Ver­fah­rens­in­for­ma­ti­on

Der Klä­ger, ei­ne an­er­kann­te Um­welt­ver­ei­ni­gung, be­gehrt die Fort­schrei­bung des Luft­rein­hal­te­plans des be­klag­ten Lan­des Ba­den-Würt­tem­berg für die bei­ge­la­de­ne Stadt Lud­wigs­burg.


An ei­ner Mess­stel­le in der Fried­rich­stra­ße in Lud­wigs­burg wur­den seit Jah­ren kon­ti­nu­ier­lich Über­schrei­tun­gen des über ein Ka­len­der­jahr ge­mit­tel­ten Im­mis­si­ons­grenz­werts für Stick­stoff­di­oxid (NO2) er­mit­telt. Zur Sen­kung der NO2-Be­las­tung sieht der Luft­rein­hal­te­plan ein Maß­nah­men­pa­ket vor und nimmt auf wei­te­re in ei­nem "Green Ci­ty Mas­ter­plan" der Bei­ge­la­de­nen vor­ge­se­he­ne Maß­nah­men Be­zug. Als Er­geb­nis die­ser Maß­nah­men wer­de der Grenz­wert be­reits im Jahr 2020 un­ter­schrit­ten, wes­halb zu­sätz­li­che Die­sel-Ver­kehrs­ver­bo­te un­ver­hält­nis­mä­ßig sei­en. Wäh­rend des ge­richt­li­chen Ver­fah­rens hat die Bei­ge­la­de­ne acht wei­te­re Maß­nah­men zu­sam­men­ge­stellt, die zu­sätz­lich zu den­je­ni­gen des Luft­rein­hal­te­plans kurz­fris­tig ver­bind­lich um­ge­setzt wer­den sol­len.


Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat den Be­klag­ten ver­ur­teilt, den Luft­rein­hal­te­plan un­ter Be­ach­tung der Rechts­auf­fas­sung des Ge­richts so zu än­dern, dass er die er­for­der­li­chen Maß­nah­men zur schnellst­mög­li­chen Ein­hal­tung des Grenz­werts ent­hält. Der Mess­stand­ort in der Fried­rich­stra­ße sei zu­tref­fend ge­wählt wor­den. Die dort fest­ge­stell­ten Grenz­wert­über­schrei­tun­gen sei­en durch zu­sätz­li­che Die­sel-Ver­kehrs­ver­bo­te je­den­falls schnel­ler ab­bau­bar als mit den der­zeit ge­plan­ten Maß­nah­men al­lein. Der Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­grund­satz ste­he der Auf­nah­me sol­cher Ver­bo­te in den Luft­rein­hal­te­plan nicht ent­ge­gen. Die ge­gen­wär­ti­ge Pla­nung lei­de zu­dem an ver­schie­de­nen Pro­gno­se­män­geln. Ei­ne Neu­pla­nung sei nicht auf­grund der ak­tu­el­len Ent­wick­lung der Mess­wer­te oder der acht zu­sätz­li­chen Maß­nah­men der Bei­ge­la­de­nen, de­ren Min­de­rungs­wir­kung un­klar sei, ent­behr­lich. Ein Ver­zicht auf Fahr­ver­bo­te kom­me nur dann in Be­tracht, wenn an­de­re Maß­nah­men auf der Grund­la­ge ei­ner nach­voll­zieh­ba­ren Pro­gno­se in ih­rer Durch­füh­rung recht­lich, fi­nan­zi­ell so­wie tat­säch­lich ge­si­chert sei­en und eben­so ef­fek­tiv, ins­be­son­de­re gleich schnell wie Fahr­ver­bo­te ei­ne Ein­hal­tung des Grenz­werts ge­währ­leis­te­ten.


Ge­gen die­ses Ur­teil rich­ten sich die vom Ver­wal­tungs­ge­richts­hof zu­ge­las­se­nen Re­vi­sio­nen des Be­klag­ten und der Bei­ge­la­de­nen.


Pres­se­mit­tei­lung Nr. 34/2021 vom 28.05.2021

Luft­rein­hal­te­plan für Lud­wigs­burg ist fort­zu­schrei­ben

Der Luft­rein­hal­te­plan für Lud­wigs­burg muss zur Ein­hal­tung des Grenz­werts für Stick­stoff­di­oxid (NO2) er­neut fort­ge­schrie­ben wer­den. Das hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leip­zig heu­te ent­schie­den.


Der Klä­ger ist ein deutsch­land­weit tä­ti­ger Um­welt­ver­band. Er be­gehrt die wei­te­re Fort­schrei­bung des zu­letzt 2019 über­ar­bei­te­ten Luft­rein­hal­te­plans des be­klag­ten Lan­des Ba­den-Würt­tem­berg für die bei­ge­la­de­ne Stadt Lud­wigs­burg. Er macht gel­tend, die bis­lang ge­plan­ten Maß­nah­men sei­en für ei­ne mög­lichst schnel­le Ein­hal­tung des NO2-Grenz­werts nicht aus­rei­chend.


Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat das Land ver­ur­teilt, den Luft­rein­hal­te­plan un­ter Be­ach­tung sei­ner Rechts­auf­fas­sung so zu än­dern, dass die­ser die er­for­der­li­chen Maß­nah­men zur schnellst­mög­li­chen Ein­hal­tung des NO2-Grenz­werts ent­hält. Der Stand­ort der Mess­stel­le in der Fried­rich­stra­ße sei zu­tref­fend ge­wählt wor­den. Zum Ab­bau der dort ge­mes­se­nen Grenz­wert­über­schrei­tun­gen ha­be der Plan­ge­ber je­doch nicht auf Die­sel­fahr­ver­bo­te ver­zich­ten dür­fen. Auch sei­en die der Pla­nung zu­grun­de ge­leg­ten Pro­gno­sen teils nicht hin­rei­chend ge­si­chert oder un­zu­rei­chend be­grün­det.


Auf die Re­vi­sio­nen des Be­klag­ten und der Bei­ge­la­de­nen hat das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt das Ur­teil ge­än­dert und den Be­klag­ten zur Fort­schrei­bung des Luft­rein­hal­te­plans un­ter Be­ach­tung der Rechts­auf­fas­sung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts ver­ur­teilt. Da­bei hat es in Über­ein­stim­mung mit dem Ver­wal­tungs­ge­richts­hof zu­grun­de ge­legt, dass der NO2-Grenz­wert über­schrit­ten wird. Die Ein­wän­de des Be­klag­ten ge­gen die Re­prä­sen­ta­ti­vi­tät der an der Mess­stel­le in der Fried­rich­stra­ße er­mit­tel­ten Wer­te grei­fen nicht durch. An­ders als der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof meint, wä­re die An­ord­nung ei­nes Die­sel­fahr­ver­bots un­ver­hält­nis­mä­ßig, wenn der Grenz­wert be­reits im Fol­ge­jahr des Pla­ner­las­ses ein­ge­hal­ten wird. Zu­tref­fend hin­ge­gen hat der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof die Plan­pro­gno­se als feh­ler­haft be­an­stan­det, ins­be­son­de­re hin­sicht­lich der er­war­te­ten Min­de­rung der NO2-Be­las­tung auf­grund ei­ner Er­neue­rung der Lud­wigs­bur­ger Fahr­zeug­flot­te.


BVer­wG 7 C 2.20 - Ur­teil vom 28. Mai 2021

Vor­in­stanz:

VGH Mann­heim, 10 S 2741/18 - Ur­teil vom 26. No­vem­ber 2019 -


Ur­teil vom 28.05.2021 -
BVer­wG 7 C 2.20ECLI:DE:BVer­wG:2021:280521U7C2.20.0

Fort­schrei­bung ei­nes Luft­rein­hal­te­plans

Leit­sät­ze:

1. Ei­ne Ver­pflich­tung zur Fort­schrei­bung ei­nes Luft­rein­hal­te­plans be­steht nicht, so­weit sich ei­ne im Zeit­punkt der Be­schluss­fas­sung über den Luft­rein­hal­te­plan nicht hin­rei­chend ge­si­cher­te Im­mis­si­ons­pro­gno­se auf­grund spä­te­rer tat­säch­li­cher Ver­än­de­run­gen oder neu­er Er­kennt­nis­se im Nach­hin­ein als trag­fä­hig er­weist.

2. Ist die zu­stän­di­ge Be­hör­de zur Auf­stel­lung oder Fort­schrei­bung ei­nes Luft­rein­hal­te­plans ver­pflich­tet, darf sie bei der Er­fül­lung die­ser Ver­pflich­tung ihr vor­lie­gen­de Er­geb­nis­se von Mo­dell­rech­nun­gen nicht un­be­rück­sich­tigt las­sen, die für an­de­re Or­te als den Ort der ge­mes­se­nen Grenz­wert­über­schrei­tung in dem je­wei­li­gen Ge­biet oder Bal­lungs­raum über dem Grenz­wert lie­gen­de Stick­stoff­di­oxid­be­las­tun­gen aus­wei­sen.

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Ur­teil

BVer­wG 7 C 2.20

  • VGH Mann­heim - 26.11.2019 - AZ: VGH 10 S 2741/18

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 7. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 26. Mai 2021
durch
den Vi­ze­prä­si­den­ten des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts Prof. Dr. Korb­ma­cher und die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Schem­mer, Dr. Gün­ther,
Dr. Löf­fel­bein und Dr. Wö­ckel
am 28. Mai 2021 für Recht er­kannt:

  1. Auf die Re­vi­sio­nen des Be­klag­ten und der Bei­ge­la­de­nen wird das auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 26. No­vem­ber 2019 er­gan­ge­ne Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs Ba­den-Würt­tem­berg ge­än­dert.
  2. Der Be­klag­te wird ver­ur­teilt, den Luft­rein­hal­te­plan für den Re­gie­rungs­be­zirk Stutt­gart, Teil­plan Lud­wigs­burg, un­ter Be­ach­tung der Rechts­auf­fas­sung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts fort­zu­schrei­ben.
  3. Im Üb­ri­gen wer­den die Re­vi­sio­nen zu­rück­ge­wie­sen.
  4. Der Klä­ger trägt die Hälf­te, der Be­klag­te und die Bei­ge­la­de­ne tra­gen je ein Vier­tel der Ge­richts­kos­ten. Die au­ßer­ge­richt­li­chen Kos­ten der Be­tei­lig­ten wer­den ge­gen­ein­an­der auf­ge­ho­ben.

Grün­de

I

1 Der Klä­ger, ei­ne deutsch­land­weit tä­ti­ge und nach § 3 Um­wRG an­er­kann­te Um­welt­ver­ei­ni­gung, be­gehrt die Fort­schrei­bung des Luft­rein­hal­te­plans für die bei­ge­la­de­ne Stadt Lud­wigs­burg.

