Verfahrensinformation
Die Klägerin begehrt die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis.
Das Strafgericht hatte sie wegen in Tatmehrheit begangener fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr sowie vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt und ihr die Fahrerlaubnis entzogen. Im Strafurteil wird ausgeführt, die Klägerin sei am 2. April 2015 mit ihrem PKW in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand (Blutalkoholkonzentration von 0,68 Promille) auf den Parkplatz eines Supermarktes gefahren. Sie habe ihr Fahrzeug auf dem Parkplatz abgestellt und im Supermarkt eingekauft. Nach dem Einkauf habe sie rückwärts ausgeparkt, dabei sei sie auf einen hinter ihrem Fahrzeug stehenden PKW aufgefahren. Sie habe angehalten, sei ausgestiegen und habe den Schaden betrachtet. Anschließend habe sie ihr Fahrzeug wieder bestiegen und sei weggefahren, ohne die erforderlichen Unfallfeststellungen treffen zu lassen. Auch bei der Weiterfahrt sei die Klägerin alkoholbedingt fahruntüchtig gewesen, was ihr aufgrund des vorangegangenen Unfalls nun auch bewusst gewesen sei. Das Strafgericht wertete das Geschehen als fahrlässige Trunkenheitsfahrt und vorsätzliche Trunkenheitsfahrt nebst unerlaubtem Entfernen vom Unfallort begangen in zwei selbständigen Handlungen im Sinne von § 53 des Strafgesetzbuchs (StGB).
Als die Klägerin im März 2018 beim Beklagten die Neuerteilung der Fahrerlaubnis beantragte, forderte er von ihr die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Die Klägerin habe am 2. April 2015 wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen, die Zweifel an ihrer Fahreignung begründeten. Zwischen den beiden Fahrten liege mit dem Aussteigen aus dem Fahrzeug und der Begutachtung des Schadens eine Zäsur. Als die Klägerin das Gutachten nicht beibrachte, lehnte der Beklagte die Fahrerlaubniserteilung ab.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat ihre Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat diese Entscheidung geändert und den Beklagten zur Erteilung der Fahrerlaubnis verpflichtet. Bei dem Geschehen am 2. April 2015 habe es sich nicht um wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) gehandelt. Das setze voraus, dass es bei natürlicher Betrachtungsweise zu mindestens zwei deutlich voneinander abgrenzbaren Trunkenheitsfahrten gekommen sei. Bei dem Ausparkunfall nebst Aussteigen und Betrachten der Fahrzeuge habe es sich um eine kurzzeitige Unterbrechung gehandelt, die - auch in der Gesamtbetrachtung mit der vorherigen Fahrtunterbrechung in Form des Einkaufs - fahrerlaubnisrechtlich keinen neuen und eigenständigen Lebenssachverhalt begründet habe.
Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Revision des Beklagten.
Pressemitteilung Nr. 94/2023 vom 14.12.2023
Medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) bei Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss
Wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), die die Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigen, liegen nur dann vor, wenn der Betroffene in mindestens zwei vom äußeren Geschehensablauf her eigenständigen Lebenssachverhalten je eine oder mehrere solche Zuwiderhandlungen begangen hat. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig heute entschieden.
Die Klägerin begehrt die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis. Wegen in Tatmehrheit im Sinne des Strafgesetzbuchs begangener fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr sowie vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort hatte sie das Amtsgericht K. rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt und ihr die Fahrerlaubnis entzogen. Nach den Feststellungen im Strafurteil fuhr die Klägerin am 2. April 2015 mit ihrem PKW in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand (Blutalkoholkonzentration von 0,68 Promille) auf den Parkplatz eines Supermarkts. Nach dem Einkauf parkte sie rückwärts aus und fuhr dabei auf einen hinter ihrem Fahrzeug stehenden PKW auf. Sie stieg aus und begutachtete den entstandenen Schaden. Anschließend fuhr sie in ihre Wohnung zurück, ohne die erforderlichen Unfallfeststellungen treffen zu lassen.
Als die Klägerin im März 2018 beim Beklagten die Neuerteilung der Fahrerlaubnis beantragte, forderte er von ihr die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Sie habe am 2. April 2015 wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen, die Zweifel an ihrer Fahreignung begründeten. Zwischen den beiden Fahrten liege mit dem Aussteigen aus dem Fahrzeug und der Begutachtung des Schadens eine Zäsur. Da die Klägerin das Gutachten nicht beibrachte, lehnte der Beklagte die Fahrerlaubniserteilung ab.
Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat ihre Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat diese Entscheidung geändert und den Beklagten zur Erteilung der Fahrerlaubnis verpflichtet. Bei dem Geschehen am 2. April 2015 habe es sich nicht um wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV gehandelt. Das setze voraus, dass es bei natürlicher Betrachtungsweise zu mindestens zwei deutlich voneinander abgrenzbaren Trunkenheitsfahrten gekommen sei. Bei dem Ausparkunfall nebst Aussteigen und Betrachten der Fahrzeuge habe es sich nur um eine kurzzeitige Unterbrechung gehandelt, die - auch in der Gesamtbetrachtung mit der vorherigen Fahrtunterbrechung für den Einkauf - keinen neuen und eigenständigen Lebenssachverhalt begründet habe.
Die vom Beklagten gegen das Berufungsurteil eingelegte Revision hatte keinen Erfolg. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die Neuerteilung der Fahrerlaubnis. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Bundesrechtsverstoß angenommen, dass die Klägerin am 2. April 2015 nicht - wie in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV vorausgesetzt - wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen hat. Das ist nur dann der Fall, wenn der Betroffene in mindestens zwei vom äußeren Geschehensablauf her eigenständigen Lebenssachverhalten je eine oder mehrere solche Zuwiderhandlungen begangen hat. Auch wenn eine Trunkenheitsfahrt nach einem alkoholbedingten Unfall in Kenntnis der eigenen Fahruntüchtigkeit fortgesetzt wird, kann ein einheitlicher Geschehensablauf vorliegen. Im Fall der Klägerin ist die Annahme des Oberverwaltungsgerichts nicht zu beanstanden, dass die Trunkenheitsfahrt, die unfallbedingt nur für wenige Minuten unterbrochen war, einen einheitlichen Lebenssachverhalt darstellt.
