Beschluss vom 13.02.2017 -
BVerwG 9 B 37.16ECLI:DE:BVerwG:2017:130217B9B37.16.0
Grundsteuererlass bei Leerstand nicht im Internet zur Vermietung angebotener Immobilien
Leitsatz:
Ob und gegebenenfalls in welchen Internetformaten leerstehende Mieträume beworben werden müssen, damit der Steuerschuldner sich nachhaltig um die Vermietung der Räume bemüht und deshalb die auf dem Leerstand beruhende Ertragsminderung nicht im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG zu vertreten hat, ist eine Frage der Umstände des Einzelfalls.
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Rechtsquellen
VwGO § 132 Abs. 2 Nr.1 GrStG § 33 Abs. 1 Satz 1, § 34 Abs. 1 Satz 2 -
Instanzenzug
VG Koblenz - 19.06.2015 - AZ: VG 5 K 670/14.KO
OVG Koblenz - 02.05.2016 - AZ: OVG 6 A 10971/15
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Zitiervorschlag
BVerwG, Beschluss vom 13.02.2017 - 9 B 37.16 - [ECLI:DE:BVerwG:2017:130217B9B37.16.0]
Beschluss
BVerwG 9 B 37.16
- VG Koblenz - 19.06.2015 - AZ: VG 5 K 670/14.KO
- OVG Koblenz - 02.05.2016 - AZ: OVG 6 A 10971/15
In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Februar 2017
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bier,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bick und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Martini
beschlossen:
- Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 2. Mai 2016 wird zurückgewiesen.
- Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
- Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 14 542,11 € festgesetzt.
Gründe
1 Die zulässige Beschwerde ist unbegründet. Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), auf den sie allein gestützt ist, liegt nicht vor.
2 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat eine Rechtssache nur dann, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint (stRspr; vgl. etwa BVerwG, Beschlüsse vom 2. August 2006 - 9 B 9.06 - NVwZ 2006, 1290 Rn. 5, vom 30. Juni 2010 - 6 B 8.10 - juris Rn. 3 und vom 22. Januar 2014 - 9 B 56.13 - juris Rn. 4). Daran fehlt es hier.
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Der Kläger möchte geklärt wissen,
"ob zu den in der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für die Feststellung, dass der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten hat (insoweit gleichlautende Fassungen des § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG), es im Falle von Gewerbeimmobilien immer erforderlich ist, dass die Vermietung der Gewerbeimmobilien in einschlägigen Internetportalen angeboten worden ist, um nachweisen zu können, dass der Steuerschuldner sich 'nachhaltig um eine Vermietung der Räumlichkeiten zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat' (ständige Rechtsprechung, z.B. BVerwG, Beschluss vom 22.01.2014, 9 B 56/13, Rn. 6, juris)".
4 Diese Frage verleiht der Rechtssache nicht die für die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erforderliche grundsätzliche Bedeutung.
5 Sie betrifft die Auslegung von § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG in der für 2007 maßgeblichen Fassung vom 7. August 1973 (BGBl. I S. 965) und in der für die Jahre 2008, 2009 und 2012 geltenden, am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Fassung vom 19. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2794), wonach jeweils übereinstimmend der Erlass der Grundsteuer wegen einer Minderung des normalen Rohertrags voraussetzt, dass der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags nicht zu vertreten hat. Soweit die Fragen, die sich in diesem Zusammenhang stellen, einer fallübergreifenden Klärung zugänglich sind, ist ihre Klärung im Revisionsverfahren nicht geboten. Denn sie sind bereits geklärt; weiteren Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.
6 In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Steuerschuldner die Minderung des Rohertrags im Sinne von § 33 Abs. 1 Satz 1 GrStG dann nicht zu vertreten hat, wenn sie auf Umständen beruht, die außerhalb seines Einflussbereiches liegen, d.h. wenn er die Ertragsminderung weder durch ein ihm zurechenbares Verhalten herbeigeführt hat noch ihren Eintritt durch geeignete und ihm zumutbare Maßnahmen hat verhindern können. Ist die Ertragsminderung wie hier durch einen Leerstand des Objekts bedingt, so hat der Steuerpflichtige die Ertragsminderung dann nicht zu vertreten, wenn er sich nachhaltig um eine Vermietung der Räumlichkeiten zu einem marktgerechten Mietzins bemüht hat. Ob der Steuerschuldner nachhaltige Vermietungsbemühungen unternommen hat, ist jeweils unter den gegebenen Umständen des Einzelfalls zu prüfen, wobei es auf die Verhältnisse des Erlasszeitraumes ankommt (§ 34 Abs. 1 Satz 2 GrStG). Im Einzelnen können etwa der Objektcharakter, der Objektwert, das jeweilige Marktsegment sowie die Marktsituation vor Ort berücksichtigt werden (BVerwG, Urteil vom 14. Mai 2014 - 9 C 1.13 - Buchholz 401.4 § 33 GrStG Nr. 29 Rn. 18 f.; Beschlüsse vom 22. Januar 2014 - 9 B 56.13 - juris Rn. 6 und vom 3. Dezember 2014 - 9 B 73.14 - Buchholz 401.4 § 33 GrStG Nr. 30 Rn. 4 jeweils m.w.N.).
7 Hiervon ausgehend ist nicht zu erwarten, dass die vom Kläger aufgeworfene Frage, ob es für nachhaltige Vermietungsbemühungen im Falle von Gewerbeimmobilien immer erforderlich ist, diese in einschlägigen Internetportalen anzubieten, in einem Revisionsverfahren fallübergreifend beantwortet werden könnte. Zwar nimmt die Bedeutung des Internets für den Immobilienmarkt stetig zu. Wobei es gerade bei gewerblich genutzten Immobilien nahe liegt, diese im Internet anzubieten (vgl. dazu OVG Münster, Urteil vom 20. März 2014 - 14 A 1513/12 - KStZ 2014, 211 <212 f.>). Angesichts der Verschiedenheit der Mietobjekte und Marktlagen sowie der sich ständig fortentwickelnden Möglichkeiten des Internets kommt jedoch gleichwohl eine über den Einzelfall hinausgehende allgemeingültige Beantwortung der Frage, ob und gegebenenfalls in welchen Internetformaten leerstehende Gewerberäume beworben werden müssen, nicht in Betracht.
8 Im Übrigen war die vom Kläger aufgeworfene Frage für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts so nicht von Bedeutung. Das Urteil beruht nicht auf dem Rechtssatz, dass für nachhaltige Vermietungsbemühungen bei Gewerbeimmobilien ein Angebot in einschlägigen Internetportalen immer erforderlich ist. Vielmehr geht das Oberverwaltungsgericht bei seiner auf einer Einzelfallprüfung beruhenden Entscheidung davon aus, dass ein solches Angebot im Regelfall erforderlich ist.
9 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.