2 Der zu­letzt im Sep­tem­ber 2019 fort­ge­schrie­be­ne Luft­rein­hal­te­plan ent­hält Maß­nah­men zur Min­de­rung auch der Stick­stoff­di­oxid­be­las­tung. Der Im­mis­si­ons­grenz­wert für Stick­stoff­di­oxid (NO2) von 40 µg/m3 im Jah­res­mit­tel wur­de an der Mess­stel­le Fried­rich­stra­ße in Lud­wigs­burg in den Jah­ren 2009 bis 2018 kon­ti­nu­ier­lich über­schrit­ten. Im Jahr 2018 wur­de ein Wert von 51 µg/m3 ge­mes­sen. Der Luft­rein­hal­te­plan ent­hält ein Maß­nah­men­pa­ket. Es um­fasst ei­ne Di­gi­ta­li­sie­rung der Ver­kehrs­leit­tech­nik (M 1), ei­ne Re­du­zie­rung der zu­läs­si­gen Höchst­ge­schwin­dig­keit von 50 auf 40 km/h auf ei­nem Teil­stück der Fried­rich­stra­ße (M 2) so­wie ei­nen Ein­satz von Fil­ter­säu­len (M 3). Au­ßer­dem er­läu­tert der Luft­rein­hal­te­plan wei­te­re in ei­nem "Green Ci­ty Lud­wigs­burg Mas­ter­plan" der Bei­ge­la­de­nen vor­ge­se­he­ne Maß­nah­men, mit de­nen der Im­mis­si­ons­grenz­wert bis zum Jahr 2020 ein­ge­hal­ten wer­den kön­ne. Der grö­ß­te Min­de­rungs­ef­fekt wer­de durch ei­ne Er­neue­rung der Fahr­zeug­flot­te er­zielt. Durch die räum­li­che Nä­he zur Lan­des­haupt­stadt Stutt­gart, für die ein Ver­kehrs­ver­bot für Die­sel­fahr­zeu­ge un­ter­halb der Ab­gas­norm Eu­ro 5 gel­te, wer­de die Flot­ten­er­neue­rung in Lud­wigs­burg be­schleu­nigt. Sie wer­de im Mas­ter­plan als Busi­ness-as-usu­al-Sze­na­rio (BAU-Sze­na­rio) auf­ge­führt. Al­lein hier­durch sei ein Rück­gang der NO2-Be­las­tung auf 41 µg/m3 im Jah­res­mit­tel in 2020 zu er­war­ten. Be­rück­sich­ti­ge man mit dem Mas­ter­plan zu­dem die Trend­ent­wick­lung ab­neh­men­der Zu­las­sungs­zah­len für Die­sel-Pkw und die Wir­kung von Soft­ware-Up­dates, so wer­de für 2020 - un­ter Be­rück­sich­ti­gung der auch im Mas­ter­plan fest­ge­leg­ten Maß­nah­me M 1, aber un­ab­hän­gig von den Maß­nah­men M 2 und M 3 - ein Jah­res­mit­tel­wert von 39 µg/m3 pro­gnos­ti­ziert. Ver­kehrs­ver­bo­te für Die­sel­fahr­zeu­ge er­schie­nen des­halb un­ver­hält­nis­mä­ßig.

3 Be­reits im Jahr 2017 stell­te der Klä­ger ei­nen An­trag auf Än­de­rung des Luft­rein­hal­te­plans. Am 29. März 2018 hat er Kla­ge er­ho­ben.

4 Mit Ur­teil vom 26. No­vem­ber 2019 hat der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof den Be­klag­ten ver­ur­teilt, den für die Stadt Lud­wigs­burg gel­ten­den Luft­rein­hal­te­plan un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Rechts­auf­fas­sung des Ge­richts so zu än­dern, dass er die er­for­der­li­chen Maß­nah­men zur schnellst­mög­li­chen Ein­hal­tung des über ein Ka­len­der­jahr ge­mit­tel­ten Grenz­werts für Stick­stoff­di­oxid in Hö­he von 40 µg/m3 im Stadt­ge­biet Lud­wigs­burg ent­hält.

5 Zur Be­grün­dung hat er im We­sent­li­chen aus­ge­führt: Der Ort der Mess­stel­le in der Fried­rich­stra­ße sei zu­tref­fend ge­wählt wor­den. Et­wai­ge Ein­wän­de ge­gen die Re­prä­sen­ta­ti­vi­tät der dort ge­nom­me­nen Luft­pro­ben wür­den in An­be­tracht der Ver­pflich­tung zur Mi­ni­mie­rung des Ri­si­kos, den Ort der Ma­xi­mal­be­las­tung zu über­se­hen, nicht durch­grei­fen. Der Luft­rein­hal­te­plan ge­nü­ge dem Ge­bot, den Zeit­raum ei­ner Grenz­wert­über­schrei­tung so kurz wie mög­lich zu hal­ten, aber be­reits im An­satz nicht, weil bei sei­ner Fort­schrei­bung ein Ver­gleich der vor­ge­se­he­nen Maß­nah­men mit ei­nem Die­sel­ver­kehrs­ver­bot un­ter­blie­ben sei. Ein sol­ches Ver­bot er­mög­li­che je­den­falls ei­nen schnel­le­ren Ab­bau der über­höh­ten Wer­te und sei nicht un­ver­hält­nis­mä­ßig.

6 Zu­dem lei­de die Pla­nung an Pro­gno­se­män­geln. Dies be­tref­fe ins­be­son­de­re die auf die Wir­kung ei­ner Flot­ten­er­neue­rung be­zo­ge­ne An­nah­me, Fahr­zeu­ge neue­rer Eu­ro-Klas­sen stie­ßen si­gni­fi­kant we­ni­ger Stick­oxi­de aus als äl­te­re. Fer­ner sei­en aus dem in Stutt­gart gel­ten­den Die­sel­ver­kehrs­ver­bot re­sul­tie­ren­de po­si­ti­ve Ef­fek­te auf die Flot­ten­er­neue­rung über­schätzt wor­den. Zu­dem sei­en nicht al­le der der Be­wer­tung von Soft­ware-Up­dates zur Emis­si­ons­re­duk­ti­on von Fahr­zeu­gen zu­grun­de lie­gen­den An­nah­men aus­rei­chend ge­si­chert. Schlie­ß­lich sei nicht er­kenn­bar be­rück­sich­tigt wor­den, dass für das Jahr 2017 noch für an­de­re Stra­ßen als die Fried­rich­stra­ße deut­lich über­höh­te NO2-Wer­te er­mit­telt wor­den sei­en.

7 Es be­dür­fe ei­ner Neu­pla­nung. Hier­bei dürf­ten die zur Grenz­wertein­hal­tung not­wen­di­gen Maß­nah­men nicht im Rah­men ei­ner Ab­wä­gung zwi­schen dem Aus­maß durch Grenz­wert­über­schrei­tun­gen be­ding­ter Ge­sund­heits­ge­fah­ren oder der Zahl in­so­weit spe­zi­fisch ge­fähr­de­ter Per­so­nen ei­ner­seits und den durch Die­sel­ver­kehrs­ver­bo­te be­ding­ten Ein­schrän­kun­gen von Ver­kehrs­teil­neh­mern an­de­rer­seits re­la­ti­viert wer­den. Aus § 47 Abs. 4a Satz 1 BImSchG lie­ßen sich für den vor­lie­gen­den Fall kei­ne recht­li­chen Schlüs­se zie­hen. Ein Ver­zicht auf die Auf­nah­me von Ver­kehrs­ver­bo­ten kom­me nur dann in Be­tracht, wenn an­de­re Maß­nah­men gleich schnell wie Ver­kehrs­ver­bo­te ei­ne Ein­hal­tung des Grenz­werts ge­währ­leis­te­ten.

8 Der Be­klag­te und die Bei­ge­la­de­ne ha­ben je­weils die vom Ver­wal­tungs­ge­richts­hof zu­ge­las­se­ne Re­vi­si­on ein­ge­legt.

9 Der Be­klag­te macht gel­tend: Ei­ne Ver­pflich­tung zur Plan­fort­schrei­bung be­stehe schon man­gels Grenz­wert­über­schrei­tung nicht. Den ge­nom­me­nen Luft­pro­ben feh­le die nach An­la­ge 3 der 39. BImSchV ge­bo­te­ne Re­prä­sen­ta­ti­vi­tät für die Luft­qua­li­tät ei­nes Stra­ßen­ab­schnitts von nicht we­ni­ger als 100 m Län­ge, was Mes­sun­gen mit Pas­siv­samm­lern be­leg­ten. Die­sel­ver­kehrs­ver­bo­ten ste­he § 47 Abs. 4a Satz 1 BImSchG ent­ge­gen, der ei­ne Re­gel­ver­mu­tung feh­len­der Er­for­der­lich­keit sol­cher Ver­bo­te nor­mie­re, die je­den­falls dann grei­fe, wenn - wie hier - nicht von vorn­her­ein aus­ge­schlos­sen sei, dass kon­kret be­nann­te Al­ter­na­tiv­maß­nah­men zeit­nah zur Ein­hal­tung des Grenz­werts führ­ten. Die Ein­wän­de des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs ge­gen die Pro­gno­sen des Plan­ge­bers grif­fen nicht durch. Bei der Flot­ten­er­neue­rung ge­he es nicht um ei­nen ge­rin­ge­ren Schad­stoff­aus­stoß von Die­sel­fahr­zeu­gen der Ab­gas­norm Eu­ro 5 im Ver­gleich zu sol­chen der Ab­gas­norm Eu­ro 4, son­dern um ei­nen im­mer ge­rin­ge­ren Die­sel­an­teil am Ge­samt­fahr­zeug­be­stand so­wie ei­nen zu­neh­men­den An­teil von Eu­ro-6-Fahr­zeu­gen an der Die­sel­flot­te. Die Wirk­sam­keit von im Ver­gleich zu Ver­kehrs­ver­bo­ten mil­de­ren Maß­nah­men sei gut­ach­ter­lich be­legt. Bei den mo­del­lier­ten Zah­len han­de­le es sich nicht um Mess­wer­te, die al­lein ei­ne Pla­nungs­pflicht aus­zu­lö­sen ver­mö­gen. Die Er­wä­gun­gen des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs zu Soft­ware-Up­dates sei­en teils durch neue Zah­len des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes sach­lich wi­der­legt, teils ver­stie­ßen sie ge­gen den Über­zeu­gungs­grund­satz.

10 Die Bei­ge­la­de­ne macht gel­tend: An­ge­sichts ei­ner sin­ken­den Ten­denz der NO2-Be­las­tung so­wie der be­reits 2020 zu er­war­ten­den Ein­hal­tung des Grenz­werts sei­en Die­sel­ver­kehrs­ver­bo­te un­ver­hält­nis­mä­ßig. Die Im­mis­si­ons­pro­gno­se des Plan­ge­bers sei recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Das Stutt­gar­ter Ver­kehrs­ver­bot gel­te in­zwi­schen auch für Eu­ro-5-Die­sel. Für an­de­re Stra­ßen als die Fried­rich­stra­ße le­dig­lich mo­del­lier­te, nicht aber ge­mes­se­ne Grenz­wert­über­schrei­tun­gen be­grün­de­ten kei­ne Pla­nungs­pflicht. Zum strei­ti­gen Um­fang der im­mis­si­ons­min­dern­den Wir­kung ei­ner Flot­ten­er­neue­rung und von Soft­ware-Up­dates ha­be der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof un­ter Ver­stoß ge­gen den Un­ter­su­chungs­grund­satz ei­ne Be­weis­er­he­bung un­ter­las­sen. Er ha­be die Durch­füh­rung zu­sätz­li­cher kom­mu­na­ler Maß­nah­men nicht in Zwei­fel zie­hen dür­fen, nach­dem die Bei­ge­la­de­ne hier­zu die Ab­ga­be ei­ner ver­bind­li­chen Pro­to­koll­er­klä­rung an­ge­bo­ten ha­be.

11 Der Be­klag­te hat mit­ge­teilt, in­zwi­schen wür­den an an­de­ren Stel­len im Lud­wigs­bur­ger Stadt­ge­biet Mes­sun­gen durch­ge­führt. Die­se hät­ten im Jahr 2020 nur noch an der Schloss­stra­ße mit 47 µg/m3 ei­ne Grenz­wert­über­schrei­tung er­ge­ben.

12 Der Be­klag­te und die Bei­ge­la­de­ne be­an­tra­gen je­weils,
das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs Ba­den-Würt­tem­berg vom 26. No­vem­ber 2019 zu än­dern und die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

13 Der Klä­ger be­an­tragt,
die Re­vi­sio­nen zu­rück­zu­wei­sen.

14 Er ver­tei­digt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil.

II

15 A. Die Re­vi­sio­nen sind zu­läs­sig.

16 Die Bei­ge­la­de­ne ist re­vi­si­ons­be­fugt. Sie wird durch das an­ge­foch­te­ne Ur­teil ma­te­ri­ell be­schwert.

17 Die Zu­läs­sig­keit ei­nes Rechts­mit­tels ei­nes Bei­ge­la­de­nen er­for­dert un­ge­ach­tet sei­ner Be­tei­lig­ten­stel­lung (§ 63 Nr. 3 Vw­GO) und der dar­an ge­knüpf­ten Bin­dung an ein rechts­kräf­ti­ges Ur­teil (§ 121 Nr. 1 Vw­GO) ei­ne ma­te­ri­el­le Be­schwer. Die­se ist dann ge­ge­ben, wenn der Bei­ge­la­de­ne gel­tend ma­chen kann, durch die mög­li­che Rechts­kraft­wir­kung prä­ju­di­zi­ell und un­mit­tel­bar in ei­ge­nen Rech­ten be­ein­träch­tigt zu wer­den (stRspr, vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 14. März 2018 - 10 C 3.17 - Buch­holz 428.2 § 11 VZOG Nr. 38 Rn. 12 m.w.N. und vom 27. Fe­bru­ar 2020 - 7 C 3.19 - BVer­w­GE 168, 20 Rn. 20). Zu­stim­mungs- und sons­ti­ge Mit­wir­kungs­be­fug­nis­se von Ver­wal­tungs­be­hör­den ste­hen sub­jek­ti­ven Rech­ten in­so­weit gleich (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 7. Mai 1971 - 4 C 19.70 - Buch­holz 310 § 65 Vw­GO Nr. 16 S. 12 f. und vom 18. Mai 1992 - 4 B 98.92 - Buch­holz 406.11 § 23 BBauG/BauGB Nr. 14 S. 2).

