Verfahrensinformation

Der Kläger ist ein Personalrat, der vor dem Verwaltungsgericht von März 2019 bis Juni 2022 ein personalvertretungsrechtliches Verfahren geführt hat. Er hat gestützt auf § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) die Feststellung der unangemessenen Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens beantragt. Das für derartige Klagen erstinstanzlich zuständige Oberverwaltungsgericht hat die Klage mangels Klagebefugnis als unzulässig abgewiesen. Der Kläger könne die begehrte Feststellung nicht beanspruchen, weil er nicht Verfahrensbeteiligter eines Gerichtsverfahrens im Sinne von § 198 GVG gewesen sei. Als solche seien kraft Gesetzes u. a. "sonstige öffentliche Stelle" ausgeschlossen, soweit sie keine Selbstverwaltungsrechte wahrgenommen hätten. Der Kläger sei zwar Partei eines Gerichtsverfahrens gewesen. Er sei als Personalrat aber eine "sonstige öffentliche Stelle" und habe in dem Ausgangsverfahren keine Selbstverwaltungs-, sondern personalvertretungsrechtliche Beteiligungsrechte wahrgenommen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision.


Verfahrensinformation

Die Beteiligten streiten über die Feststellung der unangemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens.


Der Kläger ist ein Personalrat, der vor dem Verwaltungsgericht von September 2019 bis Juni 2022 ein personalvertretungsrechtliches Verfahren geführt hat. Er hat gestützt auf § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) die Feststellung der unangemessenen Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens beantragt. Das für derartige Klagen erstinstanzlich zuständige Oberverwaltungsgericht hat die Klage mangels Klagebefugnis als unzulässig abgewiesen. Der Kläger könne die begehrte Feststellung nicht beanspruchen, weil er nicht Verfahrensbeteiligter eines Gerichtsverfahrens im Sinne von § 198 GVG gewesen sei. Als solche seien kraft Gesetzes u. a. "sonstige öffentliche Stelle" ausgeschlossen, soweit sie keine Selbstverwaltungsrechte wahrgenommen hätten. Der Kläger sei zwar Partei eines Gerichtsverfahrens gewesen. Er sei als Personalrat aber eine "sonstige öffentliche Stelle" und habe in dem Ausgangsverfahren keine Selbstverwaltungs-, sondern personalvertretungsrechtliche Beteiligungsrechte wahrgenommen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision.


Verfahrensinformation

Die Beteiligten streiten über die Feststellung der unangemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens.


Der Kläger ist ein Personalrat, der vor dem Verwaltungsgericht von August 2020 bis Juni 2022 ein personalvertretungsrechtliches Verfahren geführt hat. Er hat gestützt auf § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) die Feststellung der unangemessenen Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens beantragt. Das für derartige Klagen erstinstanzlich zuständige Oberverwaltungsgericht hat die Klage mangels Klagebefugnis als unzulässig abgewiesen. Der Kläger könne die begehrte Feststellung nicht beanspruchen, weil er nicht Verfahrensbeteiligter eines Gerichtsverfahrens im Sinne von § 198 GVG gewesen sei. Als solche seien kraft Gesetzes u. a. "sonstige öffentliche Stelle" ausgeschlossen, soweit sie keine Selbstverwaltungsrechte wahrgenommen hätten. Der Kläger sei zwar Partei eines Gerichtsverfahrens gewesen. Er sei als Personalrat aber eine "sonstige öffentliche Stelle" und habe in dem Ausgangsverfahren keine Selbstverwaltungs-, sondern personalvertretungsrechtliche Beteiligungsrechte wahrgenommen. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision.


Pressemitteilung Nr. 55/2024 vom 14.11.2024

Kein Anspruch eines Personalrats auf Feststellung der unangemessenen Dauer eines vorangegangenen personalvertretungsrechtlichen Gerichtsverfahrens

Einem Personalrat stehen Ansprüche gegen den Staat auf Entschädigung wegen der unangemessenen Dauer eines vorangegangenen personalvertretungsrechtlichen Gerichtsverfahrens auch dann nicht zu, wenn er als Entschädigung nur die gerichtliche Feststellung der Überlänge begehrt. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.


