Verfahrensinformation
Die Klägerin ist Apothekerin und betreibt mehrere Apotheken im Stadtgebiet der Beklagten. Zudem besitzt sie eine Erlaubnis zum Versand apothekenpflichtiger Arzneimittel. Seit Dezember 2014 unterhält sie in einem Supermarkt eine Vorrichtung zum Sammeln von Arzneimittelverschreibungen. Der Aufsteller befindet sich im Eingangsbereich des Marktes. Die Kunden können ihre Rezepte zusammen mit einem ausgefüllten Bestellschein in einen dafür vorgesehenen Umschlag stecken und in den angebrachten Briefkasten werfen. Sie können zwischen der Lieferung der bestellten Medikamente durch den Botendienst der Klägerin und dem Versand durch einen externen Dienstleister wählen. Die Option „Liefern durch Botendienst“ ist nur innerhalb des Stadtgebietes möglich und versandkostenfrei. Die Option „Versand durch externen Dienstleister“ gilt ausschließlich für Bestellungen außerhalb des Stadtgebietes; dabei fallen Versandkosten an. Mit Ordnungsverfügung vom 30. Oktober 2015 untersagte die Beklagte der Klägerin, ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde eine Einrichtung zum Sammeln von Verschreibungen, die sodann per Bote oder externen Dienstleister an die Kunden geliefert werden, zu unterhalten. Außerdem forderte sie sie auf, die Einrichtung unverzüglich zu entfernen. Zur Begründung führte die Beklagte aus, die Klägerin betreibe eine unzulässige Rezeptsammelstelle. Die von ihr aufgestellte Sammelbox stelle keine im Versandhandel erlaubte sog. „Pick-up-Stelle“ dar, da die Kunden des Supermarktes ihre bestellten Medikamente dort nicht abholen könnten. Die dagegen erhobene Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Oberverwaltungsgericht in Münster hat in seinem Berufungsurteil ausgeführt, dass die angefochtene Ordnungsverfügung nicht zu beanstanden sei. Die in Rede stehende Sammelbox verstoße gegen apothekenrechtliche Vorschriften, weil die Klägerin keine Erlaubnis für den Betrieb einer Rezeptsammelstelle nach § 24 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) besitze und sie eine solche Erlaubnis auch nicht beanspruchen könne. Der Betrieb der Sammelbox sei ihr auch nicht aufgrund ihrer Versandhandelserlaubnis erlaubt. Bei wertender Gesamtbetrachtung stelle sich das Vertriebsmodell nicht als Versandhandel dar, sondern als Umgehung der Vorgaben des § 24 ApBetrO.
Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Revision der Klägerin.
Pressemitteilung Nr. 19/2020 vom 23.04.2020
Versandhandel mit Arzneimitteln umfasst auch das Einsammeln von Rezepten und Botenauslieferungen im Einzugsbereich der Präsenzapotheke
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute entschieden, dass eine Präsenzapotheke mit Versandhandelserlaubnis im örtlichen Einzugsbereich ihrer Apotheke eine Einrichtung zum Sammeln von Verschreibungen und Arzneimittelbestellungen betreiben und die bestellten Medikamente durch eigene Boten ausliefern darf.
Die Klägerin ist Apothekerin und betreibt in der beklagten Stadt u.a. die P-Apotheke. Sie verfügt zudem über eine Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln. Seit Ende 2014 unterhält sie im Eingangsbereich eines Supermarktes eine Einrichtung zum Sammeln von Verschreibungen und Arzneimittelbestellungen. Die Kunden können ihre Rezepte zusammen mit einem ausgefüllten Bestellschein in einen dafür vorgesehenen Umschlag stecken und in den angebrachten Briefkasten werfen. Der Briefkasten wird von der Klägerin oder einem Mitarbeiter regelmäßig geleert. Die Auslieferung der Medikamente erfolgt innerhalb des Stadtgebietes (versandkostenfrei) durch Boten der Klägerin. Außerhalb des Stadtgebietes werden die bestellten Arzneimittel durch einen externen Dienstleister (kostenpflichtig) versandt. Durch Ordnungsverfügung untersagte die Beklagte der Klägerin den Betrieb der Einrichtung mit der Begründung, es handele sich um eine unzulässige Rezeptsammelstelle. Sie sei von der Versandhandelserlaubnis nicht umfasst. Die gegen die Ordnungsverfügung gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.
Das Bundesverwaltungsgericht hat der Revision der Klägerin stattgegeben und die Ordnungsverfügung aufgehoben. Die von der Klägerin betriebene Einrichtung zum Sammeln von Rezepten und Bestellungen von Arzneimitteln ist von ihrer Versandhandelserlaubnis umfasst. Die Vorschriften des Apotheken- und des Arzneimittelrechts über den Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln schließen eine Zustellung durch eigene Boten der Apotheke weder nach ihrem Wortlaut noch nach ihrem Regelungszweck aus. Dem Begriff des Versandhandels unterfällt auch ein Vertriebsmodell, das auf einen Versand im örtlichen Einzugsbereich der Apotheke ausgerichtet ist und hierfür eigene Boten der Apotheke einsetzt. Die Arzneimittelsicherheit ist nicht mehr gefährdet als beim Versand über größere Entfernungen mittels externer Versanddienstleister. Dass eine Zulassung dieses Vertriebsmodells zu einem signifikanten Rückgang der Apothekendichte und einer Gefährdung der Arzneimittelversorgung führen könnte, ist ebenfalls nicht ersichtlich.
