Pressemitteilung Nr. 21/2005 vom 14.04.2005

Eilanträge gegen Flughafen Berlin-Schönefeld weitgehend erfolgreich

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute den Eilanträgen mehrerer Anwohner weitgehend stattgegeben, die sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses für den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld gewandt haben. Damit dürfen die Träger des Vorhabens (Flughafen Berlin-Schönefeld GmbH, DB Netz AG, DB Station und Service AG) bis zur Entscheidung über die Klagen in der Hauptsache von dem Planfeststellungsbeschluss keinen Gebrauch machen, also - mit Ausnahme einiger vorbereitender Tätigkeiten - nicht mit Bau- oder sonstigen Maßnahmen beginnen. Über den Erfolg oder Misserfolg der Klagen in der Hauptsache sagt diese Eilentscheidung nichts aus; der zuständige 4. Senat des Gerichts bezeichnet vielmehr den endgültigen Verfahrensausgang ausdrücklich als offen. Maßgebender Grund für die Eilentscheidung ist vielmehr zu verhindern, dass schon jetzt vollendete Tatsachen geschaffen werden können, obwohl der Planfeststellungsbeschluss noch nicht rechtskräftig ist.


Der gegenwärtige Verfahrensstand ist folgender: Gegen den Planfeststellungsbeschluss des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg für den Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld vom 13. August 2004 haben knapp 4000 Personen Klage beim Bundesverwaltungsgericht erhoben, das hierfür nach der Sonderregelung des sog. Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes erst- und letztinstanzlich zuständig ist. Diese Klagen haben nach dem Luftverkehrsgesetz keine aufschiebende Wirkung, d. h. der von einem solchen Planfeststellungsbeschluss begünstigte Träger des Vorhabens darf trotz der erhobenen Klagen die Planung umsetzen. Gegen diese sofortige Vollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses hat eine Reihe von Klägern vorläufigen Rechtsschutz mit dem Ziel beantragt, durch gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen die Durchführung der geplanten Baumaßnahmen einstweilen zu unterbinden. Mit diesen Anträgen hatten die Antragsteller des heute entschiedenen Eilverfahrens weitgehend Erfolg.


Das Bundesverwaltungsgericht führt zur Begründung seines Beschlusses im Wesentlichen aus: Im derzeitigen Verfahrensstadium lässt sich noch nicht beurteilen, welche Erfolgsaussichten die erhobenen Klagen haben. Erst im Verfahren der Hauptsache kann die Vielzahl der durch die Klagen aufgeworfenen, zum Teil schwierigen tatsächlichen und rechtlichen Fragen verlässlich geklärt werden. Die zu behandelnden Themen betreffen u. a. folgende Fragen: Bedarf für einen "Single-Airport" der geplanten Größenordnung, Wahl des Standorts Schönefeld im Vergleich zu in Betracht kommenden Alternativstandorten, Vorgaben des Raumordnungsrechts, Lärmbelastung und Lärmschutzmaßnahmen, Sicherheitsprobleme, Wasserschutz, Bodenschutz und Naturschutz.


Für die Entscheidung über die Eilanträge kommt es deshalb allein auf eine Bewertung und Abwägung der widerstreitenden Interessen der Verfahrensbeteiligten an (sog. Folgenabwägung). Danach ist das Interesse der Antragsteller, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, höher einzuschätzen als das Interesse des Antragsgegners (Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr) und der zum Verfahren beigeladenen Träger des Vorhabens, schon jetzt mit der Verwirklichung der Planung zu beginnen. Das Planvorhaben ist mit baulichen und sonstigen Eingriffen verbunden, die geeignet sind, das Gesicht des davon betroffenen Raumes weit über den vorhandenen Flughafen hinaus nachhaltig zu verändern. Solche, möglicherweise nur schwer rückgängig zu machenden Eingriffe - etwa der als erste Großbaumaßnahme für Januar 2006 vorgesehene Baubeginn für den unterirdischen Flughafenbahnhof - zuzulassen, erscheint dem Gericht nicht vertretbar, wenn noch kein rechtskräftiger Planfeststellungsbeschluss vorliegt. Demgegenüber muss das Interesse des Antragsgegners und der Träger des Vorhabens, ohne Zeitverzug das Vorhaben in Angriff zu nehmen, zurücktreten. Etwaige Verzögerungen werden sich voraussichtlich in Grenzen halten. Denn das Gericht ist bemüht, über die aus den knapp 4000 Klagen auszuwählenden "Musterklagen" im Verlauf des ersten Halbjahres 2006 zu entscheiden.


