tig­kei­ten bei­trägt (vgl. Ur­tei­le vom 6. No­vem­ber 2003 a.a.O. Rn. 67, vom 3. Ju­ni 2010 - Rs. C-258/08, Lad­bro­kes - Slg. 2010, I-4757 Rn. 21 so­wie vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 64 und - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 98; BVer­wG, Ur­tei­le vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 77 und vom 1. Ju­ni 2011 - BVer­wG 8 C 2.10 - Buch­holz 11 Art. 12 GG Nr. 276 Rn. 45).

41 Das Ko­hä­renz­ge­bot prä­zi­siert die Vor­aus­set­zun­gen der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der be­schrän­ken­den Re­ge­lung in zwei­fa­cher Hin­sicht. Zum ei­nen ver­langt es, dass der Mit­glied­staat die uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Zie­le im An­wen­dungs­be­reich der Mo­no­pol­re­ge­lung tat­säch­lich ver­folgt. Er darf nicht schein­hei­lig le­gi­ti­me Zie­le vor­ge­ben, in Wahr­heit aber an­de­re - na­ment­lich fis­ka­li­sche - Zie­le an­stre­ben, die die Be­schrän­kung nicht le­gi­ti­mie­ren kön­nen (Eu­GH, Ur­tei­le vom 21. Ok­to­ber 1999 - Rs. C-67/98, Zen­at­ti - Slg. 1999, I-7289 Rn. 35 ff., vom 6. No­vem­ber 2003 a.a.O. Rn. 67 ff. und vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 88 ff. so­wie - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 55, 64 ff.; BVer­wG, Ur­teil vom 1. Ju­ni 2011 a.a.O. Rn. 45). Die­se An­for­de­rung be­zieht sich al­lein auf den Mo­no­pol­sek­tor und ge­bie­tet, die nor­ma­ti­ve Aus­ge­stal­tung und die prak­ti­sche Hand­ha­bung des Mo­no­pols kon­se­quent an den uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Zie­len aus­zu­rich­ten (vgl. Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 83 und 98 f.). Sie lässt sich des­halb als Er­for­der­nis der Bin­nen­ko­hä­renz um­schrei­ben und trifft sich mit dem ver­fas­sungs­recht­li­chen Er­for­der­nis ei­ner nor­ma­ti­ven Aus­ge­stal­tung und Pra­xis, die kon­se­quent an den über­ra­gend wich­ti­gen Ge­mein­wohl­zie­len des Mo­no­pols aus­ge­rich­tet ist (da­zu vgl. BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerf­GE 115, 276 <309 ff.>; BVer­wG, Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 32).

42 Die zwei­te aus dem Ko­hä­renz­ge­bot ab­ge­lei­te­te An­for­de­rung greift da­ge­gen über den Mo­no­pol­sek­tor hin­aus und trägt dem Um­stand Rech­nung, dass die Ge­eig­net­heit der Mo­no­pol­re­ge­lung zur Ver­wirk­li­chung ei­nes mit ihr (tat­säch­lich) ver­folg­ten, uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Ziels durch ei­ne ge­gen­läu­fi­ge Glücks­spiel­po­li­tik in an­de­ren Glücks­spiel­be­rei­chen be­ein­träch­tigt wer­den kann. Die Mo­no­pol­re­ge­lung darf des­halb nicht durch die mit­glied­staat­li­che Po­li­tik in an­de­ren Glücks­spiel­be­rei­chen kon­ter­ka­riert wer­den. Da­mit ver­langt das Ko­hä­renz­ge­bot we­der ei­ne Uni­for­mi­tät der Re­ge­lun­gen noch ei­ne Op­ti­mie­rung der Ziel­ver­wirk­li­chung (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 95 f. und - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 62 f.; BVer­wG, Ur­teil vom 1. Ju­ni 2011 a.a.O. Rn. 45 m.w.N.). Das ge­winnt Be­deu­tung na­ment­lich in Mit­glied­staa­ten wie Deutsch­land, zu de­ren Ver­fas­sungs­grund­sät­zen ei­ne bun­des­staat­li­che Glie­de­rung in Bund und meh­re­re Län­der mit je ei­ge­ner Ge­setz­ge­bungs­au­to­no­mie ge­hört (vgl. Art. 28 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3, Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG). Doch führt es zur In­ko­hä­renz der Mo­no­pol­re­ge­lung, wenn die zu­stän­di­gen Be­hör­den in ei­nem an­de­ren Glücks­spiel­be­reich ei­ne den Mo­no­pol­zie­len zu­wi­der­lau­fen­de Po­li­tik be­trei­ben oder dul­den und dies zur Fol­ge hat, dass das der Er­rich­tung des Mo­no­pols zu­grun­de lie­gen­de Ziel mit ihm nicht mehr wirk­sam ver­folgt wer­den kann (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 106 und - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 68 f.). Da­von ist bei ei­nem zur Spiel­sucht­be­kämp­fung ge­schaf­fe­nen Mo­no­pol aus­zu­ge­hen, wenn in an­de­ren Glücks­spiel­sek­to­ren mit gleich ho­hem oder hö­he­rem Sucht­po­ten­zi­al - auch wenn für sie an­de­re Ho­heits­trä­ger des­sel­ben Mit­glied­staa­tes zu­stän­dig sind (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 69 f.) - Um­stän­de durch ent­spre­chen­de Vor­schrif­ten her­bei­ge­führt oder, wenn sie vor­schrifts­wid­rig be­stehen, struk­tu­rell ge­dul­det wer­den, die - sek­to­ren­über­grei­fend - zur Fol­ge ha­ben, dass die in Re­de ste­hen­de Re­ge­lung zur Ver­wirk­li­chung der mit ihr ver­folg­ten Zie­le tat­säch­lich nicht bei­tra­gen kann, so dass ih­re Eig­nung zur Ziel­er­rei­chung auf­ge­ho­ben wird (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 je­weils a.a.O.; BVer­wG, Ur­tei­le vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 82, vom 1. Ju­ni 2011 a.a.O. Rn. 45 und vom 11. Ju­li 2011 - BVer­wG 8 C 11.10 - ju­ris Rn. 43).

43 bb) Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat die ers­te, die Bin­nen­ko­hä­renz be­tref­fen­de An­for­de­rung des Ko­hä­renz­ge­bots in Be­zug auf die Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung für das Mo­no­pol­an­ge­bot zu­tref­fend kon­kre­ti­siert und ist re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei da­von aus­ge­gan­gen, dass die Mo­no­pol­re­ge­lung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV (a.F.) we­gen sys­te­ma­ti­scher Miss­ach­tung die­ser Gren­zen durch die Mo­no­pol­trä­ger dem Ko­hä­renz­ge­bot nicht ge­nügt.

44 (1) Dem uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Ziel der Sucht­be­kämp­fung und des Ju­gend- und Spiel­er­schut­zes ent­spricht nur ei­ne Wer­bung, die ma­ß­voll und strikt auf das be­grenzt bleibt, was er­for­der­lich ist, um die Ver­brau­cher zum le­ga­len Glücks­spiel­an­ge­bot hin­zu­len­ken (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Mar­kus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 103). Dies kann das An­ge­bot ei­ner brei­ten Pa­let­te von Spie­len, ei­nen ge­wis­sen Wer­be­um­fang und den Ein­satz neu­er Ver­triebs­tech­ni­ken im­pli­zie­ren (vgl. Eu­GH, Ur­teil vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Pla­ca­ni­ca u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 55). Ei­ne sol­che Wer­bung darf aber nicht dar­auf ab­zie­len, den na­tür­li­chen Spiel­trieb der Ver­brau­cher da­durch zu för­dern, dass sie zu ak­ti­ver Teil­nah­me am Spiel an­ge­regt wer­den, et­wa in­dem das Spiel ver­harm­lost oder ihm ein po­si­ti­ves Image ver­lie­hen wird, das dar­an an­knüpft, dass die Ein­nah­men für Ak­ti­vi­tä­ten im All­ge­mein­in­ter­es­se ver­wen­det wer­den. Un­zu­läs­sig ist es auch, die An­zie­hungs­kraft des Spiels durch zug­kräf­ti­ge Wer­be­bot­schaf­ten zu er­hö­hen, die be­deu­ten­de Ge­win­ne ver­füh­re­risch in Aus­sicht stel­len. Die Fi­nan­zie­rung un­ei­gen­nüt­zi­ger oder im All­ge­mein­in­ter­es­se lie­gen­der Ak­ti­vi­tä­ten darf nur ei­ne er­freu­li­che Ne­ben­fol­ge, aber nicht der ei­gent­li­che Grund der be­trie­be­nen re­strik­ti­ven Po­li­tik sein (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 104). So­weit die Be­hör­den ei­nes Mit­glied­staa­tes den Ver­brau­chern An­rei­ze ge­ben und sie da­zu er­mun­tern, an Lot­te­ri­en, Glücks­spie­len oder Wet­ten teil­zu­neh­men, da­mit der Staats­kas­se dar­aus Ein­nah­men zu­flie­ßen, kön­nen sie sich zur Recht­fer­ti­gung be­schrän­ken­der Maß­nah­men nicht auf die öf­fent­li­che So­zi­al­ord­nung und die aus ihr fol­gen­de Not­wen­dig­keit be­ru­fen, die Ge­le­gen­hei­ten zum Spiel zu ver­rin­gern (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-46/08, Car­men Me­dia - Slg. 2010, I-8149 Rn. 66).

45 Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Re­vi­si­on liegt in der Über­nah­me und An­wen­dung die­ser Grund­sät­ze durch das Be­ru­fungs­ur­teil kei­ne un­zu­läs­si­ge Ver­en­gung des Wer­be­be­griffs, wie er sich aus § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV oder an­de­ren mit­glied­staat­li­chen Rechts­vor­schrif­ten er­gibt. Die dar­ge­leg­ten Grund­sät­ze schrän­ken nicht den Be­griff der Wer­bung ein, son­dern nur den Rah­men, in dem Wer­bung für das Mo­no­pol­an­ge­bot uni­ons­recht­lich zu­läs­sig ist. Der Rah­men wird auch nicht so eng ge­zo­gen, dass die noch zu­läs­si­gen Maß­nah­men nicht mehr als Wer­bung im Wort­sin­ne zu be­zeich­nen wä­ren. Der Be­griff wird durch je­den an das Pu­bli­kum ge­rich­te­ten Hin­weis ei­nes An­bie­ters auf ein ei­ge­nes ent­gelt­li­ches An­ge­bot er­füllt (Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 - BVer­wG 8 C 14.09 - BVer­w­GE 138, 201 Rn. 50). We­gen des An­wen­dungs­vor­rangs des Uni­ons­rechts las­sen sich ge­gen des­sen Wer­be­be­schrän­kun­gen auch kei­ne gro­ß­zü­gi­ge­ren mit­glied­staat­li­chen Vor­schrif­ten an­füh­ren. Viel­mehr ist § 5 Abs. 2 Satz 1 GlüStV, so­weit er aus­drück­lich den ge­ziel­ten An­reiz zum Wet­ten ver­bie­tet, im Hin­blick auf Art. 49 Abs. 1, Art. 56 Abs. 1 AEUV uni­ons­rechts­kon­form aus­zu­le­gen. Ver­fas­sungs­recht­li­che Be­den­ken sind da­ge­gen - auch un­ab­hän­gig von der Reich­wei­te des An­wen­dungs­vor­rangs des Uni­ons­rechts - nicht gel­tend zu ma­chen. Viel­mehr stim­men die ver­fas­sungs­recht­li­chen Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung, die sich aus Art. 12 GG i.V.m. dem Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­ge­bot er­ge­ben und de­nen durch ver­fas­sungs­kon­for­me Aus­le­gung des § 5 Abs. 1 und 2 GlüStV Rech­nung zu tra­gen ist, mit den uni­ons­recht­li­chen An­for­de­run­gen im We­sent­li­chen über­ein. Ver­fas­sungs­recht­lich hat die Wer­bung für das Mo­no­pol­an­ge­bot sich kon­se­quent am Ziel der Be­gren­zung der Spiel­sucht aus­zu­rich­ten und auf ei­ne sach­li­che In­for­ma­ti­on und Auf­klä­rung über die Mög­lich­keit zum le­ga­len Wet­ten zu be­schrän­ken. Sie darf nicht zum Wet­ten auf­for­dern, an­rei­zen oder er­mun­tern (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerf­GE 115, 276 <318>; BVer­wG, Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 34, 46 ff.). Ent­schei­dend da­für ist nicht die In­ten­ti­on, son­dern der nach dem Ho­ri­zont des durch­schnitt­li­chen Emp­fän­gers zu be­stim­men­de Aus­sa­ge­ge­halt (Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 48 f.). Ins­be­son­de­re darf die Teil­nah­me an Wet­ten nicht als so­zi­al­ad­äqua­te oder gar po­si­tiv be­wer­te­te Un­ter­hal­tung dar­ge­stellt wer­den. Das schlie­ßt auch ei­ne Wer­bung mit dem Hin­weis auf die ge­mein­nüt­zi­ge Ver­wen­dung der Ein­nah­men aus (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 318; BVer­wG, Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 52).