Fußnote:
§ 11 Abs. 8 Satz 1 FeV:
Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen.
§ 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV:
Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis … ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden.
BVerwG 3 C 10.22 - Urteil vom 14. Dezember 2023
Vorinstanzen:
OVG Münster, OVG 16 A 2670/19 - Urteil vom 19. Januar 2022 -
VG Düsseldorf, VG 6 K 4858/18 - Urteil vom 23. Mai 2019 -
Urteil vom 14.12.2023 -
BVerwG 3 C 10.22ECLI:DE:BVerwG:2023:141223U3C10.22.0
Wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss (§ 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV)
Leitsatz:
Wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV), die die Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens rechtfertigen, liegen nur dann vor, wenn der Betroffene in mindestens zwei vom Geschehensablauf her eigenständigen Lebenssachverhalten je eine oder mehrere solche Zuwiderhandlungen begangen hat.
-
Rechtsquellen
StVG § 2 StGB §§ 52 f. FeV § 11 Abs. 8 Satz 1, § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und d, Nr. 8.1 der Anlage 4 -
Instanzenzug
VG Düsseldorf - 23.05.2019 - AZ: 6 K 4858/18
OVG Münster - 19.01.2022 - AZ: 16 A 2670/19
-
Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 14.12.2023 - 3 C 10.22 - [ECLI:DE:BVerwG:2023:141223U3C10.22.0]
Urteil
BVerwG 3 C 10.22
- VG Düsseldorf - 23.05.2019 - AZ: 6 K 4858/18
- OVG Münster - 19.01.2022 - AZ: 16 A 2670/19
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 14. Dezember 2023
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Tegethoff und Dr. Sinner
für Recht erkannt:
- Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 19. Januar 2022 wird zurückgewiesen.
- Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
Gründe
I
1 Die Klägerin begehrt die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis.
2 Das Amtsgericht K. verurteilte sie am 26. September 2016 wegen in Tatmehrheit im Sinne von § 53 Abs. 1 des Strafgesetzbuchs (StGB) begangener fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr sowie vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort rechtskräftig zu einer (Gesamt-)Geldstrafe, entzog ihr die Fahrerlaubnis und verhängte eine Sperrfrist für die Neuerteilung. Nach den im Strafurteil getroffenen Feststellungen fuhr die Klägerin am 2. April 2015 gegen 21:15 Uhr mit ihrem PKW in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand (Blutalkoholkonzentration von 0,68 Promille) auf den Parkplatz eines Supermarkts. Nach dem Einkauf parkte sie rückwärts aus und fuhr in einen hinter ihrem Fahrzeug stehenden PKW. Sie stieg aus und betrachtete den entstandenen Schaden. Dann fuhr sie in ihre Wohnung zurück, ohne die erforderlichen Unfallfeststellungen treffen zu lassen. Zu Hause trank sie nach eigenen Angaben bis zum Eintreffen der Polizei zwei Gläser Rotwein. Ihr wurden um 22:46 Uhr und um 23:24 Uhr Blutproben entnommen; sie wiesen Blutalkoholkonzentrationen von 1,48 und 1,37 Promille auf.
3 Als die Klägerin beim Beklagten im März 2018 die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis beantragte, forderte er von ihr gestützt auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und d der Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens. Wegen des Strafurteils vom 26. September 2016, das von zwei selbständigen Trunkenheitsfahrten mit einer Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,68 Promille ausgehe, bestünden Zweifel an ihrer Kraftfahreignung. Sie habe am 2. April 2015 wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen; zwischen den beiden Fahrten liege eine Zäsur.
4 Da der Beklagte trotz der von der Klägerin vorgetragenen Einwände an der Aufforderung festhielt, hat sie am 4. Juni 2018 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf Klage erhoben.
5 Mit Bescheid vom 3. Juli 2018 lehnte der Beklagte den Neuerteilungsantrag der Klägerin ab und setzte eine Verwaltungsgebühr sowie Zustellauslagen in Höhe von insgesamt 258,14 € fest. Nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV sei wegen der Nichtbeibringung des medizinisch-psychologischen Gutachtens auf ihre fehlende Fahreignung zu schließen. Die Klägerin hat den Bescheid in das Klageverfahren einbezogen.
6 Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen die erstinstanzliche Entscheidung geändert und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids verpflichtet, ihr die Fahrerlaubnis für die Klassen AM, A1, B und L neu zu erteilen. Zur Begründung wird ausgeführt: Die Klage sei begründet. Die Klägerin erfülle im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die (Neu-)Erteilungsvoraussetzungen. Es sei nicht erkennbar, dass ihr wegen Alkoholmissbrauchs nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung die Fahreignung fehle. Der Beklagte habe nicht gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf ihre Nichteignung schließen dürfen, weil sie das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht vorgelegt habe. Die Beibringensaufforderung habe er nicht auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV stützen dürfen. Bei dem Geschehen am 2. April 2015 habe es sich nicht um wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss im Sinne dieser Regelung gehandelt. Voraussetzung dafür wäre, dass der Betroffene in mindestens zwei vom äußeren Ablauf her eigenständigen Lebenssachverhalten je eine (oder mehrere) Zuwiderhandlung(en) im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen habe. Es müsse sich bei natürlicher Betrachtungsweise um mindestens zwei deutlich voneinander abgrenzbare Trunkenheitsfahrten gehandelt haben. Der Wortlaut der Regelung sei für die Frage, wann wiederholte Zuwiderhandlungen vorlägen, nicht hinreichend aussagekräftig. Auch die systematische Auslegung gebe insoweit keine klare Antwort. Wegen der Wechselbeziehung zwischen den einzelnen Tatbeständen des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV sei in den Blick zu nehmen, dass nach dem Buchstaben c erst bei einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille die Beibringung eines Gutachtens anzuordnen sei. Um einen Wertungswiderspruch zu vermeiden, könnte das ein Anhaltspunkt dafür sein, beim Buchstaben b, wo bereits eine Blutalkoholkonzentration von 0,5 Promille ausreiche, erhöhte Anforderungen an die Annahme einer wiederholten Zuwiderhandlung zu stellen. In die gleiche Richtung weise die Entstehungsgeschichte der Regelung. In der Entwurfsbegründung heiße es zum Buchstaben b, die Maßnahme sei bereits bei einem wiederholten Alkoholverstoß zu ergreifen. Der Begriff "Alkoholverstoß" bezeichne typischerweise den gesamten Lebenssachverhalt einer Fahrt unter Alkoholeinfluss. Im Ergebnis hätten Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte aber nur eine geringe Aussagekraft. Deshalb komme dem Sinn und Zweck der Regelung erhebliche Bedeutung zu. § 13 Satz 1 FeV solle für die Zukunft alkoholbedingte Risiken für die Verkehrssicherheit so weit wie möglich ausschalten. Ob Wiederholungsgefahr bestehe, sei auf der Grundlage einer Prognose zu beurteilen. Daher sei von maßgeblicher Bedeutung, ob die Umstände des Einzelfalls berechtigte Zweifel an der künftigen Trennung des Alkoholkonsums vom Führen eines Kraftfahrzeugs begründeten. Das hänge im Rahmen der hier vorzunehmenden Gesamtbetrachtung insbesondere vom zeitlichen und räumlichen Ablauf bzw. von der Dauer und Qualität der Fahrtunterbrechung ab. Danach sei das Verhalten der Klägerin am 2. April 2015 als eine einmalige und einheitliche Trunkenheitsfahrt zu werten, die dem Einkauf gedient habe. Bei dem Ausparkunfall mit dem anschließenden Aussteigen und Betrachten der Fahrzeuge handele es sich um eine kurzzeitige Unterbrechung, die - auch zusammen mit der vorherigen Fahrtunterbrechung zum Einkauf - fahrerlaubnisrechtlich keinen neuen und eigenständigen Lebenssachverhalt begründet habe. Parkplatzunfälle kämen häufig vor und beruhten vielfach nur auf einer (leichten) Unachtsamkeit, ohne dass eine Alkoholisierung vorliege. Deshalb indiziere ein solcher Unfall nicht ohne Weiteres, dass dessen Ursache im Alkoholkonsum gelegen habe. Solchen Unfällen komme nicht unbedingt die Wirkung zu, den einheitlichen Lebenszusammenhang der Fahrt zu beenden. Hier habe der Unfall nur zu einer kurzen Fahrtunterbrechung geführt. Die Klägerin habe nach dem Unfall die vorher geplante Fahrstrecke auch nicht erheblich geändert. Die kurze Unterbrechung durch den Einkauf führe ebenfalls nicht dazu, dass von wiederholten Zuwiderhandlungen auszugehen sei. Die Aufforderung, das medizinisch-psychologische Gutachten beizubringen, habe auch nicht auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt werden können. Die weiteren Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis seien erfüllt.
7 Zur Begründung seiner Revision macht der Beklagte geltend: Das Berufungsgericht habe die Anwendbarkeit von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV zu Unrecht verneint. Durch den Unfall sei eine Zäsur eingetreten, so dass von zwei Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss im Sinne dieser Regelung auszugehen sei. Ob das der Fall sei, müsse nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift auch mit Blick darauf beantwortet werden, ob das Handeln Ausdruck einer mangelnden Trennung von Alkoholkonsum und dem Führen von Kraftfahrzeugen sei. Das lege hier der Umstand nahe, dass die Klägerin auch nach der Kollision keine Veranlassung gesehen habe, die Weiterfahrt zu unterlassen. Damit habe sie eine besondere zusätzliche Gleichgültigkeit gegenüber den Erfordernissen des Straßenverkehrs an den Tag gelegt.
8 Die Klägerin tritt der Revision entgegen und verteidigt das angegriffene Berufungsurteil. § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV sei nicht anwendbar, wenn - wie hier - eine Tat im strafprozessualen Sinne, also ein einheitlicher geschichtlicher Lebensvorgang, vorgelegen habe. Sie habe nicht die Möglichkeit gehabt, ihr Handeln vor dessen Fortsetzung noch einmal in zeitlicher Distanz zu überdenken.
9 Die Vertreterin des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht vertritt in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Digitales und Verkehr die Auffassung, die Heranziehung des materiell-strafrechtlichen Tatbegriffs sei nicht sachgerecht, da für die Eignungsbeurteilung eine Prognoseentscheidung zu treffen sei und es nicht - wie im Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht - um eine Sanktion gehe. Für die Annahme wiederholter Zuwiderhandlungen im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV komme es darauf an, ob mindestens zwei räumlich und zeitlich deutlich abgrenzbare Lebenssachverhalte einen problematischen Umgang mit Alkohol im Straßenverkehr nahelegten. Auch ein Unfall, der dem Betroffenen seine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit habe zeigen müssen, führe nicht dazu, dass ein deutlich abgrenzbarer Lebenssachverhalt anzunehmen sei.
II
10 Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass die Klägerin einen Anspruch auf die beantragte Neuerteilung der Fahrerlaubnis hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), beruht nicht auf der Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Beklagte durfte nicht gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV ihre Fahreignung verneinen, weil sie das geforderte medizinisch-psychologische Gutachten nicht beigebracht hatte. Das Oberverwaltungsgericht hat auf der Grundlage seiner revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden tatrichterlichen Würdigung der hier gegebenen Umstände ohne Verstoß gegen Bundesrecht angenommen, dass der Beklagte die Beibringensaufforderung nicht auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV stützen durfte, weil die Klägerin am 2. April 2015 nicht wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen hatte (1. und 2.). Die Beibringensaufforderung konnte auch nicht auf eine andere Rechtsgrundlage gestützt werden (3.). Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind auch die weiteren Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis erfüllt (4.). Danach erweist sich zugleich die Auferlegung von Verwaltungskosten als rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (5.).
11 1. Maßgeblich für die Beurteilung des Verpflichtungsbegehrens der Klägerin auf Neuerteilung einer Fahrerlaubnis ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Zur Anwendung kommen damit die rechtlichen Regelungen, die auch das Berufungsgericht zugrunde zu legen hätte, wenn es zum Zeitpunkt des revisionsgerichtlichen Urteils entschiede (stRspr, vgl. u. a. BVerwG, Urteil vom 17. März 2021 - 3 C 3.20 - BVerwGE 172, 18 Rn. 12 m. w. N.). Anzuwenden sind daher das Straßenverkehrsgesetz (StVG) in der Fassung vom 5. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), zum maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Artikel 8 des Gesetzes vom 21. November 2023 (BGBl. I Nr. 315), sowie die Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV) vom 13. Dezember 2010 (BGBl. I S. 1980), zum maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Artikel 4 der Verordnung vom 20. Juli 2023 (BGBl. I Nr. 199).