Den Interessen des Antragsgegners und der Träger des Vorhabens trägt die Eilentscheidung insofern Rechnung als die Vornahme bestimmter vorbereitender Tätigkeiten von der Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klagen ausgenommen wurde. Es handelt sich um folgende Maßnahmen, die die Träger des Vorhabens nach einem von ihnen zu den Gerichtsakten eingereichten "Rahmenterminplan" im Lauf des Jahres 2005 in Angriff nehmen möchten: "Vorabmaßnahmen" (z. B. Untersuchungen und Maßnahmen zur Sanierung bestimmter Altlastenflächen, Baugrunduntersuchungen), "Beräumung und Baufeldfreimachung", "Vorflut und Grundwasserhaltung" (Ausbau der Vorflut, Maßnahmen der Bauwasserüberleitung, Grundwasserabsenkungen). Diese in dem Rahmenterminplan näher bezeichneten Maßnahmen ziehen keine irreparablen Nachteile für die Rechtspositionen der Antragsteller nach sich und dürfen von den Trägern des Vorhabens auf eigenes Risiko durchgeführt werden.


BVerwG 4 VR 1005.04 - Beschluss vom 14.04.2005


Beschluss vom 09.02.2005 -
BVerwG 4 VR 1005.04ECLI:DE:BVerwG:2005:090205B4VR1005.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 09.02.2005 - 4 VR 1005.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:090205B4VR1005.04.0]

Beschluss

BVerwG 4 VR 1005.04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. Februar 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w und die Richter am Bundesverwaltungsgericht H a l a m a und Prof. Dr. R o j a h n
beschlossen:

  1. Das Verfahren des Antragstellers zu 2 wird abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 4 VR 1000.05 fortgeführt.
  2. Die Verfahren der übrigen Antragsteller werden unter dem bisherigen Aktenzeichen fortgeführt.

Die Abtrennung (§ 93 Satz 2 VwGO) des in der Beschlussformel aufgeführten Verfahrens ist wegen der Rücknahme seines Antrags auf vorläufigen Rechtsschutz geboten.

Beschluss vom 21.02.2005 -
BVerwG 4 VR 1000.05ECLI:DE:BVerwG:2005:210205B4VR1000.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 21.02.2005 - 4 VR 1000.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:210205B4VR1000.05.0]

Beschluss

BVerwG 4 VR 1000.05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Februar 2005
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht H a l a m a
als Berichterstatter gemäß § 87 a Abs. 1 und 3 VwGO
beschlossen:

  1. Das Verfahren über den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird eingestellt.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 10 000 € festgesetzt.

Der Antragsteller hat seinen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz mit Schriftsatz vom 2. Februar 2005 zurückgenommen. Das Verfahren ist deshalb in entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 2 sowie § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Beschluss vom 09.03.2005 -
BVerwG 4 VR 1005.04ECLI:DE:BVerwG:2005:090305B4VR1005.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 09.03.2005 - 4 VR 1005.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:090305B4VR1005.04.0]

Beschluss

BVerwG 4 VR 1005.04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 9. März 2005
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht H a l a m a , Prof. Dr. R o j a h n
und G a t z
beschlossen:

Die Beiladung des Herrn Rolf-Roland B., ..., ..., und weiterer Antragsteller - Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt Karsten S., ..., ... - wird abgelehnt.