BVerwG 3 C 16.18 - Urteil vom 23. April 2020
Vorinstanzen:
OVG Münster, 13 A 2289/16 - Urteil vom 02. Juli 2018 -
VG Gelsenkirchen, 19 K 5025/15 - Urteil vom 27. September 2016 -
Urteil vom 23.04.2020 -
BVerwG 3 C 16.18ECLI:DE:BVerwG:2020:230420U3C16.18.0
Zulässigkeit eines lokalen Versandhandels mit Botenzustellung
Leitsatz:
Der Begriff des Versandes im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG, § 11a ApoG, § 17 Abs. 2a ApBetrO umfasst auch einen Vertrieb, der auf einen Versandhandel im örtlichen Einzugsbereich der Präsenzapotheke ausgerichtet ist und für die Zustellung der Arzneimittel eigene Boten der Apotheke einsetzt.
-
Rechtsquellen
AMG § 43 Abs. 1 Satz 1, § 69 Abs. 1 Satz 1 ApoG § 11a ApBetrO §§ 17, 24 VwVfG NRW § 28 Abs. 1 -
Instanzenzug
VG Gelsenkirchen - 27.09.2016 - AZ: VG 19 K 5025/15
OVG Münster - 02.07.2018 - AZ: OVG 13 A 2289/16
-
Zitiervorschlag
BVerwG, Urteil vom 23.04.2020 - 3 C 16.18 - [ECLI:DE:BVerwG:2020:230420U3C16.18.0]
Urteil
BVerwG 3 C 16.18
- VG Gelsenkirchen - 27.09.2016 - AZ: VG 19 K 5025/15
- OVG Münster - 02.07.2018 - AZ: OVG 13 A 2289/16
In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 23. April 2020
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Liebler, Prof. Dr. habil. Wysk,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kenntner
für Recht erkannt:
- Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 2. Juli 2018 und das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 27. September 2016 werden geändert.
- Ziffern 1 und 2 der Ordnungsverfügung der Beklagten vom 30. Oktober 2015 werden aufgehoben.
- Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I
1 Die Klägerin ist Apothekerin. Sie betreibt in H. eine Apotheke mit zwei Filialen, darunter die "P.-Apotheke", ... Zudem hat sie seit Dezember 2006 eine Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG), § 11a des Apothekengesetzes (ApoG).
2 Seit Dezember 2014 unterhält sie in einem Supermarkt in H. eine Einrichtung der P.-Apotheke zum Sammeln von Verschreibungen und Arzneimittelbestellungen. Der Aufsteller befindet sich im Eingangsbereich des Marktes. Die Kunden können ihre Rezepte zusammen mit dem ausgefüllten Bestellschein in einen dafür vorgesehenen Umschlag legen und in den am Aufsteller angebrachten Briefkasten werfen. Auch die Bestellung rezeptfreier Medikamente ist möglich. Der Briefkasten wird von der Klägerin oder einem ihrer Mitarbeiter montags bis freitags einmal täglich geleert. Im Stadtgebiet von H. liefert die Klägerin die bestellten Arzneimittel versandkostenfrei durch Boten der Apotheke aus. Für Zustellungen außerhalb des Stadtgebietes beauftragt sie einen externen Dienstleister. Hierbei fallen Versandkosten an (4,95 € bei einem Paketgewicht von bis zu 1 kg, > 1 kg: 20 €).
3 Die Beklagte sah in der Einrichtung eine gemäß § 24 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) unzulässige Rezeptsammelstelle und hörte die Klägerin mit Schreiben vom 10. Juli 2015 zum Erlass eines Bußgeldbescheides an. Durch Ordnungsverfügung vom 30. Oktober 2015 untersagte sie ihr, in dem betreffenden Supermarkt ohne Erlaubnis der zuständigen Behörde eine Einrichtung zum Sammeln von Verschreibungen, die sodann per Bote oder externem Dienstleister an die Kunden geliefert werden, zu unterhalten (Ziffer 1 der Ordnungsverfügung), und forderte sie auf, die Einrichtung unverzüglich zu entfernen (Ziffer 2 der Ordnungsverfügung).