12 Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 FeV gelten für die Neuerteilung einer Fahrerlaubnis nach vorangegangener Entziehung die Vorschriften für die Ersterteilung. Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 StVG müssen die Fahrerlaubnisbewerber zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet sein. Die Eignung besitzt nach § 2 Abs. 4 Satz 1 StVG sowie § 11 Abs. 1 Satz 1 und 3 FeV, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat. Die Anforderungen sind insbesondere dann nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 zur Fahrerlaubnis-Verordnung vorliegt, wodurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird (§ 11 Abs. 1 Satz 2 FeV). Nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ist bei Alkoholmissbrauch die Eignung ausgeschlossen; er liegt vor, wenn das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können. Von Eignung kann gemäß Nr. 8.2 der Anlage 4 nach Beendigung des Missbrauchs ausgegangen werden; er kann angenommen werden, wenn die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist.
13 Gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV darf die Fahrerlaubnisbehörde, bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn er sich weigert, sich untersuchen zu lassen oder das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht beibringt. Nach ständiger Rechtsprechung ist der Schluss auf die fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen nur gerechtfertigt, wenn die Anforderung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (stRspr, vgl. u. a. BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2020 - 3 C 5.20 - BVerwGE 171, 1 Rn. 18 m. w. N.). Zu beurteilen ist dies nach der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt ihres Ergehens (stRspr, vgl. u. a. BVerwG, Urteile vom 17. November 2016 - 3 C 20.15 - BVerwGE 156, 293 Rn. 14 und vom 4. Dezember 2020 - 3 C 5.20 - BVerwGE 171, 1 Rn. 15 und 25).
14 2. Die Voraussetzungen des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV für die Aufforderung zur Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens waren bei Ergehen der Aufforderung nicht erfüllt. Nach dieser Bestimmung ordnet die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis an, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden.
15 Wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV liegen nur dann vor, wenn der Betroffene in mindestens zwei vom Geschehensablauf her räumlich und zeitlich eigenständigen deutlich voneinander abgrenzbaren Lebenssachverhalten je eine oder mehrere solche Zuwiderhandlungen begangen hat; davon ist das Oberverwaltungsgericht in Übereinstimmung mit Bundesrecht ausgegangen (a). Seine tatrichterliche Würdigung, in der Unterbrechung der Fahrt durch den Einkauf im Supermarkt und in dem anschließend von der Klägerin auf dem Parkplatz verursachten alkoholbedingten Unfall liege keine hinreichend deutliche Zäsur, die zu einer Aufspaltung des Lebenssachverhalts in mehrere Trunkenheitsfahrten geführt habe, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden (b).
16 a) Wortlaut (aa), Systematik (bb) und Entstehungsgeschichte des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV (cc) haben nur eine geringe Aussagekraft für die Frage, unter welchen Voraussetzungen bei einem zeitlich gestreckten Geschehensablauf wiederholt Zuwiderhandlungen begangen worden sind. Deshalb kommt dem Sinn und Zweck der Vorschrift erhebliche Bedeutung zu (dd). Gegen diesen rechtlichen Ausgangspunkt des Oberverwaltungsgerichts (UA S. 14) ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
17 aa) Der Wortlaut des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV, wonach "wiederholt" Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen worden sein müssen, setzt voraus, dass dem Betroffenen mindestens zwei solche Zuwiderhandlungen zur Last fallen. "Wiederholt" bedeutet nach dem allgemeinen Begriffsverständnis so viel wie "mehrmals", "mehr als einmal", "mindestens zweimal". Dagegen gibt dieser Begriff keinen Aufschluss darüber, wann bei einem zeitlich gestreckten Geschehensablauf eine Zuwiderhandlung endet und eine zweite, neue Zuwiderhandlung beginnt.
18 Der in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV verwendeten Formulierung "Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss" ist aber zu entnehmen, dass dem erreichten Blutalkoholgehalt und dem Führen eines Fahrzeugs unter dessen Einfluss nicht mehrere getrennte Trinkereignisse vorangegangen sein müssen. Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch meint der Begriff "Zuwiderhandlung" eine gegen ein Verbot, eine Anordnung gerichtete Handlung (vgl. etwa Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 7. Aufl. 2011; ebenso BVerwG, Urteil vom 7. April 2022 - 3 C 9.21 - BVerwGE 175, 206 Rn. 27). Maßgeblich ist daher, wie oft es mit dem - wie auch immer - erreichten, die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholpegel zu einem Verkehrsverstoß, sei es in Gestalt einer Ordnungswidrigkeit oder einer Straftat, gekommen ist. Alkoholkonsum begründet für sich genommen noch keinen solchen Verkehrsverstoß. Straßenverkehrsrechtlich relevant im Sinne einer "Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss" wird er erst dann, wenn er ein die Fahrsicherheit beeinträchtigendes Ausmaß erreicht und vom Betroffenen nicht vom Führen eines Fahrzeugs im Straßenverkehr getrennt wird. Das ergibt sich sowohl aus den einschlägigen Regelungen des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts (vgl. § 315 c Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und § 316 Abs. 1 StGB: "Wer im Straßenverkehr/Verkehr ... ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke ... nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, ...") als auch aus der Definition des fahrerlaubnisrechtlichen Begriffs "Alkoholmissbrauch" in Nr. 8.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung ("Das Führen von Fahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum kann nicht hinreichend sicher getrennt werden.").
19 bb) Die Normsetzungsmaterialien sind in Bezug auf die Frage unergiebig, wann von wiederholten Zuwiderhandlungen auszugehen ist. In der Begründung zu § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV heißt es lediglich, Buchstabe b stelle gegenüber dem Punktsystem in § 4 StVG eine Spezialvorschrift dar, wonach die Maßnahme der Eignungsüberprüfung bereits bei einem wiederholten Alkoholverstoß zu ergreifen ist, unabhängig von der Punktzahl (VkBl. 1998, 1070; abgedruckt auch in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, vor § 13 FeV). Der Begriff "wiederholt" wird damit in der Begründung zwar verwendet, aber auch dort nicht näher erläutert.