46 Die Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung müs­sen auch nicht we­gen des uni­ons- wie ver­fas­sungs­recht­lich le­gi­ti­men Ziels der Ka­na­li­sie­rung der Wett­lei­den­schaft „dy­na­mi­siert“ wer­den, um ei­ne von der Be­klag­ten ge­for­der­te „Waf­fen­gleich­heit“ mit sol­chen pri­va­ten An­bie­tern her­zu­stel­len, die ge­rin­ge­ren Be­schrän­kun­gen un­ter­wor­fen sind als die Mo­no­pol­trä­ger oder sich gel­ten­den Be­schrän­kun­gen ent­zie­hen. Eben­so we­nig ist es uni­ons­recht­lich ge­bo­ten oder auch nur zu­läs­sig, ei­ne Wer­bung zu ge­stat­ten, die nicht nur die be­reits zur Teil­nah­me am Glücks­spiel Ent­schlos­se­nen zum le­ga­len An­ge­bot hin­lenkt, son­dern auch die noch Un­ent­schlos­se­nen zur Teil­nah­me mo­ti­viert. Der da­zu an­ge­reg­ten Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen an den Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on be­darf es nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht. Die­se Fra­gen sind in sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung be­reits ein­deu­tig ge­klärt, so dass für ver­nünf­ti­ge Zwei­fel kein Raum mehr bleibt. Ent­ge­gen der An­nah­me der Be­klag­ten hält die­se Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs sich auch in­ner­halb der ihm zu­ge­wie­sen Kom­pe­tenz (Art. 276 AEUV). Sie ent­schei­det nicht über das Si­cher­heits- und Ord­nungs­recht, son­dern le­dig­lich über die Reich­wei­te der Grund­frei­hei­ten, die die mit­glied­staat­li­chen Ge­rich­te bei ih­rer Prü­fung si­cher­heits- und ord­nungs­recht­li­cher Maß­nah­men zu be­ach­ten ha­ben.

47 Ei­ne Po­li­tik der kon­trol­lier­ten Ex­pan­si­on mit ei­nem „ge­wis­sen Wer­be­um­fang“ hat der Ge­richts­hof in Be­zug auf das Mo­no­pol­an­ge­bot nur für zu­läs­sig er­klärt, so­weit dies er­for­der­lich ist, um Spie­ler, die ver­bo­te­nen ge­hei­men Spiel- oder Wett­tä­tig­kei­ten nach­ge­hen, zum le­ga­len An­ge­bot hin­zu­len­ken (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 101 f.). Schon dar­aus er­gibt sich un­zwei­fel­haft, dass die Wer­bung nur die be­reits zur Teil­nah­me am Glücks­spiel Ent­schlos­se­nen zum le­ga­len An­ge­bot hin­len­ken, aber nicht die noch Un­ent­schlos­se­nen zur Teil­nah­me mo­ti­vie­ren darf. Die Ka­na­li­sie­rung der Spiel­lei­den­schaft durch Wer­bung darf sich nur dar­auf rich­ten, die be­reits vor­han­de­ne und bis­lang il­le­gal ge­deck­te Nach­fra­ge um­zu­len­ken und so den Markt­an­teil des le­ga­len An­bie­ters zu­las­ten des Markt­an­teils der il­le­ga­len An­bie­ter zu er­hö­hen. Der Ge­richts­hof un­ter­schei­det des­halb zwi­schen ei­ner - zu­läs­si­gen - re­strik­ti­ven Ge­schäfts­po­li­tik, die nur den vor­han­de­nen Markt für den Mo­no­po­l­in­ha­ber ge­win­nen oder die Kun­den an ihn bin­den soll, und ei­ner - un­zu­läs­si­gen - ex­pan­sio­nis­ti­schen Ge­schäfts­po­li­tik, die auf das Wachs­tum des ge­sam­ten Mark­tes für Spiel­tä­tig­kei­ten ab­zielt (Eu­GH, Ur­teil vom 15. Sep­tem­ber 2011 - Rs. C-347/09, Di­ckin­ger und Ömer - Slg. 2011, I-8185 Rn. 69). Gleich­zei­tig wird klar­ge­stellt, dass das Ziel der Len­kung der vor­han­de­nen Nach­fra­ge es nicht recht­fer­ti­gen kann, die Ver­brau­cher zur Teil­nah­me am Glücks­spiel an­zu­rei­zen oder zu er­mun­tern. Nur vor­be­halt­lich der Er­for­der­nis­se, die sich aus dem Ver­bot sol­cher Maß­nah­men er­gä­ben, kön­ne ei­ne ge­wis­se Wer­bung zur le­gi­ti­men Len­kung bei­tra­gen (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Mar­kus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 102 mit Ver­weis auf Rn. 97 ff.). Die ka­na­li­sie­ren­de Wer­bung muss des­halb nicht nur streng auf das zur Len­kung der Ver­brau­cher Er­for­der­li­che be­grenzt blei­ben. Auch ei­ne sol­che, der Len­kung die­nen­de Wer­bung darf nicht zur ak­ti­ven Teil­nah­me am Spiel an­re­gen, son­dern nur über die Exis­tenz der Pro­duk­te in­for­mie­ren. Da­bei muss sie die be­reits im Ein­zel­nen dar­ge­stell­ten Ver­bo­te be­ach­ten (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 103 und vom 15. Sep­tem­ber 2011 a.a.O. ju­ris Rn. 68). Ei­ne Dy­na­mi­sie­rung der Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung ist da­mit nicht zu ver­ein­ba­ren. „Waf­fen­gleich­heit“ mit pri­va­ten An­bie­tern kön­nen die staat­li­chen Mo­no­pol­trä­ger we­gen ih­rer Bin­dung an die Grund­frei­hei­ten nicht ver­lan­gen. Nichts an­de­res er­gibt sich aus ver­fas­sungs­recht­li­cher Sicht. Die Län­der, die ein Mo­no­pol er­rich­tet und aus­ge­stal­tet ha­ben, sind nicht Grund­rechts­trä­ger, son­dern Grund­rechts­ver­pflich­te­te und un­ter­lie­gen nach Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3 GG ei­ner Rechts­bin­dung, die nicht aus Zweck­mä­ßig­keits­er­wä­gun­gen ge­lo­ckert wer­den kann.

48 Der Ein­wand der Be­klag­ten, un­ter die­sen recht­li­chen Vor­aus­set­zun­gen sei es den Mo­no­pol­trä­gern un­mög­lich, die Glücks­spiel­nach­fra­ge ent­spre­chend ih­rem Auf­trag zu len­ken und zu ka­na­li­sie­ren, recht­fer­tigt kei­ne an­de­re Aus­le­gung. Die Ka­na­li­sie­rung ist kein uni­ons­recht­li­cher Auf­trag, son­dern nur ei­ne Recht­fer­ti­gung für ge­wis­se Wer­be­maß­nah­men in den dar­ge­leg­ten recht­li­chen Gren­zen. Mit­glied­staat­lich-ein­fach­recht­li­che Auf­ga­ben­zu­wei­sun­gen kön­nen die uni­ons­recht­li­che Ein­griffs­recht­fer­ti­gung nicht be­ein­flus­sen.

49 (2) Zu Recht hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt bei der Prü­fung, ob die uni­ons­recht­li­chen Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung im ma­ß­geb­li­chen Zeit­raum be­ach­tet wur­den, nicht al­lein auf die Sport­wet­ten-Wer­bung des nord­rhein-west­fä­li­schen Mo­no­pol­trä­gers ab­ge­stellt, son­dern des­sen Wer­bung für an­de­re Mo­no­pol­an­ge­bo­te wie Lot­te­rie­spie­le in die Be­ur­tei­lung mit ein­be­zo­gen. Da es für die Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­prü­fung auf die tat­säch­li­chen Zie­le der Mo­no­pol­re­ge­lung an­kommt, ist auf ih­ren ge­sam­ten An­wen­dungs­be­reich und da­mit auf al­le mo­no­po­li­sier­ten An­ge­bo­te ab­zu­stel­len. Ei­ne In­ko­hä­renz ist schon an­zu­neh­men, wenn der In­ha­ber des Sport­wet­ten­mo­no­pols in Be­zug auf die eben­falls dem Mo­no­pol un­ter­lie­gen­den Lot­te­rie­spie­le uni­ons­recht­lich un­zu­läs­si­ge, die Wer­be­be­schrän­kun­gen miss­ach­ten­de Wer­be­kam­pa­gnen durch­führt (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Leit­satz 1 d) 1. Spie­gel­strich Rn. 100, 103 f.; BVer­wG, Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 - BVer­wG 8 C 14.09 - BVer­w­GE 138, 201 Rn. 77). Die ein­deu­ti­ge uni­ons­ge­richt­li­che An­knüp­fung an das ge­sam­te Ver­hal­ten des Mo­no­pol­trä­gers lässt in Ver­bin­dung mit den eben­falls un­miss­ver­ständ­li­chen, stren­gen und nicht dy­na­mi­sier­ba­ren Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung auch kei­ne Dif­fe­ren­zie­rung der Wer­be­gren­zen nach dem Grad der Sucht­ge­fähr­lich­keit des je­weils be­wor­be­nen Glücks­spiels zu. Ei­ne Vor­la­ge an den Ge­richts­hof ge­mäß Art. 267 Abs. 3 AEUV ist we­gen der Un­miss­ver­ständ­lich­keit sei­ner Recht­spre­chung in die­ser Fra­ge nicht ge­bo­ten.

