Ver­fah­rens­in­for­ma­ti­on

Der Klä­ger ist Be­am­ter und steht im Dienst des be­klag­ten Lan­des. Nach­dem er ei­ne Le­bens­part­ner­schaft nach dem Le­bens­part­ner­schafts­ge­setz be­grün­det hat­te, be­an­trag­te er bei sei­nem Dienst­herrn, ihm wie ei­nem ver­hei­ra­te­ten Be­am­ten nach dem Be­sol­dungs­ge­setz den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe I ab De­zem­ber 2003 zu ge­wäh­ren. Der Be­klag­te lehn­te dies ab. Das Ver­wal­tungs­ge­richt gab der Kla­ge statt, das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt wies die da­ge­gen ge­rich­te­te Be­ru­fung des Lan­des im We­sent­li­chen mit der Be­grün­dung zu­rück, dem Klä­ger ste­he trotz des an­ders­lau­ten­den Ge­set­zes­wort­lauts (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG) nach der eu­ro­päi­schen Richt­li­nie 2000/78 des Ra­tes vom 27. No­vem­ber 2000 (zur Fest­le­gung ei­nes all­ge­mei­nen Rah­mens für die Ver­wirk­li­chung der Gleich­be­hand­lung in Be­schäf­ti­gung und Be­ruf) der Fa­mi­li­en­zu­schlag wie ei­nem ver­hei­ra­te­ten Be­am­ten zu. Das Land wen­det sich mit der Re­vi­si­on ge­gen die­se Ur­tei­le.


Ver­fah­rens­in­for­ma­ti­on

Der Klä­ger ist Be­am­ter und steht im Dienst des Bun­des. Nach­dem er ei­ne Le­bens­part­ner­schaft nach dem Le­bens­part­ner­schafts­ge­setz be­grün­det hat­te, be­an­trag­te er bei sei­nem Dienst­herrn, ihm wie ei­nem ver­hei­ra­te­ten Be­am­ten nach dem Bun­des­be­sol­dungs­ge­setz den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe I zu ge­wäh­ren. Die Be­klag­te lehn­te dies ab. Kla­ge und Be­ru­fung des Klä­gers blie­ben oh­ne Er­folg. Mit der Re­vi­si­on wen­det sich der Klä­ger ge­gen die ab­wei­sen­den Ur­tei­le mit der Be­grün­dung, er wür­de un­ter Ver­stoß ge­gen Ver­fas­sungs- und Eu­ro­pa­recht we­gen sei­ner se­xu­el­len Iden­ti­tät dis­kri­mi­niert.


Pres­se­mit­tei­lung Nr. 95/2010 vom 29.10.2010

Be­am­te in ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­part­ner­schaft ha­ben seit Ju­li 2009 An­spruch auf den so ge­nann­ten Ehe­gat­ten­zu­schlag

Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leip­zig hat am 28. Ok­to­ber 2010 in zwei Fäl­len ent­schie­den, dass Be­am­tin­nen und Be­am­te, die in ei­ner ein­ge­tra­ge­nen Le­bens­part­ner­schaft le­ben, seit Ju­li 2009 An­spruch auf Zah­lung des Fa­mi­li­en­zu­schlags der Stu­fe 1 - so ge­nann­ter Ehe­gat­ten­zu­schlag - ha­ben. Die Klä­ger, ein Be­am­ter des Lan­des Schles­wig-Hol­stein und ein Bun­des­be­am­ter, hat­ten gel­tend ge­macht, ih­nen ste­he die­ser Zu­schlag seit dem 2. De­zem­ber 2003 zu. Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat die gel­tend ge­mach­ten An­sprü­che für die Zeit seit Ju­li 2009 für ge­ge­ben er­ach­tet und die Ent­schei­dun­gen der Vor­in­stan­zen ab­ge­än­dert, so­weit sie dem ent­ge­gen­ste­hen.


Nach dem Wort­laut des § 40 Abs. 1 Nr. 1 des Bun­des­be­sol­dungs­ge­set­zes wird der Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 nur Ehe­leu­ten ge­währt. Zeit­lich nach dem In­kraft­tre­ten die­ser Vor­schrift hat der Ge­setz­ge­ber im Jah­re 2001 den Fa­mi­li­en­stand der gleich­ge­schlecht­li­chen Le­bens­part­ner­schaft ge­schaf­fen und spä­ter fort­ent­wi­ckelt. Zu­dem müs­sen Be­hör­den und Ge­rich­te in Deutsch­land seit dem 2. De­zem­ber 2003 die Richt­li­nie 2000/78/EG zur Fest­le­gung ei­nes all­ge­mei­nen Rah­mens für die Ver­wirk­li­chung der Gleich­be­hand­lung in Be­schäf­ti­gung und Be­ruf hin­sicht­lich der hier ma­ß­geb­li­chen Vor­schrift un­ge­ach­tet des­sen un­mit­tel­bar an­wen­den, ob der deut­sche Ge­setz­ge­ber die Richt­li­nie voll­stän­dig um­ge­setzt hat. Die­se Richt­li­nie un­ter­sagt in ih­rem An­wen­dungs­be­reich je­de un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung u.a. we­gen der se­xu­el­len Aus­rich­tung ei­ner Per­son. Am 7. Ju­li 2009 schlie­ß­lich hat das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt zur ein­ge­tra­ge­nen Le­bens­part­ner­schaft ent­schie­den, dass der blo­ße Ver­weis auf das Schutz­ge­bot der Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG) die Pri­vi­le­gie­rung der Ehe nicht recht­fer­tigt, wenn dies mit ei­ner Be­nach­tei­li­gung der Le­bens­part­ner­schaft ein­her­geht.


Nach Uni­ons­recht liegt ei­ne un­zu­läs­si­ge un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung vor, wenn die Per­so­nen oder Grup­pen im Hin­blick auf die in Re­de ste­hen­de Norm in ver­gleich­ba­rer La­ge sind und den­noch un­ter­schied­lich be­han­delt wer­den. Ob dies der Fall ist, ha­ben nach der Recht­spre­chung des Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hofs die Ge­rich­te der Mit­glied­staa­ten zu ent­schei­den. Nach deut­schem Recht be­stand die Ver­gleich­bar­keit von Ehe und ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­part­ner­schaft im Hin­blick auf den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 nicht, so­lan­ge der Ge­setz­ge­ber be­fugt war, die­sen Zu­schlag auch im Blick dar­auf zu ge­wäh­ren, dass Ehe­leu­te in ih­rer Er­werbs­bio­gra­fie ty­pi­scher­wei­se Nach­tei­le er­lei­den, wenn in der Ehe Kin­der vor­han­den sind. Art. 6 Abs. 1 GG er­laub­te ei­ne der­ar­ti­ge Dif­fe­ren­zie­rung im Sin­ne des Gleich­heits­sat­zes je­doch nur bis zum Ju­ni 2009. Seit Ju­li 2009 steht auf Grund der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts fest, dass Ehe und Le­bens­part­ner­schaft im Hin­blick auf den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 als ver­gleich­bar an­zu­se­hen sind. Seit­dem ge­bie­tet Eu­ro­päi­sches Ge­mein­schafts­recht, den An­spruch auch Be­am­ten in ei­ner Le­bens­part­ner­schaft zu ge­wäh­ren.


BVer­wG 2 C 10.09 - Ur­teil vom 28.10.2010

Vor­in­stan­zen:

OVG Schles­wig, OVG 3 LB 13/06 - Ur­teil vom 22.07.2008 -

VG Schles­wig, VG 11 A 103/04 - Ur­teil vom 27.08.2004 -

BVer­wG 2 C 21.09 - Ur­teil vom 28.10.2010

Vor­in­stan­zen:

VGH Mann­heim, VGH 4 S 1533/05 - Be­schluss vom 10.09.2005 -

Ver­wal­tungs­ge­richt Frei­burg, Ver­wal­tungs­ge­richt 3 K 2512/04 - Be­schluss vom 16.06.2005 -


Be­schluss vom 18.05.2010 -
BVer­wG 2 C 10.09ECLI:DE:BVer­wG:2010:180510B2C10.09.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Be­schluss

BVer­wG 2 C 10.09

  • Schles­wig-Hol­stei­ni­sches OVG - 22.07.2008 - AZ: OVG 3 LB 13/06

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 18. Mai 2010
durch die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Gro­ep­per, Dr. Heitz, Dr. Bur­meis­ter, Dr. Mai­dow­ski und Dr. Har­tung
be­schlos­sen:

Das Ge­such des Klä­gers, den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt H. für be­fan­gen zu er­klä­ren, wird ab­ge­lehnt.

Grün­de

1 1. Der Se­nat ent­schei­det über das Be­fan­gen­heits­ge­such in der Be­set­zung, die sich durch das Aus­schei­den des ab­ge­lehn­ten Rich­ters so­wie dar­aus er­gibt, dass die Rich­te­rin am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt T. ge­mäß § 54 Abs. 1 Vw­GO i.V.m. § 41 Nr. 6 ZPO von der Mit­wir­kung aus­ge­schlos­sen ist, weil sie an der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung über die Kla­ge des Klä­gers mit­ge­wirkt hat. Da­bei folgt aus dem Be­schluss des Prä­si­di­ums des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts vom 26. März 2010, dass Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. B. in den be­reits ge­la­de­nen Ver­fah­ren BVer­wG 2 C 10.09 , 21.09 und 23.09 wei­ter­hin dem 2. Se­nat an­ge­hört.

2 Nach dem Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plan des 2. Re­vi­si­ons­se­nats in der Fas­sung vom 25. März 2010 ist vor­ge­se­hen, dass in den be­reits ter­mi­nier­ten Re­vi­si­ons­sa­chen BVer­wG 2 C 10.09 , 21.09 und 23.09 , in de­nen Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. B. Be­richt­erstat­ter bleibt, Rich­ter G. Mit­be­richt­erstat­ter bleibt und Rich­te­rin T. nicht mit­wirkt. Da dem Se­nat au­ßer dem Vor­sit­zen­den und für die ge­nann­ten drei Sa­chen Rich­ter Dr. B. wei­te­re vier Rich­ter an­ge­hö­ren, hät­te der Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plan auch re­geln müs­sen, dass au­ßer der Rich­te­rin T. ein wei­te­res Se­nats­mit­glied aus­schei­det. Die in­so­weit un­voll­stän­di­ge Text­fas­sung des Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plans be­ruht auf ei­nem of­fen­sicht­li­chen Ver­se­hen. Aus der For­mu­lie­rung, dass Rich­ter Dr. B. Be­richt­erstat­ter „bleibt“ und Rich­ter G. Mit­be­richt­erstat­ter „bleibt“, er­gibt sich, dass sich in den drei im Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plan ge­nann­ten Ver­fah­ren die Mit­wir­kung der Rich­ter nach der Fas­sung des Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plans rich­ten soll­te, die bis zum Zeit­punkt des Aus­schei­dens des Rich­ters Dr. B. aus dem Se­nat ge­gol­ten hat­te. Nach § 8 des Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plans des 2. Re­vi­si­ons­se­nats in der Fas­sung vom 16. De­zem­ber 2009 wirk­ten in den Sa­chen, in de­nen Rich­ter Dr. B. Be­richt­erstat­ter war, Rich­te­rin T. und Rich­ter Dr. M. nicht mit.

3 Nach dem Aus­schei­den des ab­ge­lehn­ten Rich­ters H. wä­re die nach dem Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plan nicht mit­wir­ken­de Rich­te­rin T. ge­mäß § 10 Satz 2 des Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plans des 2. Se­nats als das nach dem all­ge­mei­nen Dienst­al­ter nächst­jün­ge­re Se­nats­mit­glied, das sonst nicht mit­wirkt, nach­ge­rückt. Da sie je­doch ge­mäß § 54 Abs. 1 Vw­GO i.V.m. § 41 Nr. 6 ZPO von der Mit­wir­kung aus­ge­schlos­sen ist, rückt statt ih­rer Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. M. nach.

4 2. Das Ge­such, den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt H. we­gen Be­sorg­nis der Be­fan­gen­heit ab­zu­leh­nen, ist un­be­grün­det.

5 We­gen Be­sorg­nis der Be­fan­gen­heit kann ein Rich­ter ab­ge­lehnt wer­den, wenn ein Grund vor­liegt, der ge­eig­net ist, Miss­trau­en ge­gen sei­ne Un­par­tei­lich­keit zu recht­fer­ti­gen (§ 54 Abs. 1 Vw­GO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO). Da­nach ist es ei­ner­seits nicht not­wen­dig, dass der Rich­ter tat­säch­lich be­fan­gen ist. An­de­rer­seits reicht die rein sub­jek­ti­ve Vor­stel­lung ei­nes Be­tei­lig­ten, der Rich­ter wer­de sei­ne Ent­schei­dung an per­sön­li­chen Mo­ti­ven ori­en­tie­ren, nicht aus, wenn bei ob­jek­ti­ver Wür­di­gung der Tat­sa­chen ver­nünf­ti­ger­wei­se kein Grund für die Be­fürch­tung er­sicht­lich ist. Die Be­sorg­nis der Be­fan­gen­heit ist dann ge­recht­fer­tigt, wenn aus der Sicht des Be­tei­lig­ten hin­rei­chend ob­jek­ti­ve Grün­de vor­lie­gen, die bei ver­nünf­ti­ger Wür­di­gung al­ler Um­stän­de An­lass ge­ben, an der Un­vor­ein­ge­nom­men­heit des Rich­ters zu zwei­feln (Ur­teil vom 5. De­zem­ber 1975 - BVer­wG 6 C 129.74 - BVer­w­GE 50, 36 <38 f.> = Buch­holz 448.0 § 34 WPflG Nr. 48; vgl. auch Be­schlüs­se vom 3. April 1997 - BVer­wG 6 AV 1.97 - Buch­holz 310 § 54 Vw­GO Nr. 55 S. 4, vom 9. Mai 2003 - BVer­wG 2 AV 1.03 , 2.03 und 3.03 - Buch­holz 310 § 54 Vw­GO Nr. 63, vom 14. Au­gust 2003 - BVer­wG 2 AV 4.03 - ju­ris und vom 3. No­vem­ber 2009 - BVer­wG 2 A 1.08 ).

6 Die vom Klä­ger vor­ge­tra­ge­nen Grün­de ge­ben nach Ma­ß­ga­be des­sen kei­nen An­lass, an der Un­vor­ein­ge­nom­men­heit des Vor­sit­zen­den Rich­ters am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt H. zu zwei­feln.

7 In ei­nem Rechts­ge­spräch, wie es vor dem Se­nat ge­führt wird, ist es üb­lich, die Rechts­stand­punk­te der Be­tei­lig­ten nicht nur zur Kennt­nis zu neh­men, son­dern sich, wenn hier­zu An­lass be­steht, auch ar­gu­men­ta­tiv mit ih­nen aus­ein­an­der­zu­set­zen, um den Par­tei­en Ge­le­gen­heit zu ge­ben, ih­ren Rechts­stand­punkt zu ver­deut­li­chen und zu ver­tie­fen. Das Rechts­ge­spräch wird da­bei in­halt­lich in ho­hem Ma­ße von den Fra­gen be­stimmt, die der Se­nat in sei­ner Vor­be­ra­tung er­ör­tert hat. Da­her ist es sinn­voll, das Rechts­ge­spräch so zu füh­ren, dass al­le im Se­nat dis­ku­tier­ten Mei­nun­gen un­ab­hän­gig von ih­rer Mehr­heits­fä­hig­keit mit den Be­tei­lig­ten er­ör­tert wer­den, und zwar auch dann, wenn ein Be­tei­lig­ter be­reits mit Nach­druck zum Aus­druck ge­bracht hat, er hal­te sie für un­zu­tref­fend.

8 Für al­le Pro­zess­be­tei­lig­ten war klar, dass im Mit­tel­punkt der Dis­kus­si­on die Fra­ge ste­hen wür­de, ob die Ent­schei­dung des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Ge­mein­schaf­ten vom 1. April 2008 (Rs C-267/06 - Ma­ru­ko) und der Be­schluss des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 7. Ju­li 2009 (1 BvR 1164/07) ge­gen­über frü­he­ren Ent­schei­dun­gen des be­schlie­ßen­den Se­nats und den frü­he­ren Kam­mer­ent­schei­dun­gen des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts die Rechts­la­ge zu Guns­ten des Klä­gers ge­än­dert hat­ten. Dem Vor­sit­zen­den und dem gan­zen Se­nat war die auf bei­de Ent­schei­dun­gen ge­stütz­te und auch münd­lich aus­führ­lich dar­ge­leg­te Auf­fas­sung des Klä­gers be­kannt, dass die an­ge­grif­fe­ne na­tio­na­le Re­ge­lung ei­ne nicht recht­fer­ti­gungs­fä­hi­ge un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung we­gen der se­xu­el­len Aus­rich­tung dar­stel­le. Im Rechts­ge­spräch hat der Vor­sit­zen­de zu be­den­ken ge­ge­ben, dass so­wohl der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Ge­mein­schaf­ten als auch das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt in den bei­den ge­nann­ten Ent­schei­dun­gen auf die be­son­de­re Be­deu­tung der Ver­gleich­bar­keit der La­ge von Ehe­leu­ten und Le­bens­part­nern hin­ge­wie­sen ha­ben. Der Eu­ro­päi­sche Ge­richts­hof hat in Rn. 72 aus­ge­führt, falls sich Ehe­gat­te und Le­bens­part­ner in Be­zug auf die Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung in ei­ner ver­gleich­ba­ren Si­tua­ti­on be­fän­den, stel­le ei­ne Re­ge­lung wie die im Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­de ei­ne un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung we­gen der se­xu­el­len Aus­rich­tung dar. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat - wie es bei der Prü­fung des Art. 3 Abs. 1 GG üb­lich ist - in Rn. 106 ff., ins­be­son­de­re in Rn. 112 sei­ner Ent­schei­dung vom 7. Ju­li 2009 ge­prüft, ob die La­ge von Ehe­leu­ten und Le­bens­part­nern ver­gleich­bar ist, und da­bei in vor­han­de­nen Lü­cken in der Er­werbs­bio­gra­phie von Ehe­leu­ten kei­nen Grund für die Un­ter­schei­dung ge­se­hen.

9 Der Se­nat muss­te sich al­so mit der Fra­ge der Ver­gleich­bar­keit in je­dem Fal­le aus­ein­an­der­set­zen. Aus der Tat­sa­che, dass der Vor­sit­zen­de die­sen Ge­sichts­punkt auch im An­schluss an den Vor­trag des Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten des Klä­gers er­neut auf­ge­wor­fen hat­te, konn­te nicht ge­schlos­sen wer­den, dass er selbst ei­nen be­stimm­ten Stand­punkt zur Aus­le­gung der bei­den Ent­schei­dun­gen ver­trat und in­so­weit be­reits fest­ge­legt war.

10 Der eben­falls gel­tend ge­mach­te Grund, der Vor­sit­zen­de ha­be an­de­re Auf­fas­sun­gen nicht zur Kennt­nis neh­men wol­len, ist eben­falls un­be­grün­det. Rich­tig ist le­dig­lich, dass der Vor­sit­zen­de die Fra­ge der un­mit­tel­ba­ren oder mit­tel­ba­ren Dis­kri­mi­nie­rung in die­sem Ver­fah­rens­sta­di­um nicht er­ör­tern woll­te, weil nach sei­nem pflicht­ge­mä­ßen Er­mes­sen zu die­sem Zeit­punkt rich­tig zu­nächst wei­ter auf die Fra­ge der Ver­gleich­bar­keit ein­zu­ge­hen war. Den Äu­ße­run­gen des Vor­sit­zen­den war we­der zu ent­neh­men, dass er die Auf­fas­sung des Klä­gers nicht zur Kennt­nis ge­nom­men hat­te, noch, dass sie zu kei­nem an­de­ren Zeit­punkt mehr er­ör­tert wer­den soll­te.

11 Der Be­fan­gen­heits­an­trag kann auch nicht mit Er­folg dar­auf ge­stützt wer­den, der Vor­sit­zen­de ha­be für die Nicht­teil­nah­me der Rich­te­rin am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt T. ei­ne un­zu­tref­fen­de Be­grün­dung ge­ge­ben. Der ab­ge­lehn­te Rich­ter hat in sei­ner dienst­li­chen Stel­lung­nah­me dar­ge­legt, er ha­be zu Be­ginn der Ver­hand­lung dar­auf hin­ge­wie­sen, Frau Rich­te­rin T. sei so­wohl durch den Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plan für den Se­nat als auch durch ih­re Ur­laubs­ab­we­sen­heit an ei­ner Mit­wir­kung an dem Ver­fah­ren ge­hin­dert. Ab­ge­se­hen da­von, dass Rich­te­rin T. an der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung über die Kla­ge des Klä­gers mit­ge­wirkt hat­te und des­halb oh­ne­hin ge­mäß § 54 Abs. 1 Vw­GO i.V.m. § 41 Nr. 6 ZPO von der Mit­wir­kung aus­ge­schlos­sen war, wä­re selbst ei­ne un­zu­tref­fen­de Aus­kunft über die Grün­de ih­rer Ver­hin­de­rung bei ob­jek­ti­ver Wür­di­gung der Tat­sa­chen ver­nünf­ti­ger­wei­se nicht ge­eig­net, Zwei­fel an der Un­vor­ein­ge­nom­men­heit des ab­ge­lehn­ten Rich­ters zu we­cken.
Gro­ep­per Dr. Heitz Dr. Bur­meis­ter

Be­schluss vom 18.05.2010 -
BVer­wG 2 C 21.09ECLI:DE:BVer­wG:2010:180510B2C21.09.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Be­schluss

BVer­wG 2 C 21.09

  • VGH Ba­den-Würt­tem­berg - 10.09.2008 - AZ: VGH 4 S 1533/05

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 18. Mai 2010
durch die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt G. und Dr. Heitz,
die Rich­te­rin am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Thom­sen und
die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Bur­meis­ter und Dr. Har­tung
be­schlos­sen:

Das Ge­such des Klä­gers, den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt H. für be­fan­gen zu er­klä­ren, wird ab­ge­lehnt.

Grün­de

1 1. Der Se­nat ent­schei­det über das Be­fan­gen­heits­ge­such in der Be­set­zung, die sich durch das Aus­schei­den des ab­ge­lehn­ten Rich­ters er­gibt. Da­bei folgt aus dem Be­schluss des Prä­si­di­ums des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts vom 26. März 2010, dass Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. B. in den be­reits ge­la­de­nen Ver­fah­ren wei­ter­hin dem 2. Se­nat an­ge­hört. Nach dem Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plan des 2. Re­vi­si­ons­se­nats in der Fas­sung vom 25. März 2010 ist vor­ge­se­hen, dass in den be­reits ter­mi­nier­ten Re­vi­si­ons­sa­chen BVer­wG 2 C 10.09 , 21.09 und 23.09 , in de­nen Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. B. Be­richt­erstat­ter bleibt, Rich­ter G. Mit­be­richt­erstat­ter bleibt und Rich­te­rin T. nicht mit­wirkt. Da dem Se­nat au­ßer dem Vor­sit­zen­den und für die ge­nann­ten drei Sa­chen Rich­ter Dr. B. wei­te­re vier Rich­ter an­ge­hö­ren, hät­te der Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plan auch re­geln müs­sen, dass au­ßer der Rich­te­rin T. ein wei­te­res Se­nats­mit­glied aus­schei­det. Die in­so­weit un­voll­stän­di­ge Text­fas­sung des Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plans be­ruht auf ei­nem of­fen­sicht­li­chen Ver­se­hen. Aus der For­mu­lie­rung, dass Rich­ter Dr. B. Be­richt­erstat­ter „bleibt“ und Rich­ter G. Mit­be­richt­erstat­ter „bleibt“, er­gibt sich er­sicht­lich, dass sich in den drei im Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plan ge­nann­ten Ver­fah­ren die Mit­wir­kung der Rich­ter nach der Fas­sung des Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plans rich­ten soll­te, die bis zum Zeit­punkt des Aus­schei­dens des Rich­ters Dr. B. aus dem Se­nat ge­gol­ten hat­te. Nach § 8 des Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plans des 2. Re­vi­si­ons­se­nats in der Fas­sung vom 16. De­zem­ber 2009 wirk­ten in den Sa­chen, in de­nen Rich­ter Dr. B. Be­richt­erstat­ter war, Rich­te­rin T. und Rich­ter Dr. M. nicht mit.

2 Für den ab­ge­lehn­ten Rich­ter H. rückt die nach dem Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plan nicht mit­wir­ken­de Rich­te­rin T. ge­mäß § 10 Satz 2 des Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plans des 2. Re­vi­si­ons­se­nats als das nach dem all­ge­mei­nen Dienst­al­ter nächst­jün­ge­re Se­nats­mit­glied, das sonst nicht mit­wirkt, nach.

3 2. Das Ge­such, den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt H. we­gen Be­sorg­nis der Be­fan­gen­heit ab­zu­leh­nen, ist un­be­grün­det.

4 We­gen Be­sorg­nis der Be­fan­gen­heit kann ein Rich­ter ab­ge­lehnt wer­den, wenn ein Grund vor­liegt, der ge­eig­net ist, Miss­trau­en ge­gen sei­ne Un­par­tei­lich­keit zu recht­fer­ti­gen (§ 54 Abs. 1 Vw­GO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO). Da­nach ist es ei­ner­seits nicht not­wen­dig, dass der Rich­ter tat­säch­lich be­fan­gen ist. An­de­rer­seits reicht die rein sub­jek­ti­ve Vor­stel­lung ei­nes Be­tei­lig­ten, der Rich­ter wer­de sei­ne Ent­schei­dung an per­sön­li­chen Mo­ti­ven ori­en­tie­ren, nicht aus, wenn bei ob­jek­ti­ver Wür­di­gung der Tat­sa­chen ver­nünf­ti­ger­wei­se kein Grund für die Be­fürch­tung er­sicht­lich ist. Die Be­sorg­nis der Be­fan­gen­heit ist dann ge­recht­fer­tigt, wenn aus der Sicht des Be­tei­lig­ten hin­rei­chend ob­jek­ti­ve Grün­de vor­lie­gen, die bei ver­nünf­ti­ger Wür­di­gung al­ler Um­stän­de An­lass ge­ben, an der Un­vor­ein­ge­nom­men­heit des Rich­ters zu zwei­feln (Ur­teil vom 5. De­zem­ber 1975 - BVer­wG 6 C 129.74 - BVer­w­GE 50, 36 <38 f.> = Buch­holz 448.0 § 34 WPflG Nr. 48; vgl. auch Be­schlüs­se vom 3. April 1997 - BVer­wG 6 AV 1.97 - Buch­holz 310 § 54 Vw­GO Nr. 55 S. 4, vom 9. Mai 2003 - BVer­wG 2 AV 1.03 , 2.03 und 3.03 - Buch­holz 310 § 54 Vw­GO Nr. 63, vom 14. Au­gust 2003 - BVer­wG 2 AV 4.03 - ju­ris - und vom 3. No­vem­ber 2009 - BVer­wG 2 A 1.08 ).

5 Die vom Klä­ger vor­ge­tra­ge­nen Grün­de ge­ben nach Ma­ß­ga­be des­sen kei­nen An­lass, an der Un­vor­ein­ge­nom­men­heit des Vor­sit­zen­den Rich­ters am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt H. zu zwei­feln.

6 In ei­nem Rechts­ge­spräch, wie es vor dem Se­nat ge­führt wird, ist es üb­lich, die Rechts­stand­punk­te der Be­tei­lig­ten nicht nur zur Kennt­nis zu neh­men, son­dern sich, wenn hier­zu An­lass be­steht, auch ar­gu­men­ta­tiv mit ih­nen aus­ein­an­der­zu­set­zen, um den Par­tei­en Ge­le­gen­heit zu ge­ben, ih­ren Rechts­stand­punkt zu ver­deut­li­chen und zu ver­tie­fen. Das Rechts­ge­spräch wird da­bei in­halt­lich in ho­hem Ma­ße von den Fra­gen be­stimmt, die der Se­nat in sei­ner Vor­be­ra­tung er­ör­tert hat. Da­her ist es sinn­voll, das Rechts­ge­spräch so zu füh­ren, dass al­le im Se­nat dis­ku­tier­ten Mei­nun­gen un­ab­hän­gig von ih­rer Mehr­heits­fä­hig­keit mit den Be­tei­lig­ten er­ör­tert wer­den, und zwar auch dann, wenn ein Be­tei­lig­ter be­reits mit Nach­druck zum Aus­druck ge­bracht hat, er hal­te sie für un­zu­tref­fend.

7 Für al­le Pro­zess­be­tei­lig­ten war klar, dass im Mit­tel­punkt der Dis­kus­si­on die Fra­ge ste­hen wür­de, ob die Ent­schei­dung des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Ge­mein­schaf­ten vom 1. April 2008 (Rs C-267/06 - Ma­ru­ko) und der Be­schluss des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 7. Ju­li 2009 (1 BvR 1164/07) ge­gen­über frü­he­ren Ent­schei­dun­gen des be­schlie­ßen­den Se­nats und den frü­he­ren Kam­mer­ent­schei­dun­gen des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts die Rechts­la­ge zu Guns­ten des Klä­gers ge­än­dert hat­ten. Dem Vor­sit­zen­den und dem gan­zen Se­nat war die auf bei­de Ent­schei­dun­gen ge­stütz­te und auch münd­lich aus­führ­lich dar­ge­leg­te Auf­fas­sung des Klä­gers be­kannt, dass die an­ge­grif­fe­ne na­tio­na­le Re­ge­lung ei­ne nicht recht­fer­ti­gungs­fä­hi­ge un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung we­gen der se­xu­el­len Aus­rich­tung dar­stel­le. Im Rechts­ge­spräch hat der Vor­sit­zen­de zu be­den­ken ge­ge­ben, dass so­wohl der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Ge­mein­schaf­ten als auch das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt in den bei­den ge­nann­ten Ent­schei­dun­gen auf die be­son­de­re Be­deu­tung der Ver­gleich­bar­keit der La­ge von Ehe­leu­ten und Le­bens­part­nern hin­ge­wie­sen ha­ben. Der Eu­ro­päi­sche Ge­richts­hof hat in Rn. 72 aus­ge­führt, falls sich Ehe­gat­te und Le­bens­part­ner in Be­zug auf die Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung in ei­ner ver­gleich­ba­ren Si­tua­ti­on be­fän­den, stel­le ei­ne Re­ge­lung wie die im Aus­gangs­ver­fah­ren in Re­de ste­hen­de ei­ne un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung we­gen der se­xu­el­len Aus­rich­tung dar. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat - wie es bei der Prü­fung des Art. 3 Abs. 1 GG üb­lich ist - in Rn. 106 ff., ins­be­son­de­re in Rn. 112 sei­ner Ent­schei­dung vom 7. Ju­li 2009 ge­prüft, ob die La­ge von Ehe­leu­ten und Le­bens­part­nern ver­gleich­bar ist, und da­bei in vor­han­de­nen Lü­cken in der Er­werbs­bio­gra­phie von Ehe­leu­ten kei­nen Grund für die Un­ter­schei­dung ge­se­hen.

8 Der Se­nat muss­te sich al­so mit der Fra­ge der Ver­gleich­bar­keit in je­dem Fal­le aus­ein­an­der­set­zen. Aus der Tat­sa­che, dass der Vor­sit­zen­de die­sen Ge­sichts­punkt auch im An­schluss an den Vor­trag des Pro­zess­be­voll­mäch­tig­ten des Klä­gers er­neut auf­ge­wor­fen hat­te, konn­te nicht ge­schlos­sen wer­den, dass er selbst ei­nen be­stimm­ten Stand­punkt zur Aus­le­gung der bei­den Ent­schei­dun­gen ver­trat und in­so­weit be­reits fest­ge­legt war.

9 Der eben­falls gel­tend ge­mach­te Grund, der Vor­sit­zen­de ha­be an­de­re Auf­fas­sun­gen nicht zur Kennt­nis neh­men wol­len, ist eben­falls un­be­grün­det. Rich­tig ist le­dig­lich, dass der Vor­sit­zen­de die Fra­ge der un­mit­tel­ba­ren oder mit­tel­ba­ren Dis­kri­mi­nie­rung in die­sem Ver­fah­rens­sta­di­um nicht er­ör­tern woll­te, weil nach sei­nem pflicht­ge­mä­ßen Er­mes­sen zu die­sem Zeit­punkt zu­nächst rich­tig wei­ter auf die Fra­ge der Ver­gleich­bar­keit ein­zu­ge­hen war. Den Äu­ße­run­gen des Vor­sit­zen­den war we­der zu ent­neh­men, dass er die Auf­fas­sung des Klä­gers nicht zur Kennt­nis ge­nom­men hat­te, noch, dass sie zu kei­nem an­de­ren Zeit­punkt mehr er­ör­tert wer­den soll­te.

10 Der Be­fan­gen­heits­an­trag kann auch nicht mit Er­folg dar­auf ge­stützt wer­den, der Vor­sit­zen­de ha­be für die Nicht­teil­nah­me der Rich­te­rin am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt T. ei­ne un­zu­tref­fen­de Be­grün­dung ge­ge­ben. Der ab­ge­lehn­te Rich­ter hat in sei­ner dienst­li­chen Stel­lung­nah­me dar­ge­legt, er ha­be zu Be­ginn der Ver­hand­lung dar­auf hin­ge­wie­sen, Frau Rich­te­rin T. sei so­wohl durch den Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plan für den Se­nat als auch durch ih­re Ur­laubs­ab­we­sen­heit an ei­ner Mit­wir­kung an dem Ver­fah­ren ge­hin­dert. Selbst ei­ne un­zu­tref­fen­de Aus­kunft über die Grün­de ih­rer Ver­hin­de­rung wä­re bei ob­jek­ti­ver Wür­di­gung der Tat­sa­chen ver­nünf­ti­ger­wei­se nicht ge­eig­net, Zwei­fel an der Un­vor­ein­ge­nom­men­heit des ab­ge­lehn­ten Rich­ters zu we­cken.

Be­schluss vom 13.07.2010 -
BVer­wG 2 C 10.09ECLI:DE:BVer­wG:2010:130710B2C10.09.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Be­schluss

BVer­wG 2 C 10.09

  • Schles­wig-Hol­stei­ni­sches OVG - 22.07.2008 - AZ: OVG 3 LB 13/06

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 13. Ju­li 2010
durch die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Bur­meis­ter, Buch­he­is­ter, Dr. Mai­dow­ski, Dr. Wysk und Dr. Har­tung
be­schlos­sen:

Die Ge­gen­vor­stel­lung ge­gen den Be­schluss vom 18. Mai 2010 wird zu­rück­ge­wie­sen.

Grün­de

1 Die Ge­gen­vor­stel­lung, de­ren Zu­läs­sig­keit vom Se­nat un­ter­stellt wird, ist un­be­grün­det.

2 1. Der Se­nat hat in dem Be­schluss vom 18. Mai 2010 un­ter Zif­fer 1 zu­nächst über die Be­set­zungs­rü­ge ent­schie­den, be­vor er un­ter Zif­fer 2 das Be­fan­gen­heits­ge­such be­han­delt hat. Ei­nes ge­son­der­ten Be­schlus­ses oder ei­ner ge­son­der­ten Be­schluss­for­mel be­durf­te es nicht.

3 Rich­ter Dr. B. war - wie sich auch dem Rechts­ge­dan­ken des § 222b Abs. 2 Satz 1 StPO ent­neh­men lässt - nicht dar­an ge­hin­dert, an dem Be­schluss über die Be­set­zungs­rü­ge mit­zu­wir­ken. Denn sei­ne Be­rech­ti­gung zur Mit­wir­kung war nicht we­gen ei­ner von ei­nem Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten ge­äu­ßer­ten Be­sorg­nis der Be­fan­gen­heit, son­dern im Hin­blick auf den Be­schluss des Prä­si­di­ums zur Ge­schäfts­ver­tei­lung be­zwei­felt wor­den.

4 Auch der Ein­wand, der Se­nat ha­be sich mit dem Be­schluss des Prä­si­di­ums zur Ge­schäfts­ver­tei­lung nicht zu­tref­fend aus­ein­an­der­ge­setzt, geht fehl. Die Zu­wei­sung ter­mi­nier­ter Ver­fah­ren an den Rich­ter Dr. B. be­ruht un­ge­ach­tet des Um­stands, dass die drei be­trof­fe­nen Ver­fah­ren aus­drück­lich ge­nannt wer­den, auf dem abs­trakt-ge­ne­rel­len Ge­sichts­punkt, dass es aus Grün­den der Ar­beits­öko­no­mie und der Ver­fah­rens­be­schleu­ni­gung sinn­voll ist, dem Be­richt­erstat­ter be­reits zur münd­li­chen Ver­hand­lung ter­mi­nier­te und von die­sem weit­ge­hend be­ar­bei­te­te Ver­fah­ren auch bei ei­nem Se­nats­wech­sel zu be­las­sen. Dass nach die­sem Grund­satz nicht in je­dem Fall ei­nes Se­nats­wech­sels ver­fah­ren wer­den muss, än­dert nichts dar­an, dass es sich um ei­ne abs­trakt-ge­ne­rel­le Re­ge­lung han­delt, de­ren Her­an­zie­hung im vor­lie­gen­den Fall nicht zu be­an­stan­den ist. Der Hin­weis des Klä­gers, dass schon vor der Ter­mi­nie­rung der be­tref­fen­den Ver­fah­ren ei­ne den Se­nats­wech­sel be­tref­fen­de An­fra­ge an das Bun­des­mi­nis­te­ri­um der Ver­tei­di­gung ge­rich­tet wor­den sei, ist in die­sem Zu­sam­men­hang oh­ne Be­deu­tung. Die­ses Schrei­ben soll­te le­dig­lich die Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen Se­nats­wech­sel klä­ren; der durch den Prä­si­di­ums­be­schluss vom 26. März 2010 her­bei­ge­führ­te Se­nats­wech­sel lag zeit­lich nach der - am 12. März 2010 er­folg­ten - Ter­mi­nie­rung der be­tref­fen­den Ver­fah­ren und ver­mag eben­so we­nig wie sei­ne Vor­be­rei­tung in­fra­ge zu stel­len, dass es sinn­voll war, es bei dem bis­he­ri­gen Be­richt­erstat­ter zu be­las­sen.

5 Fehl geht schlie­ß­lich auch die Kri­tik an der Ein­schät­zung des Se­nats, die For­mu­lie­rung des se­nats­in­ter­nen Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plans be­ru­he auf ei­nem of­fen­sicht­li­chen Ver­se­hen. Dass der Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plan in sei­ner Wort­wahl dif­fe­ren­ziert for­mu­liert ist und an­ders ge­deu­tet wer­den könn­te als der Se­nat ihn ver­steht, recht­fer­tigt nicht den vom Klä­ger in den Raum ge­stell­ten Ma­ni­pu­la­ti­ons­vor­wurf. Es bleibt da­bei: Dem Se­nat ist bei dem Be­schluss über die Ge­schäfts­ver­tei­lung das of­fen­sicht­li­che Ver­se­hen un­ter­lau­fen, die ge­wünsch­te Bei­be­hal­tung der zu­vor gel­ten­den Mit­wir­kungs­re­ge­lung un­zu­rei­chend zum Aus­druck ge­bracht zu ha­ben.

6 2. Der mit der Ge­gen­vor­stel­lung an­ge­grif­fe­ne Be­schluss ist auch ma­te­ri­ell nicht zu be­an­stan­den. In dem in der münd­li­chen Ver­hand­lung ge­führ­ten Rechts­ge­spräch wer­den al­le aus der Sicht der Be­tei­lig­ten so­wie der Se­nats­mit­glie­der re­le­van­ten As­pek­te er­geb­nis­of­fen an­ge­spro­chen, oh­ne dass aus der vom Vor­sit­zen­den im Rah­men sei­ner Sit­zungs­lei­tung hier­für ge­wähl­ten Glie­de­rung in­halt­li­che Prä­fe­ren­zen oder gar die man­geln­de Be­reit­schaft ab­ge­lei­tet wer­den kann, Stand­punk­te der Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten zur Kennt­nis neh­men zu wol­len. Wenn ein recht­li­cher As­pekt da­bei so an­ge­spro­chen wird, „als wä­re hier­über über­haupt noch nicht ge­spro­chen wor­den“, so spricht dies nicht ge­gen, son­dern für die Er­geb­nis­of­fen­heit des Rechts­ge­sprächs. Auch der Um­stand, dass der Vor­sit­zen­de an der von ihm ge­wähl­ten sach­li­chen Glie­de­rung des Ge­sprächs fest­hält, bie­tet kei­ner­lei Grund­la­ge für die An­nah­me, die Dis­kus­si­on über ein nach die­ser Glie­de­rung erst spä­ter zu be­han­deln­des The­ma sol­le un­ter­bun­den wer­den.

7 Auch die neu­er­li­chen Aus­füh­run­gen zu der Fra­ge, wann, mit wel­chen For­mu­lie­run­gen und in wel­cher Rei­hen­fol­ge der Vor­sit­zen­de die an­we­sen­de Sitz­grup­pe und da­mit das Feh­len ein­zel­ner Se­nats­mit­glie­der (Rich­te­rin T. so­wie Rich­ter Dr. M.) er­läu­tert hat, stel­len die Aus­füh­run­gen des an­ge­grif­fe­nen Be­schlus­ses hier­zu nicht in Fra­ge. Der Um­stand, dass für das Feh­len ei­nes Rich­ters meh­re­re Ur­sa­chen be­nannt wer­den, ist bei der ge­bo­te­nen ob­jek­ti­ven Be­trach­tung nicht als Ver­such der Ver­schleie­rung oder Ir­re­füh­rung, son­dern als Be­mü­hen um voll­stän­di­ge In­for­ma­ti­on der Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten zu se­hen. Es ist nicht er­sicht­lich, aus wel­chen Grün­den dies oder ei­ne - un­ter­stellt - miss­ver­ständ­li­che oder un­zu­tref­fen­de Er­klä­rung zu die­sem As­pekt die Be­sorg­nis der Be­fan­gen­heit be­grün­den könn­te. Die Ein­ho­lung ei­ner wei­te­ren dienst­li­chen Stel­lung­nah­me des Vor­sit­zen­den war des­halb nicht er­for­der­lich.
Dr. Bur­meis­ter Buch­he­is­ter Dr. Mai­dow­ski

Be­schluss vom 13.07.2010 -
BVer­wG 2 C 21.09ECLI:DE:BVer­wG:2010:130710B2C21.09.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Be­schluss

BVer­wG 2 C 21.09

  • VGH Ba­den-Würt­tem­berg - 10.09.2008 - AZ: VGH 4 S 1533/05

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 13. Ju­li 2010
durch die Rich­te­rin am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Thom­sen und
die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Bur­meis­ter, Buch­he­is­ter,
Dr. Mai­dow­ski so­wie Dr. Har­tung
be­schlos­sen:

Die Ge­gen­vor­stel­lung ge­gen den Be­schluss vom 18. Mai 2010 wird zu­rück­ge­wie­sen.

Grün­de

1 Die Ge­gen­vor­stel­lung, de­ren Zu­läs­sig­keit vom Se­nat un­ter­stellt wird, ist un­be­grün­det.

2 1. Der Se­nat hat in dem Be­schluss vom 18. Mai 2010 un­ter Zif­fer 1 zu­nächst über die Be­set­zungs­rü­ge ent­schie­den, be­vor er un­ter Zif­fer 2 das Be­fan­gen­heits­ge­such be­han­delt hat. Ei­nes ge­son­der­ten Be­schlus­ses oder ei­ner ge­son­der­ten Be­schluss­for­mel be­durf­te es nicht.

3 Rich­ter Dr. B. war - wie sich auch dem Rechts­ge­dan­ken des § 222b Abs. 2 Satz 1 StPO ent­neh­men lässt - nicht dar­an ge­hin­dert, an dem Be­schluss über die Be­set­zungs­rü­ge mit­zu­wir­ken. Denn sei­ne Be­rech­ti­gung zur Mit­wir­kung war nicht we­gen ei­ner von ei­nem Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten ge­äu­ßer­ten Be­sorg­nis der Be­fan­gen­heit, son­dern im Hin­blick auf den Be­schluss des Prä­si­di­ums zur Ge­schäfts­ver­tei­lung be­zwei­felt wor­den.

4 Auch der Ein­wand, der Se­nat ha­be sich mit dem Be­schluss des Prä­si­di­ums zur Ge­schäfts­ver­tei­lung nicht zu­tref­fend aus­ein­an­der­ge­setzt, geht fehl. Die Zu­wei­sung ter­mi­nier­ter Ver­fah­ren an den Rich­ter Dr. B. be­ruht un­ge­ach­tet des Um­stands, dass die drei be­trof­fe­nen Ver­fah­ren aus­drück­lich ge­nannt wer­den, auf dem abs­trakt-ge­ne­rel­len Ge­sichts­punkt, dass es aus Grün­den der Ar­beits­öko­no­mie und der Ver­fah­rens­be­schleu­ni­gung sinn­voll ist, dem Be­richt­erstat­ter be­reits zur münd­li­chen Ver­hand­lung ter­mi­nier­te und von die­sem weit­ge­hend be­ar­bei­te­te Ver­fah­ren auch bei ei­nem Se­nats­wech­sel zu be­las­sen. Dass nach die­sem Grund­satz nicht in je­dem Fall ei­nes Se­nats­wech­sels ver­fah­ren wer­den muss, än­dert nichts dar­an, dass es sich um ei­ne abs­trakt-ge­ne­rel­le Re­ge­lung han­delt, de­ren Her­an­zie­hung im vor­lie­gen­den Fall nicht zu be­an­stan­den ist. Der Hin­weis des Klä­gers, dass schon vor der Ter­mi­nie­rung der be­tref­fen­den Ver­fah­ren ei­ne den Se­nats­wech­sel be­tref­fen­de An­fra­ge an das Bun­des­mi­nis­te­ri­um der Ver­tei­di­gung ge­rich­tet wor­den sei, ist in die­sem Zu­sam­men­hang oh­ne Be­deu­tung. Die­ses Schrei­ben soll­te le­dig­lich die Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen Se­nats­wech­sel klä­ren; der durch den Prä­si­di­ums­be­schluss vom 26. März 2010 her­bei­ge­führ­te Se­nats­wech­sel lag zeit­lich nach der - am 12. März 2010 er­folg­ten - Ter­mi­nie­rung der be­tref­fen­den Ver­fah­ren und ver­mag eben­so we­nig wie sei­ne Vor­be­rei­tung in­fra­ge zu stel­len, dass es sinn­voll war, es bei dem bis­he­ri­gen Be­richt­erstat­ter zu be­las­sen.

5 Fehl geht schlie­ß­lich auch die Kri­tik an der Ein­schät­zung des Se­nats, die For­mu­lie­rung des se­nats­in­ter­nen Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plans be­ru­he auf ei­nem of­fen­sicht­li­chen Ver­se­hen. Dass der Ge­schäfts­ver­tei­lungs­plan in sei­ner Wort­wahl dif­fe­ren­ziert for­mu­liert ist und an­ders ge­deu­tet wer­den könn­te als der Se­nat ihn ver­steht, recht­fer­tigt nicht den vom Klä­ger in den Raum ge­stell­ten Ma­ni­pu­la­ti­ons­vor­wurf. Es bleibt da­bei: Dem Se­nat ist bei dem Be­schluss über die Ge­schäfts­ver­tei­lung das of­fen­sicht­li­che Ver­se­hen un­ter­lau­fen, die ge­wünsch­te Bei­be­hal­tung der zu­vor gel­ten­den Mit­wir­kungs­re­ge­lung un­zu­rei­chend zum Aus­druck ge­bracht zu ha­ben.

6 2. Der mit der Ge­gen­vor­stel­lung an­ge­grif­fe­ne Be­schluss ist auch ma­te­ri­ell nicht zu be­an­stan­den. In dem in der münd­li­chen Ver­hand­lung ge­führ­ten Rechts­ge­spräch wer­den al­le aus der Sicht der Be­tei­lig­ten so­wie der Se­nats­mit­glie­der re­le­van­ten As­pek­te er­geb­nis­of­fen an­ge­spro­chen, oh­ne dass aus der vom Vor­sit­zen­den im Rah­men sei­ner Sit­zungs­lei­tung hier­für ge­wähl­ten Glie­de­rung in­halt­li­che Prä­fe­ren­zen oder gar die man­geln­de Be­reit­schaft ab­ge­lei­tet wer­den kann, Stand­punk­te der Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten zur Kennt­nis neh­men zu wol­len. Wenn ein recht­li­cher As­pekt da­bei so an­ge­spro­chen wird, „als wä­re hier­über über­haupt noch nicht ge­spro­chen wor­den“, so spricht dies nicht ge­gen, son­dern für die Er­geb­nis­of­fen­heit des Rechts­ge­sprächs. Auch der Um­stand, dass der Vor­sit­zen­de an der von ihm ge­wähl­ten sach­li­chen Glie­de­rung des Ge­sprächs fest­hält, bie­tet kei­ner­lei Grund­la­ge für die An­nah­me, die Dis­kus­si­on über ein nach die­ser Glie­de­rung erst spä­ter zu be­han­deln­des The­ma sol­le un­ter­bun­den wer­den.

7 Auch die neu­er­li­chen Aus­füh­run­gen zu der Fra­ge, wann, mit wel­chen For­mu­lie­run­gen und in wel­cher Rei­hen­fol­ge der Vor­sit­zen­de die an­we­sen­de Sitz­grup­pe und da­mit das Feh­len ein­zel­ner Se­nats­mit­glie­der (Rich­te­rin T. so­wie Rich­ter Dr. M.) er­läu­tert hat, stel­len die Aus­füh­run­gen des an­ge­grif­fe­nen Be­schlus­ses hier­zu nicht in Fra­ge. Der Um­stand, dass für das Feh­len ei­nes Rich­ters meh­re­re Ur­sa­chen be­nannt wer­den, ist bei der ge­bo­te­nen ob­jek­ti­ven Be­trach­tung nicht als Ver­such der Ver­schleie­rung oder Ir­re­füh­rung, son­dern als Be­mü­hen um voll­stän­di­ge In­for­ma­ti­on der Ver­fah­rens­be­tei­lig­ten zu se­hen. Es ist nicht er­sicht­lich, aus wel­chen Grün­den dies oder ei­ne - un­ter­stellt - miss­ver­ständ­li­che oder un­zu­tref­fen­de Er­klä­rung zu die­sem As­pekt die Be­sorg­nis der Be­fan­gen­heit be­grün­den könn­te. Die Ein­ho­lung ei­ner wei­te­ren dienst­li­chen Stel­lung­nah­me des Vor­sit­zen­den war des­halb nicht er­for­der­lich.
Thom­sen Dr. Bur­meis­ter Buch­he­is­ter

Be­schluss vom 05.10.2010 -
BVer­wG 2 C 10.09ECLI:DE:BVer­wG:2010:051010B2C10.09.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Be­schluss

BVer­wG 2 C 10.09

  • Schles­wig-Hol­stei­ni­sches OVG - 22.07.2008 - AZ: OVG 3 LB 13/06

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 5. Ok­to­ber 2010
durch die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Heitz, Dr. Bur­meis­ter, Dr. Mai­dow­ski und Dr. Har­tung so­wie
die Rich­te­rin am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Ep­pelt
be­schlos­sen:

  1. 1. Das Ge­such des Klä­gers vom 27. Ju­li 2010, den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt H. für be­fan­gen zu er­klä­ren, wird ab­ge­lehnt.
  2. 2. Die Ge­gen­vor­stel­lung des Klä­gers vom 27. Ju­li 2010 ge­gen den Be­schluss des Se­nats vom 13. Ju­li 2010 wird zu­rück­ge­wie­sen.

Grün­de

1

1 1. Der Se­nat ent­schei­det über das Be­fan­gen­heits­ge­such und die Ge­gen­vor­stel­lung in fol­gen­der Be­set­zung: Nach­dem Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt G. in den Ru­he­stand ge­tre­ten und Rich­te­rin am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Ep­pelt durch Be­schluss des Prä­si­di­ums vom 28. Ju­ni 2010 zum 2. Au­gust 2010 dem 2. Se­nat zu­ge­wie­sen wor­den ist, folgt dar­aus ih­re Mit­wir­kung. Die üb­ri­gen mit­wir­ken­den Rich­ter er­ge­ben sich aus der Dar­stel­lung in den Be­schlüs­sen vom 18. Mai und 13. Ju­li 2010.

2 2. Das er­neu­te Ge­such des Klä­gers vom 27. Ju­li 2010, den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt H. für be­fan­gen zu er­klä­ren, wird ab­ge­lehnt. Auch nach Wür­di­gung des schrift­sätz­li­chen Vor­trags vom 27. Ju­li 2010, der weit­ge­hend frü­he­ren Vor­trag wie­der­holt und ver­tieft, sieht das Ge­richt kei­nen An­lass, von sei­ner bis­he­ri­gen recht­li­chen Wür­di­gung im Be­schluss vom 18. Mai 2010 ab­zu­wei­chen. Dass die Aus­füh­run­gen des Se­nats im Be­schluss vom 13. Ju­li 2010 nach Ein­schät­zung des Klä­gers sei­ner Be­grün­dung nicht ge­recht wer­den sol­len, än­dert nichts dar­an, dass der Se­nat al­le Ar­gu­men­te des Klä­gers zur Kennt­nis ge­nom­men und ge­wür­digt hat.

3 3. Die er­neu­te Ge­gen­vor­stel­lung des Klä­gers zur un­rich­ti­gen Be­set­zung des Ge­richts ist nun­mehr un­zu­läs­sig und zu­rück­zu­wei­sen. Der Se­nat hat den Rechts­stand­punkt des Klä­gers zur Be­set­zung des Ge­richts be­reits zur Kennt­nis ge­nom­men, Be­den­ken an der Zu­läs­sig­keit der­ar­ti­ger Ge­gen­vor­stel­lun­gen zu­rück­ge­stellt und sie un­ter dem Ge­sichts­punkt der Ver­mei­dung pro­zes­sua­len Un­rechts durch Be­schluss vom 13. Ju­li 2010 in der Sa­che ge­wür­digt. Durch die er­neu­te Ge­gen­vor­stel­lung wird deut­lich, dass der Klä­ger nun in ei­nen recht­li­chen Dia­log über die Rich­tig­keit des vom Se­nat ver­tre­te­nen Rechts­stand­punk­tes ein­tre­ten will. Un­ge­ach­tet des­sen hält der Se­nat an sei­nem be­reits dar­ge­leg­ten Rechts­stand­punkt fest.

Be­schluss vom 05.10.2010 -
BVer­wG 2 C 21.09ECLI:DE:BVer­wG:2010:051010B2C21.09.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Be­schluss

BVer­wG 2 C 21.09

  • VGH Ba­den-Würt­tem­berg - 10.09.2008 - AZ: VGH 4 S 1533/05

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 5. Ok­to­ber 2010
durch den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Heitz,
die Rich­te­rin am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Thom­sen so­wie
die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Bur­meis­ter, Dr. Mai­dow­ski
und Dr. Har­tung
be­schlos­sen:

  1. 1. Das Ge­such des Klä­gers vom 27. Ju­li 2010, den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt H. für be­fan­gen zu er­klä­ren, wird ab­ge­lehnt.
  2. 2. Die Ge­gen­vor­stel­lung des Klä­gers vom 27. Ju­li 2010 ge­gen den Be­schluss des Se­nats vom 13. Ju­li 2010 wird zu­rück­ge­wie­sen.

Grün­de

1 1. Der Se­nat ent­schei­det über das Be­fan­gen­heits­ge­such und die Ge­gen­vor­stel­lung in fol­gen­der Be­set­zung: Nach­dem Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt G. in den Ru­he­stand ge­tre­ten und Rich­te­rin am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Ep­pelt durch Be­schluss des Prä­si­di­ums vom 28. Ju­ni 2010 zum 2. Au­gust 2010 dem 2. Se­nat zu­ge­wie­sen wor­den ist, wird da­mit Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Mai­dow­ski gem. § 10 Satz 2 des Be­schlus­ses über die Ge­schäfts­ver­tei­lung des 2. Re­vi­si­ons­se­nats im Ge­schäfts­jahr 2010 (vom 16. De­zem­ber 2009) zu dem nach dem all­ge­mei­nen Dienst­al­ter nächst jün­ge­ren, an­sons­ten nicht am Ver­fah­ren mit­wir­ken­den Se­nats­mit­glied, das den we­gen des ge­gen ihn ge­rich­te­ten Be­fan­gen­heits­an­trags aus­ge­schlos­se­nen Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt H. ver­tritt. Die üb­ri­gen mit­wir­ken­den Rich­ter er­ge­ben sich aus der Dar­stel­lung in den Be­schlüs­sen vom 18. Mai und 13. Ju­li 2010.

2 2. Das er­neu­te Ge­such des Klä­gers vom 27. Ju­li 2010, den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt H. für be­fan­gen zu er­klä­ren, wird ab­ge­lehnt. Auch nach Wür­di­gung des schrift­sätz­li­chen Vor­trags vom 27. Ju­li 2010, der weit­ge­hend frü­he­ren Vor­trag wie­der­holt und ver­tieft, sieht das Ge­richt kei­nen An­lass, von sei­ner bis­he­ri­gen recht­li­chen Wür­di­gung im Be­schluss vom 18. Mai 2010 ab­zu­wei­chen. Dass die Aus­füh­run­gen des Se­nats im Be­schluss vom 13. Ju­li 2010 nach Ein­schät­zung des Klä­gers sei­ner Be­grün­dung nicht ge­recht wer­den sol­len, än­dert nichts dar­an, dass der Se­nat al­le Ar­gu­men­te des Klä­gers zur Kennt­nis ge­nom­men und ge­wür­digt hat.

3 3. Die er­neu­te Ge­gen­vor­stel­lung des Klä­gers zur un­rich­ti­gen Be­set­zung des Ge­richts ist nun­mehr un­zu­läs­sig und zu­rück­zu­wei­sen. Der Se­nat hat den Rechts­stand­punkt des Klä­gers zur Be­set­zung des Ge­richts be­reits zur Kennt­nis ge­nom­men, Be­den­ken an der Zu­läs­sig­keit der­ar­ti­ger Ge­gen­vor­stel­lun­gen zu­rück­ge­stellt und sie un­ter dem Ge­sichts­punkt der Ver­mei­dung pro­zes­sua­len Un­rechts durch Be­schluss vom 13. Ju­li 2010 in der Sa­che ge­wür­digt. Durch die er­neu­te Ge­gen­vor­stel­lung wird deut­lich, dass der Klä­ger nun in ei­nen recht­li­chen Dia­log über die Rich­tig­keit des vom Se­nat ver­tre­te­nen Rechts­stand­punk­tes ein­tre­ten will. Un­ge­ach­tet des­sen hält der Se­nat an sei­nem be­reits dar­ge­leg­ten Rechts­stand­punkt fest.

Ur­teil vom 28.10.2010 -
BVer­wG 2 C 10.09ECLI:DE:BVer­wG:2010:281010U2C10.09.0

Leit­satz:

Be­am­te, die in ei­ner ein­ge­tra­ge­nen Le­bens­part­ner­schaft le­ben, be­fin­den sich seit dem Be­schluss des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 7. Ju­li 2009 (BVerf­GE 124, 199) im Hin­blick auf die Ge­wäh­rung des Fa­mi­li­en­zu­schlags der Stu­fe 1 in ei­ner mit ver­hei­ra­te­ten Be­am­ten ver­gleich­ba­ren La­ge, so dass ih­nen die­ser Zu­schlag ab dem 1. Ju­li 2009 un­mit­tel­bar auf der Grund­la­ge der Richt­li­nie 2000/78/EG zu ge­wäh­ren ist.

  • Rechts­quel­len
  • Zi­tier­vor­schlag

Ur­teil

BVer­wG 2 C 10.09

  • OVG Schles­wig-Hol­stein - 22.07.2008 - AZ: OVG 3 LB 13/06 -
  • Schles­wig-Hol­stei­ni­sches OVG - 22.07.2008 - AZ: OVG 3 LB 13/06

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 28. Ok­to­ber 2010
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Her­bert
und die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Heitz, Dr. Bur­meis­ter, Dr. Mai­dow­ski und Dr. Har­tung
für Recht er­kannt:

  1. Das Ver­fah­ren wird ein­ge­stellt, so­weit es den Zeit­raum ab 25. Ju­ni 2010 be­trifft.
  2. Die Ur­tei­le des Schles­wig-Hol­stei­ni­schen Ober­ver­wal­tungs­ge­richts vom 22. Ju­li 2008 und des Schles­wig-Hol­stei­ni­schen Ver­wal­tungs­ge­richts vom 27. Au­gust 2004 wer­den auf­ge­ho­ben, so­weit der Be­klag­te ver­pflich­tet wor­den ist, dem Klä­ger den Fa­mi­li­en­zu­schlag Stu­fe 1 (§ 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG) für den Zeit­raum vor dem 1. Ju­li 2009 zu ge­wäh­ren. In­so­weit wird die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Im Üb­ri­gen wird die Re­vi­si­on zu­rück­ge­wie­sen.
  3. Der Klä­ger trägt drei Vier­tel, der Be­klag­te ein Vier­tel der Kos­ten des Ver­fah­rens in al­len Rechts­zü­gen.

Grün­de

I

1 Der Klä­ger steht als Be­am­ter im Dienst des be­klag­ten Lan­des. Im No­vem­ber 2001 ging er ei­ne Ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner­schaft ein. Sei­nen im No­vem­ber 2003 ge­stell­ten An­trag, ihm ab dem 2. De­zem­ber 2003 Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 wie ver­hei­ra­te­ten Be­am­ten zu ge­wäh­ren, lehn­te der Be­klag­te ab. Den da­ge­gen er­ho­be­nen Wi­der­spruch wies er mit der Be­grün­dung zu­rück, an­ge­sichts des ein­deu­ti­gen Wort­lauts des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG kön­ne die Ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner­schaft nicht mit ei­ner Ehe gleich­ge­stellt wer­den. Ge­mein­schafts­recht ste­he dem nicht ent­ge­gen.

2 Die hier­ge­gen er­ho­be­ne Kla­ge hat­te in bei­den Rechts­zü­gen Er­folg. In den Grün­den des Be­ru­fungs­ur­teils hei­ßt es, dem Klä­ger ste­he der gel­tend ge­mach­te An­spruch ab 2. De­zem­ber 2003 zu. Dies fol­ge aus der bis zu die­sem Tag in das bun­des­deut­sche Recht um­zu­set­zen­den Richt­li­nie 2000/78/EG. De­ren An­wen­dungs­be­reich sei er­öff­net, weil der Fa­mi­li­en­zu­schlag für Be­am­te Ar­beits­ent­gelt sei. Ehe­gat­ten und Le­bens­part­ner be­fän­den sich hin­sicht­lich des Fa­mi­li­en­zu­schlags der Stu­fe 1 in ei­ner ver­gleich­ba­ren Si­tua­ti­on. Die­se Leis­tung knüp­fe an ei­ne ge­gen­sei­ti­ge Un­ter­halts­pflicht an, die durch Ehe und Ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner­schaft glei­cher­ma­ßen be­grün­det wer­de. Da­her stel­le die Be­nach­tei­li­gung der Be­am­ten, die in ei­ner Le­bens­part­ner­schaft leb­ten, ei­ne un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung im Sin­ne der Richt­li­nie 2000/78/EG dar.

3 Dem tritt der Be­klag­te mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ent­ge­gen. Nach­dem der Schles­wig-hol­stei­ni­sche Ge­setz­ge­ber mit Wir­kung zum 25. Ju­ni 2010 ver­hei­ra­te­te und ver­part­ner­te Be­am­te hin­sicht­lich des Fa­mi­li­en­zu­schlags der Stu­fe 1 gleich­ge­stellt hat, ha­ben die Be­tei­lig­ten die Haupt­sa­che in­so­weit für er­le­digt er­klärt.

4 Im Üb­ri­gen be­an­tragt der Be­klag­te,
die Ur­tei­le des Schles­wig-Hol­stei­ni­schen Ober­ver­wal­tungs­ge­richts vom 22. Ju­li 2008 und des Schles­wig-Hol­stei­ni­schen Ver­wal­tungs­ge­richts vom 27. Au­gust 2004 auf­zu­he­ben, so­weit der Be­klag­te ver­pflich­tet wor­den ist, dem Klä­ger den Fa­mi­li­en­zu­schlag Stu­fe 1 für den Zeit­raum vom 2. De­zem­ber 2003 bis zum 25. Ju­ni 2010 zu ge­wäh­ren.

5 Der Klä­ger hält sei­ne Be­set­zungs­rü­gen auf­recht und be­an­tragt,
die Re­vi­si­on zu­rück­zu­wei­sen.

6 Er ver­tei­digt die an­ge­foch­te­nen Ur­tei­le.

II

7 Der Se­nat ist zur Ent­schei­dung der Sa­che be­fugt. Die ge­gen des­sen recht­mä­ßi­ge Be­set­zung vom Klä­ger er­ho­be­nen Be­den­ken teilt er aus den in den Se­nats­be­schlüs­sen vom 18. Mai 2010, 13. Ju­li 2010 und 5. Ok­to­ber 2010 be­reits dar­ge­leg­ten Grün­den nicht.

8 1. Das Ver­fah­ren ist auf­grund der über­ein­stim­men­den Er­le­di­gungs­er­klä­run­gen ein­zu­stel­len, so­weit es um die Ge­wäh­rung des Fa­mi­li­en­zu­schlags ab dem 25. Ju­ni 2010 geht. Die Kos­ten wa­ren in­so­weit ge­mäß § 161 Abs. 2 Satz 1 Vw­GO dem Be­klag­ten auf­zu­er­le­gen, weil die Re­vi­si­on auch oh­ne die lan­des­ge­setz­li­che Gleich­stel­lung zu­rück­zu­wei­sen ge­we­sen wä­re.

9 2. Für den Zeit­raum vom 2. De­zem­ber 2003 bis zum 30. Ju­ni 2009 ist die zu­läs­si­ge Re­vi­si­on be­grün­det; im Üb­ri­gen ist sie zu­rück­zu­wei­sen.

10 Dem Klä­ger steht der Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG erst ab dem 1. Ju­li 2009 zu, um den An­wen­dungs­vor­rang des Uni­ons­rechts, hier der Richt­li­nie 2000/78/EG des Ra­tes vom 27. No­vem­ber 2000 zur Fes­te­le­gung ei­nes all­ge­mei­nen Rah­mens für die Ver­wirk­li­chung der Gleich­be­hand­lung in Be­schäf­ti­gung und Be­ruf (ABl L 303 vom 2. De­zem­ber 2000, S. 16) - Richt­li­nie 2000/78/EG -, si­cher­zu­stel­len.

11 Für den da­vor lie­gen­den Zeit­raum stellt die un­ter­schied­li­che Be­hand­lung von ver­hei­ra­te­ten Be­am­ten und Be­am­ten in ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­part­ner­schaft in Be­zug auf den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 kei­ne un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung der Le­bens­part­ner dar.

12 Nach ih­rem Art. 1 be­zweckt die Richt­li­nie 2000/78/EG, be­stimm­te Ar­ten der Dis­kri­mi­nie­rung in Be­schäf­ti­gung und Be­ruf, zu de­nen auch die Dis­kri­mi­nie­rung we­gen der se­xu­el­len Aus­rich­tung ge­hört, im Hin­blick auf die Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Gleich­be­hand­lung in den Mit­glied­staa­ten zu be­kämp­fen. Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richt­li­nie liegt ei­ne un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung vor, wenn ei­ne Per­son we­gen ei­nes der in Ar­ti­kel 1 ge­nann­ten Grün­de in ei­ner ver­gleich­ba­ren Si­tua­ti­on ei­ne we­ni­ger güns­ti­ge Be­hand­lung er­fährt als ei­ne an­de­re Per­son. Ei­ne un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung setzt ei­ne ver­gleich­ba­re Si­tua­ti­on vor­aus. Un­ter­schied­li­che, weil nicht ver­gleich­ba­re Si­tua­tio­nen wer­den vom An­wen­dungs­be­reich des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a, Art. 1 der Richt­li­nie nicht er­fasst.

13 Nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on - Eu­GH - ist es Sa­che der Ge­rich­te der Mit­glied­staa­ten, die Ver­gleich­bar­keit zu be­ur­tei­len. Da­bei ha­ben sie den kon­kre­ten recht­li­chen Kon­text, aus dem sich die Un­gleich­be­hand­lung er­gibt, als Ver­gleichs­maß­stab zu­grun­de zu le­gen (Eu­GH, Ur­teil vom 1. April 2008 - Rs. C-267/06 - NJW 2008, 1649 <1653> - Ma­ru­ko -).

14 Da­nach kommt es hier auf die nor­ma­ti­ve Ver­gleich­bar­keit der Si­tua­tio­nen ver­hei­ra­te­ter und in Le­bens­part­ner­schaft le­ben­der Be­am­ter in Be­zug auf den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 an. Wäh­rend den ver­hei­ra­te­ten Be­am­ten die­se Leis­tung nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG schon we­gen des Fa­mi­li­en­stan­des der Ehe oh­ne wei­te­re Vor­aus­set­zun­gen zu­steht, kön­nen die Be­am­ten, die ei­ne Ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner­schaft ein­ge­gan­gen sind, den Zu­schlag nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG nur be­an­spru­chen, wenn sie dem Le­bens­part­ner Un­ter­halt ge­wäh­ren und des­sen Ein­kom­men ei­ne be­stimm­te Hö­he nicht über­schrei­tet. Der Bun­des­ge­setz­ge­ber hat in die­sem Be­reich von ei­ner Gleich­stel­lung be­wusst ab­ge­se­hen (BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 1830/06 - NJW 2008, 2325 <2326>; BVer­wG, Ur­teil vom 26. Ja­nu­ar 2006 - BVer­wG 2 C 43.04 - BVer­w­GE 125, 79 Rn. 10 f.).

15 Die aus­drück­lich an die Ehe an­knüp­fen­de Re­ge­lung des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG be­sitzt in ers­ter Li­nie ei­ne so­zia­le, näm­lich fa­mi­li­en­be­zo­ge­ne Aus­gleichs­funk­ti­on. Sie trägt dem in der Le­bens­wirk­lich­keit ty­pi­scher­wei­se an­zu­tref­fen­den Be­fund Rech­nung, dass ein Ehe­gat­ten zu­guns­ten der Be­treu­ung und Er­zie­hung ge­mein­sa­mer Kin­der Ein­schrän­kun­gen bei der ei­ge­nen Er­werbs­tä­tig­keit hin­nimmt und so ein er­wei­ter­ter Ali­men­ta­ti­ons­be­darf ent­steht (BVerfG, Be­schluss vom 15. Ok­to­ber 1985 - 2 BvL 4/83 - BVerf­GE 71, 39 <62>; Kam­mer­be­schluss vom 6. Mai 2008 a.a.O. S. 2327; BVer­wG, Ur­teil vom 29. Sep­tem­ber 2005 - BVer­wG 2 C 44.04 - BVer­w­GE 125, 227 <229>). Durch den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG will der Ge­setz­ge­ber Ehen auch im Hin­blick auf dar­aus her­vor­ge­hen­de Kin­der för­dern. Der Re­ge­lung liegt ei­ne fa­mi­li­en­po­li­ti­sche, auf den Fa­mi­li­en­stand der Ehe zu­ge­schnit­te­ne Ziel­set­zung zu­grun­de. Dies un­ter­schei­det die Leis­tung von an­de­ren Be­sol­dungs­leis­tun­gen wie dem Aus­lands­zu­schlag, aber auch von Bei­hil­fe­leis­tun­gen, Leis­tun­gen der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung und Auf­wands­ent­schä­di­gun­gen (vgl. Ur­tei­le vom 28. Ok­to­ber 2010 - BVer­wG 2 C 47.09 , BVer­wG 2 C 52.09 , BVer­wG 2 C 56.09 - und Be­schluss vom 28. Ok­to­ber 2010 - BVer­wG 2 C 53.09 - je­weils zur Ver­öf­fent­li­chung in der Ent­schei­dungs­samm­lung Buch­holz vor­ge­se­hen).

16 Im Hin­blick auf den be­son­de­ren ver­fas­sungs­recht­li­chen Schutz- und För­der­auf­trag des Art. 6 Abs. 1 GG ist die­se Ziel­set­zung als trag­fä­hig an­ge­se­hen wor­den, um die Bes­ser­stel­lung ver­hei­ra­te­ter Be­am­ter zu recht­fer­ti­gen (BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 6. Mai 2008 a.a.O.). Die zu­grun­de lie­gen­de ty­pi­sie­ren­de Be­trach­tungs­wei­se, wo­nach in der Mehr­zahl der ehe­li­chen Haus­hal­te Kin­der auf­wach­sen, ist an­ge­sichts des an­er­kannt wei­ten Spiel­raums des Ge­setz­ge­bers im Be­sol­dungs­recht nicht be­an­stan­det wor­den (vgl. Ur­teil vom 1. Sep­tem­ber 2005 - BVer­wG 2 C 24.04 - Buch­holz 240 § 40 BBesG Nr. 33 Rn. 21).

17 Da­von aus­ge­hend fehlt es in Be­zug auf den Fa­mi­li­en­zu­schlag nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG an der Ver­gleich­bar­keit der Le­bens­ver­hält­nis­se. Ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner­schaf­ten un­ter­schei­den sich tat­säch­lich von Ehen, was Be­treu­ung und Er­zie­hung von Kin­dern und dar­auf zu­rück­zu­füh­ren­de Lü­cken in der Er­werbs­bio­gra­phie an­geht. Ei­ne der­ar­ti­ge Si­tua­ti­on tritt bei Le­bens­part­nern nicht in ei­ner Zahl auf, die ei­ne ge­setz­li­che Ty­pi­sie­rung recht­fer­ti­gen könn­te. Die un­ter­schied­li­che Si­tua­ti­on ist auch nor­ma­tiv nicht ver­gleich­bar, weil der Ge­setz­ge­ber bis zu dem Be­schluss des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 7. Ju­li 2009 - 1 BvR 1164/07 - BVerf­GE 124, 199) an die ty­pi­scher­wei­se un­ter­schied­li­chen Le­bens­ver­hält­nis­se fa­mi­li­en­po­li­ti­sche Leis­tun­gen der För­de­rung der Ehe an­knüp­fen durf­te.

18 Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat in dem Ur­teil vom 17. Ju­li 2002 - 1 BvF 1, 2/01 - (BVerf­GE 105, 313) zur Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit des Le­bens­part­ner­schafts­ge­set­zes in der Fas­sung des Ge­set­zes vom 11. De­zem­ber 2001 (BGBl I S. 3513) aus­ge­führt, dem Ge­setz­ge­ber sei es we­gen des ver­fas­sungs­recht­li­chen Schut­zes der Ehe aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht ver­wehrt, die­se ge­gen­über an­de­ren Le­bens­for­men zu be­güns­ti­gen. Aus der Zu­läs­sig­keit, in Er­fül­lung und Aus­ge­stal­tung des För­der­auf­trags die Ehe ge­gen­über an­de­ren Le­bens­for­men zu pri­vi­le­gie­ren, las­se sich je­doch kein in Art. 6 Abs. 1 GG ent­hal­te­nes Ge­bot her­lei­ten, an­de­re Le­bens­for­men ge­gen­über der Ehe zu be­nach­tei­li­gen (S. 348). Der Se­nat hat die­ser Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts die bin­den­de Aus­sa­ge ent­nom­men, der Ge­setz­ge­ber sei zwar be­rech­tigt, nicht aber ver­fas­sungs­recht­lich ver­pflich­tet, den Fa­mi­li­en­stand der Ein­ge­tra­ge­nen Le­bens­part­ner­schaft der Ehe gleich­zu­stel­len. Viel­mehr kön­ne er die Ehe we­gen der Ge­währ­leis­tung des Art. 6 Abs. 1 GG aus sach­li­chen Grün­den pri­vi­le­gie­ren (Ur­tei­le vom 26. Ja­nu­ar 2006 - BVer­wG 2 C 43.04 - BVer­w­GE 125, 79 Rn. 14). Die­se Be­ur­tei­lung ist in der bun­des­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung ge­teilt wor­den (BVer­wG, Ur­teil vom 25. Ju­li 2007 - BVer­wG 6 C 27.06 - BVer­w­GE 129, 133 Rn. 26; BSG, Ur­teil vom 13. De­zem­ber 2005 - B 4 RA 14/05 R- FamRZ 2006, 620; BGH, Ur­teil vom 14. Fe­bru­ar 2007 - IV ZR 267/04 - NJW-RR 2007, 1441). Sie ist von der für Be­am­ten­recht zu­stän­di­gen Kam­mer des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts be­stä­tigt wor­den (Kam­mer­be­schlüs­se vom 20. Sep­tem­ber 2007 - 2 BvR 855/06 - DVBl 2007, 1431 und vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 1830/06 - NJW 2008/2325).

19 Der Um­stand, dass in Ehen ty­pi­scher­wei­se ein Ehe­part­ner aus Grün­den der Kin­der­be­treu­ung und -er­zie­hung Er­werbs­ein­bu­ßen in Kauf nimmt, kann erst seit dem Be­schluss des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 7. Ju­li 2009, a.a.O., nicht mehr her­an­ge­zo­gen wer­den, um die nor­ma­ti­ve Ver­gleich­bar­keit der Si­tua­ti­on von Ehe­gat­ten und Le­bens­part­nern in Be­zug auf den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG zu ver­nei­nen. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat die bis da­hin ver­tre­te­ne Dif­fe­ren­zie­rung auf­grund der dar­ge­stell­ten ty­pi­sie­ren­den Be­trach­tungs­wei­se ver­wor­fen, weil es nicht in je­der Ehe Kin­der ge­be, nicht je­de Ehe auf Kin­der aus­ge­rich­tet sei und ei­ne Rol­len­ver­tei­lung, bei der ein Ehe­gat­te deut­lich we­ni­ger be­rufs­ori­en­tiert sei, nicht un­ter­stellt wer­den dür­fe. Es ent­spre­che viel­mehr dem Recht der Ehe­gat­ten aus Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 GG, über die Art und Wei­se ih­res ehe­li­chen Zu­sam­men­le­bens in gleich­be­rech­tig­ter Wei­se selbst zu ent­schei­den (BVerfG, Be­schluss vom 7. Ju­li 2009, a.a.O. S. 229 f.). An die­se Aus­sa­ge ist der Se­nat ge­mäß § 31 Abs. 1 BVerf­GG ge­bun­den. Sie ent­zieht der bis­lang an­er­kann­ten Recht­fer­ti­gung für die Un­gleich­be­hand­lung von ver­hei­ra­te­ten und in Ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­part­ner­schaft le­ben­den Be­am­ten bei der Ge­wäh­rung des Fa­mi­li­en­zu­schlags der Stu­fe 1 die Grund­la­ge. Dies gilt aus dem­sel­ben Grund auch im Hin­blick auf Art. 3 Abs. 1 GG. Die un­ter­schied­li­che Be­hand­lung von Ehe und Ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­part­ner­schaft in § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG kann seit dem Be­schluss vom 7. Ju­li 2009, a.a.O., nicht mehr als sach­lich ge­recht­fer­tigt an­ge­se­hen wer­den. Da es nun­mehr an ei­ner trag­fä­hi­gen Recht­fer­ti­gung fehlt, be­fin­den sich die An­ge­hö­ri­gen bei­der Grup­pen auch in Be­zug auf die­se Leis­tung in ei­ner ver­gleich­ba­ren Si­tua­ti­on im Sin­ne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richt­li­nie.

20 Ist die nor­ma­ti­ve Ver­gleich­bar­keit erst durch den Be­schluss des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 7. Ju­li 2009, a.a.O., her­ge­stellt wor­den, so ge­bie­tet Uni­ons­recht ei­ne Ge­wäh­rung des Fa­mi­li­en­zu­schlags nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG erst ab die­sem Zeit­punkt (vgl. auch BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 11. Ju­ni 2010 - 1 BvR 170/06 - DVBl 2010, 1098). Erst ab die­sem Zeit­punkt un­ter­fällt auch die­se Leis­tung dem An­wen­dungs­be­reich der Richt­li­nie 2000/78/EG.

21 Zwar lässt sie nach ih­rem 22. Er­wä­gungs­grund ein­zel­staat­li­che Rechts­vor­schrif­ten über den Fa­mi­li­en­stand und da­von ab­hän­gi­ge Leis­tun­gen un­be­rührt; nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on (Eu­GH) wer­den die in Aus­übung der na­tio­na­len Zu­stän­dig­keit er­gan­ge­nen na­tio­na­len Vor­schrif­ten da­durch je­doch dann nicht dem Gel­tungs­an­spruch der Richt­li­nie 2000/78/EG ent­zo­gen, wenn die Leis­tun­gen Ent­gelt­cha­rak­ter ha­ben (Eu­GH, Ur­teil vom 1. April 2008 - Rs. C-267/06, Ma­ru­ko - NJW 2008, 1649 <1652>; an­ders noch: BVer­wG, Ur­tei­le vom 26. Ja­nu­ar 2006 - BVer­wG 2 C 43.04 - BVer­w­GE 125, 79 <83> und vom 15. No­vem­ber 2007 - BVer­wG 2 C 33.06 - Buch­holz 240 § 40 BBesG Nr. 41 = NJW 2008, 868 <869>). Dies ist hier der Fall, weil der Fa­mi­li­en­zu­schlag ge­mäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BBesG Be­stand­teil der Be­sol­dung und so­mit Ar­beits­ent­gelt im Sin­ne des Art. 3 Abs. 1 Buch­sta­be c Richt­li­nie 2000/78/EG ist.

22 Be­fin­den sich Be­am­te, die in ei­ner ein­ge­tra­ge­nen Le­bens­part­ner­schaft le­ben, in Be­zug auf den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 nun­mehr in ei­ner ver­gleich­ba­ren Si­tua­ti­on wie ver­hei­ra­te­te Be­am­te, so wer­den sie schlech­ter ge­stellt, weil ih­nen der Zu­schlag nicht be­reits auf­grund des Fa­mi­li­en­stan­des ge­währt wird. Die uni­ons­recht­lich ge­bo­te­ne Gleich­stel­lung ver­langt, dass § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG auch auf die in Ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­part­ner­schaft le­ben­den Be­am­ten An­wen­dung fin­det.

23 Die Be­nach­tei­li­gung ge­schieht we­gen der se­xu­el­len Aus­rich­tung, weil die Le­bens­part­ner­schaft von Per­so­nen glei­chen Ge­schlechts ein­ge­gan­gen wird, wäh­rend die Ehe Per­so­nen un­ter­schied­li­chen Ge­schlechts vor­be­hal­ten bleibt. Die Wahl des Fa­mi­li­en­stan­des ent­spricht in der Re­gel der se­xu­el­len Aus­rich­tung der Part­ner (vgl. auch Ur­tei­le vom 28. Ok­to­ber 2010 - BVer­wG 2 C 47.09 , BVer­wG 2 C 52.09 , BVer­wG 2 C 56.09 - je­weils zur Ver­öf­fent­li­chung in der Ent­schei­dungs­samm­lung Buch­holz vor­ge­se­hen).

24 Der Klä­ger kann sich auf die Richt­li­nie 2000/78/EG auch un­mit­tel­bar be­ru­fen.

25 Nach Art. 288 Abs. 3 AEUV ist ei­ne Richt­li­nie für je­den Mit­glieds­staat, an den sie ge­rich­tet wird, hin­sicht­lich des zu er­rei­chen­den Ziels ver­bind­lich, über­lässt je­doch den in­ner­staat­li­chen Stel­len die Wahl der Form und der Mit­tel. Der Mit­glieds­staat hat bei der Um­set­zung von Richt­li­ni­en in rechts­tech­ni­scher Hin­sicht da­her zwar ei­ne ge­wis­se Wahl­frei­heit, er muss je­doch si­cher­stel­len, dass die voll­stän­di­ge und wir­kungs­vol­le An­wen­dung der Richt­li­nie in hin­rei­chend kla­rer und be­stimm­ter Wei­se ge­währ­leis­tet ist. So­weit die Richt­li­nie An­sprü­che des Ein­zel­nen be­grün­den soll, muss ins­be­son­de­re er­reicht wer­den, dass die Be­güns­tig­ten in der La­ge sind, von ih­ren Rech­ten Kennt­nis zu er­lan­gen und die­se vor den na­tio­na­len Ge­rich­ten gel­tend zu ma­chen (Eu­GH, Ur­teil vom 13. De­zem­ber 2007 - Rs. C-418/04 - Slg. 2007, I-10947 Rn. 157 f.). Rechts­vor­schrif­ten, die der Richt­li­nie ent­ge­gen­ste­hen, müs­sen da­her auf­ge­ho­ben oder ge­än­dert wer­den. An­dern­falls muss auf an­de­re ge­eig­ne­te Wei­se und für die Be­güns­tig­ten er­kenn­bar er­reicht wer­den, dass die sich aus der Richt­li­nie er­ge­ben­de Rechts­la­ge Be­stand­teil der Rechts­ord­nung des Mit­glieds­staats wird.

26 We­der mit dem Ge­setz zur Um­set­zung eu­ro­päi­scher Richt­li­ni­en zur Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Gleich­be­hand­lung vom 14. Au­gust 2006 (BGBl I S. 1897) noch mit spä­te­ren Än­de­run­gen hat der na­tio­na­le Ge­setz­ge­ber die Gleich­stel­lung von ver­hei­ra­te­ten und ver­part­ner­ten Be­am­ten beim Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 vor­ge­nom­men. Ins­be­son­de­re aus dem All­ge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­ge­setz folgt kein selb­stän­di­ger Leis­tungs­an­spruch die­ser Art. Die in ihm vor­ge­se­he­ne Ge­wäh­rung von Se­kun­där­an­sprü­chen - in Ge­stalt von Ent­schä­di­gungs- und Scha­dens­er­satz­an­sprü­chen - hat nicht zur voll­stän­di­gen Um­set­zung der Richt­li­nie 2000/78/EG ge­führt.

27 Nach der Recht­spre­chung des Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hofs kann sich der Ein­zel­ne vor den Ge­rich­ten der Mit­glied­staa­ten auf in­halt­lich un­be­ding­te und hin­rei­chend ge­naue Re­ge­lun­gen ei­ner Richt­li­nie be­ru­fen, wenn der Mit­glieds­staat die Richt­li­nie bis zum Ab­lauf ei­ner Um­set­zungs­frist nicht oder nur un­zu­läng­lich in das na­tio­na­le Recht um­ge­setzt hat. Um­set­zungs­maß­nah­men müs­sen die voll­stän­di­ge An­wen­dung der Richt­li­nie ge­währ­leis­ten (Eu­GH, Ur­teil vom 11. Ju­li 2002 - Rs. C-62/00, Marks und Spen­cer - Slg. 2002, I-6325 Rn. 23 f.). Ei­ne Re­ge­lung des Uni­ons­rechts ist un­be­dingt, wenn sie ei­ne Ver­pflich­tung be­grün­det und ih­re An­wen­dung nicht von wei­te­ren Maß­nah­men der Mit­glieds­staa­ten oder der Uni­ons­or­ga­ne ab­hängt (vgl. Ur­teil vom 25. No­vem­ber 2004 - BVer­wG 2 C 49.03 - BVer­w­GE 122, 244 <246>). Sie ist hin­rei­chend ge­nau, wenn sie die Ver­pflich­tung ge­gen­über dem Ein­zel­nen un­miss­ver­ständ­lich fest­legt (Eu­GH, Ur­teil vom 1. Ju­li 2010 - Rs. C-194/08, Gas­smayr - Eu­GRZ 2010, 296).

28 Aus Art. 16 Buchst. a der Richt­li­nie 2000/78/EG er­gibt sich die Ver­pflich­tung der Mit­glied­staa­ten, al­le dem uni­ons­recht­li­chen Ge­bot der Gleich­be­hand­lung zu­wi­der lau­fen­den Rechts­vor­schrif­ten auf­zu­he­ben oder zu än­dern. An die­ser Um­set­zung fehlt es in Be­zug auf den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 seit Ju­li 2009. Die un­voll­stän­di­ge Um­set­zung die­ser Richt­li­nie hat zur Fol­ge, dass die hier ma­ß­geb­li­chen Re­ge­lun­gen der Art. 1 bis 3 der Richt­li­nie 2000/78/EG für die Ge­wäh­rung des Fa­mi­li­en­zu­schlags der Stu­fe 1 un­mit­tel­bar An­wen­dung fin­den, weil nur auf die­se Wei­se dem Recht, das dem Klä­ger seit Ju­li 2009 aus dem Ge­mein­schafts­recht er­wächst, die vol­le Wirk­sam­keit ver­schafft wer­den kann (Eu­GH, Ur­teil vom 21. Ju­ni 2007 - Rs. C-231/96, Jon­k­mann u.a. - EuZW 2007, 643 Rn. 41). Die­se uni­ons­recht­li­chen Re­ge­lun­gen sind ge­eig­net, un­mit­tel­ba­re Rechts­wir­kun­gen zu ent­fal­ten, weil sie in­halt­lich un­be­dingt und hin­rei­chend ge­nau sind. Der Be­klag­te hat da­her auch Be­am­ten, die in ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­ge­mein­schaft le­ben, bei Vor­lie­gen der wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG seit Ju­li 2009 den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 zu ge­wäh­ren.

29 Der be­sol­dungs­recht­li­che Ge­set­zes­vor­be­halt nach § 2 Abs. 1 BBesG (vgl. Be­schluss vom 26. Ja­nu­ar 2010 - BVer­wG 2 B 56.09 - ju­ris Rn. 7) steht dem auch nicht ent­ge­gen (Ur­teil vom 25. März 2010 - BVer­wG 2 C 72.08 - zur Ver­öf­fent­li­chung in der Ent­schei­dungs­samm­lung Buch­holz vor­ge­se­hen). Er nimmt nicht teil an den Ver­fas­sungs­grund­sät­zen, die den An­wen­dungs­vor­rang des Uni­ons­rechts in Fra­ge stel­len könn­ten (vgl. BVerfG, Ur­teil vom 30. Ju­ni 2009 - 2 BvE 2/08 u.a. - BVerf­GE 123, 267 <353 ff.> so­wie Be­schluss vom 6. Ju­li 2010 - 2 BvR 2661/06 - DVBl 2010, 1229 <1230 ff.>).

30 Ei­ne Vor­la­ge an den Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on nach Art. 267 AEUV ist nicht ge­bo­ten, weil der Rechts­streit kei­ne klä­rungs­be­dürf­ti­gen Fra­gen des Uni­ons­rechts auf­wirft, die noch nicht Ge­gen­stand ei­ner Aus­le­gung durch den Ge­richts­hof wa­ren (Eu­GH, Ur­teil vom 6. Ok­to­ber 1982 - Rs. C-283/81 -, Cil­fit u.a. - Slg. 1982, S. 3415).

31 3. So­weit strei­tig zu ent­schei­den war, folgt die Kos­ten­ent­schei­dung aus § 155 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO.

Ur­teil vom 28.10.2010 -
BVer­wG 2 C 21.09ECLI:DE:BVer­wG:2010:281010U2C21.09.0

Ur­teil

BVer­wG 2 C 21.09

  • VGH Ba­den-Würt­tem­berg - 10.09.2008 - AZ: VGH 4 S 1533/05

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 2. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 28. Ok­to­ber 2010
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Her­bert,
den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Heitz,
die Rich­te­rin am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Thom­sen und
die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Bur­meis­ter und Dr. Har­tung
für Recht er­kannt:

  1. Die Be­klag­te wird ver­pflich­tet, dem Klä­ger den Zu­schlag der Stu­fe 1 nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG ab 1. Ju­li 2009 zu ge­wäh­ren. Der Be­schluss des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs Ba­den-Würt­tem­berg vom 10. Sep­tem­ber 2008, das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Frei­burg vom 16. Ju­ni 2005 so­wie der Be­scheid der Be­klag­ten vom 25. Fe­bru­ar 2004 in der Ge­stalt des Wi­der­spruchs­be­scheids vom 10. No­vem­ber 2004 wer­den auf­ge­ho­ben, so­weit sie die­ser Ver­pflich­tung ent­ge­gen­ste­hen.
  2. Im Üb­ri­gen wird die Re­vi­si­on des Klä­gers zu­rück­ge­wie­sen.
  3. Der Klä­ger und die Be­klag­te tra­gen die Kos­ten des Ver­fah­rens in al­len Rechts­zü­gen je­weils zur Hälf­te.

Grün­de

I

1 Der Klä­ger steht als Be­am­ter im Dienst der Be­klag­ten. Im Ok­to­ber 2001 be­grün­de­te er ei­ne Le­bens­part­ner­schaft mit ei­nem Mann, der Va­ter von zwei im Ok­to­ber 2004 und Ju­li 2010 ge­bo­re­nen Kin­dern ist, für die er die el­ter­li­che Mit­sor­ge trägt. Der Le­bens­mit­tel­punkt der Kin­der ist bei der Mut­ter.

2 Den im No­vem­ber 2003 ge­stell­ten An­trag des Klä­gers auf Ge­wäh­rung des Fa­mi­li­en­zu­schlags der Stu­fe 1 lehn­te die Be­klag­te mit der Be­grün­dung ab, die ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner­schaft stel­le kei­ne Ehe im Sin­ne des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG dar. Den da­ge­gen er­ho­be­nen Wi­der­spruch wies sie zu­rück. Kla­ge und Be­ru­fung blie­ben oh­ne Er­folg. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat zur Be­grün­dung im We­sent­li­chen aus­ge­führt:

3 Ein An­spruch auf den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 er­ge­be sich we­der aus Art. 3 Abs. 1 GG noch aus Art. 33 Abs. 5 GG; auch die Richt­li­nie 2000/78/EG füh­re zu kei­nem an­de­ren Er­geb­nis. Le­bens­part­ner sei­en nach dem Wort­laut des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG nicht an­spruchs­be­rech­tigt. Für ei­ne ana­lo­ge An­wen­dung feh­le es an ei­ner plan­wid­ri­gen Re­ge­lungs­lü­cke. Der ver­fas­sungs­recht­li­che För­der­auf­trag aus Art. 6 Abs. 1 GG be­rech­ti­ge den Ge­setz­ge­ber, die Ehe ge­gen­über an­de­ren Le­bens­for­men zu be­güns­ti­gen. Die Un­ter­schei­dung sei auch im Hin­blick auf die tat­säch­li­chen Le­bens­ver­hält­nis­se und ih­re recht­li­che Aus­ge­stal­tung nicht un­ver­hält­nis­mä­ßig, weil auch un­ver­hei­ra­te­te Be­am­te den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 un­ter den Vor­aus­set­zun­gen des § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG er­hiel­ten. Die Re­ge­lung ver­sto­ße eben­so we­nig ge­gen die Richt­li­nie 2000/78/EG. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ha­be mit Be­schluss vom 6. Mai 2008 ent­schie­den, dass im deut­schen Recht ei­ne recht­li­che Gleich­stel­lung von ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­part­ner­schaft und Ehe we­der all­ge­mein noch spe­zi­ell im öf­fent­li­chen Dienst­recht be­stehe. § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG be­rück­sich­ti­ge den in der Le­bens­wirk­lich­keit an­zu­tref­fen­den ty­pi­schen Be­fund, dass in der Ehe an­ders als bei Le­bens­part­ner­schaf­ten ein Ehe­gat­te na­ment­lich we­gen der Auf­ga­be der Kin­der­er­zie­hung und hier­durch be­ding­ter Er­werbs­ein­schrän­kun­gen tat­säch­lich Un­ter­halt vom Ehe­gat­ten er­hal­te und so ein er­wei­ter­ter Ali­men­ta­ti­ons­be­darf ent­ste­he.

4 Dem tritt der Klä­ger mit der Re­vi­si­on ent­ge­gen. Die Aus­le­gung des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG ver­sto­ße ge­gen die Richt­li­nie 2000/78/EG.

5 Der Klä­ger hält sei­ne Be­set­zungs­rü­gen auf­recht und be­an­tragt,
den Be­schluss des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs Ba­den-Würt­tem­berg vom 10. Sep­tem­ber 2008 so­wie das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Frei­burg vom 16. Ju­ni 2005 auf­zu­he­ben so­wie die Be­klag­te un­ter Auf­he­bung ih­res Be­scheids vom 25. Fe­bru­ar 2004 in der Ge­stalt des Wi­der­spruchs­be­scheids vom 10. No­vem­ber 2004 zu ver­pflich­ten, dem Klä­ger ab dem 2. De­zem­ber 2003 den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 zu ge­wäh­ren.

6 Die Be­klag­te be­an­tragt,
die Re­vi­si­on zu­rück­zu­wei­sen.

7 Sie ver­tei­digt das Be­ru­fungs­ur­teil.

II

8 Der Se­nat ist zur Ent­schei­dung der Sa­che be­fugt. Die ge­gen des­sen vor-schrifts­ge­mä­ße Be­set­zung vom Klä­ger er­ho­be­nen Be­den­ken teilt er aus den in den Se­nats­be­schlüs­sen vom 18. Mai 2010, 13. Ju­li 2010 und 5. Ok­to­ber 2010 be­reits dar­ge­leg­ten Grün­den nicht.

9 Für den Zeit­raum vom 2. De­zem­ber 2003 bis zum 30. Ju­ni 2009 ist die zu­läs­si­ge Re­vi­si­on zu­rück­zu­wei­sen, im Üb­ri­gen ist sie be­grün­det.

10 Dem Klä­ger steht der Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG erst ab dem 1. Ju­li 2009 zu, um den An­wen­dungs­vor­rang des Uni­ons­rechts, hier der Richt­li­nie 2000/78/EG des Ra­tes vom 27. No­vem­ber 2000 zur Fest­le­gung ei­nes all­ge­mei­nen Rah­mens für die Ver­wirk­li­chung der Gleich­be­hand­lung in Be­schäf­ti­gung und Be­ruf (ABl L 303 vom 2. De­zem­ber 2000, S. 16) - Richt­li­nie 2000/78/EG - si­cher­zu­stel­len.

11 Für den da­vor lie­gen­den Zeit­raum stellt die un­ter­schied­li­che Be­hand­lung von ver­hei­ra­te­ten Be­am­ten und Be­am­ten in ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­part­ner­schaft in Be­zug auf den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 kei­ne un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung der Le­bens­part­ner dar.

12 Nach ih­rem Art. 1 be­zweckt die Richt­li­nie 2000/78/EG, be­stimm­te Ar­ten der Dis­kri­mi­nie­rung in Be­schäf­ti­gung und Be­ruf, zu de­nen auch die Dis­kri­mi­nie­rung we­gen der se­xu­el­len Aus­rich­tung ge­hört, im Hin­blick auf die Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Gleich­be­hand­lung in den Mit­glied­staa­ten zu be­kämp­fen. Nach Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richt­li­nie liegt ei­ne un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung vor, wenn ei­ne Per­son we­gen ei­nes der in Art. 1 ge­nann­ten Grün­de in ei­ner ver­gleich­ba­ren Si­tua­ti­on ei­ne we­ni­ger güns­ti­ge Be­hand­lung er­fährt als ei­ne an­de­re Per­son. Ei­ne un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung setzt ei­ne ver­gleich­ba­re Si­tua­ti­on vor­aus. Un­ter­schied­li­che, weil nicht ver­gleich­ba­re Si­tua­tio­nen wer­den vom An­wen­dungs­be­reich des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a, Art. 1 der Richt­li­nie nicht er­fasst.

13 Nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on - Eu­GH - ist es Sa­che der Ge­rich­te der Mit­glied­staa­ten, die Ver­gleich­bar­keit zu be­ur­tei­len. Da­bei ha­ben sie den kon­kre­ten recht­li­chen Kon­text, aus dem sich die Un­gleich­be­hand­lung er­gibt, als Ver­gleichs­maß­stab zu­grun­de zu le­gen (Eu­GH, Ur­teil vom 1. April 2008 - Rs. C-267/06 - NJW 2008, 1649 <1653> -Ma­ru­ko-).

14 Da­nach kommt es hier auf die nor­ma­ti­ve Ver­gleich­bar­keit der Si­tua­tio­nen ver­hei­ra­te­ter und in Le­bens­part­ner­schaft le­ben­der Be­am­ter in Be­zug auf den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 an. Wäh­rend den ver­hei­ra­te­ten Be­am­ten die­se Leis­tung nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG schon we­gen des Fa­mi­li­en­stan­des der Ehe oh­ne wei­te­re Vor­aus­set­zun­gen zu­steht, kön­nen die Be­am­ten, die ei­ne Ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner­schaft ein­ge­gan­gen sind, den Zu­schlag nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG nur be­an­spru­chen, wenn sie dem Le­bens­part­ner Un­ter­halt ge­wäh­ren und des­sen Ein­kom­men ei­ne be­stimm­te Hö­he nicht über­schrei­tet. Der Bun­des­ge­setz­ge­ber hat in die­sem Be­reich von ei­ner Gleich­stel­lung be­wusst ab­ge­se­hen (BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 1830/06 - NJW 2008, 2325 <2326>; BVer­wG, Ur­teil vom 26. Ja­nu­ar 2006 - BVer­wG 2 C 43.04 - BVer­w­GE 125, 79 Rn. 10 f.).

15 Die aus­drück­lich an die Ehe an­knüp­fen­de Re­ge­lung des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG be­sitzt in ers­ter Li­nie ei­ne so­zia­le, näm­lich fa­mi­li­en­be­zo­ge­ne Aus­gleichs­funk­ti­on. Sie trägt dem in der Le­bens­wirk­lich­keit ty­pi­scher­wei­se an­zu­tref­fen­den Be­fund Rech­nung, dass ein Ehe­gat­te zu­guns­ten der Be­treu­ung und Er­zie­hung ge­mein­sa­mer Kin­der Ein­schrän­kun­gen bei der ei­ge­nen Er­werbs­tä­tig­keit hin­nimmt und so ein er­wei­ter­ter Ali­men­ta­ti­ons­be­darf ent­steht (BVerfG, Be­schluss vom 15. Ok­to­ber 1985 - 2 BvL 4/83 - BVerf­GE 71, 39 <62>; Kam­mer­be­schluss vom 6. Mai 2008 a.a.O. S. 2327; BVer­wG, Ur­teil vom 29. Sep­tem­ber 2005 - BVer­wG 2 C 44.04 - BVer­w­GE 125, 227 <229>). Durch den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG will der Ge­setz­ge­ber Ehen auch im Hin­blick auf dar­aus her­vor­ge­hen­de Kin­der för­dern. Der Re­ge­lung liegt ei­ne fa­mi­li­en­po­li­ti­sche, auf den Fa­mi­li­en­stand der Ehe zu­ge­schnit­te­ne Ziel­set­zung zu­grun­de. Dies un­ter­schei­det die Leis­tung von an­de­ren Be­sol­dungs­leis­tun­gen wie dem Aus­lands­zu­schlag, aber auch von Bei­hil­fe­leis­tun­gen, Leis­tun­gen der Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung und Auf­wands­ent­schä­di­gun­gen (vgl. Ur­tei­le vom 28. Ok­to­ber 2010 - BVer­wG 2 C 47. 09, BVer­wG 2 C 52.09 , BVer­wG 2 C 56.09 - und Be­schluss vom 28. Ok­to­ber 2010 - BVer­wG 2 C 53.09 -, je­weils zur Ver­öf­fent­li­chung in der Ent­schei­dungs­samm­lung Buch­holz vor­ge­se­hen).

16 Im Hin­blick auf den be­son­de­ren ver­fas­sungs­recht­li­chen Schutz- und För­der­auf­trag des Art. 6 Abs. 1 GG ist die­se Ziel­set­zung als trag­fä­hig an­ge­se­hen wor­den, um die Bes­ser­stel­lung ver­hei­ra­te­ter Be­am­ter zu recht­fer­ti­gen (BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 6. Mai 2008 a.a.O.). Die zu­grun­de lie­gen­de ty­pi­sie­ren­de Be­trach­tungs­wei­se, wo­nach in der Mehr­zahl der ehe­li­chen Haus­hal­te Kin­der auf­wach­sen, ist an­ge­sichts des an­er­kannt wei­ten Spiel­raums des Ge­setz­ge­bers im Be­sol­dungs­recht nicht be­an­stan­det wor­den (vgl. Ur­teil vom 1. Sep­tem­ber 2005 - BVer­wG 2 C 24.04 - Buch­holz 240 § 40 BBesG Nr. 33 Rn. 21).

17 Da­von aus­ge­hend fehlt es in Be­zug auf den Fa­mi­li­en­zu­schlag nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG an der Ver­gleich­bar­keit der Le­bens­ver­hält­nis­se. Ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner­schaf­ten un­ter­schei­den sich tat­säch­lich von Ehen, was Be­treu­ung und Er­zie­hung von Kin­dern und dar­auf zu­rück­zu­füh­ren­de Lü­cken in der Er­werbs­bio­gra­phie an­geht. Ei­ne der­ar­ti­ge Si­tua­ti­on tritt bei Le­bens­part­nern nicht in ei­ner Zahl auf, die ei­ne ge­setz­li­che Ty­pi­sie­rung recht­fer­ti­gen könn­te. Die un­ter­schied­li­che Si­tua­ti­on ist auch nor­ma­tiv nicht ver­gleich­bar, weil der Ge­setz­ge­ber bis zu dem Be­schluss des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 7. Ju­li 2009 - 1 BvR 1164/07 - (BVerf­GE 124, 199) an die ty­pi­scher­wei­se un­ter­schied­li­chen Le­bens­ver­hält­nis­se fa­mi­li­en­po­li­ti­sche Leis­tun­gen zur För­de­rung der Ehe an­knüp­fen durf­te.

18 Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat in dem Ur­teil vom 17. Ju­li 2002 - 1 BvF 1, 2/01 - (BVerf­GE 105, 313) zur Ver­fas­sungs­mä­ßig­keit des Le­bens­part­ner­schafts­ge­set­zes in der Fas­sung des Ge­set­zes vom 11. De­zem­ber 2001 (BGBl I S. 3513) aus­ge­führt, dem Ge­setz­ge­ber sei es we­gen des ver­fas­sungs­recht­li­chen Schut­zes der Ehe aus Art. 6 Abs. 1 GG nicht ver­wehrt, die­se ge­gen­über an­de­ren Le­bens­for­men zu be­güns­ti­gen. Aus der Zu­läs­sig­keit, in Er­fül­lung und Aus­ge­stal­tung des För­der­auf­trags die Ehe ge­gen­über an­de­ren Le­bens­for­men zu pri­vi­le­gie­ren, las­se sich je­doch kein in Art. 6 Abs. 1 GG ent­hal­te­nes Ge­bot her­lei­ten, an­de­re Le­bens­for­men ge­gen­über der Ehe zu be­nach­tei­li­gen (S. 348). Der Se­nat hat die­ser Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts die bin­den­de Aus­sa­ge ent­nom­men, der Ge­setz­ge­ber sei zwar be­rech­tigt, nicht aber ver­fas­sungs­recht­lich ver­pflich­tet, den Fa­mi­li­en­stand der Ein­ge­tra­ge­nen Le­bens­part­ner­schaft der Ehe gleich­zu­stel­len. Viel­mehr kön­ne er die Ehe we­gen der Ge­währ­leis­tung des Art. 6 Abs. 1 GG aus sach­li­chen Grün­den pri­vi­le­gie­ren (Ur­tei­le vom 26. Ja­nu­ar 2006 - BVer­wG 2 C 43.04 - BVer­w­GE 125, 79 Rn. 14). Die­se Be­ur­tei­lung ist in der bun­des­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung ge­teilt wor­den (BVer­wG, Ur­teil vom 25. Ju­li 2007 - BVer­wG 6 C 27.06 - BVer­w­GE 129, 133 Rn. 26; BSG, Ur­teil vom 13. De­zem­ber 2005 - B 4 RA 14/05 R - FamRZ 2006, 620; BGH, Ur­teil vom 14. Fe­bru­ar 2007 - IV ZR 267/04 - NJW-RR 2007, 1441). Sie ist von der für Be­am­ten­recht zu­stän­di­gen Kam­mer des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts be­stä­tigt wor­den (Kam­mer­be­schlüs­se vom 20. Sep­tem­ber 2007 - 2 BvR 855/06 - DVBl 2007, 1431 und vom 6. Mai 2008 - 2 BvR 1830/06 - NJW 2008, 2325).