Der klagende Personalrat einer Behörde führte drei personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren vor dem Verwaltungsgericht, in denen er rügte, die Dienststellenleitung habe seine Mitbestimmungsrechte verletzt. In diesen Verfahren ging es unter anderem um die Mitbestimmung bei einer Versetzung, beim Verzicht auf eine Stellenausschreibung und bei der Übertragung einer höher zu bewertenden Tätigkeit. Die Verfahren dauerten in der ersten Instanz etwa 39, 37 und 22 Monate. Weil sich die jeweilige Verfahrensdauer vor dem Verwaltungsgericht aus seiner Sicht als unangemessen darstellte, hat der Personalrat Klagen gegen das Land als Träger der Gerichtsbarkeit erhoben. Er hat sich auf den Entschädigungsanspruch des § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) gestützt und jeweils die Feststellung der ungemessenen Dauer des personalvertretungsrechtlichen Verfahrens begehrt. Diese Klagen hat das dafür erstinstanzlich zuständige Oberverwaltungsgericht als unzulässig abgewiesen. Die hiergegen gerichteten Revisionen des Personalrats hatten vor dem Bundesverwaltungsgericht keinen Erfolg.


Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Personalrat nicht als entschädigungsberechtigter Verfahrensbeteiligter (im Sinne des § 198 GVG) anzusehen ist. Dazu zählen Parteien und Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind (§ 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG). Diese Ausnahmeregelung, die den gesetzgeberischen Zweck verfolgt, dass dem Staat kein Anspruch (nach § 198 GVG) gegen sich selbst zustehen soll, greift hier ein. Der Personalrat ist zwar weder Verfassungsorgan noch Träger öffentlicher Verwaltung. Er ist aber eine sonstige öffentliche Stelle im Sinne des Gesetzes. Denn er ist - wenn auch als Repräsentativorgan der Beschäftigten - Bestandteil der zur öffentlichen Verwaltung gehörenden Dienststelle, bei der er gebildet ist und damit dem staatlichen Bereich zuzuordnen. Der klagende Personalrat hat in den hier als überlang gerügten personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren seine Mitbestimmungsrechte, die in ihrer Wirksamkeit durch eine unangemessene Verfahrensdauer beeinträchtigt sein können, aber keine Selbstverwaltungsrechte wahrgenommen.


Das Ergebnis bedarf keiner Korrektur im Hinblick auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes des Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG). Auf dieses Grundrecht kann sich der Kläger nicht erfolgreich berufen. Die Rechtsschutzgarantie dient grundsätzlich nur der Durchsetzung von Rechten natürlicher und juristischer Personen des Privatrechts. Sie ist wie andere Grundrechte (Art. 1 bis 19 GG) auf juristische Personen des öffentlichen Rechts und sonstige öffentlich-rechtliche Einrichtungen ihrem Wesen nach (Art. 19 Abs. 3 GG) grundsätzlich nicht anwendbar. Eine Ausnahme ist nur für diejenigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts zu machen, die - wie anerkanntermaßen etwa Kirchen, Rundfunkanstalten und Universitäten - unmittelbar einem durch bestimmte Grundrechte der Bürger geschützten Lebensbereich zugeordnet sind. Das trifft auf Personalräte nicht zu. Sie sind ihrem Schwerpunkt nach als an der Wahrnehmung des Amtsauftrags mitwirkende dienststelleninterne, rechtlich nicht verselbstständigte Bestandteile der (nach Art. 20 Abs. 3 GG) an Gesetz und Recht gebundenen vollziehenden Gewalt anzusehen. Ungeachtet ihrer Aufgabe als Interessenvertretung der Beschäftigten sind sie damit maßgeblich an der Ausübung der Staatsgewalt beteiligt und unterscheiden sich insofern grundlegend von den ebenfalls mit Beteiligungsrechten ausgestatteten Betriebsräten in privaten Unternehmen.