4 Die dagegen erhobene Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben. Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hat in seinem Urteil vom 2. Juli 2018 zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die angefochtene Ordnungsverfügung sei rechtmäßig. Die nach § 28 Abs. 1 VwVfG NRW erforderliche Anhörung der Klägerin sei erfolgt. Zwar sei sie mit Schreiben vom 10. Juli 2015 allein zum Erlass eines Bußgeldbescheides angehört worden. Ihr habe sich aber aufgrund des umfangreichen Schriftwechsels und der telefonischen Erörterungen ihres Prozessbevollmächtigten mit der Beklagten aufdrängen müssen, dass ordnungsrechtliche Schritte im Raume stünden. Die Verfügung sei auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Sie finde ihre Rechtsgrundlage in § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG. Die Klägerin verstoße gegen § 24 ApBetrO, weil sie die Einrichtung zum Sammeln von Verschreibungen ohne Erlaubnis unterhalte. Die Rezeptsammlung sei ihr auch nicht aufgrund ihrer Versanderlaubnis nach § 11a ApoG gestattet. Zwar komme § 24 ApBetrO im Versandhandel nicht zur Anwendung. Das Vertriebskonzept der Klägerin sei aber nicht dem Versandhandel zuzuordnen. Maßgebliches Kriterium für das Vorliegen von Versandhandel sei das Fehlen einer räumlichen Bindung der Arzneimittelabgabe an die Präsenzapotheke. Das Bestehen einer räumlichen Bindung sei wertend unter Berücksichtigung der Einzelfallumstände aus der Sicht eines verständigen Kunden zu prüfen. Ob die Zustellung von Arzneimitteln durch Boten der Apotheke ausschließlich den Präsenzapotheken vorbehalten sei, könne dahingestellt bleiben. Jedenfalls komme sie nicht als ausschließliche oder überwiegende Form der Zustellung im Versandhandel in Betracht. Danach handele es sich bei dem Vertriebskonzept der Klägerin nicht um Versandhandel. Es sei darauf ausgerichtet, Rezepte zielgerichtet nur von Kunden aus dem Einzugsbereich ihrer Apotheke zu sammeln und diese anschließend, wie für die Präsenzapotheke typisch, durch Boten der Apotheke zu beliefern. Aus Kundensicht würden die Arzneimittel unmittelbar aus den Räumen der Apotheke abgegeben.
5 Zur Begründung ihrer Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend: Es fehle an einer ordnungsgemäßen Anhörung, weil sie nur zum Erlass eines Bußgeldbescheides angehört worden sei. Ein Verstoß gegen § 24 ApBetrO liege nicht vor. Der Betrieb der beanstandeten Einrichtung sei dem Versandhandel zuzuordnen und deshalb von ihrer Versanderlaubnis umfasst. Die Zustellung der Arzneimittel durch Boten der Apotheke stehe der Annahme von Versandhandel nicht entgegen. Das ergebe sich sowohl aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. März 2008 - BVerwG 3 C 27.07 - als auch aus den Gesetzgebungsmaterialien zum Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz vom 22. Dezember 2010. Zudem sei auch § 17 Abs. 2 ApBetrO zu entnehmen, dass die Botenzustellung im Versandhandel zulässig sei. Aus der Bezugnahme des § 24 Abs. 4 ApBetrO auf § 17 Abs. 2 ApBetrO folge nichts Gegenteiliges. Rechtsfehlerhaft sei das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, das Bestehen einer räumlichen Bindung des Abgabevorgangs an die Apotheke sei aus der Sicht eines verständigen Kunden zu beurteilen. Die subjektive Kundenbewertung sei für die rechtliche Einstufung nicht maßgeblich. Der überwiegend lokale Einzugsbereich der beanstandeten Einrichtung stehe ihrer Einstufung als Versandhandel ebenfalls nicht entgegen.
6 Die Beklagte verteidigt das angegriffene Berufungsurteil.
II
7 Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Ziffern 1 und 2 der Ordnungsverfügung der Beklagten vom 30. Oktober 2015 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Die beanstandete Einrichtung zum Sammeln von Verschreibungen steht im Einklang mit den Vorschriften des Arzneimittel- und des Apothekenrechts. Die Urteile der Vorinstanzen sind daher zu ändern, der angefochtene Verwaltungsakt ist aufzuheben (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
8 1. Gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über den Verkehr mit Arzneimitteln (Arzneimittelgesetz - AMG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394) - hier in der wegen des zu überprüfenden Dauerverwaltungsakts maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 22. März 2020 (BGBl. I S. 604; vgl. BVerwG, Urteil vom 14. April 2005 - 3 C 9.04 - Buchholz 418.21 ApBO Nr. 16 S. 2 m.w.N.) - treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Die Ermächtigung erstreckt sich auch auf ordnungsrechtliche Maßnahmen bei Verstößen gegen das Apothekenrecht (stRspr, BVerwG, Urteil vom 26. Februar 2015 - 3 C 30.13 [ECLI:DE:BVerwG:2015:260215U3C30.13.0] - BVerwGE 151, 291 Rn. 9 m.w.N.). Ziffern 1 und 2 der angefochtenen Ordnungsverfügung können hierauf jedoch nicht gestützt werden. Die Verfügung ist zwar formell rechtmäßig. Der von der Klägerin gerügte Anhörungsmangel besteht nicht (2.). Die verfügten Anordnungen der Beklagten sind aber materiell rechtswidrig, weil die beanstandete Einrichtung der Klägerin weder gegen das Arzneimittelrecht noch das Apothekenrecht verstößt (3.).
9 2. Das Oberverwaltungsgericht hat ohne Verstoß gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 2 VwGO) angenommen, dass die Klägerin vor Erlass der Ordnungsverfügung gemäß § 28 Abs. 1 VwVfG NRW angehört worden ist. Eine ordnungsgemäße Anhörung muss den beabsichtigten Verwaltungsakt nach Art und Inhalt so konkret umschreiben, dass der Adressat erkennen kann, weshalb und wozu er sich äußern soll und mit welcher Entscheidung er zu rechnen hat (BVerwG, Beschluss vom 17. August 2017 - 9 VR 2.17 [ECLI:DE:BVerwG:2017:170817B9VR2.17.0] - Buchholz 407.4 § 16a FStrG Nr. 6 Rn. 9; Urteil vom 22. März 2012 - 3 C 16.11 - BVerwGE 142, 205 Rn. 12). Danach stellte zwar das Schreiben der Beklagten vom 10. Juli 2015 keine ausreichende Anhörung in Bezug auf den Bescheid vom 30. Oktober 2015 dar. Es handelte sich dabei um eine Anhörung gemäß § 55 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG), die sich allein auf den beabsichtigten Erlass eines Bußgeldbescheides bezogen hat. Aus dem Schreiben war für die Klägerin nicht zu erkennen, dass sie (auch) mit dem Erlass ordnungsrechtlicher Maßnahmen zu rechnen hatte. Die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Anhörung sind aber erfüllt, weil sich der Klägerin - wie das Oberverwaltungsgericht in tatsächlicher Hinsicht festgestellt hat - aufgrund des umfangreichen Schriftwechsels und der telefonischen Erörterungen ihres Prozessbevollmächtigten mit der Beklagten aufdrängen musste, dass auch ordnungsrechtliche Schritte im Raume standen (UA S. 14). Diese nicht mit einer Verfahrensrüge angegriffenen Feststellungen sind für das Revisionsverfahren verbindlich (§ 137 Abs. 2 VwGO).
10 3. Die unter Ziffern 1 und 2 der Ordnungsverfügung angeordneten Maßnahmen - Untersagung des Betriebs und Entfernung der Einrichtung - sind jedoch materiell rechtswidrig und verletzen die Klägerin dadurch in ihren Rechten. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Klägerin verstoße mit der von ihr unterhaltenen Einrichtung zum Sammeln von Verschreibungen gegen § 24 ApBetrO, steht mit Bundesrecht nicht im Einklang. Ihr liegt eine unzutreffende Auslegung des Begriffs des nach § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG, § 11a ApoG erlaubten Versandes zugrunde. Die von der Klägerin im Eingangsbereich eines Supermarktes betriebene Einrichtung zum Einsammeln von Verschreibungen und Bestellungen für Arzneimittel, die sodann im Stadtgebiet von H. durch eigene Boten der Apotheke und außerhalb von H. durch externe Dienstleister an die Kunden ausgeliefert werden, ist von ihrer Versanderlaubnis umfasst. Es handelt sich hierbei um ein Inverkehrbringen von Arzneimitteln im Wege des Versandhandels (a). Das schließt einen Verstoß gegen § 24 ApBetrO aus (b).
11 a) Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG dürfen Arzneimittel, die nicht für den Verkehr außerhalb der Apotheken freigegeben sind, außer in den - hier nicht einschlägigen - Fällen des § 47 AMG berufs- oder gewerbsmäßig für den Endverbrauch nur in Apotheken und ohne behördliche Erlaubnis nicht im Wege des Versandes in den Verkehr gebracht werden; das Nähere regelt das Apothekengesetz. § 11a des Gesetzes über das Apothekenwesen (Apothekengesetz - ApoG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 15. Oktober 1980 (BGBl. I S. 1993) - in der maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 9. August 2019 (BGBl. I S. 1202) - regelt die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis zum Versand von apothekenpflichtigen Arzneimitteln und in diesem Zusammenhang die Anforderungen an den Versand. Auf der Grundlage von § 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ApoG regelt § 17 der Verordnung über den Betrieb von Apotheken (Apothekenbetriebsordnung - ApBetrO) - in der hier maßgeblichen Fassung der Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung und der Arzneimittelpreisverordnung vom 9. Oktober 2019 (BGBl. I S. 1450) - weitere Vorgaben für die Arzneimittelabgabe.
12 Das Oberverwaltungsgericht hat zugrunde gelegt, eine ausschließliche oder überwiegende Zustellung von Arzneimitteln durch eigene Boten der Apotheke sei von dem Versandbegriff des § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG, § 11a ApoG nicht umfasst. Es hat weiter angenommen, dass das Vertriebskonzept der Klägerin, das vornehmlich auf eine lokale Rezeptsammlung und Botenzustellung im Einzugsbereich der Präsenzapotheke ausgerichtet sei, nicht dem Versandhandel zuzuordnen sei. Das ist mit Bundesrecht nicht vereinbar. Der Begriff des Versandes im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG, § 11a ApoG, § 17 Abs. 2a ApBetrO umfasst auch einen Vertrieb, der auf einen Versandhandel im örtlichen Einzugsbereich der Präsenzapotheke ausgerichtet ist und für die Zustellung der Arzneimittel eigene Boten der Apotheke einsetzt.
13 aa) Beim Versand erfolgt die Arzneimittelabgabe aus einer öffentlichen Apotheke heraus (vgl. § 11a Satz 1 Nr. 1 ApoG), ohne dass der Kunde gehalten ist, die Apothekenbetriebsräume zu betreten. Er kann seine Bestellung schriftlich, telefonisch oder elektronisch aufgeben (vgl. zu den Fernkommunikationsmitteln § 312c Abs. 2 BGB) und sich die bestellten Medikamente an einen beliebigen Ort zustellen lassen (BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2010 - 3 C 30.09 - BVerwGE 137, 213 Rn. 14). In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass die Abgabe im Wege des Versandes nicht voraussetzt, dass das bestellte Arzneimittel individuell an die Anschrift des vom Auftraggeber (Besteller) benannten Empfängers ausgeliefert wird. Der Versand kann auch durch Übersendung an eine Abholstation erfolgen, in der die Arzneimittelsendung dem Kunden ausgehändigt wird (BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 - 3 C 27.07 - BVerwGE 131, 1 Rn. 17 ff.). Gemäß § 43 Abs. 3 AMG müssen auch verschreibungspflichtige Arzneimittel nur von, aber nicht in Apotheken abgegeben werden; auch sie dürfen mithin im Wege des Versandhandels in Verkehr gebracht werden.
14 bb) Der nach § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG, § 11a ApoG erlaubte Versand setzt nicht voraus, dass die Apotheke für die Übersendung externe Transportdienstleister einsetzt. Sie darf die bestellten Arzneimittel auch durch eigenes Personal transportieren und ausliefern.
15 (1) Eine Zustellung der Arzneimittel durch eigene Boten der Apotheke ist vom Wortlaut des § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG, § 11a ApoG umfasst.
16 Nach dem allgemeinen Begriffsverständnis ist der Versandhandel eine Form des Direktvertriebs, bei dem der Vertragsabschluss durch Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande kommt und der Verkäufer die bestellten Waren den Käufern durch Transportunternehmen oder eigene Transportmittel zustellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 - 3 C 27.07 - BVerwGE 131, 1 Rn. 18). Danach hängt die Zuordnung eines Rechtsgeschäfts zum Versandhandel nicht davon ab, ob der Verkäufer für die Beförderung der Ware zum Kunden externe Dritte (Transportdienstleister) einschaltet oder eigenes Personal einsetzt.
17 Für den in § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG, § 11a ApoG verwendeten Begriff des Versandes ergibt sich nichts Abweichendes. Nach § 11a Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ApoG ist sicherzustellen, dass das zu versendende Arzneimittel so transportiert und ausgeliefert wird, dass seine Qualität und Wirksamkeit erhalten bleibt (ebenso § 17 Abs. 2a Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 ApBetrO). Nach § 11a Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ApoG ist sicherzustellen, dass das versandte Arzneimittel der Person ausgeliefert wird, die von dem Auftraggeber der Bestellung der Apotheke mitgeteilt wird (vgl. § 17 Abs. 2a Satz 1 Nr. 2 Halbs. 1 ApBetrO). Ob die Apotheke für Transport und Auslieferung eigenes Personal einsetzt oder einen Dritten damit beauftragt, gibt § 11a ApoG nicht vor. Etwas anders folgt auch nicht daraus, dass nach § 11a Satz 1 Nr. 3 Buchst. e ApoG ein System zur Sendungsverfolgung unterhalten werden muss (vgl. § 17 Abs. 2a Satz 1 Nr. 9 ApBetrO) und nach § 11a Satz 1 Nr. 3 Buchst. f ApoG eine Transportversicherung abzuschließen ist. Mit diesen Anforderungen wird den besonderen Anforderungen Rechnung getragen, die sich durch eine Beförderung per Post oder einen sonstigen gewerblichen Zustellungsdienst ergeben. Die Regelungen gewährleisten, dass durch den Transport die Arzneimittelsicherheit und der Verbraucherschutz nicht beeinträchtigt werden und die versandten Arzneimittel nicht in unbefugte Hände geraten (vgl. die Begründung zum Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung <GKV-Modernisierungsgesetz - GMG> vom 14. November 2003 <BGBl. I S. 2190>, BT-Drs. 15/1525 S. 161). Daraus geht hervor, dass die Apotheke die bestellten Arzneimittel durch externe Dienstleister transportieren und ausliefern lassen darf. Macht sie hiervon Gebrauch, müssen die in § 11a Satz 1 Nr. 3 Buchst. e und f ApoG genannten Sicherheitsanforderungen erfüllt sein. Den Vorschriften lässt sich aber nicht entnehmen, dass der Inhaber der Versanderlaubnis auf diese Form der Versendung beschränkt und eine Beförderung durch eigenes Personal der Apotheke ausgeschlossen ist.