50 Re­vi­si­ons­recht­lich ist auch nicht zu be­an­stan­den, dass das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ne­ben der Wer­bung des nord­rhein-west­fä­li­schen Mo­no­pol­trä­gers auch die im Deut­schen Lot­to- und To­to­block ko­or­di­nier­te Wer­bung an­de­rer Mo­no­pol­trä­ger un­ter der ge­mein­sa­men Dach­mar­ke Lot­to be­rück­sich­tigt hat. Der nord­rhein-west­fä­li­sche Mo­no­pol­trä­ger muss sich die­se Wer­be­maß­nah­men al­ler­dings nicht schon zu­rech­nen las­sen, weil uni­ons­recht­lich der Mit­glied­staat ver­pflich­tet ist, die Grund­frei­hei­ten zu wah­ren, und in­ner­staat­li­che Kom­pe­tenz­re­ge­lun­gen kei­ne Ver­let­zung die­ser Pflicht recht­fer­ti­gen kön­nen. Die Zu­rech­nung wie ei­ne ei­ge­ne Wer­be­maß­nah­me ist viel­mehr ge­recht­fer­tigt, weil die im Be­ru­fungs­ur­teil ge­wür­dig­te Wer­bung der Mo­no­pol­trä­ger an­de­rer Bun­des­län­der nach den Fest­stel­lun­gen der Vor­in­stanz Aus­druck ei­ner lan­des­gren­zen­über­grei­fend ab­ge­stimm­ten und um­ge­setz­ten Ver­triebs­stra­te­gie al­ler Mo­no­pol­trä­ger ist. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ist in tat­säch­li­cher Hin­sicht da­von aus­ge­gan­gen, dass die im Deut­schen Lot­to- und To­to­block zu­sam­men­ge­schlos­se­nen Mo­no­pol­trä­ger ih­re An­ge­bo­te im Rah­men ei­ner ge­mein­sa­men, lan­des­gren­zen­über­grei­fen­den Dach­mar­ken­stra­te­gie ver­trei­ben. Da­mit hat es ein von al­len Mo­no­pol­trä­gern mit­ge­tra­ge­nes, ko­or­di­nier­tes und plan­mä­ßi­ges Vor­ge­hen für den Ver­trieb der An­ge­bo­te an­ge­nom­men, das ver­triebs­för­dern­de Wir­kun­gen der Wer­bung für ein Dach­mar­ken­pro­dukt auch der Ver­mark­tung an­de­rer Pro­duk­te un­ter der­sel­ben Dach­mar­ke zu­gu­te kom­men lässt. Mit dem Er­lass ge­mein­sa­mer Wer­be­richt­li­ni­en setz­te die län­der­gren­zen­über­grei­fen­de Ko­or­di­na­ti­on sich so­gar im Be­reich der Auf­sicht fort.

51 An die be­ru­fungs­ge­richt­li­chen Fest­stel­lun­gen ist der Se­nat nach § 137 Abs. 2 Vw­GO ge­bun­den, weil in­so­weit kei­ne wirk­sa­men Ver­fah­rens­rü­gen er­ho­ben wur­den. Die ge­rüg­ten Män­gel be­tref­fen die Be­weis­wür­di­gung ein­zel­ner Wer­be­maß­nah­men, je­doch nicht die Fest­stel­lun­gen zur Dach­mar­ken­stra­te­gie selbst. Die Be­klag­te hat auch nicht gel­tend ge­macht, die im Be­ru­fungs­ur­teil ver­wer­te­ten Wer­be­maß­nah­men an­de­rer Mo­no­pol­trä­ger sei­en nicht der ge­mein­sa­men Dach­mar­ken­stra­te­gie zu­zu­ord­nen ge­we­sen.

52 Ihr recht­li­cher Ein­wand, die Ein­be­zie­hung der im Deut­schen Lot­to- und To­to­block ko­or­di­nier­ten Wer­bung ver­let­ze das Bun­des­staats­prin­zip (Art. 20 Abs. 1, Art. 79 Abs. 3 i.V.m. Art. 23 Abs. 1 Satz 3 GG), trifft nicht zu. Die vom Be­ru­fungs­ge­richt vor­ge­nom­me­ne fak­ti­sche Zu­rech­nung von Wer­be­maß­nah­men im Rah­men der von den Mo­no­pol­an­bie­tern ab­ge­stimm­ten Dach­mar­ken­wer­bung ist ver­fas­sungs­recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Auch das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat für die ver­fas­sungs­recht­li­che Be­ur­tei­lung des baye­ri­schen Sport­wet­ten­mo­no­pols un­ter dem Lot­te­rie­staats­ver­trag un­ter an­de­rem auf die sei­ner­zeit bun­des­weit im Deut­schen Lot­to- und To­to­block ko­or­di­nier­te Wer­bung ab­ge­stellt (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerf­GE 115, 276 <309 ff., 314>). Dies steht nicht im Wi­der­spruch zur bun­des­staat­li­chen Kom­pe­tenz­ver­tei­lung und der Ei­gen­staat­lich­keit der Län­der, son­dern zieht nur recht­li­che Kon­se­quen­zen aus ei­ner be­stimm­ten Art und Wei­se des ge­mein­sam ab­ge­stimm­ten und ver­ant­wor­te­ten, ko­or­di­nier­ten Ge­brauchs der je­wei­li­gen Kom­pe­tenz.

53 (3) Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ist zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass die von ihm an­ge­führ­te Image­wer­bung für das West-Lot­to, die Prä­sen­ta­ti­on der Glücks­spi­ra­le vor der Haupt­aus­ga­be der Ta­ges­schau und die Jack­pot-Wer­bung die uni­ons­recht­li­chen Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung miss­ach­ten.

54 Den von West-Lot­to ver­wen­de­ten Wer­be­slo­gan „Glück ist, wenn man sei­nen Mit­men­schen hel­fen kann“ hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei da­hin in­ter­pre­tiert, dass er die Teil­nah­me am Lot­to zum so­zia­len Han­deln in Form der Hil­fe­leis­tung auf­wer­tet. Da­mit wi­der­spricht der Slo­gan dem an den Mo­no­pol­trä­ger ge­rich­te­ten Ver­bot, der Teil­nah­me am Glücks­spiel ein po­si­ti­ves Image zu ver­lei­hen (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Mar­kus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 103 f.). Das un­zu­läs­si­ge mo­ra­li­sche Auf­wer­ten der Teil­nah­me am Glücks­spiel kann auch durch sucht­prä­ven­ti­ve Hin­wei­se nicht kom­pen­siert wer­den (Ur­tei­le vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 51 f. und vom 11. Ju­li 2011 - BVer­wG 8 C 11.10 - ju­ris Rn. 32; zur par­al­le­len ver­fas­sungs­recht­li­chen Wer­tung vgl. BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 14. Ok­to­ber 2008 - 1 BvR 928/08 - NVwZ 2008, 1338 Rn. 39, 47, 57). Auf­grund des Ver­gleichs mit ähn­li­chen, im an­ge­grif­fe­nen Ur­teil als „Lot­to-Hilft“-Kam­pa­gnen be­zeich­ne­ten Wer­be­stra­te­gi­en hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt die nord­rhein-west­fä­li­sche Wer­bung als Teil ei­ner sys­te­ma­ti­schen Miss­ach­tung des Ver­bots so­zia­ler Auf­wer­tung des Glücks­spiels im Rah­men der Dach­mar­ken­stra­te­gie ein­ge­ord­net.

55 Wirk­sa­me Ver­fah­rens­rü­gen wur­den da­ge­gen nicht er­ho­ben. Die Rü­ge der Be­klag­ten, das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ha­be den Über­zeu­gungs­grund­satz und die ge­richt­li­che Auf­klä­rungs­pflicht durch plan­lo­se, stich­pro­ben­ar­ti­ge Er­mitt­lung der in Be­tracht kom­men­den Wer­be­bei­spie­le ver­letzt, greift nicht durch. Nach § 86 Abs. 1 Vw­GO war das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu wei­te­ren Auf­klä­rungs­maß­nah­men oh­ne ei­nen Be­weis­an­trag der be­reits in der Vor­in­stanz an­walt­lich ver­tre­te­nen Be­klag­ten nicht ver­pflich­tet. Sol­che Er­mitt­lun­gen muss­ten sich ihm nicht auf­drän­gen, nach­dem die Be­tei­lig­ten ein­ge­hend zur Wer­bung vor­ge­tra­gen hat­ten und sich schon aus den fest­ge­stell­ten Wer­be­maß­nah­men nach der für die Prü­fung von Ver­fah­rens­män­geln zu­grun­de zu le­gen­den ma­te­ri­ell-recht­li­chen Rechts­auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts er­gab, dass ei­ne In­ko­hä­renz des Mo­no­pols we­gen sys­te­ma­ti­scher Wer­be­ver­stö­ße vor­lag. Zu wel­chem Er­geb­nis die ge­for­der­te wei­te­re, um­fas­sen­de­re Er­mitt­lung von Wer­be­maß­nah­men ge­führt hät­te und in­wie­weit sie zu ei­ner an­de­ren Be­ur­tei­lung hät­te füh­ren kön­nen, hat die Be­klag­te nicht dar­ge­legt. Der Über­zeu­gungs­grund­satz ge­mäß § 108 Abs. 1 Vw­GO ist eben­falls nicht ver­letzt. Ins­be­son­de­re hat die Be­klag­te kei­ne se­lek­ti­ve Ver­wer­tung und Wür­di­gung des vor­han­de­nen Pro­zess­stoffs durch das Be­ru­fungs­ge­richt dar­ge­tan.

56 Nicht zu be­an­stan­den ist auch des­sen An­nah­me, die Art und Wei­se der Er­mitt­lung der Lot­to­zah­len vor lau­fen­den Fern­seh­ka­me­ras und die Prä­sen­ta­ti­on der Lot­to-Glücks­spi­ra­le mit der Wer­bung für ei­ne „So­fort­ren­te“ in Hö­he von 7 500 € vor der Haupt­aus­ga­be der Ta­ges­schau sei dem nord­rhein-west­fä­li­schen Mo­no­pol­trä­ger als Teil der ge­mein­sa­men Dach­mar­ken­stra­te­gie zu­zu­rech­nen und ent­fal­te ei­ne un­zu­läs­si­ge An­rei­z­wir­kung. Die Er­mitt­lung der Lot­to­zah­len als Teil des Un­ter­hal­tungs­pro­gramms prä­sen­tiert das Glücks­spiel als so­zi­al ad­äqua­te Be­schäf­ti­gung. Die Plat­zie­rung in der Haupt­sen­de­zeit ge­währ­leis­tet, dass ein mög­lichst brei­tes Pu­bli­kum er­reicht wird. Das­sel­be gilt für die Prä­sen­ta­ti­on der Glücks­spi­ra­le in un­mit­tel­ba­rer zeit­li­cher Ver­knüp­fung mit der Haupt­aus­ga­be der Ta­ges­schau. Sie bringt das Glücks­spiel auch de­nen na­he, die bis­lang nicht dar­an in­ter­es­siert sind. Die Wer­bung für ei­ne „So­fort­ren­te“ in Hö­he von 7 500 € wi­der­spricht dem Ver­bot, die An­zie­hungs­kraft des Glücks­spiels durch ei­ne zug­kräf­ti­ge Wer­be­bot­schaft zu er­hö­hen, die be­deu­ten­de Ge­win­ne in Aus­sicht stellt (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 103; BVer­wG, Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 - BVer­wG 8 C 14.09 - BVer­w­GE 138, 201 Rn. 78). Sie er­füllt die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner zug­kräf­ti­gen Wer­be­bot­schaft, da sie dem durch­schnitt­li­chen Emp­fän­ger der Bot­schaft mit der weit über dem Durch­schnitts­ein­kom­men lie­gen­den „So­fort­ren­te“ ei­ne in ma­te­ri­el­ler Hin­sicht dau­er­haft sor­gen­freie Zu­kunft in Aus­sicht stellt. Der mo­nat­li­che Ren­ten­be­trag ad­diert sich im Lauf der in Aus­sicht ge­stell­ten Ren­ten­zah­lung auf ei­ne Sum­me, die als be­deu­ten­der Ge­winn ein­zu­ord­nen ist.