BVerwG 5 C 5.23 - Urteil vom 14. November 2024

Vorinstanz:

OVG Lüneburg, OVG 13 FEK 35/23 - Urteil vom 03. August 2023 -

BVerwG 5 C 6.23 - Urteil vom 14. November 2024

Vorinstanz:

OVG Lüneburg, OVG 13 FEK 35/23 - Urteil vom 03. August 2023 -

BVerwG 5 C 7.23 - Urteil vom 14. November 2024

Vorinstanz:

OVG Lüneburg, OVG 13 FEK 37/23 - Urteil vom 03. August 2023 -


Beschluss vom 23.05.2024 -
BVerwG 5 C 5.23ECLI:DE:BVerwG:2024:230524B5C5.23.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.05.2024 - 5 C 5.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:230524B5C5.23.0]

Beschluss

BVerwG 5 C 5.23

  • OVG Lüneburg - 03.08.2023 - AZ: 13 FEK 35/23

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Mai 2024
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer und die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Stengelhofen-Weiß und Dr. Harms
beschlossen:

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Revisionsverfahren wird abgelehnt.

Gründe

1 1. Der Kläger (Bezirkspersonalrat bei einer Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit) begehrt, ihm Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Revisionsverfahrens zu gewähren, in dem er die unangemessene Dauer eines von ihm vor dem Verwaltungsgericht geführten personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens mit dem Ziel geltend macht, Wiedergutmachung auf andere Weise durch die Feststellung zu erlangen, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Zugleich beantragt er, ihm den von ihm benannten Rechtsanwalt beizuordnen.

2 2. Der vorgenannte Antrag hat keinen Erfolg, weil die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht vorliegen. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe und dementsprechend auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts setzt nach den gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprechend anwendbaren Vorschriften des § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO neben der Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung die Bedürftigkeit des Klägers in der Weise voraus, dass dieser nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2021 - XII ZB 371/21 - FamRZ 2022, 123 Rn. 8 und 13). Handelt es sich - was hier für den Personalrat offenbleiben kann - um eine parteifähige Vereinigung (§ 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO), so setzt der Anspruch auf Prozesskostenhilfe voraus, dass die Kosten von der parteifähigen Vereinigung nicht aufgebracht werden können. An dieser Bedürftigkeit bzw. wirtschaftlichen Voraussetzung des Prozesskostenhilfeanspruchs fehlt es hier.

3 Der Kläger verfügt zwar als Personalrat über keine eigenen finanziellen Mittel. Ihm steht jedoch die Verpflichtung der Dienststelle zur Kostentragung aus § 46 Abs. 1 BPersVG zur Seite, die im vorliegenden Revisionsverfahren die notwendigen Kosten der Prozessführung des Klägers erfasst.

4 a) Nach § 46 Abs. 1 BPersVG trägt der Bund die durch die Tätigkeit des Personalrats und seiner Mitglieder entstehenden Kosten. Darunter fallen alle in einem Zusammenhang zur Personalratstätigkeit stehenden Kosten, die zur Aufgabenerfüllung des Personalrats notwendig sind und die dieser bei pflichtgemäßer Beurteilung der Sachlage für erforderlich und verhältnismäßig halten darf (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. Oktober 1991 - 6 P 1.90 - BVerwGE 89, 93 <104 f.>, vom 15. April 2008 - 6 PB 3.08 - Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 36 Rn. 8, vom 29. April 2011 - 6 PB 21.10 - Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 39 Rn. 3 und vom 24. Februar 2016 - 5 P 2.15 - NZA-RR 2016, 389 Rn. 14, 16 f.). Unter diesen Voraussetzungen zählen hierzu anerkanntermaßen auch die (angemessenen) Kosten, die zur gerichtlichen Verfolgung oder Verteidigung von Rechten des Personalrats in einem Beschlussverfahren nach § 108 BPersVG entstehen (vgl. Hebeler, in: Lorenzen/​Gerhold/​Schlatmann, Bundespersonalvertretungsgesetz, Stand Mai 2024, § 46 BPersVG Rn. 29; Jacobs/​Heinkel, in: Richardi/​Dörner/​Weber/​Annuß, Personalvertretungsrecht, 6. Aufl. 2024, § 46 BPersVG Rn. 18).