20 Aus dem in der Begründung enthaltenen Wort "Alkoholverstoß" ergeben sich keine weitergehenden Anhaltspunkte. Dabei handelt es sich, wie aus dem Fehlen gegenteiliger Anhaltspunkte zu schließen ist, lediglich um ein abkürzendes Synonym für die im Normtext des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV verwendete längere Formulierung "Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss". Abgesehen davon wird auch mit der in der Normbegründung verwendeten Formulierung "bei einem wiederholten Alkoholverstoß" eine mehrfache Regelverletzung vorausgesetzt, nicht aber auf die Art des Alkoholkonsums abgestellt. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Begriff des Alkoholverstoßes umfasse typischerweise den gesamten Lebenssachverhalt einer Fahrt unter Alkoholeinfluss (UA S. 14), führt für die Abgrenzung, wann von einer relevanten Unterbrechung eines Lebenssachverhalts und damit von mehreren Zuwiderhandlungen im Sinne des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV auszugehen ist, nicht weiter.
21 cc) Weiterführende Anhaltspunkte und Kriterien für die Abgrenzung zwischen einer einmaligen Zuwiderhandlung und wiederholten, also mehrfachen Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss im Sinne des Buchstaben b erschließen sich ebenso wenig aus der Normsystematik des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV, namentlich einem Abgleich des Buchstaben b mit den in den weiteren Buchstaben der Nummer 2 genannten Voraussetzungen, die ebenfalls zur Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens führen.
22 In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des erkennenden Senats geht das Oberverwaltungsgericht davon aus, dass der Verordnungsgeber mit den Tatbeständen des § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV verschiedene Lebenssachverhalte erfasst, die die Fahrerlaubnisbehörde jeweils selbständig zur Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens verpflichten. Diese Tatbestände stehen jedoch nicht beziehungslos nebeneinander. Vielmehr hat der Verordnungsgeber mit ihnen einen Rahmen geschaffen, bei dessen Ausfüllung auch die jeweils anderen Tatbestände und die ihnen zugrundeliegenden Wertungen zu berücksichtigen sind. Das gilt namentlich für die Tatbestände des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b und c FeV (BVerwG, Urteil vom 17. März 2021 - 3 C 3.20 - BVerwGE 172, 18 Rn. 17).
23 Ausgehend davon hat das Oberverwaltungsgericht erwogen, der Umstand, dass gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c FeV bei einem Betroffenen, der einmalig ein Fahrzeug im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss geführt hat, erst ab einer Blutalkoholkonzentration von 1,6 Promille oder mehr die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen sei, könne zumindest einen Anhaltspunkt dafür geben, dass beim Buchstaben b, wo bereits eine erheblich niedrigere Blutalkoholkonzentration genüge, erhöhte Anforderungen an die Bejahung einer wiederholten Zuwiderhandlung zu stellen seien (UA S. 13). Welche Umstände "erhöhten" Anforderungen genügen sollten, hat es offen gelassen. Unklar ist auch, welchen Bezug die Höhe des beim Betroffenen festgestellten Alkoholpegels zu der im Rahmen des Buchstaben b zu beantwortenden Frage aufweisen soll, ob er eine oder mehrere Zuwiderhandlungen unter Alkoholeinfluss begangen hat. Den Regelungen der Buchstaben b und c liegen unterschiedliche Anknüpfungspunkte zugrunde, was die Eignungszweifel betrifft, die nach der Wertung des Verordnungsgebers der Klärung durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten bedürfen. Die im Buchstaben c angeführten Alkoholwerte, die schon bei einer einmaligen Zuwiderhandlung unter Alkoholeinfluss im Straßenverkehr die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zur Folge haben, gehen ausweislich der Normsetzungsmaterialien auf die auf gesicherten Erkenntnissen der Alkoholforschung beruhende Einschätzung des Verordnungsgebers zurück, dass Betroffene mit Blutalkoholkonzentrationen ab 1,6 Promille über deutlich abweichende Trinkgewohnheiten und eine ungewöhnliche Trinkfestigkeit verfügten. Solche Personen würden doppelt so häufig rückfällig wie Personen mit geringeren Blutalkoholkonzentrationen (vgl. BR-Drs. 443/98 [Beschluss] S. 5 f. sowie BVerwG, Urteil vom 17. März 2021 - 3 C 3.20 - BVerwGE 172, 18 Rn. 35). Danach knüpft die Annahme einer Wiederholungs- und Rückfallgefahr im Buchstaben c an den beim Betroffenen festgestellten ungewöhnlich hohen Alkoholpegel und dessen daraus zu entnehmende Trinkgewohnheiten an. Dagegen besteht nach dem Buchstaben b der Grund für Eignungszweifel darin, dass der Betroffene in der Vergangenheit wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen hat; angeknüpft wird hier also an den Umstand mehrfacher Zuwiderhandlungen.
24 dd) Nach all dem kommen - wie das Oberverwaltungsgericht angenommen hat (UA S. 14) – dem Sinn und Zweck der Regelung erhebliche Bedeutung für die Auslegung und Anwendung der Tatbestandsvoraussetzung der "wiederholt" begangenen "Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss" im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV zu.
25 (1) § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV verpflichtet die Fahrerlaubnisbehörde, vom Betroffenen die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu fordern, wenn nach Maßgabe der in den Buchstaben a bis e konkretisierten Voraussetzungen berechtigte Zweifel an der Fahreignung des Betroffenen im Zusammenhang mit einer Alkoholproblematik bestehen.