57 Die Auf­klä­rungs­rü­ge, mit der die Be­klag­te gel­tend macht, das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ha­be die An­rei­z­wir­kung der Wer­be­bot­schaft nicht oh­ne Hin­zu­zie­hen ei­nes Sach­ver­stän­di­gen fest­stel­len kön­nen, greift nicht durch. Ob ei­ne Wer­be­bot­schaft zur Teil­nah­me am Glücks­spiel an­reizt oder er­mun­tert, er­gibt sich aus ih­rem Aus­sa­ge­ge­halt, der wie bei an­de­ren Er­klä­run­gen durch Aus­le­gung zu er­mit­teln ist. Da­bei kommt es dar­auf an, ob die Wer­be­aus­sa­ge von ei­nem noch nicht zur Teil­nah­me ent­schlos­se­nen durch­schnitt­li­chen Emp­fän­ger als An­reiz zur Teil­nah­me zu ver­ste­hen ist oder nur als sach­li­che In­for­ma­ti­on über die le­ga­le Mög­lich­keit, ei­nen et­wa vor­han­de­nen Ent­schluss zur Teil­nah­me um­zu­set­zen (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 103 f.; BVer­wG, Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2010 a.a.O. Rn. 48 f.). Die er­for­der­li­che Sach­kun­de, ei­nen an das Pu­bli­kum ge­rich­te­ten Wer­be­spot zu ver­ste­hen, durf­te das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt sich zu­er­ken­nen. In­so­weit ist auch der Über­zeu­gungs­grund­satz ge­mäß § 108 Abs. 1 Vw­GO nicht ver­letzt. Wes­halb das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt im kon­kre­ten Fall sach­ver­stän­di­ger Hil­fe zur Aus­le­gung der Wer­be­bot­schaft be­durft hät­te, hat die Be­klag­te nicht pro­zess­ord­nungs­ge­mäß nach § 139 Abs. 3 Satz 4 Vw­GO dar­ge­legt. Ins­be­son­de­re hat sie nicht dar­ge­tan, wel­che Er­kennt­nis­se die Hin­zu­zie­hung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen er­bracht hät­te und in­wie­weit die­se für die be­ru­fungs­ge­richt­li­che Be­ur­tei­lung er­heb­lich ge­we­sen wä­ren.

58 Die wei­ter ge­rüg­te Ver­let­zung des Rechts der Be­klag­ten auf recht­li­ches Ge­hör ge­mäß Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 Vw­GO liegt eben­falls nicht vor. Da­zu ge­nügt nicht, dass das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt ihr ge­gen­über nicht schon vor der Ent­schei­dung of­fen­ge­legt hat, dass es von ei­ner bun­des­weit un­zu­läs­si­gen Wer­bung ins­be­son­de­re durch die bis­her all­seits ge­bil­lig­te Fern­seh­wer­bung aus­ge­he. Die Ge­währ­leis­tung des Rechts auf recht­li­ches Ge­hör ver­pflich­tet das Ge­richt nicht, die Be­tei­lig­ten vor­ab auf sei­ne Rechts­auf­fas­sung oder sei­ne Wür­di­gung des Pro­zess­stoffs hin­zu­wei­sen, weil sich die tat­säch­li­che und recht­li­che Be­ur­tei­lung re­gel­mä­ßig erst aus dem Er­geb­nis der ab­schlie­ßen­den Be­ra­tung er­gibt. Ei­ne un­zu­läs­si­ge Über­ra­schungs­ent­schei­dung we­gen des Un­ter­blei­bens ei­nes sol­chen Hin­wei­ses liegt erst vor, wenn das Ge­richt sei­ne Ent­schei­dung auf recht­li­che Ge­sichts­punk­te stützt, mit de­nen auch ein ge­wis­sen­haf­ter und kun­di­ger Pro­zess­be­tei­lig­ter nach dem bis­he­ri­gen Pro­zess­ver­lauf - selbst un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Viel­falt ver­tret­ba­rer Rechts­auf­fas­sun­gen - nicht zu rech­nen brauch­te (Be­schlüs­se vom 29. Ju­ni 2011 - BVer­wG 6 B 7.11 - Buch­holz 421.0 Prü­fungs­we­sen Nr. 410 Rn. 8 und vom 18. Ok­to­ber 2010 - BVer­wG 9 B 64.10 - ju­ris Rn. 8; vgl. auch BVerfG, Be­schluss vom 7. Mai 1991 - 1 BvL 32/88 - BVerf­GE 84, 188 <190>). We­gen der stren­gen Kon­kre­ti­sie­rung der Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung für das Mo­no­pol­an­ge­bot in der be­reits zi­tier­ten Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs und we­gen de­ren Kon­kre­ti­sie­rung in den eben­falls zi­tier­ten Ent­schei­dun­gen des Se­nats, die von der Un­zu­läs­sig­keit je­der dem ob­jek­ti­ven Aus­sa­ge­ge­halt nach zum Wet­ten an­rei­zen­den oder er­mun­tern­den Wer­bung aus­ge­hen, muss­te die Be­klag­te da­mit rech­nen, dass das Be­ru­fungs­ge­richt auch zu­vor noch nicht be­an­stan­de­te Wer­be­maß­nah­men für un­zu­läs­sig hal­ten wür­de. Dies gilt we­gen § 5 Abs. 3 GlüStV auch und ge­ra­de für die Prä­sen­ta­ti­on und das Be­wer­ben von Glücks­spie­len im Fern­seh­pro­gramm.

59 Die von ihm fest­ge­stell­te Jack­pot-Wer­bung hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt gleich­falls re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei als Ver­stoß ge­gen die uni­ons­recht­li­chen Be­schrän­kun­gen der Wer­bung für das Mo­no­pol­an­ge­bot ein­ge­ord­net. Auch in­so­weit liegt ei­ne zug­kräf­ti­ge Wer­be­bot­schaft vor, die die An­zie­hungs­kraft der Lot­te­rie er­höht, in­dem sie ei­nen be­deu­ten­den Ge­winn in Aus­sicht stellt. Für die An­rei­z­wir­kung hat das Be­ru­fungs­ge­richt zwar vor­nehm­lich auf die von ihm zi­tier­te Pres­se­mit­tei­lung des rhein­land-pfäl­zi­schen Mo­no­pol­an­bie­ters vom 11. Au­gust 2011 ver­wie­sen, die her­vor­hebt, we­gen der Hö­he des Jack­pots gä­ben mehr Men­schen ei­nen Lot­to­schein ab, die sonst nicht am Spiel teil­näh­men. In­so­fern rügt die Be­klag­te, die Pres­se­mit­tei­lung sei ihr nicht be­kannt ge­we­sen. Ob des­halb ihr Recht auf recht­li­ches Ge­hör ver­letzt wur­de, kann in­des of­fen­blei­ben. Denn un­ab­hän­gig hier­von konn­te das Be­ru­fungs­ge­richt aus der - all­ge­mein­kun­di­gen - Art und Wei­se des An­prei­sens des Jack­pots auf ei­nen An­reiz zur Teil­nah­me schlie­ßen und auf die Häu­fig­keit der Wer­be­bot­schaf­ten im Rund­funk un­mit­tel­bar vor der Zie­hung ab­stel­len. Da­bei ist es er­sicht­lich da­von aus­ge­gan­gen, dass der wie­der­hol­te Hin­weis auf ei­ne nur am sel­ben Tag noch be­stehen­den Ge­winn­mög­lich­keit Zeit­druck sug­ge­riert und das Her­vor­he­ben des Schei­terns frü­he­rer Ver­su­che, den Jack­pot zu „kna­cken“, so­wie der Hin­weis auf die Hö­he des ak­tu­el­len Jack­pots zur Teil­nah­me an­reizt und er­mun­tert. Hin­sicht­lich der Auf­klä­rungs­rü­ge und der Rü­ge der Ver­let­zung des Über­zeu­gungs­grund­sat­zes kann auf die Aus­füh­run­gen zu den ent­spre­chen­den Rü­gen ge­gen die Wür­di­gung der Fern­seh­wer­bung ver­wie­sen wer­den.

60 (4) Re­vi­si­ons­recht­lich ist nicht zu be­an­stan­den, dass die Vor­in­stanz aus die­sen Wer­be­maß­nah­men auf ei­ne sys­te­ma­ti­sche Miss­ach­tung der Wer­be­be­schrän­kun­gen und dar­aus wie­der­um dar­auf ge­schlos­sen hat, die Mo­no­pol­re­ge­lung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV ha­be tat­säch­lich nicht uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Zie­len, son­dern il­le­gi­ti­men fis­ka­li­schen Zie­len ge­dient. Al­len drei Wer­be­maß­nah­men ist ge­mein­sam, dass es sich nicht um Ein­zel­fäl­le, son­dern um Wer­be­stra­te­gi­en han­delt, die re­gel­mä­ßig und über ei­nen er­heb­li­chen Zeit­raum prak­ti­ziert wur­den. Die Auf­sichts­be­hör­den ha­ben die­se sys­te­ma­ti­sche Miss­ach­tung von Wer­be­gren­zen nicht wirk­sam un­ter­bun­den. Aus den im Be­ru­fungs­ur­teil zi­tier­ten ge­mein­sa­men Wer­be­richt­li­ni­en er­gibt sich viel­mehr, dass sie noch im Jahr nach der Prä­zi­sie­rung der uni­ons­recht­li­chen An­for­de­run­gen an ei­ne zu­läs­si­ge Mo­no­pol­wer­bung durch die be­reits zi­tier­ten Ent­schei­dun­gen des Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hofs vom 8. Sep­tem­ber 2010 und die dar­an an­knüp­fen­den Ur­tei­le des Se­nats vom 24. No­vem­ber 2010 feh­ler­haft nur den ge­ziel­ten An­reiz zur Teil­nah­me am Glücks­spiel für rechts­wid­rig hiel­ten, statt auf den ob­jek­ti­ven Aus­sa­ge­ge­halt ab­zu­stel­len. Nach den in­so­weit nicht mit Ver­fah­rens­rü­gen an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts er­klär­ten die Wer­be­richt­li­ni­en der Glücks­spiel­auf­sichts­be­hör­den der Län­der noch nach dem letz­ten ihm vor­lie­gen­den Stand vom Mai 2011 ei­ne Image­wer­bung - ein­schlie­ß­lich der mo­ra­li­schen Auf­wer­tung der Teil­nah­me am Glücks­spiel - un­zu­tref­fend für zu­läs­sig. Dar­aus durf­te das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt auf ein struk­tu­rel­les Voll­zugs­de­fi­zit schlie­ßen, das auf das Ver­fol­gen uni­ons­recht­lich il­le­gi­ti­mer Zie­le hin­deu­tet. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten wi­der­spricht dies we­der der rechts­staat­li­chen Ge­set­zes­bin­dung noch dem We­sen des Ver­wal­tungs­rechts­schut­zes. Selbst im Ver­fas­sungs­recht ist aus struk­tu­rel­len Voll­zugs­de­fi­zi­ten auf die Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keit ei­ner Mo­no­pol­re­ge­lung im en­ge­ren Sin­ne und da­mit auf ei­nen nor­ma­ti­ven Man­gel zu schlie­ßen (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerf­GE 115, 276 <309, 313 ff.>). Die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes sol­chen Rechts­ver­sto­ßes zu prü­fen, ist ei­ne ge­nu­in ver­wal­tungs­ge­richt­li­che Auf­ga­be.