Die Antragsteller machen selbst nicht geltend, dass ein Fall notwendiger Beiladung im Sinne des § 65 Abs. 2 VwGO vorliege. Auch die Voraussetzungen einer einfachen Beiladung auf der Grundlage des § 65 Abs. 1 VwGO sind nicht erfüllt.
Der Zweck der Beiladung ist es, Dritte, die nicht zum Kreis der Hauptbeteiligten gehören, deren rechtliche Interessen aber durch die gerichtliche Entscheidung unmittelbar berührt werden können, am Verfahren zu beteiligen, damit sie die Möglichkeit erhalten, sich mit ihrem Rechtsstandpunkt Gehör zu verschaffen. Ferner soll dadurch, dass die Rechtskraftwirkungen der Entscheidung auch ihnen gegenüber eintreten, aus Gründen der Prozessökonomie etwaigen weiteren Rechtsstreitigkeiten vorgebeugt werden. Ein rechtliches Interesse, das eine Beiladung zu rechtfertigen geeignet sein kann, ist gegeben, wenn der Beizuladende zu einer der Parteien oder zu beiden oder zum Streitgegenstand so in Beziehung steht, dass sich je nach dem Ausgang des Rechtsstreits seine Rechtsposition verbessern oder verschlechtern kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 20. Juni 1995 - BVerwG 8 B 68.95 - Buchholz 310 § 65 VwGO Nr. 119 und vom 19. November 1998 - BVerwG 11 A 50.97 - NVwZ-RR 1999, 276). An diesem Merkmal fehlt es hier. Die Entscheidung über den Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld wirkt sich als solche für die Antragsteller rechtlich weder vorteilhaft noch nachteilig aus.
Die Antragsteller wohnen weitab vom Standort Schönefeld im Umland des Flughafens Berlin-Tegel. Sie machen selbst nicht geltend, dass der Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 für sie Belastungen mit sich bringt. Beeinträchtigt werden sie vielmehr durch den Flugbetrieb, der auf dem Flughafen Berlin-Tegel stattfindet. Der Wegfall oder der Fortbestand der von ihnen beklagten Lärmbelästigungen steht indes in keinem unmittelbaren rechtlichen Zusammenhang mit der Bestätigung oder der Aufhebung des zum Ausbau des Flughafens Schönefeld ergangenen Planfeststellungsbeschlusses, der den Gegenstand der Verfahren bildet, zu denen sie ihre Beiladung begehren. Die Wirksamkeit dieses Planfeststellungsbeschlusses hängt nicht zwangsläufig vom weiteren rechtlichen Schicksal des Flughafens Berlin-Tegel ab. Das Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung des Landes Brandenburg geht zwar davon aus, dass dieser Flughafen geschlossen wird, sobald der ausgebaute Flughafen Berlin-Schönefeld dem Flugbetrieb zur Verfügung steht. Es sieht indes davon ab, beide Vorgänge unmittelbar aufeinander abzustimmen oder gar in Form eines rechtlichen Automatismus miteinander zu verbinden. Vielmehr bringt es zum Ausdruck, an seinem Planungskonzept selbst dann festhalten zu wollen, wenn das Vorhaben, den Flughafen Berlin-Tegel zu schließen, aus welchen Gründen immer, auf Schwierigkeiten stoßen oder im äußersten Falle auch scheitern sollte (PFB S. 337). Die von den Antragstellern herausgestrichene rechtliche Verknüpfung zwischen den beiden Maßnahmen ist nicht eine Folge von Regelungen, die das Ministerium für Infrastruktur und Raumordnung des Landes Brandenburg im Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 getroffen hat. Sie beruht vielmehr ausschließlich auf Maßgaben der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung im Bescheid vom 29. Juli 2004 über den Widerruf der Betriebsgenehmigung für den Flughafen Berlin-Tegel. Danach wird der Widerruf "mit Ablauf von sechs Monaten wirksam, nachdem die Verlängerung der künftigen Start- und Landebahn 07L/25 R (Nord- und heutigen Südbahn) auf 3 600 m Länge und der Neubau der künftigen Start- und Landebahn 07R/25 L (Südbahn) des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld (SXF) mit einer Länge von mindestens 4 000 m funktionsfähig in Betrieb genommen worden ist". Hierdurch wird den Lärmschutzinteressen der Anwohner des Flughafens Berlin-Tegel Rechnung getragen. Der Rechtsstreit über den Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld bietet keine geeignete Grundlage dafür, als zusätzliche Plattform für diese Interessenwahrnehmung dienstbar gemacht zu werden.
Ohne Erfolg heben die Antragsteller darauf ab, dass ihre Beiladung keine unabsehbaren Weiterungen befürchten lasse. Ihr 16 Personen umfassender Kreis mag für sich genommen überschaubar genug sein, um zu verhindern, dass sich die ohnehin schon hohe Zahl an Verfahrensbeteiligten spürbar erhöht. Was ihnen gewährt würde, könnte anderen Anwohnern des Flughafens Berlin-Tegel indes schwerlich verwehrt werden. Auch die Ankündigung, nur zur grundsätzlichen Zulässigkeit des Ausbaus des Flughafens Berlin-Schönefeld Stellung nehmen zu wollen, Einzelheiten der Ausgestaltung des Vorhabens dagegen unerörtert zu lassen, hat bei der Beurteilung der Beiladungsvoraussetzungen außer Betracht zu bleiben. Eine auf bestimmte Streitpunkte beschränkte Beiladung ist unzulässig. Wird ein Dritter beigeladen, so kann er nicht daran gehindert werden, sich zu allen aus seiner Sicht relevanten Rechtsfragen zu äußern.