5 Dieser Anspruch des Klägers erstreckt sich hier angesichts einer bislang nicht abschließend geklärten Rechtslage insbesondere zu der vom Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob ein Personalrat Verfahrensbeteiligter im Sinne von § 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG sein kann, auch auf ein gerichtliches Verfahren, in dem für die angeblich unangemessen lange Dauer eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens gemäß § 198 Abs. 1 und 5 GVG Wiedergutmachung auf andere Weise durch eine entsprechende gerichtliche Feststellung angestrebt wird. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch steht der Sache nach in einem engen Zusammenhang zu der im Ausgangsverfahren erfolgten gerichtlichen Geltendmachung von Beteiligungsrechten des Klägers, die in ihrer Wirksamkeit durch eine unangemessene Verfahrensdauer beeinträchtigt sein können. Insoweit ist es unerheblich, dass sich der Anspruch auf Wiedergutmachung nicht gegen die am personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren beteiligte Dienststellenleitung, sondern gegen die Körperschaft richtet, in deren Verantwortungsbereich es zu der unangemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens gekommen sein soll.

6 Der Kostentragungsanspruch gemäß § 46 Abs. 1 BPersVG ist auch nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen. Insbesondere ist in diesem Verfahren die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder haltlos. Zwar besteht der Anspruch aus § 46 Abs. 1 BPersVG nicht, wenn ein Verfahren mutwillig oder aus haltlosen Gründen angestrengt wird, so dass der Personalrat bei der ihm obliegenden pflichtgemäßen Beurteilung der objektiven Sachlage zu dem Ergebnis kommen muss, dass ein Verfahren nicht erforderlich ist. Mutwillig ist die Rechtsverfolgung einschließlich der Fälle des Rechtsmissbrauchs, wenn ein verständiger und sachgerecht handelnder Beteiligter, der für die Kosten der Verfahrensführung selbst einstehen muss, in einem gleichgelagerten Fall die Rechtsverfolgung in der gewählten Form unterlassen hätte (vgl. Jacobs/​Heinkel, in: Richardi/​Dörner/​Weber/​Annuß, Personalvertretungsrecht, 6. Aufl. 2024, § 46 BPersVG Rn. 21 f.). Das ist etwa der Fall, wenn von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen der kostspieligere beschritten wird (BVerwG, Beschluss vom 19. September 2012 - 6 P 3.11 - Buchholz 250 § 86 BPersVG Nr. 8 Rn. 37 m. w. N.). Haltlos sind die Gründe für ein Verfahren dann, wenn die Rechtsverfolgung von Anfang an als offensichtlich aussichtslos anzusehen ist (BVerwG, Beschluss vom 9. März 1992 - 6 P 11.90 - BVerwGE 90, 76 <85> m. w. N.). Hier ist weder von Mutwilligkeit noch von Haltlosigkeit auszugehen. Ein verständiger und sachgerecht handelnder "Selbstzahler" hätte von der Rechtsverfolgung nicht abgesehen angesichts der bislang offenen Rechtsfrage, ob ein Personalrat die unangemessene Dauer eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens im Verfahren nach § 198 GVG geltend machen kann. Dies gilt jedenfalls für das auf die erstmalige Klärung dieser Frage gerichtete Verfahren. Auch steht für die Geltendmachung des Wiedergutmachungsanspruchs kein anderes Verfahren zur Verfügung. Die Rechtsverfolgung ist auch nicht offensichtlich aussichtslos. Dagegen spricht bereits die Zulassung der Revision durch das Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Darüber hinaus unterstützen Stellungnahmen in der Fachliteratur im Ergebnis den Rechtsstandpunkt des Klägers (vgl. Hebeler, PersV 2024, 57 ff.; Bergmann/​Teichert, ZfPRonline 11/2023, 17 ff.).

7 b) Der Berücksichtigung des mit der Verpflichtung der Dienststelle aus § 46 Abs. 1 BPersVG korrespondierenden Anspruchs des Personalrats auf Kostentragung bei der kostenhilferechtlichen Beurteilung der Bedürftigkeit steht auch nicht entgegen, dass dieser Kostentragungsanspruch nicht realisierbar bzw. nicht praktisch werthaltig wäre. Mit Blick auf die Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3 GG) ist zu erwarten, dass die Dienststellenleitung ungeachtet des bisher von ihr eingenommenen gegenteiligen Rechtsstandpunkts ihrer Pflicht zur Kostentragung gemäß § 46 Abs. 1 BPersVG nachkommen wird.

8 c) Angesichts des Vorstehenden bedarf es zur Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe keiner Ausführungen zu den Erfolgsaussichten des vom Senat noch zu entscheidenden Revisionsverfahrens.