61 Da die Mo­no­pol­re­ge­lung tat­säch­lich nicht die zu ih­rer Recht­fer­ti­gung ge­eig­ne­ten, son­dern il­le­gi­ti­me Zie­le ver­folgt, kann sie im ge­sam­ten Zeit­raum ih­rer Gel­tung in Nord­rhein-West­fa­len bis zu ih­rem Au­ßer­kraft­tre­ten mit Ab­lauf des 30. No­vem­ber 2012 nicht zur Ein­griffs­recht­fer­ti­gung her­an­ge­zo­gen wer­den. Die In­ko­hä­renz we­gen der zweck­wid­ri­gen Aus­ge­stal­tung des Mo­no­pols be­steht nicht nur für die Zeit­punk­te oder Zeit­räu­me, für die kon­kre­te, der Ziel­set­zung des Mo­no­pols wi­der­spre­chen­de Wer­be­maß­nah­men der Mo­no­pol­trä­ger als In­diz des Ver­fol­gens il­le­gi­ti­mer Zie­le fest­ge­stellt sind. Ma­ß­geb­lich ist viel­mehr der durch die­se Fest­stel­lun­gen ge­recht­fer­tig­te Schluss, dass die Re­ge­lung als sol­che uni­ons­recht­lich il­le­gi­ti­men Zwe­cken dient.

62 cc) Die zwei­te An­for­de­rung des Ko­hä­renz­ge­bots, die Be­ein­träch­ti­gun­gen der Wirk­sam­keit der Mo­no­pol­re­ge­lung durch ei­ne ge­gen­läu­fi­ge Glücks­spiel­po­li­tik in an­de­ren Glücks­spiel­sek­to­ren in den Blick nimmt und sich als Er­for­der­nis in­ter­sek­to­ra­ler Ko­hä­renz um­schrei­ben lässt, wird im an­ge­grif­fe­nen Ur­teil al­ler­dings nicht zu­tref­fend kon­kre­ti­siert. Die Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts rei­chen auch nicht aus, die An­nah­me ei­ner in­ter­sek­to­ra­len In­ko­hä­renz we­gen ei­ner das Mo­no­pol kon­ter­ka­rie­ren­den Po­li­tik im Be­reich des ge­werb­li­chen Au­to­ma­ten­spiels zu tra­gen. Das Be­ru­fungs­ur­teil be­ruht frei­lich nicht auf die­sem Feh­ler, weil sei­ne An­nah­me, die Mo­no­pol­re­ge­lung sei in­ko­hä­rent, be­reits selbst­stän­dig durch sei­ne Er­wä­gun­gen zur Miss­ach­tung der Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung ge­tra­gen wird. We­gen der dies­be­züg­li­chen kon­tro­ver­sen Er­ör­te­rung im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren geht der Se­nat auf die­sen Punkt gleich­wohl nä­her ein.

63 (1) Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zu Un­recht an­ge­nom­men, das zwei­te Ko­hä­renzer­for­der­nis ver­lan­ge ei­ne zwi­schen Bund und Län­dern ko­or­di­nier­te, sek­to­ren­über­grei­fen­de, sys­te­ma­tisch und wi­der­spruchs­frei am Mo­no­pol­ziel der Sucht­be­kämp­fung ori­en­tier­te Glücks­spiel­po­li­tik, die ver­gleich­ba­re Ge­fähr­dun­gen glei­cher­ma­ßen er­fas­se. Die­se An­nah­me fin­det in Art. 56 AEUV und des­sen Aus­le­gung durch die ein­schlä­gi­gen Ent­schei­dun­gen des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on kei­ne Grund­la­ge. Zwar reicht nach der neue­ren uni­ons­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung ei­ne sek­to­ra­le, auf den Mo­no­pol­be­reich be­schränk­te Ko­hä­renz­prü­fung zur Über­prü­fung der Ge­eig­net­heit des Mo­no­pols nicht aus. Viel­mehr sind auch die Aus­wir­kun­gen ei­ner et­wa ge­gen­läu­fi­gen Re­ge­lung an­de­rer Glücks­spiel­sek­to­ren mit hö­he­rem oder gleich ho­hem Sucht­po­ten­zi­al zu be­rück­sich­ti­gen. Da­mit wird der Prü­fungs­ge­gen­stand je­doch we­der von der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der Mo­no­pol­re­ge­lun­gen auf die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit der an­de­ren Re­ge­lun­gen er­wei­tert, noch setzt die Ko­hä­renz des Mo­no­pols ei­ne ko­hä­ren­te Re­ge­lung der an­de­ren Be­rei­che vor­aus. Erst recht be­darf es kei­nes ge­biets- und zu­stän­dig­keits­über­grei­fend kon­zi­pier­ten Sys­tems auf­ein­an­der ab­ge­stimm­ter Re­ge­lun­gen im Sin­ne ei­ner sämt­li­che Glücks­spiel­be­rei­che über­span­nen­den Ge­samt­ko­hä­renz. Ei­ne sol­che Kon­kre­ti­sie­rung lie­ße un­be­rück­sich­tigt, dass die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit für je­de Be­schrän­kung ge­son­dert zu prü­fen ist (Eu­GH, Ur­tei­le vom 6. März 2007 - Rs. C-338/04 u.a., Pla­ca­ni­ca u.a. - Slg. 2007, I-1891 Rn. 49 und vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Mar­kus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 93), und ver­lö­re den Ge­gen­stand der Prü­fung - die Ge­eig­net­heit der Mo­no­pol­re­ge­lung zur Ver­wirk­li­chung der mit ihr ver­folg­ten le­gi­ti­men Zie­le - aus dem Blick. Au­ßer­dem stie­ße sie auf ver­fas­sungs- und uni­ons­recht­li­che Be­den­ken. We­gen des Grund­sat­zes der be­grenz­ten Ein­zel­er­mäch­ti­gung der Eu­ro­päi­schen Uni­on ist der de­mo­kra­tisch le­gi­ti­mier­te, mit­glied­staat­li­che Ge­setz­ge­ber im nicht har­mo­ni­sier­ten Glücks­spiel­recht grund­sätz­lich frei, das an­ge­streb­te Schutz­ni­veau zu be­stim­men, die mit der Glücks­spiel­po­li­tik ver­folg­ten Zie­le fest­zu­le­gen und ein­zel­ne Glücks­spiel­be­rei­che auf­grund sei­ner par­la­men­ta­ri­schen Ein­schät­zungs­prä­ro­ga­ti­ve ent­spre­chend aus­zu­ge­stal­ten (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 76 f. und - Rs. C-46/08, Car­men Me­dia - Slg. 2010, I-8149 Rn. 45 f., 58). Das gilt bei bun­des­staat­lich ver­fass­ten Mit­glied­staa­ten im Rah­men ih­rer fö­de­ra­len Kom­pe­tenz­ord­nung für je­den im Mit­glied­staat tä­ti­gen Ge­setz­ge­ber. Die uni­ons­recht­li­chen Grund­frei­hei­ten be­gren­zen die­se Re­ge­lungs­be­fug­nis und ver­bie­ten un­ver­hält­nis­mä­ßi­ge Be­schrän­kun­gen. Sie ver­pflich­ten den Mit­glied­staat je­doch nicht da­zu, ein sämt­li­che Glücks­spiel­sek­to­ren und fö­de­ra­le Zu­stän­dig­kei­ten über­grei­fen­des, in sei­ner Ge­samt­heit stim­mi­ges Schutz­kon­zept auf­zu­stel­len und um­zu­set­zen.

64 Nach der uni­ons­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung liegt ei­ne In­ko­hä­renz we­gen kon­ter­ka­rie­ren­der Re­ge­lun­gen nicht schon vor, wenn in ei­nem an­de­ren Glücks­spiel­be­reich mit glei­chem oder hö­he­rem Sucht­po­ten­zi­al ei­ne den Mo­no­pol­zie­len zu­wi­der­lau­fen­de Po­li­tik ver­folgt wird, son­dern aus­drück­lich nur, wenn dies zur Fol­ge hat, dass das der Er­rich­tung des Mo­no­pols zu­grun­de lie­gen­de Ziel mit die­sem nicht mehr wirk­sam ver­folgt wer­den kann (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 106 und - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 68). Ent­ge­gen der An­nah­me des Be­ru­fungs­ur­teils und der Auf­fas­sung des Klä­gers ist ei­ne Fol­gen­be­trach­tung al­so nicht ent­behr­lich. Da die Mo­no­pol­re­ge­lung al­lein in ih­rem An­wen­dungs­be­reich wirk­sam wer­den kann, kön­nen Be­ein­träch­ti­gun­gen ih­rer Wirk­sam­keit nur dort er­mit­telt wer­den. Da­nach kommt es auf die Rück­wir­kun­gen der ge­gen­läu­fi­gen Glücks­spiel­po­li­tik im an­de­ren Glücks­spiel­sek­tor auf den Mo­no­pol­be­reich an. Fest­ge­stellt wer­den muss, in­wie­weit die­se Glücks­spiel­po­li­tik die Wirk­sam­keit der Mo­no­pol­re­ge­lung und de­ren Bei­trag zur Ver­wirk­li­chung der mit ihr ver­folg­ten Zie­le be­ein­träch­tigt. Dar­in liegt kei­ne Rück­kehr zu ei­ner un­zu­rei­chen­den sek­to­ra­len Ko­hä­renz­prü­fung. Die­se blen­de­te mög­li­che Fol­gen ei­ner Ex­pan­si­ons­po­li­tik in an­de­ren Glücks­spiel­be­rei­chen für den Be­reich der Sport­wet­ten aus. Die in­ter­sek­to­ra­le Ko­hä­renz­prü­fung be­zieht sie da­ge­gen mit ein. Sie lehnt nur die wei­ter­ge­hen­de For­de­rung nach ei­ner al­le Glücks­spiel­be­rei­che über­span­nen­den Ge­samt­ko­hä­renz ab, da für die Ge­eig­net­heit der Mo­no­pol­re­ge­lung nur ihr ei­ge­ner Bei­trag zur Ziel­ver­wirk­li­chung ma­ß­geb­lich ist.