Beschluss vom 14.04.2005 -
BVerwG 4 VR 1005.04ECLI:DE:BVerwG:2005:140405B4VR1005.04.0

Leitsätze:

Die Klage gegen einen luftrechtlichen Planfeststellungsbeschluss hat nach § 10 Abs. 6 Satz 1 LuftVG keine aufschiebende Wirkung, auch wenn sie sich gegen eine wasserrechtliche Erlaubnis richtet, die nach § 14 Abs. 1 WHG im Rahmen der Planfeststellung einen eigenständigen Entscheidungsbestandteil darstellt.

Schließt der Gesetzgeber auf der Grundlage des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage aus, so schlägt das Vollzugsinteresse im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bei offenem Prozessausgang in der dann gebotenen Interessenabwägung mit erheblichem Gewicht zu Buche. Das bedeutet aber nicht, dass sich dieses Interesse gegenüber dem Aufschubinteresse regelhaft durchsetzt.

  • Rechtsquellen
    VwGO § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 5 Satz 1
    LuftVG § 10 Abs. 6 Satz 1

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 14.04.2005 - 4 VR 1005.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:140405B4VR1005.04.0]

Beschluss

BVerwG 4 VR 1005.04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. April 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht H a l a m a und Prof. Dr. R o j a h n
beschlossen:

  1. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller gegen den Planfeststellungsbeschluss des Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg vom 13. August 2004 wird angeordnet. Von der aufschiebenden Wirkung ausgenommen sind die von den Beigeladenen beabsichtigten Maßnahmen, die in der dieser Eilentscheidung als Beschlussbestandteil beigefügten "Textlichen Fassung zum Rahmenterminplan Abwicklung der Baumaßnahmen" (Stand 26. November 2004) auf den Seiten 1 bis 3 unter folgenden Überschriften beschrieben sind: "Vorabmaßnahmen", "Beräumung und Baufeldfreimachung" und "Vorflut und Grundwasserhaltung". Insoweit wird der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.
  2. Von den Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller jeweils 1/50 (die Antragsteller zu 4 und 5 sowie zu 6 und 7 als Gesamtschuldner) sowie der Antragsgegner 9/20 und die Beigeladenen jeweils 3/20.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 50 000 € festgesetzt.

Gründe

I

Die Antragsteller wenden sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Antragsgegners vom 13. August 2004 zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld.

Die Antragsteller zu 1 bis 5 sind Eigentümer von Grundstücken, die für das Planvorhaben (Flughafengelände, Verlegung von Wegen und Leitungen, naturschutzrechtliche Kompensationsmaßnahmen) vollständig oder teilweise in Anspruch genommen werden. Die Antragsteller zu 6 und 7 sind in der Nachbarschaft des Flughafenareals Eigentümer eines Wohngrundstücks sowie Pächter von Flächen, die sie gewerblich nutzen (Pferdehof). Der Antragsteller zu 8 hat - ebenfalls außerhalb des überplanten Bereichs - ein Nutzungsrecht an einem Grundstück, das er für Wohnzwecke und gewerblich (Fäkalienabfuhr und Transporte) nutzt.

Die Antragsteller sehen sich durch das Planvorhaben in ihren Rechten als Eigentümer bzw. als Inhaber von Gewerbebetrieben verletzt.

Sie haben gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 Klage erhoben und die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt.

Die beigeladenen Träger des Vorhabens haben zu den Gerichtsakten eine "Textliche Fassung zum Rahmenterminplan - Abwicklung der Baumaßnahmen -" (Stand 26. November 2004) eingereicht, in der dargestellt wird, welche Maßnahmen sie in Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses zu welchen Terminen beginnen und durchführen möchten. Die als Anlage beigefügten Seiten 1 bis 3 dieses Dokuments sind Bestandteil dieses Beschlusses.

II

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist zulässig.