Beschluss vom 23.05.2024 -
BVerwG 5 C 6.23ECLI:DE:BVerwG:2024:230524B5C6.23.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.05.2024 - 5 C 6.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2024:230524B5C6.23.0]

Beschluss

BVerwG 5 C 6.23

  • OVG Lüneburg - 03.08.2023 - AZ: 13 FEK 36/23

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Mai 2024
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Störmer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Harms und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Preisner
beschlossen:

Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Revisionsverfahren wird abgelehnt.

Gründe

1 1. Der Kläger (Bezirkspersonalrat bei einer Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit) begehrt, ihm Prozesskostenhilfe für die Durchführung eines Revisionsverfahrens zu gewähren, in dem er die unangemessene Dauer eines von ihm vor dem Verwaltungsgericht geführten personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens mit dem Ziel geltend macht, Wiedergutmachung auf andere Weise durch die Feststellung zu erlangen, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Zugleich beantragt er, ihm den von ihm benannten Rechtsanwalt beizuordnen.

2 2. Der vorgenannte Antrag hat keinen Erfolg, weil die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht vorliegen. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe und dementsprechend auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts setzt nach den gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO entsprechend anwendbaren Vorschriften des § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO neben der Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung die Bedürftigkeit des Klägers in der Weise voraus, dass dieser nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2021 - XII ZB 371/21 - FamRZ 2022, 123 Rn. 8 und 13). Handelt es sich - was hier für den Personalrat offenbleiben kann - um eine parteifähige Vereinigung (§ 116 Satz 1 Nr. 2 ZPO), so setzt der Anspruch auf Prozesskostenhilfe voraus, dass die Kosten von der parteifähigen Vereinigung nicht aufgebracht werden können. An dieser Bedürftigkeit bzw. wirtschaftlichen Voraussetzung des Prozesskostenhilfeanspruchs fehlt es hier.

3 Der Kläger verfügt zwar als Personalrat über keine eigenen finanziellen Mittel. Ihm steht jedoch die Verpflichtung der Dienststelle zur Kostentragung aus § 46 Abs. 1 BPersVG zur Seite, die im vorliegenden Revisionsverfahren die notwendigen Kosten der Prozessführung des Klägers erfasst.

4 a) Nach § 46 Abs. 1 BPersVG trägt der Bund die durch die Tätigkeit des Personalrats und seiner Mitglieder entstehenden Kosten. Darunter fallen alle in einem Zusammenhang zur Personalratstätigkeit stehenden Kosten, die zur Aufgabenerfüllung des Personalrats notwendig sind und die dieser bei pflichtgemäßer Beurteilung der Sachlage für erforderlich und verhältnismäßig halten darf (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 9. Oktober 1991 - 6 P 1.90 - BVerwGE 89, 93 <104 f.>, vom 15. April 2008 - 6 PB 3.08 - Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 36 Rn. 8, vom 29. April 2011 - 6 PB 21.10 - Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 39 Rn. 3 und vom 24. Februar 2016 - 5 P 2.15 - NZA-RR 2016, 389 Rn. 14, 16 f.). Unter diesen Voraussetzungen zählen hierzu anerkanntermaßen auch die (angemessenen) Kosten, die zur gerichtlichen Verfolgung oder Verteidigung von Rechten des Personalrats in einem Beschlussverfahren nach § 108 BPersVG entstehen (vgl. Hebeler, in: Lorenzen/Gerhold/Schlatmann, Bundespersonalvertretungsgesetz, Stand Mai 2024, § 46 BPersVG Rn. 29; Jacobs/Heinkel, in: Richardi/Dörner/‌Weber/Annuß, Personalvertretungsrecht, 6. Aufl. 2024, § 46 BPersVG Rn. 18).

5 Dieser Anspruch des Klägers erstreckt sich hier angesichts einer bislang nicht abschließend geklärten Rechtslage insbesondere zu der vom Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob ein Personalrat Verfahrensbeteiligter im Sinne von § 198 Abs. 6 Nr. 2 GVG sein kann, auch auf ein gerichtliches Verfahren, in dem für die angeblich unangemessen lange Dauer eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens gemäß § 198 Abs. 1 und 5 GVG Wiedergutmachung auf andere Weise durch eine entsprechende gerichtliche Feststellung angestrebt wird. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch steht der Sache nach in einem engen Zusammenhang zu der im Ausgangsverfahren erfolgten gerichtlichen Geltendmachung von Beteiligungsrechten des Klägers, die in ihrer Wirksamkeit durch eine unangemessene Verfahrensdauer beeinträchtigt sein können. Insoweit ist es unerheblich, dass sich der Anspruch auf Wiedergutmachung nicht gegen die am personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren beteiligte Dienststellenleitung, sondern gegen die Körperschaft richtet, in deren Verantwortungsbereich es zu der unangemessenen Dauer eines Gerichtsverfahrens gekommen sein soll.