65 Zur Wi­der­le­gung die­ser spe­zi­ell zum Glücks­spiel­recht ent­wi­ckel­ten Kon­kre­ti­sie­rung des Ko­hä­renz­ge­bots ist die im an­ge­grif­fe­nen Ur­teil zi­tier­te äl­te­re Recht­spre­chung zur Dienst­leis­tungs­frei­heit nicht ge­eig­net. Auch auf den Vor­trag des Klä­gers, der Pres­se­mit­tei­lung des Ge­richts­hofs sei Ge­gen­tei­li­ges zu ent­neh­men, kommt es man­gels recht­li­cher Ver­bind­lich­keit sol­cher Mit­tei­lun­gen nicht an. Ma­ß­ge­bend sind die ein­schlä­gi­gen Ent­schei­dun­gen selbst. Ih­re Te­norie­rung lässt kei­nen Zwei­fel dar­an, dass aus der Fest­stel­lung ei­ner ge­gen­läu­fi­gen Glücks­spiel­po­li­tik in ei­nem an­de­ren Be­reich mit glei­chem oder hö­he­rem Sucht­po­ten­zi­al noch kei­ne In­ko­hä­renz der Mo­no­pol­re­ge­lung folgt. Den Ent­schei­dungs­for­meln zu­fol­ge kann das vor­le­gen­de Ge­richt, wenn es ei­ne den Mo­no­pol­zie­len zu­wi­der­lau­fen­de Ex­pan­si­ons­po­li­tik im Be­reich an­de­rer, nicht mo­no­po­li­sier­ter Glücks­spie­le mit hö­he­rem Sucht­po­ten­zi­al fest­stellt, be­rech­tig­ten An­lass zur Schluss­fol­ge­rung ha­ben, das Mo­no­pol sei nicht mehr ge­eig­net, das Er­rei­chen des mit ihm ver­folg­ten Ziels da­durch zu ge­währ­leis­ten, dass es da­zu bei­trägt, die Ge­le­gen­hei­ten zum Spiel zu ver­rin­gern und die Tä­tig­kei­ten in die­sem Be­reich in ko­hä­ren­ter und sys­te­ma­ti­scher Wei­se zu be­gren­zen (Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Leit­satz 1 d) bzw. - Car­men Me­dia - a.a.O. Leit­satz 2). Da­nach ist die­se Schluss­fol­ge­rung nicht zwin­gend, son­dern nur mög­li­cher­wei­se ge­recht­fer­tigt. Ob sie zu zie­hen ist, er­gibt sich nach den Ent­schei­dungs­grün­den erst aus der Prü­fung, ob das Mo­no­pol trotz der ge­gen­läu­fi­gen Re­ge­lung des an­de­ren Glücks­spiel­be­reichs noch wirk­sam zur Ver­wirk­li­chung der mit ihm ver­folg­ten Zie­le bei­tra­gen kann. Dies fest­zu­stel­len, hat der Ge­richts­hof den mit­glied­staat­li­chen Ge­rich­ten über­las­sen (vgl. Eu­GH, Ur­tei­le vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Mar­kus Stoß - a.a.O. Rn. 98, 106 f. und - Car­men Me­dia - a.a.O. Rn. 65, 68, 71). Ei­ne Vor­la­ge an den Ge­richts­hof wä­re auch in­so­weit nicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ge­bo­ten. Die von dem Klä­ger be­strit­te­ne Er­for­der­lich­keit ei­ner Fol­gen­be­trach­tung er­gibt sich, wie be­reits dar­ge­legt, klar und ein­deu­tig aus dem Wort­laut der bei­den ein­schlä­gi­gen, zur Ko­hä­renz der deut­schen Sport­wet­ten­mo­no­po­le er­gan­ge­nen Ent­schei­dun­gen des Ge­richts­hofs. Auch die dog­ma­ti­sche Ein­ord­nung als Ele­ment der Ge­eig­net­heit der Mo­no­pol­re­ge­lung, die durch die Aus­wir­kun­gen ei­ner ge­gen­läu­fi­gen Po­li­tik in an­de­ren Sek­to­ren be­ein­träch­tigt wer­den kann, lässt kei­nen an­de­ren Schluss zu. Der Mit­tel­weg der in­ter­sek­to­ra­len Ko­hä­renz, die sich we­der auf ei­ne Be­trach­tung des Mo­no­pol­sek­tors be­schränkt noch ei­ne in fö­de­ra­len Mit­glied­staa­ten kaum zu leis­ten­de Ge­samt­ko­hä­renz for­dert, ist da­mit un­miss­ver­ständ­lich vor­ge­ge­ben. Die spä­te­re Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs zum Glücks­spiel­recht stellt den ein­ge­schla­ge­nen Mit­tel­weg nicht in Fra­ge. Erst recht lässt sich aus der frü­he­ren, das Kas­sen­zahn­arzt­recht be­tref­fen­den Ent­schei­dung in der Rechts­sa­che Pe­ter­sen (Eu­GH, Ur­teil vom 12. Ja­nu­ar 2010 - Rs. C-341/08, Pe­ter­sen - Slg. 2010, I-47 Rn. 53 ff., 58 ff.) nichts für die Er­for­der­lich­keit ei­ner glücks­spiel­recht­li­chen Ge­samt­ko­hä­renz her­lei­ten. Dort ver­steht der Ge­richts­hof den Be­reich der kas­sen­zahn­ärzt­li­chen Tä­tig­keit, für den ei­ne Al­ters­gren­ze ge­re­gelt wur­de, und den von die­ser Re­ge­lung nicht er­fass­ten Be­reich pri­vat­zahn­ärzt­li­cher Tä­tig­keit nicht als zwei ver­schie­de­ne Sek­to­ren. Viel­mehr in­ter­pre­tiert er das Feh­len ei­ner Al­ters­gren­ze für Pri­vat­zahn­ärz­te als Aus­nah­me von der Re­ge­lung der Al­ters­gren­ze, die man­gels trag­fä­hi­ger Be­grün­dung für die­se Un­gleich­be­hand­lung nicht ge­recht­fer­tigt sei.

66 (2) So­weit das an­ge­grif­fe­ne Ur­teil in ei­ner Hilfs­er­wä­gung die Not­wen­dig­keit ei­ner Fol­gen­be­trach­tung un­ter­stellt, ver­engt es den Blick un­zu­läs­sig auf ak­tu­el­le Spie­ler­grup­pen, so dass sei­ne tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen die An­nah­me, die Mo­no­pol­re­ge­lung ha­be ih­re Wirk­sam­keit in­fol­ge ei­ner ge­gen­läu­fi­gen Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich des ge­werb­li­chen Au­to­ma­ten­spiels ver­lo­ren, nicht zu tra­gen ver­mö­gen.

67 Rich­tig ist der Aus­gangs­punkt des Be­ru­fungs­ge­richts, dass die Glücks­spiel­po­li­tik im Be­reich des Au­to­ma­ten­spiels nur dann zu Fol­ge­wir­kun­gen im Mo­no­pol­be­reich füh­ren kön­ne, wenn sich die Krei­se der po­ten­zi­el­len Kun­den über­schnei­den (vgl. § 21 Abs. 2 GlüStV n.F.). Dies ist al­ler­dings nur ei­ne not­wen­di­ge und noch kei­ne hin­rei­chen­de Vor­aus­set­zung für das Ent­ste­hen pro­ble­ma­ti­scher Fol­ge­wir­kun­gen. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat ei­ne Über­schnei­dung von Kun­den­krei­sen ins­be­son­de­re in der Teil­grup­pe be­son­ders sucht­ge­fähr­de­ter jun­ger männ­li­cher Er­wach­se­ner aus­ge­macht. Es hat sich je­doch mit der wei­te­ren Fest­stel­lung be­gnügt, die ex­pan­si­ve Po­li­tik im Be­reich des Au­to­ma­ten­spiels ha­be zu ei­ner Wan­de­rung ei­nes ho­hen An­teils von Spie­lern die­ser Teil­grup­pe vom Be­reich der Sport­wet­ten zu dem des Au­to­ma­ten­spiels ge­führt. Die­se Fest­stel­lung ist in zwei­fa­cher Hin­sicht un­zu­rei­chend. Zum ei­nen ist da­mit noch nicht ge­klärt, ob die Ab­wan­de­rung prak­tisch ei­nen Leer­lauf der Mo­no­pol­re­ge­lung zur Fol­ge hat oder die­se auf ei­ne Ali­bi­funk­ti­on re­du­ziert. Zum an­de­ren lässt die auf ei­ne Ab­wan­de­rung von (ak­tu­el­len) Spie­lern be­schränk­te Be­trach­tung un­be­rück­sich­tigt, dass es für die Wirk­sam­keit des Bei­trags der Mo­no­pol­re­ge­lung zur Sucht­be­kämp­fung nicht nur auf die be­reits ak­ti­ven, sucht­ge­fähr­de­ten oder gar spiel­süch­ti­gen Spie­ler an­kom­men kann. Sucht­be­kämp­fung schlie­ßt auch die Sucht­prä­ven­ti­on mit ein, die po­ten­zi­el­le Kun­den bei ei­ner Teil­nah­me am Glücks­spiel vor ei­ner sol­chen Ge­fähr­dung schützt. Er­for­der­lich ist des­halb ei­ne Fol­gen­be­trach­tung, die nicht nur die ak­tu­el­le, son­dern auch die po­ten­zi­el­le Nach­fra­ge nach bei­den Glücks­spiel­ar­ten und die Aus­wir­kun­gen der ge­gen­läu­fi­gen Glücks­spiel­po­li­tik im an­de­ren Sek­tor auf die Nach­fra­ge im Mo­no­pol­be­reich er­mit­telt.

68 dd) Zu Recht hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt die Mo­no­pol­re­ge­lung des § 10 Abs. 2 und 5 GlüStV we­gen ih­res Ver­sto­ßes ge­gen Uni­ons­recht für un­an­wend­bar ge­hal­ten. Als pri­mär­recht­li­che Ge­währ­leis­tun­gen bin­den die Grund­frei­hei­ten die Mit­glied­staa­ten der Uni­on im je­wei­li­gen An­wen­dungs­be­reich un­mit­tel­bar, und zwar auch au­ßer­halb der be­reits durch se­kun­dä­res Uni­ons­recht har­mo­ni­sier­ten Re­ge­lungs­be­rei­che. Ihr An­wen­dungs­vor­rang schlie­ßt ei­ne An­wen­dung grund­frei­heits­wid­ri­ger Re­ge­lun­gen prin­zi­pi­ell aus (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-409/06, Win­ner Wet­ten - Slg. 2010, I-8015 Rn. 53 ff.).

69 Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten hält sich die­se Recht­spre­chung im Rah­men der uni­ons­recht­li­chen Kom­pe­ten­zen und ist auch nicht mit ver­fas­sungs­recht­li­chen Er­wä­gun­gen in Zwei­fel zu zie­hen. Art. 5 EUV ver­bie­tet der Uni­on zwar, ih­re Kom­pe­ten­zen über den Kreis der ihr je­weils nach Art. 23 Abs. 1 GG über­tra­ge­nen Ho­heits­rech­te hin­aus aus­zu­deh­nen. Die ver­trag­lich be­grün­de­te Recht­spre­chungs­kom­pe­tenz des Ge­richts­hofs nach Art. 267 AEUV schlie­ßt je­doch die Be­fug­nis ein, den An­wen­dungs­vor­rang der Grund­frei­hei­ten zu kon­kre­ti­sie­ren. Dass der An­wen­dungs­vor­rang von den mit­glied­staat­li­chen Ge­rich­ten al­ler In­stan­zen zu be­ach­ten ist, er­gibt sich aus der Bin­dung der Mit­glied­staa­ten an den Ver­trag, der als su­pra­na­tio­na­les Pri­mär­recht kei­ner Trans­for­ma­ti­on be­darf, und aus der Bin­dung der Ge­rich­te an das gel­ten­de Recht, zu dem auch das Uni­ons­recht zählt. Art. 100 GG greift nicht ein, da we­der die Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit der Norm noch das Ver­wer­fungs­mo­no­pol des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts in Fra­ge steht. Ei­ne uni­ons­rechts­wid­ri­ge und des­halb im kon­kre­ten Fall un­an­wend­ba­re Norm wird we­gen des Uni­ons­rechts­ver­sto­ßes nicht für nich­tig er­klärt.

70 Das Rechts­staats­ge­bot ist auch nicht et­wa ver­letzt, weil aus ei­nem ob­jek­tiv-recht­li­chen Ver­stoß ei­ne sub­jek­tiv-recht­li­che Be­güns­ti­gung her­ge­lei­tet wür­de. Die sub­jek­tiv-recht­li­che Ge­währ­leis­tung er­gibt sich aus Art. 49 oder 56 AEUV. Ein­grif­fe in das sub­jek­ti­ve Recht sind - wie im mit­glied­staat­li­chen Recht - im Ein­klang mit dem Rechts­staats­ge­bot nur ge­recht­fer­tigt, wenn sie recht­mä­ßig sind. Dar­an kann es auch we­gen ei­ner Ver­let­zung ob­jek­tiv-recht­li­cher An­for­de­run­gen feh­len.