26 Die Regelung des § 13 FeV dient - nicht anders als § 14 FeV in Bezug auf Betäubungsmittel - der Gefahrenabwehr und nicht der Sanktionierung eines vom Betroffenen in der Vergangenheit gezeigten Fehlverhaltens im Straßenverkehr. § 13 FeV soll für die Zukunft alkoholbedingte Risiken für die Verkehrssicherheit soweit wie möglich ausschließen (stRspr, BVerwG, Urteil vom 17. März 2021 - 3 C 3.20 - BVerwGE 172, 18 Rn. 21 f.). Es geht der Sache nach um die Klärung der Frage, ob Wiederholungsgefahr besteht. Das ist zugleich für die Auslegung der in § 13 Satz 1 Nr. 2 FeV aufgeführten Tatbestandsmerkmale von Bedeutung (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2021 a. a. O. Rn. 22). Verhindert werden soll, dass es erneut zu Alkoholmissbrauch im fahrerlaubnisrechtlichen Sinne kommt. Die Frage, ob ein solcher die Fahreignung ausschließender Alkoholmissbrauch durch den Betroffenen zu befürchten ist, ist auf der Grundlage einer Prognose zu beantworten. Deren Gegenstand ist, ob durchgreifende Zweifel daran bestehen, dass der Betroffene künftig das Führen eines Kraftfahrzeugs und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum in der gebotenen Weise trennen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2021 a. a. O. Rn. 22).
27 Wesentlich für die Auslegung der in § 13 FeV aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen ist darüber hinaus, dass es dort noch nicht unmittelbar um die Entziehung oder - wie hier - die Erteilung der Fahrerlaubnis geht, sondern - wie schon der amtlichen Überschrift zu entnehmen ist - um die dieser Entscheidung vorgelagerte Klärung von Eignungszweifeln bei einer Alkoholproblematik. Die Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens dient - wie § 13 Satz 1 Halbsatz 1 FeV ausdrücklich bestimmt - der Vorbereitung der Entscheidung der Fahrerlaubnisbehörde über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. April 2022 - 3 C 9.21 - BVerwGE 175, 206 Rn. 30 m. w. N.). Für eine Gutachtenanforderung gemäß § 13 FeV genügen sachlich fundierte Zweifel an der Fahreignung (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. März 2021 - 3 C 3.20 - BVerwGE 172, 18 Rn. 23).
28 (2) Ausgehend davon präjudiziert die strafgerichtliche Würdigung des Tatgeschehens nicht dessen Bewertung in fahrerlaubnisrechtlicher Sicht (ebenso VGH München, Urteil vom 6. August 2012 - 11 B 12.416 - juris Rn. 28 f.; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 27. Februar 2007 - OVG 5 S 3.07 - juris Rn. 6; Dauer in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 13 FeV Rn. 22 m. w. N.). Der Umstand, dass das Strafgericht in seinem Urteil vom 26. September 2016 das Geschehen vom 2. April 2015 als fahrlässige Trunkenheitsfahrt und vorsätzliche Trunkenheitsfahrt nebst unerlaubtem Entfernen vom Unfallort begangen in zwei selbständigen Handlungen gewertet hatte und von Tatmehrheit im Sinne von § 53 Abs. 1 StGB ausgegangen war, führt nicht dazu, dass bei der Anwendung von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV von wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss auszugehen ist.
29 (a) Diese Einordnung des Tatgeschehens vom 2. April 2015 durch das Amtsgericht folgt einer Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs. Er hat dort darauf abgestellt, dass der Angeklagte nach einem alkoholbedingt verursachten Unfall, da er - wie er wusste - durch die sich aus § 142 StGB ergebende Wartepflicht an den Unfallort gebunden gewesen war, einen neuen Tatentschluss gefasst habe. Durch den Unfall sei er vor eine neue Lage gestellt worden. Die Fahrt habe sich - auch wenn das Fahrtziel das gleiche geblieben sei - in eine Flucht zum Zwecke der Erschwerung der Feststellungen über die Art der Unfallbeteiligung umgewandelt. Der zweite Abschnitt der Fahrt habe auf einem neuen, auf anderer Grundlage gefällten Entschluss beruht. Deshalb sei nicht eine einheitliche Trunkenheitsfahrt, sondern Tatmehrheit im Sinne von § 53 Abs. 1 StGB anzunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Februar 1967 - 4 StR 461/66 - BGHSt 21, 203 = juris Rn. 9).
30 Diese Einordnung steht jedoch - wie das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat (UA S. 11) – in einem anderen sachlichen Zusammenhang als die fahrerlaubnisrechtliche Prüfung wiederholter Zuwiderhandlungen im Sinne des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV. Bei der strafrechtlichen Bewertung zur Bestimmung des Konkurrenzverhältnisses begangener Straftaten nach §§ 52 f. StGB geht es nicht um Gefahrenabwehr und Prävention wie bei § 13 FeV, sondern um die Sanktionierung eines in der Vergangenheit liegenden strafrechtlich relevanten Fehlverhaltens, konkret um die Strafbemessung bei mehreren Gesetzesverletzungen.
31 Die strafgerichtliche Betrachtung ist daher für die Bewertung des Tatgeschehens im Rahmen von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV nicht maßgebend. Ausschlaggebend muss hier wegen der gefahrenabwehrrechtlichen Ausrichtung von § 13 FeV vielmehr sein, ob in dem Entschluss zur Fortführung der Fahrt nach einem alkoholbedingt verursachten Unfall ein eigenständiger Anknüpfungspunkt dafür zu sehen ist, dass bei dem Betroffenen die Gefahr besteht, er werde sich auch künftig nicht an das Gebot halten, das Führen eines Fahrzeugs von einem die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum zu trennen.
32 (b) Ebenso wenig kann - worauf die Klägerin abzielt - bei der Anwendung von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV auf den (straf-)prozessualen Tatbegriff des § 264 StPO abgestellt werden. Nach § 264 Abs. 1 StPO ist Gegenstand der Urteilsfindung die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Verhandlung darstellt. Der (straf-)prozessuale Tatbegriff bestimmt und begrenzt den Prüfungsumfang des Strafgerichts und ist u. a. für die Reichweite des Strafklageverbrauchs entscheidend. Verstanden als Tat im (straf-)prozessualen Sinne wird ein einheitlicher geschichtlicher Vorgang, der sich von anderen oder gleichartigen unterscheidet, und innerhalb dessen der Angeklagte einen Straftatbestand oder mehrere verwirklicht haben soll (vgl. Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, Strafprozessordnung mit GVG und Nebengesetzen, 66. Aufl. 2023, § 264 StPO Rn. 2 ff. m. w. N.). Dieser Tatbegriff stellt auf einen einheitlichen geschichtlichen Lebensvorgang ab; er kann mehrere Handlungen im Sinne der §§ 52 f. StGB umfassen. Das zeigt exemplarisch die strafgerichtliche Beurteilung im vorliegenden Fall. Auch der (straf-)prozessuale Tatbegriff steht jedoch - wie gezeigt - in einem anderen Sachzusammenhang als der auf Prävention und die Aufklärung von Eignungszweifeln ausgerichtete § 13 FeV.
33 (3) Ausgehend vom Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck der Regelung liegen wiederholte Zuwiderhandlungen unter Alkoholeinfluss im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV, die zur Anforderung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens führen, nur dann vor, wenn der Betroffene in mindestens zwei vom Geschehensablauf her eigenständigen und deutlich voneinander abgrenzbaren Lebenssachverhalten je eine oder mehrere solche Zuwiderhandlungen begangen hat.
34 Ob das der Fall ist, lässt sich, wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend angenommen hat (UA S. 15), nur durch eine Gesamtbetrachtung der Einzelumstände des Tatgeschehens feststellen. In den Blick zu nehmen sind dabei insbesondere der zeitliche Ablauf sowie die räumlichen Verhältnisse und damit auch die Dauer und Qualität einer eventuellen Fahrtunterbrechung. Erforderlich für die Annahme einer "wiederholten" Zuwiderhandlung ist, dass es zu mindestens zwei voneinander deutlich abgrenzbaren Trunkenheitsfahrten gekommen ist. Soweit das Oberverwaltungsgericht für die Beurteilung auf eine "natürliche" Betrachtungsweise abstellen möchte (UA S. 11 f.), bleibt offen, unter welchen Voraussetzungen eine Betrachtung noch als "natürlich" qualifiziert werden kann. Daher führt dieses Merkmal für die Abgrenzung nicht weiter.
35 Ausgehend von diesen Grundsätzen wird die kurze Unterbrechung einer Fahrt, etwa zum Tanken, zu einer kurzen Rast, zum Aufsuchen einer Toilette, zu einem raschen Einkauf oder ähnlichen nur wenig Zeit in Anspruch nehmenden Verrichtungen in der Regel keine relevante Fahrtunterbrechung oder Zäsur begründen (vgl. OVG Münster, Beschlüsse vom 2. November 2009 - 16 A 343/09 - juris Rn. 5 und vom 11. Januar 2018 - 16 B 1465/17 - juris Rn. 10). Die anschließende Fortsetzung der Fahrt, bei der der Führer des Fahrzeugs nach wie vor durch vorangegangenen Alkoholkonsum in seiner Fahrsicherheit beeinträchtigt ist, wird in solchen Fällen regelmäßig nicht die Annahme wiederholter Zuwiderhandlungen im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV rechtfertigen.
36 Bei einem vom Fahrzeugführer alkoholbedingt verursachten Unfall ist zu prüfen, ob sich aus dem Entschluss zur Weiterfahrt vergleichbar einer weiteren Zuwiderhandlung unter Alkoholeinfluss mit größerem zeitlichen Abstand Zweifel daran ergeben, dass der Betroffene künftig das Trennungsgebot wahren wird. Solche Zweifel können insbesondere dann gerechtfertigt sein, wenn dem Betroffenen durch den Unfall bewusst geworden sein musste, dass er wegen des Alkoholkonsums nicht mehr fahrtüchtig war, er die Fahrt aber dennoch fortgesetzt hat (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 11. Januar 2018 - 16 B 1465/17 - juris Rn. 10). Auf die Frage, ob die Fortsetzung der Fahrt nach einem alkoholbedingten Unfall einen charakterlichen oder einen anders einzuordnenden Fahreignungsmangel begründet (vgl. VGH München, Urteil vom 6. August 2012 - 11 B 12.416 - juris Rn. 34), kommt es nicht an. Alkoholmissbrauch im fahrerlaubnisrechtlichen Sinn, also die fehlende Trennung eines die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsums vom Führen eines Fahrzeugs, beruht nicht selten auf einer mangelnden Trennungsbereitschaft und legt diesen Eignungsmangel offen. Nr. 8.1 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung knüpft daran an.
37 Ungeachtet dessen kann es auch dann, wenn der Betroffene eine Trunkenheitsfahrt nach einem von ihm alkoholbedingt verursachten Unfall fortsetzt, nach Maßgabe der weiteren in die Gesamtbetrachtung des Tatgeschehens einzustellenden Umstände gerechtfertigt sein, einen einheitlichen Geschehensablauf und damit nur eine, nicht aber wiederholte Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss anzunehmen. Ob das der Fall ist oder ob mehrere deutlich voneinander abgrenzbare Trunkenheitsfahrten anzunehmen sind, ist durch Würdigung der tatsächlichen Umstände des Einzelfalls zu entscheiden.
38 b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die tatrichterliche Würdigung der Einzelumstände durch das Oberverwaltungsgericht, das in dem Tatgeschehen vom 2. April 2015 nicht mehrere, sondern nur eine Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss gesehen hat, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
39 Das Oberverwaltungsgericht hat im Wesentlichen darauf abgestellt, dass es durch Einkauf und Unfall lediglich zu einer kurzzeitigen Unterbrechung gekommen sei und die Klägerin sodann wie vorgesehen unmittelbar zu ihrer Wohnung zurückgefahren sei. Parkplatzunfälle kämen häufig vor und beruhten vielfach lediglich auf einer (leichten) Unachtsamkeit, ohne dass insofern eine Alkoholisierung vorliege (UA S. 16). Auch die nach den Feststellungen des Amtsgerichts anzunehmende Blutalkoholkonzentration der Klägerin von 0,68 Promille und der durch den Unfall verursachte Schaden von 596,42 € sprächen nicht für eine Zäsurwirkung (UA S. 17).
40 Mit seiner Würdigung, dass der Unfall der Klägerin ihre Einkaufsfahrt nicht in zwei eigenständige, deutlich voneinander abgrenzbare Lebenssachverhalte unterteilt hat und damit nur eine Zuwiderhandlung im Sinne des § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV vorliegt, hat das Oberverwaltungsgericht den ihm zukommenden Wertungsrahmen nicht überschritten. Anhaltspunkte dafür, dass es mit seinem Hinweis auf die Häufigkeit von Parkplatzunfällen, auch solchen ohne Alkoholeinfluss, verkannt haben könnte, dass die Klägerin jedenfalls nach den Feststellungen des Strafgerichts alkoholbedingt gegen das andere Fahrzeug gefahren ist, ergeben sich aus dem Berufungsurteil nicht. Die generellen Überlegungen zur Häufigkeit derartiger Unfälle sind für das Oberverwaltungsgericht lediglich ein Gesichtspunkt für die Einordnung und Gewichtung des hier in Rede stehenden Unfallgeschehens.
41 3. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, die Anforderung des medizinisch-psychologischen Gutachtens sei auch nicht auf der Grundlage einer anderen Rechtsgrundlage gerechtfertigt gewesen (UA S. 18 ff.). Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
42 a) Die Gutachtensanforderung konnte - entgegen der Auffassung des Beklagten, der diese Vorschrift als weitere Rechtsgrundlage angeführt hatte - nicht auf § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV gestützt werden. Nach dieser Bestimmung ordnet die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an, wenn die Fahrerlaubnis aus einem der unter den Buchstaben a bis c genannten Gründe entzogen war.
43 Fahrerlaubnisentziehung im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d FeV ist auch eine durch ein Strafgericht gemäß §§ 69, 69a StGB angeordnete Entziehung der Fahrerlaubnis (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. Juni 2013 - 3 B 71.12 - NJW 2013, 3670 Rn. 5 f.; Dauer, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 47. Aufl. 2023, § 13 FeV Rn. 26 m. w. N.). Jedoch genügt es, damit die innere Kohärenz der in den Buchstaben des § 13 Satz 1 FeV aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen erhalten bleibt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 17. März 2021 - 3 C 3.20 - BVerwGE 172, 18 Rn. 17 m. w. N.), aus den genannten Gründen nicht, wenn das Strafgericht bei der Fahrerlaubnisentziehung (§ 69 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 und 2, § 69a StGB) von in Tatmehrheit nach § 53 StGB Abs. 1 begangenen Trunkenheitsfahrten ausgegangen ist. Von einer aus dem im Buchstaben b genannten Grund entzogenen Fahrerlaubnis kann vielmehr nur dann ausgegangen werden, wenn aus der vom Präventionsgedanken geprägten fahrerlaubnisrechtlichen Perspektive von wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss im Sinne von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV auszugehen ist. Das ist hier - wie dargelegt - nicht der Fall.
44 b) Ebenso wenig findet die Beibringensaufforderung in § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe a 2. Alternative FeV eine rechtliche Grundlage; nach dieser Bestimmung ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten beizubringen ist, wenn sonst Tatsachen die Annahme von Alkoholmissbrauch begründen.
45 Auch hier gilt aus den dargestellten Erwägungen, dass das Geschehen vom 2. April 2015, wenn es die Voraussetzungen des Buchstaben b nicht erfüllt, für sich genommen nicht als sonstige Tatsache gewertet werden kann, die im Sinne des Buchstaben a 2. Alternative die Annahme von Alkoholmissbrauch begründet. Der Nachtrunk der Klägerin und der dadurch erreichte hohe Blutalkoholgehalt von 1,48 und 1,37 Promille können ebenfalls nicht als Zusatztatsache herangezogen werden, die die Anwendung des Buchstaben a 2. Alternative rechtfertigen könnte. Die Klägerin hat nach diesem zusätzlichen Alkoholkonsum kein Fahrzeug im Straßenverkehr geführt.
46 c) Die Ermächtigungsgrundlagen in § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 9 Buchst. b FeV tragen die Beibringensaufforderung ebenfalls nicht.
47 Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV kann bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden. Können jedoch im Rahmen von § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b FeV im Tatgeschehen vom 2. April 2015 keine wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss gesehen werden, steht das zugleich der Annahme wiederholter Verstöße gegen verkehrsrechtliche Vorschriften im Sinne von § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV entgegen.
48 Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 9 Buchst. b FeV kann die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens angeordnet werden, wenn der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruht. Die Voraussetzungen der Nummer 4 waren zum maßgeblichen Zeitpunkt der Gutachtensanforderung indes nicht erfüllt, da die Klägerin - wie gezeigt - am 2. April 2015 keinen wiederholten Verstoß gegen verkehrsrechtliche Vorschriften im Sinne der Nummer 4 begangen hatte.
49 Damit kann die Frage dahinstehen, inwieweit § 13 FeV in Bezug auf die Klärung von Eignungszweifeln bei Alkoholproblematik eine abschließende Spezialregelung gegenüber § 11 FeV darstellt, wovon das Berufungsgericht ausgegangen ist (UA S. 20).
50 4. Gegen die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, zum für die Entscheidung über das Verpflichtungsbegehren der Klägerin maßgeblichen Zeitpunkt seiner gerichtlichen Entscheidung seien auch die weiteren Voraussetzungen für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis erfüllt gewesen, ist revisionsrechtlich nichts zu erinnern. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren eine vom 2. Dezember 2021 datierende - positive - Sehtestbescheinigung vorgelegt (§ 12 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 Satz 1 und 2 FeV). Außerdem hat die Klägerin im Berufungsverfahren eine Bescheinigung über die Teilnahme an einer Schulung in Erster Hilfe beigebracht (§ 19 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 FeV). Der Beklagte hat im Berufungsverfahren mitgeteilt, ihm lägen ein Führungszeugnis und aktuelle Erkenntnisse aus dem Fahreignungsregister zur Klägerin vor, aus denen sich keine Erteilungshindernisse ergäben. Dass sich seitdem gegenteilige Erkenntnisse ergeben hätten, hat der Beklagte im Revisionsverfahren nicht geltend gemacht.
51 5. Schließlich hat das Oberverwaltungsgericht gestützt auf § 14 Abs. 2 Satz 1 des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (Gebührengesetz NRW - GebG NRW) vom 23. August 1999 (GV. NRW S. 524) in der Fassung vom 25. April 2023 (GV. NRW S. 230) ohne Bundesrechtsverstoß angenommen, dass mit der Rechtswidrigkeit der Ablehnung, die beantragte Fahrerlaubnis zu erteilen, auch die Rechtswidrigkeit der im angegriffenen Bescheid enthaltenen Auferlegung von Verwaltungskosten und Zustellauslagen einhergeht.
52 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.