6 Der Kostentragungsanspruch gemäß § 46 Abs. 1 BPersVG ist auch nicht aus anderen Gründen ausgeschlossen. Insbesondere ist in diesem Verfahren die Rechtsverfolgung nicht mutwillig oder haltlos. Zwar besteht der Anspruch aus § 46 Abs. 1 BPersVG nicht, wenn ein Verfahren mutwillig oder aus haltlosen Gründen angestrengt wird, so dass der Personalrat bei der ihm obliegenden pflichtgemäßen Beurteilung der objektiven Sachlage zu dem Ergebnis kommen muss, dass ein Verfahren nicht erforderlich ist. Mutwillig ist die Rechtsverfolgung einschließlich der Fälle des Rechtsmissbrauchs, wenn ein verständiger und sachgerecht handelnder Beteiligter, der für die Kosten der Verfahrensführung selbst einstehen muss, in einem gleichgelagerten Fall die Rechtsverfolgung in der gewählten Form unterlassen hätte (vgl. Jacobs/Heinkel, in: Richardi/‌Dörner/Weber/Annuß, Personalvertretungsrecht, 6. Aufl. 2024, § 46 BPersVG Rn. 21 f.). Das ist etwa der Fall, wenn von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen der kostspieligere beschritten wird (BVerwG, Beschluss vom 19. September 2012 - 6 P 3.11 - Buchholz 250 § 86 BPersVG Nr. 8 Rn. 37 m. w. N.). Haltlos sind die Gründe für ein Verfahren dann, wenn die Rechtsverfolgung von Anfang an als offensichtlich aussichtslos anzusehen ist (BVerwG, Beschluss vom 9. März 1992 - 6 P 11.90 - BVerwGE 90, 76 <85> m. w. N.). Hier ist weder von Mutwilligkeit noch von Haltlosigkeit auszugehen. Ein verständiger und sachgerecht handelnder "Selbstzahler" hätte von der Rechtsverfolgung nicht abgesehen angesichts der bislang offenen Rechtsfrage, ob ein Personalrat die unangemessene Dauer eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens im Verfahren nach § 198 GVG geltend machen kann. Dies gilt jedenfalls für das auf die erstmalige Klärung dieser Frage gerichtete Verfahren. Auch steht für die Geltendmachung des Wiedergutmachungsanspruchs kein anderes Verfahren zur Verfügung. Die Rechtsverfolgung ist auch nicht offensichtlich aussichtslos. Dagegen spricht bereits die Zulassung der Revision durch das Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Darüber hinaus unterstützen Stellungnahmen in der Fachliteratur im Ergebnis den Rechtsstandpunkt des Klägers (vgl. Hebeler, PersV 2024, 57 ff.; Bergmann/Teichert, ZfPRonline 11/2023, 17 ff.).

7 b) Der Berücksichtigung des mit der Verpflichtung der Dienststelle aus § 46 Abs. 1 BPersVG korrespondierenden Anspruchs des Personalrats auf Kostentragung bei der kostenhilferechtlichen Beurteilung der Bedürftigkeit steht auch nicht entgegen, dass dieser Kostentragungsanspruch nicht realisierbar bzw. nicht praktisch werthaltig wäre. Mit Blick auf die Gesetzesbindung (Art. 20 Abs. 3 GG) ist zu erwarten, dass die Dienststellenleitung ungeachtet des bisher von ihr eingenommenen gegenteiligen Rechtsstandpunkts ihrer Pflicht zur Kostentragung gemäß § 46 Abs. 1 BPersVG nachkommen wird.

8 c) Angesichts des Vorstehenden bedarf es zur Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe keiner Ausführungen zu den Erfolgsaussichten des vom Senat noch zu entscheidenden Revisionsverfahrens.