Das Bundesverwaltungsgericht ist als Gericht der Hauptsache im Sinne des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zuständig für die Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 gerichteten Klage der Antragsteller. Dies ergibt sich aus § 5 Abs. 1 VerkPBG. Danach entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren und Plangenehmigungsverfahren für Vorhaben nach § 1 des Gesetzes betreffen. Hierzu gehört nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 dieser Vorschrift nicht zuletzt die Planung des Baus und der Änderung von Verkehrsflughäfen im Land Brandenburg. Die Zuständigkeitsregelung des § 5 Abs. 1 VerkPBG erstreckt sich auch auf die unter dem 13. August 2004 erteilte wasserrechtliche Erlaubnis für die mit dem Planvorhaben verbundene Gewässerbenutzung. Diese Erlaubnis stellt freilich nach § 14 Abs. 1 WHG einen eigenständigen Entscheidungsbestandteil dar, der von der Ersetzungswirkung des § 9 Abs. 1 Satz 1 LuftVG nicht erfasst wird. Gleichwohl betrifft der Rechtsstreit auch insoweit ein "Planfeststellungsverfahren" im Sinne des § 5 Abs. 1 VerkPBG. Denn diese vom Beschleunigungszweck geprägte Bestimmung erfasst alle Rechtsstreitigkeiten um Maßnahmen, die der Durchführung eines der in § 1 VerkPBG aufgeführten Vorhaben dienen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. August 2001 - BVerwG 4 VR 23.01 - Buchholz 407.3 § 5 VerkPBG Nr. 14 m.w.N.).

Die gegen den Beschluss vom 13. August 2004 gerichtete Klage hat, auch soweit die wasserrechtliche Erlaubnis ihr Angriffsziel ist, keine aufschiebende Wirkung. Dies folgt aus dem mit § 10 Abs. 6 Satz 1 LuftVG verfolgten Regelungszweck. In dieser Bestimmung ist zwar ausdrücklich nur vom Planfeststellungsbeschluss die Rede. Aus der Begründung des Entwurfs des 11. Gesetzes zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes ist jedoch zu ersehen, dass der Gesetzgeber den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung über den Anwendungsbereich des Planungsvereinfachungsgesetzes vom 17. Dezember 1993 hinaus im Anschluss an § 5 Abs. 2 Satz 1 VerkPBG als Mittel "zur Beschleunigung der Realisierung planfestgestellter Vorhaben" hat verstanden wissen wollen. Mit dieser Änderung sollte "für die Behörde die bisherige Notwendigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung durch besonderen Bescheid" entfallen (vgl. BTDrucks 13/9513 S. 27). Dieser eindeutig zum Ausdruck gebrachten Beschleunigungsabsicht ist auch bei einem Planvorhaben Rechnung zu tragen, das zu seiner Verwirklichung, da mit ihm im Sinne des § 14 Abs. 1 WHG die Benutzung eines Gewässers verbunden ist, zusätzlich einer wasserrechtlichen Erlaubnis bedarf.

Der Antrag ist zum ganz überwiegenden Teil begründet. Die aufschiebende Wirkung der Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang anzuordnen. Insoweit überwiegt das Interesse der Antragsteller, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vor Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben, das Interesse des Antragsgegners und der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Planfeststellungsbeschlusses.

Diese Interessenbewertung besagt nichts über die Prozessaussichten, an denen sich die Entscheidung über die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes mit Rücksicht auf ihre Funktion, den Rechtsschutz in der Hauptsache zu sichern, an sich vorrangig auszurichten hat. Im derzeitigen Verfahrensstadium lässt sich nicht vorhersagen, ob die Antragsteller mit ihrer Anfechtungsklage Erfolg haben werden. Nach dem jetzigen Erkenntnisstand verbietet es sich, über den Prozessausgang auch nur ein Wahrscheinlichkeitsurteil zu fällen. Im Hauptsacheverfahren ist eine Vielzahl zum Teil schwieriger Tatsachen- und Rechtsfragen zu klären, die sich nicht im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO im Wege einer summarischen Prüfung in der einen oder anderen Richtung aufhellen lassen. Die Palette reicht von spezifisch planungsrechtlichen Fragestellungen unter Einschluss insbesondere der Standort- und der Immissionsschutzproblematik über raumordnungsrechtliche Vorgaben bis hin zu Problemen des Natur-, des Wasser- und des Bodenschutzrechts, die einer dem Hauptsacheverfahren vorbehaltenen eingehenden Untersuchung bedürfen. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen und rechtlichen Gegebenheiten ist der Prozessausgang als offen einzustufen.