18 (2) Die Regelung des § 17 Abs. 2 ApBetrO über die Zustellung von Arzneimitteln durch Boten der Apotheke steht dem nicht entgegen. Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 ApBetrO ist die Zustellung durch Boten der Apotheke ohne Erlaubnis nach § 11a ApoG zulässig. § 17 Abs. 1a Satz 1 ApBetrO, wonach Arzneimittel außer im Fall des § 11a ApoG und § 17 Abs. 2a ApBetrO nur in den Apothekenbetriebsräumen in den Verkehr gebracht werden dürfen, erhellt, dass der Verordnungsgeber die Regelung des § 17 Abs. 2 ApBetrO der Arzneimittelabgabe in der Präsenzapotheke zuordnet. Daraus kann aber nicht abgeleitet werden, dass im Versandhandel eine Zustellung durch Boten der Apotheke unzulässig ist. Abgesehen davon, dass dies weder in den gesetzlichen Bestimmungen des § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG, § 11a ApoG noch in der Ermächtigung für den Erlass der Apothekenbetriebsordnung (§ 21 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ApoG) eine Stütze findet, sprechen auch Wortlaut und Entstehungsgeschichte der Verordnungsregelung dagegen. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 ApBetrO in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung waren die Versendung aus der Apotheke oder die Zustellung durch Boten (nur) im begründeten Einzelfall zulässig. Mit der Zulassung des Versandhandels unter Erlaubnisvorbehalt durch § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG, § 11a ApoG i.d.F. des GKV-Modernisierungsgesetzes vom 14. November 2003 erhielt § 17 Abs. 2 Satz 1 ApBetrO eine neue Fassung. Die Zustellung durch Boten der Apotheke war nun im Einzelfall ohne Erlaubnis nach § 11a ApoG zulässig. Durch die Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung und der Arzneimittelpreisverordnung vom 9. Oktober 2019 ist der Anwendungsbereich der Regelung ein weiteres Mal erweitert worden. Der Verordnungsgeber hat die Begrenzung auf den Einzelfall aufgehoben, um die Botenzustellung als Versorgungsform der Vor-Ort-Apotheke und als Alternative zum Versandhandel zu stärken (vgl. BR-Drs. 324/19 <neu> S. 3 und 6). Es ist nicht zu erkennen, dass damit eine Botenzustellung für den Bereich des Versandhandels ausgeschlossen werden sollte. § 17 Abs. 2 Satz 1 ApBetrO stellt klar, dass "der Botendienst auf Kundenwunsch grundsätzlich zulässig" ist, ohne dass es hierfür einer Versanderlaubnis bedarf (vgl. BR-Drs. 324/19 <neu> S. 6). Die Vorschrift regelt aber nicht, dass im Versandhandel die Zustellung durch Boten der Apotheke unzulässig ist. Auch § 17 Abs. 2a ApBetrO, der die Anforderungen an den Versand regelt, sieht kein Verbot oder eine Beschränkung der Botenzustellung vor.
19 (3) Diese Auslegung wird durch Sinn und Zweck des § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG, § 11a ApoG gestützt. Der Gesetzgeber hat die Zulassung des Versandhandels mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln unter anderem damit begründet, dass Apotheken das Angebot gezielt nutzen könnten, um im Wettbewerb im Arzneimittelmarkt ihren Service auszubauen und so die Kundenbindung zu verstärken (BT-Drs. 15/1525 S. 165). Diesem Anliegen entspricht, es der Disposition der einzelnen Apotheke zu überlassen, ob sie die Versendung durch externe Transportdienstleister durchführen lässt oder die bestellten Arzneimittel durch eigene Boten ausliefert. Die Belange des Verbraucherschutzes und der Arzneimittelsicherheit (vgl. BT-Drs. 15/1525 S. 75, 161 und 165) stehen nicht entgegen. Der Transport und die Auslieferung durch eigenes Personal der Apotheke erweisen sich gegenüber dem Versand per Post oder sonstige Transportunternehmen nicht als weniger sicher. Im Gegenteil dürfte dies die Sicherheit noch erhöhen.
20 (4) Danach dürfte eine restriktive Auslegung auch gegen Art. 12 Abs. 1 GG verstoßen. Ein Verbot oder eine Beschränkung der Arzneimittelzustellung durch eigene Boten der Apotheke im Versandhandel greifen in die Berufsausübungsfreiheit des Inhabers der Versanderlaubnis ein. Sie sind nur gerechtfertigt, wenn sie durch vernünftige Gründe des Gemeinwohls getragen werden und nicht außer Verhältnis zu den beeinträchtigten Interessen des Erlaubnisinhabers stehen (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Juni 2010 - 3 C 30.09 - BVerwGE 137, 213 Rn. 28 ff. und vom 19. September 2013 - 3 C 15.12 - BVerwGE 148, 28 Rn. 20). Solche Gründe sind weder in den Gesetzgebungsmaterialien dargelegt noch ersichtlich. Die Zulassung der Botenzustellung im Versandhandel beeinträchtigt weder die Arzneimittelsicherheit, noch ist erkennbar, dass sie zu einer Gefährdung der Arzneimittelversorgung führen könnte (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 20. November 2018 - 1 BvR 442/18 - GesR 2019, 131 Rn. 5 - dort zu Rezeptsammelstellen in Gemeinden ohne Präsenzapotheke).
21 cc) Ebenso wenig schließen die arzneimittel- und apothekenrechtlichen Vorschriften einen Versandhandel aus, der vornehmlich auf einen Versand im örtlichen Einzugsbereich der Präsenzapotheke ausgerichtet ist.
22 (1) Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch meint der Begriff des Versandhandels nicht nur Vertriebsmodelle mit überregionaler, deutschlandweiter oder internationaler Ausrichtung. Er umfasst auch kleinräumige Vertriebsformen, die auf einen regionalen und/oder lokalen Kundenkreis zielen (vgl. z.B. im Lebensmittelversand).
23 (2) Es ist nicht zu erkennen, dass der in § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG, § 11a ApoG verwendete Versandbegriff enger zu verstehen wäre. Die Vorschriften schließen einen lokalen oder regionalen Versandhandel nicht aus. Anderes lässt sich auch nicht aus § 11a Satz 1 Nr. 3 Buchst. a ApoG ableiten, wonach die Versendung des bestellten Arzneimittels in der Regel innerhalb von zwei Arbeitstagen nach Eingang der Bestellung zu erfolgen hat und der Besteller über eine Verzögerung zu informieren ist. Die vorgegebene Frist von zwei Tagen ist damit begründet worden, dass der Besteller beim Arzneimittelversand von einer längeren Frist bis zum Erhalt seiner Bestellung aufgrund der damit verbundenen Abwicklungen rechnen muss (BT-Drs. 15/1525 S. 161). Die Fristvorgabe soll sicherstellen, dass die Bestellung alsbald bearbeitet wird und die Auslieferung des bestellten Arzneimittels auch im Fall einer größeren Entfernung zur Lieferanschrift zeitnah erfolgen kann. Daraus ergibt sich jedoch nicht, dass ein auf den örtlichen Einzugsbereich der Präsenzapotheke ausgerichteter Versandhandel unzulässig ist.
24 Sinn und Zweck des Gesetzes sprechen gegen eine einengende Auslegung. Die Ermöglichung des Versandhandels mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln ist vor allem mit dem Anliegen der Verbraucher begründet worden, Erschwernisse der Arzneimittelbeschaffung abzubauen (BVerwG, Urteil vom 14. April 2005 - 3 C 9.04 - Buchholz 418.21 ApBO Nr. 16 S. 3; BT-Drs. 15/1525 S. 165). Dabei hat der Gesetzgeber nicht allein Kunden mit größeren Entfernungen zur nächsten Apotheke im Blick gehabt. Die Gesetzesbegründung verweist außerdem auf Verbraucher wie chronisch Kranke, immobile Patienten, ältere Bürger und Berufstätige, deren Anliegen der Versandhandel entgegenkomme (BT-Drs. 15/1525 S. 163 und 165). Hiernach ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber einen auf den Einzugsbereich der Präsenzapotheke ausgerichteten Versandhandel ausschließen wollte. Ein lokaler Versand trägt dem Anliegen von Kunden Rechnung, die ihre Versandbestellung gezielt bei einer Vor-Ort-Apotheke aufgeben möchten, die sie kennen.
25 Die Belange des Verbraucherschutzes und der Arzneimittelsicherheit stehen nicht entgegen. Sie werden durch ein den lokalen Versandhandel einschließendes Verständnis des Versandhandels nicht beeinträchtigt. Die Absicht des Gesetzgebers, faire Bedingungen für den Wettbewerb von Versandapotheken mit Präsenzapotheken zu schaffen (BT-Drs. 15/1525 S. 75), vermag eine restriktive Auslegung ebenfalls nicht zu rechtfertigen. Die Erteilung der Versanderlaubnis setzt voraus, dass der Versand aus einer öffentlichen Apotheke zusätzlich zu dem üblichen Apothekenbetrieb erfolgt (§ 11a Satz 1 Nr. 1 ApoG). Danach gilt für Apotheken mit Sitz im Inland, dass jeder Inhaber einer Versanderlaubnis zugleich Betreiber einer Präsenzapotheke ist. Allen öffentlichen Apotheken ist es unter den in § 11a ApoG bestimmten Voraussetzungen möglich, eine Versanderlaubnis zu erhalten (Wesser/Saalfrank, MedR 2018, 21 <22> m.w.N.). Es ist deshalb auch nicht ersichtlich, dass die Zulassung lokaler Versandhandelskonzepte zu einem die Arzneimittelversorgung gefährdenden Rückgang der Apothekendichte führen könnte.
26 dd) Danach hat die berufungsgerichtliche Würdigung des Vertriebskonzepts der Klägerin keinen Bestand. Zwar geht das Oberverwaltungsgericht zutreffend davon aus, dass das Vertriebskonzept der Klägerin nicht schon deshalb als Arzneimittelversand im Sinne von § 43 Abs. 1 Satz 1 AMG, § 11a ApoG anzusehen ist, weil sie über eine Versanderlaubnis nach § 11a ApoG verfügt. Vielmehr muss der Vertrieb die Voraussetzungen für das Vorliegen von Versandhandel auch tatsächlich erfüllen. Die Würdigung des Oberverwaltungsgerichts beruht aber auf dem - wie gezeigt - fehlerhaften Rechtssatz, dass ein Vertrieb, der auf einen Versand im örtlichen Einzugsbereich der Apotheke ausgerichtet ist und für die Zustellung der Arzneimittel eigene Boten der Apotheke einsetzt, nicht dem Begriff des Versandhandels unterfällt.
27 ee) Der Senat kann die Zuordnung des Vertriebskonzepts der Klägerin selbst vornehmen. Das Oberverwaltungsgericht hat die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zum Verfahren und zu den Modalitäten des Vertriebskonzepts getroffen (UA S. 30 f.). Die Beurteilung, ob der Vertrieb nach diesen Feststellungen als Versandhandel einzustufen ist oder ob es sich um ein Inverkehrbringen in den Apothekenbetriebsräumen handelt, ist keine Tatsachenfeststellung, sondern rechtliche Würdigung.
28 Das Vertriebskonzept der Klägerin ist dem Versandhandel im Sinne des § 11a ApoG zuzuordnen. Sowohl der Bestellvorgang als auch die Übergabe der Arzneimittel an die Kunden erfolgen außerhalb von Apothekenbetriebsräumen. Dass sich das Angebot der Klägerin vornehmlich an Kunden aus H. richtet, steht der Einstufung als Versandhandel - wie gezeigt - nicht entgegen. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht deshalb, weil sich am Aufsteller und auf den Bestellscheinen kein Hinweis auf die Versanderlaubnis der Klägerin findet und weil sie nicht darüber informieren, dass es sich bei der Einrichtung um Versandhandel handelt. Dies ist nach § 11a ApoG nicht erforderlich.
29 b) Hiernach liegt der zur Begründung der Ordnungsverfügung herangezogene Verstoß gegen § 24 Abs. 1 und 2 ApBetrO nicht vor.
30 Gemäß § 24 Abs. 1 ApBetrO dürfen Einrichtungen zum Sammeln von Verschreibungen (Rezeptsammelstellen) nur mit Erlaubnis der zuständigen Behörde unterhalten werden (Satz 1). Die Erlaubnis ist dem Inhaber einer Apotheke auf Antrag zu erteilen, wenn zur ordnungsgemäßen Arzneimittelversorgung von abgelegenen Orten oder Ortsteilen ohne Apotheken eine Rezeptsammelstelle erforderlich ist (Satz 2). Gemäß § 24 Abs. 2 ApBetrO dürfen Rezeptsammelstellen nicht in Gewerbebetrieben oder bei Angehörigen der Heilberufe unterhalten werden. Dagegen hat die Klägerin nicht verstoßen. Sie bedarf für die im Rahmen des Versandhandels betriebene Einrichtung zum Sammeln von Verschreibungen keiner Erlaubnis nach § 24 Abs. 1 ApBetrO.
31 aa) Der Senat hat durch Urteil vom 13. März 2008 - 3 C 27.07 - (BVerwGE 131, 1) entschieden, dass die Vorschrift des § 24 ApBetrO nicht für das Einsammeln von Verschreibungen im Rahmen des Versandhandels mit Arzneimitteln gilt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Regelung von der räumlichen Bindung der Arzneimittelabgabe an die Apotheke ausgehe. Da es bei dem nach § 11a ApoG erlaubten Versand an einer solchen räumlichen Bindung fehle, sei § 24 ApBetrO nicht anzuwenden. Sammelbesteller seien ein typisches Element des Versandhandels. Die Zulassung des Versandhandels mit Arzneimitteln umfasse daher auch die Möglichkeit, Verschreibungen und Medikamentenbestellungen in einer Sammeleinrichtung entgegenzunehmen und gebündelt an die Apotheke zu übersenden (BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 a.a.O. Rn. 34).
32 bb) Hieran hält der Senat fest. Die Änderung des § 24 ApBetrO durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung vom 5. Juni 2012 (BGBl. I S. 1254) gibt keine Veranlassung zu einer Änderung der Rechtsprechung. Gemäß § 24 Abs. 4 Satz 2 ApBetrO i.d.F. der Verordnung vom 5. Juni 2012 sind die Arzneimittel, sofern sie nicht abgeholt werden, dem Empfänger in zuverlässiger Weise im Wege der Botenzustellung nach § 17 Abs. 2 ApBetrO auszuliefern. Der neu eingefügte Zusatz "im Wege der Botenzustellung nach § 17 Absatz 2" bestätigt, dass der Verordnungsgeber die Arzneimittelabgabe im Rahmen des § 24 ApBetrO dem Inverkehrbringen "in den Apothekenbetriebsräumen" (vgl. § 17 Abs. 1a ApBetrO) zuordnet.
33 Danach gibt es für die Anwendung des § 24 ApBetrO auf die im Rahmen des erlaubten Versandhandels betriebene Sammlung von Rezepten keine Grundlage. Weder sieht § 24 ApBetrO dies vor, noch erklären § 11a ApoG, § 17 Abs. 2a ApBetrO die Vorschrift für anwendbar. Der Referentenentwurf zu dem Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarktes in der gesetzlichen Krankenversicherung (Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz - AMNOG) vom 22. Dezember 2010 (BGBl. I S. 2262) sah zwar eine Ergänzung des § 11a ApoG vor, wonach eine Rezeptsammlung außerhalb der Apothekenbetriebsräume unzulässig sein sollte (Art. 6 Nr. 1 Buchst. c des RefE-AMNOG). Dieser Regelungsvorschlag wurde aber im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren nicht weiterverfolgt (vgl. Kieser/Buckstegge, A&R 2017, 462 <465 f.>).
34 cc) Einzuräumen ist, dass Präsenzapotheken, die Rezeptsammelstellen nur nach Maßgabe des § 24 ApBetrO unterhalten dürfen, gegenüber Apotheken mit Versanderlaubnis, die diesen Beschränkungen nicht unterliegen, im Nachteil sind. Die Differenzierung ist aber Folge der Zulassung des Versandhandels mit Arzneimitteln. Es ist Sache des Normgebers, ob und gegebenenfalls welche Folgerungen er daraus für § 24 ApBetrO zieht. Ebenso liegt es bei ihm, gegebenenfalls ergänzende Regelungen über die Anforderungen an Einrichtungen zum Sammeln von Verschreibungen und Bestellungen im Versandhandel zu erlassen.
35 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.