71 b) Die Be­klag­te meint, auf et­wai­ge Feh­ler ih­rer Er­mes­sens­aus­übung kom­me es nicht an, weil ihr Er­mes­sens­spiel­raum oh­ne­hin da­hin ein­ge­schränkt ge­we­sen sei, dass nur ei­ne Un­ter­sa­gung recht­mä­ßig ge­we­sen wä­re. Die­ser Vor­trag kann der Re­vi­si­on nicht zum Er­folg ver­hel­fen.

72 aa) Ei­ne Er­mes­sens­re­du­zie­rung auf Null zu­las­ten des Klä­gers hat das Be­ru­fungs­ge­richt re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei ver­neint. Sie könn­te sich aus § 284 Abs. 1 StGB nur er­ge­ben, wenn dem Klä­ger das Feh­len ei­ner Er­laub­nis ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den könn­te. Das setzt vor­aus, dass ihm die Er­laub­nis nicht uni­ons­rechts­wid­rig vor­ent­hal­ten oder ver­wei­gert wur­de. Zwar ist der Er­laub­nis­vor­be­halt ge­mäß § 4 Abs. 1 GlüStV ver­fas­sungs- und uni­ons­rechts­kon­form. We­gen der Uni­ons­rechts­wid­rig­keit des Mo­no­pols durf­te ei­ne Er­laub­nis aber nicht schon sei­net­we­gen, son­dern nur nach Prü­fung der uni­ons­rechts­kon­for­men, mo­no­pol­un­ab­hän­gi­gen Er­laub­nis­vor­aus­set­zun­gen aus­ge­schlos­sen wer­den (Eu­GH, Ur­teil vom 24. Ja­nu­ar 2013 - Rs. C-186/11 u.a., Stan­ley­bet Int. Ltd. u.a. - NVwZ 2013, 785 Rn. 38 f., 48). Die­se Vor­aus­set­zung war im ma­ß­geb­li­chen Zeit­raum in Nord­rhein-West­fa­len nicht er­füllt, weil dort das Er­laub­nis­ver­fah­ren - im Ge­gen­satz zu an­de­ren Bun­des­län­dern wie et­wa dem Frei­staat Bay­ern oder Rhein­land-Pfalz - nicht für Pri­va­te ge­öff­net wur­de. Aus den Tat­sa­chen­fest­stel­lun­gen des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts er­gibt sich auch nicht, dass die Ver­mitt­lungs­tä­tig­keit des Klä­gers aus mo­no­pol­un­ab­hän­gi­gen Grün­den ma­te­ri­ell-recht­lich nicht er­laub­nis­fä­hig ge­we­sen wä­re. Wirk­sa­me Ver­fah­rens­rü­gen wur­den in­so­weit nicht er­ho­ben.

73 bb) Die An­nah­me, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV räu­me kein in­ten­dier­tes Er­mes­sen ein, ist re­vi­si­ons­recht­lich eben­falls nicht zu be­an­stan­den. Die Vor­schrift ist nach § 137 Abs. 2 Vw­GO nicht re­vi­si­bel. Ih­re An­wen­dung durch das Be­ru­fungs­ge­richt ver­kennt auch nicht die Rechts­fi­gur des in­ten­dier­ten Er­mes­sens, die als Fra­ge der An­wen­dung des § 40 VwVfG NW ge­mäß § 137 Abs. 1 Nr. 2 Vw­GO der re­vi­si­ons­recht­li­chen Prü­fung un­ter­liegt. Schlie­ß­lich be­rück­sich­tigt die Re­vi­si­on nicht, dass ein in­ten­dier­tes Er­mes­sen zwar ei­ne nä­he­re Be­grün­dung der Er­mes­sens­aus­übung er­üb­ri­gen, aber kei­ne feh­ler­haf­te Be­grün­dung hei­len kann.

74 c) Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten wur­de der Er­mes­sens­feh­ler schlie­ß­lich nicht durch die im Ver­wal­tungs­pro­zess nach­ge­scho­be­nen Er­wä­gun­gen ge­heilt. Da­bei kann of­fen­blei­ben, ob die pro­zes­sua­len Aus­füh­run­gen den for­mell-recht­li­chen An­for­de­run­gen an ei­ne Än­de­rung der Be­grün­dung des an­ge­grif­fe­nen Be­schei­des ge­nüg­ten. Die mit ih­nen be­ab­sich­tig­te rück­wir­ken­de Än­de­rung sei­ner Be­grün­dung war je­den­falls ver­wal­tungs­ver­fah­rens­recht­lich un­zu­läs­sig, weil sie we­sent­li­che Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen aus­wech­sel­te und den Klä­ger da­durch in sei­ner Rechts­ver­tei­di­gung er­heb­lich be­ein­träch­tig­te (zu die­sem Kri­te­ri­um vgl. Ur­tei­le vom 14. Ok­to­ber 1965 - BVer­wG 2 C 3.63 - BVer­w­GE 22, 215 <217 f.>, vom 16. Ju­ni 1997 - BVer­wG 3 C 22.96 - BVer­w­GE 105, 55 <59> und vom 29. Ja­nu­ar 2001 - BVer­wG 11 C 3.00 - Buch­holz 401.64 § 6 Ab­wAG Nr. 3). Die Un­ter­sa­gung war ur­sprüng­lich auf die Mo­no­pol­wid­rig­keit der ge­werb­li­chen Tä­tig­keit des Klä­gers und dar­auf ge­stützt, dass das Sport­wet­ten­mo­no­pol recht­mä­ßig sei. Die­ser Ge­sichts­punkt war für die nach­ge­scho­be­ne Be­grün­dung un­er­heb­lich; nun­mehr wur­de die Un­ter­sa­gung al­lein mit der for­mel­len und ma­te­ri­el­len Il­le­ga­li­tät der Wett­ver­mitt­lung oh­ne Rück­sicht auf das Sport­wet­ten­mo­no­pol ge­recht­fer­tigt. Ge­gen ei­nen Aus­tausch der we­sent­li­chen Er­wä­gun­gen spricht auch nicht, dass bei­de Be­grün­dun­gen an das Feh­len ei­ner Er­laub­nis an­knüp­fen. Die for­mel­le Il­le­ga­li­tät er­füllt den Tat­be­stand der Un­ter­sa­gungs­er­mäch­ti­gung und er­öff­net da­mit nur das Er­mes­sen. Des­sen Aus­übung muss sich da­her nach an­de­ren Kri­te­ri­en rich­ten. Ob im Aus­tausch der we­sent­li­chen Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen schon ei­ne We­sens­än­de­rung der Un­ter­sa­gung selbst liegt, kann da­hin­ste­hen. Je­den­falls wird die Rechts­ver­tei­di­gung des Be­trof­fe­nen durch das Aus­wech­seln der we­sent­li­chen Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen er­heb­lich be­ein­träch­tigt. Die neue Be­grün­dung der Un­ter­sa­gung stellt erst­mals auf die mo­no­pol­un­ab­hän­gi­gen An­for­de­run­gen an die Ver­mitt­lung und das Wett­an­ge­bot ab. Dem Be­trof­fe­nen bleibt nur, die­se An­for­de­run­gen zu prü­fen und für den be­reits ab­ge­lau­fe­nen Zeit­raum ent­we­der dar­zu­le­gen, dass sie rechts­wid­rig wa­ren, oder dar­zu­tun, dass sei­ne Tä­tig­keit mit ih­nen über­ein­stimm­te. So­weit die rück­wir­ken­de Än­de­rung der Be­grün­dung die Er­folgs­aus­sich­ten der Kla­ge ent­fal­len lässt, kann er dar­auf nur nach­träg­lich re­agie­ren.

75 d) Oh­ne re­vi­si­blen Rechts­ver­stoß hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt die an­ge­grif­fe­ne Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung auch im Zeit­raum von ih­rem Er­lass bis zum 31. De­zem­ber 2007 für rechts­wid­rig ge­hal­ten. Die Aus­übung des durch § 14 OBG NW er­öff­ne­ten Er­mes­sens war feh­ler­haft, weil das Sport­wet­ten­mo­no­pol, mit dem die Un­ter­sa­gung be­grün­det wur­de, be­reits da­mals ge­gen das uni­ons­recht­li­che Ko­hä­renz­ge­bot ver­stieß.

76 Zur Be­grün­dung hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt re­vi­si­ons­recht­lich feh­ler­frei dar­auf ab­ge­stellt, dass das nord­rhein-west­fä­li­sche Sport­wet­ten­mo­no­pol un­ter dem da­mals gel­ten­den Lot­te­rie­staats­ver­trag schon die ers­te der bei­den Ko­hä­renz­an­for­de­run­gen nicht er­füll­te, weil es nach sei­ner nor­ma­ti­ven Aus­ge­stal­tung und der da­ma­li­gen Pra­xis nicht die vor­geb­li­chen, uni­ons­recht­lich le­gi­ti­men Zie­le der Sucht­be­kämp­fung und des Spie­ler- und Ju­gend­schut­zes ver­folg­te. Zwar nah­men § 1 Nr. 1 und 2, § 4 LoStV die­se Zie­le auf. Es fehl­ten je­doch Re­ge­lun­gen, die ge­währ­leis­te­ten, dass das Mo­no­pol auch in der Pra­xis kon­se­quent an den mit ihm ver­folg­ten le­gi­ti­men Zie­len aus­ge­rich­tet wur­de. In­so­weit durf­te das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt auf die ent­spre­chen­de bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt­li­che Wür­di­gung ver­wei­sen (zum nord­rhein-west­fä­li­schen Recht vgl. BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 7. De­zem­ber 2006 - 2 BvR 2428/06 - NJW 2007, 1521 Rn. 26 f. mit Ver­weis auf das Ur­teil zum baye­ri­schen Sport­wet­ten­mo­no­pol vom 28. März 2006 - 1 BvR 1054/01 - BVerf­GE 115, 276) und da­von aus­ge­hen, dass die ver­fas­sungs­recht­li­chen An­for­de­run­gen an ei­ne kon­se­quent am Ziel der Sucht­be­kämp­fung ori­en­tier­te Aus­ge­stal­tung des Mo­no­pol­be­reichs sich mit den uni­ons­recht­li­chen de­cken. Uni­ons­recht­lich muss die Schaf­fung ei­nes Mo­no­pols mit der Er­rich­tung ei­nes nor­ma­ti­ven Rah­mens ein­her­ge­hen, mit dem sich ge­währ­leis­ten lässt, dass der In­ha­ber des Mo­no­pols tat­säch­lich in der La­ge sein wird, das fest­ge­leg­te Ziel mit ei­nem An­ge­bot, das nach Ma­ß­ga­be die­ses Ziels quan­ti­ta­tiv be­mes­sen und qua­li­ta­tiv aus­ge­stal­tet ist und ei­ner strik­ten be­hörd­li­chen Kon­trol­le un­ter­liegt, in ko­hä­ren­ter und sys­te­ma­ti­scher Wei­se zu ver­fol­gen (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-316/07 u.a., Mar­kus Stoß u.a. - Slg. 2010, I-8069 Rn. 83). Dar­an fehl­te es nach den in­so­weit nicht mit wirk­sa­men Ver­fah­rens­rü­gen an­ge­grif­fe­nen Fest­stel­lun­gen des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts, nach de­nen die - ir­re­vi­si­ble - Rechts­la­ge in Nord­rhein-West­fa­len im Zeit­raum bis zum 31. De­zem­ber 2007 der be­an­stan­de­ten Rechts­la­ge in Bay­ern ent­sprach. Ins­be­son­de­re fehl­ten auch in Nord­rhein-West­fa­len Vor­schrif­ten, die ei­ne Be­ach­tung der Gren­zen zu­läs­si­ger Wer­bung ge­währ­leis­te­ten. Die ein­schlä­gi­gen Re­ge­lun­gen in § 4 Abs. 3 LoStV ver­bo­ten zwar ir­re­füh­ren­de und un­an­ge­mes­se­ne Wer­bung, schlos­sen ei­ne aus­schlie­ß­lich am Ziel ex­pan­si­ver Ver­mark­tung ori­en­tier­te Wer­bung je­doch nicht aus. Dar­über hin­aus war man­gels ei­ner neu­tra­len Kon­troll­in­stanz nicht ge­währ­leis­tet, dass fis­ka­li­sche In­ter­es­sen hin­ter das Ziel der Sucht­be­kämp­fung zu­rück­tra­ten (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 312 f.; vgl. Kam­mer­be­schluss vom 7. De­zem­ber 2006 a.a.O.).

77 Dass das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt die An­wen­dung der ver­fas­sungs­wid­ri­gen baye­ri­schen Mo­no­pol­re­ge­lung für ei­ne Über­gangs­zeit bis längs­tens zum 31. De­zem­ber 2007 un­ter be­stimm­ten Ma­ß­ga­ben zu­ge­las­sen hat (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 319), kann die An­wen­dung der uni­ons­rechts­wid­ri­gen nord­rhein-west­fä­li­schen Mo­no­pol­re­ge­lung un­ter dem Lot­te­rie­staats­ver­trag nicht recht­fer­ti­gen. Auf die Um­set­zung der bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt­li­chen Ma­ß­ga­ben kommt es da­bei nicht an, weil sie die De­fi­zi­te der nor­ma­ti­ven Aus­ge­stal­tung des Mo­no­pols we­der be­he­ben noch voll­stän­dig kom­pen­sie­ren konn­te. Die Ma­ß­ga­ben ziel­ten al­lein dar­auf, ein Min­dest­maß an Kon­sis­tenz zwi­schen le­gi­ti­men ge­setz­li­chen Zie­len und tat­säch­li­cher Aus­übung des Mo­no­pols her­zu­stel­len. Im Üb­ri­gen be­schränk­ten sie sich auf die For­de­rung, in der Über­gangs­zeit be­reits mit ei­ner kon­se­quen­ten Aus­rich­tung des Mo­no­pols an der Sucht­be­kämp­fung zu be­gin­nen (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 a.a.O.). Das lässt er­ken­nen, dass ih­re Er­fül­lung auch nach der Ein­schät­zung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts noch kei­nen ver­fas­sungs­mä­ßi­gen Zu­stand her­stell­te. Sie ließ nur ei­ne be­fris­te­te wei­te­re An­wen­dung der ver­fas­sungs­wid­ri­gen Norm als ver­fas­sungs­recht­lich hin­nehm­bar er­schei­nen (BVerfG, Ur­teil vom 28. März 2006 a.a.O. S. 317, 319; vgl. Kam­mer­be­schluss vom 20. März 2009 - 1 BvR 2410/08 - NVwZ 2009, 1221 Rn. 24).

78 Uni­ons­recht­lich war die über­gangs­wei­se An­wen­dung der un­ver­hält­nis­mä­ßi­gen Mo­no­pol­re­ge­lung oh­ne­dies nicht ge­recht­fer­tigt. Die An­ord­nung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts reich­te da­zu nicht aus. Die über­gangs­wei­se An­wen­dung uni­ons­rechts­wid­ri­ger Vor­schrif­ten kann nur nach Ma­ß­ga­be des Uni­ons­rechts le­gi­ti­miert wer­den. Die Vor­aus­set­zun­gen da­für la­gen nicht vor (Eu­GH, Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 - Rs. C-409/06, Win­ner Wet­ten - Slg. 2010, I-8015, Rn. 60 ff., 67 ff.). Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten er­gibt sich aus dem Ur­teil des Ge­richts­hofs vom 24. Ja­nu­ar 2013 (- Rs. C-186/11 u.a., Stan­ley­bet Int. Ltd. u.a. - NVwZ 2013, 785 Rn. 38 f., 46 ff.) kei­ne sol­che uni­ons­recht­li­che Recht­fer­ti­gung. Die­se Ent­schei­dung be­stä­tigt viel­mehr un­ter Hin­weis auf das eben zi­tier­te Ur­teil vom 8. Sep­tem­ber 2010 (- Win­ner Wet­ten -) aus­drück­lich, dass ein uni­ons­rechts­wid­ri­ges Glücks­spiel­mo­no­pol auch nicht über­gangs­wei­se wei­ter an­ge­wen­det wer­den darf (Eu­GH, Ur­teil vom 24. Ja­nu­ar 2013 a.a.O. Rn. 38 f., 42). Der Mit­glied­staat ist al­ler­dings nicht zu ei­ner Li­be­ra­li­sie­rung ver­pflich­tet. Er kann sich auch da­für ent­schei­den, das Mo­no­pol uni­ons­rechts­kon­form zu re­for­mie­ren (Eu­GH, Ur­teil vom 24. Ja­nu­ar 2013 a.a.O. Rn. 46). Je­den­falls ist er aber bei Uni­ons­rechts­wid­rig­keit des Mo­no­pols ver­pflich­tet, Er­laub­nis­an­trä­ge an­de­rer Glücks­spiel­an­bie­ter auch wäh­rend der Über­gangs­zeit bis zu ei­ner Neu­re­ge­lung zu prü­fen und ge­ge­be­nen­falls nach uni­ons­rechts­kon­for­men Maß­stä­ben zu be­schei­den (Eu­GH, Ur­teil vom 24. Ja­nu­ar 2013 a.a.O. Rn. 39, 48).

79 Die Fra­ge, ob die Nie­der­las­sungs­frei­heit ei­ne Durch­set­zung des Er­laub­nis­vor­be­halts in der Über­gangs­zeit bis zum 31. De­zem­ber 2007 ver­bo­ten ha­be, ist dem Ge­richts­hof nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht vor­zu­le­gen, weil sie nicht ent­schei­dungs­er­heb­lich ist. Die an­ge­grif­fe­ne Un­ter­sa­gungs­ver­fü­gung wur­de im hier ma­ß­geb­li­chen Zeit­raum En­de 2007 nicht mit der Durch­set­zung des Er­laub­nis­vor­be­halts, al­so der for­mel­len und ma­te­ri­el­len Il­le­ga­li­tät der kon­kre­ten Tä­tig­keit be­grün­det, son­dern mit dem ver­fas­sungs- und uni­ons­rechts­wid­ri­gen Sport­wet­ten­mo­no­pol. So­fern die Be­klag­te die Er­mes­sen­ser­wä­gun­gen mit Schrift­satz vom 21. Sep­tem­ber 2011 rück­wir­kend aus­wech­seln woll­te, war dies aus den oben dar­ge­leg­ten Grün­den ver­wal­tungs­ver­fah­rens­recht­lich un­zu­läs­sig. Auf Be­den­ken, ob die Un­ter­sa­gung bei Ver­fas­sungs- und Uni­ons­rechts­wid­rig­keit des Mo­no­pols trotz Feh­lens ei­nes uni­ons­rechts­kon­for­men Er­laub­nis­ver­fah­rens für Pri­va­te im Über­gangs­zeit­raum mit der Durch­set­zung des Er­laub­nis­vor­be­halts hät­te be­grün­det wer­den dür­fen, kommt es nicht an. Selbst wenn ei­ne sol­che Un­ter­sa­gung recht­mä­ßig mög­lich ge­we­sen wä­re, wür­de dies die tat­säch­lich ge­trof­fe­ne, feh­ler­haf­te Er­mes­sens­ent­schei­dung noch nicht recht­mä­ßig ma­chen.

80 Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 154 Abs. 2 Vw­GO.

Be­schluss vom 03.09.2013 -
BVer­wG 8 KSt 1.13ECLI:DE:BVer­wG:2013:030913B8KSt1.13.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Be­schluss

BVer­wG 8 KSt 1.13

  • VG Gel­sen­kir­chen - 17.09.2008 - AZ: VG 7 K 2474/07
  • OVG für das Land Nord­rhein-West­fa­len - 21.02.2012 - AZ: OVG 4 A 2847/08

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 8. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 3. Sep­tem­ber 2013
durch den Vi­ze­prä­si­den­ten des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
Prof. Dr. Dr. h.c. Ren­nert,
den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Dei­seroth
und die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Hau­ser, Dr. Held-Daab
und Dr. Ru­dolph
be­schlos­sen:

Der im Ver­fah­ren - BVer­wG 8 C 17.12 - auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 18. Ju­ni 2013 er­gan­ge­ne Be­schluss zur Streit­wert­fest­set­zung wird ge­än­dert. Die Än­de­rung der Streit­wert­fest­set­zung für den ers­ten und zwei­ten Rechts­zug wird auf­ge­ho­ben. Für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren wird der Wert des Streit­ge­gen­stan­des auf 75 000 € fest­ge­setzt.

Grün­de

1 Die Ge­gen­vor­stel­lung des Klä­gers ge­gen die auf­grund münd­li­cher Ver­hand­lung vom 18. Ju­ni 2013 be­schlos­se­ne Streit­wert­fest­set­zung wird als An­re­gung zu de­ren Än­de­rung von Amts we­gen ge­mäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG aus­ge­legt. Die Frist ge­mäß Satz 2 die­ser Vor­schrift ist ge­wahrt.

2 Nach An­hö­rung der Be­klag­ten, die sich dem Vor­trag des Klä­gers an­ge­schlos­sen hat, wird die Streit­wert­fest­set­zung im aus dem Te­nor die­ses Be­schlus­ses er­sicht­li­chen Um­fang ge­än­dert. Die Wert­fest­set­zung für die bei­den Vor­in­stan­zen wird da­mit wie­der her­ge­stellt. Die Streit­wert­be­mes­sung für das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren er­gibt sich aus § 47 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 1 GKG.

3 Bei der Be­mes­sung war ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­tei­lig­ten nicht auf die Hö­he der an­ge­droh­ten Zwangs­gel­der ab­zu­stel­len, weil die Zwangs­geldan­dro­hung hier nicht iso­liert an­ge­grif­fen, son­dern nur ih­re Rechts­wid­rig­keit we­gen der Rechts­wid­rig­keit des Grund­ver­wal­tungs­akts gel­tend ge­macht wur­de. Ma­ß­ge­bend für das wirt­schaft­li­che In­ter­es­se des Klä­gers war des­halb der vor­aus­sicht­li­che Jah­res­ge­winn, der - auch nach sei­nen An­ga­ben - mit min­des­tens dem von den Vor­in­stan­zen an­ge­nom­me­nen Be­trag von 15 000 € pro Be­triebs­stät­te zu be­zif­fern ist. Ei­ne hö­he­re Fest­set­zung kam man­gels kon­kre­ten Vor­brin­gens zu den Ge­winn­erwar­tun­gen aus der un­ter­sag­ten Tä­tig­keit in den fünf Be­triebs­stät­ten nicht in Be­tracht. Der Be­trag war auch nicht für die Zeit bis zur Ab­tren­nung des Ver­fah­rens - BVer­wG 8 C 53.12 - zu ver­dop­peln, weil der ur­sprüng­li­che An­fech­tungs­an­trag nicht um ei­nen Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­an­trag er­gänzt, son­dern nur be­züg­lich des von der An­fech­tung ex tunc be­reits er­fass­ten, ver­gan­ge­nen Zeit­raums auf ein Fort­set­zungs­fest­stel­lungs­be­gehr­en um­ge­stellt wur­de.