In dieser Situation sind die widerstreitenden Interessen unabhängig vom voraussichtlichen Ergebnis des Hauptsacheverfahrens gegeneinander abzuwägen. Dabei kann nicht außer Acht gelassen werden, dass der Gesetzgeber ausweislich der in § 10 Abs. 6 Satz 1 LuftVG getroffenen Regelung dem Vollzugsinteresse erhebliches Gewicht beimisst. Der dort angeordnete Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage hat nicht lediglich zur Folge, dass die Behörde von der ihr sonst nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO obliegenden Pflicht entbunden wird, das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses anhand der konkreten Planungssituation besonders zu begründen (so aber BVerwG, Beschlüsse vom 21. Juli 1994 - BVerwG 4 VR 1.94 - BVerwGE 96, 239 und vom 17. September 2001 - BVerwG 4 VR 19.01 - DVBl 2001, 1861). Er trägt vielmehr auch dem öffentlichen Interesse Rechnung, schon auf gesetzgeberischer Ebene zur beschleunigten Umsetzung luftrechtlicher Planungsentscheidungen beizutragen.

Trotz dieser Wertung erübrigt sich aber nicht die Interessenabwägung, die im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO bei offenem Prozessausgang vorzunehmen ist. Macht der Gesetzgeber nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO von der Möglichkeit Gebrauch, die aufschiebende Wirkung auszuschließen, so verschiebt sich nach Maßgabe des jeweiligen Regelungszusammenhanges in mehr oder minder starkem Maße die Darlegungslast des Antragstellers, der vorläufigen Rechtsschutz begehrt. Ordnet das Gesetz beispielsweise an, dass die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage gegen die Verfügung entfällt, durch die dem Adressaten untersagt wird, schadensträchtige Geschäfte ohne die hierfür erforderliche Erlaubnis zu betreiben, so lässt sich aus dem Normzweck ohne weiteres ableiten, dass das Vollziehungsinteresse Vorrang beansprucht und das private Interesse, die unerlaubte Tätigkeit bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens fortzusetzen, im Regelfall zurückzustehen hat (so BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Oktober 2003 - 1 BvR 2025/03 - NVwZ 2004, 93). Um in einem solchen Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung abzuweichen, bedarf es der Darlegung besonderer individueller Umstände. Nicht jeder gesetzliche Ausschluss der aufschiebenden Wirkung lässt indes auf ein vergleichbar eindeutiges Regel-Ausnahme-Muster schließen. Lässt der Gesetzgeber den Suspensiveffekt entfallen, so nimmt er die Entscheidung über die Risikoverteilung nicht stets in der Weise vorweg, dass sich das Vollzugsinteresse gegenüber dem Aufschubinteresse regelhaft durchsetzt. Der individuelle Rechtsschutz, dem auch das vorläufige Rechtsschutzverfahren zu dienen bestimmt ist, darf nicht an abstrakten Vorrangregeln scheitern. Insbesondere im Bereich des Verkehrswegeplanungsrechts, in dem für bestimmte näher bezeichnete Vorhaben ein vordringlicher Bedarf besteht, der es nach der Einschätzung des Gesetzgebers rechtfertigt, das in § 80 Abs. 1 und 2 VwGO angelegte Regel-Ausnahme-Verhältnis der aufschiebenden Wirkung zum Sofortvollzug umzukehren, ist davon auszugehen, dass die nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO gebotene Abwägung zwar gesetzlich vorstrukturiert, aber nicht präjudiziert ist. Trotz des gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung muss bei der Interessenabwägung der Einzelfallbezug gewahrt bleiben. Der Rechtsschutzanspruch schlägt dabei umso stärker zu Buche und darf umso weniger zurückstehen, je schwerer die dem Einzelnen auferlegte Belastung wiegt und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken (BVerfG, Beschlüsse vom 18. Juli 1973 - 1 BvR 23, 155/73 - BVerfGE 35, 382 <402> und vom 21. März 1985 - 2 BvR 1642/83 - BVerfGE 69, 220 <228>).