19 Der Um­stand, dass in Ehen ty­pi­scher­wei­se ein Ehe­part­ner aus Grün­den der Kin­der­be­treu­ung und -er­zie­hung Er­werbs­ein­bu­ßen in Kauf nimmt, kann erst seit dem Be­schluss des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 7. Ju­li 2009 (a.a.O.) nicht mehr her­an­ge­zo­gen wer­den, um die nor­ma­ti­ve Ver­gleich­bar­keit der Si­tua­ti­on von Ehe­gat­ten und Le­bens­part­nern in Be­zug auf den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG zu ver­nei­nen. Das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt hat die bis da­hin ver­tre­te­ne Dif­fe­ren­zie­rung auf­grund der dar­ge­stell­ten ty­pi­sie­ren­den Be­trach­tungs­wei­se ver­wor­fen, weil es nicht in je­der Ehe Kin­der ge­be, nicht je­de Ehe auf Kin­der aus­ge­rich­tet sei und ei­ne Rol­len­ver­tei­lung, bei der ein Ehe­gat­te deut­lich we­ni­ger be­rufs­ori­en­tiert sei, nicht un­ter­stellt wer­den dür­fe. Es ent­spre­che viel­mehr dem Recht der Ehe­gat­ten aus Art. 6 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 GG, über die Art und Wei­se ih­res ehe­li­chen Zu­sam­men­le­bens in gleich­be­rech­tig­ter Wei­se selbst zu ent­schei­den (BVerfG, Be­schluss vom 7. Ju­li 2009, a.a.O., S. 229 f.). An die­se Aus­sa­ge ist der Se­nat ge­mäß § 31 Abs. 1 BVerf­GG ge­bun­den. Sie ent­zieht der bis­lang an­er­kann­ten Recht­fer­ti­gung für die Un­gleich­be­hand­lung von ver­hei­ra­te­ten und in Ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­part­ner­schaft le­ben­den Be­am­ten bei der Ge­wäh­rung des Fa­mi­li­en­zu­schlags der Stu­fe 1 die Grund­la­ge. Dies gilt aus dem­sel­ben Grund auch im Hin­blick auf Art. 3 Abs. 1 GG. Die un­ter­schied­li­che Be­hand­lung von Ehe und ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­part­ner­schaft in § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG kann seit dem Be­schluss vom 7. Ju­li 2009 (a.a.O.) nicht mehr als sach­lich ge­recht­fer­tigt an­ge­se­hen wer­den. Da es nun­mehr an ei­ner trag­fä­hi­gen Recht­fer­ti­gung fehlt, be­fin­den sich die An­ge­hö­ri­gen bei­der Grup­pen auch in Be­zug auf die­se Leis­tung in ei­ner ver­gleich­ba­ren Si­tua­ti­on im Sin­ne des Art. 2 Abs. 2 Buchst. a der Richt­li­nie.

20 Ist die nor­ma­ti­ve Ver­gleich­bar­keit erst durch den Be­schluss des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 7. Ju­li 2009 (a.a.O.) her­ge­stellt wor­den, so ge­bie­tet Uni­ons­recht ei­ne Ge­wäh­rung des Fa­mi­li­en­zu­schlags nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG erst ab die­sem Zeit­punkt (vgl. auch BVerfG, Kam­mer­be­schluss vom 11. Ju­ni 2010 - 1 BvR 170/06 - DVBl 2010, 1098). Erst ab die­sem Zeit­punkt un­ter­fällt auch die­se Leis­tung dem An­wen­dungs­be­reich der Richt­li­nie 2000/78/EG.

21 Zwar lässt die Richt­li­nie 2000/78/EG nach ih­rem 22. Er­wä­gungs­grund ein­zel­staat­li­che Rechts­vor­schrif­ten über den Fa­mi­li­en­stand und da­von ab­hän­gi­ge Leis­tun­gen un­be­rührt; nach der Recht­spre­chung des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on (Eu­GH) wer­den die in Aus­übung der na­tio­na­len Zu­stän­dig­keit er­gan­ge­nen na­tio­na­len Vor­schrif­ten da­durch je­doch dann nicht dem Gel­tungs­an­spruch der Richt­li­nie 2000/78/EG ent­zo­gen, wenn die Leis­tun­gen Ent­gelt­cha­rak­ter ha­ben (Eu­GH, Ur­teil vom 1. April 2008 - Rs. C-267/06, Ma­ru­ko - NJW 2008, 1649 <1652>; an­ders noch: BVer­wG, Ur­tei­le vom 26. Ja­nu­ar 2006 - BVer­wG 2 C 43.04 - BVer­w­GE 125, 79 <83> und vom 15. No­vem­ber 2007 - BVer­wG 2 C 33.06 - Buch­holz 240 § 40 BBesG Nr. 41 = NJW 2008, 868 <869>). Dies ist hier der Fall, weil der Fa­mi­li­en­zu­schlag ge­mäß § 1 Abs. 2 Nr. 3 BBesG Be­stand­teil der Be­sol­dung und so­mit Ar­beits­ent­gelt im Sin­ne des Art. 3 Abs. 1 Buchst. c Richt­li­nie 2000/78/EG ist.

22 Be­fin­den sich Be­am­te, die in ei­ner ein­ge­tra­ge­nen Le­bens­part­ner­schaft le­ben, in Be­zug auf den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 nun­mehr in ei­ner ver­gleich­ba­ren Si­tua­ti­on wie ver­hei­ra­te­te Be­am­te, so wer­den sie schlech­ter ge­stellt, weil ih­nen der Zu­schlag nicht be­reits auf­grund des Fa­mi­li­en­stan­des ge­währt wird. Die uni­ons­recht­li­che ge­bo­te­ne Gleich­stel­lung ver­langt, dass § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG auch auf die in ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­part­ner­schaft le­ben­den Be­am­ten An­wen­dung fin­det.

23 Die Be­nach­tei­li­gung ge­schieht we­gen der se­xu­el­len Aus­rich­tung, weil die Le­bens­part­ner­schaft von Per­so­nen glei­chen Ge­schlechts ein­ge­gan­gen wird, wäh­rend die Ehe Per­so­nen un­ter­schied­li­chen Ge­schlechts vor­be­hal­ten bleibt. Die Wahl des Fa­mi­li­en­stan­des ent­spricht in der Re­gel der se­xu­el­len Aus­rich­tung der Part­ner (vgl. auch Ur­tei­le vom 28. Ok­to­ber 2010 - BVer­wG 2 C 47.09 , BVer­wG 2 C 52.09 , BVer­wG 2 C 56.09 -, je­weils zur Ver­öf­fent­li­chung in der Ent­schei­dungs­samm­lung Buch­holz vor­ge­se­hen).

24 Der Klä­ger kann sich auf die Richt­li­nie 2000/78/EG auch un­mit­tel­bar be­ru­fen.

25 Nach Art. 288 Abs. 3 AEUV ist ei­ne Richt­li­nie für je­den Mit­glieds­staat, an den sie ge­rich­tet wird, hin­sicht­lich des zu er­rei­chen­den Ziels ver­bind­lich, über­lässt je­doch den in­ner­staat­li­chen Stel­len die Wahl der Form und der Mit­tel. Der Mit­glieds­staat hat bei der Um­set­zung von Richt­li­ni­en in rechts­tech­ni­scher Hin­sicht da­her zwar ei­ne ge­wis­se Wahl­frei­heit, er muss je­doch si­cher­stel­len, dass die voll­stän­di­ge und wir­kungs­vol­le An­wen­dung der Richt­li­nie in hin­rei­chend kla­rer und be­stimm­ter Wei­se ge­währ­leis­tet ist. So­weit die Richt­li­nie An­sprü­che des Ein­zel­nen be­grün­den soll, muss ins­be­son­de­re er­reicht wer­den, dass die Be­güns­tig­ten in der La­ge sind, von ih­ren Rech­ten Kennt­nis zu er­lan­gen und die­se vor den na­tio­na­len Ge­rich­ten gel­tend zu ma­chen (Eu­GH, Ur­teil vom 13. De-zem­ber 2007 - Rs. C-418/04 - Slg. 2007, I-10947 Rn. 157 f.). Rechts­vor­schrif­ten, die der Richt­li­nie ent­ge­gen­ste­hen, müs­sen da­her auf­ge­ho­ben oder ge­än­dert wer­den. An­dern­falls muss auf an­de­re ge­eig­ne­te Wei­se und für die Be­güns­tig­ten er­kenn­bar er­reicht wer­den, dass die sich aus der Richt­li­nie er­ge­ben­de Rechts­la­ge Be­stand­teil der Rechts­ord­nung des Mit­glieds­staats wird.

26 We­der mit dem Ge­setz zur Um­set­zung eu­ro­päi­scher Richt­li­ni­en zur Ver­wirk­li­chung des Grund­sat­zes der Gleich­be­hand­lung vom 14. Au­gust 2006 (BGBl I S. 1897) noch mit spä­te­ren Än­de­run­gen hat der na­tio­na­le Ge­setz­ge­ber die Gleich­stel­lung von ver­hei­ra­te­ten und ver­part­ner­ten Be­am­ten beim Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 vor­ge­nom­men. Ins­be­son­de­re aus dem All­ge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­ge­setz folgt kein selbst­stän­di­ger Leis­tungs­an­spruch die­ser Art.

27 Nach der Recht­spre­chung des Eu­ro­päi­schen Ge­richts­hofs kann sich der Ein­zel­ne vor den Ge­rich­ten der Mit­glied­staa­ten auf in­halt­lich un­be­ding­te und hin­rei­chend ge­naue Re­ge­lun­gen ei­ner Richt­li­nie be­ru­fen, wenn der Mit­glieds­staat die Richt­li­nie bis zum Ab­lauf ei­ner Um­set­zungs­frist nicht oder nur un­zu­läng­lich in das na­tio­na­le Recht um­ge­setzt hat. Um­set­zungs­maß­nah­men müs­sen die voll­stän­di­ge An­wen­dung der Richt­li­nie ge­währ­leis­ten (Eu­GH, Ur­teil vom 11. Ju­li 2002 - Rs. C-62/00, Marks und Spen­cer - Slg. 2002, I - 6325 Rn. 23 f.). Ei­ne Re­ge­lung des Uni­ons­rechts ist un­be­dingt, wenn sie ei­ne Ver­pflich­tung be­grün­det und ih­re An­wen­dung nicht von wei­te­ren Maß­nah­men der Mit­glieds­staa­ten oder der Uni­ons­or­ga­ne ab­hängt (vgl. Ur­teil vom 25. No­vem­ber 2004 - BVer­wG 2 C 49.03 - BVer­w­GE 122, 244 <246>). Sie ist hin­rei­chend ge­nau, wenn sie die Ver­pflich­tung ge­gen­über dem Ein­zel­nen un­miss­ver­ständ­lich fest­legt (Eu­GH, Ur­teil vom 1. Ju­li 2010 - Rs. C-194/08, Gas­smayr - Eu­GRZ 2010, <296>).

28 Aus Art. 16 Buchst. a der Richt­li­nie 2000/78/EG er­gibt sich die Ver­pflich­tung der Mit­glied­staa­ten, al­le dem uni­ons­recht­li­chen Ge­bot der Gleich­be­hand­lung zu­wi­der lau­fen­den Rechts­vor­schrif­ten auf­zu­he­ben oder zu än­dern. An die­ser Um­set­zung fehlt es in Be­zug auf den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 seit Ju­li 2009. Die un­voll­stän­di­ge Um­set­zung die­ser Richt­li­nie hat zur Fol­ge, dass die hier ma­ß­geb­li­chen Re­ge­lun­gen der Art. 1 bis 3 der Richt­li­nie 2000/78/EG für die Ge­wäh­rung des Fa­mi­li­en­zu­schlags der Stu­fe 1 un­mit­tel­bar An­wen­dung fin­den, weil nur auf die­se Wei­se dem Recht, das dem Klä­ger aus dem Ge­mein­schafts­recht er­wächst, die vol­le Wirk­sam­keit ver­schafft wer­den kann (Eu­GH, Ur­teil vom 21. Ju­ni 2007 - Rs. C-231/96, Jon­k­mann u.a. - EuZW 2007, 643, Rn. 41). Die­se uni­ons­recht­li­chen Re­ge­lun­gen sind ge­eig­net, un­mit­tel­ba­re Rechts­wir­kun­gen zu ent­fal­ten, weil sie in­halt­lich un­be­dingt und hin­rei­chend ge­nau sind. Die Be­klag­te hat da­her auch Be­am­ten, die in ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­ge­mein­schaft le­ben, bei Vor­lie­gen der wei­te­ren Vor­aus­set­zun­gen des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1 seit Ju­li 2009 zu ge­wäh­ren.

29 Der be­sol­dungs­recht­li­che Ge­set­zes­vor­be­halt nach § 2 Abs. 1 BBesG (vgl. Be­schluss vom 26. Ja­nu­ar 2010 - BVer­wG 2 B 56.09 - ju­ris Rn. 7) steht dem auch nicht ent­ge­gen (Ur­teil vom 25. März 2010 - BVer­wG 2 C 72.08 - zur Ver­öf­fent­li­chung in der Ent­schei­dungs­samm­lung Buch­holz be­stimmt). Er nimmt nicht teil an den Ver­fas­sungs­grund­sät­zen, die den An­wen­dungs­vor­rang des Uni­ons­rechts in Fra­ge stel­len könn­ten (vgl. BVerfG, Ur­teil vom 30. Ju­ni 2009 - BVerfG 2 BvE 2/08 u.a. - BVerf­GE 123, 267 <353 ff.> so­wie Be­schluss vom 6. Ju­li 2010 - BVerfG 2 BvR 2661/06 - DVBl 2010, 1229 <1230 ff.>).

30 Ei­ne Vor­la­ge an den Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on nach Art. 267 AEUV ist nicht ge­bo­ten, weil der Rechts­streit kei­ne klä­rungs­be­dürf­ti­gen Fra­gen des Uni­ons­rechts auf­wirft, die noch nicht Ge­gen­stand ei­ner Aus­le­gung durch den Ge­richts­hof wa­ren (Eu­GH, Ur­teil vom 6. Ok­to­ber 1982 - Rs. C-283/81 -, Cil­fit u.a. - Slg. 1982, S. 3415).

31 3. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO.
Her­bert Dr. Heitz Thom­sen