18 Die Bei­ge­la­de­ne kann ei­ne un­mit­tel­ba­re Be­ein­träch­ti­gung ei­ner ihr ein­ge­räum­ten Mit­wir­kungs­be­fug­nis durch das an­ge­foch­te­ne Ur­teil gel­tend ma­chen. Nach dem ein­schlä­gi­gen Lan­des­recht, des­sen In­halt fest­zu­stel­len der Se­nat man­gels ei­ner ge­mäß § 173 Satz 1 Vw­GO i.V.m. § 560 ZPO bin­den­den Ent­schei­dung des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs hier­über nicht ge­hin­dert ist (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 22. Mai 1980 - 7 C 73.78 - Buch­holz 415.1 Allg­KommR Nr. 32 S. 51 und vom 24. Ja­nu­ar 2013 - 5 C 12.12 - BVer­w­GE 145, 315 Rn. 10), ist die Bei­ge­la­de­ne als kreis­freie Stadt Rechts­trä­ge­rin der zu­stän­di­gen Stra­ßen­ver­kehrs­be­hör­de (§ 1 des Ge­set­zes über die Zu­stän­dig­kei­ten nach der Stra­ßen­ver­kehrs-Ord­nung vom 17. De­zem­ber 1990 <GBl. BW S. 427>, zu­letzt ge­än­dert durch Ge­setz vom 6. Fe­bru­ar 2018 <GBl. BW S. 5>, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 19 des Lan­des­ver­wal­tungs­ge­set­zes vom 14. Ok­to­ber 2008 <GBl. BW S. 313, 314>, zu­letzt ge­än­dert durch Art. 10 des Ge­set­zes vom 21. Mai 2019 <GBl. BW S. 161, 185>, § 131 Abs. 2 der Ge­mein­de­ord­nung für Ba­den-Würt­tem­berg vom 24. Ju­li 2000 <GBl. BW S. 581, ber. S. 698>, zu­letzt ge­än­dert durch Art. 2 des Ge­set­zes vom 2. De­zem­ber 2020 <GBl. BW S. 1095, 1098>), von de­ren Ein­ver­neh­men nach § 47 Abs. 4 Satz 2 BImSchG die Fest­le­gung von Maß­nah­men im Stra­ßen­ver­kehr in ei­nem Luft­rein­hal­te­plan ab­hängt. Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat den Be­klag­ten zur Fort­schrei­bung des Luft­rein­hal­te­plans un­ter Be­rück­sich­ti­gung der Rechts­auf­fas­sung des Ge­richts ver­ur­teilt. Zu die­ser von ei­ner mög­li­chen Rechts­kraft­wir­kung des Ur­teils um­fass­ten (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 20. Ok­to­ber 2016 - 7 C 27.15 - Buch­holz 404 IFG Nr. 22 Rn. 12 m.w.N.) Rechts­auf­fas­sung des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs ge­hört ins­be­son­de­re die Be­wer­tung von Die­sel­ver­kehrs­ver­bo­ten als ver­hält­nis­mä­ßig. Dar­an wä­re die Bei­ge­la­de­ne bei ih­rer Ent­schei­dung über die Er­tei­lung des Ein­ver­neh­mens ge­mäß § 47 Abs. 4 Satz 2 BImSchG an­läss­lich ei­ner künf­ti­gen Plan­fort­schrei­bung eben­so ge­bun­den wie an wei­te­re ent­schei­dungs­tra­gen­de recht­li­che Er­wä­gun­gen des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs, so­weit die­se für die Recht­mä­ßig­keit von Maß­nah­men im Stra­ßen­ver­kehr im Sin­ne von § 47 Abs. 4 Satz 2 BImSchG er­heb­lich sind.

19 B. Die Re­vi­sio­nen sind teil­wei­se be­grün­det. Oh­ne Ver­stoß ge­gen Bun­des­recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 Vw­GO) hat der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof die Kla­ge als zu­läs­sig an­ge­se­hen. Nicht in je­der Hin­sicht mit Bun­des­recht in Ein­klang ste­hen sei­ne Aus­füh­run­gen zur Be­gründet­heit der Kla­ge. In­so­weit stellt sich das an­ge­foch­te­ne Ur­teil auch nicht aus an­de­ren Grün­den als rich­tig dar (§ 144 Abs. 4 Vw­GO) und ist des­halb zu än­dern (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Vw­GO).

20 1. Der Klä­ger ist als an­er­kann­te Um­welt­ver­ei­ni­gung kla­ge­be­fugt. Bei der von ihm be­gehr­ten Fort­schrei­bung des Luft­rein­hal­te­plans han­delt es sich um ei­nen ge­mäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 Um­wRG, § 35 Abs. 1 Nr. 2 UVPG i.V.m. Nr. 2.2 der An­la­ge 5 des UVPG taug­li­chen Kla­ge­ge­gen­stand (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 27. Fe­bru­ar 2020 - 7 C 3.19 - BVer­w­GE 168, 20 Rn. 22). Zur Er­fül­lung des be­son­de­ren Zu­läs­sig­keits­er­for­der­nis­ses nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b Um­wRG ge­nügt be­reits die bei ei­nem Luft­rein­hal­te­plan be­stehen­de Mög­lich­keit ei­ner Pflicht zur Durch­füh­rung ei­ner Stra­te­gi­schen Um­welt­prü­fung und der da­mit ver­bun­de­nen Be­tei­li­gungs­be­rech­ti­gung (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 27. Fe­bru­ar 2020 - 7 C 3.19 - BVer­w­GE 168, 20 Rn. 23).

21 2. Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat der Prü­fung der Be­gründet­heit der Kla­ge ei­nen zu­tref­fen­den Maß­stab zu­grun­de ge­legt. Zwar hat er sei­ne Prü­fung nicht er­kenn­bar an § 2 Abs. 4 Um­wRG aus­ge­rich­tet und des­halb ins­be­son­de­re § 2 Abs. 4 Satz 2 Um­wRG un­ge­prüft ge­las­sen, der die Be­gründet­heit von Rechts­be­hel­fen von Um­welt­ver­ei­ni­gun­gen ge­gen Ent­schei­dun­gen über die An­nah­me von Plä­nen und Pro­gram­men nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Um­wRG vom tat­säch­li­chen Be­stehen ei­ner Um­welt­prü­fungs­pflicht ab­hän­gig macht. Hier­in liegt in­des kein Bun­des­rechts­ver­stoß, weil die­se Re­ge­lung Um­welt­ver­bands­kla­gen auf Fort­schrei­bung von Luft­rein­hal­te­plä­nen nicht er­fasst (BVer­wG, Ur­teil vom 27. Fe­bru­ar 2020 - 7 C 3.19 - BVer­w­GE 168, 20 Rn. 24). Auch im Üb­ri­gen hat der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof je­den­falls der Sa­che nach ei­nen zu­tref­fen­den Maß­stab zu­grun­de ge­legt. Er hat ge­prüft, ob der Klä­ger ei­nen An­spruch aus § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG auf die von ihm be­gehr­te Fort­schrei­bung des Luft­rein­hal­te­plans hat.

22 3. Oh­ne Bun­des­rechts­ver­stoß hat der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof das Vor­lie­gen ei­ner Grenz­wert­über­schrei­tung im Sin­ne von § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG be­jaht.

23 Die Ein­schät­zung des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs, die Mess­ergeb­nis­se an der Mess­stel­le Fried­rich­stra­ße sei­en un­ein­ge­schränkt be­rück­sich­ti­gungs­fä­hig, weil der Ort der Mess­stel­le zu­tref­fend ge­wählt wor­den sei, ins­be­son­de­re das Kri­te­ri­um der Re­prä­sen­ta­ti­vi­tät der Luft­pro­ben für ei­nen Stra­ßen­ab­schnitt von nicht we­ni­ger als 100 m Län­ge ge­mäß An­la­ge 3 Ab­schnitt B Nr. 1 Buchst. b Satz 2 der 39. BImSchV er­fül­le, ist re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den.

24 a) Für die Fest­le­gung des Stand­orts von Pro­be­nah­me­stel­len gel­ten ge­mäß § 14 Abs. 1 der 39. BImSchV die Kri­te­ri­en der An­la­ge 3 der 39. BImSchV. Nach die­sen Kri­te­ri­en be­ur­tei­len sich ge­mäß § 13 Abs. 1, § 21 Abs. 1 der 39. BImSchV auch die Luft­qua­li­tät so­wie die Ein­hal­tung der Im­mis­si­ons­grenz­wer­te un­ter an­de­rem für Stick­stoff­di­oxid. Die­se Re­ge­lun­gen die­nen der Um­set­zung ent­spre­chen­der uni­ons­recht­li­cher Vor­ga­ben in Art. 6 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1, Art. 13 Abs. 1 Un­terabs. 3 der Richt­li­nie 2008/50/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 21. Mai 2008 über Luft­qua­li­tät und sau­be­re Luft für Eu­ro­pa (ABl. L 152 S. 1). An­la­ge 3 der 39. BImSchV re­gelt - in weit­ge­hen­der in­halt­li­cher Über­ein­stim­mung mit An­hang III der Richt­li­nie - in Ab­schnitt A all­ge­mei­ne An­for­de­run­gen an die Be­ur­tei­lung der Luft­qua­li­tät so­wie in den Ab­schnit­ten B und C Kri­te­ri­en für die gro­ßräu­mi­ge und die klein­räu­mi­ge Orts­be­stim­mung der Pro­be­nah­me­stel­len. Aus An­la­ge 3 Ab­schnitt B Nr. 1 Buchst. b der 39. BImSchV geht zum ei­nen her­vor, dass die Pro­be­nah­me­stel­len im All­ge­mei­nen so ein­zu­rich­ten sind, dass die Mes­sung sehr klein­räu­mi­ger Um­welt­zu­stän­de in ih­rer un­mit­tel­ba­ren Nä­he ver­mie­den wird, und zum an­de­ren, dass die Luft­pro­ben mög­lichst für die Luft­qua­li­tät ei­nes Be­reichs von be­stimm­ter Grö­ße re­prä­sen­ta­tiv sind. Die­se Be­stim­mung ver­langt, dass bei - wie hier - Pro­be­nah­me­stel­len für den Ver­kehr die Mes­sun­gen ei­ne Wie­der­ga­be der Luft­qua­li­tät ei­nes Stra­ßen­ab­schnitts von nicht we­ni­ger als 100 m Län­ge er­lau­ben (vgl. für die im We­sent­li­chen gleich­lau­ten­den Re­ge­lun­gen in An­hang III Ab­schnitt B Nr. 1 Buchst. b der Richt­li­nie 2008/50/EG: Eu­GH, Ur­teil vom 26. Ju­ni 2019 - C-723/17 [ECLI:​EU:​C:​2019:​533], Craeynest - Rn. 40).

25 Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat kei­nen hier­von ab­wei­chen­den Maß­stab zu­grun­de ge­legt. Ins­be­son­de­re lässt sei­ne An­nah­me, der Ort ei­ner Pro­be­nah­me­stel­le müs­se so ge­wählt wer­den, dass das Ri­si­ko, den Ort der Ma­xi­mal­be­las­tung zu über­se­hen, mi­ni­miert wer­de, kei­nen Rechts­feh­ler er­ken­nen. Er­fül­len meh­re­re Stand­or­te die vor­ge­se­he­nen Kri­te­ri­en, er­öff­net sich der zu­stän­di­gen Be­hör­de ein Aus­wah­ler­mes­sen, das je­doch mit Rück­sicht auf den Zweck und die prak­ti­sche Wirk­sam­keit der Richt­li­nie 2008/50/EG aus­zu­üben ist und hier­durch be­grenzt wird. Da­nach ist der Stand­ort ei­ner Pro­be­nah­me­stel­le so zu wäh­len, dass die Ge­fahr un­be­merk­ter Über­schrei­tun­gen von Grenz­wer­ten mi­ni­miert wird (vgl. Eu­GH, Ur­teil vom 26. Ju­ni 2019 - C-723/17, Craeynest - Rn. 44, 50).

26 b) Aus­ge­hend hier­von hat der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof die Re­prä­sen­ta­ti­vi­tät der an der Mess­stel­le Fried­rich­stra­ße ge­nom­me­nen Luft­pro­ben für die Luft­qua­li­tät ei­nes Stra­ßen­ab­schnitts von nicht we­ni­ger als 100 m Län­ge in re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den­der Wei­se be­jaht.

27 Er hat sei­ne Ein­schät­zung ins­be­son­de­re dar­auf ge­stützt, dass im Rah­men ei­ner Über­prü­fung von Mess­sta­tio­nen in meh­re­ren Bun­des­län­dern durch den TÜV Rhein­land in Ba­den-Würt­tem­berg nur ei­ne ein­zi­ge, an­de­re Mess­stel­le als nicht re­gel­kon­form be­wer­tet wor­den sei. Die­se Un­ter­su­chung, auf die in ei­ner vom Ver­wal­tungs­ge­richts­hof in­so­weit zi­tier­ten Pres­se­mit­tei­lung der Lan­des­an­stalt für Um­welt Ba­den-Würt­tem­berg (LUBW) vom 10. Ju­li 2019 Be­zug ge­nom­men wird, be­schei­nigt der Mess­stel­le Fried­rich­stra­ße, dass die An­nah­me ih­rer Re­prä­sen­ta­ti­vi­tät für ei­nen min­des­tens 100 m lan­gen Stra­ßen­ab­schnitt plau­si­bel sei und es kei­ne An­halts­punk­te ge­be, die die­ser An­nah­me wi­der­sprä­chen (vgl. TÜV Rhein­land En­er­gy GmbH, Be­gut­ach­tung der Po­si­tio­nie­rung ver­kehrs­na­her Pro­be­nah­me­stel­len zur Mes­sung der NO2-Kon­zen­tra­tio­nen an aus­ge­wähl­ten Stand­or­ten - End­be­richt, 27. Ju­ni 2019, S. 27). Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof durf­te die­se sach­ver­stän­di­ge Äu­ße­rung sei­ner frei­en Über­zeu­gungs­bil­dung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO) zu­grun­de le­gen. Dass er sich, wie der Be­klag­te gel­tend macht, an die Ein­schät­zung des TÜV Rhein­land ge­bun­den ge­se­hen hät­te, trifft nicht zu. Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat das Gut­ach­ten er­kenn­bar le­dig­lich als Grund­la­ge ei­ner ei­ge­nen Über­zeu­gungs­bil­dung her­an­ge­zo­gen. Dies gilt ins­be­son­de­re auch im Hin­blick auf die in dem Gut­ach­ten (S. 21 f.) zu­grun­de ge­leg­ten Kri­te­ri­en zur Be­ur­tei­lung der Re­prä­sen­ta­ti­vi­tät im Sin­ne von An­la­ge 3 Ab­schnitt B Nr. 1 Buchst. b der 39. BImSchV. Dass die­se Kri­te­ri­en den recht­li­chen Vor­ga­ben wi­der­sprä­chen, ist nicht er­sicht­lich und vom Be­klag­ten auch nicht gel­tend ge­macht.

28 Auch die wei­te­ren Ein­wän­de des Be­klag­ten grei­fen nicht durch.

29 So­weit er ei­nen Ver­stoß ge­gen An­la­ge 3 Ab­schnitt B Nr. 1 Buchst. b der 39. BImSchV mit der Be­grün­dung gel­tend macht, NO2-Mes­sun­gen durch Pas­siv­samm­ler in der Um­ge­bung der Mess­stel­le hät­ten in den ers­ten zehn Mo­na­ten des Jah­res 2019 ei­ne er­heb­lich ge­rin­ge­re Be­las­tung (35, 36, 36, 44 µg/m3) er­ge­ben, als sie im glei­chen Zeit­raum an der Mess­stel­le (46 µg/m3) er­mit­telt wor­den sei, kann es auf sich be­ru­hen, in­wie­weit die­ses Vor­brin­gen nach ma­te­ri­el­lem Recht er­heb­lich sein könn­te. Denn in Be­zug auf die mit­tels Pas­siv­samm­lern er­mit­tel­ten kon­kre­ten Wer­te han­delt es sich um neu­en Tat­sa­chen­vor­trag, der im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren kei­ne Be­rück­sich­ti­gung fin­den kann. Das gilt auch für vom Be­klag­ten re­kla­mier­te ört­li­che Be­son­der­hei­ten des Stand­orts der Mess­stel­le (La­ge am Aus­gang ei­ner Sen­ke, Nä­he zu ei­ner Licht­si­gnal­an­la­ge). Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt ist als Re­vi­si­ons­ge­richt an die in dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil ge­trof­fe­nen - nicht mit durch­grei­fen­den Ver­fah­rens­rü­gen an­ge­grif­fe­nen - tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen ge­bun­den (§ 137 Abs. 2 Vw­GO). Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat we­der zu et­wai­gen ört­li­chen Be­son­der­hei­ten des Mess­stand­orts noch zu kon­kre­ten Mess­wer­ten an Pas­siv­samm­lern Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen. Auch der erst­in­stanz­li­che Schrift­satz der Bei­ge­la­de­nen vom 22. No­vem­ber 2019, auf den sich der Be­klag­te in die­sem Zu­sam­men­hang be­ruft, ent­hält kei­ne An­ga­ben zu kon­kre­ten Mess­wer­ten. Das neue tat­säch­li­che Vor­brin­gen des Be­klag­ten ist auch nicht aus­nahms­wei­se im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren be­acht­lich. Zwar ist ei­ne Be­rück­sich­ti­gung neu­er tat­säch­li­cher Um­stän­de dann mög­lich, wenn ei­ne Nicht­be­rück­sich­ti­gung mit dem Grund­satz der Pro­zes­s­öko­no­mie in so ho­hem Ma­ße un­ver­ein­bar wä­re, dass der Grund­satz der Un­be­acht­lich­keit neu­er Tat­sa­chen zu­rück­tre­ten muss (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 20. Ok­to­ber 1992 - 9 C 77.91 - BVer­w­GE 91, 104 <106>). Das ist ins­be­son­de­re der Fall, wenn neue Tat­sa­chen nicht be­weis­be­dürf­tig, ins­be­son­de­re un­strei­tig, sind und ih­re Be­rück­sich­ti­gung dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt ei­ne ab­schlie­ßen­de Ent­schei­dung in der Sa­che selbst er­mög­licht (vgl. BVer­wG, Ur­tei­le vom 26. No­vem­ber 1976 - 4 C 69.74 - Buch­holz 406.11 § 34 BBauG Nr. 58 S. 20, vom 20. Ok­to­ber 1992 - 9 C 77.91 - BVer­w­GE 91, 104 <107> und vom 13. Ju­ni 2013 - 10 C 13.12 - BVer­w­GE 147, 8 Rn. 10). Die neu­en Tat­sa­chen dür­fen kei­ne Be­ur­tei­lung durch das Tat­sa­chen­ge­richt er­for­der­lich ma­chen (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 15. No­vem­ber 2011 - 1 C 21.10 - BVer­w­GE 141, 151 Rn. 19; vgl. in die­sem Sin­ne auch BVer­wG, Ur­teil vom 20. Ok­to­ber 1992 - 9 C 77.91 - BVer­w­GE 91, 104 <107 f.>; Eich­ber­ger/Buch­he­is­ter/Schnei­der, in: Sc­hoch/Schnei­der, Vw­GO, Stand Fe­bru­ar 2021, § 137 Rn. 194; Kraft, in: Eyer­mann, Vw­GO, 15. Aufl. 2019, § 137 Rn. 66). Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind hier nicht er­füllt. Die mit­tels Pas­siv­samm­lern ge­mes­se­nen Wer­te be­dürf­ten so­wohl hin­sicht­lich der Be­din­gun­gen ih­res Zu­stan­de­kom­mens als auch ih­rer Aus­sa­ge­kraft im Hin­blick auf die Re­prä­sen­ta­ti­vi­tät der Mess­stel­le wei­te­rer tat­säch­li­cher Fest­stel­lun­gen und Wür­di­gun­gen, die dem Re­vi­si­ons­ge­richt nicht mög­lich sind. Ent­spre­chen­des gilt für die ört­li­chen Ge­ge­ben­hei­ten im Um­feld der Mess­stel­le.

30 So­weit der Be­klag­te die in den Grün­den des an­ge­foch­te­nen Ur­teils ge­trof­fe­ne Fest­stel­lung des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs be­strei­tet, ei­ne LUBW-Be­diens­te­te ha­be in der münd­li­chen Ver­hand­lung die Re­gel­kon­for­mi­tät des Orts der Mess­stel­le be­stä­tigt, bleibt auch dies oh­ne Er­folg. Der Sa­che nach rügt der Be­klag­te ei­ne Un­rich­tig­keit des Tat­be­stands des Ur­teils, die nur nach Ma­ß­ga­be von § 119 Vw­GO hät­te be­ho­ben wer­den kön­nen. Das Pro­to­koll der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Ver­wal­tungs­ge­richts­hof, das die dar­in be­zeug­ten Tat­sa­chen be­weist (§ 98 Vw­GO i.V.m. § 418 Abs. 1 ZPO) und dem Ur­teils­tat­be­stand in­so­weit ge­mäß § 173 Satz 1 Vw­GO i.V.m. § 314 Satz 2 ZPO vor­geht (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 6. Ok­to­ber 1982 - 7 C 17.80 - Buch­holz 310 § 86 Abs. 2 Vw­GO Nr. 26 S. 3 und Be­schluss vom 27. April 2011 - 8 B 56.10 - ZOV 2011, 136 Rn. 12), ent­hält kei­ne ge­gen­tei­li­gen Fest­stel­lun­gen.

31 4. So­weit der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof zu dem Er­geb­nis ge­langt ist, der Plan­ge­ber ha­be in rechts­wid­ri­ger Wei­se von ei­ner Auf­nah­me von Ver­kehrs­ver­bo­ten für Die­sel­fahr­zeu­ge in den Luft­rein­hal­te­plan ab­ge­se­hen, ver­sto­ßen sei­ne Er­wä­gun­gen ge­gen § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG und den Grund­satz der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit. Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil be­ruht auf die­sem Ver­stoß und stellt sich in­so­weit auch nicht aus an­de­ren Grün­den als rich­tig dar.

32 a) Die we­sent­li­chen Maß­stä­be hat der Se­nat, an­knüp­fend an frü­he­re Ent­schei­dun­gen (BVer­wG, Ur­tei­le vom 27. Fe­bru­ar 2018 - 7 C 26.16 - Buch­holz 406.25 § 47 BImSchG Nr. 6 und - 7 C 30.17 - BVer­w­GE 161, 201), be­reits in sei­nem - der Ent­schei­dung des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs zeit­lich nach­fol­gen­den - Ur­teil vom 27. Fe­bru­ar 2020 - 7 C 3.19 - (BVer­w­GE 168, 20) her­aus­ge­ar­bei­tet. Da­nach be­an­sprucht der Grund­satz der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit Gel­tung nicht nur hin­sicht­lich der Fra­ge, wie ein Ver­kehrs­ver­bot aus­zu­ge­stal­ten ist, son­dern auch bei der vor­ge­la­ger­ten Fra­ge, ob ein Ver­kehrs­ver­bot an­zu­ord­nen ist. Die Prü­fung der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit im en­ge­ren Sin­ne führt zu dem Er­geb­nis, dass bei ei­ner pro­gnos­ti­zier­ten Über­schrei­tung des NO2-Jah­res­grenz­werts um nur noch 1 µg/m³ im Fol­ge­jahr nach In­kraft­tre­ten des Luft­rein­hal­te­plans und gleich­zei­tig pro­gnos­ti­zier­ter (deut­li­cher) Un­ter­schrei­tung des Grenz­werts im über­nächs­ten Jahr die An­ord­nung von Ver­kehrs­ver­bo­ten re­gel­mä­ßig nicht ge­bo­ten ist. Die Be­las­tun­gen, die mit Ver­kehrs­ver­bo­ten ins­be­son­de­re für die Ei­gen­tü­mer, Hal­ter und Fah­rer von Die­sel­fahr­zeu­gen ver­bun­den sind, ste­hen in ei­nem sol­chen Fall in kei­nem an­ge­mes­se­nen Ver­hält­nis zu den mit der­art ge­ring­fü­gi­gen und zeit­lich be­grenz­ten Grenz­wert­über­schrei­tun­gen ver­bun­de­nen mög­li­chen Ge­sund­heits­ge­fah­ren (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 27. Fe­bru­ar 2020 - 7 C 3.19 - BVer­w­GE 168, 20 Rn. 37). Das gilt auch für im Ver­gleich zu zo­na­len Ver­kehrs­ver­bo­ten grund­sätz­lich we­ni­ger be­las­ten­de stre­cken­be­zo­ge­ne Ver­kehrs­ver­bo­te, ins­be­son­de­re mit Rück­sicht auf durch sie ge­ge­be­nen­falls ver­ur­sach­te Aus­weich­ver­keh­re und da­mit ein­her­ge­hen­de hö­he­re Be­las­tun­gen an an­de­ren Stra­ßen. Be­wegt sich die Über­schrei­tung des Grenz­werts in ei­nem Be­reich von nur 1 µg/m3 und ist mit ei­nem kon­ti­nu­ier­li­chen Rück­gang der Be­las­tung so­wie der als­bal­di­gen Ein­hal­tung bzw. deut­li­chen Un­ter­schrei­tung des Grenz­werts si­cher zu rech­nen, ist ein Ver­kehrs­ver­bot da­her re­gel­mä­ßig auch dann nicht ge­bo­ten, wenn es die ein­zi­ge ge­eig­ne­te Maß­nah­me ist, um das Ziel zu ei­nem frü­he­ren Zeit­punkt zu er­rei­chen (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 27. Fe­bru­ar 2020 - 7 C 3.19 - BVer­w­GE 168, 20 Rn. 38). Bei hö­he­ren Grenz­wert­über­schrei­tun­gen hängt die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit von Ver­kehrs­ver­bo­ten von den Um­stän­den des Ein­zel­falls, ins­be­son­de­re da­von ab, wie lang die pro­gnos­ti­zier­te Dau­er der Über­schrei­tung ist und mit wel­chem Maß an Si­cher­heit die Ein­hal­tung des Grenz­werts er­war­tet wer­den kann. Je kür­zer ei­ner­seits die Über­schrei­tung an­dau­ert und je si­che­rer die bal­di­ge Ein­hal­tung des Grenz­werts zu er­war­ten ist und je grö­ßer an­de­rer­seits die Aus­wir­kun­gen ei­nes Ver­kehrs­ver­bots für die be­trof­fe­nen Ver­kehrs­teil­neh­mer und An­woh­ner von Aus­weich­stre­cken sind, um­so eher sind auch hö­he­re Über­schrei­tun­gen hin­nehm­bar (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 27. Fe­bru­ar 2020 - 7 C 3.19 - BVer­w­GE 168, 20 Rn. 39). Aus § 47 Abs. 4a Satz 1 BImSchG, wo­nach Die­sel­ver­kehrs­ver­bo­te in der Re­gel nur in Ge­bie­ten in Be­tracht kom­men, in de­nen der Wert von 50 µg/m3 im Jah­res­mit­tel über­schrit­ten wor­den ist, er­ge­ben sich über die all­ge­mei­nen An­for­de­run­gen des Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­grund­sat­zes hin­aus kei­ne wei­te­ren Ein­schrän­kun­gen (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 27. Fe­bru­ar 2020 - 7 C 3.19 - BVer­w­GE 168, 20 Rn. 58).

33 b) Ge­mes­sen dar­an wä­ren hier auf der Grund­la­ge der Pro­gno­se des Luft­rein­hal­te­plans Ver­kehrs­ver­bo­te für Die­sel­fahr­zeu­ge un­ver­hält­nis­mä­ßig. Nach die­ser Pro­gno­se wird der Grenz­wert von 40 µg/m³ nach Er­lass des Luft­rein­hal­te­plans im Sep­tem­ber 2019 noch im sel­ben Jahr um nur noch 1,8 µg/m³ über­schrit­ten (44 µg/m³ ab­züg­lich 0,9 µg/m³ durch Maß­nah­me M 2 und 1,3 µg/m³ durch Maß­nah­me M 3 = 41,8 µg/m³) und be­reits im Fol­ge­jahr 2020 ein­ge­hal­ten. Wenn aber, wie es nach der Recht­spre­chung des Se­nats der Fall ist, die An­ord­nung von Ver­kehrs­ver­bo­ten schon dann re­gel­mä­ßig nicht ge­bo­ten ist, wenn in dem auf das In­kraft­tre­ten des Luft­rein­hal­te­plans fol­gen­den Jahr noch ei­ne Über­schrei­tung von 1 µg/m³ ver­bleibt und erst im über­nächs­ten Jahr der Grenz­wert ein­ge­hal­ten wird, so gilt dies erst Recht dann, wenn - wie hier nach der Plan­pro­gno­se - schon im Fol­ge­jahr der Grenz­wert si­cher ein­ge­hal­ten wird.

34 c) Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil be­ruht auf den un­zu­tref­fen­den Er­wä­gun­gen des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs zur Ver­hält­nis­mä­ßig­keit von Die­sel­ver­kehrs­ver­bo­ten. Denn in den be­tref­fen­den Aus­füh­run­gen kommt die ent­schei­dungs­tra­gen­de Rechts­auf­fas­sung des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs zum Aus­druck, an die der Be­klag­te bei der ihm durch das Ur­teil auf­ge­ge­be­nen Fort­schrei­bung des Luft­rein­hal­te­plans ge­bun­den wä­re.

35 In­so­weit stellt sich das Ur­teil auch nicht aus an­de­ren Grün­den im Er­geb­nis als rich­tig dar (§ 144 Abs. 4 Vw­GO). Das gilt auch mit Blick auf die vom Be­klag­ten im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren mit­ge­teil­te mitt­le­re NO2-Jah­res­kon­zen­tra­ti­on von 47 µg/m3, die im Jahr 2020 an ei­ner nun­mehr in der Schloss­stra­ße be­find­li­chen Mess­stel­le er­mit­telt wor­den sei. Als neue Tat­sa­che muss die­ser Wert im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren au­ßer Be­tracht blei­ben, weil der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hier­zu kei­ne Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen hat, ins­be­son­de­re was die Stand­ort­wahl der neu­en Mess­stel­le und die Mess­be­din­gun­gen an­be­langt. Der Be­klag­te wird bei der we­gen der Man­gel­haf­tig­keit der bis­he­ri­gen Pro­gno­se (vgl. da­zu so­gleich un­ter 5.) ge­bo­te­nen Fort­schrei­bung des Luft­rein­hal­te­plans auf der Grund­la­ge ei­ner neu­en Pro­gno­se zu be­ur­tei­len ha­ben, in­wie­weit we­gen ge­gen­wär­tig fort­be­stehen­der Grenz­wert­über­schrei­tun­gen im­mis­si­ons­min­dern­de Maß­nah­men ver­an­lasst sind und ob er von der Auf­nah­me von Die­sel­ver­kehrs­ver­bo­ten in den Luft­rein­hal­te­plan mit Rück­sicht auf an­de­re wirk­sa­me Maß­nah­men ab­se­hen kann oder aus Grün­den der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit so­gar ab­se­hen muss.

36 5. Die An­nah­me des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs, die dem Luft­rein­hal­te­plan zu­grun­de lie­gen­de Pro­gno­se der Ent­wick­lung der NO2-Be­las­tung und der Wir­kung fest­ge­leg­ter Maß­nah­men sei man­gel­haft, trifft zu, wenn­gleich sei­ne Er­wä­gun­gen hier­zu nicht in je­der Hin­sicht mit Bun­des­recht in Ein­klang ste­hen.

37 a) Die auf die Ent­wick­lung der Im­mis­si­ons­wer­te be­zo­ge­nen Pro­gno­sen des Plan­ge­bers sind ge­richt­lich nur ein­ge­schränkt dar­auf­hin über­prüf­bar, ob sie me­tho­disch ein­wand­frei er­ar­bei­tet wor­den sind, nicht auf un­rea­lis­ti­schen An­nah­men be­ru­hen und ob das Pro­gno­se­er­geb­nis ein­leuch­tend be­grün­det wor­den ist (BVer­wG, Ur­teil vom 27. Fe­bru­ar 2020 - 7 C 3.19 - BVer­w­GE 168, 20 Rn. 42; vgl. auch schon BVer­wG, Be­schluss vom 11. Ju­li 2012 - 3 B 78.11 - Buch­holz 442.151 § 45 StVO Nr. 49 Rn. 11). Die­sen Maß­stab hat der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof sei­ner Ent­schei­dung zu­grun­de ge­legt.

38 b) Oh­ne Bun­des­rechts­ver­stoß hat er be­an­stan­det, die pla­ne­ri­sche Pro­gno­se der im­mis­si­ons­min­dern­den Wir­kung ei­ner Er­neue­rung der Fahr­zeug­flot­te (sog. BAU-Sze­na­rio) be­ru­he auf un­zu­tref­fen­den tat­säch­li­chen An­nah­men, so­weit ihr die Ein­schät­zung zu­grun­de lie­ge, Fahr­zeu­ge der neu­en Eu­ro-Klas­sen stie­ßen si­gni­fi­kant we­ni­ger Stick­oxi­de aus als äl­te­re. Der Ein­schät­zung des Plan­ge­bers hat der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof un­ter Be­zug­nah­me auf Zah­len des Um­welt­bun­des­amts ent­ge­gen­ge­hal­ten, es sei schon im Jahr 2017 be­kannt ge­we­sen, dass die rea­len NO2-Emis­sio­nen ei­nes Eu­ro-5-Die­sels die­je­ni­gen ei­nes Eu­ro-4-Die­sels im Ge­gen­teil deut­lich über­stie­gen. Die­se tat­säch­li­che Fest­stel­lung ha­ben die Re­vi­si­ons­füh­rer nicht mit Ver­fah­rens­rü­gen an­ge­grif­fen.

39 Das Vor­brin­gen des Be­klag­ten, der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof ha­be ver­kannt, dass sich der Plan­ge­ber mit dem Ar­gu­ment der Flot­ten­er­neue­rung nicht auf ei­nen ge­rin­ge­ren Schad­stoff­aus­stoß von Eu­ro-5-Die­seln be­ru­fe, son­dern auf ei­nen im­mer ge­rin­ge­ren Die­sel­an­teil am Ge­samt­fahr­zeug­be­stand so­wie ei­nen zu­neh­men­den Eu­ro-6-An­teil an den Die­sel­fahr­zeu­gen, führt nicht auf ei­nen Ver­stoß des an­ge­foch­te­nen Ur­teils ge­gen re­vi­si­bles Recht. Woll­te man hier­in die sinn­ge­mä­ße Rü­ge ei­ner Ver­let­zung des Über­zeu­gungs­grund­sat­zes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 Vw­GO) we­gen ak­ten­wid­ri­ger, ge­gen Denk­ge­set­ze ver­sto­ßen­der oder sonst von ob­jek­ti­ver Will­kür ge­präg­ter Sach­ver­halts­wür­di­gung er­bli­cken, grif­fe die­se nicht durch. Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat die vom Be­klag­ten be­schrie­be­ne Aus­rich­tung der Pro­gno­se auf ei­ne zu­neh­men­de Er­set­zung von Die­sel­fahr­zeu­gen äl­te­rer Ab­gas­nor­men durch sol­che der neu­es­ten Ab­gas­nor­men so­wie durch ben­zin­be­trie­be­ne Fahr­zeu­ge nicht in Ab­re­de ge­stellt. Viel­mehr hat er die Prä­mis­se si­gni­fi­kant ge­rin­ge­rer Stick­oxid­aus­stö­ße neue­rer im Ver­gleich zu äl­te­ren Die­sel­fahr­zeu­gen als sach­lich un­zu­tref­fend be­an­stan­det. Dass der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof dies als ei­nen die Trag­fä­hig­keit der Im­mis­si­ons­pro­gno­se aus­schlie­ßen­den Man­gel ge­wür­digt hat, ist re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den. Die Über­le­gung ist we­der will­kür­lich noch ver­stö­ßt sie ge­gen Denk­ge­set­ze. Die Flot­ten­er­neue­rung voll­zieht sich, was als all­ge­mein­kun­dig zu­grun­de ge­legt wer­den kann und auch aus der die Ent­wick­lung der Flot­ten­zu­sam­men­set­zung bis zum Jahr 2030 dar­stel­len­den (ak­ten­kun­di­gen) Ab­bil­dung 6.2 des Mas­ter­plans der Bei­ge­la­de­nen her­vor­geht, in ei­nem mehr­jäh­ri­gen Pro­zess, in dem aufs Gan­ze ge­se­hen äl­te­re vor jün­ge­ren Fahr­zeu­gen durch neue er­setzt wer­den. Bei ei­ner sol­chen Ent­wick­lung führt aber ei­ne sach­lich un­zu­tref­fen­de pau­scha­le An­nah­me ei­nes mit ab­neh­men­dem Fahr­zeug­al­ter ge­rin­ge­ren Stick­oxid­aus­sto­ßes ten­den­zi­ell zu ei­ner Über­schät­zung der po­si­ti­ven Wir­kung der Flot­ten­er­neue­rung auf die NO2-Im­mis­si­ons­be­las­tung.

40 Die vom Be­klag­ten zur Plau­si­bi­li­sie­rung der pla­ne­ri­schen Pro­gno­se im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren mit­ge­teil­ten Da­ten der amt­li­chen Zu­las­sungs­sta­tis­tik für den Land­kreis Lud­wigs­burg ver­mö­gen die Ein­schät­zung des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs nicht zu er­schüt­tern. Selbst wenn es zu­trä­fe, dass die Flot­ten­er­neue­rung tat­säch­lich so­gar schnel­ler vor­an­schrei­te, als im BAU-Sze­na­rio pro­gnos­ti­ziert, än­der­te dies nichts an dem vom Ver­wal­tungs­ge­richts­hof be­an­stan­de­ten Pro­gno­se­man­gel.

41 Die von der Bei­ge­la­de­nen in die­sem Zu­sam­men­hang er­ho­be­ne Rü­ge ei­ner Ver­let­zung der ge­richt­li­chen Sach­auf­klä­rungs­pflicht (§ 86 Abs. 1 Vw­GO) greift nicht durch. Dies gilt schon des­halb, weil sie nicht in ei­ner den An­for­de­run­gen des § 139 Abs. 3 Satz 4 Vw­GO ge­nü­gen­den Wei­se dar­ge­tan hat, dass sie auf die von ihr für er­for­der­lich ge­hal­te­ne Ein­ho­lung ei­nes Sach­ver­stän­di­gen­gut­ach­tens zur Fra­ge der vor­aus­sicht­li­chen Ein­hal­tung des NO2-Grenz­werts im Jahr 2020 bei Um­set­zung der Maß­nah­men des Luft­rein­hal­te­plans mit ei­nem förm­li­chen Be­weis­an­trag in der münd­li­chen Ver­hand­lung hin­ge­wirkt hät­te oder sich dem Ver­wal­tungs­ge­richts­hof die Not­wen­dig­keit wei­te­rer Er­mitt­lun­gen hät­te auf­drän­gen müs­sen (vgl. zu den An­for­de­run­gen an ei­ne Auf­klä­rungs­rü­ge et­wa BVer­wG, Ur­teil vom 29. No­vem­ber 2012 - 4 C 8.11 - NVwZ 2013, 372 Rn. 11).

42 c) Die wei­te­re An­nah­me des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs, der aus dem in Stutt­gart gel­ten­den Die­sel­ver­kehrs­ver­bot re­sul­tie­ren­de po­si­ti­ve Ef­fekt auf die Flot­ten­er­neue­rung durch den Aus­tausch äl­te­rer Die­sel­fahr­zeu­ge der Ab­gas­nor­men Eu­ro 5 und nied­ri­ger durch Die­sel­fahr­zeu­ge der Ab­gas­norm Eu­ro 6 sei pro­gnos­tisch über­schätzt wor­den, weil es im Zeit­punkt der Pla­ner­stel­lung kei­ne trag­fä­hi­gen Hin­wei­se für ei­ne Aus­deh­nung des für Die­sel­fahr­zeu­ge der Ab­gas­nor­men Eu­ro 4 und nied­ri­ger gel­ten­den Stutt­gar­ter Ver­kehrs­ver­bots auf Eu­ro-5-Fahr­zeu­ge ge­ge­ben ha­be, ver­letzt zwar Bun­des­recht. Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil be­ruht aber nicht auf die­ser Rechts­ver­let­zung.

43 aa) Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hät­te es nicht bei sei­ner auf den Zeit­punkt der Pla­ner­stel­lung be­zo­ge­nen Fest­stel­lung be­las­sen dür­fen, son­dern prü­fen müs­sen, ob nicht zu­min­dest nach den im Zeit­punkt sei­ner münd­li­chen Ver­hand­lung er­kenn­ba­ren Um­stän­den mit ei­ner Er­stre­ckung des Stutt­gar­ter Die­sel­ver­kehrs­ver­bots auf Fahr­zeu­ge der Ab­gas­norm Eu­ro 5 zu rech­nen war und die vom Plan­ge­ber in­so­weit pro­gnos­ti­zier­te Im­mis­si­ons­min­de­rung des­halb im Er­geb­nis er­war­tet wer­den durf­te. Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof ist al­ler­dings im An­satz zu Recht da­von aus­ge­gan­gen, dass we­gen des pro­gnos­ti­schen Cha­rak­ters der Pla­nungs­ent­schei­dung für die Be­ur­tei­lung der Fra­ge, ob die ei­nem Luft­rein­hal­te­plan zu­grun­de lie­gen­den Pro­gno­sen recht­lich zu be­an­stan­den sind, auf den Zeit­punkt der Be­schluss­fas­sung über den Plan ab­zu­stel­len ist (BVer­wG, Be­schluss vom 11. Ju­li 2012 - 3 B 78.11 - Buch­holz 442.151 § 45 StVO Nr. 49 Rn. 7, 11; vgl. auch BVer­wG, Ur­teil vom 27. Fe­bru­ar 2020 - 7 C 3.19 - BVer­w­GE 168, 20 Rn. 42).

44 Die­se für die (in­zi­den­te) ge­richt­li­che Kon­trol­le der Recht­mä­ßig­keit ei­nes Luft­rein­hal­te­plans ge­trof­fe­ne Aus­sa­ge be­darf in­des für die hier in Re­de ste­hen­de Kon­stel­la­ti­on ei­ner Kla­ge auf Fort­schrei­bung ei­nes Luft­rein­hal­te­plans ei­ner Er­gän­zung. In dem Zeit­raum zwi­schen der Be­schluss­fas­sung über den Plan und dem für die Be­ur­tei­lung des (Fort- oder er­neu­ten) Be­stehens ei­ner Pla­nungs­pflicht ma­ß­geb­li­chen Zeit­punkt der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lung in der Tat­sa­chen­in­stanz kann es zu pro­gno­se­re­le­van­ten Ver­än­de­run­gen kom­men oder kön­nen sich pro­gno­se­re­le­van­te neue Er­kennt­nis­se er­ge­ben. Die­se kön­nen glei­cher­ma­ßen die Pro­gno­se­ba­sis wie die ei­ner Pro­gno­se zu­grun­de lie­gen­den Er­fah­rungs­sät­ze, Prä­mis­sen, fach­wis­sen­schaft­li­chen Ein­schät­zun­gen, Me­tho­den und der­glei­chen be­tref­fen. Be­zugs­punkt für die Be­ur­tei­lung der Re­le­vanz nach­träg­li­cher Ver­än­de­run­gen und Er­kennt­nis­se blei­ben da­bei stets die vom Plan­ge­ber an­ge­stell­ten Pro­gno­sen, die das Ge­richt we­gen des dem Plan­ge­ber in­so­weit zu­kom­men­den Spiel­raums auch dann nicht durch ei­ge­ne er­set­zen darf, wenn sich ei­ne be­hörd­li­che Pro­gno­se als de­fi­zi­tär er­weist (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 29. Ja­nu­ar 1991 - 4 C 51.89 - BVer­w­GE 87, 332 <355>; OVG Müns­ter, Ur­teil vom 12. Sep­tem­ber 2019 - 8 A 4775/18 - ju­ris Rn. 452). Von ei­ner un­zu­läs­si­gen ei­ge­nen Pro­gno­se des Ge­richts zu un­ter­schei­den ist die Be­rück­sich­ti­gung tat­säch­li­cher Ver­än­de­run­gen oder neu­er Er­kennt­nis­se in Be­zug auf die Grund­la­gen der Pro­gno­se. Sol­che Ver­än­de­run­gen oder neu­en Er­kennt­nis­se kön­nen ge­ge­be­nen­falls da­zu füh­ren, dass sich ei­ne ur­sprüng­lich nicht hin­rei­chend ge­si­cher­te Pro­gno­se im Nach­hin­ein als trag­fä­hig er­weist. So­weit das er­kenn­bar der Fall ist, wä­re ei­ne we­gen des ur­sprüng­li­chen Pro­gno­se­man­gels er­fol­gen­de Ver­ur­tei­lung zur Neu­pla­nung sach­wid­rig, weil für den mit ei­ner Neu­pla­nung ver­bun­de­nen zeit­li­chen, per­so­nel­len und sach­li­chen Auf­wand mit Blick auf das ge­setz­li­che Ziel der Luft­rein­hal­te­pla­nung kei­ne Ver­an­las­sung mehr be­steht. Es be­darf da­für auch kei­ner ge­setz­li­chen Feh­ler­hei­lungs- oder Un­be­acht­lich­keits­vor­schrif­ten. Der für Rechts­nor­men gel­ten­de Grund­satz, wo­nach die Rechts­wid­rig­keit ei­ner Norm ih­re Nich­tig­keit zur Fol­ge hat, so­weit nicht der Ge­setz­ge­ber et­was An­de­res be­stimmt, kann auf Luft­rein­hal­te­plä­ne nicht über­tra­gen wer­den. Bei ih­nen han­delt es sich nicht um Rechts­nor­men. Sie sind als auf den staat­li­chen Bin­nen­be­reich be­zo­ge­ne Hand­lungs­plä­ne kon­zi­piert, die in ih­rer Rechts­na­tur Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten ähn­lich sind (BVer­wG, Ur­tei­le vom 29. März 2007 - 7 C 9.06 - BVer­w­GE 128, 278 Rn. 27 und vom 5. Sep­tem­ber 2013 - 7 C 21.12 - BVer­w­GE 147, 312 Rn. 18). In die­sem Sin­ne hat der Se­nat be­reits ent­schie­den, dass nach­träg­lich ak­tua­li­sier­te Pro­gno­sen und Maß­nah­men bei der ge­richt­li­chen Prü­fung ei­nes An­spruchs auf Fort­schrei­bung ei­nes Luft­rein­hal­te­plans ein­zu­be­zie­hen sind und dass dem die Be­tei­li­gungs- und Pu­bli­zi­täts­an­for­de­run­gen der Luft­rein­hal­te­pla­nung nach § 47 Abs. 5 und 5a BImSchG je­den­falls dann nicht ent­ge­gen­ste­hen, wenn nicht me­tho­disch voll­stän­dig neue Pro­gno­sen er­stellt und vor­ge­se­he­ne Maß­nah­men nicht grund­le­gend um­ge­stal­tet wer­den (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 27. Fe­bru­ar 2020 - 7 C 3.19 - BVer­w­GE 168, 20 Rn. 27).

45 bb) Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil be­ruht nicht auf dem be­schrie­be­nen Rechts­ver­stoß, weil der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof die Pro­gno­se des Plan­ge­bers aus den be­reits er­ör­ter­ten so­wie nach­ste­hend be­han­del­ten an­de­ren Grün­den zu Recht be­an­stan­det hat.

46 Es kann des­halb da­hin­ste­hen, ob im Zeit­punkt der münd­li­chen Ver­hand­lung des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs be­reits hin­rei­chend si­cher ei­ne als­bal­di­ge Er­stre­ckung des in Stutt­gart gel­ten­den zo­na­len Die­sel­ver­kehrs­ver­bots für Eu­ro-4-Fahr­zeu­ge auf Eu­ro-5-Fahr­zeu­ge ab­seh­bar war. Hier­ge­gen spricht, dass Eu­ro-5-Fahr­zeu­ge erst zum 1. Ju­li 2020 und nur für Tei­le des Stutt­gar­ter Stadt­ge­biets und erst nach­dem der Be­klag­te sich hier­ge­gen er­folg­los ge­richt­lich zur Wehr ge­setzt hat­te, in das zo­na­le Ver­bot ein­be­zo­gen wor­den sind.

47 d) Über­wie­gend mit Bun­des­recht in Ein­klang steht es, dass der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof die Im­mis­si­ons­pro­gno­se auch in Be­zug auf die ihr zu­grun­de lie­gen­den An­nah­men zur emis­si­ons­min­dern­den Wir­kung von Soft­ware-Up­dates bei Die­sel­fahr­zeu­gen als man­gel­haft be­wer­tet hat.

48 aa) Es be­stehen kei­ne durch­grei­fen­den Be­den­ken, so­weit der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof be­an­stan­det hat, dass die vom Plan­ge­ber an­ge­nom­me­ne Emis­si­ons­re­duk­ti­on um 30 % bei der Eu­ro-5-Flot­te deut­scher Her­stel­ler nicht aus­rei­chend ge­si­chert sei. Sie wer­de nicht nä­her be­grün­det und ge­he über ei­ne Emis­si­ons­re­duk­ti­on von 25 % pro Fahr­zeug hin­aus, wie sie das Um­welt­bun­des­amt schon frü­her als hö­he­ren Wert im Rah­men zwei­er mög­li­cher Sze­na­ri­en an­ge­nom­men ha­be und auch ge­gen­wär­tig un­ter Be­rück­sich­ti­gung des ak­tu­el­len HBE­FA (Hand­buch für Emis­si­ons­fak­to­ren des Stra­ßen­ver­kehrs) 4.1 an­neh­me. Die­se Ein­schät­zung lässt ei­nen Rechts­ver­stoß nicht er­ken­nen. Sie be­ruht auf der For­de­rung nach ei­ner in tat­säch­li­cher Hin­sicht hin­rei­chend trag­fä­hi­gen Pro­gno­se­grund­la­ge. Die vom Ver­wal­tungs­ge­richts­hof in Be­zug ge­nom­me­nen An­ga­ben des Um­welt­bun­des­amts sind ge­eig­net, die Plau­si­bi­li­tät der da­von ab­wei­chen­den und nach den Fest­stel­lun­gen des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs nicht nä­her be­grün­de­ten An­nah­men des Luft­rein­hal­te­plans in Zwei­fel zu zie­hen.

49 Oh­ne Er­folg sucht der Be­klag­te sei­ne An­nah­men nun­mehr da­durch zu un­ter­mau­ern, dass er auf Zah­len des Kraft­fahrt-Bun­des­am­tes vom Ja­nu­ar 2020 ver­weist, wo­nach die durch­schnitt­li­che Emis­si­ons­min­de­rung durch Soft­ware-Up­dates so­gar über 30 % hin­aus­ge­he. Die da­zu mit­ge­teil­ten Da­ten müs­sen als neue Tat­sa­chen im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren un­be­rück­sich­tigt blei­ben. Ei­ne Aus­nah­me von der grund­sätz­li­chen Un­be­acht­lich­keit in dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil nicht fest­ge­stell­ter Tat­sa­chen kommt nach den hier­zu vom Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt ent­wi­ckel­ten Maß­stä­ben (vgl. oben Rn. 29) nicht in Be­tracht. Die Da­ten be­dürf­ten im Hin­blick auf ih­re Aus­sa­ge­kraft ei­ner wei­te­ren tat­säch­li­chen Wür­di­gung, die dem Re­vi­si­ons­ge­richt ver­wehrt ist. Das gilt na­ment­lich für die Fra­ge, in­wie­weit die auf ein­zel­ne Fahr­zeug­mo­del­le be­zo­ge­nen An­ga­ben re­prä­sen­ta­tiv für die Fahr­zeug­flot­ten der je­wei­li­gen Her­stel­ler sind, auf die sich die Pro­gno­se des Luft­rein­hal­te­plans be­zieht.

50 bb) Nicht mit Bun­des­recht in Ein­klang steht al­ler­dings, dass der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hin­sicht­lich der Emis­si­ons­min­de­rung durch frei­wil­li­ge Soft­ware-Up­dates ei­ne "Nach­hal­tig­keits­pro­gno­se" des Plan­ge­bers un­ter Hin­weis dar­auf ein­ge­for­dert hat, bei le­bens­na­her Be­trach­tung spre­che viel da­für, dass die mit den Soft­ware-Up­dates ver­bun­de­nen Kor­rek­tu­ren auf die ur­sprüng­li­chen Werks­ein­stel­lun­gen zu­rück­ge­setzt wür­den.

51 Da­mit über­spannt der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof im Er­geb­nis die An­for­de­run­gen an ei­ne trag­fä­hi­ge Pro­gno­se. Die­se muss nicht al­le denk­ba­ren, son­dern nur sol­che Ent­wick­lun­gen in den Blick neh­men, mit de­nen nach den je­wei­li­gen Um­stän­den rea­lis­ti­scher­wei­se zu rech­nen ist, und die sich - ge­ge­be­nen­falls im Zu­sam­men­spiel mit an­de­ren Fak­to­ren - auf die Im­mis­si­ons­be­las­tung er­heb­lich aus­wir­ken kön­nen. Die An­nah­me, dies kön­ne bei dem vom Ver­wal­tungs­ge­richts­hof skiz­zier­ten Sze­na­rio der Fall sein, fin­det in des­sen tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen kei­ne Grund­la­ge. Es mag zwar all­ge­mei­ner Le­bens­er­fah­rung ent­spre­chen, dass ein­zel­ne Kun­den frei­wil­li­ge Soft­ware-Up­dates auch wie­der rück­gän­gig ma­chen. Der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof hat aber nicht fest­ge­stellt, dass ein sol­ches Kun­den­ver­hal­ten mög­li­cher­wei­se in ei­ner sol­chen Viel­zahl von Fäl­len zu er­war­ten stün­de, dass es er­heb­li­chen nach­tei­li­gen Ein­fluss auf die Im­mis­si­ons­si­tua­ti­on ha­ben könn­te. Oh­ne hier­auf hin­deu­ten­de An­knüp­fungs­tat­sa­chen bleibt ein sol­ches Sze­na­rio spe­ku­la­tiv und muss des­halb vom Plan­ge­ber auch nicht in den Blick ge­nom­men wer­den.

52 e) So­weit der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof schlie­ß­lich be­män­gelt hat, der Be­klag­te ha­be bei sei­ner Pro­gno­se für 2019 und 2020 die von der PTV-Group im Jahr 2017 für an­de­re, jen­seits der Fried­rich­stra­ße ge­le­ge­nen Stra­ßen­zü­ge er­mit­tel­ten NO2-Grenz­wert­über­schrei­tun­gen (Kepp­ler­stra­ße: 72 µg/m³, Stutt­gar­ter Stra­ße: 66 µg/m³, Frank­fur­ter Stra­ße: 54 µg/m³) nicht, je­den­falls aber nicht er­kenn­bar be­rück­sich­tigt, ver­stö­ßt auch dies im Er­geb­nis nicht ge­gen Bun­des­recht.

53 Dass es sich, wie bei­de Re­vi­si­ons­füh­rer her­vor­he­ben, bei die­sen Grenz­wert­über­schrei­tun­gen nicht um ge­mes­se­ne Wer­te, son­dern um Er­geb­nis­se von Mo­dell­rech­nun­gen han­delt, führt nicht da­zu, dass der Be­klag­te sie bei der Fort­schrei­bung des Luft­rein­hal­te­plans au­ßer Be­tracht las­sen durf­te. Zwar setzt die Ent­ste­hung sei­ner Pla­nungs­pflicht ei­ne durch orts­fes­te Mes­sun­gen er­mit­tel­te Grenz­wert­über­schrei­tung vor­aus. Bei der Er­fül­lung die­ser Pflicht hat der Be­klag­te aber auch ihm vor­lie­gen­de Er­geb­nis­se von Mo­dell­rech­nun­gen zu be­rück­sich­ti­gen, die für an­de­re Or­te als den Ort der ge­mes­se­nen Grenz­wert­über­schrei­tung im Lud­wigs­bur­ger Stadt­ge­biet über dem Grenz­wert lie­gen­de Be­las­tun­gen aus­wei­sen.

54 Der Be­klag­te darf bei der Fort­schrei­bung des Luft­rein­hal­te­plans ihm vor­lie­gen­de Er­geb­nis­se von Mo­dell­rech­nun­gen, die für an­de­re Or­te im Lud­wigs­bur­ger Stadt­ge­biet ober­halb des Grenz­werts lie­gen­de NO2-Be­las­tun­gen an­zei­gen, nicht un­be­rück­sich­tigt las­sen. Denn die nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG zur Luft­rein­hal­te­pla­nung ver­pflich­te­te Be­hör­de darf bei ih­rer Ent­schei­dung re­gel­mä­ßig nicht le­dig­lich die Ver­hält­nis­se am Ort der je­wei­li­gen Pro­be­nah­me­stel­le in den Blick neh­men und die in den Plan auf­zu­neh­men­den Maß­nah­men aus­schlie­ß­lich dar­an aus­rich­ten, dass ge­ra­de an die­sem Ort - punk­tu­ell - der Grenz­wert nicht (mehr) über­schrit­ten wird. Ei­ne der­art ver­eng­te Per­spek­ti­ve wi­der­sprä­che den Zie­len und der Kon­zep­ti­on des Luft­qua­li­täts­rechts im All­ge­mei­nen und der Luft­rein­hal­te­pla­nung im Be­son­de­ren. Die­se ge­bie­ten viel­mehr grund­sätz­lich ei­nen brei­ten, über den un­mit­tel­ba­ren Ort der die Pla­nungs­pflicht aus­lö­sen­den ge­mes­se­nen Grenz­wert­über­schrei­tung hin­aus­rei­chen­den pla­ne­ri­schen Zu­griff und in­so­weit auch die Be­rück­sich­ti­gung der Be­hör­de vor­lie­gen­der Er­kennt­nis­se zur Schad­stoff­be­las­tung an an­de­ren Or­ten des je­wei­li­gen Ge­biets oder Bal­lungs­raums. Ei­ne pla­ne­ri­sche Be­schrän­kung auf den Ort der ge­mes­se­nen Grenz­wert­über­schrei­tung kommt nur in Be­tracht, wenn es sich da­bei um ei­nen sin­gu­lä­ren "Hot Spot" han­delt, was frei­lich bei - wie hier - vor­lie­gen­den Mo­dell­rech­nun­gen, die auf mög­li­che Grenz­wert­über­schrei­tun­gen auch an an­de­ren Or­ten hin­wei­sen, in be­son­de­rer Wei­se be­grün­dungs­be­dürf­tig wä­re.

55 Nach Art. 23 Abs. 1 Un­terabs. 1 der Richt­li­nie 2008/50/EG sind Luft­qua­li­täts­plä­ne "für" Ge­bie­te und Bal­lungs­räu­me zu er­stel­len, in de­nen ein Grenz­wert über­schrit­ten wird. Die­se auch im 18. Er­wä­gungs­grund und ver­gleich­bar in an­de­ren Sprach­fas­sun­gen der Richt­li­nie (eng­lisch: "for tho­se zo­nes and ag­glo­me­ra­ti­ons"; fran­zö­sisch: "pour cet­te zo­ne ou ag­glomé­ra­ti­on"; ita­lie­nisch: "per le zo­ne e gli ag­glo­me­ra­ti") ver­wen­de­te For­mu­lie­rung greift der deut­sche Ver­ord­nungs­ge­ber in § 27 Abs. 1 der 39. BImSchV auf. Sie weist über den kon­kre­ten Ort der er­mit­tel­ten Grenz­wert­über­schrei­tung hin­aus auf das je­wei­li­ge Ge­biet oder den je­wei­li­gen Bal­lungs­raum ins­ge­samt. Art. 13 Abs. 1 der Richt­li­nie 2008/50/EG ver­langt, für Stick­stoff­di­oxid in Ver­bin­dung mit Ab­satz 2 der Vor­schrift, dass die Grenz­wer­te "über­all" in den Ge­bie­ten und Bal­lungs­räu­men ein­ge­hal­ten wer­den. Dem ent­spricht es, dass nach An­hang III Ab­schnitt B Nr. 1 Buchst. a und f der Richt­li­nie (An­la­ge 3 Ab­schnitt B Nr. 1 Buchst. a und f der 39. BImSchV) der Ort von Pro­be­nah­me­stel­len für Mes­sun­gen zum Schutz der mensch­li­chen Ge­sund­heit so zu wäh­len ist, dass die Pro­be­nah­me­stel­len re­prä­sen­ta­ti­ve Da­ten für Be­rei­che ei­nes Ge­biets oder ei­nes Bal­lungs­raums lie­fern, die durch ein be­stimm­tes Ver­schmut­zungs­ni­veau ge­kenn­zeich­net sind (vgl. Eu­GH, Ur­teil vom 26. Ju­ni 2019 - C-723/17, Craeynest - Rn. 39). Der an ei­ner Pro­be­nah­me­stel­le ge­mes­se­ne Wert be­an­sprucht da­nach grund­sätz­lich über den Stand­ort der Pro­be­nah­me­stel­le hin­aus Aus­sa­ge­kraft für die Luft­qua­li­tät an ver­gleich­ba­ren an­de­ren Or­ten in dem Ge­biet oder Bal­lungs­raum. Über­steigt er den Grenz­wert, liegt dar­in ein In­diz für mög­li­che über­höh­te Schad­stoff­be­las­tun­gen auch an­dern­orts. Dies fin­det zu­sätz­li­che Be­stä­ti­gung in der re­la­tiv ge­rin­gen vor­ge­schrie­be­nen Min­dest­zahl an Pro­be­nah­me­stel­len ge­mäß Art. 7 Abs. 2 i.V.m. An­hang V Ab­schnitt A der Richt­li­nie und § 14 Abs. 2 i.V.m. An­la­ge 5 Ab­schnitt A der 39. BImSchV. Hier­mit kön­nen of­fen­kun­dig nicht flä­chen­de­ckend punkt­ge­naue, son­dern eben nur mög­lichst re­prä­sen­ta­ti­ve Da­ten für die Luft­qua­li­tät in ei­nem Ge­biet oder Bal­lungs­raum ge­mes­sen wer­den, ob­wohl die Richt­li­nie dort "über­all" die Ein­hal­tung der Grenz­wer­te ein­for­dert. Nicht zu­letzt spricht auch der im Schutz der Um­welt und der mensch­li­chen Ge­sund­heit lie­gen­de Zweck (vgl. da­zu Eu­GH, Ur­teil vom 26. Ju­ni 2019 - C-723/17, Craeynest - Rn. 33) der Richt­li­nie 2008/50/EG für ei­nen brei­ten, über den Ort der ge­mes­se­nen Grenz­wert­über­schrei­tung hin­aus­ge­hen­den pla­ne­ri­schen Zu­griff und da­mit für ei­ne Be­rück­sich­ti­gung dem Plan­ge­ber vor­lie­gen­der Er­geb­nis­se von Mo­dell­rech­nun­gen, die auf auch an­dern­orts be­stehen­de über­höh­te Schad­stoff­be­las­tun­gen hin­wei­sen.

56 Die­ses Er­geb­nis un­ter­liegt nach Ein­schät­zung des Se­nats ins­be­son­de­re mit Blick auf die zi­tier­te Ent­schei­dung des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on vom 26. Ju­ni 2019 in der Rechts­sa­che Craeynest kei­nem ver­nünf­ti­gen Zwei­fel. Der Se­nat ist des­halb nicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ge­hal­ten, die­se Fra­ge dem Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­zu­le­gen (vgl. Eu­GH, Ur­teil vom 6. Ok­to­ber 1982 - C-283/81 [ECLI:​EU:​C:​1982:​335], CIL­FIT -).

57 6. Oh­ne Bun­des­rechts­ver­stoß hat der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof an­ge­nom­men, dass es we­gen der dem Luft­rein­hal­te­plan an­haf­ten­den Pro­gno­se­män­gel ei­ner Neu­pla­nung be­darf, de­ren Er­for­der­lich­keit nicht auf­grund neu­er, bis zum ma­ß­geb­li­chen Zeit­punkt der münd­li­chen Ver­hand­lung des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs ein­ge­tre­te­ner Ent­wick­lun­gen ent­fal­len ist.

58 Ins­be­son­de­re ist es re­vi­si­ons­recht­lich nicht zu be­an­stan­den, dass der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof in die­sem Zu­sam­men­hang zu den von der Bei­ge­la­de­nen be­ab­sich­tig­ten acht zu­sätz­li­chen Maß­nah­men aus­ge­führt hat, es kön­ne of­fen­blei­ben, ob der­ar­ti­ge im Luft­rein­hal­te­plan nicht be­rück­sich­tig­te Maß­nah­men die Fort­schrei­bung ei­nes oh­ne sie de­fi­zi­tä­ren Plans ent­behr­lich ma­chen könn­ten, weil je­den­falls Rea­li­sie­rungs­wahr­schein­lich­keit und -zeit­punkt der Maß­nah­men un­klar sei­en und es an ei­ner pro­gnos­ti­schen Be­zif­fe­rung und Plau­si­bi­li­sie­rung der je­wei­li­gen Min­de­rungs­po­ten­zia­le feh­le. Dies steht mit Bun­des­recht in Ein­klang, wo­nach die Eig­nung vor­ge­se­he­ner Maß­nah­men zur Er­rei­chung des Ziels ei­ner schnellst­mög­li­chen Grenz­wertein­hal­tung ge­si­chert er­schei­nen muss. Dies setzt ei­ne pro­gnos­ti­sche Ab­schät­zung des Plan­ge­bers vor­aus, in wel­chem Um­fang und in­ner­halb wel­ches Zeit­raums die je­wei­li­gen Maß­nah­men ei­nen Bei­trag zur Min­de­rung der Schad­stoff­be­las­tung leis­ten kön­nen. Nur auf die­ser Grund­la­ge lässt sich nach­voll­zieh­bar be­ur­tei­len, ob und wann mit ei­ner Ein­hal­tung des Grenz­werts zu rech­nen und ei­ne Plan­fort­schrei­bung des­halb ge­ge­be­nen­falls nicht mehr er­for­der­lich ist. Nach den Fest­stel­lun­gen des Ver­wal­tungs­ge­richts­hofs fehlt es in Be­zug auf die acht zu­sätz­li­chen Maß­nah­men der Bei­ge­la­de­nen an ei­ner sol­chen Ab­schät­zung. Der Ein­wand der Bei­ge­la­de­nen, sie ha­be in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor dem Ver­wal­tungs­ge­richts­hof die Ab­ga­be ei­ner ver­bind­li­chen Pro­to­koll­er­klä­rung über die Durch­füh­rung der Maß­nah­men an­ge­bo­ten, ver­fängt nicht. Denn ei­ne sol­che Er­klä­rung än­der­te nichts am Feh­len ei­ner pro­gnos­ti­schen Ab­schät­zung zur Wirk­sam­keit der Maß­nah­men.

59 7. Schlie­ß­lich ste­hen auch die vom Ver­wal­tungs­ge­richts­hof for­mu­lier­ten Ma­ß­ga­ben für ei­ne Neu­pla­nung über­wie­gend mit Bun­des­recht in Ein­klang. Sie be­tref­fen ei­ne et­wai­ge Auf­nah­me von Die­sel­ver­kehrs­ver­bo­ten in den Luft­rein­hal­te­plan, die je nach ak­tu­ell be­stehen­der und feh­ler­frei pro­gnos­ti­zier­ter Ent­wick­lung der NO2-Be­las­tung wei­ter­hin in Be­tracht zu zie­hen sind.

60 a) Die Ma­ß­ga­be, bei der Fort­schrei­bung des Luft­rein­hal­te­plans dürf­ten die zur Grenz­wer­terrei­chung not­wen­di­gen Maß­nah­men nicht im Rah­men ei­ner Ab­wä­gung zwi­schen dem Aus­maß von durch Grenz­wert­über­schrei­tun­gen be­ding­ten Ge­sund­heits­ge­fah­ren oder der Zahl in­so­weit spe­zi­fisch ge­fähr­de­ter Per­so­nen ei­ner­seits und den durch Die­sel­ver­kehrs­ver­bo­te be­ding­ten Ein­schrän­kun­gen von Ver­kehrs­teil­neh­mern an­de­rer­seits re­la­ti­viert wer­den, ent­spricht der - dem an­ge­foch­te­nen Ur­teil zeit­lich nach­ge­hen­den - Recht­spre­chung des Se­nats (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 27. Fe­bru­ar 2020 - 7 C 3.19 - BVer­w­GE 168, 20 Rn. 57).

61 b) Eben­falls zu Recht hat der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof § 47 Abs. 4a Satz 1 BImSchG ei­ne ei­gen­stän­di­ge er­mes­sens­len­ken­de Wir­kung ab­ge­spro­chen. Aus der Re­ge­lung er­ge­ben sich über die - oben skiz­zier­ten (vgl. Rn. 32) - all­ge­mei­nen An­for­de­run­gen des Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­grund­sat­zes hin­aus kei­ne wei­te­ren Ein­schrän­kun­gen für die Fest­le­gung von Ver­kehrs­ver­bo­ten für Die­sel­fahr­zeu­ge (vgl. BVer­wG, Ur­teil vom 27. Fe­bru­ar 2020 - 7 C 3.19 - BVer­w­GE 168, 20 Rn. 58 ff.).

62 c) Nicht voll­stän­dig mit Bun­des­recht in Ein­klang ste­hen die vom Ver­wal­tungs­ge­richts­hof for­mu­lier­ten Vor­aus­set­zun­gen, un­ter de­nen der Be­klag­te we­gen al­ter­na­ti­ver Maß­nah­men von ei­ner Auf­nah­me von Die­sel­ver­kehrs­ver­bo­ten in den Luft­rein­hal­te­plan ab­se­hen dür­fe. Nicht zu be­an­stan­den ist in­so­weit die Ma­ß­ga­be, Al­ter­na­tiv­maß­nah­men müss­ten in ih­rer Durch­füh­rung recht­lich, fi­nan­zi­ell so­wie tat­säch­lich ge­si­chert und auf der Grund­la­ge ei­ner nach­voll­zieh­ba­ren Pro­gno­se zur Grenz­wertein­hal­tung ge­eig­net sein. Bun­des­rechts­wid­rig ist al­ler­dings die wei­te­re Ma­ß­ga­be, die an­de­ren Maß­nah­men müss­ten in glei­cher Wei­se wie Fahr­ver­bo­te ef­fek­tiv sein, ins­be­son­de­re eben­so schnell die Ein­hal­tung des Grenz­werts ge­währ­leis­ten. In die­ser For­de­rung setzt sich der Ver­stoß des an­ge­foch­te­nen Ur­teils ge­gen § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG und den Grund­satz der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit fort. Auch wenn ein Ver­kehrs­ver­bot die ein­zi­ge ge­eig­ne­te Maß­nah­me zur schnellst­mög­li­chen Ein­hal­tung des Grenz­werts ist, er­üb­rigt sich da­mit nicht die Ver­hält­nis­mä­ßig­keits­prü­fung, ob ein sol­ches Ver­bot zu ver­hän­gen ist. Un­ter den oben aus­ge­führ­ten Vor­aus­set­zun­gen kön­nen Ver­kehrs­ver­bo­te un­ver­hält­nis­mä­ßig sein und ist die Pla­nung auf an­de­re Maß­nah­men be­schränkt, selbst wenn die­se erst zu ei­nem spä­te­ren Zeit­punkt zum Ziel füh­ren.

63 Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 3 Vw­GO.