Nach diesen Grundsätzen ist den Antragstellern in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang vorläufiger Rechtsschutz zu gewähren. Die Verwirklichung des mit der Klage angegriffenen Planvorhabens ist mit baulichen und sonstigen Eingriffen verbunden, die geeignet sind, das Gesicht des davon betroffenen Raumes weit über den vorhandenen Flughafen hinaus nachhaltig zu verändern. Dahinstehen kann, wie weit die Antragsteller durch die Vielzahl von Maßnahmen, die bereits vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens beabsichtigt sind, in ihrer persönlichen Sphäre Nachteile erleiden würden, die sich nicht wieder gutmachen ließen. Soweit die Antragsteller mit enteignungsrechtlicher Vorwirkung betroffen sind, sind sie nicht darauf beschränkt, gegen die Planung persönliche Belange zur Geltung zu bringen. Sie sind vielmehr berechtigt, die Gemeinwohlverträglichkeit des Planvorhabens in Frage zu stellen und in diesem Zusammenhang gegen die öffentlichen Belange, die von Seiten der Beigeladenen für das Flughafenprojekt aufgelistet werden, öffentliche Belange ins Feld zu führen, die gegen die Planung streiten. Gerade unter diesem Blickwinkel erheben sie zulässigerweise zahlreiche Rügen, die es nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen lassen, dass der Planungsentscheidung vom 13. August 2004 Mängel anhaften.

Soweit die Antragsteller sich als nur mittelbar Betroffene insbesondere gegen die zukünftigen Lärmeinwirkungen zur Wehr setzen, gilt für sie im Ergebnis nichts Abweichendes. Zwar besteht im Falle unzulänglicher Immissionsvorsorge grundsätzlich nur ein Anspruch auf Planergänzung, der gegebenenfalls im Wege einer Verpflichtungsklage durchzusetzen ist und es in aller Regel ausschließt, vorläufigen Rechtsschutz auf der Grundlage des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu gewähren. Jedoch kommt auch bei bloßen Lärmbelästigungen oder sonstiger mittelbarer Betroffenheit eine (teilweise) Planaufhebung in Betracht, wenn das zum Schutz der Nachbarschaft entwickelte Konzept des Planungsträgers Defizite aufweist, die so schwer wiegen, dass die Ausgewogenheit der Planung insgesamt in Frage gestellt erscheint (vgl. BVerwG, Urteile vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110, vom 20. Oktober 1989 - BVerwG 4 C 12.87 - BVerwGE 84, 31 und vom 18. April 1996 - BVerwG 11 A 86.95 - BVerwGE 101, 73; Beschluss vom 12. November 1992 - BVerwG 7 ER 300.92 - Buchholz 442.08 § 36 BBahnG Nr. 22). Die Rügen der Antragsteller weisen in diese Richtung. Ob sie durchgreifen, lässt sich beim derzeitigen Verfahrensstand nicht abschließend beurteilen.

Würde es den Beigeladenen in dieser Situation der Ungewissheit gestattet, unter Ausnutzung der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung von dem Planfeststellungsbeschluss unbeschränkt Gebrauch zu machen, so würden hierdurch vollendete Tatsachen geschaffen, die zur Folge haben könnten, dass nicht bloß etwaige private Rechtspositionen, sondern auch gewichtige Gemeinwohlbelange beeinträchtigt werden und immissionsschutzrechtliche Vorkehrungen, die nicht bloß zum Schutz privater Rechtspositionen geboten sind, sondern auch im öffentlichen Interesse zu berücksichtigen sind, nicht mit dem Gewicht zum Tragen kommen, das ihnen gebührt.

Die Nachteile, die den Beigeladenen durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung entstehen, erscheinen weniger gravierend als die Schäden, die im Falle der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes drohen könnten. Sie erschöpfen sich darin, dass bestimmte Maßnahmen zurückgestellt werden müssen, bis im Hauptsacheverfahren geklärt ist, ob der angefochtene Planfeststellungsbeschluss den rechtlichen Anforderungen genügt. Etwaige Verzögerungen, die hierdurch eintreten, halten sich aller Voraussicht nach in überschaubaren Grenzen. Denn der Senat wird sich bemühen, das Hauptsacheverfahren bis Mitte 2006 abzuschließen. Auf der anderen Seite werden auch den Antragstellern keine unzumutbaren Opfer abverlangt. Es deutet nichts darauf hin, dass sich allein schon durch die Maßnahmen, die von der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ausgenommen sind, die Verhältnisse im Planbereich bis zur Entscheidung in der Hauptsache in irreparabler Weise zu ihren Lasten verfestigen könnten.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1, § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG.