Pressemitteilung Nr. 67/2023 vom 14.09.2023
Erster Abschnitt der Ostsee-Anbindungs-Leitung darf weiter gebaut werden
Den Antrag einer Umweltvereinigung, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Bergamtes Stralsund vom 21. August 2023 für die Errichtung und den Betrieb der Gasversorgungsleitung "Ostsee-Anbindungs-Leitung (OAL) Seeabschnitt Lubmin bis KP 26" anzuordnen, hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig abgelehnt.
Das Vorhaben betrifft den ersten seeseitigen Abschnitt der LNG-Anbindungsleitung zwischen dem Hafen von Mukran und Lubmin. Mit dieser sollen zwei im Hafen von Mukran geplante schwimmende Speicher- und Regasifizierungseinheiten (Floating Storage and Regasification Units - FSRUs) an das bestehende Gasfernleitungsnetz angebunden werden.
Bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung ihrer Erfolgsaussichten, erweist sich die Klage derzeit als voraussichtlich unbegründet. Nach diesem Prüfungsmaßstab geht der Planfeststellungsbeschluss zu Recht mit Blick auf die kommenden Heizperioden einschließlich der im Winterhalbjahr 2023/2024 von einem Fortbestand der Gasversorgungskrise aus. Nach aktueller Einschätzung der Bundesnetzagentur begründet die notwendige Stabilisierung der Versorgungssicherheit den zusätzlichen Bedarf an LNG-Einspeisemöglichkeiten. Dies vermochte die von dem Antragsteller vorgelegte gutachterliche Stellungnahme nicht zu erschüttern. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung war deshalb nicht erforderlich. Auch von einer erneuten Öffentlichkeitsbeteiligung nach Planänderung durfte die Planfeststellungsbehörde absehen, weil die Änderungen das Gesamtkonzept der Planung nicht berührt und die Identität des Vorhabens gewahrt haben. Der planfestgestellte Abschnitt entspricht im Wesentlichen hinsichtlich der beabsichtigten Verlegungsart und der Betriebsweise der Planung, wie sie im ausgelegten ursprünglichen Planentwurf vorgesehen war. Die Ausführungen des Antragstellers vermochten durchgreifende Zweifel an der Vereinbarkeit des Vorhabens mit einschlägigen Vorschriften zur Anlagensicherheit sowie zum Natur- und Artenschutzrecht derzeit nicht zu begründen. Auch die Abschnittsbildung ist danach voraussichtlich nicht zu beanstanden. Dass dem Vorhaben im Folgeabschnitt oder der Zulassung der FSRUs im Hafen von Mukran unüberwindbare Hindernisse entgegenstehen, hat der Antragsteller nicht dargelegt. Schließlich hat der Planfeststellungsbeschluss voraussichtlich die Belange des Klimaschutzes hinreichend gewürdigt.
BVerwG 7 VR 4.23 - Beschluss vom 12. September 2023
Beschluss vom 12.09.2023 -
BVerwG 7 VR 4.23ECLI:DE:BVerwG:2023:120923B7VR4.23.0
Beschluss
BVerwG 7 VR 4.23
In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. September 2023
durch den Präsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Prof. Dr. Korbmacher, den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Wöckel und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Bähr
beschlossen:
- Die Anträge, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Bergamtes Stralsund für die Errichtung und den Betrieb der Gasversorgungsleitung "Ostsee-Anbindungs-Leitung (OAL) Seeabschnitt Lubmin bis KP 26" vom 21. August 2023 anzuordnen, hilfsweise, die aufschiebende Wirkung der Klage bis zur Entscheidung über den Aussetzungsantrag vorläufig anzuordnen, werden abgelehnt.
- Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen trägt der Antragsteller.
- Der Streitwert wird auf 10 000 € festgesetzt.
Gründe
I
1 Der Antragsteller, eine nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung, begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Bergamtes Stralsund für die Errichtung und den Betrieb der Gasversorgungsleitung "Ostsee-Anbindungs-Leitung (OAL) Seeabschnitt Lubmin bis KP 26" vom 21. August 2023.
2 Die Beigeladene ist Vorhabenträgerin einer LNG-Anbindungsleitung zwischen dem Hafen von Mukran und Lubmin. Mit dieser sollen zwei im Hafen von Mukran geplante schwimmende Speicher- und Regasifizierungseinheiten (Floating Storage and Regasification Units - FSRU) an das bestehende Gasfernleitungsnetz angebunden werden. Das Gesamtvorhaben OAL gliedert sich in vier Abschnitte. Der zweite Abschnitt - OAL Seeabschnitt Lubmin bis Kilometerpunkt 26 - ist Gegenstand des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses. Beabsichtigt ist, die OAL bis Ende 2023 fertigzustellen.
3 Der Antragsteller, der mit seiner Klage (BVerwG 7 A 9.23 ) die Aufhebung, hilfsweise die Feststellung der Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit des Planfeststellungsbeschlusses begehrt, beanstandet, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung und nach Planänderung eine erneute Öffentlichkeitsbeteiligung unterblieben seien. Auch liege keine Planrechtfertigung vor. Die Abschnittsbildung verstoße gegen das Gebot umfassender Planbewältigung. Die technische Sicherheit sei bei Errichtung und Betrieb des Vorhabens nicht gewährleistet. Zudem stehe das Vorhaben mit den Anforderungen des Habitatschutz- und des besonderen Artenschutzrechts sowie den gesetzlichen Klimaschutzzielen nicht im Einklang.
II
4 Der Senat kann auf der Grundlage der bisherigen Antragsbegründung entscheiden. Der Antragsteller hat bereits mit Eingang bei Gericht seinen Antrag ausführlich begründet und er hatte nach der Erwiderung durch die Beigeladene und den Antragsgegner Gelegenheit, sein Vorbringen zu ergänzen. Hiervon hat er Gebrauch gemacht. Ein weiteres Zuwarten mit einer Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO war nicht geboten, auch wenn dem Antragsteller noch keine Einsichtnahme in sämtliche bei dem Vorhabenträger und im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens angefallenen Verwaltungsvorgänge möglich war. Der Antragsteller war aufgrund der vollständig vorgelegten und ihm elektronisch übermittelten planfestgestellten Unterlagen einschließlich der wesentlichen Gutachten zu einer eingehenden Antragsbegründung in der Lage. Es ist weder von ihm dargetan noch sonst ersichtlich, welchen weiteren für den Erfolg des Rechtsschutzantrages wesentlichen Erkenntnisse er sich nur über die Akteneinsichtnahme verschaffen kann. Nach Eingang der weiteren Verwaltungsvorgänge und Übermittlung an den Antragsteller kann dieser einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO stellen, soweit er sich zu einzelnen Umständen erst auf der Grundlage der vollständigen Verwaltungsvorgänge äußern können sollte. Vor diesem Hintergrund und angesichts des in § 3 des Gesetzes zur Beschleunigung des Einsatzes verflüssigten Erdgases (LNG-Beschleunigungsgesetz - LNGG) vom 24. Mai 2022 (BGBl. I S. 802), zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Juli 2023 (BGBl. I Nr. 184), normierten überragenden Interesses an der schnellstmöglichen Durchführung der in § 2 Abs. 2 LNGG bezeichneten Vorhaben kommt ein weiteres Abwarten oder eine Entscheidung im Wege der Zwischenverfügung nicht in Betracht. Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang auf die Monatsfrist zur Begründung eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung in § 43e Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Elektrizitäts- und Gasversorgung (Energiewirtschaftsgesetz - EnWG) vom 7. Juli 2005 (BGBl. I S. 1970, 3621), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. Juli 2023 (BGBl. I Nr. 202), hinweist, übersieht er, dass diese Regelung keine Mindestfrist zu seinen Gunsten normiert, vor deren Ablauf keine Entscheidung ergehen darf, sondern dass es sich dabei um eine der Verfahrensbeschleunigung dienende Ausschlussfrist für neues Vorbringen handelt.
5 Der Antrag ist zulässig (1.), aber unbegründet (2.).
6 1. a) Die erstinstanzliche Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ergibt sich aus § 12 Satz 1 LNGG i. V. m. § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO. Gemäß § 12 Satz 1 LNGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten über Vorhaben nach § 2 dieses Gesetzes. Bei der Errichtung und dem Betrieb der "Ostsee-Anbindungs-Leitung (OAL) Seeabschnitt Lubmin bis KP 26" handelt es sich um ein Vorhaben nach § 2 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 LNGG i. V. m. Nr. 4.2 der Anlage zum LNGG. Die Leitung dient zur Anbindung der beiden geplanten FSRUs im Hafen von Mukran (zwei Anlagen nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 LNGG i. V. m. Nr. 4.1 der Anlage zum LNGG) an das Gasfernleitungsnetz in Lubmin.
7 b) Gemäß § 43e Abs. 1 Satz 1 EnWG, der in seinem Anwendungsbereich dem vom Gesetzgeber als lediglich ergänzende Bestimmung verstandenen § 11 Abs. 1 Satz 1 LNGG vorgeht (vgl. BT-Drs. 20/1742 S. 37), haben Widerspruch und Anfechtungsklage u. a. gegen einen Planfeststellungsbeschluss für Errichtung und Betrieb einer LNG-Anbindungsleitung nach § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 EnWG keine aufschiebende Wirkung. Dagegen ist hier der von dem Antragsteller gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO statthaft. Die Frist gemäß § 43e Abs. 1 Satz 2 EnWG, wonach der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung innerhalb eines Monats nach der Zustellung der Zulassungsentscheidung zu stellen und zu begründen ist, hat der Antragsteller gewahrt.
8 c) Als eine nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung ist der Antragsteller gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG antragsbefugt.
9 Gegenstand des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses sind die Errichtung und der Betrieb einer LNG-Anbindungsleitung und damit ein unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften ergehender Verwaltungsakt zur Zulassung eines Vorhabens im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG; das dem Gesetzeswortlaut nach bestehende Exklusivitätsverhältnis zwischen § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 5 UmwRG steht einem Rückgriff auf Nummer 5 nicht entgegen, wenn - wie hier - eine nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung an sich bestehende UVP-Pflicht oder UVP-Vorprüfungspflicht gemäß § 4 Abs. 1 LNGG ausgeschlossen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2023 - 7 A 9.22 - Rn. 14 ff.).
10 2. Die Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage steht im Ermessen des Gerichts der Hauptsache (§ 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die in diesem Rahmen vorzunehmende Abwägung zwischen dem Vollziehungsinteresse des Antragsgegners sowie der Beigeladenen und dem Suspensivinteresse des Antragstellers geht zu dessen Lasten aus. Dies beruht vor allem darauf, dass sich die Klage bei summarischer Prüfung ihrer Erfolgsaussichten als voraussichtlich unbegründet erweist.
11 a) Ein Verstoß gegen zwingendes Recht ist nicht dargelegt.
12 aa) Entgegen der Auffassung des Antragstellers war vor Erlass des Planfeststellungsbeschlusses keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen. § 4 Abs. 1 LNGG bestimmt, dass abweichend von § 1 Abs. 4 UVPG die für die Zulassungsentscheidung zuständige Behörde bei Vorhaben nach § 2 Abs. 1 Nr. 1, 3, 4 und 5 LNGG das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung nach Maßgabe der Absätze 2 bis 5 des § 4 LNGG nicht anzuwenden hat, wenn eine beschleunigte Zulassung des konkreten Vorhabens geeignet ist, einen relevanten Beitrag zu leisten, um eine Krise der Gasversorgung zu bewältigen oder abzuwenden (1). Dabei sind nach Absatz 4 der Vorschrift der Öffentlichkeit vor Erteilung der Zulassung verschiedene Informationen zugänglich zu machen und nach Absatz 5 der Vorschrift die Europäische Kommission zu unterrichten (2). Diese Ausnahmeregelung verstößt nicht gegen höherrangiges Recht (3).
13 (1) Unter den in § 4 Abs. 1 LNGG genannten Voraussetzungen gilt es nach Einschätzung des Gesetzgebers auch eine in Monaten oder Wochen gemessene Verfahrensverzögerung und daraus potentiell resultierende Gasversorgungslücken unbedingt zu vermeiden (vgl. hierzu und im Folgenden BT-Drs. 20/1742 S. 18). Von einem relevanten Beitrag zur Bewältigung oder Abwendung einer Gasversorgungskrise ist regelmäßig auszugehen, wenn über die konkrete Anlage mehr als nur geringfügig LNG eingespeist werden kann und soll und eine Gasmangellage vorliegt oder droht. Für eine Gasmangellage ist eine Gaswarnstufe nach dem Notfallplan Gas nach der Verordnung (EU) 2017/1938 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 994/2010 (ABl. L 280 S. 1), zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 2022/1032 vom 29. Juni 2022 (ABl. L 173 S. 17, ber. L 245 S. 70), ein Indiz. Eine Gasmangellage entfällt, wenn die Versorgung zwischenzeitlich durch andere neu hinzugekommene sichere Bezugsquellen dauerhaft gesichert ist. Von einem mengenmäßig relevanten Beitrag kann regelmäßig ausgegangen werden, wenn das Vorhaben eine jährliche Regasifizierungskapazität von zumindest 5 Mrd. m3 erreicht oder überschreitet. Anbindungsleitungen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 LNGG leisten regelmäßig einen relevanten Beitrag dazu, eine Krise der Gasversorgung abzuwenden, wenn sie zur Anbindung einer Anlage, für die die Behörde nach ihrer Einschätzung von einem solchen Beitrag ausgeht, an das Fernleitungsnetz benötigt werden.
14 Der Planfeststellungsbeschluss geht in dem für die Beurteilung seiner Rechtmäßigkeit maßgeblichen Zeitpunkt seines Erlasses zu Recht von einer Krise der Gasversorgung aus. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) hat am 30. März 2022 die Frühwarnstufe und am 23. Juni 2022 die weiterhin geltende Alarmstufe des Notfallplans Gas ausgerufen. Nach dem von dem damaligen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie auf der Grundlage von Art. 8 der Verordnung (EU) 2017/1938 vom 25. Oktober 2017 beschlossenen Notfallplan Gas rechtfertigen unter anderem gravierende Reduzierungen von Gasströmen an wichtigen physischen Einspeisepunkten und der Ausfall von wichtigen Aufkommensquellen, die Ausrufung der Alarmstufe. Sowohl im Zeitpunkt der Anordnung der Alarmstufe als auch im Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses lagen beide Voraussetzungen vor.
15 Soweit der Antragsteller geltend macht, der Füllstand der Gasspeicher habe im August 2023 bereits bei knapp 90% gelegen, führt dies zu keiner anderen Einschätzung. Der Planfeststellungsbeschluss begründet die Notwendigkeit des Baus des Seeabschnitts Lubmin bis KP 26 der OAL vor allem mit der Vorbereitung auf die kommenden Heizperioden einschließlich der im Winterhalbjahr 2023/2024. Betont wird, dass der Ausbau der LNG-Infrastruktur an anderer Stelle nicht dazu führt, den Eintritt einer Gasmangellage mit Sicherheit abzuwenden. Die an verschiedenen Standorten vorgesehenen und aufgrund der laufenden Planfeststellungsverfahren bereits konkret absehbaren Anlandungen mittels FSRU sind danach nicht geeignet, die aufgrund des Ausfalls der Gaslieferungen aus Russland entstehende Lücke bei der Deckung des deutschen Gasbedarfs aufzufangen (PFB S. 62). Hieran ändert nichts, dass die Bundesnetzagentur in ihrer gegenwärtigen Lagebeurteilung die Gasversorgung in Deutschland als stabil und die Versorgungssicherheit als gewährleistet bezeichnet. Ebenso wenig ist maßgebend, dass nach diesem Bericht der Speicherfüllstand bereits vorfristig zum 1. Juni 2023 einen Wert von 75% erreicht hat (www.bundesnetzagentur.de/DE/Gasversorgung/aktuelle_gasversorgung/start.html). Die Vorbereitung auf den Winter 2023/2024 wird von der Bundesnetzagentur gleichwohl als eine bleibende zentrale Herausforderung bezeichnet (Lagebericht Gasversorgung der Bundesnetzagentur vom 17. August 2023). Dies bestätigen die Schreiben des Präsidenten der Bundesnetzagentur an das BMWK vom 11. Mai und 18. August 2023 (Anlagen Bg 3 und 4). Danach begründet die notwendige Stabilisierung der Versorgungssicherheit den zusätzlichen Bedarf an LNG-Einspeisemöglichkeiten. Hervorgehoben wird, dass es ohne zusätzliche Importkapazitäten an der Ostseeküste unter ungünstigen Bedingungen (niedrige Temperaturen, Rückgang der Importe aus westlichen Nachbarländern aufgrund eines temperaturbedingten Mehrbedarfs, temperaturbedingter Rückgang der Verbrauchsersparnis, Einstellung russischer Gaslieferungen über die Ukraineroute) zu einer kritischen Versorgungssituation kommen könne, auch weil ein engpassfreier Abtransport des Gases nach Süddeutschland über Lubmin möglich sei, während aus dem Nordwesten Deutschlands keine direkte, engpassfreie Verbindung nach Süden existiere.
16 Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zur Änderung des LNG-Beschleunigungsgesetzes vom 12. Juli 2023 geht davon aus, dass selbst bei im Sommer 2023 vollständig gefüllten Gasspeichern mit Blick auf mögliche bevorstehende Extremwetterlagen zur Sicherstellung der nationalen Energieversorgung für das darauffolgende Jahr die Einspeisung von LNG erforderlich und hierfür der Ausbau der Importinfrastruktur unverzichtbar ist (BT-Drs. 20/7279 S. 1). Der Gesetzgeber stellt zudem darauf ab, dass mit der Einspeisung von vier FSRUs an der Nordseeküste das nachgelagerte Gasnetz in Nordwest-Deutschland und die von dort bestehende Transportachse nach Süden und Osten ausgelastet und der Aufbau zusätzlicher Kapazitäten an der Nordseeküste nicht möglich sei. Dagegen verfüge das Gasfernleitungsnetz in Lubmin über hohe Kapazitätsreserven und könne so zur Stabilisierung der Energieversorgung beitragen (BT-Drs. 20/7279 S. 18 f.). Dies wird durch die von dem Antragsteller vorgelegte gutachterliche Stellungnahme vom 6. September 2023 (von H./P. et al.), wonach die vorhandenen Speichervolumina in Deutschland und in ganz Europa sowie die im System befindlichen Mengen an Erdgas ausreichten, um auch bei einem sehr kalten Winter sowohl Deutschland als auch Osteuropa auskömmlich zu versorgen, nicht erschüttert. Die gutachterliche Stellungnahme räumt ein, dass von den vier vorhandenen Ost-West-Verbindungen des deutschen Gasnetzes nur eine, und zwar die mit Abstand am weitesten westlich endende NETRA-Leitung (Endpunkt in Salzwedel-Steinitz, Sachsen-Anhalt), Gas in West-Ost-Richtung liefern kann, während die anderen Pipelines zur Durchleitung russischen Gases in Ost-West-Richtung betrieben worden sind. Ihre Behauptung, es gebe gleichwohl keinen strukturellen Netzengpass, weil die in Ost-West-Richtung betriebenen Pipelines mit geringen Investitionen in Umkehrflüsse in die andere Richtung betrieben werden könnten, belegt die Stellungnahme weder hinsichtlich des technischen und finanziellen Aufwandes noch hinsichtlich der zeitlichen Realisierbarkeit einer solchen Umkehrung der Gasflüsse. Schließlich kann die nationale Energiepolitik auch nicht vollkommen unabhängig von der Lage der Energieversorgung der europäischen Partner- und Nachbarländer betrachtet werden (vgl. BT-Drs. 20/1742 S. 16).
17 Zur Eignung des streitgegenständlichen Vorhabens, einen relevanten Beitrag zur Abwendung der Gasversorgungskrise zu leisten, stellt der Antragsgegner im Planfeststellungsbeschluss fest, dass die zur Anbindung geplanten FSRUs im Hafen von Mukran eine jährliche Regasifizierungskapazität von insgesamt 10 bis 15 Mrd. m3 aufweisen sollen (PFB S. 63 unter Hinweis auf Antragsunterlage, 1. Planänderung, Unterl. 1, Kap. 2.3.1, S. 17). Dass, wie der Antragsteller vorträgt, die von der Deutschen Regas derzeit im Hafen von Lubmin betriebene FSRU Neptune, die an den Standort Mukran verlegt werden soll, im ersten Halbjahr 2023 lediglich eine Menge an LNG importiert habe, die nur rund 0,70 Mrd. m3 im Jahr entspreche, ist für die Beurteilung unerheblich. Entscheidend ist nach § 4 Abs. 1 LNGG die Eignung des Vorhabens, einen relevanten Beitrag zu leisten, und damit die tatsächliche Kapazität, also die technisch mögliche Regasifizierungsmenge (vgl. auch BT-Drs. 20/1742 S. 18: "jährliche Regasifizierungskapazität").
18 (2) Die Verfahrensanforderungen gemäß § 4 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 3 LNGG mit denen der Wegfall der eigentlichen Umweltverträglichkeitsprüfung teilweise kompensiert wird, um ein Mindestmaß an Transparenz auch in der Ausnahmekonstellation sicherzustellen, die einen Verzicht auf Vorgaben der UVP-Richtlinie erlaubt (vgl. BT-Drs. 20/1742 S. 19), sind eingehalten worden. Auch die Unterrichtung der Europäischen Kommission durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gemäß § 4 Abs. 5 LNGG ist erfolgt (PFB S. 65).
19 (3) Der Wegfall der Umweltverträglichkeitsprüfung steht entgegen der Auffassung des Antragstellers mit Unionsrecht, namentlich der Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-RL) im Einklang (BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2023 - 7 A 9.22 - Rn. 23 ff.).
20 bb) Der Antragsgegner hat den Antragsteller in hinreichender Weise am Verwaltungsverfahren beteiligt. Es bedurfte aufgrund der am 16. Juni 2023 beantragten Planänderung keines neuen Auslegungsverfahrens.
21 Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d LNGG i. V. m. § 73 Abs. 8 VwVfG ist, wenn ein ausgelegter Plan geändert werden soll und dadurch der Aufgabenbereich einer Behörde oder einer anerkannten Vereinigung oder Belange Dritter erstmalig oder stärker als bisher berührt werden, diesen die Änderung mitzuteilen und ihnen Gelegenheit zu Stellungnahmen und Einwendungen binnen einer Woche zu geben.
22 So ist der Antragsgegner im Streitfall verfahren. Ein Vorgehen nach dieser Norm ist jedoch nur zulässig, wenn die Änderungen das Gesamtkonzept der Planung nicht berühren und die Identität des Vorhabens wahren. Sie dürfen nicht zu einem Vorhaben führen, das nach Gegenstand, Art, Größe und Betriebsweise im Wesentlichen andersartig ist (BVerwG, Urteile vom 27. Oktober 2000 - 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <145 f.> und vom 23. November 2022 - 7 A 9.21 - NVwZ 2023, 1090 Rn. 27). Hieran gemessen ist die Verfahrensweise des Antragsgegners nicht zu beanstanden. Entgegen der Auffassung des Antragstellers liegt eine Identitätsänderung des Vorhabens nicht bereits deshalb vor, weil es durch die Planänderungen zu einer unzulässigen Abschnittsbildung und damit einhergehend einer Umgehung der UVP-Pflicht gekommen wäre. Wie bereits ausgeführt (Rn. 12 ff.), ist das Vorhaben nach § 4 Abs. 1 LNGG nicht UVP-pflichtig, so dass sich die Frage, ob mit der Abschnittsbildung eine Umgehung der UVP-Pflicht und der Espoo-Konvention verbunden war, nicht stellt.
23 Es handelt sich auch nicht aus anderen Gründen um ein in seiner Identität geändertes Vorhaben. Eine solche Änderung ergibt sich nicht daraus, dass die ursprüngliche Planung der Anbindung einer seeseitigen LNG-Importanlage aufgegeben wurde und stattdessen eine Anbindung zweier im Hafen von Mukran festvertäuter FSRUs erfolgen soll. Bei Frage der Identitätsänderung ist nicht in erster Linie das unter Umständen aus vielen Abschnitten bestehende Gesamtvorhaben in den Blick zu nehmen, sondern auf den ausgelegten und aufgrund dieser Auslegung geänderten Abschnitt abzustellen. Dieser bildet das Vorhaben, das zu betrachten und bei einer wesentlichen Änderung erneut offenzulegen ist. Änderungen des Konzepts des Gesamtvorhabens spielen hierbei nur insoweit eine Rolle, als sie sich auf den zu betrachtenden Abschnitt identitätsändernd auswirken. Dies ist hier nicht der Fall. Der jetzt planfestgestellte Abschnitt der Gasleitung von KP 26 bis Lubmin entspricht bis auf geringfügige Änderungen zwischen KP 1.5 und KP 3.9 nach seiner Lage, der Größe und Beschaffenheit der zu verlegenden Röhren, der beabsichtigten Verlegungsart und schließlich auch der Betriebsweise vollständig der Planung, wie sie im ausgelegten ursprünglichen Planentwurf vorgesehen war. Insbesondere trifft es nicht zu, dass sich die technische Ausführung wesentlich geändert hätte, da die Pipeline in den seinerzeit ausgelegten Unterlagen in wesentlichen Teilen aufliegend verlegt werden sollte. Für den hier zu betrachtenden Abschnitt war auch in der ursprünglichen Planung eine Verlegung durch Eingraben der Leitung vorgesehen (s. Anlage ASt 8 S. 15).
24 cc) Das Vorhaben ist planerisch gerechtfertigt. Es kann deshalb offen bleiben, ob das Erfordernis der Planrechtfertigung zu den umweltbezogenen Rechtsvorschriften gehört, deren Verletzung zur Begründetheit des Rechtsbehelfs einer anerkannten Umweltvereinigung nach § 2 Abs. 1 UmwRG führen kann.
25 Die Planrechtfertigung folgt hier aus § 3 Satz 2 LNGG. Diese Vorschrift stellt für die Vorhaben im Anwendungsbereich des Gesetzes die energiewirtschaftliche Notwendigkeit und den Bedarf zur Gewährleistung der Versorgung der Allgemeinheit mit Gas fest. Nach der Begründung zum Gesetzentwurf handelt es sich hierbei um die gesetzliche Planrechtfertigung (BT-Drs. 20/1742 S. 17). Der Planfeststellungsbeschluss nimmt zutreffend hierauf Bezug (PFB S. 66 f.).
26 Die gesetzliche Bedarfsfeststellung ist für die Planfeststellung und das gerichtliche Verfahren grundsätzlich verbindlich und vom Gericht nur darauf zu überprüfen, ob der Gesetzgeber den ihm insoweit zukommenden weiten Gestaltungs- und Prognosespielraum überschritten hat, weil die Bedarfsfeststellung evident unsachlich ist, es also für das Vorhaben offensichtlich keinerlei Bedarf gibt, der die Annahme des Gesetzgebers rechtfertigen könnte (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 4. Mai 2022 - 9 A 7.21 - BVerwGE 175, 312 Rn. 17). Der Gesetzgeber bemisst den von der Bedarfsfeststellung nach § 3 Satz 2 LNGG umfassten Vorhaben eine energiewirtschaftliche Notwendigkeit bei, weil sie in besonderem Maße zur Gewährleistung von Versorgungssicherheit sowie zur Schaffung einer zukunftsoffenen diversifizierten Gasversorgung beitragen könnten und ihre Realisierung dringlich sei (vgl. BT-Drs. 20/1742 S. 17). Anhaltspunkte dafür, dass diese Einschätzung für die hier in Rede stehende LNG-Anbindungsleitung, die durch das Gesetz zur Änderung des LNG-Beschleunigungsgesetzes vom 12. Juli 2023 unter Nr. 4.2 in die Anlage zu § 2 LNGG aufgenommen wurde, sind nicht ersichtlich.
27 dd) Die Ausführungen des Antragstellers vermögen durchgreifende Zweifel an der Vereinbarkeit des Vorhabens mit einschlägigen Vorschriften zur Anlagensicherheit nicht zu begründen.
28 Energieanlagen sind nach § 49 Abs. 1 EnWG so zu errichten und zu betreiben, dass die technische Sicherheit gewährleistet ist. Dabei sind vorbehaltlich sonstiger Rechtsvorschriften die allgemein anerkannten Regeln der Technik zu beachten. Gashochdruckleitungen müssen nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über Gashochdruckleitungen (Gashochdruckleitungsverordnung - GasHDrLtgV) vom 18. Mai 2011 (BGBl. I S. 928), zuletzt geändert durch Art. 24 des Gesetzes zur Beschleunigung des Energieleitungsausbaus vom 13. Mai 2019 (BGBl. I S. 706), so beschaffen sein, dass sie den zu erwartenden Beanspruchungen sicher standhalten und dicht bleiben. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 GasHDrLtgV sind sie in einem Schutzstreifen zu verlegen. Gashochdruckleitungen sind gegen äußere Einwirkungen zu schützen. Bei unterirdischer Verlegung muss die Höhe der Erddeckung den örtlichen Verhältnissen angepasst werden. Insbesondere muss gesichert sein, dass die Leitungen durch die im Schutzstreifen zulässige Nutzung nicht gefährdet werden. Die Erddeckung muss dauernd erhalten bleiben (§ 3 Abs. 3 GasHDrLtgV). Ein Verstoß des Planfeststellungsbeschlusses gegen diese Vorschriften wird von dem Antragsteller lediglich behauptet, aber nicht substantiiert dargelegt. Auch sonst gibt es dafür keine hinreichenden Anhaltspunkte.
29 Nach der Nebenbestimmung Ziff. A.3.1.18 des Planfeststellungsbeschlusses ist die Rohrleitung im Bereich der Kreuzung von Fahrwassern und Schifffahrtswegen mindestens 2,55 m, im Bereich des Landtiefwassers parallel zur Boddenrandschwelle mindestens 0,50 m und in den übrigen Bereichen mindestens 1,00 m einzugraben und mit festen Sanden bzw. geeigneten Materialien zu überdecken. Die ordnungsgemäße Überdeckung der Leitung ist nach Nebenbestimmung Ziff. A.3.1.45 dauerhaft zu gewährleisten und nach Nebenbestimmung Ziff. A.3.1.46 durch regelmäßige Überprüfungen nachzuweisen. In der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses heißt es: Die Sicherheit des Schiffsverkehrs sei durch das Leitungsprojekt nicht beeinträchtigt (PFB S. 204). Der Betrieb und die Existenz des planfestgestellten Seeabschnitts hätten als Unterwasser-Pipeline keinen direkten Einfluss auf den Schiffsverkehr. Möglichen Beeinträchtigungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs in der Bauphase könne mit der unter Ziff. A.3.1 (Schifffahrt) verfügten Nebenbestimmungen in ausreichender Form entgegengewirkt werden (PFB S. 205). Beiderseits der Pipeline bestehe ein Schutzstreifen von 200 m, innerhalb dem das Ankern verboten sein werde. Etwaige zukünftige Bauaktivitäten seien mit dem Vorhabenträger abzustimmen (PFB S. 206). Ferner hält die Begründung des Planfeststellungsbeschlusses fest, dass der Vorhabenträger in Bezug auf die Einhaltung der maßgeblichen Standards nach § 3 GasHDrLtgV sowie diesbezüglicher technischer Regelwerke den Prüfvermerk eines unabhängigen Sachverständigen vom 3. Juli 2023 vorgelegt habe. Mit dem "Pipeline Integrity Management System (PIMS) werde die Sicherheit und Zuverlässigkeit der Pipeline fortlaufend kontrolliert und sichergestellt (PFB S. 207). Die weltweite Erfahrung mit Offshore-Pipelines zeige, dass ein durch eine mechanische Beschädigung (z. B. durch Ankerwurf oder ein sinkendes Schiff) verursachter Produktaustritt nur äußerst selten zu erwarten sei. Dennoch würden vom Vorhabenträger entsprechende Notfallpläne entwickelt (PFB S. 208).
30 Mit diesen Erwägungen setzt sich der Antragsteller nicht auseinander. Vielmehr beschränkt sich die Antragsschrift auf die wörtliche Wiedergabe von Passagen aus gutachtlichen Stellungnahmen der Sachverständigen K. sowie die Erklärung, der Antragsteller mache sich diese Ausführungen jeweils vollumfänglich zu eigen. Eine derartige pauschale Bezugnahme auf beigefügte Stellungnahmen Dritter ist mit dem Zweck des Vertretungszwangs gemäß § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO, eine geordnete und konzentrierte Verfahrensführung der Beteiligten zu gewährleisten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Dezember 1986 - 1 BvR 872/82 - BVerfGE 74, 78 <93>), nicht zu vereinbaren. Dies gilt auch für die Ausführungen von Sachverständigen.
31 Abgesehen hiervon eignen sich die hier in Rede stehenden Ausführungen in den gutachterlichen Stellungnahmen nicht, ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses im Hinblick auf die technische Sicherheit zu begründen. Die Stellungnahmen vom 10. und 29. Juli 2023 beziehen sich schon nicht auf den verfahrensgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss. Namentlich die Annahme, die geplante Mindestüberdeckungshöhe der Leitung betrage grundsätzlich nur 0,50 m, entspricht nicht der Planfeststellung. Darüber hinaus enthalten sich diese Stellungnahmen ebenso wie die weitere vom 15. August 2023 - mit Blick auf die Rolle eines Sachverständigen konsequenterweise - jeder konkreten rechtlichen Bewertung der diagnostizierten Defizite, die auch die Antragsbegründung nicht leistet. Zur Frage, ob aus Gutachtersicht Sicherheitsbedenken auch bei einer regelmäßigen Mindestüberdeckungshöhe der Leitung von 1,00 m fortbestehen, verhält sich auch die Stellungnahme vom 15. August 2023 nicht. Deshalb ist nicht nachvollziehbar, wenn der Antragsteller insoweit ausführt, die Sachverständige komme zu dem Ergebnis, dass auch diese größere Mindestüberdeckungshöhe im Ergebnis nichts Grundlegendes an den zuvor getroffenen Feststellungen zur mangelnden Sicherheit ändere.
32 Im Übrigen fehlt auch jede Auseinandersetzung mit den verfügten Nebenbestimmungen und den Darlegungen in der Begründung des Planfeststellungsbeschlusses. Hieran ändern auch die Einlassungen im Schriftsatz des Antragstellers vom 6. September 2023 nichts. Soweit er im Bereich der Querung von Schifffahrtswegen unter Hinweis auf die Auffassung für die Nordsee zuständiger Behörden (erneut) eine höhere Mindestüberdeckung fordert, verweist die Beigeladene nachvollziehbar nicht nur - wie der Antragsteller meint - auf andere Strömungsverhältnisse, sondern auch auf die Unterschiedlichkeit der Bodenmorphologie, spezifisch in der Nordsee auftretende Gezeitenströmungen (Ebbe und Flut), Wellenhöhen, Bodenstrukturen, Zuflüsse und Tiefenverhältnisse. Hinsichtlich der Mindestüberdeckung von 0,50 m im Bereich des Landtieffahrwassers wird auch aus den - fachgutachterlich unterlegten - ergänzenden Ausführungen im Schriftsatz vom 6. September 2023 nicht deutlich, dass insoweit ein Verstoß gegen Rechtsvorschriften - namentlich etwa § 3 Abs. 3 GasHDrLtgV - vorliegt. Aus dem Vortrag zu etwaigen Grundberührungen größerer Schiffe ergibt sich (noch) keine Glaubhaftmachung einer Gefährdung der Leitung. Vom Antragsteller für risikobehaftet erachtete Ankerwürfe sind in einem Schutzstreifen von 200 m beiderseits der Leitung verboten. Hinsichtlich der regelmäßigen Mindestüberdeckung von 1,00 m wird vom Antragsteller lediglich darauf verwiesen, es fehle insoweit an Untersuchungen.
33 Auch Ermittlungsdefizite zu küstenmorphologischen Prozessen legt der Antragsteller nicht substantiiert dar. In Auseinandersetzung mit Einwendungen zur Frage küstenmorphologischer Prozesse verweist der Planfeststellungsbeschluss u. a. darauf, dass in Bereichen, in denen die Pipeline mit Überdeckung verlegt wurde, eine Vermessung der Oberfläche (Fächerlotvermessung) durchgeführt werde. Die Erosion des Meeresbodens sowie die Sedimentbildung könnten durch den Vergleich mit früheren Messergebnissen überwacht werden. Für die Ermittlung der aktuellen Überdeckung des eingegrabenen Pipelineabschnitts werde ein Sub-Bottom-Profiler eingesetzt. Die regelmäßig stattfindende Pipelineinspektion werde die horizontale und vertikale Lage der Pipeline sowie die Überdeckung überprüfen. Die Gefahr des Freispülens der Pipeline bestehe nach Überzeugung der Planfeststellungsbehörde nicht (PFB S. 285). Antragsgegner und Beigeladene verweisen darauf, dass für das Vorhaben auf umfassende Analysen und langjährige Messdaten aus den - zu einem großen Teil parallel neben der verfahrensgegenständlichen Trasse verlaufenden - Pipelines Nord-Stream und Nord-Stream 2 habe zurückgegriffen werden können. Nach der Verlegung der Nord-Stream-Pipeline im Jahr 2010 seien alljährlich Seebodenvermessungen zur Lagestabilität der Überdeckung durchgeführt worden. Diese belegten, dass es seit nunmehr 13 Jahren weder zur Erosion von Grabenfüllmaterial noch zu messbaren bathymetrischen Veränderungen der Boddenrandschwelle selbst gekommen sei. Während des Betriebs werde zudem ein kontinuierliches Monitoring-Konzept umgesetzt. Im Falle der Verringerung der Überdeckung werde geeigneter Boden nachgefüllt. Der bloße Verweis des Antragstellers auf fehlende Belege, führt bei der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung nicht zur Erschütterung dieser nachvollziehbaren Angaben.
34 ee) Der Planfeststellungsbeschluss ist bei summarischer Prüfung mit Gebiets- (1) und Artenschutzrecht (2) vereinbar.
35 (1) (a) Die FFH-Verträglichkeitsvorprüfungen und die FFH-Verträglichkeitsprüfungen sind entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht deshalb zu beanstanden, weil sie nicht auf einer Gesamtbetrachtung unter Einschluss der Auswirkungen des nördlichen Planungsabschnitts der OAL, der Errichtung und des Betriebs der beiden FSRUs im Hafen von Mukran sowie bestimmter Bauarbeiten im und vor dem Hafen von Mukran (Herstellung von Liegewannen für die schwimmenden LNG-Terminals, Ausbaggerung der äußeren Zufahrt zum Hafen) beruhen. Bei einem in mehrere Planungsabschnitte unterteilten Gesamtvorhaben ist in der Regel davon auszugehen, dass die (Fern-)Wirkungen des Ausbaus auf den nachfolgenden Planungsabschnitt mit den beim dortigen Ausbau entstehenden unmittelbaren Auswirkungen verschmelzen und erst in der darauf bezogenen Planfeststellung bewältigt werden müssen. Die Behörde ist in diesem (Regel-)Fall lediglich verpflichtet, sich bei der Planfeststellung des Abschnitts nach Art eines vorläufigen positiven Gesamturteils Rechenschaft darüber abzulegen, ob nachteilige Wirkungen auf ein FFH-Gebiet, die der abschnittsweise geplante Verkehrsweg als solcher in seiner Gesamtheit hervorruft, bei der Verwirklichung weiterer Abschnitte voraussichtlich bewältigt werden können (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteile vom 3. November 2020 - 9 A 9.19 - BVerwGE 170, 210 Rn. 67 und vom 5. Oktober 2021 - 7 A 13.20 - BVerwGE 173, 296 Rn. 47). Das ist hier geschehen. Der Planfeststellungsbeschluss hat sich im Rahmen einer Vorausschau mit dem anschließenden zweiten Seeabschnitt KP 26 bis Mukran beschäftigt und ist nach Auswertung der dort erstellten Natura-2000-Verträglichkeitsuntersuchungen zu dem Ergebnis gekommen, dass keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten seien und im Übrigen die Erteilung von habitatschutz- und artenschutzrechtlichen Ausnahmen in Betracht komme.
36 (b) Der Einwand des Antragstellers, die Anzahl der angenommenen baubedingten Schiffsverkehre werde signifikant unterschätzt, so dass der Planung nicht das realistische Maß der Auswirkungen auf die betroffenen Gebiete durch Schall- und Schadstoffimmissionen, Licht, Gewässertrübungen u. a. zugrunde gelegt worden sei, vermag die Fehlerhaftigkeit der Beurteilung nach § 34 Abs. 1 BNatSchG nicht zu begründen. Soweit sich diese Kritik darauf stützt, dass nach dem geänderten Gesamtkonzept die Länge der Pipeline nicht 37 km, sondern 50 km beträgt, stellt der Antragsteller nicht auf den streitgegenständlichen Abschnitt, sondern auf beide seeseitigen Abschnitte des Gesamtvorhabens OAL ab. Er übersieht zudem, dass sich bei einer Gesamtbetrachtung der Schiffsbewegungen in beiden Abschnitten die Baggerarbeiten und die damit einhergehenden Schiffsbewegungen über einen deutlich größeren Zeitraum erstrecken und sich auf einen deutlich größeren Abschnitt verteilen. Ausweislich des Bauzeitenplans ist für die Baggerarbeiten in beiden Seeabschnitten statt der im Erläuterungsbericht zugrunde gelegten Bauzeit von 80 Tagen eine 120-tägige Bauphase vorgesehen.
37 Auch die weitere Kritik, die angenommenen Schiffsverkehre seien in hohem Maß unrealistisch, überzeugt nicht. Die von dem Antragsteller vorgelegte Ausarbeitung der Sachverständigen K. (Anlage Ast. 24. S. 15) stellt die im Erläuterungsbericht für eine 80-tägige Bauphase errechneten 3 042 vorhabenbedingten Schiffsbewegungen (Erläuterungsbericht S. 124) nicht grundsätzlich in Frage, sondern kritisiert, dass für den Vergleich dieser Schiffsverkehre zum Normalniveau in den Planunterlagen Zahlen aus dem Jahr 2020 und damit aus einem Jahr mit Bautätigkeit für die Nord-Stream 2-Leitung zugrunde gelegt worden seien. Gemessen am Zustand im Jahr 2014, dem letzten Jahr ohne signifikante Bautätigkeit, bedeute der vorhabenbedingte Schiffsverkehr einen Anstieg um mehr als 950%. Damit ist ein Fehler bei der Bewertung der Vorbelastung nicht dargetan. Bei der Bestimmung der Vorbelastung ist grundsätzlich auf die aktuelle Belastungssituation abzustellen. Abweichungen hiervon sind dann gerechtfertigt, wenn sich die im Zeitpunkt der Planfeststellung vorgefundene Belastung als nicht repräsentativ erweist. Dies ist hier nicht der Fall. Angesichts der vielfältigen Bautätigkeiten im Vorhabengebiet in der Vergangenheit und der geplanten weiteren Ausbauten von Offshore-Windparks in der Ostsee ist es nicht geboten auf ein Jahr "ohne signifikante Bautätigkeit" abzustellen.
38 Dass sich durch die beauflagte Mindestüberdeckung von grundsätzlich 1,00 m statt - wie im Erläuterungsbericht angenommen - 0,50 m größere Aushubvolumina und damit verbundene vermehrte Schiffsbewegungen, als vom Vorhabenträger angegeben, ergeben, ist schon nicht zwingend. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Antragsgegners sind in den Planungen des Vorhabenträgers vertikale Baggertoleranzen von 0,30 m bereits berücksichtigt. Hiervon weicht die im Planfeststellungsbeschluss verfügte Mindestüberdeckung nicht wesentlich ab. Aber auch, wenn sich die Schiffsverkehre durch den vermehrten Anfall von Baggergut tatsächlich erhöhen, werden dadurch die Ergebnisse der FFH-Prüfung nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Im Planfeststellungsbeschluss wird an mehreren Stellen darauf hingewiesen, dass die eingesetzten Bagger- und Verlegeschiffe stationär seien oder sich mit geringen Geschwindigkeiten von 1 bis 3 Knoten bewegten und deshalb die Auswirkungen auf die charakteristischen Arten gering seien (vgl. etwa PFB S. 106). Hieran ändert eine größere Aushubtiefe nichts. Für die Erheblichkeit der Fahrten der mit dem Aushub beladenen Schuten ist maßgeblich, ob die Flucht- und Meidedistanzen zu den Rastvögeln und den Vogelschutzgebieten eingehalten werden. Dass ein erhöhtes Schiffsaufkommen nicht auf den vorgesehenen Transportrouten und damit in ausreichendem Abstand von den rastenden Wasservögeln abgewickelt werden könnte, ist nicht dargetan und nicht erkennbar. Entsprechendes gilt für die Beeinträchtigung von Liegeplätzen der Kegelrobbe und Seehunde durch vorbeifahrende Schiffe und die Beeinträchtigung der Schweinswale durch Unterwasserschall (s. u.).
39 Schließlich führt auch die Verzögerung des Baubeginns nicht zwangsweise zu einer Erhöhung des baubedingten Schiffsverkehrs. Die Beigeladene hat zwar am 21. August 2023 die Bauarbeiten mit einer Verzögerung von drei Wochen - ursprünglich war ein Baubeginn Anfang August geplant - begonnen. Der diese Verzögerung berücksichtigende Bauzeitenplan (Anlage Bg. 2) ist aber nachvollziehbar. Darin sind nach Angaben der Beigeladenen sowohl das Bauzeitenfenster vom 15. Mai bis 31. Dezember für seeseitige Arbeiten im Greifswalder Bodden und in der Pommerschen Bucht sowie saisonale Wetterparameter, Ausfallzeiten als auch technische Einschränkungen der Arbeitsgeräte für einzelne Arbeitsphasen berücksichtigt. Für die Umsetzung des Vorhabens im Herbst und Winter kann die Beigeladene auch auf Erfahrungen beim Bau der Nord-Stream 2-Pipeline zurückgreifen. Schließlich fällt die Bauausführung auch nicht in die Heringslaichzeit vom 1. Januar bis 14. Mai. Nach der Nebenbestimmung Ziff. A.3.7.2 zum Planfeststellungsbeschluss sind die seeseitigen Bautätigkeiten (inkl. der Nutzung der Umlagerungsflächen und des marinen Zwischenlagers) im seeseitigen Bereich der OAL Trasse (bis KP 26) auf den Zeitraum vom 15. Mai bis 31. Dezember 2023 beschränkt. Eine seeseitige Bautätigkeit über den 31. Dezember 2023 hinaus ist demnach von dem streitgegenständlichen Planfeststellungsbeschluss nicht gedeckt. In diesem Zeitraum ist nach dem Bauzeitenplan auch die Rückverfüllung des Rohrgrabens, der die Wiederherstellung des Seebodens umfasst (FFH-Verträglichkeitsuntersuchung, 4e S. 15 und Landschaftspflegerischer Begleitplan, 4g S. 12 f.), vorgesehen.
40 (c) Der Einwand, der Planfeststellungsbeschluss beruhe mit Blick auf die Beeinträchtigung von Natura 2000-Gebieten auf einer veralteten Datenlage, greift nicht durch. Zunächst ist es unzutreffend, dass die Daten des Deutschen Meeresmuseums (DMM) nicht berücksichtigt worden seien. Neben den Bestandserfassungen durch das DMM wurden Erkenntnisse aus den zu den Vorhaben Nord-Stream und Nord-Stream 2 durchgeführten Monitorings, die die Jahre 2017 bis 2021 betreffen, den Natura 2000-Verträglichkeitsprüfungsunterlagen der Beigeladenen zugrunde gelegt. Dies ist nicht zu bestanden. Da normative Grundlagen fehlen, beurteilt sich die Aktualität der Datengrundlagen nach dem Maßstab der praktischen Vernunft unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 7. Juli 2022 - 9 A 1.21 - BVerwGE 176, 94 Rn. 96).
41 (d) Einen Fehler der Verträglichkeitsuntersuchungen zeigt der Antragsteller auch insoweit nicht auf, als er geltend macht, der räumliche Umgriff des Gebiets, innerhalb dessen es baubedingt zu Störungen von Tierarten kommen könne, sei zu klein bemessen worden. In Bezug u. a. auf das Vogelschutzgebiet "Westliche Pommersche Bucht" geht der Planfeststellungsbeschluss (S. 81) davon aus, dass angesichts einer Entfernung des Gebiets von der Trasse von mehr als 1,4 km einerseits und Flucht- bzw. Meidedistanzen der im Greifswalder Bodden rastenden Wasservögel zu fahrenden bzw. ankernden Schiffen von in der Regel weniger als 500 m andererseits offensichtlich keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten seien. Diese Einschätzung sieht sich durch den Einwand des Antragstellers, richtigerweise sei von einem Störradius von 7 km auszugehen, bei summarischer Prüfung nicht durchgreifend in Frage gestellt. Die Stellungnahme des Bundesamts für Naturschutz (BfN) vom 19. Oktober 2020, auf die der Antragsteller sich beruft, bezieht sich auf die Bauarbeiten zur Verlegung der Nord-Stream 2-Pipeline. Ihr liegt zum einen als Prämisse zugrunde, die Schiffsbewegungen der Verlegeflotte nähmen einen Bereich von 5,5 km beidseits der Trasse in Anspruch. Zum anderen geht das BfN im dortigen Kontext in Bezug auf Rastvögel von einem Störradius von 1,5 km um das Operationsgebiet der Schiffe aus. Beide Prämissen unterscheiden sich von dem hier im Planfeststellungsbeschluss zugrunde gelegten Szenario eines Abstands von mehr als 1,4 km sowie von Flucht- bzw. Meidedistanzen von weniger als 500 m. Darauf geht der Antragsteller nicht ein. Ebenso wenig zeigt er hinsichtlich des von der Trasse durchquerten Vogelschutzgebiets "Greifswalder Bodden und südlicher Strelasund" auf, inwieweit die insoweit im Planfeststellungsbeschluss (S. 85 ff.) gewonnene Einschätzung, erhebliche Beeinträchtigungen durch baubedingte Schiffsverkehre könnten für alle Rastvögel ausgeschlossen werden, aufgrund eines zu gering bemessenen Störradius der Bauarbeiten im Ergebnis fehlerhaft sein könnte. Der Antragsteller legt schon nicht dar, von welchem Störradius der Antragsgegner insoweit ausgegangen ist. Entsprechendes gilt, soweit der Antragsteller in diesem Kontext eine Unterschätzung der Auswirkungen des Vorhabens auf die Lebensräume von Kegelrobben und anderen Meeressäugern in den FFH-Gebieten "Greifswalder Bodden, Teile des Strelasundes und Nordspitze Usedom" sowie "Greifswalder Boddenrandschwelle und Teile der Pommerschen Bucht" rügt.
42 (e) Der Baltische Stör ist kein maßgeblicher Bestandteil des FFH-Gebiets "Greifswalder Boddenrandschwelle und Teile der Pommerschen Bucht". Vorhabenbedingte Auswirkungen auf diese Art müssen demnach in der FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht untersucht werden.
43 (2) Die Rügen des Antragstellers führen nicht zu einer Beanstandung der artenschutzrechtlichen Prüfung.
44 (a) Die Bewertung des Schweinswals ist derzeit nicht zu beanstanden. Der Planfeststellungsbeschluss begründet unter Berücksichtigung der geringen Frequentierung der Pommerschen Bucht und des Greifswalder Boddens durch Schweinswale sowie deren Vermeidungsverhalten, die den Monitorings zu den Nord-Stream-Pipelines entnommen werden, und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, die sich ausführlich mit dem Stand der Technik zur Hörempfindlichkeit dieser Tierart auseinander gesetzt hat (BVerwG, Urteil vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - juris Rn. 449 ff.), dass Verstöße gegen artenschutzrechtliche Verbotstatbestände nach Maßgabe des § 44 Abs. 5 BNatSchG durch die im konkreten Fall zu erwartenden Hydroschallemissionen ausgeschlossen sind (PFB S. 148 ff.). Damit setzen sich weder der Antragsteller noch die von ihm eingereichten Gutachten auseinander. Sind damit auch Verstöße gegen das Störungsverbot gemäß § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG ausgeschlossen, ist auch eine Beeinträchtigung der Paarungszeit der Schweinswale im maßgeblichen Gebiet voraussichtlich nicht gegeben.
45 (b) Die Kegelrobbe ist nicht Gegenstand der Prüfung des besonderen Artenschutzrechts. Sie ist weder eine Art im Sinne des Anhangs IV der FFH-Richtlinie noch nach Anhang A oder B der Verordnung (EG) Nr. 338/97. Vielmehr ist sie lediglich in Anhang II und V der FFH-RL gelistet und damit weder besonders noch streng geschützte Art nach § 7 Abs. 2 Nr. 13 bzw. Nr. 14 BNatSchG.
46 (c) Der Planfeststellungsbeschluss schließt den Eintritt von artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen im Hinblick auf den Baltischen Stör aus. Die Art werde den Bautätigkeiten bzw. den Verlege- und Serviceschiffen aktiv ausweichen und die primär durch Baggerarbeiten und Schiffsverkehr erzeugten Schallemissionen meiden (vgl. auch Artenschutzrechtlicher Fachbeitrag, Teil 2, 4a, S. 360). Allein eine wörtliche Wiedergabe der allgemeinen, keinen Bezug zu den Erwägungen des Planfeststellungsbeschlusses aufweisenden Ausführungen des Sachverständigen G. (Anlage ASt 43, S. 1), auf die sich das Vorbringen des Antragstellers insoweit beschränkt, vermag die Rechtmäßigkeit der artenschutzrechtlichen Prüfung nicht in Frage zu stellen.
47 b) Der Planfeststellungsbeschluss leidet nach summarischer Prüfung an keinen Mängeln der Abwägung.
48 aa) Die Abschnittsbildung ist nicht zu beanstanden.
49 Die Zulässigkeit einer planungsrechtlichen Abschnittsbildung ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anerkannt. Die Planfeststellungsbehörde verfügt insoweit über ein planerisches Ermessen, in das sie u. a. Gesichtspunkte einer zweckmäßigen Verfahrensgestaltung einbeziehen kann. Dieses Ermessen wird allerdings durch das materielle Planungsrecht begrenzt. Die Aussagekraft der Abwägung darf durch eine Aufspaltung des Vorhabens nicht beeinträchtigt werden. Insbesondere kann eine Teilplanung nicht so weit verselbstständigt werden, dass durch die Gesamtplanung geschaffene Probleme unbewältigt bleiben (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 2020 - 9 A 12.19 - BVerwGE 170, 33 Rn. 724). Diesen Anforderungen wird die Abschnittsbildung vorliegend gerecht.
50 Die Kritik des Antragstellers, die Abschnittsbildung habe nicht zu einer Reduzierung der planerischen Komplexität geführt, ist nicht berechtigt. Angesichts der durch die Aufgabe der ursprünglichen Planung - Anbindung der Leitung an ein im Prorer Wiek vorgesehenes Offshore Terminal - bedingten erheblichen Verlängerung und Umplanung der OAL bis zum Hafen von Mukran haben sich im neu gebildeten zweiten Planungsabschnitt neue und bislang nicht betrachtete Fragen gestellt, die eine Trennung der Planung in einen unproblematischen "alten" Teil und den neuen Abschnitt ohne weiteres rechtfertigen. Dies betrifft in erster Linie die im Folgeabschnitt vorgesehene Querung des marinen Vorranggebietes Küstenschutz, die eine Überarbeitung der bisherigen Planungen und ein Zielabweichungsverfahren von den Zielen der Raumordnung erforderlich gemacht hat. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass die Planungen für beide Abschnitte zeitlich parallel und inhaltlich aufeinander abgestimmt vorangetrieben worden sind. Hierdurch wird die Zulässigkeit einer Abschnittsbildung nicht in Frage gestellt. Die Planung in Abschnitten muss nicht konsekutiv erfolgen, sondern es kann gerade das Ziel der Abschnittsbildung sein, eine zeitlich und inhaltlich parallele Planung mehrerer Abschnitte zu ermöglichen und die Planung und Verwirklichung des Gesamtvorhabens dadurch zu beschleunigen. Dies gilt umso mehr, wenn die Planung - wie vorliegend - unter einem hohen zeitlichen Druck steht und es daher "auf jeden Tag", den ein Abschnitt früher planfestgestellt werden kann, ankommt.
51 Die Abschnittsbildung ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil der Verwirklichung des Vorhabens im zweiten Abschnitt unüberwindliche Hindernisse entgegenstünden. Der Vortrag des Antragstellers zeigt solche nicht auf. Die Beigeladene weist zutreffend darauf hin, dass selbst wenn man von der Unvereinbarkeit mit den Nutzungen des marinen Vorranggebiets ausginge, eine Zielabweichung zugelassen werden könne. Der Planfeststellungsbeschluss führt insoweit detailliert aus (S. 74), dass eine solche geplant und beim zuständigen Ministerium beantragt worden sei. Danach könne der überwiegende Teil des Vorranggebietes uneingeschränkt genutzt werden. Auch die zusätzlich vorgenommene Vorausschau auf die FSRU-Terminals und den Hafenausbau in Mukran hat keine unüberwindbaren Hindernisse ergeben. Der Hafen von Mukran ist ein landesweit bedeutsamer Hafen mit unmittelbarem Zugang zum offenen Meer. Der geplante Liegeplatz 12 ist größenmäßig für die Errichtung zweier FSRUs geeignet (Abb. 2 im Erläuterungsbericht, S. 17) und es bestehen ausweislich einer Stellungnahme des Staatlichen Amts für Landwirtschaft und Umwelt vom 18. Juli 2023 keine unüberwindbaren Hindernisse für die Genehmigung eines schwimmenden LNG-Terminals (PFB S. 76). Seit dem 10. August 2023 liegt zudem der Planfeststellungsbeschluss für die Erweiterung der seewärtigen Zufahrt Hafen Mukran der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt vor, so dass auch die Erreichbarkeit des Hafens für Schiffe mit großem Tiefgang gesichert erscheint.
52 bb) Der Planfeststellungsbeschluss hat schließlich die Belange des Klimaschutzes hinreichend gewürdigt.
53 Gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 des Bundes-Klimaschutzgesetzes - KSG vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2513), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. August 2021 (BGBl. I S. 3905) haben die Träger öffentlicher Aufgaben bei ihren Planungen und Entscheidungen den Zweck dieses Gesetzes und die zu seiner Erfüllung festgelegten Ziele zu berücksichtigen. Dies betrifft den in § 1 KSG niedergelegten Zweck des Gesetzes und insbesondere die Auswirkungen des Vorhabens auf die nationalen Klimaschutzziele, die in § 3 Abs. 1 KSG näher definiert werden. Der Behörde kommt insoweit eine Pflicht zu, die zu erwartende Menge an Treibhausgasen, welche aufgrund des Projekts emittiert werden, zu ermitteln; nur bei unverhältnismäßigem Ermittlungsaufwand kommt eine Schätzung in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. Juni 2023 - 7 VR 3.23 - juris Rn. 39; Fellenberg, in: Fellenberg/Guckelberger, Klimaschutzrecht, 1. Aufl. 2022, § 13 KSG Rn. 23 f.).
54 Vor diesem Hintergrund ist die Abwägungsentscheidung des Antragsgegners voraussichtlich nicht zu beanstanden. Hierbei wurde in die Betrachtung einbezogen, dass das Vorhaben in der Bauphase eine emissionserhöhende Wirkung hat und damit kurzfristig nicht zum Klimaschutz beiträgt, sondern diesem vielmehr entgegenwirkt. Eine Quantifizierung der baubedingten Emissionen wurde ausgehend von den Berechnungen im Rahmen der Planung des Nord-Stream 2-Projektes vorgenommen. Danach legt der Antragsgegner baubedingte Emissionen von schätzungsweise 24 000 t CO2 und 1 000 t CO2 bei der Inbetriebnahme zugrunde und stellt diese in die Abwägung ein (PFB S. 226). Dass diese Quantifizierung fehlerhaft ist, ist nicht substantiiert vorgetragen. Der Erläuterungsbericht nimmt vielmehr nachvollziehbar signifikant weniger Emissionen gegenüber der Nord-Stream 2-Planung an, weil es sich vorliegend jedenfalls nicht um zwei 1 200 km lange Pipelines handelt (Anlage ASt 4 S. 132). Der Planfeststellungsbeschluss geht schließlich vertretbar davon aus, dass diese baubedingten Emissionen im Verhältnis zu den zulässigen Jahresemissionsmengen des § 4 KSG i. V. m. Anlage 2 zu § 4 KSG kaum ins Gewicht fallen. Die Wahrscheinlichkeit betriebsbedingter Methan-Emissionen legt der Antragsteller nicht dar.
55 Schließlich war es zulässig, zu beachten, dass das Vorhaben entsprechend der gesetzgeberischen Vorstellung (vgl. BT-Drs. 20/1742 S. 16) geeignet ist, in Zukunft auch Wasserstoff zu transportieren, der nach gegenwärtigem Kenntnisstand ein wichtiger Baustein der angestrebten Klimaneutralität sein wird.
56 Mit der Ablehnung des Aussetzungsantrags erledigt sich der weitere Antrag auf Erlass einer Zwischenverfügung.
57 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.